1914 / 188 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Aug 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Die gemischten Betriebe, d. h. Betriebe mit helfenden Familienangehörlgen und mit Fremdarbeltern, sind unter den H weit aus häufiger als unter den N; von 189 257 H sind es 57 748 oder 20,8 o, von 203 910 N nur 15 828 oder 738 0σ. Anders als der reine Familienbetrieb beherrscht der gemischte Betrieb die größeren und großen Wirtschaften, in stärkerem Grade bei der H-⸗Gruppe als bei der N⸗Gruppe. Von 23 857 großbäuerlichen H sind 77, o Wirt- schaften dieser Art, von 574 . Großbetrieben 43,0 o/o und von 78 623 mittelbäuerlichen 38.6 0/9; unter den N sind sie am stärksten in der großbäuerlichen Schicht (242 von 588 oder 41,2 oo), demnächst in der mittelbäuerlichen (2655 von 6723 oder 395 5ᷣ9) vertreten. Werden die A und die Nauf die Größenklassen verteilt, so drängen sich bei H 526 4 32 S4, / auf, die mittel, und die groß⸗ bäuerlichen Wirtschaften zusammen, während bei N 34,0 auf dle Parzellenbetriebe, 27,9 o o auf die klelnbäuerlichen und 20,2 0 auf die Zwergbetriehe fallen.

Vie reinen Fremdarbeiterbetriebe, d. h. Ve Wirtschaften mit ausschließlich fremden Arbeitskräften neben den Inhahern, sind viel weniger häufig als die nach ihrer Arbeitsverfassung bisher unter- schiedenen Betriebsarten; es sind deren in den 58 Kreisen nur 8653 H und 12418 N, im Durchschnitt 46 und 6,1 oo aller. Sie überwiegen unter den großen und größten Betrieben; von 574 und 15 kleineren Großbetrieben sind 5h, und 66 0/o, von 704 und 14 größeren Groß⸗ betrieben 829 und 78,6 reine Fremdarbeiterbetriebe, von 23 857 und o588 großbäuerlichen Betrieben dagegen nur 105 und 4833 oo, von 8 623 und 6723 mittelbäuerlichen nur 33 und 23,6 o /śo. Die reinen Fremdarbeiterbetriebe kommen, wenn sie auf die Größenklassen ver⸗ tellt werden, bei H mit 30, 4 28,9 59.3 o o auf die mittel⸗ und die großbäuerliche Schicht, bei LN mit 41, 4 271 68,3 oo auf die Zwerg⸗ und die Parzellenwirtschaften.

Kunst und Wissenschaft.

Nachdem die durch zahlreiche Einberufungen von Beamten zu den Fahnen notwendig gewordene Neuregelung des Dienstes, insbesondere des Aufsichts⸗ und Nachtwachdienstes, durchgeführt ist, sind die Königlichen Museen von heute ab dem Publikum wieder geöffnet. Einige unwesentliche Aenderungen der Oeffnungszeiten bleiben vorbehalten.

Der amerikanische Automobilfabrikant Henry Ford hat dem neuen Krankenhaus in Detroit eine Stiftung in Höhe von 4 Milltonen Mark überwlesen zum Zwecke von Forschungen und Versuchen über das Wesen und die Bekämmnfung des Krebseg. Ein eigenes Krebslaboratium wird geschaffen. Der medizi⸗ nischen Fakultät der Jale⸗Universität ist, wie die „Berliner Klinische Wochenschrift“ berichtet, von der Familie Lauder eine Stif⸗ tung in Höhe von 1600000 ½ überwiesen worden zum Zwecke w eines Lehrstuhls für öffentliche Gesundheits⸗ pflege.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Zur Förderung von Obstbau und Obstverbrauch.

Auf einige praktische Einrichtungen der jüngsten Gegenwart, die sich in der Förderung des Obstverbrauchs anscheinend bewährt haben, wird in der „Sozialkorrespondenz' hingewiesen. Am 31. Januar dieses Jahres wurde in Cöln der „Deutsche Verein zur För⸗ derung des Obstkonsums“ gegründet, der sich die Aufgabe stellt, zur Verbreitung des Obstgenusses in allen Bevölkerungskrelsen überallhin die Wege zu erschließen. Der vom Verein bisher bewirkte Aug⸗ tausch von Beobachtungen und Erfahrungen und von Vorschlägen für die Entwicklung des Obstkonsums soll nunmehr durch praktische Betätigung seine Ergänzung finden, indem der Verein im Interesse der Be⸗ kämpfung des Alkoholgenusses allenthalben Obstkosthallen und Verkaufsstellen sowohl für frisches als auch für gedörrtes Obst errichten will. Diese Organisation soll ähnlich wie diejenige der er⸗ folgreich wirkenden gemeinnützigen Milchausschankgesellschaften ein⸗ gerichtet werden. Es sollen Anteilscheine für die finanzielle Sicher⸗ stellung dieser Unternehmung ausgegeben werden. Man rechnet hier⸗ bei insbesondere auf die Teilnahme wohlwollender Großindustriellen . der Hebung des Obstkonsums bei den Angestellten und Arbettern.

Von dem rheinischen Obstbauverein stammt auch eine neue An—⸗ regung für die Wagengestellung für Beförderung von Obst durch die Eisenbahn. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach hat diese Anregungen günstig aufgenommen und in einem Erlaß von Anfang Juni die Eisendahnberwaltungen veranlaßt, ihr besonderes Augenmerk der Obstbeförder ung zuzuwenden, und sie angewiesen, der Obstbeförderung jede irgend zulässige Erleichterung zuteil werden zu lassen.

Der Deutsche P:o mologenverein in Eisenach hat Ende Juni ein Preisausschreiben erlassen, um im Sinne der oben erwähnten Bestrebungen des Cölner Vereins geeignete Plätze für kleine Obst— verkaufshäuschen zu erlangen. Es wird hierbei zur Bedingung gestellt, daß die nach der Straße zu gelegenen Auslagen derart mit Schutzvorrichtungen, Glasscheiben oder Gelatineplatten versehen sein müssen, daß sich das Betasten als unmöglich erweise und jede Ver⸗ unreinigung des Obstes vermieden werde. Der Verein wird dafür Sorge tragen, daß diese allen hygienischen Anforderungen entsprechenden Obstperkaufshäuschen möglichst überall eingeführt werden.

In Bayern hat die Geschäftsstelle für Obstverkaufs⸗ vermittlung im Königlichen Ministerium des Innern den Ver— band der Früchtegroßhändler in München aufgefordert, mit dem bayrischen Obsthandel zusammenzuZuarbelten. Es wird erstrebt, hin— sichtlich der rationellen Verpackung und der planmäßigen Be— schlckung der Obstmärkte dem rbeinpfäl,ischen Vorbilde nachzueifern, / der Bezirksämter Frankenthal und Kirchheim⸗ olanden.

Schließlich sei noch die Aufmerksamkeit auf ein genossen⸗ schaft liches Vorgehen gelenkt, über das der argentinische Be— richterstatter des Internationalen Landwirtschaftsinstituts in Rom in der „Int. Agrarökonomischen Rundschau“ (April 1914) berichtet. Es heißt dort u. a.: Eins der wirksamsten Mittel, um die Obstbaumzucht in technischer und wirtschastlicher Hinsicht rationell zu entwickeln, würde der Ansicht des Berichterstatters nach darin bestehen, daß man eine gewisse Anzahl von Pflanzschulen einrlchtete. Diese Baumschulen sollten nicht nur dazu dienen, besoaders auserwählte Baumgattungen in großer Menge heranzuziehen, sondern auch das Sammeln von Erfahrungen und den Unterricht in der Baumzucht ermögllchen. Die Pflanzgärten könnten entweder staatliche Ein⸗ richtungen darstellen oder in gemischter Form gemeinsam von Prwat— leuten und dem Staate begründet werden. So schlägt der Bericht⸗ erstatter vor, daß die Generaldirektion für landwirtschaftliches Unterrichtswesen auf der einen Seite und die ländlichen Grund⸗ besitzer auf der anderen Seite zusammen unter den folgenden Bedingungen eine gewisse Art von Eenossenschaft begründen sollen: I) Der Grundbesitzer soll eine gewisse Landfläche je nach den ört— lichen Verhältnissen für die Dauer von sechs bis zehn Jahren her⸗ geben, die erforderliche Acbeit leisten und die Ackergeräte sowle die Arbeitstiere stellen. 2) Die Direktion für landwittschaftliches Unter⸗ richtswesen soll die technische Leitung übernehmen, Saatgut, Setz⸗ linge und Pfropfreiser liefern und, falls es ihr als notwendig erscheint, auch landwirtschaftliche Geräte und sonstige für die Baumzucht erforder⸗ liche Gegenstände ltefein. 3) Die hera gezogenen Pflanzen sollen zur

älfte den Eigentümern des Terrains und zur anderen Hälfte der Direktion ür landwirischastliches Unterrichtswesen übergeben werden. Die der letzteren zustehenden Pflanzungen können unenigeltlich oder zu einem ken ß zu bestimmenden Preise an die in dem Bezirk ansässigen Landwirte abgelassen werden. Der Gedanke der Einrichtung derartiger genossenschaftlicher Baumschulen hat bei den Landwirten anscheinend eine günstige Aufnahme gefunden. Mehrere unter ihnen haben bereits die hierfür erforderlichen Ländereien angeboten. Der Berichterstatter hegt die Zuversicht, daß diese Einrichtungen, verbunden mit der Hebung der Obstbaumzucht, auf die Verbieitung des land⸗

wirtschaftlichen Unterrichts und der genossenschaftlichen Denkart fördernd einwirken werden.

Das „Jahrbuch des Reichsverbandes der deutschen landwirtschaft⸗ lichen Genossenschaften für 1913 gibt noch Gelegenheit, einige statistische Anggben über die diesem Verband angehörigen 32 deutschen Obstverwertungsgenossenschaften mitzuteilen. Von den 32 deutschen Obstverwertungsgenossenschaften entfallen auf die Probinz Brandenburg 8 (darunter 2 in Berlin), auf Schlesien 3, Probinz Sachsen 4, Hannober 3, Rheinprovinz 5, Königreich Sachsen 2, Groß⸗ berzogtum Baden 3, Großherzogtum Hessen 2, Mecklenburg 1 und Elsaß⸗ Lothringen 1. Die Mitgliederzahl sämtlicher 32 Genossenschaften betrug Ende 1912 1497, die Summe der Aktiva 905 576, die der Passiva 915 216 S. Der Gewinn belief sich 1912 auf g935 „6, der Verlust auf 19 865 6. Die Summe der Reservefonds betrug 21 944 6, die der Geschäftsguthaben der Mitglieder 303 431 6. Das gesamte eigene Vermögen belief sich auf 325 375 66. Der Gesamtumsatz (Einnahmen und Ausgaben) betrug 3 582 051 , der Verkaufswert der abgesetzten Waren 162 913 M, dem an Betriebs- und Verwal⸗ tungskosten ein Betrag von 139563 S gegenübersteht. Der Buch⸗ wert des Besitzes der 32 Genossenschaften betrug Ende 1912: S07 834 s.

Man kann ja nicht gerade behaupten, daß diese ö, er- mutlgend wirken; dagegen weisen nach der Statistik des „Jahrbuchs“ die dem Reichsverband angehörigen 12 deutschen Obst- (Konserven⸗ und Präserven und Gemüseverwertungsgenossenschaften günstige Ergebnisse auf. Von letzter Art Genossenschaften entfielen auf die Provinz Brandenburg 1, auf Posen 1 (Zichortendarre), auf die

rovinz Sachsen 8 (darunter 3 Zichoriendarren) und auf Hannover 2.

le Mitgliederzahl (alles Angaben für Ende 1912) war 899; die Aktiva betrugen 2254 711, die Passiba 2 073 299 ½, der Gewinn 181 412 0 (Verluste sind bei keiner der 12 Genossenschasten eingetreten), der Reservefonds 86 611 , die Geschäftsguthaben 365 827 M, das gesamte Cigenvermögen 452 438 6, der Gesamtumsatz 14 801 512 4, der Verkaufswert der abgesetzten Waren 12 3654 236 , die Ver⸗ waltungs⸗ und Betriebskosten 1 096 575 ½ und der Bücherwert des Besitzes der Genossenschaften Ende 1912: 1155 619 .

Theater und Musik.

Im Schillertheater Charlottenburg findet morgen, Donnergtag, Abendg 8 Uhr, die Eröffnungsvorstellung dieser Spiel⸗ zeit statt, deren volle Bruttoeinnahme dem Roten Kreuz über— wiesen werden soll. Aufgeführt wird Heinrich von Kleists fünf⸗ aktiges Schausplel Prinz Friedrich von Homburg“.

Mannigfaltiges. Berl in, 12. August 1914.

Gestern abend fand im Berliner Rathause eine eindrucks⸗ volle Kundgebung für die amerikanische Kolonie statt. Der Oberbürgermeister Wermuth begrüßte, wie . W. T. B.“ berichtet, indem er im ersten Teil selner Rede deutsch und im zweiten Teil englisch sprach, die amerikantschen Gäste, die ein vertrauter und unentbehrlicher Bestandteil des reichshauptstädtischen Bildes seien, an Zahl fast doppelt so stark wie die englische Kolonie. Die Stadt Berlin wünsche lebhaft, daß die Amerikaner auch in den jetzigen schweren Kriegszeiten ungestörte Herzlichkeit und freies Behagen hier finden mögen. Wenn amerkka⸗ nische Bürger in Deutschland und besonders in Berlin sich wegen Hemmung der Rückreise in Bedrängnis befinden, so sei es Pflicht Berlins, für sie nach allen Kräften brüderlich zu sorgen. Er bitte herzlichst, unsere Sympathien zu erwidern, sodaß das alte Sprich— wort schöne Wahrheit werde:; „Friends in need. friends indeed. Sodann führte der Wirkliche Geheime Rat, Professor D. Dr. von Harnack aus, daß mehr als alle Schöpfungen der Technik und Natur dem deutschen Besucher Amerikas das große Werk der amerikanischen Nation selbst und die amerikanische. Gastfreundschaft tiefsten Eindruck mache. Seit den Tagen Steubens und Kari Schurz' seien die Deutschen dort als Brüder aufgenommen, hätten ihr Bestes gebracht und nichts ver— loren. Die amerikanische Gastfreundschaft sei sprichwörtlich, und unvergessen sei es, daß in den schweren Tagen von 1870 der amerikanische Botschafter die Sorge für die Deutschen in Paris übernommen habe; was der Botschafter damals getan habe, das tue er auch heute wieder. Der tiefe Grund für die Freundschaft zu Amerika liege in dem gemeinsamen Geist, der die Völker und ihre tief sittliche und religtöse Natur umspanne, zu deren Schützer auch das englische Volk gezählt habe. Das Wort Bluts— verwandtschaft ziehe leider nicht mehr, es set bewlesen, daß Blut jetzt tatsächlich nicht mehr dicker ist als Wasser. An Deutschland und Amerika sei es, die byzantinisch⸗moskowitisch mongoltsche Kultur zu bekämpfen. Nunmehr nahm der amerikanische Botschafter Gerard das Wort, um die Versammlung, die aus guten Freunden Deutschlands und Amerikas hestehe. zu begrüßen, und nach ihm wendete sich der Direltor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald in englischer Sprache an die Versammlung, um zur Bildung von Komitees an allen Orten, in denen zahlreiche Amerlkaner weilen, aufzurufen. Der Präsident der Berliner Handelekammer von Menvdelssohn machte bekannt, daß die Handelskammer beschlossen habe, ihre Räumlichkeiten den amerlkanischen Geschäftsleuten zur Ver— fügung zu stellen und ihnen in allen Fragen materieller oder anderer Natur zur Seite zu stehen. Berliner Familien, die bereit seien, amerifanische Famillen für die Zeit des Krieges aufzunehmen,“ möchten sich bei der Handelskammer melden. Der Präsident der amerlkanischen Handelskammer in Berlin brachte die Sym— pathie der amerikanischen Geschäftswelt für die Berliner Be— bölkerung zum Ausdruck. Nach einem herzlichen Schlußwort des Oberbürgermeisters Wermuth schloß die Versammlung unter Hoch— rufen auf Deutschland und die Vereinigten Staaten. Unter Ab— singen des von Amerikanern angestimmten Lledes: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall“ trennte sich die überaus zahlreiche Versammlung, in der beschlossen worden war, folgenden Aufruf an die Berliner Bevölkerung zu erlassen:

„Mithürger! Zahlreiche Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika sind in unserem Lande. Es ist für jeden Deutschen Ehren— sache und eine politische Pflicht zugleich, ihnen den kräftigsten Schutz zu gewähren. Die große amerikanische Nation ist uns durch alte Freund⸗ schaft und dunch fröedlichen Ausstausch auf allen Gebieten der Kultur und des wirtschaftlichen Lebens aufs engste verbunden. Millionen von Deutschen haben in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat ge— funden und Tausende von Amerikanern wurden fort und fort freudig und vertrauensvoll als willkommene Gäste bei uns aufgenommen. Mitbürger! Das Gastrecht war dem Deuischen immer heilig. Auch gegenüber harmlosen Angehörigen solcher Nationen, die unt den Krieg aufgenötigt haben, wollen wir das nicht vergessen. Amerika aber hat dem Deutschen Reiche jetzt wieder wie im Jahre 18759 einen wertvollen Dienst erwiesen, indem es im feindlichen Ausland den Schutz der Deutschen übernommen hat. So müssen auch wir den Amerikanern in unserer Mitte, die jetzt nicht in ihre. Heimat zurückkehren können, als wahre Freunde zur Seite stehen. Laßt uns jedem Amerikaner, der Schutz oder Be— ratung sucht, freundlich entgegenkommen und, wenn wir selbst außerstande sind, zu helfen, ihn an geeignete Personen empfehlen. Liegen augenblickliche Schwierigkeiten vor, in die er in diesen Kriegszeiten geraten ist, so soll es unsere Sorge seln, ihm deren Ahw cklung zu erleichtein. In Otten, wo zahlreiche Amerkkaner weilen, sind Komttees zu bilden, welche ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Jeder Amerikaner soll wissen und fühlen, daß er auch in Kriegszeiten in unserer Mitte kein schutzloser Fremdling, sondern ein guter Freund ist.“

Dem Verwaltungskomitee des Deutsch⸗Amerjikanischen

Kom itees, das sich aus dem großen Komitee gebildet hat, gehören an: der Oberbürgermeister . als Voisitzender, der Professor D. Dr.

bon Harnack, der Oberhosprediger D. Dryander, der Handels- kammerpräsident von Mendelssobn, der Ministerialdirekkor Dr. Lewald und der Direktor des Amerikainstituts Dr. Drexler. Die amerikanische Gemeinde hat beschlossen, der Kriegsverwaltung ihre in der Motzstraße gelegene Kirche als Lazarett anzubieten.

Schul hause statt.

Der Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz erläßt, W. T. B.“ zufolge, im Namen des Jungdeutschland⸗ bun des folgenden Aufruß an die deutsche Jugend:

Mit inniger Freude habe ich aus allen Teilen des Reichs die Nachricht erhalten, daß die Jungmannschaften unseres Bundes sich durch ihr wackeres Verhalten, ihr braves, tüchtiges Zugreifen bet Erntearbeiten und Hilfsleistungen jeder Art, durch ihre Manneszucht und Ordnung die höchste Anerkennung erworben haben. Ich spreche ihnen allen meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung dafür aus. Ihr Verhalten beweist mir, daß die durch die Lehren des Bundes gestreute Saat kräftig aufgegangen ist und in der Zukunft reiche Früchte tragen wird, in der, wie ich hoffe, sich die gesamte deutsche Jugend ohne Ausnahme im großen Jungdeutschland⸗ Bunde zusammenfinden wird. Ich glaube nicht nötig zu haben, unsere Jungmannschaft an das Ausharren in den begonnenen Hilfs⸗ leistungen zu mahnen. Sie wissen ja, daß es unser Grundsatz bei allen Uebungen war, niemals ein angefangenes Werk unvollendet zu lassen. Das wird sich jetzt bewähren. Vorwärts also, deutsche Jungmannschaft! Ein jeder von Euch tue selne flight fürs Vater⸗ land, für unseren geliebten Kaiser und sein Reich, gleichgültig, an welchen Platz der Einzelne gestellt wird. Während der Bauer des Krieges tritt unser Bund vorübergehend in die allgemeine Neuordnung der Jugendktäfte über, die in nächster Zeit von höherer Stelle aus getroffen werden wird. In ihr sollen die älteren Klassen vom 16. Lebensjahre aufwärts eine Ausbildung erhalten, durch welche sie unmittelbarer als bisher für den Kriegsdienst vorbereitet werden. Jungdeutschland hat sich früh an den Gedanken gewöhnt, zur Ver teidigung des Vaterlandes berufen zu sein. Jetzt sieht es dies schneller, als wir alle dachten. erfüllt. Es freue sich dessen und setze alle Kräfte ein, sich dieser Bestimmung wert zu zeigen. Es sei, wenn es zu den Fahnen berufen wird, wie unser Gesetz es befiehlt: „unerschrocken und tapfer, weil sein Herz es nicht anders lann. Es bekämpfe die Anwandlung von Furcht und Grauen oder Schwäche als seiner nicht würdig. Es trage Ungemach und Be—⸗ schwerde mit Gleichmut; es bewahre Ruhe in der Gefahr, es achte die Ehre höher als das Leben. Unser Vaterland ist schwer bedroht. Seine Feinde wollen es nicht nur schwächen, sondern zerstückeln und vernichten. Aber seine tapfere Kriegsmacht wird es retten, zum Siege führen und seinen Ruhm erböhen. Jungdeutschland hilft dabei mit. Es glaubt fest an Deutschlands Zukunft und ist entschlossen, ihr unter seines Kaisers glorreicher Führung Gut und Leben zu opfern. g ttf u. deutsche Jungmannschaft ans Werk! Erfülle Deine

icht!

Haussammlungen für das Rote Kreuz werden in diesen Tagen veranstaltet werden. Dazu bestimmte Personen, die mit Sammelbüchsen umhergehen, müssen äußerlich erkennbar und im Be⸗ sitze einer Legitimation sein, die von dem Berliner Polizeipräsidium oder einem der Vororspräsidien abgestempelt ist.

An die Landsturmpflichtigen Oesterreich - Ungarns richtet sich eine Belanntmachung des hiesigen K. u. K. irn, reichischen Generalkonsulats, in der es heißt: Die noch nicht eingejogenen Landsturmpfllchtigen Oesterreich⸗Ungarns haben sich laut Bekanntmachung der K. u. K. Konsularämter bei ihrem zustaäͤndigen Konsularamte zu melden. Die Anmeldung kann auch unter Angabe ihrer Personaldaten, bezw. ihres Alters, ferner ob und wann sie gedient haben oder militärärztlich untersucht worden sind, schließlich ihrer Adresse, auch schriftlich erfolgen; es ist daher ein persoͤnliches Er⸗ scheinen bei dem Konsularamte keineswegs erforderlich.

Sch neidemühl, 11. August. (W. T. B.) Am Sonntag wurde auf dem hiesigen Güterbahnhof ein in mehreren Kisten ver— pa cktes französisches Flugzeug beschlagnahmt, das für Rußland bestimmt war. Die beschlagnahmten Kiten wurden nach Posen gebracht.

München, 11. August. (W. T. B.) In der heutigen Magistratssitzung dankte der Oberbürgermeister Br. von Borscht in einer eindrucksvollen Ansprache den in München lebenden Am ertkanern für die warmherzige Anteilnahme, die sie gegenüber Deutschland in dem schweren Kampfe bewiesen. Der Oberbürger⸗ meister teilte sodann mit, daß Herr Henry Kaufmann aus Plitsburg ihm persönlich einen Betrag von 10000 M6 zugesagt hat, der zur Halfte dem Wohlfahrtsausschuß, zur anderen Hälfte dem Roten Kreuz zur Verfügung gestellt werden wird. Der Magistrat beschloß weiter, den Beitrag der Stadtgemeinde zu dem aus Anlaß des 76. Geburts— tages des Königs heabsichtigten Ehrengeschenk in Höhe von 18 240 4 zur Hälfte dem Wohlfahrisgusschuß, zur anderen Hälfte dem Roten Kreuz zur Verfügung zu stellen.

Hamburg, 11. August. (W. T. B.). Der amertkanische Generalkonsul in Hamburg hat an die Direftion der Hamburg Amer ika⸗Lin ie ein Schreiben gerichtet, in dem er seiner und seiner Reglerung Dankbarkeit Ausdruck gibt für die Hilfe und Unter stützung, die die Hamburg-Amerika-Linie allen den Amerikanern ge⸗ leistet hat, die als Reisende auf dem Dampfer Imperator“ infolge der Stillegung des Schlffes bei Ausbruch des Krieges nicht an dem bestimmten Tage abreisen konnten. Der Generalkonsuf dersichert wiederholt, daß das Entgegenkommen und die Hilfsbereitschaft der Dam burg Amerika ⸗Linie von den amerikanischen Ressenden auf das herzlichste anerkannt worden sei.

Wien, 11. August. (W. T. B). Heute vormittag wurde in der festlich geschmückten italientschen k eine Messe zelebriert, in der auch auf die Kriegserfolge der österreichisch⸗ ungarischen Armee Segen herabzefleht wurde. Unter den Anwesenden hefanden sich der Erzherzog Eugen, der Kriegsminister von Krobatin, der Unterrichtg. und der Finanzminister und zahlreiche hohe Staatsbeamte.. In der Gemeindèé sah man sehr viele Isaliener. Am Schlusse des Gottesdienstes wurde die Volkshymne gesungen.

Wien, 12. August. (W. T. B.) Wie die Blätter melden, trafen gestern vormittag auf dem Nordbahnhof unter starker Be—⸗ deckung etwa achtzig Russen, teils Deserteure, teils Wehrpflich— tige ein, die bei dem Versuch, über die Grenze zu gelangen, fest= genommen worden waren.

Rom, 11. August. (W. T. B) Deutsche und öster⸗ reichische Frauen sind heute in Rom zusammengetreten, 1 sich an dem Hilfswerk für den Krieg zu beteiligen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (J. V.: Koye) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. ; ,

Vier Beilagen.

Der Gottesdienst findet inzwischen in dem benachbarten amerikanischen

Er ste Beilage h zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 12. August

1914.

Berichte von deutschen Getreidebörsen und Fruchtmärkten.

Hauptsächlich gezahlte Preise für 1 t (1000 Kg) in Mark

Marktorte

Weizen

Hafer

mittel

Königsberg i. Pr.. k

Breslau.

Hannover

Leipzig J Berlin, den 12. August 1914.

212

216 = 220

210 213

196 165 170 198 ö 254 -= 236 191 —1 93 . 219-222 Raiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

3

198-200 n. E.

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen für die Woche vom 3. bis 8. August 1912 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Woche Da⸗ 3. 8. gegen bis 8.3. Vor⸗ Berlin. 1914 woche

Roggen, guter, gesunder, mindestens 12 g da 6. ; ö 755 g da

Wel zen, . ö. —⸗ Hafer, ö ö ö. 460 g das

Mannheim.

Roggen, Pfälzer, russischer, mittel Welzen, verschiedener Herkunft, mittel Hafer, Badischer, russischer, La Plata Gerste, Futter

Mais, La Plata ..

185, 07 220 06 190,14

207,20 216,80 230,40

175,090 235,75 194,8 147,50 168,75

240,90 300.25 2h65, 00 205.00 195,00

Chieago.

September 142.39

Weizen, Lieferungsware Dezember 15028 Mai 162,37

Mais, ö 121417

137,91 142 62 149,13

September .

Neu Jork. witer Winne, . Welzen Lieferungsware September

161,73 151,01 155, 25

15076 15924

Dezember

Bemerkungen. 45 . ö Für außerdeutsche Plätze liegen Preigangaben nicht vor, nur für Ghleago und Neu Jork sind Preife auf Grund von Angaben deutscher Tageszeitungen nach den Durchschnittswechselkursen der Vorwoche berechnet. Berlin, den 12. August 1914.

Kaiserliches Statistlsches Amt. Delbrück.

Nr. 31 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheit samt vom 5. August 1914 hat folgenden Inhalt: Personalnachrichten. Gesundbeitsstand und Gang der Volkskrank⸗ beiten. Sterbefälle im Juni. Zeitweilige Maßregeln gegen e. Desgl. gegen Cholera. Medizinalbericht von Württem - erg, 1912. Gesetzgebung usw. (Preußen.) Flußfahr zeuge. Wirkung des Reichsimpfgesetzez. (Württemberg) Reichspersiche rungtotdnung. Zahntechniker. (Hessen Apotheker. (Oester⸗ reich) Wasserversorgungzanlagen. Fleckfieber. Konzessionsbe⸗ werbungen. (Oberösterreich). Augenschutz der Neugeborenen. (Frankreich, Wein. (Großbritannien) Schafräude, (Dänemark). Amtsgärztliche Ordnung. Aerztliche Hilfe. Tier⸗ seuchen im Auslande. Vermischtes. (Bayern). Rinosalbe. (Aegypten) Gesundheitsverhältnisse, 1912. Geschenkliste. Monattztabelle über die Sterbefälle in dentschen Orten mit i5 000 und mehr Einwohnern, Juni. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Kranken haͤusern beutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Entscheidungen auf, dem Ge—⸗ biete der öffentlichen Gesundheitspflege (Impfwesen, Leichenschau, Tierseuchen).

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maszregeln.

Gegenüber der Besorgnis, ob die zurzeit in Rußland angeblich herrschende Cholera auf Deutschland übergreifen wird, went das W. T. B.“ auf folgendes hin: ;

Rußland ist im letzten Jahrzehnt wiederholt von Cholera heimgesucht worden und hatte 3. B. im Jahre 1905 eine schwere Eboleraepidemie. Obgleich aber die lange deutsch⸗ russische Grenze dem Vordringen der Krankheit nach Deutsch⸗ land keinerlei natürliche , . bletet, im Gegenteil die Weichsel mit ihrem Schiffahrtsverkehr geradezu ein Einfalltor für sie darstellt, ist die Seuche doch niemals üher die russische Grenze hinaus vorgedrungen. Einzelne bei uns eingeschleppte Fälle sind dicht an der Grenze sogleich erkaant und durch die erforderlichen Vorsichtsmaß⸗ regein alsbald. unschädlich gemacht worden, Diesen Erfolg verdankt Deutschland seinem vorzüglich. organisierten Seuchenschutz. Ueber das ganze Reich sind zahlreiche Medizinaluntersuchungs⸗ ämter (bakteriologische Stationen) autzgebreitet, die zur so⸗ ortigen Feststellung ansteckender Krankhelten dienen. Treten 6 solche Krankheiten gehäuft auf, so können diese Aemter „fliegende Laboratorien“ in die gefährdete Gegend senden, um an Sit und Stelle noch rascher und nachdrücklicher die Seuche zu unterdrücken. Duich Absonderung und Des in seklion wird die Ansteckungsquelle unschädlich gemacht und die Ausbreitung der Krankheit' dadurch verhindert. Auch bei unserem Heere befinden

torien, damit jeder Seuchenverdacht sofort an Ort und Stelle geklärt werden kann. Hygienisch wohlgeschulte Santtätsoffiziere begleiten die ruppen, je eln hygtenisch⸗spezialistisch ausgebildeter Santtätzoffizier befindet sich bei jedem Korpsarzt und schließlich bei jedem Armee arzt je ein „beratender Hygieniker, die aus den ordentlichen Professoren der Hygiene an den Universitäten und Jastituten ausgewäblt sind. Sachverständiger Rat in gesundheitlichen Fragen steht hiernach ausreichend zur Verfügung. Gegen Typhus und Cholera gibt es ferner eine zweckmätzige Schutzimpfung, die das Kriegsministertum natürlich längst in seinen Plan zur Be⸗ kämpfung dieser Seuchen einbezogen hat. Der Impsstoff steht zur Verfügung. Zum AUbkochen des Wassers sind fahrbare Trink⸗ wasserberelter, zur Ausführung von Vesinfekttonen fahr— bare Desinfektionsapparate vorhanden. Ein solcher neuzelt⸗ licher, auf einem Kraftwagen aufgestellter Desinfekttions⸗ apparat ist mit einer großen Feldwäschereianlage, gleichfalls auf Kraftwagen montiert, verbunden. Gegen Pocken ist das Heer durch die Impfung geschützt. Wir dürfen hiernach mit Sicherheit darauf vertrauen, daß wir auch für den Kampf mit Seuchen auf das beste gerüstet sind.

Verkehrswesen.

Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Kontoinhaber im Postscheéckverkehr Ende Juli 1914 auf 109 104 gestiegen (Zugang im Monat Juli 4273). Auf diesen Postscheckkonten wurden im Juli gebucht 1720, Millionen Mark Gutschriften und 1727, 5 Millionen Mark Lasischriften. Bargeldlos wurden 1833,7 Mil⸗ lionen Mark des Umsatzes beglichen. Das Gesamtguthaben der Konto— inhaber betrug im Jult durchschnittlich 203,2 Millionen Mark. Im internationalen Postüberweisungsverkehr wurden 8,8 Millionen Mark umgesetzt. . ö.

6.

Berliner Eilfrachtschiffahrt, Gegn äber den Behinde⸗ rungen, welche die Güterbeförderung duf denen , . der Mobllmachung erfahren mußte, weist die . iner Handelskammer wiederholt darauf hin, daß die einen Ersatz bietenden Eildampfer⸗ verbindungen nach und von den wichtigen Plätzen (Hamburg, Siettin, Breslau, Magdeburg) sämtlich aufrecht erhalten werden. Die in Betracht kommenden Reeberelen sind unter anderem im Ver kehrsbureau der Handelskammer (Universitätsstraße 3b) zu erfragen.

Im Verkehr mit Oesterreich- Ungarn nebst. Bosnien⸗ Herzegowina und Liechtenstein und mit den österreichischen Post⸗ anstalten in Kreta und der Türkei wird der Postanweisungs⸗, Postauftrags- und Nachnahmedienst eingestellt.

In Ikelemba (kamerun), am unteren Ssanga gelegen, dem Sitz der Verwaltung des Bezirks Unter Ssanga, ist am 1. April eine Postagentur eingerichtet worden, deren Tätigkeit sich auf die Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und eingeschriebenen Brief⸗ sendungen und auf die Ausgabe von gewöhnlichen Paketen erstreckt.

Jagd.

Beginn der Jagd auf Flugwild.

In Abänderung des Beschlusses des Bezirksausschusses vom 30. Funi 1914 B. 4560 wird der Beginn der Jagd auf Reb—= hühner für den Landespolizeibezirk Potsdam auf den 20. August 1914 festgesetzt.

Potsdam, den 11. August 1914.

Der Bezirktzausschuß. Joachim.

Handel und Gewerbe.

Für die Dauer des Kriegszustandes werden die für die Milsltärverwaltung zu liefernden Sachen, Materialien, Maschinen, Maschinenteile, Werkzeuge usw., als Privatgut der Militärverwaltung befördert. Desgleichen auch die zu ihrer Herstellung erforderlichen Roh materia lien. Behufs möglichst baldiger Beförderung auf der Bahn haben die Unter⸗ nehmer unter Beifügung des Frachtbriefes bei der Stelle, die den Lieferungsauftrag erteilt hat, die Anmeldung des Transz⸗ ports zu beantragen.

Der Einfluß des Krieges auf die Rechtsverhältnisse der Gewerbetreibenden.

Mit Rücksicht auf die vielfach aus kaufmännischen Kreisen an die hiesige Handelskammer ergehenden Anfragen über die durch den Kriegszustand geschaffene Rechtslage ist, soweit die Beziehungen der Gewerbetreibenden . in Betracht kommen, das Wichtigste in einer Ausarbeitung zu⸗ samm engestellt worden, die den Interessenten im Bureau der Handelskammer, Dorotheenstraße 8, kostenlos zur Ver⸗ fügung gestellt werden wird. Auszugsweise werden nachstehend einige besonders wichtige Punkte erörtert, wobei bemerkt wird, daß die Rechtsauffasfung nicht in allen Punkten unstreitig ist.

Als Regel sei hervorgehoben: Grundsätzlich bleiben alle Verträge grundsätzlich sind sie nach jeder

u er en. . Keck in zwischen Fabrikanten und Händlern ndes: 6 Hie gf Zahlungen für bereits gelieferte Waren sind

bel Faͤlligkeit zu leisten. , 9 ie d. nicht erfüllten Lieferungsverpflichtungen sind

oder Fehlen von Arbeitskräften infolge der Einberufung die Liefe⸗ rungen unmöglich machen. Dann ist der Fabrikant zur Lieferung nicht veipflichtet, hat aber auch keinen Anspruch auf Zahlung. Wird nachträglich der Lieferant wieder zur Lieferung in den Stand ge⸗ setzt, so sind die Partelen an den Vertrag nicht mehr gebunden, wenn dem ein gewichtiges Interesse der einen oder der anderen Partei entgegensteht. Ist der Fabrikant zur Ablieferung der bestellten Ware bereit und fähig, so kann der Besteller grundsätzlich nicht die Ab⸗ nahme unter Berufung auf den Krieg verweigern. Die jetzt so häufigen Annullierungserklärungen sind rechtlich bedeutungslos.

II. Im Veihältnis zwischen Gewerbetreibenden und Kon—⸗ sumen ten gilt im wesentlichen das Gleiche. Auch hier bleiben die ,,, ö auch den Lieferungsverpflich⸗ tungen muß nachgekommen werden. . ;

11. Zahlungsfristen, die in Verträgen ausdrücklich vereinbart sind, behalten ihré Geltung. Dies ist auch von den nach Handels brauch gewährten Zielen anzunebmen. Nur wenn infolge der Kriegs lage nach Verttagsschluß in den Vermögensverhältnissen des Ab⸗ nehmers eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung gefahrdet wird, kann der Kaufmann seine Ware zurückhalten, bis Zahlung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. ; .

IV. Die Rechtsbeziehungen zwischen Prinzipal und Angestellten:

I) Kaufmännische Angestellte. Gehaltszablung. Ob dem Eingezogenen das Gehalt auf die Dauer von 6 Wochen weitergezahlt werden muß, ist streitig. Es ist zu bejahen, wenn man die Einberufung zum Kriege als unverschuldetes Unglück im Sinne des 5 63 H. GB ansieht. Kündigung: Daß dem Prinzipal das Recht zur sofortigen Kündigung schon im Augenblick der Einberufung erwachst, muß ebenfalls als zweifelbast angesehen werden, da nach 572 Ziffer 3 H⸗Ge-⸗ B. eine freiwillige sg nchige militärlsche Uebung noch nicht zur Kündigung berechtigt. Für Niäi eingezogene läßt sich die 5 ein Recht zu . Kündigung besteht, nur für den enn Fall beantworten. Es kommt im wefentlichen darnuf an, ob durch den Krieg ein wichtiger Entlassungsgrund im Sinne des Gesetzes geschaffen ist. Dies wird etwa dann angenommen werden können, wenn wohl die Aus⸗ nahme die Krie slage zur völligen Einstellung des Be—⸗ triebes „zwingt?. Keineswegs genügt aber eine zeitweilige Stlll⸗ legung des Betriebes bereits zur Begründung einer sofgrtigen Ent⸗ lassung. Ist ausnahmzweise das Vorliegen eines wichtigen Ent- lassungsgrundes zu bejahen, Kiel 4 sofortige Lösung auch gegenüber langfristigen Verträgen gerechtfertigt.

az, m,, Angestellte in gehobener Stellung (Be- triebsleiter, Werkmeister und so fort). Auch ihnen gegenüber bedarf es eines wichtigen Grundes für die Kündigung. Nach 81 Ziffer 4 der Gewerbeordnung rechtfertigt eine längere Abwesenheit des Angestellten die sofortige Entlassung. Wag al solche anzusehen ist, wird sich nach dem Inhalte des Vertrages bestimmen. Für die Nichteingezogenen sind die gleichen rechtlichen Gesichte punkte, die für den Handlungsgehilfen zu beobachten sind, entscheidend.

V. Abschließend soll hinzugefügt werden, daß Wechseljahlungen aus inländischen Wechseln, Mieten und Hppothekenzinsen gleich allen anderen Geldschulden ebenso wie zur Friedenszeit gezahlt werden müssen. Cin Moratorkum, d. h. die durch ein Gesetz gegebene Befugnis, Zahlungen zu späteren Terminen zu leisten, besteht nicht. Einer zu strengen Durchführung der Ansprüche gegen zahlungg⸗ willige, aber zurzeit zahlungsunfähige Schuldner ist im Gese vom J. August 1914 in gewissem Umfange entgegengetreten. Hiernach kann der Richter nämlich dem Schuldner Zablungsfristen bis zur Dauer von 3 Monaten im Urteil bewilligen, wenn die Schuld vor dem 31. Juli 1914 entstanden ist, und die Lage des Schuldners die Frist rechtfertigt, ohne daß sie dem Gläubiger unverhälinismäßigen Nachteil bringt. Diese Bestimmungen gelten allgemein, insbesondere auch für Forderungen aus Mieteverträgen und wechselrechtliche

Ansprüche.

Auskunftserteilung für Handel, Industrie und Verkehr im Börsengebäu de. Wie die Aeltesten der Kauf⸗ mannschaft von Berlin nochmals bekannt geben, besteht in ihrem Ge⸗ schäftsgebäude in der Berliner Börse (Neue Friedrichstraße 31) eine Auskunftsstelle, die auf alle für Handel, In dust rie und Verkehr in Betracht kommende Anfragen, die sich aus der Kriegslage ergeben, unentgeltliche schristliche, mündliche oder telephonische ö 10771573) Auskünfte erteilt. Auf dem Geblete des Verkehrswesens erhalten die Interessenten Mit⸗ teilung über den Personen⸗, Gepäck. und Güterverkehr auf der Eifenbahn, inebesondere über die für den Lebensmittel- verkehr freigegebenen Strecken, über die Beschränkungen im Post., Telegraphen⸗ und Fernsptechverkehr im Inland und mit dem Ausland, Fber Ein, und Ausfuhrberbote u. dgl. Auch wird die Gestellung von Eifenbahnwagen und Schlffgraum vermittelt sowie Auskunst über die Schiffahrtsgelegenheiten nach und von Berlin erteilt. Endlich werden auch geeignete Perfonen namhaft gemacht, die bereit sind. Geschäfte während der Abwesenheit des Prinzipals zu verwalten. Interessenten wollen sich direkt an das Verkehrs bureau der Korporatton

wenden. Eine Vermittlungsaktion für Schuldner. Dur

die Bekanntmachung vom 7. August 1914 ist, vorgesehen, d Schuldner, die ihre Verbindlichkeiten dem Gläubiger gegenüber anerkennen, vom Amtsgericht eine Zablungsfrist erbitten können. Diese Zahlungefrist ist nur dann zulässig, wenn die Lage des Schuldners sie rechtfertigt und sie dem Gläubiger nicht einen unverhältnismäßigen Nachteil bringt. Da viele Schuldner es unangenehm empfinden werden, . sie mit dem Ver⸗ langen um Stundung sich an das ericht wenden . und zugleich ein Urteil über sich ergehen lassen, haben die Aeltest

der Kaufmannschaft von Berlin beschlossen, für gütliche Bewilligung von Zahlungsfristen einzutreten und in diesem Sinne zu ver mitteln. Ste haben dazu das Einigungsamt der Korporation der

sich zahlreiche trazbare bakteriologische, nach den neuesten An⸗ k der hygienischen Wissenschaft eingerichtete Labora⸗

in der Regel gleichfalls zu erfüllen. Jedoch kann die Krieges lage Mangel von . infolge der Unterbrechung der Verkehrswege

Kaufmannschaft von Berlin ausersehen. Ersuchen um V

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der Kaufmannschaft von Berlin, Neue Friedrichstraße 53 66,

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