1914 / 260 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Nov 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Naßland, Frankreich und England bleiben. Der Drelverband sei der Ansicht, daß unter diesen Bedingungen die Turkei schwerlich eine friedliche Daltung beibehalten könnte, denn es sei klar, daß die Deutschen, nachdem sie den Bruch verursacht hätten, ihn vollständig für sich ausnutzen würden. Ueberdies hätte der Vorschlag der Pforte jür den Dreiverband die gleichen Unzuträglichkeiten, wie ein offener Krieg, denn er zwänge dlesen, einen Teil selner Kräfte abzuziehen, um sich gegen Angriffe zu bewahren, die man nicht mehr als imaginäre Gefahr anseben dürfte. Da die Türkei es nicht für nötig gehalten habe, die Aufrichtigkeit ibrer Absichten darzutun, hätten die Boischafter des Dreiverbandes am 31. Oktober ihre Pässe verlangt.

= Die Einnahmen aus Octrois im Monat Oktober weisen, wie „W. T. B.“ meldet, eine Verminderung von 6 782 492 Fr. gegen den Oktober 1913 und um 6 912 352 Fr. gegen den Voranschlag auf. Seit dem 1. Januar 1914 sind die Ergebnisse um 16229 1 Fr. gegen das Vorjahr und um 17 554 343 Fr. gegen den Voranschlag zurückgeblieben.

Rußland.

Der ottomanische Geschäftsträger in St. Peters⸗ burg hat, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, am 1. d. M. dem Minister des Aeußern Sasonow folgende Depesche des Großwesiers vorgelesen:

Uebermitteln Sie dem Minister des Aeußern Sasonow den Ausdruck unseres tiefen Bedauerns über den Abbruch der guten Beziehungen der beiden Mächte, der durch den feind— lichen Akt der russischen Flotte herbeigeführt worden ist. Sie können der Kaiserlich russischen Regierung versichern, daß die Hohe Pforte nicht verfehlen wird, eine angemessene Lösung dieser Frage zu finden, und daß sie alle Maßnahmen ergreifen wird, um die Möglichkeit einer Wiederholung solcher Vorkommnisse zu vermeiden. Schon jetzt können sie dem Peintster des Aeußern er⸗ klären, daß die ottomanische Regierung beschlossen habe, ihrer Flotte zu verbieten, in das Schwarze Meer zu gehen. Unsererseits hoffen wir, daß die russtiche Flotte nicht an unseren Küsten kreuzen wird. Ich hoffe fest, daß die Kaiserlich russische Regierung in dieser An⸗ gelegenheit denselhen Geist der Versöhnlichkeit wie wir, zeigen wird im Interesse der beiden Länder.

Nach Anhörung dieser Depesche erwiderte der Minister Sa sonow dem ottomanischen diplomatischen Vertreter:

Er stelle formell in Abrede, daß die Feindseligkeiten von der russischen Flotte begonnen worden seien. Er halte es für zu spät, irgendwelche Verhandlungen anzuknüpfen. Nur wenn die Türkei sogleich alle deutschen Beamten aus der Armee und Marine ausgestoßen hätte, würde es möglich gewesen sein, Verhandlungen über eine Ent— schädigung der Leute zu beginnen, die durch den hinterlistigen Angriff auf die russischen Küsten gelitten hätten. Da die Erklärung des türkischen Geschäftsträgers nichts in der Lage ändere, teile er ihm mit, daß er am folgenden Tage die Pässe erhalten werde, um St. Peters burg zu verlassen. .

Der Kaiserliche Statthalter im Kaukasus hat einen Tagesbefehl an die dortige Armee erlassen, in dem er obiger Quelle zufolge sagt, angesichts der türkischen Angriffe auf die russische Küste und die Schiffe der Schwarzen Meer— flotte habe der Kaiser der Armee des Kaukasus befohlen, die Grenze zu überschreiten und die Türken anzugreifen.

Türkei.

Die Pforte hat Meldungen des „W. T. B.“ zufolge ihre Botschafter in London und Paris, ihren Geschäfts⸗— träger in St. Petersburg und ihren Gesandten in Belgrad abberufen. Der Abbruch der diplomatischen Be⸗ ziehungen zwischen der Türkei und Serbien ist auf Grund einer der Pforte von der serbischen Gesandtschaft überreichten Note erfolgt, in der mitgeteilt wird, daß im Auftrag der serbi⸗ schen Regierung die Beziehungen abgebrochen seien und für . und das Gesandtschaftspersonal Pässe verlangt werden.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Mahmud Pascha, der Postminister Oscan Effendi und der Handels⸗ minister Elbust ani Effendi sind zurückgetreten. Auch der Finanzminister Dschaw id Bei hat seine Entlassung nachgesucht. Diese Ministerien werden vorläufig von Mitgliedern des Kabinetts verwaltet.

Bulgarien.

In der Sobranje richtete gestern der Führer der Sozialisten an den Ministerpräsidenten Radoslawow eine Anfrage über die allgemeine Politik der Regierung im Zusammenhange mit dem europäischen Kriege. Der Ministerpraäͤsident ersuchte, die Antwort um einige Tage verschieben zu dürfen. Das Haus stimmte dem Ersuchen zu.

Gestern hat in Sofia eine große öffentliche Ver⸗ samm lung stattgefunden, in der über die beklagenswerte Lage in Mazedonien berichtet und ein Beschluß ange— nommen wurde, durch den die gesetzgebenden Körperschaften und alle politischen Parteien aufgefordert werden, gemeinsam ein Arbeitsprogramm zur sofortigen Befreiung der unter— drückten Brüder auszuarbeiten. Die Regierung wird darin aufgefordert, zu dem gleichen Zwecke dringliche Maßnahmen zu treffen. Die Redner sprachen sich für eine sofortige Be— setzung von Mazedonien sowie für eine internationale Unter— suchung durch Vertreter der neutralen Länder über die Grau⸗ samkeiten der Serben und Griechen aus.

Amerika.

Die Vertreter der Kupferproduzenten haben nach einer Meldung der „Morning Post“ aus Washington erneut einen Protest an Staatssekretär Bryan gerichtet. Sie verlangen sicheres Geleit für amerikanische und andere Schiffe, die Kupfer nach neutralen Ländern an Bord haben. Wenn nicht Schutz zugesichert würde, so würden sie die weitere Ausfuhr von Kupfer nach den neutralen Ländern einstellen. Dies wäre ein schwerer Schlag für den amerikanischen Handel und würde zur Einstellung der Kupfererzeugung im Westen führen.

Französische Blätter berichten aus Mexiko, daß der mexikanische Minister des Aeußern dem belgischen Ge⸗ sandten die Pässe zugestellt, habe. Veranlassung dazu hätten die der mexikanischen Regierung übermittelten Noten gegeben, die sich mit der amerikanisch⸗belgischen Trambahn⸗ gesellschaft beschäftigen. J

en.

Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, wurde in Tokio am 1. November amtlich bekannt gegeben, daß die Schantung⸗ bahn noch unter japanischer Aufsicht stehe trotz der be⸗ ständigen Versuche der Chinesen, eine Entfernung der japani⸗ schen Mannschaften herbeizuführen.

Afrika.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Kairo, daß der britische General Maxwell die militärische Kontrolle des

Das genannte Bureau meldet ferner aus Salisbury vom 31. 6 daß in Südrhodesia das Kriegsrecht verhängt worden ist.

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 4. November, Vormittags. . T. B.) Unsere Angriffe auf Hpres, nördlich ras und östlich Soissons schritten langsam, aber er⸗ greich vorwärts. Südlich Verdun und in den gesen wurden französische Angriffe abgewiesen. Oberste Heeresleitung.

(W Ar fol Vo

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 4. November, Vormittags. (W. T. B.) Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts Wesentliches ereignet. Oberste Heeresleitung.

Wien, 3. November, Mittags. (W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: In Russisch⸗Polen brachen unsere Streit⸗ kräfte, als sie eine starke feindliche Armee zur Entwicklung gezwungen hatten, die Gefechte auf der Lysa Gora ab, um die nach den Kämpfen vor Iwangorod befohlenen Bewegungen fortzusetzen. Die Lage in Galizien ist unverändert. Aus den Kämpfen der letzten Tage südlich Stary Sambor und nord⸗ westlich Turka wurden bisher 2500 gefangene Russen einge⸗ bracht. Gestern früh überfielen Husaren bei Rybnik im Stryjtale eine feindliche Munitionskolonne und erbeuteten viel Wagen mit Artilleriemunition.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.

Südlicher Kriegsschauplatz.

Wien, 3. November. . T. B.) Amtlich wird ver⸗ lautbart: Erst jetzt läßt sich der in der Macva errungene Erfolg voll überblicken. Die dort gestandene II. serbische Armee unter General Stepanovie mit vier bis fünf Divi⸗ sionen konnte sich nur durch einen übereiligen Rückzug, bei dem sie Vorräte aller Art und Trains im Stiche lassen mußte und zahlreiche Gefangene verlor, aus der bedrohlichen Lage retten. Der Feind ist, ohne in den vorbereiteten rück⸗ wärtigen Stellungen neuerdings Widerstand zu leisten, in einem Zuge bis in das Hügelland südlich Sabac zurückgewichen und leistete nur noch bei Sab ac, welches in der Nacht vom 1. auf den 2. November von unseren tapferen Truppen erstürmt wurde, hartnäckigen, aber vergeblichen Widerstand.

Potiorek, Feldzeugmeister.

Kolonialer Kriegsschauplatz.

Tokio, 3. November. (W. T. B.) Amtlich wird an⸗ gezeigt, daß die Beschießung TDsingtaus fortdauert. Die meisten deutschen Forts sind zum Schweigen gebracht. Nur zwei beantworten unaufhörlich die zu Wasser und zu Lande unternommenen Angriffe der Verbündeten. Das Bombardement verursachte eine Feuersbrunst in der Nähe des Hafens und die Explosion eines Oeltanks. Das Fort Siaochaushan steht in Flammen. Ein deutsches Kanonenboot, das den Schornstein verlor, ist nicht mehr sichtbar.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Frankfurt a. M.,, 3. November. (W. T. B.) Die „Frankfurter Zeitung“ meldet aus Konstantinopel: Heute früh nach Sonnenaufgang eröffnete ein aus neun Schiffen be⸗ stehendes englisch⸗französisches Geschwader aus einer Entfernung von 15 km ein Bombardement auf die Dardanellenforts. Die Beschießung, die von den türkischen Werken erwidert wurde, dauerte zwanzig Minuten und richtete keinerlei Schaden an.

Frankfurt a. M., 3. November. (W. T. B) Die „Frankfurter Zeitung“ meldet aus Konstantinopel; Ein russischer Angriff bei Erze rum ist von den Türken ab— geschlagen worden.

Konstantinopel, 3. November. (W. T. B.) Das Hauptquartier veröffentlicht folgende amtliche Meldung: Die englifsche Flotte hat am 1. November Akaba an der ägyptischen Grenze beschossen und einen Landungsversuch ge⸗ macht. Aber nachdem vier Engländer gefallen waren, warfen sich die übrigen wieder in die Boote; obgleich die Engländer Tausende von Artilleriegeschoffen verfeuerten, wurde auf unserer Seite nur ein Gendarm getötet.

Statistik und Volkswirtschaft.

Entwicklung des Beschäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 17. bis 24. Oktober 1914.

Nach der vergleichenden Darstellung des gewerblichen und indu⸗ striellen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 17. und 24. Ok⸗ tober, die das Statistische Amt der Stadt Berlin veröffentlicht, zählten die an der Berichterstattung tellnehmenden 237 Kranken⸗ kassen Groß Betlind am 24. Ottober 1000715 Ver⸗ sicherungs pflichtige Mitglieder gegen 984 9860 am 17. Ok— tober, a für die zwischenltegende Woche eine Zunahme um 16736 Versicherungspflichtige oder 1, cod /ꝗ festzustellen ist.

Bei den 23 allgemeinen Ortskrankenkassen erglbt sich eine Steigerung um 10 548 Versicherungspflichtige oder 1160/0 als Endergebnis aut der 1,5000 beim männlichen und 20 oᷣm beim welb⸗ lichen Geschlecht betragenden Entwicklung. Diese ist bei der Berliner allgemelnen Ortskrankenkasse durch ein Mehr von 4249 Versicherungt⸗ khn oder 1,33 0/0 bejeichnet, wobeß allerdings die Uebernahme der Versicherung einer rund 600 Personen umfassenden Abteilung eines hlesigen Warenhauses mit zur Wirkung gelangt. Beinahe um den gleichen Betrag 4220 stieg die Zahl der Versicherungs⸗ pflichtigen bei der allgemeinen Ortskrankenkasse des Kreises Nieder, barnim, wo rie Mehreinstellung von Arbeitskräften wesentlich durch die für den Kriege bedarf arbeitenden Betriebe herbeigeführt ist.

Unter den gewerblich gegliederten ran kenkassen stehen auf Grund der absoluten Et feng, die 37 Kassen der Metall! und Maschinenindustrle an erster Stelle: 4 1506 Ver⸗

Landes übernommen hat. Das Kriegsrecht ist erklärt worden.

sicherungspfllchtige oder L2a0/o beim männlichen, 4 634 oder 1, &a /o

*

beim weiblichen Geschlecht, zusammen 4 2140 oder 131 00. Wesent⸗ lich infolge umfangreicher Neueinstellungen bei der Post hat sich der Bestand an Versicherungspflichtigen im Verkehrs zewerbe um zu— sammen 1388 oder 425 09 erhöht. Im Druckereigewerbe ist ein Mehr ö. Versicherungepflichtigen im Betrage von 412 oder 1,0 0so festzustellen, im Nahrungs⸗ und Genußmittelgewerbe ein solch⸗s von 404 oder 1,0 0/0, in der Papter⸗ und Lederindustrie ein solches von 394 oder 400. Wenn die Waren. und Kaufhäuser diesmal eine Abnahme um 356 oder 2, 69 Versicherungspflichtige zeigen, so ist dies durchaus die Folge des Ausscheidens einer Abteilung aus dem Krankenkassenverbande eines Warenhauses und ihres Ueberganges zur

. hätte sich auch hier elne Zunahme um etwa 250 oder 1,1100 ergeben.

Die Gesamtzahl der bei 41 Fachverbänden der freien Gewerk⸗ schaften gezählten Arbeitslosen sank in der Woche vom 19 bis zum 26. Oktober von 30 730 auf 28 844, d. i. um 1886 oder G.1c0so. Dervorzubeben ist besondera die Abnahme um 666 Arbeitslose bei den ö um 98 bei den Metallarbeiten, um 1590 bei den

raneportarbeitern, um 122 bei den Tapezierern, um 100 bet den Textilarbeitern.

Wohlfahrtspflege.

Die deutschen Städte und die Arbeitslosenversiche rung.

In dem kürzlich als 466. Band der Sammlung „Aus Natur. und Geisteswelt“ erschienenen Buche „Verfassung und Verwaltung der deutschen Städte! von Or Matth. Schmid (Verlag von B. G. Teubner, Leipzig, geb. 1 25 S), das in gemeinverständlicher Form über die Aufgaben der Kommunalpolitik unterrichtet, ist ein besonderer Abschnitt der kommunalen Arbeitslosenversicherung gewidmet, dessen Ausführungen folgendes entnommen set:

Die notwendige Ergänzung der Arbeitelosenfürsorge erblickt man vielfach in der Arbeitslosenversicherung: Regelmäßige Beiträge sollen dem Arbeiter für die Zeit unverschuldeter Arbeitslosigkeit einen Rechtsanspruch auf finanzielle Unterstützung sichern. Die wenigen praktischen Versuche, die bisher von Städten damit gemacht wurden, lassen die Schwierigkeiten des Problems vermuten; um so umfangreicher ist jedoch dessen Iiterarische Bearbeitung in Deutschland gediehen. Meinungsverschiedenheiten bestehen schon über die Träger der Ver⸗ sicherung: soll die Gemeinde oder das Reich eintreten, oder soll man die Arbelterorganisationen auf den Weg der Selbsthilfe verweisen und angemessen unterstützen? Der Gedanke liegt nahe, die Versicherung als weiteren Zweig an die Reichsversiche ungsordnung anzugliedern, doch hat das Reich seinerseits die Angelegenheit wiederholt für eine Gemeindeaufgabe erklärt. In der Tat hat die Gemeinde eher die Möglichkeit, sich über die Verhältnisse ibres Bezirks zu orientieren, und selbst ein Mißerfolg fällt für sie nicht so schwer ins Gewicht wie für das Reich.

Einzelne Vorbilder durchgeführter Versicherung gab uns das Ausland. Die belaische Stadt Gent gewährt seit 1898 Zuschüsse an Arbeiterberufsvereine, die die , als eine ihrer Aufgaben erkennen Alg erste Stadt in Deutschland machte Straßburg 1907 den Versuch mit dem „Genter System“. Die gewerfschaftlich organisierten Arbeiter erhalten bei Arbeitslosigkeit Zuschüsse zu der von der Gewerkschaftskasse gezahlten Unterstützung. Der Versicherung haben sich bia beute 356 Verbände angeschlossen, darunter auch der „Bund technisch industrieller Beamten. 1909 folgte Müälhausen i. E. dem Beispiel nach den gleichen Grund⸗ sätzen. Die Zuschüsse betragen 70 der Gewerkschaftsunterstützung, für Verheiratete 80 ,ίλ , höchstens 1 S für den Tag. Der Nachteil des Systems ist ohne weiteres klar. Die Versicherung erfaßt nur organisierte Arbeiter und unter ihnen auch nur jene, die bereits ander⸗ weltig unterstützt werden.

Bern in der Schweiz schlug einen anderen Weg ein. Es schuf eine kommunale Versicherung und gestattete jedem ortsansässigen Arbeiter den Beitritt. Ds . Berner Syste m“ fand Nachahmung in Leipzig und Cöln, doch nur vorübergehend. Der freiwillige Beitritt führte den Kassen naturgemäß nur Angebörige solcher Ge⸗ werbe zu, bei denen der Eintritt der Arbeitslosigkeit fast mit Sicher heit vorausgesehen werden kann, z. B. Bauarbeiter.

So fand in mehreren deutschen Städten ein drittes System An⸗— klang, das Freiburg i. B. 1910 zuerst durchführte und das eine Erwelterung des Genter Systems auf die Nichtorganisierten ermög⸗ licht. Für diese wird eine Spareinrichtung getroffen, deren Be—⸗ nutzung freiwillig ist, aber das Recht auf Unterstützung gewihrt. Den gewersschaftlich Unterstützten werden Zuschüsse gezahlt (50 o), Nichiorganisierie können sich beim Arbeitsamt als Sparer eintragen lassen und erhalten bei Arbeitslosigkeit eben⸗ falls einen Zuschuß von boo ihrer Abhebungen auggezahlt. Doch wird in dtesem Falle die Spareinlage gesperrt und nur eine Abbebung von täglich 1 gestattet. Schöneberg und neuerdings Cöln und Stuttaart folgten dem Beisplele Freiburgs. Mann heim bewilligte 1911 5000 „S zur Unterstützung von organtsierten und nichtorganisterten Arbeitelosen, die sich beim Arbeitsamt ein Sparbuch ausstellen ließen, und gewährte diesen einen Zuschuß von b0 o der Abhebungen, höchstens 75 3 für den Tag und 30 6 im Jahr. Zur Kontrolle mußte sich der Arbeitslose täglich bei dem Amte melden. Von der Einrichtung wurde fast gar kein Gebrauch gemacht, sodaß für 1913 eine Umgestaltung mit Ge⸗ währung von Zuschüssen an Verbände vorgesehen worden ist.

Die neuesten Beispiele sind Kaiserslautern und Schwäbisch Gmünd. Ersteres gewährt Zuschüsse zur gewerkschaftlichen Unter⸗ stützung, schuf aber außerdem eine besondere Versicherungskasse für die von keiner Organisation Unterstützten. Gmünd gründete eine „Arbeitslosenfürsorgeanstalt“, die aus einer Versicherungskasse und einer Zuschußkasse besteht. Letztere zahlt Zuschüsse sowohl an die Mitglieder der Versicherungskasse wie auch an die Organisationen mit Unterstützungseinrich ung. Der Versicherungskasse kann jeder bet⸗ treten, der nicht über 2000 M Einkommen hat; die Beiträge sind ab⸗ gestuft nach Beruf und Familienstand, doch sind 52 Beitragswochen zur Erwerbung des Anspruchs auf Unterstützung erforderlich. Diese erfolgt dann vom achten Tage der Beschästigungslosigkeit ab in Höhe von 50 für Ledige, 75 für Verheiratete auf die Dauer von höchstens sechs Wochen. Dazu treten in gleicher Höhe die Zuschüsse aus der Zuschußkasse.

Uebereinstimmend besagen die bisherigen Berichte, und besonders Straßburg, das auf die längste Erfahrung in Deutschland zurückhlickt, hat dem Ausdruck verliehen, daß auf dem Wege der Freiwilligkeit der gewünschte Erfolg nicht zu erreichen ist. Durch Reich. oder Landes⸗

esetz wäre den Gemeinden das Recht zu übertragen, eine Zwangsver— cherung einzuführen mit Abstufung der Beiträge nach Berufen, sodaß der nicht zu vermeidende Nachteil, daß einzelne Gewerbe nie, andere fast regelmäßig arbeitslos werden, wenigstens etwas ausgeglichen wird. Die Spareinrlchtung hat in keiner der Städte befriedigt. ‚Wenn man“, führt der Verfasser aus, „grundsätzlich an, der Selbst⸗ versicherung der Arbeiter festhält, wird man praktisch an den bis— herigen Hauptträgern der Versicherung nicht vorübergehen können. Die deutschen Gewerkschaften, wenden inggesamt Jährlich üher 10 Millionen Mark für Arheitslosenunterstützung, ohne, Streik unterstützung) auf. Die Bedenken politischer Art dürfen nicht alliu schwer gewertet werden, wäre doch das Entscheidende, daß die Frage überhaupt einmal gelöst wird. Der Anschluß an vorhandene Arbeiter- beruftvereine ist der Schaffung neuer Versicherungsträger vorzuzieben; für die Nichtorganisierten müßte in der Form etwa der Gmünder Versicherungskasse Vorsorge getroffen werden. Schwierigkeiten werden immer zu überwinden sein, aher technisch ist die Versicherung durch⸗ führbar, vorausgesetzt, daß sie sich auf eine gut entwickelte Aibeite— losenstatistik aufbauen kann und verbunden wird mit einem den Arbeitsmarkt beherrschenden städtischen Arbeitsnachweis.“

allgemeinen Ortskrankenkasse, worauf schon oben hingewiesen wurde;.

Kunst und Wissenschaft.

Die Gesellschaft für Erdkunde in Berlin hält eine all⸗ gemeine Sitzung am 7. d. M., Abends 67 Uhr, im großen Saal des Architektenhauses, Wilhelmstraße 92, ab. Auf der Tagesordnung stehn die Wahl es Vorstands für das Jahr 1915 und ein Vortrag des Pro— fessors Dr. Eugen Oberhummer aus Wien über den englisch— ägyptischen Sudan. (Mit Lichtbildern.)

Oesterreichische Adriaforschung.

Ueber die Art und die bisherigen Ergebnisse der Erforschung der biologischen Verhälmisse der Pflanzenwelt des Adriatischen Meeres durch die Oesterreicher veröffentlicht Schiller Wien im Oktoberheft der Nationalen Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie einen eingehenden Bericht. Wir ersehen daraus, daß die österreichische Kriegsmarine sich in Friedenszeiten an dieser rein wissenschaftlichen Kulturarbeit in hervorragendem Maße beteiligt hat. Im Jahre 1903 begannen die vom „Verein zur Förderung der naturwissenschaftlichen Erforschung der Adria. unternommenen Zeitsahrten im Trtester Golf und längs der Westküste Istriens und seit 1919 wurden sie unter Benutzung der zur Kriegsmarine gehörigen „‚Najade“ auf die ganze Adria ausgedehnt, deren Flora dadurch unserer gründlichen Kenntnis erschlossen wurde. Die ganze südliche und mittlere Adria bis zu einer Unie Monte Gargano und Insel Lagosta ist lachsee nicht unter 200 m mit Ausnahme des etwas tiefer absinkenden Pomobeckens westlich der Insel Lissa. Diese ausgedehnten ebenen Flächen des Adriatischen Meeresgrundes sind zu etwa 5s, Teilen vegetationslose Schlammwüste. Ebenso sind auch die Sohlen der Kanäle zwischen den Dilmatinischen Inselscharen mit Schlamm bedeckt. Siedlungs— möglichkeiten finden die Pflanzen lediglich an den Kästenfelsen und auf dem mit Felstlüümmern, Schutt und Geröll be— deckten Grunde in unmittelbarer Nähe der Lüste. Die Wärmeunterschiede zwischen den oberflächlichen Wasserschichten und denen der Tiefe haben einen Einfluß auf die vertika e Vertellung der Algen während der warmen Jahreszeit, indem gewisse Formen zum Herabsinken in die kühlere Tiefe veranlaßt werden. Der Salz— gehalt der Adria, etwa 36 bis 38 auf das Tausend, erfährt durch ein⸗ münden des Süßwassers örtliche Herabsetzungen, die sich teilweise recht stark auf das Plankton äußern. Von großem Einfluß auf die Küstenalgen erweisen sich auch die Gezeiten, die in der Straße von Otranto nur wenige Zentimeter Unterschied betragen, nach Norden aber zunehmen und im Golf von Triest den Wert von 60 em erreichen. Bei Phanerogamen zeigt sich von Süden nach Norden eine Verarmung der Arten, die auf die weit. gehende Veränderung der Lebensweise durch das Einmünden zahlreicher, zum Teil wasserreicher Flüsse zu setzen ist, wozu noch am Triester Golf größere Städte mit ihren zablreichen Ahwässern und der durch sie bedingten Verschmutzung kommen. Trotzdem hat dieser Golf auf der Istrianischen Seite sehr reiche Bewachsung mit einer zwar arten⸗ armen aber individuenreichen Pflanzenwelt. Vom Golf Quarnero an erzeugen die Winde Scirocco, Bora, Libico hohen Seegang. Von da an finden deshalb auch die wellenschlagliebenden Formen ihre Lebensbedingungen. Mit dem Quarnero endet das Gebiet des blau— grünen Wassers und beginnt das des „blauen Adriawassers‘. Erst in diesem tritt die Flora in typischer Entwicklung auf. Man kann diei Bezirke der vertikalen Verteilung der Algen untersch iden: Die Litoralregion bis zur Ebhelinte mit einer durchichnittlichen Höhe von m, die Sublitoralregion bis zu 40 m und die Elitoralregion bis zur unteren Grenze der Bewachsung bei 160 m. Die Zusammen⸗ setzung der Litoraltegionsn nach Form. und Individuenreichtum in abhängig von der Lage zu den vorherrschenden Winden und von den Belichtungsverbältnissen. Bei den einzelnen Formen der Sublitoral, und Elitoralzone ist der Einfluß der Wärme für den Zeitpunkt der Entwicklung bestimmend. Viele den nördlichen Meeren fremde Arten ertragen sebr tiefe Temperaturen. Sehr auffällig ist der Einfluß des Driftstroms auf die Bewachsung an allen ihm stark auegesetzten Küsten. Daber ist die Bewachsung aller Küsten der äußerten Inseln ungeheuer üppig. Wahrscheinlich steigt unter dem Einfluß der saugenden Wirkung des Oberflächen. stroms nährstoffreiches Ttefenwasser an solchen Inseln, wie Pelogosa, Gaiza, Lissa, empor. Auch starke Wellenbewegung beeinflußt die morphologische Ausbildung mancher Algen des Litoralgebiets. Die btologischen Verhältnisse der Schwebeflora entsprechen vielfach denen der am Meeresgrunde, des sogenannten Benthos.

Heereszahlen in früheren Zeiten.

Mlllionenheere, wie die Welt sie noch nie gesehen, ringen in Ost und West seit Wochen um die Palme des Sieges, und ganz neue Gestaltungen hat der Krieg dadurch angenommen. Freilich, wenn man den alten Schriftstellern glauben wollte, so hätte die Welt auch schon in früheren Zeiten, ja schon vor mehr als 2090 Jahren, ähnliche Massen auf die Kriegsschauplätze gebracht. Die größte Truppenzahl, über die je ein Herrscher früherer Zeit verfügt hat, müßte die des Perserkönigs Terxs gewesen sein, der nicht weniger als 5H 100 000 Mann über den Hellespont und durch Thrazten nach Griechenland geführt haben soll. Ernstliche Zweifel an dieser Zahl sind bisher selten ausgesprochen worden. Gerade der Umstand, daß Herodet, der ‚Vater der Geschichtsschreibung“ nicht von etwa 5 Millsonen Mann spricht, sondern mit großer Genauigkeit noch 100 900 darüber angibt, hat den Glauben an ihre Zuverlässigkeit erhöht. Der Berliner Geschichtsforscher Professor Hans Delbrück kommt freilich zu dem Schluß, daß von dieser großen Armer, wenn man ihren Weg über enge Gebirgspfade und durch Schluchten verfolgt, die letzten Leute kaum die persische Hauptstadt Susa verlassen haben konnten, als die ersten vor dem Engpaß der Thermopylen eüntrafen, wo sie duich 300 Spartaner und 760 Thesbier tagelang aufgehalten wurden. Dieses Fünfmillionenheer ist also sicherlich eine Ausgehurt blübender Phantasie. Delbrück ist sogar der Meinung daß die Griechen damals an Zahl stärler gewesen sind als die Perser. Freilich könnte man meinen, daß der Groß König von Persien, der „König der Könige“, sehr wohl ein stärkeres Heer hätte aufbringen können als das tleine Griechenland, das den Angriff der Perser ja auch als eine sein ganzes Dasein bedrohende Gefahr ansah. Delbrück weist dem gegenüber auf die Kämpfe der Schweizer gegen Karl den Kühnen von Burgund hin. Der Volkesüberlieferung genügte nicht der Ruhm, daß Bürger und Bauern der Schweiz ein Heer tkampfgeübter Ritter und berufsmäßiger Soldaten bis zur völligen Vernichtung besiegt batten, sondern sie fälschte die geschicht ichen Tatsachen sehr bald dahin um, daß Karl der Kühne auch eine an. Zahl gewaltige Uebermacht gehabt hätte. Bet den grlechischen Schriftstellern finden wir auch die Erzählung, daß die Perser, dite mutigsten Soldaten der damaligen Welt, von den Ansührern mit Geißeln zur Schlacht getrieben werden mußten eine Angabe, die stark an die Märchen englischer Blä ter erinnert, wonach die todesmutigen deutschen Soldaten von den Offizleren mit Re— volvern zur Schlacht getrieben werden müßten. Auch die Zahlen— angaben römischer Schriftsteller namentlich über die Stärke der von den Römern besiegten germanischen und gallischen Stämme sind völlig wertlog. Die Verführung, die Zahl der Gegner auf Hunderttausende anzugeben und dadurch den Ruhm des Sieges noch zu erhöhen, ist eben zu groß, gls daß das Volk und auch die Geschichtsschreiber ihr nicht erliegen sollten. Aus alldem ergibt sich auch von felbft, was hen der Angabe zu halten ist, daß der Hunnenkönig Attila 700 000 Mann von Deutschland über den Rhein nach Frankreich geführt habe, wo sie in der Schlacht auf den Catalaunischen Gefilden völlig zer—= sprengt worden sind. Nach anderthalb. Jahrtausenden hat im Deutsch⸗Französischen Krieg ein milttärischeßz Genie wie Moltke 500 000 Mann auf demselben Wege nur mit den gößten Schwierig— keiten lenken können; in der Schlacht bet Vionville, in der Moltke zehn schlagfertige Armeekorps, also 400 000 Mann, zur Verfügung hatte, gelang eg ihm, nur zwei davon wirklich ins Gefecht zu bringen. Die Hauptmasse der Truppen war nicht mit genügender Schnelligkeit vorzustoßen. Ueberhaupt kann man die

Heeresbewegungen don 1879 zum Prüfstein für die Angaben aus fräberen Zeiten machen. Delbrück kommt in solcher Eiwägung zu dem Schluß daß es sich in früheren Jahrhunderten stets nur um verhältnis ˖ mäßig geringe Truppenmassen gehandelt haben kann, daß z. B. die Normannen, mit denen Wilheim der Eroberer England unterwarf, nicht mit 800 000 Mann, wie angegeben wird landeten, auch nicht mit der Halfte dieser Zabl, sondern nur mit 6—- 1000 Mann, denen freilich der König Harald wahrscheinlich nur eiwa 4000 Mann ent- gegenzustellen in der Lage war.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Ueber Ernteergebnisse auf der nördlichen Erdhälfte

enthält das Oktoberheft der Nachrichten zur landwirtschaftlichen Produttions, und Handelestatistik' (herausgegeben vom Internationalen Landwirtschaftsinstitut in Rom) neue vorläufige Angaben für das Jahr 1913.14.

In bezug auf Getreide sind an neuen Angaben besonders jene wichtig, welche die Ernte in Preußen, in Rumänien und im asiatischen Rußland betreffen. In Preußen wird der Ertrag des Weizens auf 25 017 640 dz, d. s. 850,99 der Ernte im Jahre 1913, der der Gerste auf 17752 320 (8142 ͤ C) und der des Hafers auf 59 400 50 dz (90,7 ,λί H) geschäßßt. In Rumänien wird der Ertrag des Weizens auf 12 665 000 dz (55.3 00 des Er⸗ trages i. J. 1913), der der Gerste auf 5 108 000 42 (8490/0) und der des Hafers auf 3 402 000 d2 (63,90 Ü) geschätzt. Im asiatischen Rußland (10 Gouvernements) wird der Ertrag des Weizens auf 32 924 725 dz (87,7 ½ν der Ernte des Jahres 1913), der des Roagens auf 7 862 621 4z (103,1 0. und der des Hafers auf 17 527 092 42 (90,6 0/0) geschätzn. Bet Berücksichtigung anderer Ergänzungen von geringer Bedeutung und einiger Abänderungen der vorher veröffent— lichten Angaben erhält man nun die folgenden Ergebnisse:

Weizen: für die Länder Preußen Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Großbritanien und Irland, Italten, Luxemburg, Nieder- lande, Rumänien, europätsches Rußland, Schweiz, Canada, Vereinigte Staaten von Amerika, Indien, Japan, Algerien (Departement Kon— stantin), Tunis wird der Ertrag auf 746 566 419 dz, d. s. 91,2 0 des Ertrages im Jahre 1913, geschätzt.

Roggen: für die Länder Preußen, Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Irland, Italien, Luxembarg, Niederlande, Rumänien, europäisches Rußland, Schweden, Schweiz, Canada, Vereinigte Staaten von Amerlka wird der Ertrag auf 376 022 868 42, d. s 9ö,8 oo des Ertrages im Vorjahre, berechnet.

Gerste: in den unter „Weizen“ angeführten Ländern ohne Indien wird der Gesamtertrag auf 258 625 016 dz, d. s. 89,7 0 der Ernte des Jahres 1913, geschätzt.

. Ha fer: in den unter Weizen angeführten Ländern ohne Indien wird der Gesamtertrag auf 481 071 406 42, d. s. 88, 00/0 des Ertrags im Jahre 1913, geschätzt.

Betreffs der anderen Getreidearten erwähnt die Veröffentlichung für Mais die neuen Ertragszahlen in Spanien: 7276716 4z d. J. 114 des Ertrag's im Jahre 1913, in Rumänien 28 000 000 dz, d. J. 90 0so, und eine bedeutende Steigerung der Vorschätzung der Maisernte in den Vereinigten Staaten von Amerika im Vergleich mit den vorher veröffentlichten Angaben: dieser Ertrag ist nun auf 679 730 7650 da, d. s. 109,40; 0 des Ertrages im Jahre 1913, geschätzt.

Für Reis werden folgende Ertragszahlen mitgeteilt: in Spanien 1995360 dz, d. s. 87,7? o /9 des Ertrages im Jahre 1913, in Indien 286 183 923 dz, d. s. 98,9 oso der Ernte des Jahres 1913, und in Japan 82 042 000 dz, d. s. 114.5 09 des Ertrags des Jahres 1913. .Was die anderen Produkte betrifft, so verzeichnet die Veröffent⸗ lichung für Indien als Baum woll ertrag im Jahre 191314 9 436 638 da, d. s. 112,8 0 der Ernte des Jahres 1912.13; die gegen⸗ wärtig für das Jahr 1914515 angebaute Fläche schätzt man auf 5 952 843 ha, d. s. 99,2 0/0 der im Vorjahre zur gleichen Zelt ge⸗ schätzten Anbaufläche.

In Japan schätzt man den Kokonertrag der Sommerzucht auf 18 652 000 kg, d. s. 98,1 0, des Ertrags im Vorjahre, und den der Herostzucht auf 52 135772 kg, d. s. 95,2 0/9, den Weinerttag in Spanien auf 16 909 608 42, d. J. 98,9 0/0 des Ertrags des Fahres 1913.

In dem Teil „Handelsstatistik' enthalten die „Nachrichten“ die üblichen Tabellen über Ein- und Ausfuhr von Getreide, Lein und Baumwolle, über die sichtbaren Getreidevorräte sowie die Getreide⸗ und Baumwollpreise auf den wichtigsten Weltmärkten, soweit es 6 den gegenwärtigen Umständen möglich war, solche Tabellen auf zustellen.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammen⸗ gestellten Nachrichten für andel, Industrie und Landwirtschaft“ )

Oesterreich⸗Ungarn.

Wirtschaftliche Vergeltungsmaßregeln Ungarns gegen die feindlichen Staaten. Das Ungarische Amtsblatt veröffentlicht in seiner Nummer vom 23. Oktober 1914 die folgende Verordnung des Königlich ungarischen Ministeriums Zahl 7808/1914, AM. E. über Ausnahmeverfügungen in betreff von Schulden, die jutzunsten von Angehörigen und Einwohnern feindlicher Staaten he— stehen, sowie über die Ueberwachung einzelner Unternehmungen. Das Königlich ungarische Ministerium verordnet auf Grund der im § 16 des Gesetzartikels LXIII vom Jahre 1912 über Ausnahmsverfügungen für den Fall eines Krieges erteilten Ermächtigung wie folgt:

I. Ausnahmsverfügungen in betreff von Schulden, die zugunsten von Angehörigen und Einwohnern feindlicher Staaten bestehen.

5 1. Inländische Muntzipien, Gemeinden und andere öffentliche Körperschaften sowie auch die auf dem Gebiete der Länder der un— garischen heiligen Krone tätigen Körperschaften, Vereinigungen, Ver⸗ eine. Institute, Gesellschaften und im all jemeinen Handelsfirmen sowie die daselbst wohnhaften Einzelpersonen haben über gemeinsame, im allgemeinen oder von Fall zu Fall erlassene Verordnung des Königlich ungarischen Handelsministers und des Königlich ungarischen Finanz ministeis ihre Schulden anzugeben, die zugunsten von Angehörigen

und Finwohnern (53 9) feindlicher Staaten bestehen.

§z2. Der Königlich ungarische Handelsmin 'ster und der Königlich ungarische Finanzminister können mit gemeinsamer Verordnung im allgemelnen oder von Fall zu Fall im Wege der Vergeltung: 1) die Begleichung der im 5 1 bezeichneten Schulden verbieten oder von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig machen; 2) anordnen, daß der heren en, der im § 1 bezeichneten Schuld bis auf weitere Verfügung bei der Königlich ungarischen Postsparkasse, bei der Oenerreichisch⸗Ungarischen Bank oder an einer anderen geeigneten Stelle hinterlegt werde. Die im Widerspruche mit den im Punkt 1 Abs. JL erwähnten Anordnungen vorgenommene Handlung ist ohne rechtlich, Wirkung. Der Königlich ungarische Handelsminister und der Königlich ungarische Finanzminister können mit gemeinsamer Ver⸗ ordnung im allgemeinen oder von Fall zu Fall die im Punkt 2 des Abs. J erwähnte Hinterlegung auch außer dem Falle der Vergeltung in betreff von Ffolchen zugunsten von Angehörigen und Ein—⸗ wohnern (8 9) feindlicher Staaten bestehenden Schulden anordnen, e deren dies aus Rücksichten des öffentlichen Kredits erwünscht erscheint.

II. Ueberwachung einzelner Unternehmungen.

§ 3 Der Königlich ungarische Handelgminister und der Königlich ungarische Finanzminister können mit gemeinsamer Verordnung im Wege der Vergeltung anordnen, daß für solche im Gebiet der Länder der unggrischen heiligen Krone tätige Unternehmungen oder Zweig niederlassungen von Unternehmungen, welche vom feindlichen Ausland aus geleitet oder beaufsichtigt werden, oder deren Erträgnisse ganz oder zum Teil in das feindliche Ausland abzuführen sind, auf Kosten der Unternehmungen Au ssichtékommissare bestellt werden. Die Aufsichtz⸗=

kommissare haben unter Wahrung der Eigentums, und sonstigen

Privatrechte des Unternehmens darüber zu wachen, daß während des Krieges der Geschäftsbetrteb der Unternehmung nicht in einer den inländischen Interessen widerstreitenden Weise geführt werde.

6. Die Aufsichtskommissare (5 3) sind inshesondere befunt: 1) geschäftliche Maßnahmen jeder Art, insbesondere Verfügun en über Vermögenswerte und Mitteisungen über geschäftliche Angelegenheiten zu unter sagen oder sich selbst vorzubehalten; 2) die Bücher und Schriften des Unternehmens einzusehen sowie den Bestand der Kasse und die Bestände an Wertpapleren und Waren zu untersuchen; 3) Auskunst für alle Geschäftsangelegenheiten zu verlangen.

§ 5. Die veiter und Angestellten der Unternehmungen haben den im Kreise der Ueberwachung des Unternehmens von den Aufsichig⸗ k (5 3) getroffenen Anordnungen und Weisungen Folge zu leisten.

§ 6. Gelder, Wertpapiere oder sonstige bewegliche Sachen eines unter Aufsicht gestellten Unternehmens dürfen weder mittelbar noch unmittelbar an Angehörige oder Einwohner (5 9) feindlicher Staaten abgeführt oder überwiesen werden. Die Aussichtskommissare können Ausnahmen zulassen. Sie können in geeigneten Fällen anordnen, daß Gelder, Wertpapiere oder sonstige bewegliche Sachen, deren Ab⸗ führung oder Ueberweisung nach Abs. J nicht erfolgen darf, zu aunsten der Berechtigten bei der Königlich ungarischen Postsparkasse, bei der Oesterreichisch⸗Ungarischen Bank oder an einer anderen geeigneten Stelle hinterlegt werden.

III. Gemischte und Schlußbestim mungen.

§z 7. Gegen denjenigen, der einer in den 85 1. 2, 5 und 6 ent⸗

haltenen oder auf Grund dieser Paragraphen erlassenen Anordnung zuwiderhandelt, können der Königlich ungarische Handelsminister und der Königlich ungarische Finanzminister mir gemeinsamer Verfügung eine Ordnungsbuße bis zu fünfzigtausend Kronen bemessen, haben aber ihm zuvor Gelegenheit zur Aeußerung zu geben. S 8. Durch den Umstand, daß zugunsten von Angehörigen oder Einwohnern 9) feindlicher Staaten bestandene Schulden oder in ihrem Eigentum gewesene Gelder, Wertpapiere oder sonstige beweg⸗ liche Sachen nach dem 31. Juli 1914 auf eine andere Peron über⸗ gegangen sind, wird die Anwendung der gegenwärtigen Verordnung nicht verhindert.

§z 9. Diejenigen Bestimmungen der gegenwärtigen Verordnung,

welche Angehörige und Einwohner feindlicher Staaten betreffen, sind auf juristische Personen entsprechend anzuwenden. 5319. Die Geltung dieser Verordnung erstreckt sich, soweit sie sich auf Rechtsverhältnisse bezieht, die in einem im Gesamtgebiete der Länder der ungarischen heiligen Krone geltenden Gesetze geregelt und bezüglich des Vollzuges nicht der kroatisch⸗slavonischen Autonomie vor⸗ behalten sind, auch auf Kroatien⸗Slavonien.

§ 11. Diese Verordnung tritt am 23. Oktober 1914 in Kraft.

(Pester Lloyd.)

Italien.

Aus fuhrverbot für Rizinusöl. Laut telegraphischer Mit- teilung des Kaiserlichen Konsulats in Rom vom 24. Oktober 1914 hat die italtenische Regierung die Ausfuhr von Rizinusöl für medizinische und gewerbliche Zwecke verboten.

Belgien. Aus fu hrverb te. Duich Verordnung des Generalgouverneurs in Belgien vom 30 Septemher 1914 ist die Ausfubr von Pferden, Rindern, Schweinen, Schafen und Lebensmitteln je der Art aus Belgien über alle Grenzen verboten worden. Bei Zuwider⸗ handlungen soll Beschlagnahme erfolgen. (Gesetz⸗ und Verordnunge⸗ blatt für die okkupierten Gebiete Belglens.)

Niederlande.

Aus fuhrverbot. Durch Könlgliche Verordnung vom 14. Ok— tober 1914 ist die Ausfuhr von Petroleum verboten worden. (Telegramm des Kaiserlichen Generalkonsulats in Amsterdam.)

Dänemark.

Ausf uhrverbote. Die Ausfuhr von gewirkten und ge— strickten Waren aus Wolle sowie von Wollengarn ist mittels Bekanntmachung vom 16. Oktober 1914 verboten worden.

Die in der Bekanntmachung des Justizministeriums vom 25. Sep⸗ tember 1914 enthaltene Bestimmung, daß zur Ausfuhr bestimmte Kartoffeln in Säcke zu je 75 kg verpackt sein sollen, ist aufge⸗ hoben worden. (Lovtidenden.)

Schweden.

Beschränkungen des Durchfuhrhandels. Nach einer Kundmachung vom 9. Oktober 1914 erstreckten sich die Aus fuhr⸗ verbote im allgemeinen auch auf eingeführte Waren. Ausnabmen gelten besonders für Waren beim Eingang mit Linien, die einen ge⸗ ordneten Verkehr mit dem Ausland unterhalten, wenn die Waren beim Eingang zur unmittelbaren Durchfuhr auf solchen Linien nach dem Ausland angemeldet werden oder wenn die schließliche Bestim⸗ mung nach dem Ausland aus den Begleitpapieren hervorgeht. Nach Stockholms Dagblad-“.

Türkei.

Angabe der Preise in den Fakturen über Einfubr⸗ waren in türkischer Währung. Die türkische Generalzolldirek— tion hat in Ergänzung ihrer Belanntmachung, betreffend die Angabe der Warenpretse duch in tärkischer Währung, eine Umrechnungstabelle herausgegeben; danach ist die Mark gleich 5 55 Goldpiaster zu rechnen. (Nach einem Berichte des Kaiserlichen Generalkonsulats in Kon⸗ stanttnopel.)

(Weitere Nachrichten über Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.

Nr. 43 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge sundheitsamts! vom 28. Oktober 1914 hat folgenden Inhalt: HGesundbettsstand und Gang der Volkakrankheiten Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Gesetzgebung usw. Baden). Bekämpfung übertragbarer srankbeiten. (Reuß 4. ). ebührenordnung für Aerzte und Zabnärzie. Tierfeuchen im Deutschen Reiche, 15. Oktober. Vermischtesg. (Dentsches Reich). Schlachtvieh⸗ und Fleischbeschau, 1918. Wochentabells über die Sterbefälle in deutschen Orfen mit 45 009 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten deg Auslandeg. Grkrankungen in

Krankenhäusern deutscher Großstädte. Deggl. in deutschen Stadt

und Landbejtrken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Ent⸗ een gen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundbeitgpflege (Tier-

Nr. 87 des Zentralblatts der Bauverwaltung, beraug. n im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 31. Oktober at . Inhalt: Amiliches: Dienstnachrichten. Nichtamt⸗ liches: Die bleberigen Anlagen auf dem Südwestrledbof der Berliner Stabtsvnode in Stahnsdorf. Erddamm oder Mauer als Abschläaß⸗ werk für Staubecken Dre Ing. Moritz Dder . Vermischtes: Wettbewerb um Entwürfe für einen Friedhof der Gemeinde Wanne. Liebeggaben sammel stelle für unsere Eisenbahntruppen.