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Großbritannien und Irland.
Eine in der „London Gazette“ veröffentlichte Pro⸗ klamgtion verbietet den Bewohnern der britischen Kolonien die Einfuhr und den Handel mit rohem und raffiniertem . der in Feindesland hergestellt ist, sowie mit raffinierten
zeugnissen aus Rohzucker gleichen Ursprungs.
— Die Stagtseinkünfte der letzten drei Monate be⸗ trugen, wie W. T. B.“ meldet, 35 681 283 Pfd. Sterl., das bedeutet eine Verminderung um 6750 516 Pfd. Sterl. gegen den gleichen Zeitraum im Jahre 1913. Die Einkünfte der letzten neun Monate weisen nur eine Verminderung um 2730 731 Pfd. Sterl. auf.
Frankreich.
Ein Dekret untersagt einer Meldung des „W. T. B.“ zu⸗ folge die Ausfuhr von Zuckerrüben.
Das Nationalamt für Auswärtigen Handel beginnt, wie der „Temps“ meldet, die Veröffentlichung der Er⸗ gebnisse einer Unterfuchung, die es in der ganzen Welt durchgeführt hat, um den französischen Handel darüber auf⸗ zuklären, wie er den deutschen und österreichischen Er⸗ zeugnissen wirksame Konkurrenz machen könne. Die bereits erschienenen Veröffentlichungen betreffen Aegypten, Italien und einen Teil Spaniens und Englands.
Der Generalrat des Departements Bouches⸗du⸗Rhöne hatte in einem Schreiben die Regierung aufgefordert, den Rechtsschutz deutscher Patente und Fabrik— marken in Frankreich aufzuheben. Eine Anzahl Indu— strieller Südostfrankreichs richtete daraufhin eine Mit⸗ teilung an den „Temps“, in der erklärt wird, daß ein derarliger Beschluß der Regierung zu ähnlichen Maß— nahmen seitens der deutschen Regierung französischen Patenten gegenüber führen könne. Dies habe große Bedeutung, da die von Deutschen und Oesterreichern in Frankreich erworbenen Patente nur den Wert besäßen, den Zeitpunkt der Einreichung festzustellen, und die Patente zumeist nicht aus⸗ genützt würden. Die von Franzosen in Deutschland und Desterreich erworbenen Patente besäßen hingegen großen Wert und würden von den Industriellen ausgenützt, die durch den Verfall der Patente in Deutschland und Oesterreich in kurzer Zeit zu Grunde gerichtet werden könnten. Eine Aenderung in der Patentschutzgesetzgebung müsse deshalb zuvor von fach— männischer Seite reiflichst erwogen werden.
Dänemark.
Die „Nationaltidende“ veröffentlicht, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Aeußerungen des Staatssekretärs des deutschen Auswärtigen Amtes, Staatsministers von Jagow, die eine Antwort auf ein jüngst veröffentlichtes Interview mit dem englischen unh rr is r dlar Acland darstellen:
Der Unterstaatssekretär Aeland behauptet, das Eingreifen Eng— lands in den Krieg sei darauf zurückzuführen, daß Deutschland die Neutralität Belgiens verletzt habe. Ich kann nicht annehmen, daß diesem hohen Beamten des Foreign Office unbekannt sein sollte, daß Sir E. Grey in seiner Rede im englischen Unterhaus am 3. August erklärt hat, er habe dem französischen Botschafter bereits am Nach⸗ mittag des vorhergehenden Tages, also am 2. August, die vollste Unterstützung der englischen Flotte für den Fall zu gesichert, daß die deutsche Flotie gegen die französische Käüste oder die französische Schiffahrt vorgehe Erst in der Nacht vom 3 guf den 4. August aber erfolgte die Verletzung der belgischen Neutralität durch deutsche Truppen. Ebensowenig kann der Unterstaatssekretär ver—= gessen haben, daß Sir E. Grey in seiner Unterredung mit dem Fürsten Lichnowsky am 1. August es ausdrücklich abgelehnt hat, Deutschland die Neutralität Englands für den Fall zuzusichern, daß Deutschland die Neutralität Belgiens respektiere. Es handelt sich daher um einen, nicht einmal besonders geschickt erneuten Versuch die Welt über die Motive irrezuführen, die der englischen Be— teiligung am Kriege zugrunde liegen. Sie bestehen nicht in einer altruistischen Fürsorge für die Unabhängigkeit und Integrität Belgiens. Diese war nicht bedroht. Wir hatten sie England ausdrücklich zugesichert. Aber es ist begreiflich. daß ein Land, das seine Rolonialherrschaft auf den Trümmern anderer Staaten aufgebaut hat, ein Land, das sich wie in jüngster Zeit noch in Aegypten so oft über gegebene Versprechen und inter— nationale Verträge hinweggesetzt hat, dieser Zusicherung nicht traute. Ein deutsches Sprichwort sagt: Man vermutet niemand hinter einem Busch, hinter dem man nscht selbst gesssen hat. So tauchte in der Phantaste der englischen Staat- männer das Schreckgespenu einer Be— setzung Antwerpens durch deutsche Tryppen auf und, wie Sir E Grey Frankreich die englische Hilfe schon für den Fall einer Bedrohung von Calalz und Cherbourg durch die deutsche Flotte zugesichert hatte, so veranlaßte schließlich die Besorgnis, ein Teil der Südkäne des Kanals könne den schwachen Händen Belgiens entrissen und zu einer Dperationshasts für die deutsche Flotte werden, England, nicht nur sich selbst am Kriege zu beteiligen, sondern auch zu dem furchtbaren Ver⸗ hrechen, das bedauerngwerte Belgien zum Widerstand gegen den deutschen Einmarsch zu ermutigen. Die Haltung Englands ist somit lediglich durch den rücksichtelosen englischen Eigennutz bestimmt worden, der überhaupt für den ganzen furchtbaren Krieg verantwortlich ist. Wenn heute auf den Schlachtfeldern des Festlandes die Söhne Deutschlands, Oesterreichs, Frankreichs und Rußlands für das Vater⸗ land verbluten müssen, so krifft die moralische Verantwortung dafür mit in erster Linie die englische Politik, die unter der Formel der Er⸗ haltung des europäischen Gleichgewichts andauernd die chauplnistischen Sirzmungen in Frankreich und Rußland gegen Deutschland ermutigte und damit einen Zustand der Spannung auf dem Kontinent hervorrief, der sich im gegenwärtigen Krieg entladen hat. Von jeher ist es die englische Politik gewesen, die Völker des Kontinents gegen⸗ einander aufjureizen, um selbst ungestört die Welt beherrschen zu können.
Schweden.
Die Wahlen zur Zweiten Kammer sind gestern he⸗ endet worden. Wie „W. T. B.“ meldet, wurden 97 Sozia⸗ listen, S6 Mitglieder der Verteidigungspartei, 57 Liberale ge⸗ wählt. Die Sozialisten werden also zum ersten Male die stärkste Partei in der neuen Kammer sein, in der sich bis jetzt 73 Sozialisten, 86 Mitglieder der Verteidigungspartei und 71 Liberale befanden.
Türkei.
Der Finanzminister hat an die Behörden des ö ein Rundschreiben gerichtet mit genauen Weisungen bezüglich der Gewerbesteuer der Ausländer, die gestern in Kraft treten sollte. In dem Rundschreiben werden auch Ratschläge über die Ausländern gegenüber zu beobachtende Haltung erteilt. Es heißt darin, man dürfe nicht vergessen, daß die Handel und Gewerbe treibenden Ausländer zur wirtschaftlichen Entwicklung der Türkel im großen Maße beitragen, sodaß man Ausländern Vertrauen zu den Gesetzen des Landes einflößen müsse.
Griechenland.
In der Deputiertenkammer warf der Ministerpräsident Venizel os gestern einen Rückblick auf die Ereignisse seit der Unter⸗ brechung der Arbeiten der Kammer, wie das griechisch⸗türkische Ab⸗ kommen über die Ansiedlung der Flüchtlinge und den Austausch ihres Eigentums sowie den nicht zustande gekommenen Plan einer Zusammenkunft in Brüssel, die eine Verständigung in der Inselfrage bezweckte.
Nach dem Bericht des W. T. B. versicherte Venizelos bezüglich der Inseln, daß die Regierung die Frage als vom internationalen Stan punkt endgültig geregelt betrachie nicht nur durch die Verträge von London und Athen, sondern auch durch den Schtedsspruch der Großmächte, der auf den erwähnten Verträgen beruhe. Die Neglerung habe nichtsdestoweniger ihre Geneigtheit erklärt, der Türkei eine gewisse Genugtuung zuzugestehen unter der ausdrücklichen Be⸗ dingung, daß die von Ihr angefochtenen Inseln auch in Zukunft in genau derselben Weise besetzt, regiert und verwaltet werden würden wie die übrigen Provinzen des Königreichs.
Venizelos sprach darauf von der in Bukarest abgehaltenen Konferenz, deren Vertagung die Türkei gefordert habe unter Berufung auf die europäische Lage und auf die innere Lage des Reichs. Auf den gegenwärtigen Krieg kommend, erinnerte Venizelos an die Erklärung der Regierung, daß Griechen⸗ land neutral bleiben würde, verheimlichte aber nicht, daß Griechenland Bündnisverpflichtungen mit Serbien eingegangen sei. Griechenland wünsche in der Tat, daß der Europa verheerende Brand nicht auch auf die Balkanhalbinsel übergreife, deren Völker nach den jüngsten Kriegen das Be⸗ dürfnis nach Ruhe hätten. Jedenfalls könne man sicher sein, daß der Brand nicht auf Veranlassung Griechenlands sich aus⸗ dehnen werde.
Rumänien.
Nach Blättermeldungen haben die Sozialisten in Bu karest in einer großen Protestversammlung einen Beschluß angenommen, in dem sie jede Möglichkeit eines Krieges ver⸗ dammen, da ein solcher die Interessen der arbeitenden Klassen schädigen müsse. Der Beschluß fordert loyale und entschiedene Neutralität.
Bulgarien.
Die Regierung beabsichtigt der „Agence Bulgare“ zufolge, gewisse Kontingente, die gegenwärtig unter den Fahnen stehen, auf unbestimmte Zeit zu beurlauben und gleichzeitig einige Jahrgänge der Reserve zu Waffenübungen einzuberufen, um die für den Garnisondienst sowie für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande notwendigen Truppenbestände zu ergänzen.
Amerika.
Der amerikanische Sennt hat gestern eine Resolution an⸗ genommen, in der der Staatssekretär Bryan aufgefordert wird, zu untersuchen, ob England sich betreffs der Verschiffung von Kupfer von Amerika nach Rotterdam eingemischt hat, und Bericht darüber zu erstatten.
Asien.
Ein Konstantinopeler Blatt gibt die Meldung des offiziösen afghanischen Organs „Aradjutah Barulafghan“ wieder, wonach der Emir von Afghanistan eine Streitmacht von etwa vierhunderttausend E) Mann regulärer Truppen unter dem Oberbefehl seines Bruders Nasr⸗Ullah Khan mit dem Auftrage entsandt habe, die Stadt Peschawar, den Schlüssel Indiens, zu besetzen. Eine andere aus dreihundert⸗ tausend Mann () bestehende afghanische Streitmacht unter dem Befehl des Thronfolgers marschiere gegen Rußland.
Australien.
Der australische Premierminister hat nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ in der Zweiten Kammer von Neufüdwales einen Gesetzentwurf, betreffend die Herab⸗ setzung der Beamtengehälter um zehn Prozent, infolge der . der Staattzeinkünfte durch den Krieg ange⸗ ündigt.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 1. Oktober, Abends. (W. T. B.) Am 30. September wurden die Höhen von Roye und Fresnoy (nordwestlich von Noyonz den Franzosen ent⸗ rissen. Südöstlich von St. Mihiel wurden am 1. Oktober Angriffe von Toul her zurückgewiesen; die Franzosen hatten dabei schwere Verluste. Der Angriff auf Ant— werpen schreitet erfolgreich fort.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 1. Oktober, Abends. (W. T. B.) Auf dem östlichen Kriegsschauplatze keine Veränderungen,
Bu da pe st, 30. September. („Budapester Korrespondenz.“ Unsere Offensive in Serbien schreitet erfolgreich vor— wärts. Ein Versuch der Serben, sie durch einen neuerlichen Einbruch über die Save zu stören, endete mit einem voll⸗ ständigen Mißerfolg, da unsere in der Nähe befindlichen Grenzschutztruppen die serbische Truppe, die von untergeordneter Beschaffenheit und minderer Anzahl war, sofort aus dem Lande vertrieben.
Prätoria, 1. Oktober. Das „Reutersche Bureau“ meldet amtlich: Südafrikanische Truppenabteilungen über⸗ raschten zwei deutsche Posten, den einen hei Grasplatz in der Nähe von Lüderitzbucht, den zweiten bei Anichab, 25 Meilen nördlich Lüderitzbucht. Fünf Deutsche sind gefangen genommen worden, davon ist einer tödlich verwundet.
Statistik ünd Volkswirtschaft.
Die direkten Steuern der preußischen Landkreise in den Rechnungsjahren 1903, 1908, 1910 und 1911.
In der Krelsfinanzstatistik für 1903 und 1908, deren Ergebnisse in den Heften 205 und 226 der Preußlschen Stanistik: veröffentlicht worden, sind die berichtigten Sollbeträge der direkten Kreissieuern für die Rechnunge jahre 1903 und 1908 nachgewjesen und im 9. und 10. Jahrgange des ‚Statistischen Jahrburrs für den preußischen Staat“ die entsprechenden Angaben für die Rechnungsjahre 1910 und 1911 enthalten. Nach diesen Veröffentlichungen stellten sich der be⸗ richfigie Sollbetrag und die durchschnittliche jährliche Zunahme der
direkten Kreissteuern in den Landkreisen des preußischen Staates und seiner Provinzen, wie folgt: x
Berichtigter Sollbetrag der gesamten direkten Kreissteuern
Staat 1903 1908 190 1911
— über · auf aber. auf über. Au über Auf
haupt 6. haupt ahn haupt Gin. haupt . Mil woh. Mil. woh⸗ Mil⸗ woh⸗ Mil. lionen ner lionen ner lionen nen lionen Se M, w, s, we
Provinzen
. 64,1 2350 81,13 3, s] 87, n Provinzen
Ostpreußen 5, 9a 3.131 6.3, 4 1] Ges Westpreußen 4,6 3. 66 5,20 393 5 63 Brandenburg 7.565 3,12 5 412 1072. 4,18 3. 10 3 81 5.1 3 3.76 218 246 4.686 9g. o0 2158 12, 315 13,72 3 6, os 216, 83 306 TB, is Schleswig⸗Holstecin.. 2.86 2,3 372 3.31 406 Hannover T, os 3,30 8 402 9 u Westfalen H. a0 2.0, Tes 2,16 8.85 38 Hessen · Nassau 164 116 2.38 16 218 181 Rheinprovinz 5,338 1.31 7, 41 Tor 1.8 Hohenzollern O. n 1,6 On 28)
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Staat Provinzen über ˖ über⸗ über haupt haupt ñ haupt oo . 6. k
3 337 760 His 2 S41 584 3, 0 ] 3 076 508 3363
Provinzen Ostpreußen .... 189 849 3. Westpreußen ... 88 216 Brandenburg . .. 578 h64 Pommern .... 130 892 3. Posen 142 367 * Schlesien 489 101 4. Sachsen 154 150 2,66 Schleswig⸗
Holstein .... 171674 140 778 3,16 Hannover 337 326 4.16 180 10 357739 3.06 Westfalen .... 492 524 8. 97 ö. H es 170 388 1,93 Hessen⸗Nassau .. 140 849 853 215 565 go 218 719 7688 Rihemprobln .. A413 533 7e. T4 öß;? zar bid zis Ss Hohenzollern .. 9 604 8, 3 947 2,13 21a Lan.
Das berichtigte Soll der gesamten direkten Kreissteuern betrug demnach für das ganze Staatsgebiet 1903 64, , 1908 81s, 1916 37 u, 1911 96,1 Millionen Mark und 260 bezw. Z3ios, 39s, 3. 2s M6 auf den Kopf der Bevölkerung. Letzteren Berechnungen ist das Er— gebnis der Personenstandsaufnahme für die betreffenden Rechnung. fahre zugrunde gelegt worden. In dem Zeitraum von 1903 bis 1911 hat sich das Soll der direkten Kreiesteuern also um 25,6 Mil- lionen Mark oder 39, zi v. O. vermehrt, desgleichen sein Kopfbetrag um 79 oder 31,60 v. D. Tabei muß noch berücksichtigt werden, daß den Landkreisen durch das Kreig⸗ und Provinzialabgabengesetz vom 23 April 1906 mehrere neue indirekte Steuerquellen erschlossen worden sind, deren Ausnutzung auch seitens der meisten Kreise erfolgt. Während im Rechnungs jahre 1503 vom gesamten Krelssteueraufkommen nur 2a1 v. H. auf die Hundesteuer, die den Landkreisen damals zur Hebung überlassene einzige indirekte Steuer, entfielen, betrug der Anteilfatz der gesamten indirekten Kreissteuern am Kreissteueraufkommen überhaupt in den Rechnungsjahren 1908, 1910 und 1911 schon 15,1 bezw. 18,16 und 19, v. H.
Mit Ausnahme von Westfalen, bei welcher Provinz im Jahre 1911 ein Rückgang zu verzeichnen war, zeigt der absolute Sollbetrag der direkten Kreissteuern in sämtlichen Provinzen von einem Er— hebungsjahr zum andern eine Zunahme, und bei den Kopfbeträgen war eg mit wenigen Ausnahmen ebenso; in Brandenburg betrug das auf 1 Einwohner entfallende Kreissteuersoll 1908 412. 19190 dagegen nur 3,0 , und in Westfalen zeigten die Rechnungsjahre 1910 und 1911 gleich hohe Kopfbeträge. In dem Zeitraum von 1993 his 1911 haben sich die auf 1 Einwohner entfallenden direkten Kreissteuern vermehrt
in den Provinzen um O½ Ostpreußen 29,15 Westpreußen Brandenburg Pommern
h7 015 0,833 378929 5,13 214171 4.12 118988 2 136 006 1340 508709 4* 166 037 34 468 813 96 196752 40 2538 866 41 636 552 512 133 998 C08 178 ö 2,59 172160 250
noch: in den Provinzen um o/o Schleswig ⸗Holstein Hannover Westfalen Hessen · Nassau Rheinprovinz 5191 Hohenzollernsche Lande, 43 u. Sachsen
In den vler Beobachtungejahren ist die auf. 1 Einwohner entfallende Belastung durch direkte Kreissteuern stets in Hessen · Nassau und demnächst in der Rbeinprobinz und den Hohenzollernschen Landen am niedrigssen gewesen, während Ostpreußen, Westpreußen, Branden- burg und Hannover die höchsten Kopfbeträge aufwiesen. Doch wechselte bef letzteren die Reihenfolge mehrfach. Im Rechnungs⸗ jahre 1911 stand Ostpreußen mit 43 S an erster und Hannover
mit 4e (6 an zwelter Stelle, und dann folgten mit je 419 West⸗
preußen und Brandenburg.
Die durchschnittliche Ja breszunahme der direkten Kreiesteuern betrug im Jabrfünft 196308 334 Millionen Mark oder Heis Co, desgleichen im Zeitraum 196810 2,3 Millionen Mark oder 3.0 Cso und 191011 343 Millionen Mark oder 363 oso. In den roblnuzen treten sehr bedeutende Verschiedenhelten hervor: Im zahrfünft 1903/08 war die Jahreszunahme mit 1.83 v. H. in Westyr eußen weltaus am geringsten, demnächst mit 26 b. H. in Sachsen, während sie umgekehrt in Schleswig ⸗Holstein (6,0), Brandenburg ( Ls), der Rheinprovinz (77), den Hol »lernschen Landen (84), in Hessen⸗ Nassau (8 S3) Und Weslfalen (3 6so) den schon beträchtlichen Staats durchschnittsfatz von His v. H. noch erheblich übertraf. Im Zeitraum 1905. 10 betrug die entsprechende Zunahme nur bei drel, desgleichen im Zeingum 1i9glos 11 bei vier Provinzen mehr als H v. * nämlich in Schlesien (Ha), Westfalen (H) und der Rheinpropinz (Gas Mo) bejw. in Ostpreußen (53a), Pommern (210), Hefsen⸗ Nassau (733) und der Rheinprovinz (6,13 q). Am geringsten war sie für den Zeitraum 19080 mit i, 1360 und Ges d;, bei Hannober, Brandenburg fowie Ostpreußen, desgleichen für 191011 mit 2 mn, 1,4, Gros v. S. bel Wessprenßen, den Hohenzollernschen Landen, Schlesien Und mit einer Abnahme um ,s b. S. bei Westfalen. Eine einigermaßen gleichmäßige Entwicklung zeigen nur wenige Provinzen. In Sachfen und Heffen. Nassau ist die prozentuale Zunahme in den drei Beobachtungszeit räumen fich ziemlich gleich geblieben, in Posen ist eine regelmäßige Zunahme und in Schleswig ⸗Holstein ein regelmäßiges Nachlassen in der Steigerung zu beobachten.
) Vergl. den Artikel Die indirekten Steuern der preußischen Landkresse in den Rechnungssahren 1908, 1919 und 19117 in Nr, 22 . und Staatzanzeigerg vom 19. September d. J. (Erste Beilage).
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Wohlfahrtspflege.
Von dem Zwilkabinett Selner Majestät des Kaiserg und Königs ging, ö. dem W. T. B. berichtet wird, dem Qber⸗ ö , der Stabt Cöln ein Danktelegramm Seiner Maestät är die angekündigte Hiifsfpende von 50 000 4 für die Geschädigten in Elfas Lothringen zu. r
Rach einer weiteren Meldung des genannten Bureaus aus Cöln hat der Geheime Rom mersienrat Theodor Guillegumęe der Stadt Coln hoo 600 d für die Zwecke der vereinigten Veremne
des Roten Kreuzes überwiesen.
Der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im 2 Gefallenen sind aus allen Teilen Deuischlands wertvolle filberne Gegenstände und vielfach auch Auszeichnungen feind licher Staaten überwiesen worden. Die Natlonalstiftung ist bereit, weltere folche Gegenstände, Medaillen, Orden und Ehrenzeichen ent ˖ gegenzunehmen, da sie gute Verwendung für diese hat, die den Hinter⸗ itcbenen ber Gefallenen zugute kommen wird. E werden auch gute Staaispapiere und Obligationen entgegengenommen. Die Geschaͤsts⸗ sselle befindet sich in Berlin NW. 46, Alsenstraße 11.
Die wachsende Inanspruchnahme ihrer Beratungsstellen hat die Abtellung Berlin des Raron alen Frgnendäenst es veranlaßt, einige ihrer Hilfskommissionen in größere Räumlichkeiten zu verlegen. So eist Kommisfion I, bisher Bellealllancevlatz , jetzt in das Kaiser⸗= siche Patentamt, Gitschiner Straße 98 103, Zimmer 118 119, ver⸗ zogen, und Kommission VIII A, bisher Georgentirchplatz 35, arbeltet vom 2. Oktober ab in städtischen Räumen in Georgen irchstraße 43. Ez wird an dlesen Stellen in gleicher Weise wie bisher Rat und Auskunft an alle durch den Krieg in Not Geratenen ertellt werden. Geldunterstützungen werden nicht gegeben, doch können in Fällen be—⸗ sonderer augenblicklicher Hilfsbedürftigkeit Speisemarken und Lebens⸗ mittelgutscheine zur Ausgabe gelangen.
Kunst und Wissenschaft.
Ein in Deutschland noch nirgends abgebildetes, kaum besprochenes Werk Michel Angelos, auf das vor 7 Jahren ein französischer Jelebrter die Aufmerksamkeit lenkte, veröffentlicht Victor Wallenstein in der Zeitschrift für bildende Kunst?. Es Handelt sich um eine Pieté aus der Rosalienkap lle des Palazzo Barberini in Palestrina. Aus dem Felfen, an den der Palast und die Kapelle sich lehnen, und der 700 m hoch oben ein Kastell trägt, ist das Werk herausgehauen, in einem düfteren kahlen Raume. Obwohl ein örtlicher Schrift⸗ steller im 15 Jahrhundert den Namen Michel Angelo dafür nannte, ist trotz der Nähe des nur eine Stunde entfernten Rom die Pier unbeachtet geblieben. Gerade Michel Angelo mußte die Möglichkeit, diesen in den Raum ragenden Felsen zu bewältigen, seltsam locken. Da meißelte er denn aus dem marmorähnlichen rötlichen Stein die überlebensgroßen Gestalten der Goitesmutter, die den Leichnam ihres Sohnes an der Brust hält, und die der Magdalena. Der aufrechtgehaltene und dabei zu⸗ sammensinkende Körper Christi nimmt fast dte ganze Masse des Sileins in Anspruch, von Maria ist nur der Kopf und die Hand, die den Zusammensinkenden unter der Achsel hält, gebildet, von Magdalena nur so vlel, . die Bewegung der Knteenden deutlich wird, denn Michel Angelo hat auch dtese, wie die beiden anderen späten Marmor bilder der Pietâ, nicht vollendet. Im Barockzeitalter wurde ein ent, stellender Marmorvorhang und ein Lendentuch über dem von Michel Angelo ganz nackt gebildeten Christus hinzugefügt. Nach 1556 scheint der Känstler aus dem Getriebe Roms nach Palestrina binausgegangen zu sein, und dort ist ihm in der Stille, begüͤnstigt von dem Material, der Plan gereift, den er dann nicht zu Ende ausführte, man weiß nicht warum. ;
Die sibirische Expedition von Lied ist, W. T. B. ufolge nach ammerfest zurückgekehrt. Sie ist bis zur Mündung des Ob über den Jenissei vorgedrungen. Lied ist der Ansicht, daß im Sommer in jenem Gebiet regelmäßige Schiffahrt möglich sei.
Literatur.
— Der Altmelster deuischer Malerei Hans Thoma kann in geistiger und körperlicher Frische heute seinen 75. Geburts. tag begehen. Als wertvolle Festgabe, die dem deutschen Volt sicher hochwillkommen sein wird, hat der Verlag von GE. A. Seemann in Leipzig eine geschmackvoll ausgestattete Mappe beraus—⸗ gegeben, die in ausgezeichneter farbiger Wiedergabe als Fe st⸗ kalender in Bildern Thomas Wandgemälde aus dem Thoma ⸗Museum in Karlsruhe enthält. Die Gemälde bieten ein treues Bild von des Kü stlers Eigenart und Wesenskern, sowohl ihrem 1 Inhalt, wie der Form nach, in der der Meister jenem Ausdruck verlieh. Auf Jugendeindrücken fußend, die in der Schwarzwaldheimat empfangen waren, wurden sie erst von dem ge⸗ reifien Mann an der Schwelle des Alters ausgeführt; ein gereifter Künstlerentwurf, der mit gemütvoller, freundlicher Kraft zu dem Be—⸗ schauer spricht und der mit seinem rein menschlichen, schlicht⸗ religiösem Gehalt gerade in den großen. und ernsten Tagen, die das deutsche Volt jetzt durchlehgt, auf ein mit- fühlendes Verständnis und dankbares Nachempfinden rechnen darf. Das ganze Werk setzt sich aus 31 Bildern zusammen. Die 12 Monat und die 8 Planetenbilder. die die Eingangswand zu dem Festraum des Karlsruher Museums schmücken, sind nach ihrem symbolischen Gehalt und den dargestellten Figuren der Ausdruck eines ausgeprägt deutschen Kunstempfindens: Wotan, Der Wanderer, Frau Holle, Die heiligen dret Könige, Donar, St. Michael schreiten hier als wohlbekannte, im Volkzempfinden wurzelnde Gestalten durch den Ring des Jahres, während die Planeten in ebenfalls uns von Jugend an bekannten allegorischen Flauren dargestellt sind. Fast noch herzlicher und noch inniger bewährt sich die dichterische Kraft des Malers in den dann Folgenden 11 Tafeln der Christuszyklus, der in Karlsruhe auf die Wande des eigentlichen Festraumes verteilt ist. Das Leben des Heilands von seiner Kindheit bis zu seinem Kreuzestod und zu seiner Verklärung, als Lehrer und Helfer, als Ueberwinder von Versuchung und Tod, wird in ihnen mit ergreifender Schlichmiheit geschildert und wirkt als Augdruck einer echten Kunst, die einer geschlossenen, einheitlichen Persönlichkeit entstammt, der sie eine heilige Herzengsache bedeutet. Der Verlag hat sein Bestes getan in der Wiedergabe der Bilder, wle in der würdigen Ausstattung der ganzen Mappe. Der billige Preis von 3,89 M ermöglicht die An. schaffung der wertvollen Werkeg weiteren Kreisen, deren Aufmerksamkeit es nachdrücklich empfohlen sei.
Gesundheitõwesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ mas regeln.
Gesundheitsstand und Gang der Voltskrankheiten.
(Nach den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitgamts“, Nr. 39 vom 30. September 1914.)
Pest.
Türkei. Am 22. August ist 1 Erkränkung in Smyrna fest⸗ gestellt worden.
Desgleichen laut Mitteilung vom 8. September 2 Erkrankungen.
st . Beirut wurde am 24. August ein neuer Pestfall fest⸗ gestellt.
Griechenland. Zufolge Mitteilung vom 3. September ist auf ö. Insel Syra ein tödlich verlaufener Pestfall zu verzeichnen gewesen
Aegypten. Vom 29. August bis 4. September erkrankten (und starben) 4 (1) Personen, dayon 2 (1) in Alexandrien und 2 ( in 1 Said ̃
Es gelangten zur Anzeige aus
Cuba: in Santiago am 14. August 1 Erkrankung und 1ẽ Todesfall, ö Brafilien: in Bahia vom 12. bis 25. Juli 4 Erkrankungen und 2 Todesfälle. — Cholera.
Ungarn. Laut Mitteilung vom 25. September wurden 4 Er⸗ krankungen im Dorfe Tokod. (Kom. Eßtergom), 2 in Debrezin (Kom. Hajdu) sowte je 1 Fall in Bu dapest und Gom onna fest⸗ gesfellt. Auch in den Krlegsgefangenenlagern in Eßtergom, in Punaßerdahely und Somorja (Kom. Preßburg) wurden mehrere Cholerafälle ermitelt.
GSenickstarre.
Preußen. In der Woche vom 13. bis 19. September sind 2 Erkrankungen (und 1 Todesfall) in folgenden Regierungs⸗ bezirken (und Kreisen) gemeldet worden: Cassel 1 ah Fritzlar], Münster 1 (Lüdingbausen] .
DOesterrelch. Vom 23. bis 29. August in Krain 1 Todesfall.
Spinale Kinderlähmung. ; Preußen. In der Woche vom 13. bis 19. September sind 3 Erkrankungen in folgenden Regierungsbezirken und Kreisen angejeigt worden: Arnsberg 1 [Dortmund Stadt!, Schleswig 1 Klel, Wiesbaden 1 Frankfurt . M!. ; Sesterreich. Vom 23. bis 29. August in Oberösterreich 3, im Küstenland 1 Erkrankungen. ⸗
Verschiedene Krankheiten in der Woche vom 13. bis 19. September 1914 (für die deutschen Orte).
Pocken: Konstantinopel (vom 30. August bis 53. Seytember) Todesfall; Varizellen: New Mork 22 Erkrankungen; Mil zhrand—⸗ Reg. Rez. Lüneburg, Wien je 1 Erkrankung; Influenza: Berlin 2, ew YJort J Todes fälle; Genickstarre: New York 1 Todesfall, 5 Er⸗ krankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen ist an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895 1904: L,04 d / gestorben in Glemwitz, Königshütte, Zabrze — Ertrankungen wurden angeieigt im Landespollzeibeßirke Berlin 173 (Siadt Berlin 127), in den Reg. Bezirken Arnsberg 126, Königsberg 124, Oppeln 204, Potedam 104, in Stuitgart 25, Hamburg 52, Amste dam (26 August bis 1. September) 29, Ceristiind 24, Kopenhagen 36, New York 68, Wien 62; an Diphtherie und Krupp (1895/1904. 1,62 9) ge⸗ storben in Rostock — Erkrankungen wurden gemeldet im Landes⸗ polizeibenrke Berlin 214 (Stadt Berlin 152), in Hamburg 91, Christiania 32, Kopenhagan 22, New Vork 212, Wien 46. Ferner wurden Erkrankungen angezeigt an: Ma sern und Röteln in Kopen⸗ hagen 35, New Jork 164; Keuch husten in New York 74; Typhus in New York 71.
Verkehrswesen.
Die deutschen Postämter in Konstantinopel, Smyrna, Beirut, Jaffa und Jerusalem sind Ende Sep⸗ tember geschlossen worden.
Pakete, die für im Felde stehende Angehörige bestimmt sind, werden nicht durch die Krtegsbetleidungsämter zur Weiterbeför— derung gegeben, sondern durch die Ersatztruppenteile der be treffenden Feldformationen. Die Pakete sind daher an die Ersatz⸗ truppentelle zu senden. Nach 5 23 der Feldpost⸗D⸗O. haben diese die Pakete anzunehmen und als Militärgut weiterzubefördern.
Das Umrechnungsverhältnis für die in der Fran kenwährung auszustellenden Po stanweisungen nach fremden Ländern (Italien, Schweiz usw) ist auf 100 Fr. — 86 4M (nach Rumänien auf 100 Lei — 86 (6) neu sestgesetzt worden.
Der Postanweisungsverkehr mit Argentinien und der PVostanweisungs⸗ und Nachnahmeverkehr mit der Tür kei (türkische Postanstalten) wird wieder aufgenommen.
Offene Briefsendungen nach Persien werden von jetzt ab zur Postbeförderung angenommen.
Theater und Muftk. Theater am Nollendorfplatz.
Zu den Gelegenbeitsstücken, die der Krieg hervorgebracht hat, ge— hört auch das vaterländische Volksstück „Immer feste druff!“ von Hermann Haller und Willt Wolff, Musik von Walter Kollo, das gestern zum ersten Male auf der Bühne am Nollen« doriplatz aufgeführt wurde. Die Bühnen, auf, denen bisher Possen und Operetten gegeben wurden, sind in Venlegenheit ge⸗ raten, well es ihnen an Werken fehlte, die in die einste Stimmung der Kriegszeit passen, und so mußten sie, um ihre Einnahmen nicht einzubüßen und ihr Personal nicht in Not geraten ju lassen, zu solchen schnell zusammengezimmerten dramatischen Arheiten greifen. Eine gewisse Nachsicht in der Beurteilung solcher Stücke ist daher geboten. Die Verfasser dieses neuesten von ihnen haben sich nicht, wie ibre Vorgänger auf anderen Bühnen, damit begnügt, die Erregungen und Stimmungen vor Ausbruch det Krieges in lose zusammengefügten Bildern wiederzugeben, sondern haben die beiden letzten ihrer vier Bilder auf den westlichen Krlegsschauplatz verlegt, wo wir die männlichen Hauptpersonen des Stückes, feldgrau gekleidet, vor dem Feinde wiedersehen. Von einer eigentlichen Handlung kann man kaum sprechen, aber ein Abglanz von der vaterländischen Be⸗ geisterung der großen Tage, die wir alle durchlebt haben, findet sich auch hier und kaͤßt die freudige Erinnerung daran wieder wach werden. Das empfand gestern das zahlreiche Publitum und nahm es auch dankbar bin, daß neben dem Ernst auch der derbe Soldatenhumor, den die Zeit hervorgebracht hat, zu seinem Rechte kam. Das ganze wird durch Walter Kollos ansprechende und einschmeichelnde Musit, die dem Stil des Volksstückz gut angepaßt ist, wirksam unterstützt. Unter den Dar stellern zeichnete sich der zum Nachfolger Giampietros am Metropol theater auzersehene Karl Geßner in der Rolle eines Portiers in Friedens, und Feldwebels in Kriegszelten besonders aus. Neben ibm boten die Damen Waldoff, Freund, Richter, Vorska, die Herren Pasch, Hallendorf und andere anerkennenswerte Leistungen. So dürfte denn der Erfolg des Stückes von längerer Dauer sein.
Morgen, Sonnabend, werden im Königlichen Opernhause Die Messtersinger in Nürnberg“ gegeben. In den Hauptyartien sind die Damen Hafgren⸗Waag, von Scheele Müller sowlse die Herren Berger, Bischoff, Knüpfer, Habich, Bronsgeest und Henke beschäftigt. Die musikalische Leitung bat der Kapellmeister von Strauß.
Im Königlichen Schauspielbause findet morgen der 5. der von der General mtendantur der Königlichen Schauspiele zum Besten der notleidenden Bühnenkünstler zu veranstaltenden Bunten Abende statt.
Im Deutschen Theater findet die Erstaufführung des zweiten Stückes von Schillers, Wallenstein- Trilogie . Die Piccolomini? Ende nächster Woche statt. Die Rolle des Wallenstein spielt Albert Bassermann.
Unsere Feldgrauen“, Zeitbild in 3 Akten von Alfred Müller⸗ Förster und Joseph Bendiner, Gesangstlexte von Arthur Lockisch, Mtusik don Rohert Winterberg, heißt ein neues Stück, das demnächst im Friedrich Wil helmstädtischen Theater aufgeführt werden wird. Dle Erstauffübrung ist auf den 9. Ottober angesetzt. Spiel⸗ leiter ist der Obertegisseur Franz Groß.
In einem am Sonntag, Abends 8 Uhr, in der Singakademie stattfindenden Konzert, dessen Reinertrag für den Samariterverein vom Roten Kreuz bestimmt ist, wird die Kalserliche und Königliche Kammer⸗
sängerin Lula Mysz⸗Gmeiner eine Reihe Wolfscher Lieder vor⸗ tragen, Hermann Sudermann liest eigene Dichtungen. Außerdem wirken Hertha Stoljenberg, Müglied des , . Dpern hauses, der Königliche Dpernsänger Cornelis Bronggeest, der Königliche Ober egisseur Georg Droescher, der Organist Yiof for Arthur Egldi, der Komponist Profeffor Hanz Hermann, der Profe sor Georg Schu—⸗ mann und der Königliche Konzertmeister Robert Zeiler in einem aus- erwählten Programm mit. Karten sind bei Bote u. Bock und Wert- heim zu haben.
Im Klindworth⸗Scharwenka- Saal findet am Sonnabend, den JG. Oktober, ein Konzert- und Vortragsabend zu gunsten der notleidenden Bevölkerung von Masuren statt. Ihre Mitwirkung haben zugesagt: die Kgl. Preuß. Kammer sängerin Marie Götze, die Konzerisängerin Annemarke Monti, der Kammervirtuose Karl Stabernack, der Violoncellist Felix Robert Men delssohn und der Vortragskünstler Bruno Th. Satort Neumann. Eintrittskarten zu 3, 2, 1 4 sind bei Bote und Bock, im Warenhaus A. Wertheim und an der Abendkasse zu haben.
Mannigfaltiges. Berlin, den 2. Oktober 1914.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing, wie . W. T. B.“ meldet, gestern vormittag im Schloß Bellevue Frau Staatsmintster von Boetticher und den Ge⸗ heimen Sanitätsrat Professor Dr. Pannwitz zum Vortrag über die Tätigkeit des ‚Kriegsausschusses für warmelnter⸗ kleidung“, der auf besondere Anregung Ihrer Wtajestät nach den Weisungen des Kriegeministeriums und Generalstabes regel⸗ mäßige Warenzüge zu den Truppen eingerichtet hat. Dte ersten drei Züge nach dem Westen, Nordosten und Südosten sind heute abgefertigt worden; der nach Südosten ist in der Hauptsache vom Roten Kreuz zusammengestellt, der nach Westen ist ein Sammel—⸗ zug, dem je 2 —3 Waggong von den Propinzialdepotsz in Potsdam, Magdeburg, Neustreltz, Schwerin, Braunschweig, Hannover, Altona, Damburg, Gaffel, Frankfurt. Koblenz, Cöln, Münster, Düssel⸗ dorf belgegeben werden. Diese vom Kriegsausschuß, Berlin, Reichtztag“ eingerichteten Waren züge sollen von jetzt ab regelmäßig verkehren in der Erwartung, daß die freiwilligen Gaben an Geld und Materialien für den Schutz der Truppen gegen die Winterkälte weiterhin reichlich fließen werden. Spater begrüßte Ihre Majenät Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Braun⸗ schweig bet ihrer Ankunft auf dem Potsdamer Bahnhof und geleitete sie nach dem Schloß Bellevue.
Der unter der Schirmherrschaft Ihrer Majestät der Kꝛiserln ünd Königin stehende Verein der Berliner Volksküchen von 1866 eröff net am nächsten Montag neben seinen bieherigen Küchen wieder eine Rot standsspetseanstalt, und zwar im Konservatorium Klindworth⸗Scharwenka, Genthiner Straße 11, durch die freundliche Hergabe der Räume settens des Besitzers Di ektor Robitschek.! Die Speisezeit ist von 115 bis 2 Uhr. Die Speisen werden zu den be⸗ kannten Preisen von 30, 20 und 10 4, in reichlichen Mengen und auf schmackhafte Art gekocht, abgegeben Ein Verzeichnis der vor⸗ handenen Speifeanstalten ist in der Zentralstelle, Leipziger Str. 105, zu haben.
Die Trauerfeier für den Ehrenpräsidenten der Berliner Handelt kammer, Wirklichen Gebeimen Rat ert, fand gestern vormittag im Hause des Verstorbenen, Dorotheenstraße 2, statt. Der Sarg war in einem ernsten Schmuck aujwelfenden Raume des ersten Stocks auj⸗ gebahrt, den bald nach 10 Uhr eine ebenso zahlreiche wie guserlesene Gesell⸗ schaft, in der die Vertreter der Staatsregierung, der städtischen Körper⸗ schaften und der ersten Bank. und Handeleinstitute bemerkt wurden, füllte. Ez waren u. a. erschienen: der Justtzminister Dr. Beseler, der Mintster der öffentlichen Arbeiten Breitenbach, der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow, der Minister der geistlichen und Unterrichte⸗ angelegenheiten H. Dr. von Trott zu Solz. der Finanzmintster Dr. Lentze, der Minister des Innern von Loebell, der Staats ekeetär des Reichepostan ts Kraetke, der ehemalige Minister der geistlichen . Angelegenheiten Dr. von Studt, ferner der Präsident des Reichsbank⸗ direktoriums von Havenstein, der Polizeipräsident von Jagow und der Oberbürgermelster Wermuth mit anderen Vertretern des Magissrats und der Stadtverordnetenversammlung von Berlin. Nachdem die Familienmltelieder den Trauerraum betreten hatten, intonierte unter leisem Harmoniumspiel der Chor der neuen Synagoge unter der Leitung des Kapellmeisters Kellermann den Gesang „Selig sind die Toten?“. Dann nahm der Rabbiner Dr. Weiße das Wort zu der inhaltreichen Gedächtsntsrede, und abermaliger Chorgesang schloß darauf die ergreifende Feier. Vor dem Trauerhause ordneie sich dann der Zug, der dem Leichen⸗ wagen, in dessen unmittelbarem Gefolge sich zwei offene Wagen mit den Kranzspenden befanden, folgte. Der Weg führte hinaus zum alten jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee, wo der Sarg in der Familiengruft beigesetzt wurde.
In seiner lesenswerten Schrift Vulkane und Erdbeben“ (. Natur⸗ wissenschaftliche Bibliothek: des Verlags von Quelle u. Meyer in Leipzig“) behandelt der Gebeime Bergrat Profeslor Dr, R. Brauns in, einem besonderen Abschnitt den Aetna. Seinen Ausführungen sei folgendes entnommen: Der Rlese unter den europäischen Vulkanen, einer der höchsten überhaupt, ist der Aetna. Seit uralten Zeiten mit kurzen Unterbrechungen tätig, galt der Aeina als der große, einzige, alle anderen üer dauernde ewige Vulkan. Ihm allein von allen ist ein besonderes Werk schon im Altertum gewidmet, dessen unbekannter Verfasser die Natur des vulkanischen Vorganges zu ergründen suchte in einer Zeit, in der der Vesud noch nicht wieder zu neuer Tätigkeit erwacht war. „Singen will ich von der Kraft‘, sagt der gelehrte Dichter, „die den glühenden Atna toben läßt und die dem Gterigen immer neue Gluten zuführt!. Und so schildert er einen Ausbruch und forscht nach seiner Ursache: Klumpenweise wird ein Sandregen aus der Tlese ausgestoßen glühende Massen sind in eiliger B wegung, aus der Tiefe steigen die Bodenfundamente rollend auf; jetzt bricht Getöse aus dem ganzen Bereich des Aetna hervor, fahl glimmen die Feuer, unterbrochen don dunkel erglühenden Sturzmassen .. . Gewaltig bebt der Berg, und die gange Gegend draußen bedeckt Stein- und Aschengeröll. .. Winde veranlassen mit ihrem Wühlen alle diese Evolutionterscheinungen und wirbeln, was sie zu dichter Masse geballt, in dem entsetzlichen Gipfel⸗ krater auf. Und sie eben bilden die Ursachen, die jene interessanten Flammenschaaspiele des Berges hervorbringen. Wenn sie gespannt sind, heißen sie Gas.! Bekannt war dem Dichter, daß nach längeren Ruhepausen besonders heftige Ausbrüche folgen: „Wenn sie eine Zeltlang geschwiegen haben, drängen sie, wie um den Verlust einzu⸗ holen, um so schneller an, stemmen sich gegen die Massen, sprengen sie und zerreißen ihre Bande. Und ebenso lebendig schildert er, das Hervorbrechen von Lava: Ganz plötzlich krochen die mit, dem mitgerissenen Gestein belasteten Glutmassen auf, entzündetes Material drängt nach, verstümmeltes Trümmer⸗ gestein wäljt sich empor, und Schauer schwarzen Sandes prasseln dazwischen. .. Jene Flüssigkeit beginnt mehr und mehr zu kochen, schließlich in Gestalt eines sanft fließenden Flusses hervor- zutreten und läßt ihre Wogen von den ersten Höhen niedergehen. Die Ströme blesben zwischen den Ufern stehen und werden durch Ab⸗ kühlung hart, allmäblich treten die Gluten nach innen zurück, und die Massen werden ihres feurigen Aussehens entkleidet. Sodann stoßen die einzelnen Laven nach dem Grade der Erstarrung Dampf aus und wälzen sin unter gewaltigem Getöse dahin, und wenn der Strom auf feinem Wege zur Tiefe von einem laut erdnöhnenden fetten Hindernis abgelenkt wird, läßt er die getroffenen Stoßftellen
erstieben und wo er sich geöffnet hat, strahlt wieder sein glänzender Kern hindurch. Vor bald 2009 Jahren ist dieses Lehrgedicht er.
schienen, dessen Erläuterung wir Sudhaus verdanken, seildem hat der Aetna nienials völlig gerüht; noch viel länger ist er in der Vorßet tätig gewesen, und so ist er auch mehr mit Narben bedeckt, als ingen