Finanzministerium.
Nach 5 1 des Reichsgesetzes vom 28. Februar 1888 n, S. 59) erhalten die Familien der Mann⸗ chaften der Reserve, Landwehr, Ersatzreserve, Seewehr und des Landsturms, soweit diese Mannschaften bei Mobilmachungen usw. in den Dienst treten, im Falle der Bedürftigkeit Unterstützungen nach näherer Bestimmung des Gesetzes. Da bei den Lieferungsverbänden, die diese Unter⸗ stützungen zu bewilligen haben, nach verschiedenen Mitteilungen
weifel darüber bestehen, ob und in welcher Höhe die
nterstützungen noch den Familien staatlicher Lohnangestellter zu gewähren seien, nachdem von der Staatsregierung die Gewährung von Beihilfen an diese Personen beschlossen worden ist, wird mitgeteilt, daß bei der Entscheidung über die Bewilligung der reichs⸗ esetzlichen Mindestunterstützungen (d. s. die vom Reiche zu er⸗ ö Unterstützungen) auf die vom Staate den Angehörigen er Lohnempfänger gewährten Beihilfen keine Rücksicht zu nehmen ist, trotz dieser Beihilfen also die reichs . ,, zu bewilligen sind, sofern nur die Bedürftigkeit überhaupt, abgesehen von der Entlastung der Familien durch die staatlichen Beihilfen, zu bejahen ist. .
Der Herr Staatssekretär des Reichsschatzamts hat die Er⸗ mächtigung der Lieferungsverbände, die Mindestunterstützungen trotz der staatlichen Beihilfen zu zahlen, anerkannt. Demgemäß wollen Eure Exzellenz (Durchlaucht, Hochwohlgeboren, Hoch⸗ geboren) dahin wirken, daß dieser Grundsatz überall in den dort in Betracht kommenden Fällen Beachtung findet.
Berlin, den 7. Oktober 1914. Der Finanzminister. Lentze.
An die sämtlichen Herren Oberpräsidenten und Regierungs⸗ präsidenten sowie an den Herrn Präsidenten der Mi⸗ nisterial⸗Militär⸗ und Baukommission.
Kriegsm inisterium.
Der wissenschaftliche Hilfslehrer Dr. Fleischer an der Hauptkadettenanstalt und der Kandidat des höheren Lehramts Planer in Wahlstatt sind zu Oberlehrern des Kadettenkorps, der Obermilitärintendantursekretär Hoenecke von der Inten⸗ dantur des V. Armeekorps ist zum Geheimen expedierenden Sekretär und der Militärintendanturregistrator Rudloff von der Intendantur des IV. Armeekorps zum Geheimen Re⸗ gistrator im Kriegsministerium ernannt worden.
Bekanntmachungen. 1
Das bevorstehende Studienhalbjahr unserer Universität nimmt mit dem 15. Oktober 1914 seinen gesetzlichen Anfang. Indem wir dies hierdurch zur allgemeinen Kenntnis bringen, machen wir diejenigen, welche die Absicht haben, die hiesige Untbersität zu besuchen, darauf aufmerksam, daß sie sich m ilch mit dem Beginn des Semesters bier einzufinden haben, um sich dadurch vor den Nachteilen zu be⸗ wahren, welche ihnen durch das Versäumen des Anfangs der Vor— lesungen erwachsen müssen. In Ansehung derjenigen Studierenden, welche auf Grund e rler iger Dürftigkeitsatteste die Wohl tat der Stundung des Honorars für die Vorlesungen in Anspruch zu nehmen beabsichtigen oder um ein akademisches Stipendium sich be⸗ werben wollen, bemerken wir, daß den gesetzlichen Vorschriften zufolge derartige Gesuche bei Vermeidung der Nichtberücsichtigung innerhalb der ersten vierzehn Tage nach dem gesetzlichen Anfange des Semesters eingereicht werden müssen.
Bonn, den 12. Oktober 1914.
Rektor und Senat der Rheinischen Friedrich Wilhelms⸗Universität. Schulte.
II.
Die Immatrikulation für das bevorstehende Studienhalbjahr findet vom 15. Oktober bis zum b. November 1914 einschl. statt. Später können nach den bestehenden Vorschriften nur diejenigen Studierenden noch immatrikuliert werden, welche die Verzögerung ihrer Anmeldung mit gültigen Verhinderungsgründen zu entschuldigen bermögen. Behufs der Immatrikulation haben: ö diejenigen Studierenden, welche die Universitätsstudien beginnen, insofern sie Inländer sind, ein vorschrifts⸗ mäßiges Schulzeugnis und, falls sie Ausländer sind, einen Paß oder sonstige ausreichende Legitimationspapiere sowie einen Ausweis über die erforderliche Schulbildung, 2) diejenigen, welche von anderen Uni— versitäten kommen, außer den vorstehend bezeichneten Papieren noch ein vollständiges Abgangszeugnis von jeder früher besuchten Universität vorzulegen. Diejenigen Inländer, welche keine Reiseprüfun be⸗ standen, beim Besuche der Universität auch nur die Absicht aben, sich eine allgemeine Bildung für die höheren Lebenskreise oder eine befondere Bildung für ein gewisses Berufsfach zu geben, ohne daß sie sich für den eigentlichen gelehrten Staats, oder Kirchendienst bestimmen, können auf Grund des z 3 der Vorschriften vom 1. Oh tober 13795 immatrikuliert werden, Inländerinnen jedoch nur nach vorberiger Genehmigung des Herrn Ministers der getstlichen und Unterrichtsangelegenheiten. .
Ebenso bedürfen Ausländerinnen in jedem Falle zur Im— matrikulation ministerieller Genehmigung. — .
In länderinnen mit dem Lehrerinnenzeugnis für mittlere und höhere Mädchenschulen, welche das Universitatsstudium mit dem 6 der Prüfung für das höbere Lehramt (pro facultate docendi)
eginnen wollen, haben zum Zwecke ihrer Immatrikulation eine von dem Direktor der wissenschastlichen ,, e. Bescheimigung darüber vorzulegen, daß hinsichtlich ihrer Vorbildung und ibrer prakeischen Lehrtätigkeit die Vorgussetzungen für die Zu⸗ lassung zur erwäbnten Prüfung gemäß der Ministerlalverfügung vom 3. April 1903 zutreffen. Bonn, den 12. Oktober 1914. Die Immatrikulatlonskommission. Schulte.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 14. Oktober 1914.
In der am 13. d. M. unter dem Vorsitz des Königlich bayersschen Gesandten, Staatsrats Dr. Grafen von Lerchen⸗ feld⸗Koefering abgehaltenen Plenarsitzung des Bundes⸗ rats wurde der Vorlage, betreffend die Vornahme einer kleinen Viehzählung am 1. Dezember 1914, die Zustimmung erteilt. Ueber den Antrag Preußens, betreffend den Entwurf einer Bekanntmachung über die Zahlung von Brandenlschädigungen in Ostpreußen, wurde Beschluß gefaßt.
—
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats 2 Zoll⸗ und Steuerwesen und fur Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.
Am 1. Oktober d. J. erlitt bei Fricourt den Heldentod für das Vaterland der vortragende Rat im Reichskolonialamt, Ge⸗ heimer Regierungsrat Dr. Oskar Meyer, Oberleutnant der Reserve und Batterieführer in einem Reservefußartillerieregiment. Dr. Meyer war im Jahre 1873 in Celle geboren. Im Jahre 1898 bestand er die juristische Staatsprüfung, trat Anfang Januar 1900 zur Vorbereitung für den Kolonialdienst bei der damaligen Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts ein und wurde bald darauf dem Gouvernement von Kamerun zugeteilt. Am 1. Januar 1902 wurde er zum Bezirks⸗ amtmann und am 1. Juni 1904 zum Oberrichter . befördert. Im Juli 1907 wurde er dem Gouvernement Togo überwiesen und im März 1909 zum Ersten Referenten beim Gouvernement von Togo unter Verleihung des Charakters als Geheimer Regierungsrat ernannt. Am 1. September 1910 trat Dr. Meyer in das Reichskolonialamt ein und wurde mit Wirkung vom 1. Oktober desselben Jahres zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat be⸗ fördert. Als solcher nahm er die Geschäfte des Gouvernements von Kamerun in Vertretung des beurlaubten Gouverneurs für die Zeit von Ende des Jahres 1912 bis Juni 1913 wahr. Bald nach Beginn des Krieges hatte er sich das Eiserne Kreuz erworben. In dem Dahingeschiedenen be⸗ trauert die Kolonialverwaltung den Verlust eines Beamten von seltener Begabung, ausgezeichneten Kennt⸗ nissen und hervorragender Schaffenskraft, der auf allen ihm anvertrauten Posten sowohl in der Heimat wie in Afrika mit bestem Erfolge gewirkt hat. Die treuen und ausgezeichneten Dienste, die er dem Reiche und der Kolonialverwaltung geleistet hat, sichern ihm ein dauerndes ehrenvolles Andenken.
Während in Deutschland die Geistlichen im Felde, soweit sie nicht als Militärseelsorger Anstellung finden, im allgemeinen in der Krankenpflege verwendet werden, müssen bekanntlich die französischen Geistlichen als einfache Soldaten in den Reihen des Heeres mit der Waffe kämpfen. Viele von ihnen sind infolgedessen bereits in deutsche Gefangenschaft geraten und in unseren großen Gefangenenlagern untergebracht. Mit der Bitte, das Los dieser Geistlichen zu erleichtern, wandte sich der Erzbischof von Cöln, Kardinal von Hartmann, mit einer Throneingabe an Seine Majestät den Kaiser. Wie „W. T. B.“ erfährt, hat Seine Majestät der Kaiser in hoch⸗ herziger Weise dieser Bitte stattgegeben und zu genehmigen ge⸗ ruht, daß die gefangenen französischen Geistlichen wie Offi⸗ ziere behandelt werden.
Wie die „Weser⸗Zeitung“ erfährt, haben die Reedereien der deutschen Schiffe, die in Antwerpen festgehalten worden sind, aus Brüssel durch das Reichskanzleramt die tele⸗ graphische Aufforderung erhalten, Vertreter nach Antwerpen zu senden und von ihrem Eigentum wieder Besitz zu nehmen. Die Meldung, daß der Lloyddampfer „Gneisenau“ versenkt worden sei, ist falsch. Alle Vampfer schwimmen.
Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ ver⸗ breitet, wie „W. T. B.“ meldet, in neutralen Ländern, Deutschlands ungeheure Verluste zwängen die deutsche Re⸗ gierung, alle Befreiungsbestimmungen vom Militärdienst zu widerrufen. Da es dem deutschen Heere an Ausrüstungs⸗ gegenständen mangele, sei der Befehl erteilt worden, die Ge⸗ fallenen ohne Uniformen und Stiefel zu begraben. Diese Behauptungen des der russischen Regierung nahestehenden Telegraphenbureaus sind erlogen.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ liegen die Ausgaben 102, 1063, 104 und 1065 der Deutschen Verluftlisten bei. Sie enthalten die 590. Verluftlifte der preußischen Armee, die 29. Verlustliste der e,. schen Armee und die 34. Verluftliste der württembergi⸗ schen Armee.
Bayern.
Seine Majestät der König leidet an einer leichten Indisposition, über die die „Korrespondenz Hoffmann“
folgendes mitteilt: Ueber dem linken Schulterblatt hatte sich eine kleine Zellgewebsentzündung gebildet, die eine Spaltung auf opera— Die Operation wurde von dem
tiwvem Wege notwendig machte. KHeneralstabsarzt, Professor Dr. von Seydel und dem Leibarzt,
Obermedizinalrat Dr. von Hößlin ausgeführt und ist glatt verlaufen. Die Hei ung vollzieht sich normal; dag Allgemeinbefinden ist gut. Zu irgendwelcher Besorgnis ist keinerlei Anlaß gegeben. Der König bringt einige Stunden des Tages im Garten des Wittelsbacher Palais zu. Voraugsichtlich wird Seine Majestät sich in einigen Tagen zur Erholung nach Leutstetten begeben.
Oesterreich⸗Ungarn.
Die „Wiener Zeitung“ und das ,, . ver⸗ öffentlichen eine Verordnung des Gesamtministeriums, durch die die Stundungsverordnung für Galizien und die Bukowina abgeändert wird. Privatrechtliche Geld⸗ , . gegen Schuldner, die in Galizien oder der
ukowina ihren Wohnsitz haben, sind grundsätzlich voll ge⸗ stundet. Für Wechsel und Schecks, die nach dem 31. Juli ausgestellt und in Galizien oder der Bukowina zahlbar sind, wird die Zahlungszeit . einschließlich 30. November hinaus⸗ geschoben. Eine zweite Verordnung des Gesamtministeriums verfügt in Erfüllung zahlreicher 6 der Bevölkerung, daß von . die vor dem 14. August fällig geworden sind, am 14. Oktober nur zehn Prozent nebst 3 für die ganze Forderung sowie Nebengebühren und am 14. November weitere 15 Prozent zu entrichten sind. Die Bestimmung, daß mindestens ein Betrag von 100 Kronen zu bezahlen ist, wurde allen gelassen. Nur für Wechsel und Schecks mußte an diesem
etrage und an einer Zahlung von 25 Prozent ohne Unter⸗ schied festgehalten werden.
— Wie die amtliche „Lemberger Zeitung“ mitteilt, hat
sich die Lage mit dem n erf, der feinblichen Invasion so günstig gestaltet, daß die Einwohner vieler zeitweilig
von feindlichen 6 2 besetzt gewesenen Gebiete sowie alle diejenigen, die zumelst aus ungerechtfertigter Aengstlichkeit ihren ständigen Wohnsitz verlassen haben, nunmehr ruhig in ihr Heim . können. Dies gilt im gegenwärtigen Augenblick von allen jenen Gegenden, die westlich von den politischen Bezirken Mielec, Ropozyee, Strzyzow, Brzozow, Sanok und Lisko gelegen sind, somit von dem ganzen Westen des Landes einschließlich der obengenannten Bezirke. Die rasche Heim kehr der Bevölkerung liegt vor allem in deren eigenem Interesse, außerdem aber hing davon auch die so sehr erwünschte Wiederherstellung zahlreicher ins Wanken gebrachter Verhältnisse ab.
— Da von Blättern der Ententemächte unerhörte Lügen über die wirtschaftliche Lage in Wien verbreitet werden, hat der Wiener Stadtrat nach einer Meldung des K. K. Tele⸗ graphen⸗Korrespondenzbureaus/ zufolge beschlossen, allwöchentlich amtliche Mitteilungen über die wahre wirtschaftliche Lage in Wien zu veröffentlichen und sie an die großen Städte des Deutschen Reichs und der neutralen Staaten zu versenden.
Aug dem ersten, jetzt veröffentlichten Bericht der Gemeinde geht hervor, daß von eigentlicher Kriegsnot in Wien nich veel zu ver— spüren ist, und von Arb eitslosigkeit in ungewöhnlich m Umfange nicht gesprochen werden kann. Die Gemeinde hat nicht nur alle eschlossenen Arbeiten und Lieferungen aufrechterhalten, sondern auch noch darüber hinaus Vergebungen und Bestellungen vorgenommen. Bezügrich der Unterstützung der Familien der Ein⸗ geruückten verweist der Bericht darauf, daß über achtzigtausend Familien einen Monatsbezug von fast sieben Millionen Kronen erhielten. Auch die Sparkassenelnlagen haben zuge⸗ nommen. Die Lebensmitteversorgung Wiens ist vollkommen ausreichend; im Kleinhandel sind die Lebensmittelpreise nur mäßig gestlegen. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung ist vollkommen befriedigend. Der Bericht weist darauf hin, daß durch Hilfskomitees eine weit ausgreifende öffentliche Speisung vorbereitet wurde. Der Schulunterricht ist ungestört im Gange. Der Bericht erklärt schließlich, daß die Bevölkerung einig und entschlossen sei, den Gang des wirtschaftlichen Lebens aufrechtzuerhalten.
— Nach dem gestern erschienenen un garischen Staa ts⸗ kassenausweis für das zweite Quartal 1914, umfassend die Monate April bis Juni, betragen, wie „W. T. B.“ meldet, die Einnahmen 437 674 039 Kronen, was gegen das ent⸗ sprechende Quartal im Vorjahr eine Zunahme von 24,5 Mill. Kronen bedeutet. Die Ausgaben stellen sich insgesamt auf 538 710 968 Kronen, sodaß sie sich gegen die gleiche Periode des Vorjahres um 225 Millionen Kronen vermindert haben. Die Bilanz ist daher um 47,1 Millionen Kronen günstiger. Bedeutendere Mehreinnahmen zeigen folgende Posten: Direkte Steuern 10,3 Millionen, Verzehrungssteuern 3,7 Millionen, Münzprägung 5,8 Millionen, Eisenwerke 5,2 Millionen. Erhöhte Ausgaben zeigen Tabak um 4,3 Millionen infolge Beschaffung größerer Tabaksmengen sowie die Staatseisenbahnen um 7,5 Millionen infolge Erweiterung des Schienennetzes.
— Der Prozeß gegen Princip und Genossen, die Mörder des Erzherzogs Franz Ferdinand und seiner Gemahlin, der Herzogin von Hohenberg, hat vorgestern in Sarajewo be⸗ gonnen. In einer von der Staatsanwaltschaft verfaßten Anklageschrift wird gegen Princip und Genossen, ins⸗ gesamt 22 Personen, die Anklage wegen Hochverrats erhoben und gegen weitere drei Personen wegen des Verbrechens der Mitwisserschaft und der Verheimlichung von Waffen, die für das Attentat bestimmt waren. Die Anklageschrift behandelt ausführlich die Entstehungsgeschichte der in Belgrad von den Organen der Narodna Odbrana an⸗ gezettelten Verschwörung, schildert eingehend die Reise der Ver⸗ schwörer und die Einschmuggelung von Waffen und Bomben nach Bosnien, ferner, wie die Verschwörer in Sarajewo Mit⸗ täter warben, wie sie die Waffen unter sich verteilten und sich zur Ausführung des Attentats auf den Straßen aufstellten. Princip gestand in der Untersuchung ein, daß er mit dem zweiten Schuß den Landeschef Potiorek töten wollte, jedoch die Gemahlin des Erzherzogs Franz Ferdinand traf. Zum Schluß ergeht sich die Anklageschrift ausführlich über die Motive des Attentats. Sie schildert das irredentistische Treiben der großserbischen Kreise in Belgrad, die bis zum Königlichen Hof hinaufreichten, und die systematische Wühlarbeit gegen Oesterreich Ungarn und das habsburgische Herrscherhaus in Serbien, Kroatien und Bosnien, die den einzigen Zweck hatte, Kroatien, Dalmatien, Istrien, Bosnien und die Ferzegowina sowie die von Serben bewohnten südung arischen Provinzen von der Monarchie loszureißen und Serbien anzugliedern.
Der Angeklagte Cabrinowie gestand, wie. W. CL. B meldet, im Verhör zu, anfangs soztalistischen und dann anarchistischen Ideen gehuldigt zu haben. Später, als er in Belgrad mit dem serbischen Major Vasie in Berührung gekommen sei, habe sich in ibm ein Um⸗ schwung zum serbischen Nationalismus vorbereitet. Nachdem er aus der sozialistischen Gruppe des Blattes „ GHlas Slobode“ hinaus — gedrängt worden sei, habe er sich nach Belgrad begeben, wo er ein überzeugter serbischer Natlonglist geworden set. wa Ziel, das er sich vorgesetzt habe, sei die gewalisame Losreißung der süd— sflawischen Länder Oesterreich⸗ Ungarns von der Monarchie und deren Veremigung mit Serbien gewesen Er sei zum ersten Male auf den Gedanken gekommen, den Eriherzog Franz Ferdinand zu ermorden, als ihm ein Zeitungsabschnitt zugesandt worden set, auf dem stand, daß der Thronfolger nach Sarajewo kommen werde. Diese Nachricht habe er auch Princip mitgeteilt, der ihm zugeredet habe, gemeinsam mit ihm den Anschlag auszuführen. CäabrinowiFe set hauptsächlich darum darauf eingegangen, weil in Belgrad allgemein behauptet worden war, der Thronfolger sei der Führer der Kriegspartet, die Serbien erobern wolle. Der Angeklagte gestand, gewußt zu haben, daß der Verein Narodna Oobbrang den großserbischen Tendenzen diente. Princiv habe ihn mit dem Beamten der serbischen Eisen⸗ bahnen Ciganowie bekannt gemacht, der ihnen Waffen und Bomben liefern sollte. Ctgan wic habe jedoch erklärt, er habe selbst keine Mutel, um Brownin ipistolen anzuschaffen, und werde sie deshalb an den Major Tankosie verweisen. Inzwischen hätten Princip und Cabrinowie auch Grabez für ihr Vorhaben gewonnen Grabez sei zu Tankosie gegangen, der ihn gefragt hätte, ob sie entschlossen selen, den nf ln auszuführen, worauf sie von Ciganowle vier Revolver erhalten hätten. 8 n. habe auch Grabez und er en im Schießen unterrichtet. Vor seiner Reise nach Bosnien
abe ihnen Ciganowie sechs Bomben und Cyankalit übergeben. Beim Abschied habe er Princip ein Schreiben an den serbischen Major . in Schabatz übergeben. Von diesem seien sie empfangen und odann mit falschen Legitimationen auf der Bahn nach Lozntca be⸗ Hier habe sie der Grenzhauptmann Prwanovle empfangen und Princip und Grabez dem serbischen Finanz⸗ aufseher Grbie zur Beförderung über die bosnische Grenze übergeben. In Tuzla sei Cabrinowie mit Princiy und Grahez zusammengekommen und dann mit ihnen nach Sarajewo welter gefahren. In Sarajewo habe Danilo Ilie alle Verschworenen zu⸗ sammengebracht und Waffen und Cyankalt unter sie verteilt Ver Angeklagte gestand zu, daß er gegen das Automobil des Thronfolgers eine Bombe geworfen habe, in der Absicht, diesen zu töten. Er gab auch an, daß er im Monat April durch den Direktor einer Druckerei Civosin Dacie dem serbischen Kronprinzen Alexander vorgestellt worden sei und mit ihm gesprochen habe. Den Inhalt des Gesprächs
fördert worden.
wollte jedoch der Angeklagte nicht verraten.
Großbritannien und Irland.
Einer Meldung des W. T. B.“ zufolge ist Folkestone für Vlissinger Dampfer geschlossen worden; der Dampfer⸗ verkehr wird nach Tilbury Docks an der Themse geleitet.
Der norwegische Dampfer „Aquila“, von New York nach Kopenhagen mit einer Ladung Petroleum unterwegg, ist am Sonnabend von einem englischen Kriegsschiff aufgebracht und nach Kirkwall (Orkney⸗Inseln) geschleppt
worden. Ru sfland.
Wegen der Schwierigkeiten, die sich für das Wirtschafts⸗ leben Rußlands infolge der Dardanellen sperre ergeben, erschien, wie die Reichspost“ aus St. Petersburg meldet, gestern eine Abordnung des Industrierates mit dem Präsidenten Avdakoff an der Spitze beim Minister des Aeußern Sasonow mit der Bitte, die baldige Oeffnung der Dardanellen zu erwirken. Sasonow erklärte, daß die Mächte des Dreiverbandes energisch bemüht bleiben würden, bei der Türkei die Oeffnung der Dar⸗ danellen durchzusetzen, wobei der Minister anerkannte, daß dies für den russischen Handel eine Notwendigkeit sei. Dieser müsse sich aber zukünftig von den Deutschen freizuhalten wissen.
Italien.
Der Kardinal Pietro Gasparri ist zum Staatssekretär des Heiligen Stuhls ernannt worden.
Belgien.
Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge hat die belgische Regierung, um ihre Handlungsfreiheit zu sichern, beschlossen, sich nach Frankreich zu begeben. Alle Minister, mit Ausnahme des Kriegsministers, haben sich gestern vor— mittag in Ostende nach Le Havre eingeschifft, wo die französische Regierung alle zu ihrer Unterbringung nötigen Maßregeln ge⸗ troffen hat. Der König ist bei seinem Heere geblieben.
Asien.
Auf Grund von Meldungen türkischer Blätter in Teheran berichtet die Zeitung „Schems“ aus Aschkabad in Indien, daß der Sohn des Emirs von Afghanistan mit einer Armee die indische Grenze angriffsweise über⸗ schritten habe.
— Das Erscheinen des deutschen Kreuzers „Emden“ vor Madras hat obiger Quelle fg. große Bewegung unter den dortigen nationalistischen Parteien hervor⸗ gerufen. Gegen englische Beamte wurden An⸗
chläge verübt, als deren Veranlasser man Angehörige der indischen Unabhängigkeitspartei, der stärksten revolutionären Vereinigung Indiens, bezeichnet. Unter den kriegerischen Sikhs in Nordindien brach eine revolutionäre Bewegung aus. Die bedeutendste Zeitung des Sikhlandes, die ef. Gazette“, wurde von der Regierung unterdrückt. Hinsichtlich der Ueber⸗ führung indischer Truppen auf die europäischen Kriegsschau⸗ plätze wird erklärt, daß hierfür in erster Linie die Besorgnis maßgebend war, die Truppen könnten bei einer möglichen Aufstandsbewegung eine bedenkliche Rolle spielen.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 14. Oktober, Mittags. (W. T. B.) Von Gent aus befindet sich der Feind, darunter ein Teil der Besatzung von Antwerpen, in eiligem Rückzuge nach Westen zur Küste. Unsere Truppen folgen.
Lille ist von uns besetzt, viertausend fünfhundert Gefangene sind dort gemacht worden. Die Stadt war durch ihre Behörden den deutschen Truppen gegenüber als „offen“ erklärt worden. Trotzdem schob der Gegner bei einem Um⸗ fassungsversuch von Dünkirchen her Kräfte dorthin vor mit dem Auftrag, sich bis zum Eintreffen der Umfassungsarmee zu halten. Da diese natürlich nicht eintraf, war die einfache Folge, daß die zwecklos verteidigte Stadt bei der Einnahme durch unsere Truppen Schädigungen erlitt.
Von der Front des Heeres ist nichts Neues zu melden. Dicht bei der Kathedrale von Reims sind zwei schwere französische Batterien festgestellt. Ferner wurden Lichtsignale von einem Turm der Kathedrale beobachtet. Es ist selbstoerständlich, daß alle unseren Truppen nachteiligen feindlichen Maßnahmen und Streitmittel bekämpft werden, ohne Rücksicht auf die Schonung der Kathedrale. Die Franzosen tragen also jetzt wie früher selbst die Schuld daran, wenn der ehrwürdige Bau weiter ein Opfer des Krieges wird.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 14. Oktober, Mittags. ¶ W. T. B.) Auf dem östlichen Kriegsschauplatz sind in Kämpfen bei Schirwindt die Nussen geworfen und haben 30900 Gefangene, 26 Geschütze und 12 Maschinen⸗
ggewehre verloren.
Lyck ist wieder in unserem Besitz. Bialla ift vom
Feinde geräumt. eiter südlich sind beim Zurückwerfen russischer ortruppen auf Warschau Soo Gefangene gemacht
und 25 Geschütze erbeutet.
— Wien, 13. Oktober, Mittags. (W. T. B.) Amtlich wird e , Gestern schlugen unsere gegen Pr zemyfl an⸗ 6 enden Kräfte, unterstützt durch einen Ausfall der Besatzung, ie Einschließungstruppen berart zurück, daß sich der Feind jetzt nur mehr vor der Ostfront der Festung hält. Bei feinem Rück— i stürzten mehrere Kriegsbruͤcken nächst Sosnica ein. Viele Russen ertranken im San. Der Kampf östlich Ch yrow dauert noch an. Eine Kofakendivision wurde von unserer Kavallerie gegen Drohobycz eworfen. In den durch sehr ungünstige Witterung und schlechte Wegeverhältnisse außerordentlich er⸗ her zn . und Kämpfen der letzten Wochen hat sich ie Leistungs fähigkeit unserer braven Truppen glänzend bewährt. Der Stellvertreter des Chef des Generalstabs: von Hoefer, Generalmajor.
Der Krieg zur See. Stettin, 13. Oktober. Die „Stettiner Neuesten Nach— richten“ melden: Unter der Führung deutscher Marinemann— schaften, kamen gestern abenhb in Swinemünbe an;: Die Dampfer Belle Ile (Kristignih, „Grim don“ (Gefle) und „Fingal“ (Karlshamm), alle drei' von Schweden und
Rußland mit Holzfracht nach London bezw. Grimsby bestimmt. Die Dampfer wurden von deutschen Torpedobooten bei Falsterbo angehalten. Während der vergangenen Nacht wurde erner der Dampfer „Louise“ GWVereinigte Dampf⸗ chiffahrtsgesellschaft Kopenhagen), mit Gütern und Proviant für Rußland bestimmt, in Swinemünde eingebracht. Endlich sind heute früh in Begleitung eines deutschen Torpedo⸗ bootes in Swinemünde angekommen die Dampfer „Fore“ (Gothenburg) und „Anton“ (Schweden) mit Holz, von Rußland nach England bestimmt.
Parlamentarische Nachrichten.
Das Mitglied des Herrenhauses Wirklicher Geheimer Rat D. Haß von Reventlou in Damp bei Vogelsang⸗ Grünholz (Schleswig) ist, wie die „Kieler Neuesten Nachrichten“ melden, am 13. d. M. gestorben.
Die Kriminalität der Jugendlichen in den deu tschen Einzelstaaten in den Jahrzehnten 1882 —1891 und 1902—1911.
Auf Grund der amtlichen deutschen Kriminalstatistik, von der ug, der sich auf das Jahr 1911 beziehende Band (Statistik des Deutschen Reichs, Band 257) erschienen ist, behandelt der Oberlandesgerichteprasident Lindenberg in der Deutschen Juristenzeitung!. (Verlag von Otto Liebmann, Berlin) die Kriminalität der Jugendlichen und stellt zum Zwecke der Vergleichung die beiden Jahrzehnte von 18835 biz 1891 und bon 1902 bis 1911 einander gegenüber. Zunächst ist festzustellen, daß die Kriminalität der Jugendlichen im Deutschen Reiche nicht stärker, sondern etwas schwächer gestiegen ist als die der gefamten Bevölke. tung. Es kamen nämlich im Jahrzehnt von 1862 bis 1891 auf 100 900 jugendliche Personen jährlich durchschnittlich 610, im Jahr⸗ zehnt von 1902 bis 1911 716 Verurteilte. Dies bedeutet eine Steige⸗ rung von 17,“0o, während dle gesamte Kriminalität um 18,00, zu⸗ genommen hat. Zwischen den einzelnen deutschen Staaten machen sich binsicht ich der Kriminalltät der Jugendlichen sehr große Unter— schlede bemerkbar. Am ungünstigsten steht in den Jahren 1902 bis 1911, wie bei der Gesamtkriminalität, der Staat Bremen mit durchschnittlich 1412 (im Durchschnitt 1882 bis 1891 1205) verurteilten Jugendlichen auf 100 000 da; dann folgen Anhalt mit 977 (41), Schwarzburg-Rudolstadt mit 959 (1078) und Bayern mit 877 (748. Zwischen den einzeinen bayerischen Regisrunggbezirten walten aber sehr große Verschiedenheiten ob; in der Pfalz beträgt die Verhältniszabhl 1440 (1079), in Schwaben dagegen nur 639 6519). In Preußen steüt sich die jugendliche Kriminalität auf 704, liegt also eiwas unter dem Reichsdurch⸗ schnitt; im Jahrzehnt von 1882 bis 1891 hatte sie allerdings nur 578 be⸗ tragen. Betrachtet man das Zahlenbild, das die Angaben für die ein, jelnen preußlschen Proyinzen bieten, so zeigen die östlichen Regierungs⸗ bezirte eine geringere Zunahme und zum Teil eine nicht unwesentliche Abnahme, dagegen die westlichen Bezirke eine Zunahme der Kriminalität der Jugendlichen. Hessen hat als Verhältniszahl 687 (498), Sachfen 65 ( 44), Jodaß hier ein wesentlicher Rückgang statigefunden hat, an dem alle Kre oöhauptmannschaften beteiligt sind. Die Verhältniszahl für Baden beträgt 66 (622), die für Württemberg 632 (484), die für Elsaß⸗ Lothringen so? (443). Bei weitem am günstigsten siehen Schaumburg. Lippe mit 253 (222) und Waldeck mit 219 (235) Verurteilten auf 190 000 Jugendliche da. Beide Staaten hatten auch die geringste allgemeine Kriminalitaͤt. Die Zunahme im Vergleich mit dem ersten Jahrzehnt war am bedeutendsten in Mecklenbura⸗Schwerin mit [0s o/o, demnächst in Mecklenburg⸗Strelitz mit 50 8 ., Starke Steigerungen hatten auch Kraunschweig mit 43,5, Hessen mit 38,, Anhalt mit 31.8, Württemberg mit 30.5 und Olden— burg mit 29 0/0. Neun Staaten hatten eine Abnabme der Krimi— nalität der Jugendlichen, nämlich Läbeck um 44, Waldeck um 63, Sachsen um 93, Schwarzburg⸗Rudolstadt um 110, Sachsen. Coburg⸗ Gotha um 126, Sachsen⸗Altenburg um 21,3, Schwarzburg. Sonder- hausen um 261, Reuß älterer Linie um 265 und Hamburg um 28 9
Wohlfahrtspflege.
Eä.Der Wirtzchaftliche Verband bildender Künstler in Berlin ist nach Kräften bemüht, den durch den Krieg in Not ge— ratenen Künstlern zu helfen. Der Vorstand stellte 10960 KA bereit, eins Sammlung unter den Mitglledern eraab bis jetzt 2200 . Ein Teil dieser Summen ist der Akademischen Krlenshilf-kasse über- wiesen worden. Mit anderen Organifatlonen, wie der Cecilten⸗ hilfe, dem Nationglen Frauendlenst, dem Krlegswohnungg⸗ nachweis, steht der Verband in Verbindung. Weit lleber als durch Unterstützungen möchte der Vorstand durch Arbeits. nachweis helfen. Bigher solgte das Publikum bei Bildnis⸗ aufträgen, namentlich nach Photographien, der Reklame von Portraͤtgeschäften mit offenem Laden. Die Geschäftsstelle des Ver— bandes, Lutherstraße A, wo Probebildnisse mit Preisangabe vorg legt werden, will nun die Vermitilung zwischen Besteller und Künstler übernehmen, auch für Zeichnungen, Illustrationen, Plaketten. Die über 800 Mitglieder des Verbandeg bilden den überwiegenden Teil der Berliner Künstlerschaft.
Der Verein für Kindervolksküächen und Volks— kinderhorte in Berlin W. 50, Schaperstraße 34, erläßt fol. enden Aufruf: „Schlachten sind geschlagen, Siege errungen. Großze Opfer an Leben und Gut erfordert der Krieg. Die heil gste Aufgabe der Dabeimgebliebenen ist es, für die Frauen und Kinder der Vaterlandsverteldi er ju sorgen. Die Vaterlandsliebe gebeut, den Kindern gesunde Nahrung zu reichen, damit eine kräftige Generation beranwächst. Der Verein für Kinder. Volkeküchen und Volks, Kinder. horte, der seit mehr als 20 Jahren sich der bedürftigen Berliner Knder angengmmen hat, hat es übernommen, diese Aufgaben zu erfüllen. Wäbrend er in Friedenezeiten 20 Küchen unterbielt, bat er jetzt schon 52 Küchen im Betrieb, in denen in der letzten Woche 16 31827 Rinder gespeist und für Kleinkinder uneni— geltlich Speisen nach Hause geholt wurden. Hterzu bedarf es ern Mittel. Mitbürger! Velft uns dieses schöne Werk durchführen. kit Eurer Unterstützung wird es möglich sein, alle bedürfti en Kinder zu sättigen. Der Herr Poltzeipraäͤsident von Berlin bat in hochherziger Weise uns estattet unser Organ „Die Kinderfürserge⸗ anzubleten und gleichieitig in Büchsen für unsere wohltätigen Zwecke Gaben in Empfang zu nehmen. Das Bewußtsein, daß durch jedes 10 3. Stück ein hungerndes Kind gespeist wird, möge für jeden unserer wohltä igen Mitbürger ein Ansporn sein, unsere Büchsen mit Wohlwollen zu betrachten. Um auch besonders kränklichen und schwächlichen Kindern helfen zu können, verabfolgt der Verein täglich an 7000 Kinder je IL aute Vollmilch kostenlos.
Der Verein hat im Hause Schaperstraße 33 einen Hauptvertrieb von Speisem arken eingericht⸗ . Solche Ver⸗ kaufsstellen ollen in allen Tellen der Stadt eingerichlet werden, um den Mitbürgern Gelegenbeit mm geben, Marken zum Preise von 10 und 20 J anzukaufen und sie an arme Kinder und A beilslose zu vertellen. Diese don Wohltäͤtern eipendeten Marken sollen von allen Verkaufestellen direkt zur erteilung 1) an den Nationalen Frauendienst für die füädtischen . 3. n een , , (Leitung:
Regierungsrat Pütter) un an die Generalkommission der Freien Gewerkschasten gesandt werden. un
Kunst und Wissenschaft.
In Berlin ist der Maler Professor Ernst Hausmann im 38. Lebenslghre nach längerem Leiden berstorben. Er war ein Sohn Friedrich Karl Hausmanng, des Direttorg der Hanauer Zeichen⸗ glademig und wurde bei seinem Vater und auf der Münchener Akademie ausgebildet. Sowohl als Historien· wie als Bildnismaler bat er sich einen geacht ten Ramen erworben; im Jahre 190 wurde er durch die goldene Medaille für Kunst ausgejeschnet. Von seinen Gemälden seien genannt: ein Altarbild für die Rügenwalder Marienkirche, ein ‚Ehrlstus auf dem Meere“ und ein Bilenis des Katsers für die Aula des Gymnastumz in Schnelidemübl. Die diesjährige große Berliner Kunstausstellung enthielt zwei Bilder des Verstorbenen, die Innenansichten italienischer Klrchen boten.
Der schweizer Maler Ferdinand Hodler ist wegen seiner Unterzeichnung des Einspruchs gegen „die barbarischen Zerflörer von Löwen und Reims“ von der Berliner Sezession aus der Reihe ihrer Ehrenmitglteder gestrichen worden. Auch der Deuische Kunstbund bat, wie er der Täglichen Rundschau“ mitteilt, Hodler aus feiner Mitgliedenliste entfernt infolge Hodlers „‚deutschfeindlicher Haltung, die er durch Unterzeichnung d 8 gehässigen Protestes gegen die unferen Soldaten angedichteten Schandtaten kundiatY.
Der Weltkrieg und das Schicksal der Forschungs— reisen den. Der Ausbruch des Weltkrieges und die Ausdehnung des Kriegsschauplatzes über fast die ganze Erde bedeutet auch eine völlige Lahmlegung der Dr,, , Forschungsreisen und eine Gefahr für die z. 3. auf Reisen befindlichen Feescher. Alle Cppeditionen, die in fremdsprachlichen Kolonien arbeiten, deren Mutterläͤnder am Kriege teilnehmen, sind zur Einstellung ihrer Arbeiten gezwungen und ihrer Heimkehr stehen oft unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Bei Beginn des Frieges weilten zwei ordentliche Professoren der Berliner Universttät, der Geograph Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Albrecht Penck, Direktor des Museums für Meereskunde, und der Anthropologe, Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Felix von Luschan, gemeinsam mit dem Dr. Graebner vom Kölner Museum für Völkerkunde in Australten. Luschan, der auch Direktor der Anthropologischen Sammlung des Berliner Museums für Völkerkunde ist, hatte bereits im April seine Forschungtreise angetreten und war auch noch für diesen Winter von der Untveisität nach der Südsee und Indien beurlaubt. Nach Australien batte die Britische Gesellschaft für den Forischritt der Wissenscha ten, die immer wechselnd an einem Punkte des Britischen Weltreiches ihre Versammlungen abhält, die deutschen Gelehrten zu ihrer Tagung eingeladen, die in Sydnev und anderwärts statifand. Bei Aut⸗ bruch des Krieges traten die deutschen Forscher die Heimreise an. Doch wurde Dr. Graehner, der noch im militärpflichtigen Alter steht, fest⸗ gebalten. Geheimrat von Luschan hat auf der Heimreise bereits Amertka erreicht, Geheimrat Penck vassierte den letzten Nachrichten zufolge schon den Suezkanal. Noch gefährdeter ware die Lage der preußischen Turfanervedition in Russisch 5e atralasien gewesen. Doch hat ihr Leiter Pröféssor Dr. Albert Le Coq vom Berliner Museum für Völkerkunde bereits im März Berlin wieder erreicht Ein weiteres Arbeiten in den zentralasiatischen Gebieten, die den Berliner Musfeen in den Wandgemälden usw. so unvergleichliche Schätze und der Wissenschaft die Mittel zur Losung wichtigster Fragen brachten, wird in Zukunft aber wohl von den Russen unmöglich gemacht werden. . Turfanexpedilionen müssen einstweilen als erledigt betrachtet werden.
Von österreichtschen For sch ern befinden sich zurzeit Professor Gebauer und Dr. von Hande l⸗Matzetti in China, im Süb⸗ westen des Reicheg. Den Teilnehmern, die nach den bisherigen Be⸗ richten gute geggraphische, etbnographische und botanische Ergebnisse hatten und z. B. das unabhängige Lololand erforschen und karto—⸗ gCapbisch aufnebmen konnten, duͤrste erst nach Schluß des Krieges die Möglichkeit geboten sein, in die Heimat zurückzukehren. Die öster= reichlsche Albanienerpedition mußte abgebrochen werden und nach Haufe zurückkehren. Knapp vor der Ausreise stand die ozeanographische Crpedition von Dr. Bruno Schul; in Berlin nach der Suͤdsee mit S. M S. . Möwen).
Von der Heimkebr abgeschnitten sind eine Reibe deutscher Zoologen auf Teneriffa, eine Studiengesellschaft des westpreußischen Botanmisch. Zoologi'chen Vereins in Spanien, die Göttinger Expedition zur Erforschung det Erdinnern in Deutsch Südwestasrika. Andere müssen ibre Ausreise auf unbestimmte Zeit vertagen. So ist die öosterreichische antarktische Exveditlon, die ünter Fübrung Dr. Königs in diesem Herbst Triest veriassen sollte, verschoben worden. So weit liegen direkte Nachrich ten vor Natürlich dürfte noch manch anderer Forscher in der Ferne weilen, von den Forschungtzrelsenden der anderen Partei, ganz ju schweigen, deren Heimkehrmöglichkeiten vorläufig jedenfalls besser sind.
Theater und Musik.
Residenzthbeater.
Das Residenztheater hat seinem Kriegsstück Der Kaiser rief von
ranz Cornelius eine Fortsetzung Krümel vor Paris, nach— olgen lassen, die gestein der Auffübrung des schon seit geraumer Zeit mit Erfolg gegebenen ersten Teils ange rügt wurde. Den mit Sxree⸗ wasser getauften Ulanenwachtmeister Krümel, den Ferm Sila be— lustigend verkörpert, treffen wir darln vor Paris wieder, wo er leinen Berliner Humor nicht verloren hat. Allerlei ernste und hettere Kriegsepisoden werden vorgeführt, auch die Ver— brüderung Deuischlands und Desterreichs nicht vergessen, welches leßtere durch einen Vertreter des Regiments Hoch. und Deutsch. meister versinnbildlicht wird. Recht drollig ist der Einfasl, daß der Urberliner Krümel sich zuweilen französisch mit dem wienerisch brechenden Kameraden verständigen muß. Ungemein gefielen die eingestreuten Gesänge daterlärdischen Inballs, deren Tert wieder von Willi Prager und deren Musik von Rudolf Nelson, der jelbst feinfüblig am Flügel begleitete, berrübrte; unter ihnen zündete besonders ein Duett Krämels und des Deutschmeisterz „Berlin und Wien‘. Unter den Mitwirkenden sind außer dem be— reits erwähnten Herrn Sikla noch Rolf Brunner als Deutschmeister und Molly Wessei als französische Erzieberin hervorzuheben. Das Publikum zeichnete alle Beteiligten durch lebhaften Beifall aus.
Am Montag. den 19. Oktober, Abends 8 Uhr, findet im Blüthnersagl das erste Hau segaer-Konzert in diesem Wiater statt. Aufgefübrt werden; Glucks Dudertüre zu Ivbigenie in Aulis lin der Bearbeitung don R. Wagner), Mozarts Symphonie in D-dur in drei Säßen und L. v. Beetbodens III. Symphonie (Eroica). Die öffem liche Hauptprobe hierjzu findet am Sonntag. Mittags
12 Uhr, statt. Mannigfaltiges. Berlin, den 14 Oktober 1914.
Am heutigen Tage können die beiden älteften Gar de⸗Grenadier⸗ regimenter, und zwar das Kaiser Alexander Garde ⸗Grenadier⸗ regiment Nr. 1 und das Kaiser Franz Garde- Grenadier-⸗ regiment Nr. 2 auf ibr einbundertjährtges Bestehen zurückblicken. Beide Regimenter stehen seit ihrer Begründung. dem 14 Oltober 1814. in Berlin. Sie wurden nach dem ersten Pariser Frigden aus bereits dorbandenen Grenadierbataillonen ju. sammengestellt die aus verschiedenen Provinzen stammten, a
bereits während der Feldzüge 1813 und 1814 gemeinsam gefochten hatten. Daß der 14 Oktober 1814 zum Gründungstage der beiden Regimenter gewäblt wur e, batie seine besondere . am 14 Oktober 1805 war das preußische Heer in der Doppelschlacht bel Jena und Auerstädt den Napoleon J. vollständia besi gt worden Die Gründung der kelden
Regimenter gerade an dlesem fur Preußen verhängnisvollen Tage sollte