1914 / 148 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Jun 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Der . Professor, Geheime Konsistorialrat IM. Dr. Rothstein in Breslau ist in gleicher Eigenschaft in die evangelisch⸗theologische Fakultät der Westfälischen Wilhelms⸗ Universität in Münster versetzt worden.

Dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität in Bonn Dr. Karl Enders ist das Prädikat Pro⸗ fessor beigelegt worden.

Die Wahl des Vorstehers einer Akademischen Meister⸗ schule für musikalische Komposition, Professors Gernsheim zum Stellvertreter des Präsidenten der Akademie der Künste für das Jahr vom 1. Oktober 1914 bis dahin 1915 ist be⸗ stätigt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Die Oberförsterstelle Rod a. d. Weil im Regie⸗ rungsbezirk Wiesbaden ist zum 1. Oktober 1914 zu besetzen, Bewerbungen müssen bis zum 15. Juli eingehen.

Die Oberförsterstelle Kroppach mit dem Amtssitze in Hachenburg (Westerwald) im Regierungsbezirk Wiesbaden ist zum 1. Oktober 1914 zu besetzen. Der Inhaber der Stelle ist gleichzeitig Direktor der Königlichen Forstlehrlingsschule in Hachenburg. Bewerbungen müssen bis zum 20. Juli eingehen.

Die Ober försterstelle Rosenthal (Amtssitz zu Schwerin a. d. W) im Regierungsbezirk Posen ist zum 1. Oktober 1914 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 20. Juli eingehen.

Die Oberförsterstelle Bülowsheide im Regierungs⸗ bezirk Marienwerder ist zum 1. November 1914 zu besetzen und

Bewerbungen müssen bis zum 25. Juli eingehen.

Ministerium des Innern.

Der Regierungsassessor von Strauß und Torney in Dortmund ist zum Mitgliede des der Regierung in Arnsberg Oberversicherungsamts in Dortmund ernannt

angegliederten worden.

Dem Landrate von Kotze ist das Landratsamt im Kreise Neuhaldensleben übertragen worden.

Bekanntmachung.

Bei der am 12. d. M. in Gegenwart eines Königlichen Notars stattgehabten Auslosung der vormals Han⸗ noverschen 4prozentigen Staatsschuldverschreibungen Litera 8 zur Tilgung für das Rechnungsjahr 1914 sind die folgenden Nummern gezogen worden:

Nr. 13, 113, 185, 294, 407, 583, 621 über je 1000 Tlr. Gold und .

Nr. 702, 897, 910, 971, 1168, 1286, 1347, 1516, 1565, 1612, 1720, 1896, 1932, 2043 über je 500 Tlr. Gold.

Diese werden den Besitzern hierdurch auf den 2. Januar 1915 zur baren Rückzahlung gekündigt.

Die ausgelosten Schuldverschreibungen lauten auf Gold. Die Rückzahlung wird in Reichswährung nach den Bestim⸗ mungen der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 6. Dezember 1873, betreffend die Außerkurssetzung der Landes⸗ goldmünzen 2c. („Reichsanzeiger“ Nr. 292) sowie nach den Ausführungsbestimmungen des Herrn. Finanzministers vom 17. März 1874 („Reichsanzeiger“ Nr. 68, Position 3) erfolgen. ö

Die Kapitalbeträge werden schon vom 15. Dezember d. J. ab gegen Quittung und Einlieferung der Schuldver⸗ schreibungen nebst den zugehörigen Erneuerungsscheinen und den nach dem 2. Januar 1915 fälligen Zinsscheinen (Reihe IX Nr. 9 bis 10 an den Geschäftstagen bei der Regierungs⸗ hauptkasse hierselbst, von 9 bis 12 Uhr Vormittags, ausgezahlt,

Die Einlösung der Schuldverschreibungen kann auch bei sämtlichen übrigen Regierungshauptkassen, bei der Staats⸗ schuldentilgungskasse in Berlin sowie bei der Kreiskasse Lin Frank furt a. M. geschehen. Zu dem Zwecke sind die Schuld⸗ verschreibungen nebst den zugehörigen Erneuerungsscheinen schon vom 1. Dezember d. J. ab bei einer dieser Kassen einzureichen. Nach erfolgter Feststellung durch die hiesige Regierungshaupt⸗ . wird die Auszahlung von den ersteren Kassen bewirkt werden.

Die Einsendung der Schuldverschreibungen nebst den zugehörigen Erneuerungsscheinen und kön mit oder ohne Wertangabe muß portofrei

eschehen. ö h de n die Abforderung des gekündigten Kapitals bis zum Fälligkeitstermine nicht erfolgen, so tritt dasselbe von dem ge⸗ dachten Zeitpunkte ab zum Nachteile der Gläubiger außer Verzinsung. Hannover, den 12. Juni 1914.

Der Regierungspräsident. In Vertretung: Meyer.

Aichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 26. Juni 1914.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plengr— sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, der Ausschuß für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen, für das Seewesen, für Justizwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß fur Justizwesen Sitzungen.

Der weltliche Stellvertreter des Präsidenten des Evange⸗ sischen Oberkirchenrats, Wirkliche Geheime Oberkonsistorialrat D. Moeller ist nach Breslau abgereist.

J Bayern.

In der gestrigen Sitzung des Landtages stand der Etat der Post⸗ und Telegraphenverwaltung zur Beratung.

Der Verkehrsminister von Seidlein führte laut Bericht des W. T. B. aus, daß der von einem Abgeordneten vorausgesagte Zusammenbruch der bayerischen Post bisher noch nicht erfolgt sei. Es seien nicht nur die Ausgleichsbeiträge für das Reich aufgebracht, sondern darüber hinaus Ahlieferungen an die bayerische Staats⸗ kasse gemacht worden. Wenn das bayerische Postreservat ein kostspieliges Vergnügen genannt worden sei, so sei dies durch nichts begründet. Der bayerische Staat habe an seine Post⸗ verwaltung nichts ausgezahlt, sondern finanzielle Vorteile aus ihr gezogen. Es wäre durchaus zweifelhaft, ob unter der Wirtschaft der Reichspost die jetzigen niedrigen Telephongebühren bestehen bleiben würden. Die Reschspost könnte Bayern unmöglich eine andere Ver⸗ waltung geben als den übrigen Gebieten des Reichs. Die bayerische Post stehe hinter keiner deutschen Postverwaltung zurück. In mancher Hinsicht sei sie sogar beweglicher als die Reichspost, beisplelsweise im Motorpostbetrieb. Die Verkehrsbedürfnisse und Wünsche könnten leichter befriedigt werden als in einem großen Ver⸗ kehrsgebiet. Man hätte allen Grund, der Eigenart Bayerns auf dem Gebiete der Post und des Telegraphen Rechnung zu tragen und zu Gunsten der wirtschaftllchen Entwicklung Bayerns die Selbständigkeit zu erweitern. Das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe müßte durch Schaffung neuer Einnahme⸗ guellen hergestellt werden. Der Einführung von Postsparkassen ständen große Schwierigkeiten entgegen, und die Verwaltung glaube, bon der Einführung der Postsparkassen zurzeit absehen zu sollen. Die Ausgleichsbeiträge an das Reich seien das höchste Maß dessen, was ver⸗ langt werden könne. Weitere Ablieferungen an die Staatskasse über diese Besträge hinaus könnten nicht verlangt werden. Die Verwaltung müsse versuchen, die Ausgaben zu vermindern. ,. die Einführung der auto⸗ matischen Umschaltstellen werde eine erhebliche Personalersparnis er⸗ zielt werden. Nie Hoffnung auf Besserung der Rentabilität der hayerischen Post sei nicht aussichtslos. Der an das Reich zu zahlende Aucgleichsbeitrag falle stark ins Gewicht wegen seiner ständigen Steigerung und der ständigen Schwankungen. Abhilfe könne hier nur die Schaffung eines Ausgleichsfonds bringen, der mit dieser Finanz⸗ periode ins Leben treten solle. Der Minister bemerkte weiter, daß die Ermäßigung des Weltpostportos kaum tunlich erscheine. Er werde es begrüßen, wenn es sich erreichen ließe, dem Postlagerverkehr, soweit er zu unsittlichen Zwecken benutzt werde, einen Damm zu setzen. Eine weitere Ausdehnung des Beieftelegrammverkehrs könne nicht in Aussicht gestellt werden. Der Minister wandte sich dann der Frage der Neuregelung der Telephongebühren zu, die veranlaßt sei durch die Steigerung des Ausgleichsbeitrages an das Reich und die eingetretene Minderung in den Telephoneinnahmen. Die bayerische Neuregelung sei immer noch billiger als die jetzige Gebührenordnung im Reichs⸗ postgebiet.

Darauf wurde in die Spezialberatung des Etats einge⸗ treten und ein Antrag des Ausschusses angenommen, die Staatsregierung zu ersuchen, im Bundesrat erneut darauf hin⸗ zuwirken, daß mit tunlichster Beschleunigung eine Neuregelung der Fernsprechgebühren herbeigeführt werde.

Deutsche Kolonien.

Der Gouyernementsrat von Deutsch Ostafrika hat, wie „W. T. B.“ berichtet, am Dienstag die in früheren Meldungen genannten Verordnungsentwürfe in zweiter und letzter Lesung angenommen! Im Laufe der Verhandlungen stellte der Vertreter der evangelischen Mission fest, daß auch Umfragen bei den Missionen kein ausreichendes Material zur Beurteilung der Frage ergeben hätten, ob die Bevölkerung des Schutzgebiets zu⸗ oder abnehme. Vertreter der Pflanzer führten aus, daß die Seßhaftmachung der Plantagenarbeiter von den Pflanzern nach Kräften gefördert werde. Die im Reichstag gewünschte Schaffung freier Bauern auf den Pflanzungen sei dagegen unmöglich. Bei der weiteren Besprechung der Arbeiterverhältnisse wurden mehrere Anträge, betreffend die Aenderung der Arbeiterverord⸗ nung, erörtert. Schließlich wurde der Etat in zweiter Lesung angenommen, dazu eine von sämtlichen außeramtlichen Mit⸗ gliedern eingebrachte Resolution gegen die Heranziehung des Schutzgebietes zu den Militärlasten, die verfrüht sei und besonders notwendige sanitäre und sonstige Miaßnahmen für die Eingeborenen verhindere. Ferner wurde ein Antrag angenommen, daß die Kaiverordnungen außer Kraft gesetzt ß dem Gouvernementsrat neue Entwürfe vorgelegt werden ollten.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause standen gestern zunächst mehrere An— fragen auf der Tagesordnung:

Der Unionist Walter Guinneß fragte laut Bericht des W. T. B.“, ob der Staatssekretär Grey Griechenland und der Türkei die Ernennung einer internationalen Kommission nahe legen wolle, die die Ansprüche der aus griechischem beziehungsweise türkischem Gebiet Geflächteten untersuchen, die Flüchtlinge wieder in ihre Besitztümer einsetzen und ihre finanziellen Ansprüche regeln sollte. Sir Edward Grey erwiderte, eine tütkisch⸗griechische Kommission sei zu diesem Zwecke vor kurzem von den berden in Betracht kommenden Regierungen eingesetzt worden. Wenn diese Regierungen den Beistand der Mächte wünschten, so zweifele er nicht, daß die Mächte sich bemühen würden, ihn zu leisten. Guinneß fragte darauf, ob der Staatssekretär mit Rücksicht auf die zwischen Griechenland und der Türkei bestehende Atmosphäre gegen seitigen Mißtrauens den beiden Staaten die Annahme einer inter⸗ nationalen Vermittlung nahelegen wolle. Grey erwiderte, im all⸗ gemeinen sei es nicht gut, solche Vorschläge zu machen, wenn es nicht auf Wunsch aller Betelligten geschehe.

Sir Harmood Banner fragte erstens, ob der britische Geschäfts⸗ träger in Rio de Janeiro sich darum bemühe, eine Regelung der Ansprüche britischer Untertanen durch die brasilianische Regierung zu erhalten. Zweitens, ob die Ansprüche deutscher und französtscher Untertanen deswegen aus der neuen brasilianischen Anleihe befriedigt werden sollten, weil die deutsche und die sranzösische Regierung Vorstellungen gemacht hätten, wonach keine weitere brasillanische Anleihe in Deutschland oder Frank reich zugelassen werden würde, bis die Ansprüche der deutschen und französischen Gläubiger befriedigt seien. Drittens, ob von der brasilianischen Regierung irgendwelche Garantien dafür gegeben worden seien, daß die Ansprüche der britischen Untertanen aus der neuen Anleihe befriedigt würden, auf die zu subskribteren das britische Publikum aufgefordert werde. Der Staatssekretär Grey erwiderte, daß der britische Geschäftsträger in Rio de Janeiro am 23. d. Mts. telegraphisch angewlesen worden sei, die ihm mög⸗ lichen Schritte zu unternehmen, um dle Befriedigung aller noch un⸗ erfüllten britischen Ansprüche herbeizuführen. Er bedauere sagen zu müssen, daß kein Fortschritt erzielt worden sei. Er habe keine Kenntnis von den erwährten Schritten der deutschen und der französischen Regierung, wolle jedoch Erkundigungen darüber einziehen. Was die drifte Frage angehe, so seien der britischen Regierung, die bet der brasilianischen Anleihe nicht beteiligt sei, solche Garantien nicht ge— geben worden. Auf eine Zusatzfrage erwiderte Grey, er werde sich erkundigen, ob es der französischen und der deutschen Regierung ge— lungen sei, sich bessere Bedingungen zu sichern, als die britische Re⸗ gierung habe, und wenn ja, auf welche Weise; aber er müsse für den

XJ der Ausgabe der Anleihe in England darauf hinwelsen, daß einige

änder des Kontinents eine weit schäͤrfere Kontrolle hätten, als Eng⸗ land, das keine wirkliche Kontrolle darüber habe, ob die englischen Finanzleute eine Anleihe subskribieren wollten oder nicht.

Der Unionist Mark Sykes fragte an, ob Sir Edward Grey mit Rücksicht auf die Verantwortlichkeit, die England und die anderen Mächte mit der Schaffung Albaniens übernommen hätten, mit den Mächten in Unterhandlungen treten wolle, um den Metzeleien und den Mißhandlungen der Bevölkerung in Südalbanien ein Ende zu bereiten. Der Staatssekretär Grey erwiderte, die Errichtung einer guten Regierung in Albanien sei bereits Gegenstand der Sorge der Mächte und ständigen Meinungsaustausches unter ihnen, er könne es jedoch nicht unternehmen, brltische Truppen zu entsenden.

Aubrey Herbert fragte, ob der Staatssekretär, da England für die Schaffung Albaniens mit die Verantwortung trage und die Albanesen im Süden niedergemetzelt oder mißhandelt würden, Kensuln oder andere geeignete Persönlichkeiten in die er⸗ wähnten Gebiete entsenden wolle, damit sie einen ge⸗ nauen Einblick in die dortigen Verhältnisse gewinnen könnten. Grey erwiderte, obgleich die englische Regierung mit den Re gierungen der anderen Großmächte für die Schaffung eines autonomen Albaniens verantwortlich sei, könne er dennoch die Verantwortung nicht dafür übernehmen, daß die Ordnung in Albanien aufrechterhalten werde, und er wünsche auch nicht, die Verantwortung dadurch zu übernehmen, daß er Maßregeln treffe, wie sie von dem Fragesteller in Anregung gebracht worden seien.

Im weiteren Verlaufe der Sitzung verteidigte der Premier⸗ minister Asquith die verschiedenen Finanzmaßnahmen der Regierung und die mannigfachen im Budget enthaltenen Vorschläge und betonte sodann, daß es wichtig sei, noch in dieser Sitzungsperiode des Hauses die erforderlichen Maß⸗ nahmen anzunehmen, um das neue System der Zuschüsse, das Lloyd George in seiner Budgetrede auseinandergesetzt habe, für das nächste Finanzjahr in Kraft treten zu lassen.

Ein Zusatzantrag der Opposition zur Finanz⸗ bill, der bedauerte, daß die Regierung beschlossen habe, ihre ursprüngliche Absicht aufzugeben, dieses Jahr den Kommunal⸗— behörden temporäre Zuschüsse zu gewähren, und der ferner an dem neuen Einschätzungssystem, das die Regierung für kom⸗ munale Zwecke einführen will, Kritik übte, wurde mit 303 gegen 265 Stimmen abgelehnt. Bei der Abstimmung ent⸗ hielten sich die Arbeiterpartei und einige Liberale der Stimme. Die Unabhängigen Nationalisten und ein Liberaler stimmten mit der Opposition. Die Finanzbill wurde sodann in zweiter Lesung angenommen. Zum Schluß der Sitzung wurde mit⸗ geteilt, daß die Beratung des Etats des Auswärtigen Amts am 29. d. M. stattfinden werde.

Rraukreich.

Im Senat stand gestern die Beratung des Marine—⸗ budgets auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ betonte der Senator Gaudin de Vilaine die Notwendigkeit, die strategische und taktische Aufklärung für die Schlachtflotte durch den Bau von Schlachtkreuzern zu sichern, die ebenso für die Schlacht wie für die Aufklärung geeignet seien, und denen einige Spezlal⸗ schiffe beigegeben werden müßten. Der Berichterstatter Emile Chautempgs erinnerte daran, daß der Haupsgesichtspunkt für Frankreichs Marinepolitik der sei, um jeden Preis Frank reichs und seiner Verbündeten Herrschaft im Mittelmeere zu erhalten. Einerseits bedürfe Frankreich des ungestörten Verkehrs mit Nordafrika und seinen weiter abgelegenen Besitzungen, andererseits müsse Deutschland, wenn seine Künen durch die ruͤssische und englische Flotte block ert sein würden, daran verhindert werden, Rohstoffe und Lebensmittel über die italienkschen und österreichischen Häfen zu be— ziehen. Wenn Deutschland so vom Meere abgeschnitten sein würde, würde es einen langen Krieg nicht aushalten können. Der Be⸗ richterstatter warf die Frage auf, ob Frankreich eine ent⸗ scheidende Ueberlegenheit über die vereinigten Flotten Italiens und Oesterreichg besitze, und beantwortete sie dahin, daß zur Zeit die materiellen Kräfte auf beiden Seiten gleich seien, daß aber Frankreich eine zur Erringung des Sieges genügende Ueberlegenheit durch die Einheit des Kommandos und die einheitliche Friedens— ausbildung besitze. Um jedoch diese bloße Gleichheit der materiellen Kräfte aufrecht zu erhalten, brauche Frankreich vier neue Ueber- dreadnoughts. Man müsse eben die für das Gefecht brauchbare Flotte von 28 auf 33 gepanzerte Schiffe bringen, nämlich 4 Ge— schwader zu 8 Schiffen und ein gepanzertes Fiottenflaggschiff, die 4 erforderlichen Neubauten müßten Schlachtkreuzer sein. Bet einem Ueberblick über die Marinebudgets der Rivalen Frankreichs im Mittelmeere zelgte Chautemps, daß diese ebenso, wie das französische, sich in sechs Jahren verdoppelt hätten. Frankreich werde 1914 über 650 Millionen Franes aufwenden, aher die Erweiterung des Bau⸗ programms, die er vorschlage, werde ohne nochmalige Er⸗ höhung des Marinebudgets in späteren Jahren durchgeführt werden können. Der ehemalige Marineminister Piöerre Baudin glaubt nicht. daß Frankreich den Anstrengungen seiner Ri⸗— valen' obne Ende folgen könne; Frankreich könne aber seine Seemacht auch anders, als durch die Ausdehnung seiner Neubauten stärken. Der Redner betonte die Notwendigkeit der zur Debatte stehenden Auf- klärungsschiffe und von Forts. Vor allen Dingen verlangte er Folge⸗ richtigkeit der weiteren Maßnahmen und die Unterlassung koßnspieliger technischer Experimente ohne handgreiflichen Wert.

In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer begründete der Deputierte der Rechten Pugliesi-Conti fol⸗ genden Antrag: „Die Kammer, entschlossen, die nationale Arbeit zu schützen, ersucht die Regierung, einen dringenden Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem die Arbeitgeber, die aus⸗ ländische Arbeitskräfte anstellen, zu einer Steuer heran⸗ gezogen werden sollen.“

In der Begründung seines Antrages wies Pugltesi⸗Conti, obiger Quelle zufolge, auf die Grubenbezirke im Osten und in der Normandie hin, die von Ausländern überschwemmt seien, und erklärte weiter, daß seit 40 Jahren die deutschen und schweizerischen Angestellten in den Hotels aus Frankreich mehr als 2 Milliarden an Gehältern gezogen hätten. Der Redner schätzte die Zahl der in Frankreich wohnenden ausländischen Arbeiter und Angestellten auf 600 000 und forderte, daß Frankreich seine nationale Arbeit . schütze wie mehrere andere Staaten dies bereits getan hätten. Die Steuer könnte eine gewisse Kompensation für die durch das Dreljahresgesetz entstandenen Lasten bilden. Der Unterstaate sekretär im Ministerium des Aeußern Abel Ferry erklärte, daß die Regierung diesen Vorschlag nicht annehmen könne. Es handle sich darum, den besten Weg zum Schutze der Arbeit zu finden, aber der Vorschlag sei ein schlechtes Mittel, denn er treffe die Produktion. Feriy fragte, ob Pugliesi⸗ Conti auch die Folgen seines Vorschlags erwogen habe und ob er die Gegenseitigkeitsverträge, die Frankreich zum Beispiel mit der Schweiz, mit Spanlen und mit Schweden geschlossen habe, aufkündigen wolle. ColtlHrertrꝰi'rd, der frühere Vor⸗ sitzende der Kommission für öffentliche Arbeiten, erklärte, daß die Frage gegenwärtig geprüft werde, daß aber noch keine Kommsssion gewählt worden sei. Er bat, die Abstimmung über den Antrag biß nach der Wahl der Kommlssion zu verschieben. öffentlichen Arbeilen Renoult unterstützte diesen Antrag auf Ver⸗ tagung, ebenso der Ministerpräsident Vivian i. Andere Redner wollten nunmehr das Wort ergreifen, doch verzichteten sie angesichts lebhafter Zurufe: Abstimmung! .

Der von Colliard eingebrachte Vertagungsantrag wurde darauf mit 452 gegen 104 Stimmen angenommen.

Der Minister der

Nußsßland.

Die Reichs duma hat gestern, wie ‚W. T. B.“ meldet, Vorlage, die dem Ministerrat anheimstellt, vom 17. Juli his zum Ende des Jahres die zollfreie Einfuhr von hlen aus dem Auslande für die Staats- und Privatbahnen gestatten, ohne Debatte angenommen.

Italien.

Die Deputierten kamm er verhandelte gestern zwölf nden lang bis Abends um 10 Uhr, da die Regierung auf e Weise die Obstruktion der Sozialisten gegen die ervorlagen zu brechen wünschte. Wie „W. T. B. he⸗ hit, kam es zu lebhaften Zwischenfällen und zu heftigem irtvechsel, der sogar in Tätlichkeiten ausartete, besonders der Republikaner Eugen Chiesa die Abstimmungsurnen um⸗ f, infolgedessen wurde er bis zum Montag von den Sitzungen geschlossen.

Niederlande.

In der Schlußsitzung der Opiumkonferenz bat der snister des Aeußern darum, ihm die für das Inkrafttreten Konvention nötigen Ratifikationen so bald als möglich sstelen. Wie „W. T. B.“ meldet, teilte der Minister dann f, daß Griechenland für das ihm einverleibte Gebiet die swention vorbehaltlos unterzeichnet habe.

Norwegen. Das Storthing hat gestern, wie „W. T. sn Kredit von 200 000 Kronen für die zedition Roald Amundsens angenommen.

B.“ meldet, Nordpol⸗

Türkei. Die Pforte hat gestern abend an das Oekumenische striarchat ein Schreiben gerichtet, in dem sie mit Rücksicht nuf, daß die Ordnung wieder hergestellt sei, dem Patriarchat sfiehlt, die griechischen Kirchen und Schulen wieder zu nen. Serbien.

Das Amtsblatt veröffentlicht einen vom König Peter strzeichneten Ukas, wonach die Verordnung über die tiorität der Zivilbehörden vor den Militär⸗ hörden, durch die die letzte Ministerkrise hervorgerufen rde, dahin abgeändert wird, daß dadurch das Rangverhältnis pichen Zivil⸗ und Militärwürdenträgern und die Vertretung robersten Staatsgewalt seitens der Zivilorgane nicht berührt Id. Nach der früheren Verordnung wurden Offiziere bei lichen Anlässen ohne Rücksicht auf ihren Rang den Vertretern p Jivilbehörden untergeordnet. Die neue Verordnung bleibt zur gesetzlichen Regelung des gegenseitigen Verhältnisses schen Zivil- und Militärbehörden in Kraft.

Albanien.

Die Internationale Kontrollkommission hat der Agence d Athänes“ zufolge gestern an Zographos nach⸗ Ihende Mitteilung gesandt:

Der Fürst von Albanien und seine Regierung haben das Ab⸗ mmen von Korfu im ganzen bedingungslos angenommen. Sie über- fsen die Durchführung der Arttkel 1 und V des Abkommens der iternationalen Rontrollkommission. Unter diesen Umständen gehört le endgültige Regelung dieser Frage zur ausschließlichen Kom⸗ sten; der durch die Internationale Kontrollkommission vertretenen fichte. Nach dem Eintreffen ihrer Antwort wird die Kontroll kmmission in voller Freiheit nach an Ort und Stelle vorgenommener nter chung die Frage von Chimarra sowie die Frage der dmintsirativen Unterteilung regeln. Was ihre übrigen, dem Wort— ute des Abkommens von Korfu beigefügten schriftlichen Erklärungen Eirffft, so sind sie endgültig vorgesehen und geregelt worden. Wir äerden Ihnen die Entscheidung der Großmächte bei unserer Ankunf Santi Quaranta offiziell zur Kenntnis bringen.

(ge) August Kral, Präsident der Internationalen Kontroll—

kommisslon in Albanien.

Umerika.

Das Protokoll über alle zwischen Mexiko und den Ver— inigten Staaten schwebenden Meinungsverschiedenheiten st vorgestern abend von den Vermittlern in Niagara Falls nd den amerikanischen und mexikanischen Delegierten unter⸗ eichnet worden. Wie „W. T. B.“ meldet, werden die Kon⸗ situtionalisten mit der Partei Huertas über alle inneren Zwistig⸗ äten Mexikos Vereinbarungen treffen, so auch über die Wahl ner vorläufigen Regierung, die auf Huerta folgen soll. Die bonferenz wird keine formellen Sitzungen abhalten, solange die zertreter Carranzas und Huertas sich bemühen, zu einer Ver⸗ lindigung zu gelangen. Die Abgesandten Carranzas werden n wenigen Tagen in Niagara Falls erwartet.

Nach einem Bericht des Generals Pereyra ist die Stadt acatecas nach viertägigen blutigen Kämpfen am Dienstag- achmittag von den Rebellen eingenommen worden, wobei ben Siegern eine große Menge Munition und Waffen sowie eine Anzahl Gefangene in die Hände fielen. General Villa gibt bie Verluste der Bundestruppen auf 14000 Tote und 2000 Ver— hundete, seine eigenen Verluste auf 500 Tote und 800 Ver⸗ undete an.

Der Vizepräsident der argentinischen Republik de la aja und die Minister haben den Budgetentwurf für fertig gestellt. Die Ausgaben sind obiger Quelle zufolge m 50 Millionen Piaster Papier kleiner als in dem vor— üihrigen Budgeientwurf.

Afien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haben Soldaten mein sam mit Räubern Kal gan geplündert und einen be⸗ richtlichen Teil der Stadt verbrannt. Die Plünderung anerte von Mittwochabend bis Donnerstag früh. Die Tele— saphenleitungen find zerstört, die Fremden und ihr Eigentum

anscheinend unverfehrt.

hehe g. Der mit deutschen Unterhändlern vereinbarte Vertrag, treffend die Bahnkinien Tfinanfu— Ehangtefu mid aum Hsuch oufu, über den seit 1913 verhandelt mird,

lahel iger Quelle zufolge, gestern in Peking unterzeichnet

Statistik und Volkswirtschaft.

Ergebnis der Zwischenzählung der Schweine in Bayern am 2. Juni 1914.

Von der nach Bundesratsbeschluß am 2. Juni 1914 im Deutschen Reich vorgenommenen Zwischenzählung der Schweine, deren Ergebnis für das Königreich Sachsen bereits in Nr. 146 d. Bl. (erste Bellage) mitgeteilt worden ist, liegen nunmehr auch für Bayern die vom Königlichen Statistischen Landegzamt zusammengestellten vorläufigen Ergebnisse vor. Sie sind im Vergleich mit der erstmals am 2. Juni 1913 vorgenommenen Zwischenzählung folgende:

. Es beträgt die Zunahme Es wurden gezählt vom 2. Juni 1913 auf

. 2. Juni 1914 1914 1913

Stück -.

1458 650 1301992 w 156 658 12,0

368 063 292 566 w— 75497 25,8

193 014 157 714 w 35300 22.4 zusammen Z 019727 1752272 267 4655 5,8. Demnach wurden am 2. Juni 1914 267 009 Stück (153 0/9) mehr ermittelt als um die gleiche Zeit des Vorjahres. Die tatsächliche Mehrung dürfte jedoch etwas geringer gewesen sein, denn bei der vor⸗ jährigen Schweinezählung wurde der Schweinebestand nicht vollständig erfaßt, und es war daher der vorjährige Schweinebestand etwas größer, als er in der Statistik erscheint.

Eine Gegenüberstellung der Ergebnisse der jüngsten Schweine⸗

zählung und der Ergebnisse der letzten Vtehzählung vom 1. Dezember 1913 ergibt weiter folgendes:

Schweine

unter Jahr..

Zunahme (4) bezw. Abnahme (-) von 1. Dezember 1913 auf 1. Juni 1914 um Stück w 161908

am 1. Dezember

1913 unter Faß 1275747 von bis 1 Jahr. 604131 236 O68 über Jah P65 135 12425 Die Veränderungen sind im wesentlichen die gleichen, wie sie bereits der Vergleich der voriährigen Zwischenzählung der Schweine mit der Vlehzählung vom 2. Dezember 1912 gezeigt hatte. Auch die Sommerzählung dieses Jahres hat gegenüber der vorhergehenden Dezembererhebung eine Zunahme des Ferkel⸗ bestandes und eine Abnahme des Jung⸗ und Altschweinestapels ergeben. Die Minderung der beiden letztgenannten Altersklassen überwiegt die Mehrung der ersteren erheblich, sodaß sich für den Ge⸗ samtbestand eine Abnahme von rund 86 000 Stück berechnet. Diese Differenz ist hauptsächlich durch die Verschiedenheit der Zählunge⸗ termine bedingt. Bekanntlich fällt die Zeit der Hausschlachtungen auf dem Lande hauptsächlich in die Wintermonate. Diese hausge⸗ schlachteten Schweine, deren Zahl sehr beträchtlich if, wurden am 1. Dezember v. J. großenteils als lebend mitgezählt, waren aber im Juni d. J. nicht mehr vorhanden.

Schweine

Krankenversicherung in den Knappschaftskassen und ⸗-vereinen im Fahre 1912.

Die Krankerversicherung in den Knappschaftekassen hat wieder an Umfang gewonnen. In 153 Kassen und Vereinen waren 932 877 aktive Mitglieder versichert, während im vorhergehenden Jahre in 159 Kassen usw. 8g9 716 Mitglieder gezählt wurden. Die Zahl der Erkrankungsfälle mit Krankengeldbezug oder Krankenhauspflege belief sich auf 539 276, die der entsprechenden Krankheitstage auf 939126188. Die Zahlen des Jahres 1911 und zwar der Erkrankungsfälle (535 621) waren etwas niedriger, diejenigen der Krankheitstage (9 243 566) etwas höher als die betreffenden Zahlen für 1912. Die Summe der Ein nahmen betrug 47 452 620 ½ gegen 43113 659 KM, die Summe der Ausgaben 40 972 614 A gegen 40 025 533 ½Æ½ im Jahre vorber. Das Vermögen erhöhte sich von 25 260 568 S Ende 1911 auf 31 511 679 am Jahresschlusse 1912.

Zur Arbeiterbewegung.

Vierkausend Unterbeamte der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung hielten gestein in Paris eine Versammlung ab und bllligten die Haltung ihrer Kameraden. Sie erklärten sich solidariich und einperstanden mit jedem Vorgehen, das die Syndiklatsorganisation empfehlen werde.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. 1. d. Ersten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

LandwirtschaftlicheHausfrauenvereine, wie solche be⸗ sonders in Holland bestehen und dort musterhaft eingerichtet und organisiert sind (siehe „Internationale agrarökonomische Rund⸗ schaur, Rom, 1914, Heft 1 und 93), gibt es zerstreut auch in den deutschen Staaten. In Preußen haben sich vor einiger Zeit Provinzialverbände der Einzelvereine gebildet, und am 17. Februar ist in Berlin der Preußische Verband landwirt- schaftlicher Hausfrauenvereine“, in dem jeder Propinzialverband sich durch zwei Abgeordnete vertreten lassen kann, begründet worden. Der Zweck des Landesberbandes ist, die gemeinsamen Ziele mit mehr Nachdruck zu veifolgen“. In dem Verbandsstatut werden als solche Arbeitsgebiete folgende aufgeführt: 1) hauswirtschaftliche Fortbildung der Hausfrauen; 2) hauswirtschaftliche Ausbildung der künftigen Hausfrauen; 35 Vermehrung der Werterzeugung der ländlichen Hauswirtschaft durch Erleichlerung des Absatzes; 4) aute Ver sorgung des städtischen Haushalts mit frischer Ware; 5) Förde— rung des Obst⸗ und Gemüsebaues, der Bienenzucht und einer zielbewußt hetrlebenen Nutzgeflügelzucht sowie anderer Zwelge der ländlichen Hauswirischaft; 6) Bekämpfung der Land- flucht und Erhaltung des Familienlebens der ländlichen Arbeiter durch Schaffung lohnenden Erwerbs im eigenen Haushalt; Schaffung ein⸗ träglicher, selbständiger und befriedigender Frauenberufe in Garten und Hauß; Heranziehung der Landarbelterinnen zur Arbeit der Haus frauenverelne. Die Geschäftsstelle des neuen Landesverbandes befindet sich einstweilen in den Räumen des Landesökonomiekollegiums, Berlin W. 9, Königgrätzer Straße 19.

Kunst und Wissenschaft.

Dem letzten (4) Heft des Anzeigers des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg für das Jahr 1913 ist zu entnehmen, daß zur Tilgung der Kosten für die Erwerbung der vormaligen Beckschen Fabrik, die zur Erwelterung des Museums angekauft wurde, noch eine Anzahl weiterer Stiftungen eingegangen ist, sodaß die Abzahlung der Gesamtkosten im Betrage von 1233 141 6, für die das Jahr 1920 als Endtermin angenommen war, bereits zu Ende des Jahres 1913 restlos hat erfolgen können. Von der Summe wurden nur 380 000 M durch eine Lotterie gedeckt, rund FSh3 000 υις sind in wenigen Jahren durch freiwillige Beiträge aufgebracht worden. Hoffentlich zeigt sich eine gleiche Freigebigkeit gegenüber den Aufgaben, die das Museum bei der Finanzierung der Feubauten zu lösen hat und die nech Millionen erfordern werden. = Unter den Reuerwerbungen und Geschenken, durch die die Sammlungen im letzten Vierteljahr vermehrt wurden, sst ein silber⸗ vergoldetes, mit reicher, zum Tell farbig emailllerter Silber fillgran⸗ arbelt übersponnenes Schmuckkästchen zu nennen, das ein aus— geseichnetes Beispiel für die hohe Kunstferttgkelt der Nürnberger Füligran⸗ oder BVrahtarbeit darstellt. Diese Technik wurde namentlich hurch französische und flandtische Meister im letzten Viertel des I6. Jahrbunderig in Nürnberg eingeführt, wo in ihr namentlich zierliche Schüsselchen, Kännchen, Teller und Dosen für Patenpfennige gearbeitet wurden. Das vorliegende Stück dürfte qus dem Inde des 17. JahrhundertKz stammen und stellt eine höhere und

feinere Art der Nürnberger Filigranarbeit dar. Erworben wurden ferner zahlreiche Andenken an die Freiheitskriege aus der Sammlung Buhrig: gußeiserne Medaillons mit Bildnissen bekannter Persönlichkeiten aus jener denkwürdigen Zeit, Armbänder, Halsketten, Kreuze und Ohrgehänge in durch⸗ hrochenem Eisenguß, die die Spender als Gegengabe für solche aus Edelmetall erhielten. Eine hervorragende Erwerbung hat letzthin die Bibliothek des Museums zu verzeichnen gehabt, indem die Reihe der vorlutherischen deutschen Bibeln durch den Ankauf eines trefflichen Exemplars der 7. deutschen Bibel ergänzt und pervollständigt werden konnte, was. schon lange der be⸗ sondere Wunsch der Verwaltung der Anstalt gewesen war. Es handelt sich dabei um die seltene, reich mit Holzschnitten ausgestattete Ausgabe, die 1477 in Augsburg bei Anton Sorg im Druck erschien. Seit Jahrzehnten war kein Exemplar dieser Ausgabe, die nicht nur für die Kultur- und Kirchengeschichte sowie für die Sprach- wissenschaft, sondern in ihrer prächtigen typographischen Ausstattung namentlich auch für die Geschichte der Buchdruckerkunst von nicht ge⸗ ringem Interesse ist, in den Handel gekommen, und dankbar an⸗ zjuerkennen, ist daher das Entgegenkommen des Hofantiquars Jacques Rosenthal in München, der beim Ankauf des Buches einen erheblichen Preisnachlaß gewährte. Die eigent—⸗ liche Kaufsumme hofft das Germanische Museum durch das Zusammenwirken der hauptsächlichsten Druckereien Deutschlands auf zubringen, die wohl das wesentlichste Interesse an dem Uebergang eines solch kostbaren Denkmals der Buchdruckerkunst aus dem Handel in öffentlichen Besitz haben dürften und an die deswegen tn diesen Tagen ein Aufruf zur Zeichnung von Belträgen ergangen. ist. Der gleichzeitig erschlenene Jahrgang 1913 der „Mitteilungen aus dem Germanischen National museum“ enthält folgende, mit zahlreichen Abbildungen versehene Beiträge: Der Nürnberger Wachsbossierer Georg Holdermann. Von Dr. Gustay von Bezold. (Mit 1 Tafel und 16 Text- abbildungen); Zwei Briefe Johann Neudörfers des Aelteren. Mit- geteilt von Dr. Theodor Hampe; Beiträge zur Geschichte des Blld= nisses. Deutschland. Von Dr. Gustav von Bezold. (Mit 10 Tafeln); Eine goötische Replik des Mutter. Anna-Zeugdrucks mit dem Seraphim. Von Dr. R. Forrer (Straßburg) (init 3 Textabbildungen); Die historisch⸗pharmazeutische und chemische Sammlung des Germanischen Nationalmuseumß. Von Hermann Peters (Hannbver⸗Kleefeld) (mit 39 Textabbildungen); Ueber eine mit Brettchen gewebte Borte aus dem 15.16. Jahrhundert. Von Professor Dr. A. van Gennep (Neuchätel (mit 4 Textabbildungen); Auszüge aus den Briefen des Lüßower Jägers Friedrich Wilbelm August Fröbel aus dem Feldzuge bon 1813/14 an Professor Christian Samuel Weiß. Mitgeteilt von Dr. August Neuhaus.

Die Galerie Eduard Schulte eröffnet morgen ihre Juli ausstellung mit 2 Sonderausstellungen jüngerer holländischer und jüngerer südwestdeutscher Maler. Außerdem werden Werke von Carl Arp s⸗Weimar, Hermann Baur-Karlsruhe, Paul Thiem⸗ Starnberg und Gregor Vasek⸗Berlin gezeigt, ferner Einzelwerke erster neuzeitlicher Künstler.

Tropenpflanzen im Nordpolargebiet.

Jenseits des nördlichen Polarkreises sind seit längerer Zeit Ab— lagerungen bekannt, die davon zeugen, daß in früheren Jeiten der Erd= geschichte in so geringer Entfernung vom Nordpol ein ganz anderes Klima geherrscht haben muß als heute; wo jetzt der Boden fast nie⸗ mals ganz auftaut, wucherten ehemals üppige tropische Pflanzen, und zwar nicht etwa in einer längst vergangenen Epoche wie in der Stein⸗ koblenzeit, sondern wenigstens bis in die Formation der Kreide hinein. Davon zeugen einmal die in Spitzbergen, Grönland und wahrschein⸗ lich auch in anderen Polargegen den vorbandenen Kohlenlager, anderer= seits die Funde von Farnbäumen und Palmen, die nur in einem warmen Klimg gedeihen. Diese merkwürdigen Urkunden, die über die Wandlungen des Erdklimas ein überraschendes Licht verbreiten, sind jetzt durch die Arheiten der geologischen Landesuntersuchung in Alaska um weitere wichtige Entdeckungen vermehrt worden. Die Geologen haben dort in der Gegend des Kap Ligburne im nördlichen Eismeer, mehr als 250 kin nördlich vom Polarkreis, pflanzliche Versteinerungen in Zu⸗= sammenhang mit Kohlenflözen gefunden. Nach den genauen Unter⸗ suchungen der Pflanzenreste gehört diese Formation der Jura⸗— zeit an. Besonders wertvoll werden diese Urkunden aber dadurch, daß sie einen innigen Zusammenhang zwischen Nordamerika und Asien beweisen, weil die Flora eine nahe Verwandtschaft mit den ver—⸗ steinerten Pflanzen zeigt, die im östlichen Sibirien entdeckt worden sind. Auch senst ist die Kohlenformatlon an diesem Platz des Nordpolar⸗ gebiets höchst beachtenswert. Sie setzt sich aus Schichten zusammen, die im ganzen eine Mächtigkeit von mehr als 4500 im besttzen und 40 50 Kohlenflöte enthalten. Die Gesamtstärke aller Kohlenlager zusammen wird auf mindestens 45 m veranschlagt, und es sind Flöze von 9 m Mächtigkeit darunter. Würde dies Kohlenbecken in einem Gebiet gelegen sein, wo die Bearbeitung und Ausnutzung weniger schwierig wäre, so würde sich dort wahrscheinlich bald ein lebhafter Kohlen⸗ bergbau und eine kräftige Industrie entwickeln. Uebrigens sind Reste tropischer Pflanzen auch noch 300 km nördlich vom Kap Lißburne im Polargebiet nachgewiesen worden.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand im Bezirk des Kaiserlichen Konsulats Nizza zu Anfang Juni 1914.

Departement der Seealpen. Die Kulturen stehen im allgemeinen gut. Man hofft auf baldigen Beginn der trockenen Witterung, da weitere Regenniederschläge die Heueinfuhr gefährden und auch der Wein, und Olivenblüte nicht förderlich sein würden. Die Auspflanzung der Nelken ist unter besonders günstigen Umständen erfolgt. Die Gemüsekulturen gedeihen gut.

Departement des Var. Die ersten Futterschnitte sind vom Wetter besonders begünstigt worden. Der Ertrag ist nach Quantität mittelmäßig, Die Reben stehen in diesem Jahre sehr gut; bisher sind keinerlei Spuren von kiyptogamischen Krankheiten oder von In⸗ ektenfraß zu beme ken, Ueberall sind die Arbeiten der Cinschwese⸗ lung im Gange. Die Kirschenernte ist durchweg sehr erglebig mit Ausnahme der Gegend bei Solliöz⸗Pont, wo sie das mittlere Maß nicht überschreitet. Erdbeeren werden in den hauptsächsichen Ertragsgebteten ebenfalls reichlich geerntet. Ganz besonders gut ist dle diesjährige Mandelernte, Die Pfirsichbzume weisen, trotzdem sie etwas blattkrank sind, viele Früchte auf. Die Obsthäume sind weniger als gewöhnlich von der Blattlaus heimgesucht. Die Olivenblüte hat gut eingesetzt. Die Blumenzwiebeln leiden unter Wassermangel.

Departement der Basses⸗Alpet. Der Monat Mat war regnerisch und falt. Die Rebe steht überall gut. An Futter ist nirgendwo Mangel. Im südlichen Teile des Departements ist der erste Schnitt bereits erfolgt; das Einbringen wurde jedoch duich Niederschläge sehr gestört. .

Depgrtement der Hautes⸗Alpes. Di fc leichte Regen⸗ güsse im Mai haben die Entwicklung aller Saaten begünstigt. Auf den angelegten (Kunst⸗)Wiesen beglunt man mit dem Seum ( Die Weinstöcke versprechen, wenngleich sie durch einen 4 etwas gelltten haben, eine befriedigende Ernte. Im den des Departements klagt man über starken Obstfall und über kärglichen Ansatz der Pfirsichfrüchte, während in den übrigen Tellen des Departe⸗ ment eine gute Obsternte erwartet wird.

Departement der Insel Corsieag. Die Wiesen haben sehr viel durch Trockenhett gelitten, sodaß die Heuernte nur mittel⸗ mäßig, an der Ostküste soger schlecht gewesen ist. Die Getreide saaten, deren Gedeihen gänzlich in Frage gestellt schlen, haben sich nach den nme n ü, zu Anfang des MongtJz Mal etwa erholt. Obstbäume und Weinstöcke welsen überall starken er n, auf und versprechen eine ausgezeichnete Ernte. (Bericht des Kalserlichen Konsulals in Nizza vom 18. Juni 1914.)