Kaiser von Oesterreich und Apostolischer König von Ungarn, achter d. 9. Infanterieregimentg Wrede, Lang d. 13. In⸗ fanterleregiments Fran Joseph L., Kaiser von Desterreich und Apostolischer König won Ungarn, Babinger d. 9. In. Regts. Wrede, Wolf d. 12. Feldart. Regis, Rin keiin d. 19. Inf. Heat. König, Pfister d. 15. Inf. Regts. Franz Joseph J., Kaiser von Desterreich und Apostolischer Kznig von Ungarn, Stingl d. 10. Inf. Kegtg. König, Hecht d. J3. Inf. Regts. Franz Joseph J., Kaiser von Oesterreich und 8 König von Ungarn, Volckamer p. Kirchensittenbach d. 19. Inf. Regts. König Viktor Emanuel 1II. von Itallen, Düll d. . Inf. Regts. König, Baier d. 2. Inf. Regts. Wrede, Rein d. 1. Telegr. Bats., Diet! d. 1. Inf. Regts. König, Pettermand d. JI. Inf. Regts. von der Tann, Frhrn. v. * ö ch d. Inf. Leibregts., Schindler d. 10. Inf. Regts. König, Noder d. Eisenb. Bats.,, Baumann d. 3. Feldart. Regts. Prinz Leopold, Praun d. 1. Telegr. Bats. München, 11. Jull. Seine Majestät der König haben
Sich mit Allerhöchsser Entschließung vom) 9. d. M. bewogen ge⸗ funden, aus 6 der Einhundertjahrfeler des 14. Inf. Regts. Hart⸗ . . ö. ke, n, ; 5 5 n
is Unisorm des 14. Inf. Regts. Hartmann: dem Gen. d. Ins. 3. D. Ritter v. Claus, neben d. bish. Uniform;
den Chgrakter als Generalmajor: den Obersten j. D. Hemmer, Schunck, Michah ellez,
den Charakter als Oberstleutnant: dem Major z. D. Weltz,
den Charakter als Rittmeister: dem Sberlt. 2. D. Frhrn. v. u. zu Egloffstein,
den Charakter als Oberleutnant: dem Lt. d. Landw. a. X.
Loschge. Königlich Sächsische Armee.
Den 8. Jull. Wunder, Hauptm. z. D., zuletzt Komp. Chef im 10. Inf. R. Nr. 134, unter Fortgewährung d. gesetzl. Pens. als Bez. Offiz. b. Landw. Bez. Annaberg wiederangestellt.
Königreich Preußen.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen ; und Forsten.
Bekanntmachung.
Die Herren Forstreferendare, die in diesem Herbst die Staatsprüfung abzulegen beabsichtigen, haben die vor—
schriftsmäßige Meldung spätestens bis zum 16. August d. J. einzureichen. Berlin, den 10. Juli 1914.
Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. .A.: von Freier.
Bekanntmachung.
Die Herren Forstbeflissenen, die in diesem Herbst die Forstreferendarprüfung abzulegen beabsichtigen, haben die vorschriftsmäßige Meldung spätestens bis zum J. September d. J. einzureichen.
Berlin, den 10. Juli 1914.
Der Minister für Landwirischaft, Domänen und Forsten. J. A.: von Freier.
Finanzministerium.
Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Sp rottau, Regierungsbezirk Liegnitz, ist zu besetzen.
Bekanntmachung.
Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekannt gemacht:
I) der Allerhöchste Erlaß vom 27. April 1914, betreffend die Genehmigung, des von der Generalpersammlung des Kur, und Neu— märkischen Ritterschaftlichen Kreditinstituts am 18. Dezember 1913 beschlossenen Nachtrags zu den reglementarischen Bestimmungen dieses Kreditinstituts, durch die Amtsblaͤtter
der Königlichen Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 25 Sonderbeilage S. 1, ausgegeben am 206. Fun 1914,
der Königlichen Regierung in Frankfurt a. O. Nr. 77 Sonder“ bellage S. 1, gutzgegeben am 27. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Marienwerder Nr. 25 Sonder— beilage S. 1, auzgegeben am 20. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Stettin Nr. 25 Sonderbeilage S. 1, ausgegeben am 20. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Köslin Nr. 25 Sonderbellage S. 1, ausgegeben am 20. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Liegnitz Nr. 25 Sonderbeilage S 1. auggegeben am 20. Juni 1914, und
der Königlichen Regierung in Magdeburg Nr. 25 Sonder— bellage S. 1, ausg geben am 20. Juni 1914;
2) der Allerhöchste Erlaß vom 27. April 1914, betreffend die Genehmigung des von der Generalversammlung des Neuen Branden burgischen Kreditinstituts am 3. Februar 1914 beschlossenen J9. Rach⸗ trags zu den statutarischen Bestimmungen dieses Kreditinstituts, durch die Amtsblätter
der Königlichen Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 25 Sonderbeilage S. 4. ausgegeben am 26. Juni 1914,
der Königlichen e in Frankfurt a. O. Nr. 27 Sonder beilage S. 4, ausgegeben am 27. Junt 1914,
der Köntglichen Regierung in Marienwerder Nr. 25 Sonder beilage S. 4, ausgegeben am 20. Jun 1914,
der Königlichen Regierung in Stettin Nr. 25 Sonderbeilage Se 4, ausgegeben am 20. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Köslin Nr. 25 Sonderbeilage S. 4, ausgegeben am 20. Juni 1914,
der Königlichen Regierung in Liegnitz Nr. 25 Sonderbeilage S. 4, ausgegeben am 20. Jun 1914, und
der Königlichen Regierung in Magdeburg Nr. 25 Sonderbeilage S. 4, ausgegeben am 20. Juni 1914;
3) der Allerböchste Erlaß vom 14 Mat 1914, betreffend die Ver⸗ leihung des Enteignungsrecht an die Königlich bayertsche Regierung für die Ausführung der Kanallsierung des Mains von der preußisch⸗ hayerischen Grenze an der Kahlmündung bis zur Essenbahnbrücke Hanau — Klein Steinheim, durch die Amtsblätter
der Königlichen Regierung in Cassel Nr. 24 S. 263, ausgegeben am 13. Juni 1914, und ö.
der Königlichen Regierung in Wiesbaden Nr. 24 S. 231, auß— gegeben am 13. Juni 1914;
4 das am 14. Mai 1914 Allerhöchst vollzogene Statut für die Dörpetal⸗Genossenschaft in Dörpe, Gemeinde Neuhückeswagen im Kreise Lennep, durch das Amtsblatt der Königlichen Reglerung in Düsseldorf Nr. 25 S. 297, fee e n am 20. Juni 1914;
5) das am 14 Mai 1914 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwaͤfferungsgenossenschaft Stöckow in Stöckom im Kreise Kolberg⸗ Körlin durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Kö glin Nr. 26 S. 201, ausgegeben am 27. Jun 1914;
6) das am 27. Mai 1914 Allerhöchst vollzogene Statut für die . Goldbach in Goldbach im Krelse Wehlau durch das Amtsblatt der Königlichen Reglerung in Könlgsberg Nr. 26 S. 566, ausgegeben am 27. Juni 1914.
Abgereist: Seine Exzellenz der Präsident der Seehandlung (Preußische k Wirkliche Geheime Rat von Dom bois mit rlaub.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. Juli 1914.
Der Oberregierungsrat Hoffmann in Marienwerder ist als Dirigent der Abteilung If an das Polizeipräsidium Berlin und der Oberregierungsrat Dumrath vom Polizeipräsidium Berlin als Zweiter Oberregierungsrat beim Regierungs⸗ präsidenten nach Marienwerder versetzt worden.
Der Regierungsrat Koellner aus Stettin ist der Kgl. Re— gierung in Breslau, der Regierungsrat Dr. Beermann aus Trier dem Königlichen Oberpräsidium in Hannover und der Regierungs— rat Reininghaus aus Schleswig, zurzeit in Berlin, dem Königlichen Polizeipräsidium in Cöln zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden. Der Regierungsassessor Frei⸗ herr von Funck aus Labiau ist dem Königlichen Oberpräsibium in Königsberg (Pr.) und der Regierungsassessor Steinbeck der Königlichen Regierung in Potsdam zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Die Regierungsreferendare von Krosigk aus Stettin und Heinichen aus Hannover haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Während der weiteren Abwesenheit des Kaiserlich japanischen Botschafters führt der Botschaftsrat Fungkoshi die Geschäfte der Botschaft.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Goe ben“ am 10. Juli in Pola, S. M. S. „Nürnberg“, am 14. Juli in San Francisco und S. M. S. „Straß— burg“ an demselben Tage in Port⸗au⸗Prince eingetroffen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht heute ein Kaiserliches Patent, durch das der galizische Landtag aufgelöst wird und Neuwahlen für den Landtag angeordnet werden. Die Auflösung erfolgt mit Rücksicht auf das Inkrafttreten der Landtagswahlreform.
— Im ungarischen Abgeordnetenhause beant— wortete gestern der Ministerpräsident Graf Tisza eine Inter— pellation, betreffend die serbischen Beziehungen, und führte, wie „W. T. B.“ meldet, aus:
Er könnte sich, da die Frage der Klärung der Beziehungen zu Serbien noch in der Schwebe fei, über die Methode noch nicht definitiv äußern, er wolle bloß im allgemeinen sagen, daß die ver⸗ antwortlichen Faktoren sich Bewußt seien, welche Interessen sich an die Erhaltung des Friedens knüpften. Die schwebende Angelegenheit müsse nicht unbedingt zu kriegerischen Entscheidungen führen, doch könne sich ein Staat, der den Krieg nicht als ultima ratio betrachte, als Staat nicht behaupten. Der Ministerpräsident widerlegte die pessimistlsche Auffassung, als ob die bosnischen Zustände revolutionär seien und außerordentliche Maßnahmen getroffen werden müßten, und sagte, es werde allerdings eine großserbische Agitation betrieben, der mit aller Energie entgegengetreten werden müßte.
Auf eine Interpellation des Grafen Apponyi, betreffend die Lage der österreichischungarischen Staatsbürger in Belgrad, erwiderte der Ministerpräsident Graf Tisza:
Der österreichisch⸗ungarische Gesandte Freiherr von Giesl hätte alarmierende Nachrichten erhalten, die ernst erschienen, sodaß die serbischen Behörden von ihm ersucht worden selen, Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Doch hätten sich die alarmterenden Nachrichten glůcklicher⸗ weise nicht bewahrheitet, und an der Haltung der Belgrader Bepöhke—⸗ rung sel nicht wahrzunehmen, daß sie die Absicht hätte, irgendwelche feindselige Kundgebungen auszuführen.
Beide Antworten des Ministerpräsidenten wurden vom Hause zur Kenntnis genommen.
. Der bei dem Bombenattentat in Serajewo verletzte Oberstleutnant Merizzi ist vollkommen genesen.
Großkbbritannien und Irland.
Das Oberhaus hat gestern die Bill, betreffend die Ab—⸗ schaffung der Pluralwahlstim men, die zum zweiten Male unter der Parlamentsakte an das Oberhaus verwiesen wurde, nach einer Meldung des „W. T. B.“ mit 119 gegen 49 Stimmen abgelehnt.
Frankreich.
Der Präsident Poinecars ist in Begleitung des Minister⸗ präsidenten Viviani gestern um Mitternacht nach Dünkirchen abgereist, von wo er sich zu Schiff nach Rußland begeben wird.
= Die in dem jüngsten französisch⸗türkischen Abkommen vorgesehene fan ne fan ür ien, Kommission zur Rege— lung der von französischen Staatsangehörigen bei der Pforte erhobenen Forderungen wird am 20. b. M in Konstantinopel zusammentreten.
— Der Senat hat gestern vormittag, wie ‚„W. T. B.“ meldet, das Budget angenommen; aber es bestehen noch mehrere Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kammer und dem Senat. So hat der Senat vor allem zum zweiten Male den Artikel des Gesetzentwurfes zur Einkommensteuer abgelehnt, der sich auf die Besteuerung nach dem Todesfalle bezieht. In der Nachmittagssitzung hielt der Senat einstimmig und ohne Diskussion seine Beschlüsse über diesenigen Punkte des edge . in denen er sich mit der Kammer im Gegen— atz befindet.
In der Deputiertenkammer beantragte gestern der Finanzminister Noulens, das Budget an den Senat zurück⸗ zuverweisen. Die Kammer nahm mit 313 gegen Ml Stimmen entgegen dem Beschluß des Senats den Artikel des Einkommen⸗ steuerentwurfs an, der von der Kontrolle der Einschätzung nach dem Tode handelt. Das gesamte Budget wurde schließlich mit 378 gegen 103 Stimmen angenommen.
Erst Abends nach langer Beratung waren Senat und Kammer über alle Punkte des Budgets einig geworden. Der Justizminister verlas im Senat und der Minifter des Innern in der Kammer das Dekret über die Schließung der
Session. Der Finanzminister Noulens legte auf dem Bureau der Kammer das Budget für 1915 nieder.
Vor der Annahme des Budgets in der Deputiertenkammer ersuchte der Vorsitzende der Heereskommission, General Pédoya, die Kammer, seiner Heereskommission die gleichen Machtbefug⸗ 23 h erteilen, die der Senat der Heereskommission des Senats erteilt hat.
Der Ministerpräsident Vivian erinnerte daran, unter welchen Bedingungen die Regierung eingewilligt hätte, daß die Senatzz— kommission nicht eine Untersuchung anstelle, sondern die Frage in gemeinsamer Arbeit mit dem Kriegsminifter studiere. Der Minister⸗ Präsident wies andererseits darauf hin, daß die Budgetkommifssion der Kammer ordnungsgemäß das Recht habe, eine Subkommission zu ernennen, um die Verwendung der für die nationale Verteidigung bestimmten Kredite zu überwachen. Eine gewisse Zahl von Mitaliedern der Armeekommission arbeitete mit der Budgetfubkommission zu⸗ sammen. Dies sei ein vermlttelnder Vorschlag, den er mache, um zu vermeiden, daß zwei Heeres kommissionen sich widersprechende Schlüsse aufstellten. Der General P6doya stellte sich auf den Boden dieses Vorschlages. Der Sozlalist Albert Thomas forderte, daß die Budgetkommission eine dauernde Ueberwachung auslbe, um darüber zu urteilen, ob man sich seit Monaten gegenüber einem General · stab befunden habe, dessen Sorglosigkeit und Ungeschicklich⸗ keit nicht scharf genug gekennzeichnet werden könnte. Der nationallstische Abgeordnete Driand führte aus, daß der Feldzug, der sich vorbereite, darauf abziele, einen Wechsel im Oberkom mandy herbeizuführen und an diese Stelle eine politisch / militärische Klique zu setzen. Der General Pédoya habe ihm ganz aufrichtig gesogt, daß man den General Joffre durch den General Sarrail ersetzen wolle. Driand hielt darauf eine temperamentvolle Lobrede auf den General Joffre der seit drei Jahren methodisch und konsequent gearbeitet habe, und schloß: Wir wollen nicht, daß der General Joffre durch einen Polinker ersetzt wird, der seit Jahren die Armee verfolgt hat. André Lefevte erklärte, daß der ungenügende Zustand des Materials von den unge⸗ nügenden Krediten heikäme. Es sei unzulässig, einzelne Beamte zu beschuldigen. Richtig sei, daß das Land seit 15 Jahren nicht die für seine Verteidigung notwendigen Opfer bewilligt habe. Der Kriegs⸗ minister Messimy ersuchte die Kammer, sich nicht in persönliche Fragen zu verlieren. Er versprach seine freimütigste und loyalste , , bet der Kontrolle über die Anwendung der neu bewilligten
redite.
Der Präsident Deschanel machte darauf aufmerksam, daß Pédoya seinen Resolutionsantrag zurückgezogen habe, und daß die Tagesordnung erschöpft sei.
— Die Heereskommission der Kamm er hat fünf ihrer Mitglieder dazu bestimmt, sich der Heereskommission des Senats anzuschließen, die mit der Erstattung eines Berichts über das Kriegsmaterial beauftragt worden ist.
Italien.
Das gestern vormittag über das Befinden des Herzogs von Aosta ausgegebene Bulletin besagt:
Gestern ist ein leichter Rückgang der Temperatur eingetreten. Das Maximum betrug 395. Die Unterleibsschmerzen sind weniger heftig, aber die Herzschwäche dauert an und das Auftreten einer Nierenaffektlon trägt zu dem besorgniserregenden Charakter des augen⸗· blicklichen Krankheitszustandes bei.
Türkei.
Der griechische Gesandte hatte gestern nachmittag eine Unterredung mit dem Großwesir.
— Der serbische Geschäftsträger Georgewitsch ist ab⸗ berufen worden. Der Gesandtschaftssekretär Ristitsch hat die Geschäfte übernommen.
— In der vorgestrigen Sitzung des Senats wurde, wie IW. T. B.“ meldet, auf Grund der Geschäftsordnung gegen den griechischen Senator Georgiades ein Tadel und die Ausschließung ausgesprochen, well er sich in bezug auf das provisorische Gesetz über die Schaffung einer einheimischen türkischen Bank in Smyrna einer ungeziemenden Ausdrucksweise bedient hatte. Ein Teil der türkischen Presse, die Giorgiades heftig angegriffen hatte, findet die Maßregelung unzureichend.
Bulgarien.
Die gemischte Kommission, die damit beauftragt war, über das Besitzrecht auf den Grenzposten Sassa im Bezirk Küstendil zu entscheiden, dessen die Serben sich gewaltsam zu bemächtigen versucht hatten, hat nach einer Meldung der „Agence Bulgare“ das Recht Bulgariens auf diesen Posten anerkannt.
— In der Sobranje stand gestern die Beratung der Anleihe auf der Tagesordnung.
Wie „W. T. B. berichtet, verlas zu Beginn der Sitzung der Führer der Radikalen Tsanoff im Namen der gesamten Oppositton eine lange Erklärung, worin die Mängel der Anleihe hervorgehoben werden und zum Schluß gesagt wird, daß die Opposition die AÄnleihe als entehrend und unheilvoll für das Land betrachte, das keinerlei Vorteile für die zahlreichen überaus schweren Lasten, die sich aus der Kreditoperation ergäben, erhalte. Die gesamte Opposttion erhebe gegen die Gewährung der Ausbeutung der Kohlenminen, die einen schweren Schlag für die heimische, im Entstehen begriffene Indusirie be⸗ deute, Einspruch und erkläre, daß die Unserzeichnung derartiger Verträge durch einen bulgarischen Minister ein Verbrechen an der Würde und dem Kredit Bulgariens bedeute ange sichts der Möglichkeit, anderswo eine Anleihe zu günftigeren Bedingungen und ohne wirtschaftliche Opfer und Konzessionen ober politische Verpflich⸗ tungen aufzunehmen. Die Vorlage derartiger Verträge in der So⸗ hranje sei eine Herausforderung des bulgarischen Volkes und ihre Genehmigung ein gefährlicher Eingriff in die finanzielle und wirt⸗ schaftliche Unabhängigkelt des Landes sowie der Beginn der Unter⸗ werfung unter fremde Staaten. (Die Verlesung dieser Erklätung wurde durch stürmische Protestrufe seitens der Abgeordneten der Mehr⸗ heitspartei unterbrochen.)
Der, Führer der reformistischen Sozialisten Pass uh of brachte eine Erklärung zur Verlesung, worin die Regierung beschuldigt wird. daß sie die Absicht habe, durch Gewährung der Konzession für den Bau der Eisenbahnlinie Haskowo — Portolagos fowie für die Hafen⸗ bauten in Portolagos und durch Autbeutung der Gruben zu Pernik und Bobopvdol Fremde ins Land kommen zu lassen.
Schließlich verlas der Führer der doktrinären Sozialisten Blagoeff gleichfalls eine Erklärung, die in demselben Sinne gehalten war. Während der Verlesung dieser Erklärung kam Tes zu einem Zwischenfall. Als Blagoeff erklärte, er erhebe Einspruch da⸗ gegen, daß die russische Gesandtschaft durch Veröffentlichung Eines Communiqués über die Anleihefrage sich in die inneren Angelegenheiten einmenge, begann die Mehrheit lebhast zu applaudieren. Der Ünterrichtsminister Pesch eff rief, indem er auf die Demokraten hinwies: „Sie sind es, denen man diese Acußerungen der russischen Gesandtschaft zu verdanken hat, bon der Sie Ihre, Aufträge erwarten. Als der Führer der Demokraten in heftiger Weise dagegen protestierte, erwiderte der Unterrichtsminister Pescheff, Malinow sei ein Fremder. Auf diefe Worte hin erhob sich schreiend die gesamte Opposition. Malinow rief dem Minister „Feigling!“ zu. Wegen deg ungeheuren Lärms unterbrach der Präsident die Sitzung. Rach Wiederaufnahme der Sitzung dauerte der Lärm mit der gleichen ft iat an, sodaß die Sitzung nochmals geschlossen werden mußse. Nach neuerlicher Aufnahme der Sitzung erhob ein Abgeordneter der Opposition
egen die Anleihe Einspruch, indem er erklärte, die Oppo⸗ een werde die Obstruktion nicht einstellen, so lange nice, 1 den Anleihevertrag zurückgezogen habe. Der Minister⸗ präsident Radoslaw ow richtete an die Deputierten den Appell, den Berichterstatter anzuhören, um über die Anleihe in Ruhe zu ber— handeln, da, sonst das Präsidium die in der Geschäftgordnung vor⸗ gesehenen Disziplinarmittel zur Anwendung bringen würde. Knter= dessen hatten die Abgeordneten der Mehrheit die Ministerbänke und die Rednertribüne umstellt. Der Berichterstatter verlas unter an' dauerndem Laͤrm von der Rednertribäne die Begründung zur Anleihe⸗ vorlage. Die oppositionellen Abgeordneten warfen in immer steigender Erregung Papierkugeln und Bücher auf die Ministerbänke, worauf die der Mehrheit angehörenden Abgeordneten in der gleichen Weife reagierten.
Während dieser stürmischen Auftritte forderte der Präsident die in die Rednerliste eingetragenen Abgeordneten auf, das Wort zu ergreifen, und als sich auf diese Aufforderung bei dem herrschenden ungeheuren Lärm niemand meldete, brachte der Präsident die Vorlage zur Abstimmung. Die gesamte Mehrheit erhob die Hände, worauf der Präsident die Vorlage für angenommen erklärte und sofort die Sitzung schloß. Die Mehrheit der Abgeordneten hat beschlossen, wegen der Vorgänge in der Sobranje ihre Abstimmung über den Anleihe⸗ entwurf schriftlich zu bekräftigen.
Albanien.
Wie „W. T. B.“ meldet, wurde vorgestern ein größerer Landstrich zwischen Valong und dem Strand längs der Straße von etwa zwölftausend Flüchtlingen besetzt, die auf dem Wege von Koritza nach Berat aus Furcht vor den Epiroten zu den Aufständischen übergegangen waren.
Der Albanischen Korrespondenz“ zufolge haben die Epiroten Biglischta besetzt und die Einwohner entwaffnet. Auch die Stadt Tepeleni ist von den epirotischen Ba⸗ taillonen besetzt worden, die einem Angriff der albanischen Aufständischen auf die Stadt zuvorkommen wollten.
Amerika.
Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Mit⸗ teilung hat der Präsident Huerta dem Kongreß gestern nach⸗ mittag seine Abdankung unterbreitet und Abends mit Blanquet Mexikocity verlassen.
Der Minister des Aeußern Carbajal hat gestern abend den Eid als Präsident von Mexiko vor versammelten Abgeordneten und Senatoren abgelegt. Alle Mitglieder des Kabinetts sind zurückgetreten.
— Der Präsident Wilson hat von einem Mitgliede des Ordens der christlichen Brüder ein Telegramm erhalten, wonach der Direktor und Inspektor der Schule des Ordens in Zacatecas getötet und elf andere Mitglieder, sämtlich Franzosen, gefangen genommen worden sind. Der Orden habe sich auch an die französische Regierung um Hilfe gewandt, um die Frei⸗ lassung der Gefangenen zu erwirken und einer Wiederholung solcher Ereignisse in anderen mexikanischen Städten, die auch solche Schulen haben, vorzubeugen.
Statiftik und Volkswirtschaft.
Das Universitätsstudium in Deutschland im Sommer 1914.
Die Zahl der an den Universitäten des Reichs eingeschriebenen Studierenden, die seit 1896 derart wächst, daß seitdem eine Ver— doppelung eintrat, ist auch in diesem Sommer weiter in die Höhe ge⸗ gangen und beläuft sich nun auf 60943. Gegenüber dem Vorjahre mit S0 346 Studierenden beträgt die Steigerung 597 gegen 784 im Vorjahr und 3900 vor vier Jahren. Binnen der letzten zehn Jahre ist die Steigerung so groß gewesen, wie der Gesamtbesuch der deutschen Universitäten vor fünfzehn Jahren. Da die neueste Jahreszunahme aber erheblich geringer ist als die der Vorjahre, ist anzunehmen, daß der Höhepunkt des Zudranges vorläufig überschritten ist, was bei der Ueberfüllung vieler gelehrten Berufe jetzt allgemein als wünschenswert bezeichnet wird. Zählt man der Studentenziffer noch die der sogenannten „Hörer“ dieses Salbjahres hinzu, nämlich 312 Männer und 974 Frauen, so ergibt sich, daß zurzeit 65 929 Personen am deutschen Universitätsunterricht teil⸗ nehmen. Von den Studierenden sind 56 826 männlichen und 4117 weiblichen Geschlechts gegen 56 90 und 3436 im Vorjahr, die Jahres⸗ steigerung beruht daher ausschließlich auf einer Zunahme der Zahl der Studentinnen.
Was die neueste Entwicklung des Besuchs der einzelnen Fakultäten bezw. Studienfächer betrifft, so ist die' süngfte Zunahme zu einem wesentlichen Teil zwar einem Studienzweig zuge⸗ flossen, bet dem wirklich ein Bedürfnis nach einem Zuzug weiterer Kräfte besteht, nämlich der evan gelischen Theologie, der sich jetzt 4345 Studierende widmen, gegen 3882 im Vorjahre; aber überwiegend entfällt der Zuwachs wieder auf das Medizin⸗ stu dium, dem die akademische Jugend nun schon einige Jahre in einem Maße zuströämt, daß jetzt ein Stillstand dringend wünschengwert erscheint. Die medizinischen Fakultäten zählen heute B 920 Studierende gegen 14760 im Vorjahr und eist 8209 vor fünf Jahren. Die nächstgrößte absolute Zunahme welsen die Kamera; listen und Landwirte auf, die gegenüber dem Vorjahr ihre Zahl von 3405 auf 3876 erhöhten; die Zahnärzte stiegen von 655 auf 989. die kat holischen Theologen von 19655 auf 20658, die Pharmazeuten von 1073 auf 1098 und die For siwirte (nur in München, Tübingen und Gießen) von 190 auf 211. Zurückgegangen sind zufolge der Ueberfüllung der betreffenden Berufe die Jurtsten von 163906 auf 9824, die Philologen von 165 471 auf 14321 und endlich die Mathematiker und Ratur“ wissenschaftler von 8346 auf 8086.
Von Interesse ist noch die Feßssstellung, wie sich die deutsche akademische Jugend auf die einzelnen Universitäten vertent und welche Aenderungen neuestensg hierin eingetreten sind. An der Spitze der Hochschulen steht Berlin mit 8538 Studierenden gegen 8383 im Vorjahr, in München sind 6626 ein— geschrieben (6665), Leipzig zählt 5359 (51719, Bonn 1524 (4460), Freiburg 3178 G163), Halle 2855 (765), Göttingen 2834 (2855), Breslau 2813 (2790), Heide!“ berg 2668 (2617), Marburg 2522 (2406), Kiel 25330 (2266), Mün ster 2169 (209), Straßburg 1959 (2037), Tübingen zal9 E234), Jena 007 oss), Königsberg 1543 (1646), Würzburg 1605 (1456), Gießen 1432 (1436), Greifswald 1461 (1445), Erlangen 1302 (1291), Rost ock 1009 (1005. Geringeren Besuch haben demnach München, Jena, Göttingen, Münster, Königsberg, Gießen, Straßburg; am stärksten zugenommen dagegen haben Leipzig, Marburg und Würzburg. In der Reihenfolge der Untversitäten nach der Besucherzahl ist Halle unter Ueberholung von Göttingen von der 8. auf die 6. Stelle gerückt; Würzburg ver— drängte Königsbeig aus der 16. Stufe.
Zur Arbeiterbewegung.
Zur drohenden Aussperrung der Textilarbeiter in der Riederlgusitz (vergl. Nr. 161 8. Bl.) liegt folgende Meldung des . W. T. B.“ aus Forst vom gestrt en Tage vor: Die Lohn kommission der Walkeretiarbeiter erschien heute vormittag bei
2 *
Kommerzienrat Avellis und fragte, ob der Arbeitgeberverband zu einer weiteren Verhandlung und zur Entgegennahme neuer Vorschläge bereit sei. Darauf erklärte der Kommerzienrat Avellis, daß die Arben⸗ geber den Arbeitern in keiner Beziehung mehr entgegenkommen könnten, sondern bis an die äußerste Grenze gegangen seien. Sollte die Lohn⸗ kommission aber trotzdem den Vorstand des Arbeitgeberverbandes zu sprechen wünschen, so sel dieser selbstver ständlich, wie immer, berelt, die Kommission anzuhören. Daraufhin ging Nachmittags folgender Bescheid von der Lohnkommiffion eln: Rach der Aus sprache, die die Mitglieder der Lohnkommission der Walkereiarbeiter heute morgen mit Ihnen hatten und bei der Sie erklärten, daß auf ein Ent— gegenkommen in der Lohnfrage durchaus nicht zu rechnen sei, hat die Tommission kein Gewicht darauf gelegt, andere Fragen jetzt mit den Arbeßtgebern zu besprechen.“ .
Anm selben Tage haben die Arbeitgeber eine Erklärung erlassen, in der, der Köln. Itg.“ zufolge, betont wird, daß es sich bei den For⸗ derungen der Walker und Walkerelarbeiter im Grunbe um eine all⸗ gemeine Lohnerhöhung aller Arbeiter handle, die mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit des Platzes abgelehnt werden müsse. — Wenn die Walkereiarbeiter in Ferft die Arbeit bis Sonnab
genommen haben, tritt die
Lausitz verhängte Aussperrung
(Weitere . Statistische Nachrichten' s. L. d. Ersten Beilage)
Wohlfahrtspflege.
Der Verein für Kinder volksküchen und Volkskinder— horte in Berlin hat in seinen 20 Anstalten im Monat Juni 1914 297 847 Portionen Mittagessen an bedürftige Kinder verteilt, die ihm von der städtischen Schulbehörde, von den städtischen Säug⸗ lingsfürsorgestellen, den Auskunfts., und Fürsorgestellen für Lungen⸗ kranke und anderen Wohltätigkeit ereinen zugewiesen wurden.
Arbeitsnachweisstellen in den Gemeinden.
Wie die in der letzten Nummer des Ministertalblatts der Handels. und Gewerbe verwaltung veröffentlichte ‚Uebersicht über die in, Preußen vorhandenen kommunalen oder mit kommunaler Unter⸗ stützung betriebenen allgemeinen Arbeitsnachweisstellen“ nach dem Stande vom 1. Januar 1914 ergibt, hat sich die Tätigkeit dieser Nachweigstellen im abgelaufenen Jahre günstig weiter entwickelt. Es wurden Stellen
angeboten gesucht
im Jahre 1919... . 857663 1168497 119i, 637 1305657 ö 19 .. 1445721 928 248
191 1529 424 949 503.
Mehr als 10 000 Stellen haben im abgelaufenen Jahre vermittelt die 21 Arbeitsnachweisstellen in Berlin (133 795), Cöln (57663), Frank— furt a. M. (G67 413), Düsseldorf (38 304), Magdeburg (35 147), Char⸗ lottenburg (34 6475, Essen a. d. Ruhr (30 604), Posen (27 932), Dortmund — Hauptarbeitsnachweis — (26 307), Hannover (25 133, Berlin Schöneberg (23 85 1), Wles baden (22783), Gelsenkirchen (18304), Bres lau (18012), Elberfeld ( 7857), Barmen (16089), Kiel (15068), Erfurt (2 488), Cassel (12458), Aachen (12305) und Neukölln (10859); mehr als 5009 bis 100090 Stellen die 16 Arbeltsnachweife in Könige berg . Pr. (90991), Duisburg (066), Bielefeld (860855, Zabrze (8062), Görlitz (7947), Hamm (462), Dortmund — Wandererarbeitsstätte (6845, Valle a. d. S. (6631). Berlin⸗Wilmersdorf (6445, Flengburg (6357), Stettin (6243), Bochum (6933), Kattowitz (96574), Cottbus (H386), Herford (957) und Danzig (6065). Während einige Ffleinere Arbeits? nachweise eingegangen sind, wurden 30 Arbeitsnachweisstellen neu be— gründet, u. a. in Spandau, Anklam, Stargard i. Pomm., Neustettin, Belgard, Schneidemühl, Burg (Regierungsbezirk Magdeburg), Eis⸗ leben, Wittenberg. Hameln, Mayen und Gummersbach. In Stral⸗ sund ist ein Facharbeitsnachweis für Gast. und Schankwirtschafts⸗ angestellte neu errichtet worden. Einschließlich der bereits früher begründeten Facharbeitsnachweise in Aachen. Barmen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Breslau, Cassel, Cöln, Crefeld, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf. Elberfeld, Essen, Frankfurt a. M., Görlitz, Göttingen, Dagen t. W., Halle 4. d. Saale, Hannover, Kattowitz, Magdeburg, Osnabrück, Stettin, Trier und Wiesbaden sind nunmehr 27 gemein nützigen allgemeinen Arbeitsnachweisstellen in Preußen solche Einrichtungen angegliedert. Von den am 1. Januar d. J. nach⸗ gewiesenen 335 Arbeitsnachwelsstellen sind 180 kommunale Arbeits- nachweise, die übrigen 155 Nachweise werden mit kommunaler Unter— stützung betrieben. Für die Provinz Onpreußen wurde der Ost— preußische Arbeitsnachweisverband in Königsberg i. Pr. und für die Provinz Schlesien der Schlesische Arbeitsnachwelsverband in Breslau neu errichtet. Mit den bereits früher für die Rheinprovinz und die Provinzen Westfalen. Hessen⸗Nassau, Sachsen, Hannover, Branden burg, Posen und Schleswig Holstein begründeten Arbeitsnachweis— verbänden sind zurzeit in Preußen 10 solcher Bezirksverbände vor— handen. Sie haben sich im Nobember 1913 zu einem Preußischen Arbeitsnachweisverbande (Sitz in Magdeburg) zusammengeschloffen.
Kunst und Wissenschaft. Dr. Maximillan Rooses, ehemaliger Direktor des Museums ö in Antwerpen, ist gestern, 75 Jahre alt, in Brüssel gestorben.
vermittelt 653 477 S8 148
12 1
Das chinesische Unterrichteministerium plant die Errichtung eines Nationalmuseums in Peking. Vor kurzem wurden die Kunst— schätze des Kaiserlichen Palajtes in Jehol nach Peling gebracht, um späler in dem neuen Museum aufgestellt zu werden. Von dem Umfang und dem Wert der Werke wird Fabelhaftes berichtet. Die Schätze des Mukdener Palastes sollen, wie die ‚Ostafiatische Zeit— schrift' schreibt, ebenfalls dem Museum einverleibt werden.
Was der vorgeschichtliche Mensch gegen Krankheiten tat. Die Steinzeit wird als die früheste Pertede der menschlichen Entwicklung bezeichnet, innerhalh deren man freilich noch eine größere Zahl von Abschnitten zu unterscheiden gelernt hat. Die Menschen der älteren Steinzeit lebten an den Ufern der Fluͤsse oder in Höblen; der Mensch der juͤngeren Steinzeit verfügte schon über weit höhere Fähigkeiten auch in der Herrichtung von Behausungen. Es ist be · achtenswert, daß nach dem jetzt gesammelten, ziemlich reich⸗ lichen Materigl der Mensch der jüngeren Steinzeit auch schon als Arzt und Chirurg angesprochen werden darf. Einen fesselnden Aufsatz über die Bemühungen des Menschen zur Bekämpfung, von Krankheiten hat der Professor Parry in der Wochenschrift „Lancet“ veröffentlicht. Er näherte sich dem Verständnis dieser schwierigen Frage durch eine Betrachtung der Instinkte, die manche Tiere für eine Art von Selbstheilung besitzen. Hunde und Katzen fressen Graͤser, um nötigenfalls ein Erbrechen oder eine abführende Wirkung zu erzielen. Der sogenannte Hundsweßzen bat von dieser Beobachtung geradezu den Namen erhalten. Wenn Tiere einen verletzten Körperteil mit erstaunlicher Ausdauer belecken, so ist darin eine etwas rohe Vereinigung von Desinfektion, Wärme⸗ behandlung und Massage zu erblicken. Professor Party zweifelt nicht daran, daß auch der vorgeschichtliche Mensch seine Wunden beleckt haben wird, zunächst vielleicht gleichfalls aus Instinkt, später durch Beobachtung und Nachahmung der Tiere. Es ist auch wahrscheinlich gemacht worden, daß der Mensch den arznellichen Gebrauch der Nles⸗ wurz von der Ziege gelernt hat. Ueber solche Instinkte der diere enthält die Literatur vom Altertum an viele Angaben. Virgil erzählt, daß angeschossene Ziegen von der Diptampflanze fressen, Plinius melnt gar, daß der Mensch den Aderlaß vom Nilpferd gelernt habe, das sich absichtlich an scharfen Sumpfgräsern verletze und die frei⸗ willig geschaffene Wunde mit Lehm verklebe, um einen zu großen Blutverlust zu verhüten. Das Salzlecken vieler Huftiere mag gleich-
. [
ĩ—
falls auf einen Gesundheitsinstinkt zurückgeführt werden. Der berũhmte Afrikareisende Livingstone hat berichtet, daß die Schimpansen und andere menschenähnliche Affen blutende Wunden mit Verbänden aus Blättern oder aus Grag verschließen. Die ilteste Arzneikunst des Menschen müsse nach Ansicht Parrys aus Instinkten erklärt werden. Aber bald habe sich ihre Ausübung mit dem Geister⸗ glauben vermischt. Dafür besianden nach Ansicht des ge⸗ nannten Gelehrten etwa. dieselben Gründe, wie die fast überall auf früheren Kulturstufen eingegangene Verbindung zwischen ärztlichem und priesterlichem Beruf oder jwischen Krankenheilung und religiösen Zeremonten. Wahrscheinlich sind hauptsäͤchlich bei den Naturvölkern, an deren Anschauungen fich der Charakter des Ur⸗ menschen noch am besten erkennen läßt, drei Meinungen über die Ent—= stehung von Krankheiten vertreten. Sie wurden entweder zurückgeführt auf den Zorn eines unzufriedenen Geistes, oder auf Zauberei, oder auf die beleidigten Geister von Verstorbenen. Ein niedrig stehendes Volk in Malaka glaubt noch jetzt, daß jede Krankheit durch einen be— sonderen Geist erregt werde, während die Urbevölkerung von Neu⸗ seeland wieder jeden einzelnen Körperteil einem Dämon zuteil te, der auch dessen Erkrankung henrbetzuführen vermochte. Dlese Vermischung von Geistersagen und Heilkunst scheint die einzige Eiklärung dafür, daß schon der steinzeitliche Mensch sich als Chirurg mit einer Operation betätigte, die noch jetzt als befonders schwierig und be— denklich gilt. Es ist die sogenannte Trepanation oder Oeffnung des Schädels. Der dabei leitende Gedanke richtete sich ohne Zwelfel darauf, daß die Kranken von einem Geist beseffen wären, der aus dem Schädel herauggelassen werden müßte. Die Einbildungskraft sträubt sich dagegen, sich die Vornahme eines so gewaltsamen Eingriffs mit mangelhaften und ungefügen Instrumenten vorzustellen, wier sie dem Menschen der Steinzett allein zur Ver fügung standen. Der Medizinmann jener längstvergangenen Zeit hatte nichts als ein scharfes Stück Feuerstein als Werkzeug. Damit schnitt er wohl erst die Kopfhaut ab, soweit es nötig war, stillte die Blutung und kratzte dann solange am Schädelknochen, bis er eine, Oeffnung geschaffen batte. Es entzieht sich jeder Be⸗ urteilung, wie viele Stunden eine derartige Speratton wohl ge⸗ dauert haben mag. Daß sie aber ungefähr auf diese Art vorge⸗ nommen wurde, lehren die Funde vieler Schädel mit einfachen oder zusammengesetzten künstlichen Oeffnungen. Da verhältnismäßig viele Schädel in diesem Zustand erhalten geblieben sind, kann die Operation nicht selten gewesen sein. Der unglückliche Kranke unter⸗ warf sich ihr wohl in dem Glauben, daß er unter allen Umständen von seinem Teufel befreit werden müßte. Es ist außerdem bekannt genug, daß die Naturvölker eine Fähigkeit im Ertragen von Schmerzen besitzen, die der Kulturmensch selbst bei größter Selbstbeherrschung seiner Nerven nicht mehr aufzuweisen vermag. Allerdings wurde auch in der Steinzeit ein Mensch, der eine Trepanation glücklich überstanden hatte, wie ein Halbgott verehrt, und nach seinem Tode schätzte man sich glücklich, seinen Schã del in den Besitz zu bekommen. Entweder wurde dieser ganz auf⸗= bewahrt oder man schnitt den durchlöcherten Teil mit einer Feuer steinsäge heraus und trug ihn an einem Strick als Amulett, dat an= geblich einen unbedingten Schutz vor der Krankheit gewährte, an der der Tote gelitten hatie. Der erste Schädel dieser Art ist übrigens erst im Jahre 1868 in einer steinzeitlichen Grabstätte in Frankreich gefunden worden und wurde damals in seiner Art nicht erkannt. Man hielt nämlich das Loch mit seinen durch Narbenbildung geglätteten Rändern für eine Oeffnung, die nach dem Tode künstlich hergestellt worden wäre, um den Schädel als Trinkschale zu benutzen, ein Ge⸗ brauch, der freilich bei wilden Stämmen häufig zu finden ist. Der Anatom Professor Breca, dessen Name insbesondere durch den Nachweig des nach ihm benannten Sprachzentrums im Gehirn berühmt geworden ift, war der erste, der zum allgemeinen Erstaunen die Annahme aussprach, daß der steinzeitliche Mensch bereits eine Trepanation ausgeführt hätte. Wie sich die Sitten der steinzeitlichen Menschen bei den Naturvölkern bis zur Gegenwart erhalten haben, bewelst die Tatsache, daß die Trepanation noch heute bei den Eingeborenen der melanesischen Inselgruppen im Großen Ozean im Gebrauch ist. Die Schädel, an denen diese Tatsache nachgewiesen worden ist, zeigen eine sehr geschickte Ausführung der Operation an einer schönen Rundung der Schädelöffnung, deren Ränder auch eine vorzügliche Heilung erkennen lassen. Bei diesem Volkestamm der Gegenwart scheint freilich nicht allein der Geisteraberglaube für die Operation b stimmend zu sein, sondern die Beobachtung einer tatsächlichen Erkrankung des Schädelknochens, die wenigstens in einigen Fällen mit aller Deutlichkeit erwiesen worden ist. Der melanesische Chirurg ist sogar ein solcher Melster im Gebrauch seines unvollkommenen Messers, daß er die abgelöste Kopfhaut nachher wieder über die Oeffnung zieht, wo sie durch einen Verband aus Bananenfasern befestigt wird. Mehrere moderne Chirurgen haben versucht, dlese Operation nach steinzeitlichem Muster nach— zuahmen. Professor Pariy selbst hat zu diesem Zweck Feuerstein, Vulkanisches Glas (Obsidian), Muschelschalen, Schleferstücke und Haifischzähne versucht. Die Art der Benutzung geschah ent⸗ weder durch Schaben oder ähnlich einem Drillbohrer. Die Operation erwies sich begreiflicherweise als außerordentlich zeitraubend, besonders bei der Anwendung des Steins zum Bohren. Haifischzähne arbeiteten noch am besten und es ist wohl an⸗ zunehmen, daß auch der vorgeschichtliche Mensch sich solcher bedient hat, soweit er ihrer habhaft werden konnte, während Muschelschalen wahrscheinlich dazu nie gebraucht wurden. Immerhin konnte Prof. Parry an einem erwachsenen Schädel ein kleines Loch mit einem Schiefer⸗ stück schon in etwa 509 Minuten hervorbringen, sodaß die Dauer der ö auch für den steinzeitlichen Menschen vielleicht überschätzt worden ist.
Literatur.
— Das vierte Heft des XXX. Bandes der Eisen bahn⸗ und Verkehrsrechtlichen Entscheidungen und Abhandlungen, Zeitschrift für Eisenbahn- und Verkehrsrecht, heraus— gegeben von Dr. Georg Eger, Geheimer Regierungsrat in Berlin, enthält folgende Abhandlungen: Dr. Arthur Niggl, Postrat im Kgl. Bayer. Verkehrsminssterium in München, Die Postordnung für das Deutsche Reich als Quelle konstituttver Haftpflichtnormen. — Gustav von Bezold, Eisenbabnassessor bei der Kgl. Eisenbahndirektion in Ludwigshafen a. Rh., Kann ein Bauunternehmer, dem die selbständige Bauausführung einer Eisenbahn übertragen ist, durch einstweilige gerichtliche Verfügung zur Einstellung von Sprengungen gezwungen werden? — Dr. M. Epstein, Brünn, Ueber die Einrechnung von Zuschlagsfristen in die Lieferfrist. — Dr. Georg Eger, Geheimer Re⸗ gierungsrat, Berlin, Ueber die Geltung des 867 Abs. 2 der deutschen Eisenbahnverkehré ordnung, betreffend die Wahl und Bestimmung des Beförderungsweges, für den internationalen Verkehr. — Dr. . Löwengard, Cöln a. Rh., Ueber den internationalen Radiotelegraphen⸗ vertrag und die Gesetzgebung der Einzelstaaten. — Dr. Kurt Gordan, Magistratsrat in Berlin, die Beschränkung des Ersatzanspruchs nach 5 12 Abs. 1 Ziff. 1 des deutschen Kraftfahrzeuggesetzes vom 3. Mat 1909. — Dr. Diestel, Mitglied der jur. Abtlg. der Ytrektton der Hamburg · Amerik. Paketfahrt. A.- G. Schiff gberkehr auf öffentlichen Flüssen und Anliegertechte. — Dr. Erich Staedler, Oberpostinspeftor in Cöln a. Rh., Die Vertretung des Adressaten nach deusschem Post⸗ sonderrecht (3 39 Post. O.). Außerdem sind 121 grundsätzlich wichtige Entscheidungen mitgeteilt und ausführliche Besprechungen und An. gaben über Literatur und Gesetzgebung des In- und Auslande aut allen Gebieten des Eisenbahn, und Verkehrerechts aufgenommen.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ernteaussichten in Südfrankreich.
Der Kaiserliche Konsul in Marsellle berichtet unterm 8 d. M.: Die Witterung in Südfrankreich war im Jun und besonders in seiner ersten Hälfie kühl, regnerisch und gewitterhaft und von ungünstigem Einfluß auf fast sämtliche Kulturen. Das Getreide hat sich vielfach gelegt und steht nur mäßig bis ziemlich gut. Die