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Aichtamtliches. Preußen. Berlin, 30. Oktober 1914.
In der am XY. Oktober unter dem Vorsitz des Staats— ministers, Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats⸗ sekretärs des Innern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenar— sitzung des Bundesrats wurde der Bekanntmachung, betreffend statistische Aufnahmen der Vorräte von Getreide und Erzeugnissen der Getreidemüllerei, und den Bestimmungen, be⸗ treffend eine statistische Aufnahme der Vorräte von Getreide und Mehl am 1. Dezember 1914, die Zustimmung erteilt. . wurde über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt.
Nach einer Mitteilung des Oberkommandos in den Marken
tellt Iusweise an Privatpersonen zu Reisen an die
ront o der nach den durch deutsche Truppen besetzten
eindlichen Landesteilen für den Landespolizeibezirk Berlin
das stellvertretende Generalkommando des Gardekorps und für
die übrigen Bezirke der Provinz Brandenburg das stellvertretende Generalkommando des III. Armeekorps aus.
In der letzten 6 häufen sich die Anfragen bei der hiesigen österreichischungarischen Botschaft bezüglich des Aufenthalts von Angehörigen der österreichisch-ungarischen Armee sowie von Verwundeten und Kriegsgefangenen. Die Botschaft selbst ist nicht in der Lage, irgendeine Auskunft darüber zu erteilen. Anfragen sind zu richten an das Auskunftsbureau des Roten Kreuzes in Wien VI (Dreihufeisengasse 4) beziehungs— weise in Budapest V (Vaczy⸗uteza 38). Ueber Kriegsgefangene erteilt das Kriegsgefangenenbureau vom Roten Kreuz Wien 1 Jasomirgottstraße 6) Auskunft.
Ueber das deutsche 42 em⸗Belagerungsgeschütz werden fortgesetzt allerlei Gerüchte verbreitet. Während von einigen Seiten das Vorhandensein dieses Geschützes überhaupt in Frage gestellt wird, werden andererseits Beschreibungen, Zahlen⸗ angaben und Abbildungen veröffentlicht, die sich darauf beziehen sollen. Wie „W. T. B.“ meldet, ist das eine ebenso falsch wie das andere. Nachdem vom Großen Generalstab unter Nennung dieses Geschützes Photographien der damit gegen die Lütticher Forts erreichten Wirkung veröffentlicht worden sind, steht sein Vorhandensein außer Zweifel. Abbildungen und irgendwelche sonstige Angaben über dieses Geschütz sind jedoch nicht bekanntgegeben worden, und alles darüber Veröffentlichte beruht nur auf Vermutungen, die einer verläßlichen Grundlage entbehren und durchweg ganz irrig sind.
Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 1355, 156, 157 und 158 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthalten die 64. Verlustliste der preußischen Armee, die 38. Verlustliste der bayerischen Armee, die 43. Verlustliste der sächsischen Armee und die 46. Verlustliste der württembergischen Armee.
Oesterreich⸗Ungarn.
Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ministerial—⸗ verordnung, die die Verwendung von Brotfrüchten und Kartoffeln zur Spirituserzeugung gewissen Beschränkungen unterwirft.
Großbritannien und Irland.
Ein Ausschuß, an dessen Spitze Lord Desborough steht, organisiert Freiwillige, die nicht in die reguläre oder Territorialarmee aufgenommen worden sind, um sie in den Waffen zu üben. Das Kriegsamt drückte seine Sympathie mit der Bewegung aus, versagte ihr aber vorläufig die amtliche An⸗ erkennung, da es mit der Bewaffnung und Bekleidung der neuen Armeen Kitcheners vollauf beschäftigt ist.
— Wie „Handels och Sjöfartstidning“ erfährt, ist die Themsemündung nunmehr mit Ausnahme zweier schmaler Fahrrinnen für die Schiffahrt gesperrt.
— Die englischen Konsuln in Syrien sind dem „Tanin“ zufolge einer nach dem andern abberufen worden, weil ihre vor dem Kriege abgefaßten Berichte über die Lage durch die Ereignisse Lügen gestraft werden.
Rußland.
Wie die „St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur“ meldet, hat gestern zwischen / und 101 Uhr Vormittags ein tür⸗ kischer Kreuzer mit drei Schornsteinen in Theodosig den Bahnhof und die Stadt beschossen und die Kathe⸗ drale, die griechische Kirche, die Speicher am Hafen und die Mole beschädigt. Ein Soldat wurde verwundet. Die Filiale der Russischen Bank für auswärtigen Handel geriet in Brand. Um 10 Uhr dampfte der Kreuzer nach Süd⸗ westen ab.
In Noworossijsk ist der türkische Kreuzer ‚Hamidie“ angekommen und hat die Stadt aufgefordert, fich zu ergeben und das Stgatseigentum auszu— liefern, mit der Drohung, im Falle der Ablehnung die Stadt zu bombardieren. Der türkische Konsul und seine Beamten wurden verhaftet. Der Kreuzer ist wieder abgefahren.
Italien.
Die „Agenzia 3 veröffentlicht eine Note, der zufolge die Admiralität in Biserta auf Befehl der französischen Regie⸗ rung den von einem französischen Kriegsschiff unter dem Ver⸗ dachte der Kontrebande aufgebrachten und nach Biserta . italienischen Dampfer „Enrico Millo“ auf die mündliche HZusage des italienischen Konsuls hin freigelassen hat, daß die Ladung in dem Bestimmungshafen durch die italienischen Behörden untersucht werden würde, daß die italienischen Behörden die Ablieferung etwa sich vorfindender Konterbande an die Kriegführenden verhindern würden und das Ergebnis der Untersuchung der französischen Regierung mit⸗ geteilt werden würde.
Wie die . eitung“ meldet, ist im Mittelmeer der der sizilianisch⸗amerikanischen Schiffahrtsgesellschaft gehörige
Dampfer „San Giovanni“ durch die englisch⸗französische Flotte beschlagnahmt und nach Gibraltar gebracht worden. Die Ladung bestand aus Kupfer.
Griechenland.
In der Deputiertenkammer führte gestern der Minister⸗ präsident Veniselos in Beantwortung einer Interpellation, betreffend die Wiederbesetzung von Argyrokastro und Premeti, laut Bericht der „Agence d Athénes“ aus:
Das Vordringen der grlechischen Truppen verfolge keine Er⸗ oberungszwecke, sondern sei als einfache Polijeimaßnahme zu betrachten, geboten durch Rücsichten der Menschlichkeit und der Sicherheit der Grenzen des Königreichs Griechenland. Er erkenne nach wie vor die Beschlüsse der Londoner Konferenz bezüglich Albaniens an und bleibe seinen in der Note vom 8. (21.) Februar über⸗ nommenen Verpflichtungen treu. Der Ministerpräsident ver⸗ wies auf die Ereignisse, die die Regierung bewogen hätten, zur Wiederbesetzung jener Gebiete zu schreiten., die sich in Anarchie be fänden und so die Durchführung des Protokolls von Korfu unmöglich machten. Diese Ereignisse seien die Abreise des Fürsten, der europälsche Konflitt, der für lange Zeit die Mächte hindern werte, eine gesetzliche Ordnung in Albanten einzuführen, die bewaffneten Konflikte zwichen Albanesen und Epiroten, die die Einwohner gezwungen hätten, Nord—⸗ epirus zu verlassen, und Griechen und tellweise auch Muselmanen veranlaßten, nach Griechenland oder Valong zu flüchten, das Unvermögen der autonomen Regierung, die Rückkehr der nach Valona geflüchteten Muselmanen zu gewährleisten, die von den interessierten Mächten verlangt und wegen Nicht⸗ vorhandenseins internationaler oder griechischer Truppen undurch⸗ führbar sei, die der grischischen Regierung angezeigte bevorstehende Auswanderung der Muselmanen aus Argyrokastro und schließlich die von der nordepltrotischen Bevölkerung von Christen sowohl wie Muselmanen an die griechische Regierung gerichtete Büte, dorthin Truppen zu entsenden, deren Anwesenheit die Sicherheit aller Ein wohner vollauf gewährleisten würde. Allerdings habe in der letzten Zeit die Anwesenheit Essad Paschag der Hoffnung Raum gegeben, das albanische Chaos in gesetzliche Ordnung umgewandelt zu sehen, aber dies würde einen langen Zeitraum erfordern. Inzwischen dauerten die Konflikte zwischen Griechen und Albanern fort. Unter diesen Umständen ei die Regierung der Meinung, daß sie den dringenden Hilferufen der Christen und Muselmanen ihr Ohr nicht länger verschließen und nicht länger teilnahmlose Zu⸗ schauerin der Anarchie bleiben dürfe, die auch auf Griechenland üher—= zugreifen drohe. Der Ministerviäsident erklärte, der Zweck der Wiederbesetzung bestehe in der Wiederherstellung der Ordnung, der
Verbürgung der Sicherheit und der Ermöglichung der Rückkehr der
Ausgewanderten, um den Anbau der Felder sicherzustellen. Schließ lich solle Zeit gewonnen werden, um eine normale Durchführung der Vereinbarung von Korfu zu ermöglichen, sobald die Mächte imstande sein werden, für die Durchführung die notwendigen Bedingungen zu schaffen.
Bulgarien.
Der Ministerpräsident Radöslawow hat vorgestern die Sob ranje im Namen des Königs mit einer Thronrede er⸗ öffnet, in der es der „Agence Bulgare“ zufolge heißt:
Das bulgartsche Volk und Meine Regierung haben, nachdem sie im vergangenen Jahre aus einem langen und erschöpfenden Kriege, der mit Selbstverleugnung ohne gleichen durchgehalten wurde, hervor— gegangen sind, von neuem alle ihte Bemühungen darauf gerichtet, die Wunden der jüngsten Vergangenhelt zu heilen, die nationale Macht wiederherzustellen und neue Quellen des Woblstandes im Lande zu schaffen. Unsere gemeinsame friedliche Arbeit wude durch den Ausbruch des größten und schrecklichsten Krteges, den die Geschichte bisher kennt, unterbrochen. Angesichts dieses Kampfes zwischen den großen europätschen Nationen war Meine Regierung der Ünsicht, daß ihre Pflicht gegenüber der Nation und gegenüber deren Geschicken in der Zukunft ihr gebiete, die Neutralität genau und loyal zu beobachten, wie es den internationalen Erfordernissen und Vorschriften sowie den Interessen des Vaterlandes entspricht. Dank dieser Haltung hält die Regierung ihre guten und freundschaftlichen Beziehungen zu allen Großmächten aufrecht, und es gelang ihr, unseren Beziehungen zu fast allen unseten Nachbarn größeres Vertrauen zu verleihen, das nach der Krise des vergangenen Jahres und inmitten der Ereignisse, die heute auf ganz Europa lasten, so notwendig ist
— Der Vizepräsident der Sobranje Momschilow hatte gestern mit dem Ministerpräsidenten Radoslawow eine Unterredung über die politische Lage. Nach der , berichtete er darüber den versammelten Journalisten, wie folgt:
Soweit die Interessen Bulgarienz in Frage kommen, ist der Ministeipräsident mit der gegenwärtigen Lage vollkommen zu— frieden. Die bulgarische Reglerung hat die abschlägige Ant— wort Serbiens hinsichtlich der trostlosen Zustände in Mazedonien zur Kenntnis genommen und wird sich in nächster Zeit über die weiteren Maßnahmen klar werden. Jedenfalls ist es alag— erfunden zu bezeichnen, daß Oesterreich⸗Ungarn auf den Einmarsch Bulgariens nach Neuserbien dränge. Osterreich⸗Ungarn hat die Hilfe Bulgariens in der serbischen Auseinandersetzung gar nicht nötig, es ist stark genug, um seinen Willen mit eigener Kraft durchzusetzen. Bulgarien wird vorläufig gegen niemand etwas unternehmen, denn die Regierung ist davon durchdrungen, daß es mit der Sache des Vater⸗ landes gut steht. Es wird nicht verabsäumen, zur richtigen Stunde seine Forderungen zu verwirklichen.
Amerika.
In Ottawa sind nach einer Meldung der „Times“ alle Häuser verdächtiger Deutscher und Oesterreicher von der Polizei durchsucht worden. Die Britiss Imperial Asso⸗ cigtion in Toronto hat eine Resolution angenommen, wonach alle Deutschen und Oesterreicher, auch bereits naturalisierte, in Konzentrationslager gebracht werden sollen.
. Afrika.
Nachrichten aus Aegypten zufolge haben die Engländer unter dem Vorwande der Unsicherheit der Verkehrsstraßen die Pilgerschaft nach den heiligen Stätten des Islam verboten. Diese Eingriffe in religiöse Angelegenheiten ver⸗ schärfen die Erbitterung gegen England. Die Blätter bestreiten die Gültigkeit der zustimmenden Begutachtung, die der Ober⸗ mufti unter englischem Druck gegeben hat.
— Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Kapstadt hat der Oberst Maritz folgenden, am 16. September in Windhuk erlassenen Aufruf des Kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch Südwestafrika Dr. Seitz unter den holländischen Südafrikanern verbreiten lassen:
Nachdem englische Truppen Romansdrift eingenommen, damit die deutsche Grenze verletzt und so den Krieg von Europa nach Afrika hinübergetragen haben, erkläre ich nachdrücklich, daß die Deutschen keinen Krleg gegen dle holländischen Südafrikaner führen. Dagegen werden wir alle Maßregeln ergreifen, um auf allen Punkten die Angriffe der Engländer abzuschlagen. Wir werden den Krieg ausschließlich und bis zum Aeußersten gegen England und die Eng— länder führen.
Eine Mitteilung der englischen Botschast in Rom besagt, daß der Aufstand des Obersten Maritz jetzt endgültig durch den Obersten Brits bei Kalermas niedergeworßsen worden sei, daß aber die Generale Beyers und Dewet sich gegen die
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Regierung mit einigen Burghers von der Orangeriverkolonie und Westtransvaal erhohen haben. Die Regierung habe energische Maßregeln ergriffen, um die Ordnung wiederherzu⸗ 6 ö große Mehrheit der Burghers in allen Staaten ei loyal.
Dem „Reuterschen Bureau“ zufolge sind die Anhänger des Generals Beyers vom General Botha bei Rustenburg am 27. d. M. in die Flucht geschlagen worden. Bei der den ganzen Tag fortgesetzten Verfolgung wurden 80 Mann gefangen genommen.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
In der Mitteilung der Obersten Heeresleitung aus dem Großen Hauptquartier vom 29. Oktober, 1 muß es in der 7. Zeile von unten richtig heißen; Südöst h ich Ver dun wurde ein heftiger französischer Angriff zurückgeschlagen.
Großes Hauptquartier, 30. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Unsere Angriffe südlich Nieuport und östlich Mpres wurden erfolgreich fortgesetzt. Acht Maschinengewehre wurden erbeutet und zweihundert Engländer zu Gefangenen gemacht.
Im Argonnerwald nahmen unsere Truppen mehrere Blockhäuser und Stützpunkte. Nordwestlich Verdun griffen die Franzosen ohne Erfolg an.
Im übrigen ist im Westen und ebenso auf dem öst⸗ lichen Kriegsschauplatz die Lage unverändert.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 29. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird ver⸗ lautbart: Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatze fanden gestern keine größeren Kämpfe statt. In den lerien Tagen wurden die Versuche der Russen, gegen den Raum von Turka vorzudringen, erfolgreich abgewiesen.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmasor.
Der Krieg zur See.
Leipzig, 30. Oktober. Die „Leipziger Neuesten Nach⸗ richten“ verbreiten folgendes Extrablatt:
Kopenhagen. Nach einer amtlichen Petersburger Mel⸗ dung aus Tokio wurden der russische Kreuzer „Schemt⸗ schug“ und ein französischer Torpedojäger auf der Reede von Pulo Pinang durch Torpedoschüsse des deutschen Kreuzers „Emden“ zum Sinken gebracht. Der Kreuzer hatte sich durch Anbringung eines vierten falschen Schornsteins unkenntlich gemacht und konnte sich auf diese Weise den ver— nichteten Schiffen unerkannt nähern.
Wohlfahrtspflege.
Vom deutschen Roten Kreuz sind seit Ausbruch des Krieges aus eigenen Mitteln und Sammlungen 24 Vereinslazarettzüge aufgestellt worden, 10 vom Zentralkomitee in Berlin, die übrigen von den Landes vereinen vom Roten Kreuz in Bavern, Württemberg und Baden, vom moten Kreuz von Berlin, vom Roten Kreuz von Schöne berg Wilmersdorf usw. Bei anderen Landesvereinen wird die Auf⸗ stellung weiterer Vereinslaiarettzüge vorbereitet. Die Matertalanstattung eines Zuges hat einen Wert von durchschnittlich etwa 50 000 bis 60 000 ½υ. Die bei Verwendung der ersten Züge gemachten Erfahrungen wurden sogleich zu Verbesserungen verwertet. Alle Züge sind oder werden jetzt auch mit Käüchen⸗ oder Speisewagen ausgestattet und ent⸗ sprechen in ärztlicher Beziehung hohen Ansprüchen. Jeder Vereing⸗ lazarettzug ist zum Transport von 320 liegenden Kranken eingerichtet und verfügt über 4 Aerzte, 4 Pflegerinnen, 36 Pfleger, 1 Rechnungsführer, 1 Schlosser, 1 Diener. Das gesamte Personal tst vom Roten Kreuz gestellt, die Aerzte und Rechnungaführer werden auch von ihm besoldet. Die vorgenannten 24 Züge sind mit Aus⸗ ,, im Betrieb und haben bereits vortreffliche Dienste geleistet.
Nachdem bereits vor kurzem dem Zentralkomitec vom Roten Kreuz in Berlin seitens der Deutschen und Oesterreichtsch⸗ ungarischen Hilfsgesellschaft in Chicago eine Spende in Höhe von 200 000 S überwiesen worden war, wovon das Zentral⸗ komstee 100 000 MS an Oesterreich Ungarn weitergegeben hat, ist nach einer Meldung von ‚W. T. B.“ jetzt ven der gleichen Stelle in Chicago eine neue hochherzige Stiftung in der ansehnlichen Höhe von 150000 „ eingelaufen. Diese tatkräftige Mithilfe und andauernde Opferwilligkeit ist ein neuer Beweis für die vaterländische Gesinnung und unentwegte Treue unserer deutschen und österreichisch⸗ ungarlschen Brüder in Amerika.
Am 18. Oktober 1914 hat in Leipzig die dreißigste Generalver⸗ sammlung der Hilfskasse für deursche Rechtsanwälte statt⸗ gesunden. Das Geschäftsjahr 1913, 1914 schließt mit einer Mit⸗ gliederzabl von 5898 gegen bbßl im Vorjahre ab. Das Kapitalkonto beträgt 1 261 662 66. Bis zum 1. Jult 1314 war für Unterstützunge⸗ zwecke schon über 124 360 S verfügt. Dem Kriegsfonds find bis zum 18. Oktober 1914 129 110 1 zugegangen.
Kunst und Wissenschaft.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt unter dem Porsitz ihres Sekretars Herrn Planck am 22. Oktober eine Gesamtsitzung, in der Herr Schäfer über die Verbreitung des Deutschtums nach dem Osten sprach. Er führte aus, daß diese Verbreitung nicht, wie die weit überwiegende Auffassung ist, durch Waffengewalt erreicht, sondern zu allermeist friedlicher Arbeit verdankt wurde, und daß dabei durchweg die angestammten Herrscher und einheimische kirchliche und weltliche Große die Leiter und Förderer waren. — Herr Kuno Meyer legte eine Abhandlung vor; Zur keltischen Wortkunde. VI. Es werden u. a. folgende altirische Wörter besprochen: cet „es ist erlaubt‘ aus lateinischem licet; abän „Gebärde“, eine Kurzform aus abairt; gelit „Blutegel“, eine Partt⸗ zipialbildung auf ntt zur V gel vertilgen !; genit. Lachgeist! eine ebensolche Bildung zu gen- „lachen! usw. Ein Woͤrterverzeichnis zu 1 L ist beigefügt.
Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: zwei neu erschienene Bände akademischer Unternehmungen, Lief. 41 des „Tierreich, ent= haltend die Bethylidae bearb. von J. J. Kieffer (Berlin 1914) und Bd. 22 der Deuischen Texte des Mittelalters, enthaltend das Väter⸗ buch hrsg. von K. Reiß enberger (Berlin 1914); Tem. 4 Fatc. 1 des von der Sabigny⸗Stiftung unternommenen Vocabularium Turisprudentias Romande (Berolini 1914); von den Monumenta Germania historica die Bände Auctores antiquissimi. Tom 15, Par 2, enthaltend Aldhelmi opera ed. R. Ehwald. Fase 3 (Berolini 1914) und Legum Sectio IV. Gonstitutiones et acta
Publica imperatorum et regum. Tom. 6, Pars 1, Fasc. 2 (Han- noverae et Libsiae 1914); Bd. 3 des von der Atademie unterstützten Wertes E. Sach au, Syrische Rechtabücher (Berlin 1914); von Herrn von Auwers Bd. 3 seiner Bearbeitung der Bradleyschen Beobach- tungen an den alten Meridianinstrumenten der Greenwicher Stern⸗ warte (Leipzig 1914) und von Herrn von Wilamowitz-⸗Moellen⸗ dorff seine Ausgabe der Tragödien des Aeschvlus und seine Inter⸗ pretationen dieses Dichters (beides Berlin 1914).
Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie be- willigt: durch die phystkalisch⸗mathematische Klasse: Verren F. E. Schulze für die Drucklegung des Nomenclator ani- malium generum et subgenerum 2000 ds: für eine von den kar— tellierten deut ichen Akademien ausgehende Expedition auf den Pie von Teneriffa zum Zweck von lichtelektrischen Spektraluntersuchungen 500 6; Herrn Dr. Victor Franz in Leipzig zu Untersuchungen an Mormyriden 120 S6; dem Professor Dr. Heinrich Poll in Berlin zu Vererbungsstudien am Menschen 660 υσς; dem Privat— dozenten Dr. Adolf Walther in Gießen zu Vererbungsversuchen an Hühnern 250 é; — durch die phtlosophisch-hinorische Klasse: für das Kartellunternehmen der mittelalterlichen Bibliotheks⸗ kataloge für das Jahr 1914 noch 300 S; dem Privatdozenten Dr. Hans Jantz en in Halle a. S. zu einer kunstgeschichtlichen Forschungs⸗ reise nach Frankreich 1500 M; dem Professor Dr. Adolf Schulten in Erlangen zu einer topographisch-archäologischen Forschungsreise in Spanten 1006 .
Seit der letzten Gesamtsitzung vor den Sommerferien (23. Juli) hat die Akademie das ordentliche Mitglied der physikalisch⸗mathe⸗ matischen Klasse Adolf Martens am 24. Jali und das ordentliche Mital ied der philosophischhistorischen Klasse Reinhold Koser am 26. August durch den Tod verloren.
Das astrophysikalische Observatorium bei Potsdam. Bericht über das Jahr 1913.
Nachstehende kurze Uebersicht über die wissenschaffliche Tätigkeit des astrophysikalischen Observatortums bei Potsdam ist esne Fort— setzung der Berichte aus den Vorjahren (ver I. z. B. Nr. 207 vom 28. Oktober 1912 und Nr. 206 vom 29. Oktober 1913).
Die Untersuchungen über die Bestimmung der Son nen—⸗ rotation aus den Bewegungen der Kalztumflocken bat Geheimrat Kempf zu Ende geführt. Die Frage, ob Flocken, die sich in voraus- gehenden Teilen eines größeren Flockenbezirks befinden, andere Werte für die Rotation ergeben, als Flocken in den nachfolgenden Teilen, wurde in verneinendem Sinne entschieden. .
Die pbotometrische Durchmusterung der Polzone von 890 bis ge ist von Geheimrat Müller und Dr. Kron infolge der günstigen Witterungsverhältnisse o weit gefördert worden, daß der baldige Abschluß zu erwarten ist. Es sind im ganzen an 82 Tagen 245 Zonen mit rund 3500 Sternen beobachtet worden; die Be⸗ arbeitung der Messungen hat gute Fortschritts gemacht. Eine vor— läufige Vergleichung der von beiden Beohachtern erhaltenen Größen⸗ werte und Farbenschätzungen für 2800 Sterne zeigte eine sehr be⸗ friedigende Uebereinstimmung.
Die Leitung der Arbeiten für den von der Astronomlschen Gesell⸗ schaft berausgegebenen Katalog der veränderlichen Sterne hat auch im Fahre 1913 Geheimrat Müllers Haupttä igkeit in An—⸗ spruch genommen. Wenn auch durch verschiedene Umstände eine Ver— zögerung in der Fertigstellung des Druckmanuskrints hervo gerufen worden ist, so steht doch der Beginn des Drucks für Ende 1914 in Aussicht.
Die Fortführung der Aufnahmen für die photographisch⸗ photometrischen Untersuchungen besorgte Dr. Münch, die Messung und Reduktion Fräulein H. Mattenklodt. Die endgültige Bearbeitung der Kapteynschen Areale wird nach Beseitigung einiger Zweifel über einen der Grundwerte ausgeführt werden und die Ver— öffentlichung der erhaltenen Resultate sodann erfolgen. — Die Auf⸗ nahmen des Pols mit dem großen Refraktor wurden bearbeitet und die Ergebnisse zum Druck vorbereitet. — Dr. Münch widmete seine Zeit vor allem der weiteren Untersuchung und Sicherung der von ihm bestimmten Helligkeiten von 1100 Sternen bis zur Größe 123 in den Plejaden und ihrer Umgebung. Nachdem sich schließlich genügend überein stimmende Werte der Bestimmungsgrundlagen ergeben haiten, konnte die endgültige Bearbeinung in Angriff genommen werden.
Phöotzographisch⸗photometrische Bestimm ungen von Sternhelligkeiten wurden ferner ausgeführt von Professor HertzR sprung (143 Sterne in den Zentralplesaden sowie Aufnahmen jur Beebachtung veränderlicher und verdächtiger Sterne mit im ganzen 1906 Platten) und Dr. Jantzen (300 Sterne in der Cassiopeiga) — Professor Eberhard hat seine Untersuchungen über das für derartige Bestimmungen verwendbare, von ihm konstruierte Röhrenphotometer fortgeführt und trotz mancherlei ungünstiger Umstände, besonders hervorgerufen durch ungleichmäßige Schichtdicke der photographischen Platten, steht nunmehr der unmittelbaren Anwendung des Instru— ments zur Sternphotometrie nichts mehr im Wege.
Die spektralphotometrischen Untersuchungen der Sterne bis zur 3 Größe hat Professor Wilsing, unteistützt duich Dr. Münch, zum Abschluß gebracht. Die von demselben Beobachter ausgeführte Bestimmung der Energiekurve des Sonnenspektrums zwischen den Wellenlängen 600 MM bis 400 n mittels photographischer Vergleichung mit dem schwarzen Körper gelangte zur Veröffentlichung, ebenso eine bei dieser Gelegenheit vorgenommene Prüfung des Malus— schen Gesetzes. =
Barometrische Messungen im Sonnenspektrum gelangen Professor Wilsing an 33 Tagen; aus den Bearbeitungen der Hessungen aus den . 1912 und 1913 konnten bereits wertoolle Ergebnisse abgeleitet werden. .
Dr. Kron hat im Jahre 1911 begonnene Untersuchungen über den durch die Erdatmosphäce verursachten Lichtverlust für das Ultraviolett durch Photographie des Sonnenspektrums mit einem Quarzspettro—- graphen fortges-tzt. Die Messung für 20 Wellenlängen und deren Bearbeitung ist bereits durchgeführt worden.
Geschwindigkeiten im Vistonsradius Mit Spektro— graph FV erhielt Professor Ludendorff noch 39 Plaften zur Ergän⸗ zung bereits vorhandener Reihen am 327 em-Resraktor, womit die Arbein an diesem Instrument bis auf weiteres zum Abschluß gelangt ist. Am großen Refrattor machte Professor Ludendorff mit Spekiro⸗ graph 111 N 82 Aufnahmen. Dr. Münch erhielt mit demselben Instrument 82 Platten, vorwiegend von Sternen in der Krippe und im Haar der Berenice. Gemessen wurden von Prof. Ludendorff 9 Platten von Spektograph 19, darunter größere Reihen von s Aurigae und à Gygni, fowie 49 Platten von Spektrograph 1II R. Die für Ursae maioris aus 176 Platten bestimmten Radialgeschwindig—⸗ leiten wurden einer zusammenfaässenden Bearbestung unterworfen, deren Resultate (Umlaufsjeit über 4 Fahre) bereit; veröffentlicht sind. Für den Stern 108 Herculis konnte aus 17 Aufnahmen eine genäherte Bahn abgeleitet werden (Imlaufszeit 1 Tage); auch dieses Ergebnis wurde veröffentlicht sowie eine Vergleichung der Beobachtungen von * Persei, die Professor Ludendorff angestellt hat, mit denen anderer.
Ferner fand Prof. Ludendorff, daß zwischen den Beobachtungs⸗ reihen, die auf verschledenen Obseipatorten erhalten sind, z. T. erheb⸗ liche systematische Unterschiede bestehen, und veröffentlichte eine Unter⸗ suchung hierüber.
Die verantwortliche Leitung der Arbelten für die photo—⸗ graphische Himmelskarte ging nach dem Tode von Pro.. Scheiner auf Prof. Biehl und Dr. Biick über. Der Druck deg 7. Bandes war beim Jahresschlusse nahezu vollendet. Prof. Biehl hat die Zahl der aus dem A. G;, Katalog entnommenen Anhalt— sterne, die zur Berechnung der vorläufigen Plattenkonstanten dienen, auf 10 bis 12 erhöht, so daß bei der Ableitung der Konstanten, wozu wie bisher je 6 Sterne benutzt wurden, alle diejenigen Sterne auß— geschlossen werden konnten, deren Messungen aus irgend einem Grunde als weniger sicher betrachtet werden mußten. Ferner hat Professor Biehl eine Zusammenstellung aller Berichtigungen und Bemerkungen zu den Bänden 1 big Vll ausgeführt, die als Sonderheft erscheint.
Dr. Birck maß nur 4690 Sterne, da er den größten Tell seiner Zelt Arbeiten widmen mußte, die für die Fortführung des Unter— Jehmens nötig geworden waren. Ferner durchmusterie Br. Birck den Plattenbestand und stellte 160 Areale fest, die noch nicht aufgenommen waren oder schlechte Platten aufwiesen. Dlese Rückstandsausnahmen
hat Dr. Münch bereits erledigt. ;
Da setztere Aufnahmen nur einen kleinen Teil der Beobachtungs= zeit ausfüllen, aber dazwischen andere Arbelten mit dem Instrument nicht gut vorgenommen werden können, wurde der Entschluß gefaßt, sämtliche . der Potsdamer Zone in der naͤchsten Zeit zu wiederholen, wodurch ein weilvolles Maserial gewonnen wird besonders auch zu Untersuchungen über Eigenbewegungen.
Geheimrat Lohse hat zum Zweck der Bestimmung von Eigen bewegungen schwacher Sterne 40 einstündige Aufnahmen heller Sterne zum Vergleich mit älteren hergestellt. Die Messung von Eigenbewegungen für 84 Sterne im Orion und für 400 Sterne im Peiseus wurde ausgeführt, letztere aus Platten, die 26 Jahre aus einander liegen. Ferner nahm Geheimrat Lohse eine Anzahl weiterer Doppelsterne auf, deren Bilder groß. Meßgenauigkeit versprechen.
Publikattonen. Geyruckt und versandt wurden als Abschluß des 22. Bandes:
Nr. 66. Wilsing, über die Helligkeit vertellung im Sonnenspektrum nach Messungen an Spektrogrammen. Mit 1 Tafel.
Nr. 67. Kron, über das Schwärzungegesetz photographischer Platten. Mit 2 Figuren im Text und 3 Tafeln.
Nr. 68. Furuhjelm, über das Spektrum der Nova Geminorum 2. Mit 3 Tafein.
Ferner das erste Stück des 23. Bandes:
Nr. 69. Schwarzschild, Beitrag zur Bessimmung von Radial— geschwindigkeiten mit dem Objektivprlzma. Mit 6 Figuren im Text. A. Biehl.
Der ehemalige langjährige Vorsitzende der Wiener Künstler⸗ genossenschast, Professor Rudolf Ritter von Weyr, ist W. T. B.“ zufolge in Wien im 86. Lebensjahre gestorben.
Sandel und Gewerbe.
In der gestrigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank führte der Vorsitzende, Präsident des Reichs⸗ bankdirektoriums Havenstein, an der Hand der vorliegenden Wochenübersicht vom 23. Oktober und eines neueren Zwischen⸗ ausweises folgendes aus:
Die Ausweise der Neichsbank während des laufenden Monats werden beherrscht durch den Einfluß der Einzahlungen auf die Kriegsanleihe. Der Verlauf und das Ergebnis dieser Einzahlungen stellen sich würdig neben das Bild, das die Zeichnungen boten. Bis zum 5. Oktober, dem ersten Einzahlungs⸗ tage, waren 2420 Millionen Markt eingezahlt. Bis zum 28. Oktober sind die Zahlungen bereits auf 3470 Mill. Mark, d. h. auf 78 Proz. der Gesamtzeichnung angewachsen, und das sind, auch wenn man berücksichtigt, daß die kleinen Zeichnungen bis 1000 M bis zum 5. Oktober voll eingezahlt werden mußten, fast 700 Millionen mehr, als das Reich für die beiden ersten Zahlungstermine eingefordert hatte. Und bisher ist als ausgeblieben keine einzige fällige Zahlung gemeldet worden, obwohl von den Zeichnern keinerlei Sicherstellung gefordert worden war. Diese Zahlungen sind aber auch — und das ist ebenso erfreulich — zum weitaus größten Teil aus bereiten Mitteln ge⸗ leistet worden. Die Inanspruchnahme der Darlehenskassen ist bei weitem nicht so groß gewesen, als man vielleicht hätte er⸗ warten können und vielfach erwartet hat. Der Höchstbetrag der bei den Darlehenskassen aufgenommenen Kriegsanleihedarlehen stellte sich am 7. Oktober auf 710 Mill. Mark gegenüber den bis zum 5. Oktober insgesamt eingezahlten 2420 Millionen; er ist aber bis zum 15. Oktober bereits wieder auf 593 und bis zum 23. Oktober, an welchem Tage schon 3087 Mill. Mark eingezahlt waren, auf 534 Millionen zurückgegangen, und dieser Rückgang und die fortgesetzten neuen starken Einzahlungen geben wieder den erfreulichen Beweis dafür, daß auch ein er⸗ heblicher Teil dieser Darlehen nur für ganz kurze Zeit be⸗ nötigt worden ist. Diese gewaltigen Zahlungen — wohl die größten, die je ein Volk in so kurzer Frist geleistet hat — sind ohne nennenswerte Störungen des Geldmarktes erfolgt. Sie geben naturgemäß auch den Ausweisen der Reichsbank ihr be⸗ sonderes Gepräge. Der Goldbestand der Reichsbank hat infolge dieser Einzahlungen, aber ebenso sehr infolge der außerordentlich dankenswerten, in immer weitere Kreise des ganzen Volkes dringenden freiwilligen Sammeltätigkeit vom 23. September bis zum 23. Oktober um weitere 152 Millionen zugenommen; seit dem 31. Juli hat er sich um 575 Millionen verstärkt, wovon auf den Reichskriegsschatz 205 Millionen entfallen. Der Oktober hat aber auch bereits wieder einen Rückfluß an Scheidemünzen gebracht; ihr Bestand war bis zum 7. Oktober auf 18,6 Millionen Mark zurückgegangen, hat sich aber in den beiden letzten Wochen wieder auf 30,1 Millionen gehoben, ein Zeichen, daß mit Hilfe der kleinen Darlehenskassenscheine die Kleingeldnot nunmehr in der Hauptsache überwunden ist. Die Summe der Bardeckung hatte durch die aus Anlaß der Kriegsanleihe eingetretene Vermehrung der Darlehens⸗ kassenscheine am 7. Oktober ihren bisherigen Höchstbestand von AWI) Millionen erreicht, worunter sich 945,4 Millionen Darlehens⸗ kassenscheine befanden. Der Höchstbetrag der von den Darlehenskassen gewährten Darlehen betrug am 7. Oftober 1115,7 Millionen Mark; er ist bis zum 23. Oktober auf 946,7 Millionen Mark, also um 169 Millionen zurückgegangen. Da der Bestand der Reichsbank an Darlehenskassenscheinen in derselben Zeit von 945,4 auf 737,2, also um 208,2 Millionen zurückgegangen ist, so ergibt sich daraus, daß in dieser Zeit von der Reichsbank 39,2 Millionen Mark in — und zwar durchweg in kleinen — Darlehenskassenscheinen (1— 66 in den Verkehr gegeben sind. Die Gesamtanlage ist seit dem 30. September durch Rückzahlungen auf Wechsel⸗ und Lombardkonto und Einlösung von diskontierten Schatz⸗ anweisungen um 18546 Millionen, seit ihrem Höchst⸗ stande am 31. August um fast 2 Milliarden (19807 Millionen) zurückgegangen. An dieser Verminderung ist auch im Oktober wieder der Bestand an diskontierten Wechseln er⸗ heblich beteiligt. Der Verkehr hat also die bei der Reichsbank entnommenen Kredite weiter abgestoßen. Dieser Rückgang an diskontierten Wechseln beträgt seit ihrem Höchststande Mitte August bereits über 3 Milliarden. Die starken Abzahlungen auf die verschiedenen Konten haben naturgemäß auch auf die fremden Gelder eingewirkt; diese sind seit Ende September um „95 Millionen Mark zurückgegangen. Auch der Notenumlauf aber hat sich von 4490 auf 3h67, also um 523 Millionen er— mäßigt. Die Deckungsverhältnisse haben sich im Laufe des Monats fortgesetzt gebessert. Die reine Golddeckung der Noten, die am 39. September 38,V Prozent betrug, ist in den folgenden Wochen auf 42,2 (. Oktober), 44.4 (15. Oktober) und 46,1 Pro⸗ zent (23. Oktober) gestiegen und hat damit einen Stand erreicht, der noch um 1 Prozent höher ist, als der vom 31. Dezember 1913, obwohl damals der Notenumlauf um 1375 Millionen geringer war. Die Metalldeckung ist in derselben Zeit von
3877 auf 468 Prozent, die gesamte Bardeckung (Metall und Kassenscheine) von 5I, 9 auf 65,5 Prozent gestiegen. So bietet der Stand der Reichsbank ein Durchaus befriedigendes Bild, ein Bild auch des berechtigten Vertrauens in unsere finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Erfreulich ist das anhaltende Wachsen des Goldbestandes, erfreulich die stark hinter den Erwartungen zurückbleibende Inanspruchnahme der Darlehenskassen für die Kriegsanleihe, erfreulich sind die starken Rückflüsse auf die Verkehrskredite und ebenso erfreulich ist endlich die weiter wachsende Erhöhung der Deckungsverhältnisse und damit der Kraft der Reichsbank.
(Weitere Nachrichten über Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ernteergebnisse und Aussaat in Bulaarien.
Die Arbeiten der Feldbestellung und Aussaat des Wintergetreides, dle durch die vorherrschend trockene Witterung in der zweiten Hälfte des Monats August und in der ersten Hälfte des Monats Sep⸗ tember ziemlich mühsam und langsam von statten gingen, haben durch die gegen den 21. September fast im ganzen Lande nieder gegangenen ausgiebigen Regenmengen, von diesem Zeitpunkte ab in weit rascheiem Tempo und unter günstigen Bedingungen fortgesetzt werden
können und sind nunmehr nahezu beendet. An vielen Stellen sind die neuen Saaten bereits aufgegangen und
entwickeln sich kräftig. Raps hat auch in diesem Jahre infolge der zur Anbaujeit herrschenden Trockenheit nur in geringem Umfange an⸗
gebaut werden können. ö
Nach amtlichen Feststellungen wird der Ertrag der diesjährigen Ernte in den 123 Verwaltungè bezirken des nördlichen und südlichen Bulgariens (über die neuerworbenen Gebiete in Thrazten liegen
nähere Angaben noch nicht vor) wie folgt angegeben: . een 2 8 2309 173 d2 Roggen 776218383 Weizen und Roggen gemischt.. 548 923 , Gentle 2370661 Hafer 1
Das Durchschnittsgewicht der einzelnen Getreidearten der dies⸗ jährigen Ernte beträgt:
bei Weizen. ..... . 70 kg pro Hektoliter Noggen ö Gerste J . Hafer V ö
Eine vom Ackerbauministerium vorgenommene Feststellung der noch von der Ernte des Vorjahres bei den Bauern vorhandenen Ge—⸗ treidevorräte hat folgendes Ergebnis gehabt:
Weizen
Roagen
Gerste
Mais
Hafer
Weijen und Roggen gemischt ... **
Das Einsammeln der Maiekolben ist nahezu beendet. Im Verhältnit zum Vorjahre ist der Ertrag der diesjährigen Maitzernte nur in einigen wenigen Orten der Kreise Plewen, Widdin und Popowo geringer ausgefallen. Im großen und ganzen ist jedoch das Ergebnis der diesjährigen Maisernte nach Güte und Menge ein so autgejeichnetes, wie es selten vorkommt. Die bisherigen Ernte⸗ er ebnisse lassen mit Bestimmtbheit darauf schließen, daß der gesamte Malzertrag mindesteng 9 Millionen Doppelzentner betragen wird.
Auch Hirse hat einen guten Ernteertrag ergeben. 39 j
Der Ertrag der dtesjäbrigen Weinlese ist sehr gering. Die un⸗ beständigen Witterungeverhältnisse des Jahres haben auf die Wein stöcke sehr ungünstig 2 und die Verbreitung von Mehltau
und anderen Schädlingen sehr gefördert.
Eine bessere Weinernte ist nur in der Gegend von Anchialo, Suchindol, T. Pazardjck und Widdin, sowle in den neuen Gebieten Paschmakli, Gümüldjing und Strumitza zu verzeichnen gewesen. In Anchialo beträgt der Ertrag im Duschschnitt etwa 600 kg Wenn⸗ trauben auf den Dekar. In Tirnowo und den übrigen Gegenden Nordbulgariens kaum 50 — 60 kg pro Dekar. Die Trauben haben außerdem nur einen mittleren Zuckergehalt. Der Preis der Trauben erreichte 60- 70 Fr. für 100 kg, gegen 25 — 30 Fr. in früheren Jahren. (Bericht des Kaiserl. Konsulz in Sofia vom 22. d. M.)
Sydney, 26. Oktober. (Meldung des Reuterschen Bureaus“.) Um die Wetzenproduktion im nächsten Fahre zu vermehren, bietet die Regierung allen Farmern einen festen Mindestpreis von vier Schilling für allen Weizen auf der neuen Anbaufläche. Die . hofft, dadurch die Anbaufläche um 100 000 Acres zu ver⸗ mehren.
Verkehrswesen.
sss wird vielfach darüber geklagt, daß in Feldpost⸗ briefen (FBäckchen) an Angehörige des Heeres bei der An⸗ kunft ein Teil des Inhalts gefehlt oder auch daß der Inhaͤlt manchmal nicht gestimmt habe. Demgegenüber wird darauf hingewiesen, daß es sich hierbei keineswegs immer um eine Beraubung der Sendungen handelt. Die Mehrzahl der Fälle ist vielmehr auf nicht ausreichende Verpackung, auch infolge Benutzung der unzulänglichen Klammerverschlüsse zurückzuführen. Die Sendungen gingen infolgedessen unterwegs entzwei, und Gegenstände fielen dabei heraus. Bei dem nach dem Oeffnen der Postbeutel im Felde von den Post⸗ oder Militärpersonen im Interesse der Empfänger vielfach unternommenen Versuch, solche Sendungen richtig wieder zusammenzubekommen, können natürlich leicht auch Verwechselungen von Teilen des Inhalts unterlaufen. Zumeist lassen sich die herausgefallenen Stücke überhaupt nicht wieder unterbringen, sodaß sie nach den Vorschriften für unanbringliche Gegenstände behandelt werden müssen, während sie dem Empfänger fehlen. Daß im Betriebe heimischer Postanstalten neuerdings hier und da auch Diebstähle oder Beraubungen von Feldpost⸗ warenbriefen vorgekommen sind, ist der Postverwaltung be⸗ kannt. Es kann dies auch nicht auffällig erscheinen, da die Reichspostverwaltung bei der Mobilmachung mit einem Schlage 70 000 Köpfe eingeschulten und bewährten Personals verlor, das zu den Fahnen ging, und dafür unerprobte be⸗ schäftigungslose Zivilpersonen als Ersatz eingestellt werden mußten. Vorkommnisse dieser Art lassen sich auch durch die besten Aufsichtsmaßnahmen nicht verhindern. Die Postbehörde übergibt jeden solchen Fall dem Gericht zur Aburteilung. Wenn bei der Besprechung derartiger Angelegenheiten in einem Berliner Lokalblatt sogar die Beraubung festvernagelter, ver schnürter und versiegelter Kisten auf das Konto der Feldpost gesetzt worden ist, so ergibt sich das Unrichtige eines solchen Vorgehens am besten daraus, daß die Feldpost Postpakete vor⸗ läufig nicht befördert.
Von gz ab werden, ebenso wie im , zwischen Deutsch⸗ land und Brüssel, auch im Verkebr zwischen Deutschland und Verviers gewöhnliche und eingeschrtebene offene Briefe, n , Bruchlachen, Warenproben und Geschäftgpaplere in deutscher und franzosischer Sprache, ferner Telegramme in offener Sprache zugelass