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Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. November 1914.
Der vortragende Rat im Reichskolonialamt, Geheimer Regierungsrat Dr. Arthur Oßwald, Oberleutnant der Reserve in einem Infanterieregiment, hat am 27. Oktober d. J. bei Apremont den Heldentod für das Vaterland gefunden.
Dr. Oßwald war im Jahre 1873 in Altenburg S.A. ge⸗ boren, bestand im Dezember 1900 die juristische Staatsprüfung und trat bald darauf im September 1901 zur Vorbereitung für den Kolonialdienst bei der damaligen Kolonialabteilung des Aus— wärtigen Amts ein. Im Januar 1902 wurde er dem Kaiserlichen Gouvernement von Kamerun und im Dezember 1962 dem Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch Südwestafrika zur Dienstleistung überwiesen. Im Februar 1906 trat Dr. Oßwald in die Zentralverwaltung ein, wurde am 1. November desselben Jahres zum Regierungsrat ernannt und vom 1. April 1907 ab als ständiger Hilfsarbeiter im Reichs kolonialamt etats mäßig angestellt. Durch Allerhöchste Order vom 23. Dezember 1905 wurde er zum Referenten beim Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch Neuguinea ernannt und am 1. April 1911 zum Ersten Referenten dieses Schutzgebiets unter Verleihung des Charakters als Geheimer Regierungsrat befördert. Am 13. April d. J. erfolgte seine Anstellung als vortragender Rat im Reichskolonialamt.
Der Gefallene der zu den ersten zählte, denen nach Aus— bruch des Krieges das Eiserne Kreuz verliehen wurde, hat sich auch bei der Unterdrückung des Hererogufstandes in Deutsch Südwestafrika im Jahre 1904 sowie des Aufstandes auf Ponape im Jahre 1911 besonders ausgezeichnet. Seine damaligen Ver— dienste wurden durch Verleihung des Kronenordens vierter Klasse mit Schwertern, der Schwerter zum Roten Adlerorden 4. Klasse sowie des Ritterkreuzes mit Schwertern des Sächsisch— Ernestinischen Hausordens anerkannt. In dem Dahin⸗
eschiedenen hat die Kolonialverwaltung einen pflichttreuen, selten begabten und mit vorzüglichen Kenntnissen ausgestatteten, überall beliebten und geschätzten Beamten verloren, der auf allen ihm anvertrauten Posten iu der Heimat wie in den afrikanischen und den Südsee⸗Schutzgebieten vorzügliches ge⸗ leistet hat. Seine reichen Verdienste und seine lautere, . Persönlichkeit sichern ihm ein dauerndes ehrenvolles ndenken.
Seit längerer Zeit schweben Verhandlungen zwischen Deutschland und England wegen Behandlung der beiderseitigen Staaisangehörigen, die sich bei Aus— bruch. des Krieges im Gebiete des anderen Teils aufhielten. Dabei stand die deutsche Regierung auf dem Standpunkt, daß nach völkerrechtlichen Grundsätzen diese Personen, soweit sie sich nicht verdächtig gemacht hätten, in ihrer Freiheit zu belassen seien, auch ungehindert in ihre Heimat abreisen dürften, daß jedoch den Engländern in Deutschland selbstwverständlich keine bessere Behandlung zuteil werden könnte wie den in England befindlichen Deutschen.
Als daher die britische Regierung zunächst so gut wie sämtlichen Deutschen die Erlaubnis zur Abreise versagte, sind die in Deutschland befindlichen Engländer, wie „W. T. B.“ meldet, in gleicher Weise behandelt worden. Den deutschen Vorschlag, die beiderseitigen unverdächtigen Staatsangehörigen sämtlich abreisen zu lassen, lehnte die britische Regierung ab; doch wurde eine Vereinbarung dahin getroffen, daß alle Frauen und alle männlichen Personen bis zu 17 und über 55 Jahren sowie ohne Rücksicht auf ihr Alter alle Geistlichen und Aerzte ungehindert abreisen dürften; die männlichen Personen zwischen 17 und 55 Jahren wurden nicht in die Vereinbarung einbezogen, weih die britische Regierung alle Wehrfähigen zurückhalten wollte und als solche auch die Männer zwischen 45 und 55 Jahren ansah.
Inzwischen wurden die in England zurückgehaltenen Deutschen in nicht unerheblicher Anzahl festgenommen und als Kriegsgefangene behandelt. Nach zuverlässigen Nachrichten ist diese Maßnahme in den letzten Tagen auf fast alle wehrfähigen Deutschen ausgedehnt worden, während in Deutschland bisher nur verdächtige Engländer festgenommen worden sind. Die völkerrechtswidrige Behandlung unserer Angehörigen hat der deutschen Regierung Anlaß gegeben, der britischen Regierung zu erklären, daß auch die wehrfähigen Engländer in Deutschland festgenommen werden würden, falls nicht unsere Angehörigen bis zum 5. November aus der englischen Ge— fangenschaft entlassen werden sollten. Die britische Regierung hat diese Erklärung unbeantwortet gelassen, sodaß nunmehr die Festnahme der englischen Männer zwischen 17 und 55 Jahren angeordnet worden ist. Die Anordnung erstreckt sich vorläufig nur auf die Angehörigen Großbritanniens und Irlands, würde aber auch auf die Angehörigen der britischen Kolonien und Schutzgebiete ausgedehnt werden, falls die dort . Deutschen nicht auf freiem Fuß belassen werden ollten.
Die von den militärischen Stellen unter dem 6. November erlassenen Befehle lauten:
1) Alle männlichen Engländer zwischen vollendetem 17. und 55. Lebensjahr, die sich innerhalb des Deuischen Reiches befinden und denen als Aersten oder Geistlichen nicht das Ausreiserecht zusteht, sind in Sicherheitshaft zu nehmen und nach Anordnung der Stellver— tretenden Generalkommandos unter militäricher Bedeckung in das Lager Ruhleben bei Berlin zu überführen. Das gleiche gilt für inaktive Offiziere auch über 55 Jahre hinaus. Für die Alters berechnung ist der 6. November maßgebend.
Die Ueberführung der in Berlin verhafteten Engländer nach Ruhleben erfolgt mit Rücksicht auf die besonderen örtlichen Verhält⸗ . e Anordnung und nach Ermessen des Oberkommandos in den Marken.
2) Ausnahmen von der in Nr 1 genannten Anordnung können von den Stellvertretenden Generalkommandos und dem Ober⸗ kommando in den Marken nur dann gestattet werden, wenn schwere Krankheit, die den Transport unmöglich macht, von amtsärztlicher Seite bescheinigt wird. Sobald das Befinden den Transport ge⸗ stattet, ist die Ueberführung nachzuholen.
3) Alle erwachsenen Personen englischer Nationalität, die dann noch frei in Deutschland leben dürfen, sind zu täglich zweimaliger Anmeldung bei der Polizet verpflichtet und dürfen den Ortspolizei⸗ bezirk. über dessen Grenzen sie polizeilich zu unterrichten sind, nicht verlassen. In Einzelfällen kann das für den Aurentbaltsort zu⸗ ständige Stellvertreiende Generalkommando (Oberkommando in den Marken) oder Marinestationskommando Ausnahmen gestatten.
4) Die unter 1— genannten Maßregeln sollen zunächst nur An⸗ wendung finden auf Angehörige des „Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland).
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5) Sofern für die Transporte fabrplanmäßtge Züge nicht aus= reichen, sind von den Stellvertretenden Generalkommando Sonderzüge mit den Linienkommandanturen zu vereinbaren.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ bringt das Facsimile eines mit dem Stempel der englischen Gesandtschaft in Brüssel versehenen Formulars, das folgenden Text aufweist:
FE. M. de ARMEE ANGLAISR
Je soussigns DaAaLE LONG attach à P E. M. réquisitionne .
1914.
Wie das genannte Blatt hierzu bemerkt, ist von dem oben abgedruckten Formular ein ganzes Paket in der Schreibstube der englischen Spionagezentrale in Brüssel aufgefunden worden. . Schon lange vor dem Kriege war bekannt geworden, daß ein gewisser Dale Long in Brüssel wohnte und Spionage gegen Deutschland für England trieb. Es war auch gelungen, eine ganze Reihe seiner Agenten dem Richter zuzuführen, es konnte indes nicht sicher festgestellt werden, daß Dale Long zum englischen Generalstab gehörte. Aus dem aufgefundenen Formulare geht aber hervor, daß Dale Long im Kriegs— falle zum englischen Generalstabe treten sollte, daß er als Mitglied des englischen Heeres in Belgien berechtigt war, Requisitionen zu stellen und daß diese Berechtigung durch die englische Gesandtschaft in Brüssel bescheinigt worden ist, wie der Stempel beweist. Das Vorhandensein eines ganzen Stoßes unausgefüllter For— mulare dieser Art beweist ferner in völlig zweifelsfreier Weise, daß es sich hier um eine Mobilmachungsmaßregel handelt, die ohne Zustimmung der belgischen Regie— rung gar nicht den kbar ist.
Nach den am 1. November d. J. eingegangenen dien st— lichen Meldungen über die Zahl der Kriegs— gefangenen waren, wie „W. T. B.“ meldet, bis zu diesem ö in unseren Gefangenenlagern, Lazaretten usw. unter⸗ gebracht: Franzosen 3138 Offiziere 188 618 Mannschaften k 511 . 186 779 . B 5577 3 34 907 . Engländer 417 ö 15 730 . Im ganzen. 7213 Offiziere 426 0654 Mannschaften oder 433 247 Köpfe.
Gegenüber den letzten Veröffentlichungen zeigen die Zahlen eine auffallende Steigerung, die sich einmal durch die beträchtlichen Zugänge erklärt, die seitdem erfreulicher— weise zu verzeichnen waren, und dann dadurch, daß in den bisherigen e nnen nur diejenigen Kriegs⸗ gefangenen aufgeführt waren, die nach den eingegangenen Meldungen der Lagerkommandanturen in den Gefangenen— lagern untergebracht waren. Nicht berücksichtigt war u. a. eine große Zahl von Kriegsgefangenen, die sich in Lazaretten befanden, und solche, die außerhalb der Gefangenen— lager für Arbeitszwecke Verwendung gefunden hatten.
Kriegsgefangene, die sich am 1. November noch auf dem Wege zu den Gefangenenlagern befanden, sind auch in obiger Zusammenstellung noch nicht enthalten.
Die Heimreise der seit Beginn des Krieges in Frankreich festgehaltenen deutschen Frauen, Kinder und älteren Männer hat begonnen. Wie „W. T. B.“ meldet, ist der erste Transport bereits auf deutschem Gebiet in Singen eingetroffen. Die langen, sorgenvollen Wochen haben damit für die Heimkehrenden und für die sie hier erwartenden Angehörigen ihr Ende erreicht. Zum Empfang der Heim⸗ kehrenden sind seitens der deutschen Behörden alle Vorbereitungen getroffen. In dankenswerter Weise hat sich in der Schweiz unter der unmittelbaren Aufsicht des Schweizerischen Politischen Departements ein Bureau für die Heimschaffung gebildet, das die heimkehrenden Deutschen an der französischen Grenze empfängt, für ihre Verpflegung während der Reise durch die Schweiz sorgt und sie in Singen der auf Ersuchen des Reichs— kanzlers von der Großherzoglich badischen Regierung errichteten Deutschen Uebernahmestelle übergibt. Nach Erledigung der Uebernahmeverhandlungen nimmt sich der Heimkehrenden der Badische Landesverein vom Roten Kreuz an, der mit Unter— stützung des Zentralkomitees des Roten Kreuzes in Berlin für diese Zwecke reichliche Mittel bereitgestellt hat. Der Badische rauenverein wird Vorsorge treffen, daß Kleider und Wäsche für die bedürftigen Heimkehrenden in ausreichender Weise bereitgehalten werden. Wer von den Heimkehrenden in Deutschland von Angehörigen er⸗ wartet wird oder sonst ein bestimmtes Reiseziel hat, wird von Singen aus alsbald die Reise dorthin antreten. Soweit die Mittel für die Heimreise fehlen, wird seitens der deutschen Eisenbahnverwaltungen freie Reise gewährt. Die ohne ein be⸗ stimmtes Ziel nach Deutschland Heimkehrenden werden zunächst nach Stuttgart befördert, wo eine Deutsche Vermittlungsstelle von der Königlich württembergischen Regierung mit der Aufgabe errichtet ist, diesen Teil der Zurückkehrenden ihren Heimatsstaaten zuzuführen. In allen deutschen Bundesstaaten sind für diesen Zweck Uebernahmeorte bestimmt, von denen aus alsdann eine sachdienliche Unterbringung der Heimgekehrten veranlaßt werden wird.
Da die Unterbringungsmöglichkeit in Singen durch den Zustrom der Heimkehrenden wesentlich erschöpft sein dürfte, wird es sich im allgemeinen nicht empfehlen, die Heim⸗ kehrenden in Singen abzuholen. Soweit in einzelnen Fällen das Bedürfnis zu einer Abholung dennoch vorliegt, werden die Angehörigen, soweit sie nicht in Singen unterkommen, in be⸗ nachbarten Orten, wie Radolfzell, Unterkunft finden können. Briefliche oder telegraphische Anfragen wegen der Heim⸗ 5 sind an die „Deutsche Uebernahmestelle in Singen“ zu richten.
Der heutigen Nummer des Reichs- und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 176, 177 und 178 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthalten die 70. Verlustliste
der preußischen Armee, die 43. Verlustliste der baye⸗
rischen Armee, die 48. Berlustliste der sächsischen
. und die 52. Verlustliste der württembergischen rmee.
Sachsen.
ö Königliche Hoheit der Kronprinz wird, wie „W. T. B.“ meldet, auf ö. Verlangen wegen rheuma⸗ tischer Erkrankung des Knie- und Handgelenks seine Feldstelle auf einige Zeit verlassen und sich zur Kur nach Wiesbaden
begeben. , Baden.
Der Landständische Ausschuß hielt vorgestern unter dem Vorsitz Seiner Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Maximilian seine Herbsttagung, die, wie „W. T. B.“ meldet, vom Prinzen mit einer warmen An⸗ sprache eröffnet wurde, in der er auf die wunderbare Haltung des deutschen Heeres und Volkes hinwies und das Ver⸗ trauen auf den Sieg der deutschen Waffen aussprach. Der Finanzminister Dr. Rheinboldt gab einen ein⸗ gehenden Bericht über den Stand der badischen Finanzen, die erfreulicherweise sich als durchaus gesund er⸗ wiesen hätten, wenn auch die Wirkungen des Krieges nicht spurlos vorübergegangen seien. Die Lage der Landwirtschaft wurde als sehr günstig bezeichnet, aber auch die Arbeitslosigkeit in der Industrie habe lange nicht den erst gefürchteten Umfang angenommen. Die ganze wirtschaftliche Lage habe sich gegen den Augun wesentlich gebessert, was auch in dem steigenden Erträgnis des Güterverkehrs zum Ausdruck käme. Von der großherzoglichen Regierung wurde für die nächste Zeit eine zahlenmäßige Darstellung der Finanzlage des Landes in Aussicht gestellt.
Oefsterreich⸗Ungarn.
In Rumänien verbreiteten tendenziösen Nachrichten gegen⸗ über, daß die Russen in dem von ihnen vorübergehend be⸗ setzten Teil der Bukowina den Angehörigen der rumänischen Nation eine günstige Ausnahmestellung eingeräumt, unsere Truppen aber die rumänische Bevölkerung drangsaliert hätten, ist, wie dem „W. T. B.“ zufolge aus dem Kriegs⸗ pressequartier gemeldet wird, durch amtliche Erhebungen, durch Augenschein und Vernehmung einer durchaus ver⸗ läßlichen angesehenen Persönlichkeit sichergestellt worden, daß die Russen an den Bukowiner Rumänen und deren Habe barbarische Gewaltakte verübt haben. Sie ver⸗ teilten das den rumänischen Bauersleuten geraubte Vieh und sonstige Habseligkeiten unter die von ihnen in die rumä— n Ortschaften eingesetzten ruthenischen Bauern aus der Bukowina und aus Rußland, um die Ruthenen für Rußland zu gewinnen. Den griechisch⸗orientalischen Erzbischof Repta versuchten sie durch wiederholte Drohungen zum Erlaß eines im russischen Sinne gehaltenen Hirtenbrieses zu zwingen. Der Gouverneur diktierte dem Kirchenfürsten Zimmerarrest und ließ ihn durch Posten überwachen. In zahlreichen rumänischen Orten verübten die Russen barbarische Ge⸗ waltakte, Brandlegung, Raub und Plünderung; Hin⸗ richtungen und Vergewaltigungen von Frauen kenn⸗ zeichnen den Weg der Russen in den rumänischen Teilen der Bukowina; Schlösser und Wirtschaftshöfe des rumänischen Großgrundbesitzes wurden geplündert. Zahlreiche Bewohner rumänischer Dörfer verließen aus Furcht vor den russischen Gewaltakten ihren Heimatsort und suchten Schutz bei unseren Truppen, wo sie von unseren Soldaten mit allem Notwendigen versorgt wurden. Die österreichisch⸗ungarische Militärverwaltung hat die rumänische Bevölkerung in der Bukowina überall mit dem größten Wohlwollen behandelt. Entgegen den lügenhaften Nachrichten ist festzustellen, daß in Czernowitz kein einziger Rumäne hingerichtet worden ist.
Grosvbritannien und Irland.
Eine Sonderausgabe der „London Gazette“ enthält die ö Erklärung, daß Kriegszustand mit der Türkei esteht. . Der türkische Botschafter ist gestern früh von London mit dem Botschaftspersonal abgereist. Der Staaissekretär Grey war auf dem Bahnhof erschienen, um sich im Namen der Regierung von dem Botschafter zu verabschieden.
— Amtlich wird mitgeteilt, daß England Cypern
annektiert hat. : Frankreich.
Der Minister des Auswärtigen Deläcassé hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ folgende Note veröffentlicht:
Die feindseligen Akte, die die türkijche Flotte sich gegen ein französisches Handelsschiff zuschulden kommen ließ, und durch die der Tod von zwei Franzosen und schwere Beschädigungen des Schiffes verursacht wurden, ohne daß die Entfernung der deutschen Militär- und Marinemission erfolgt wäre, durch die allein die Pforte sich von ihrer Verantwortlichkeit für diese Akte hätte entlasten können, machen es der französischen Regierung zur Pflicht, zu erklären, daß durch dieses Vorgehen der türkischen Regierung der Kriegszustand zwischen Frankreich und der Türtei ein getreten ist.
Italien.
Das neue Kabinett hat sich der „Agenzia Stefani“ zufolge folgendermaßen gebildet: Salandra, Vorsitz und Inneres; Sonnino, Aeußeres; Martini, Kolonien; Or⸗ lando, Justiz; Carcano, Schatz; Dane o, Finanzen; Eiuffelli, Oeffentliche Arbeiten; Grippo, Unterricht; Cava sola, Ackerbau; Zuppelli, Krieg; Viale, Marine; Riccio, Post. Die Minister wurden gestern nachmittag vereidigt.
— Nach dem „Corriere della Sera“ haben die Franzosen den italienischen Dampfer „Silvia“, der 5600 t Ge⸗ treide für die schweizerische Firma Sprecher an Bord hatte, beschlagnahmt und nach Toulon gebracht.
Der Dampfer „Duca di Genova“, der von englischen Kriegsschiffen nach Gibraltar gebracht worden war, ist mit 1382 Passagieren aus New York in Neapel eingetroffen. Der „Neuen Züricher Zeitung“ zufolge sind 300 t amerikanisches Kupfer, obwohl für Italien bestimmt, von den Engländern als Kriegskonterbande zurückbehalten worden.
Schweden.
Die Kriegs versicherungskommission hat den Reedern folgendes Rundschreiben zugehen lassen:
Die schwedische Regierung hat gegen die Bekanntmachung der englischen Admiralität Einspruch erhoben und behält sich volle
Sandlungsfrelhelt benin dieser Bekanntmachung vor. In der
egenwärtigen Lage der Angelegenheit hält es die Kommission für ihre
. den Versicherten zu gestatten, daß die Schiffe mit un—
veränderten Prämien entweder der bisherigen oder der neu vor⸗ geschlagenen Route folgen.
Norwegen. Der norwegische Kriegsminister hat ein Aus fuhrverbot für Automobile, Automobilreifen und Fahrräder
erlassen. Türkei.
Entgegen allerlei Gerüchten und tendenziösen Nachrichten wird laut Meldung des „W. T. B.“ von amtlicher türkischer Seite mitgeteilt, daß von einer nachgiebigen Haltung der türkischen Diplomatie in ihren letzten Verhandlungen mit Rußland nicht die Rede sein kann. Die Pforte hat Rußland erklärt, es sei selbst schuld daran, daß seine Schiffe in den Grund gebohrt und Festungen am Schwarzen Meer beschossen worden seien, und hat die Bestrafung des Kommandanten der russischen Flotte als Genugtuung verlangt. Daraufhin wurden die Beziehungen abgebrochen.
— Die Regierung hat einen Anhang zum Militär— strafgesetz bekannt gegeben, durch den die Verbreitung von militärischen Geheimnissen, Spionage und Verrat mit strengen Strafen bedroht werden.
— Die Franzosen und Engländer, die hohe Beamtenstellen im Finanzministerium, Ministerium des Innern und anderen Behörden bekleiden, sind abgereist. Auch der Vertreter der englischen Bondholders hat Kon⸗ stanlinopel verlassen. Die Polizeidirektion hat eine Bekannt⸗ machung erlassen, wonach alle Untertanen derjenigen Staaten, mit denen die diplomatischen Beziehungen abgebrochen sind, der Polizei ihre Wohnung anzugeben haben und nur mit polizei⸗ licher Ermächtigung abreisen dürfen, widrigenfalls sie als ver⸗ dächtig betrachtet würden. Ottomanische und fremdländische Untertanen, die sich außerhalb der türkischen Grenzen begeben, dürfen nicht mehr als zehn Pfund für die Person bei sich haben. Die Polizeidirektion kündigt an, daß sämtliche Briefe offen und Telegrame in türkischer, französischer, deutscher oder arabischer Sprache abgefaßt sein müssen.
— Der Abgeordnete Ahmed Nessimi ist zum Ackerb au⸗ minister ernannt worden.
Griechenland.
Die Botschafter Frankreichs und Englands sind, begleitet von einem Botschaftspersonal von 120 Personen, vor— gestern in Athen eingetroffen und gestern nachmittag von dort abgereist. Die Botschafter hatten eine lange Besprechung mit dem Ministerpräsidenten Venizelos.
In den letzten Tagen war die Nachricht verbreitet, daß im Mittelmeer ein griechisches Torpedoboot durch das Feuer von englischen Kreuzern, die es für ein türkisches Torpedoboot hielten, zum Sinken gebracht worden sei. Die „Agence d' Athénes“ ist ermächtigt, diese Nachricht ent— schieden in Abrede zu stellen, da kein griechisches Torpedoboot der Feuerlinie der Kriegführenden nahe gekommen ist.
Serbien. Der türkische Gesandte hat Nisch vorgestern ver⸗ lassen; die Vertretung der türkischen Interessen hat der Ver⸗ treter Italiens übernommen.
Bulgarien.
Die Leiter der Oppositionsparteien wurden gestern von dem Ministerpräsidenten Radoslawow empfangen, der ihnen die Lage Bulgariens unter den gegenwärtigen Umständen aus⸗ einandersetzte. Am Schluß des Interviews hatten die Leiter eine Besprechung, nach der sie der Presse mitteilten, daß nach den Erklärungen Radoslawows Bulgarien in der gegen⸗ wärtigen Lage entschlossen ist, eine Haltung streng loyaler Neutralität zu bewahren.
— Der Ministerpräsident Radoslawow hat die Ab⸗ gesandten des ukrainischen Nationalrats Cebelsky und Baron der „Reichspost“ zufolge zu erklären ermächtigt, daß er Sym⸗ pathien für die Bestrebungen der Ukrainer hege und diese fördern werde, weil die Schaffung eines ukrainischen Nationalstaats im bulagarischen Interesse liege. Die Abgesandten wurden auch vom Metropoliten Kussevic empfangen, der ihnen mitteilte, er segne die Bestrebungen der Ukrainer und die Absichten der Abordnung und wünsche, daß den Ukrainern die Wiedererrichtung des alten Reiches Wladimirs des Großen gelingen möge.
Amerika.
Die amerikanische Regierung beabsichtigt der „Morning Post“ zufolge, gegenwärtig keinen allgemeinen Protest gegen die revidierte englische Konterbandeliste zu erheben, sondern jeden einzelnen Artikel je nach den Umständen zu behandeln. Sie wird Einspruch erheben, wenn Ladungen wegen Konterbande beschlagnahmt werden, die nach der Auffassung des Staats— departements rechtlich unbehelligt bleiben mußten.
Asien.
Wie die bedeutendste afghanische Zeitung „Siradsch al Ahbari“ der Südslawischen Korrespondenz zufolge berichtet, habe der Emir von Afghanistan eine Armee von 170000 Mann mit 135 Geschützen unter Führung seines Sohnes, des Emirs Bahadur⸗-Khan an die englische Grenze vormarschieren lassen. Die von Herat nach Puschk führende Eisenbahn sei zerstört worden, um den englischen Aufmarsch zu verhindern. Eine Anzahl der kriegerischen indischen Grenz— stämme habe sich dem Heere Bahadur-Khans angeschlossen. An der Grenze herrsche volle Revolution gegen England, die englischen Beamten seien gefangen genommen, einige von ihnen getötet worden.
. — Nach japanischen, von der „Frankfurter Zeitung“ ver⸗ breiteten Meldungen haben die Japaner auf beiden Seiten der Schantungbahn je hundert Kilometer Land besetzt. In Tsinanfu wurde ein japanischer Gouverneur eingesetzt. 2 n Behörden haben unter Protest die Stadt verlassen.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 6. November, Vormittags. (W. T. B) Ünsere Offensive nordwestlich und süb⸗ westlich Hpres macht gute Fortschritte. Auch bei La
Bassée, nördlich Arras und in den Argonnen wurde Boden gewonnen.
Unter schweren Verlusten für die Franzosen eroberten unsere Truppen einen wichtigen Stützpunkt im Bois Bruls südöstlich St. Mihiel. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 6. November, Vormittags. W. T. B.). Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hat sich nichts Wesentliches ereignet. Oberste Heeresleitung.
(W. T. B) Amtlich wird bekannt gegeben: Auch gestern verliefen die Operationen auf dem nördlichen Kriegs⸗ schauplatze plangemäß und völlig ungestört vom Feinde. Südlich der Wistoka-Münd ung warfen unsere Truppen den Gegner, der sich auf dem westlichen San⸗Ufer festgesetzt hatte, aus allen Stellungen, machten über tausend Gefangene und erbeuteten Maschinengewehre. Ebenso vermochte der Feind auch im Stryj-Tale unseren Angriffen nicht mehr er zuhalten. Hier wurden 500 Russen gefangen genommen und eine Maschinengewehrabteilung und sonstiges Kriegsmaterial erbeutet.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
Der Krieg zur See.
Berlin, 6. November. (W. T. B.) Nach Meldung des amtlichen englischen Pressebureaus ist am 1. No⸗ vember durch unser Kreuzergeschwader in der Nähe der chilenischen Küste der englische Panzerkreuzer „Monmouth“ vernichtet, der Panzerkreuzer „Good Hope“ schwer beschädigt worden. Der kleine Kreuzer „Glasgow“ ist beschädigt entkommen. Auf deutscher Seite waren beteiligt: S. M. große Kreuzer „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ und Sz. M. kleine Kreuzer „Nürnberg“, „Leipzig“ und „Dresden“. Unsere Schiffe haben anscheinend nicht gelitten.
Der stellvertretende Chef des Admiralstabes:
Behncke.
Großes Hauptquartier, 6. November. (W. T. B.) Am 3. November machten unsere Großen und Kleinen Kreuzer einen Angriff auf die englische Küste bei Jarmouth. Sie beschossen die dortigen Küstenwerke und einige kleinere Fahrzeuge, die in der Nähe vor Anker lagen und augenscheinlich einen Angriff nicht erwarteten. Stärkere englische Streit⸗ kräfte waren zum Schutze dieses wichtigen Hafens nicht zur Stelle. Das unseren Kreuzern scheinbar folgende englische Untersee boot D 5 ist, wie die englische Admiralität bekannt gibt, auf eine Mine gelaufen und gesunken.
Der Chef des Admiralstabes: gez. von Pohl.
Kolonialer Kriegsschauplatz.
Tokio, 5. November. (W. T. B.) Amtlich wird mit⸗ geteilt, daß die Beschießung Tsingtaus energisch fort— gesetzt wird. Die Deuischen machten in der Nacht des 3. No⸗
vember einen Ausfall.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Mailand, 5. November. (W. T. B.) Wie der „Secolo“ meldet, bohrte ein türkischer Kreuzer bei Sebastopol das russische Schiff „Großfürst Alexander“ in Grund. Die Mannschaft und die Passagiere wurden nach Konstantinopel gebracht.
Konstantinopel, 5. November. (W. T. B.) Amtlicher Kriegsbericht: Gestern hatte unsere Kavallerie ein Gefecht mit russischen Kosaken, die geschlagen wurden und sich zurückziehen mußten. Unsere Kavalleriediwisionen bedrohten die Nachhut der feindlichen Armee.
Wohlfahrtspflege. Die Kriegsmaßnahmen der deutschen Arbeitgeber.
Das ‚„Reichsarbeitsblatt“ berichtet in den letzten Heften über die Maßnahmen des Reichs, der Einzelstaaten, der Gemeinden und Privaten als Arbeitgeber gegenüber ihren Angestellten und Arbeitern sowie deren Angehörigen, soweit sie bisher bekannt geworden, insbe⸗ sondere in Fachzeitschtiften veröffentlicht worden sind. Danach haben zablreiche Arbeitgeber den Aufforderungen der Behörden und Arheit⸗ geberverbände entsprochen, indem sie die Betriebe nach Möglichkeit, teilweise unter Einschiänkung der Arbeitszeit, aufrecht erhalten haben. Erfreulicherweise haben auch viele Arbeitgeber bekanntgegeben, daß sie ihren zum Kriege eingezogenen Arbeitnehmern den Lohn bezw. das Gehalt während der Dauer des Krieges ganz oder teilweise weiter⸗ zahlen. Ebenso wie die privaten Arbeitgeber zahlen Reich, Einzel. staaten und kommunale Körperschaften ihren eingezogenen Arbeitern die Bezüge während des Krieges zum Teil weiter. ö.
Die Betriebe des Deutschen Reichs und des preußischen Staates zahlen den zurückgebltebenen Familien der zum Veeres⸗ dienst einberutenen ständig beschäftigten Arbeiter: 1) der Ehefrau je nach Bedarf bis zu 25 v. H. des Lohnes, 2) jedem Kinde unter 15 Jah en je nach Bedarf bis zu 6 v. O. des Lohnes, im ganzen für alle Kinder höchstens die Hälfte des Lohnes. In ähnlicher Weise zahlen die übrigen, Einzelstaaten den Angehörigen der in ihtem Betriebe beschäftigten Arbeiter einen Teil des Lohnes weiter. So gewährt Württemberg den Frauen und Kindern der Arbeiter der Vertehrsanstalten, einschließlich der nicht ständigen Hilfsunterbeamten, Lohnfortzahlungen, und zwar für die Ehefrau 25 v. H., für jedes Kind eines verheirateten Arbeiters 5 v. H., für jedes Kind eines verwitweten oder geschiedenen Arbeiters 74 v. H., zusammen höchstens bis 50 v. H. des zuletzt bezogenen Lohnes ohne Prüfung der Bedürfnisfrage. In Bremen erhalten die im Monatsgehalt stehenden Angestellten für einen Monat das volle Gehalt, die in Lohn stehenden Arbeiter für vier Wochen den Be⸗ trag des ordentlichen wöchentlichen Lohnes, dann die Chefrauen bis zu 30 v. H. je deg Kind unter 16 Jahren bis zu 10 v. H. des zuletzt verdienten Gehaligz. In Lübeck erhalten die staatlichen Angestellten und Arbeiter während der Dauer des Feldzugs ihren Lohn fortgezahlt.
Die Städte zahlen ihren Angestellten und Arbeitern den Lohn entweder voll oder zur Hälfte für die Dauer des Krieges oder für eine gewisse Zeit weiter, oder sie zahlen den Lohn für eine bestimmte Zit und dann an die Frauen und Kinder einen Teil des Lohnes. Einige Städte gewähren den Angehörigen ihrer eingezogenen Arbeiter einen bestimmten Betrag als Unterstützung. Wieder andere bemessen die Höhe der Fortzahlung bezw. der Unterstützung danach, ob die Arbeiter als ständige oder Stadtarbeiter angestellt waren oder nur vorübergehend beschäftigt wurden. Nach den
Mitteilungen im neuesten Heft des Reichsarbeitsblattg “ sind die Lohnfortzahlungen der Städte an die Famtlien ihrer eingezogenen Angestellten und Arbeiter entweder nach dem Gehalt bezw. Lohn be⸗ rechnet, die der Eingezogene zuletzt erhtelt, vereinzelt nach dem orts⸗ üblichen Tagelohn, oder es sind seste Markbeträge ausgeworfen; in einigen Fällen sind Zuschläge zur reichsgesetzlichen Unterstützung vorgesehen. Braunschweig, Kiel u. a. jahlen neben der sonstigen Unterstützung die Miete für die Familten der ein⸗ gezogenen Arbeiter; in einigen anderen Siädten ist die Gewährung der Lohnfortzahlung in Lebensmitteln, Bekleidungs⸗ stücken usw. in Aussicht genommen, z. B. in Hagen s. W. In sehr vielen Fällen ist die Regelung der Lohnfortzahlung nur als vorläufig angesehen, da sich zu Anfang meist noch nicht überblicken ließ, welche Belastung sich fur die Stadt ergeben würde; dies gilt wohl besonders von den Siädten, welche die Bauer der Fortzahlungen begrenzt haben; in einigen Fällen ist dies auch ausdrücklich bemerkt. Tatsächlich haben einige Stäbte die Bestimmungen bereits geändert. Die Unterstützungen werden vielfach ausdrücklich auch den sonstigen Angehörigen (außer Frau und Kind) gewährt, die der Eingezogene unter halten hat.
Private Arbeitgeber haben ebenfalls in vielen Fällen, wie erwähnt, Gehalt, und Lohnfortzahlungen an die Angestellten und Arbeiter ihrer Betriebe beschlossen. Im neuesten Heft des Reichg⸗ arbeitsblatts! wird u. a. berichtet: Die Angestelltenunterstützungen werden meist nach Sätzen gewährt, die nach dem zuletzt bezogenen Gehalt der Eingezogenen berechnet werden, ebenso die Arbetter⸗ unterstützung vielfach in Teilen des Lohnes, oft jedoch auch nach festen Martbeirägen oder als Zusch äge zur staatlichen Unterstützung (z. B. Uaterstützung in Höhe der Staatsunterstützung: Akttengesellschast Lauchhammer, Eisenwerkgelellschaft Maxhütte, Haidhof u. a.). Nur zum kleinen Teile ließ sich aus den Zeitungznachtichten ersehen, ob auf dle angegebenen Unterstützungen die staailichen Unter⸗ stützungen angerechnet werden oder nicht; niedrige Sätze dürsten wohl überall as Zuichuß zur Staatsunterstützung gedacht sein. Ueber die Art und Höhe der Unterstützungen sind mehrfach von Arbeit gebervereinizunnen, kartellierten Werken usw. Ueberein kommen getroffen worden. So haben die Stempelvere migung der Berliner Banken und Bankiers, die Frankfurter und die Münchener Banken vereinigung be⸗ schlossen, ihren Mitgliedern zu empfehlen, den eingezogenen Angestellten das volle Gehalt weiterzuzjahlen. Nach einer Mitteilung der Handels— kammer Worms haben sich dort die Inhaber der größeren Betriebe über die Höhe der Unterstützungesätze geeinigt.
Die Mittel für die Unterstuͤtzungen werden, soweit hierüber etwas bekannt geworden ist, entweder als laufende Betriebsausgaben an— gesehen, oder es sind, wie dies namentlich bei Aktiengesellschaften ge⸗ schehen ist, größere Summen hierfür ausgeworfen worden. Die Be⸗ lastung ist zum Teil recht erheblich; so haben, um einige Beispiele anzuführen, die Strebelwerte 250 9000 „, die Maschinenfabrtk Augsburg Nürnberg 750 000 4Æ, die Drahtseilbahnfabrit A. Bleichert in Leipzig ⸗ Gohlis 600 000 S für Unterstützungszwecke aus— geworfen. Bei einigen Betrieben werden die Uuterstützungen aus Kassen gezahlt, an welche die nicht eingezogenen Arbeiter einen Teil thres Lohnes abführen, und denen der Ärveitgeber meist den gleichen Betrag zuführt. Der alte Bergarbeiter verband hat seinen Mitgliedern empfohlen, sich mit Lohnkürzungen zu Zwecken rer Unterstützung der Eingeiogenen einverstanden zu erktären, wenn die Zechen den gleichen Betrag beisteuern und eine völlig un⸗ parteiische Verteilung gewährleistet ist. Im ganzen wurden bei 37 Betrieben derartige Kassen sestgestellt; die Beitrags—⸗ leistungen der zurückzebliebenen Arbeiter schwanken zw schen 2 und 15 v. H. des Lohnes; die Aibeitgeber leisten denselben Betrag, vereinzelt die Hälfte. So zahlen in die Kriegskasse bezw. Unterstützungskasse des Mülheimer Bergwerksbereins die Arbeiter 3 v. H. des Lohnes, in die der Zechen Prosper 1, II, III 24 v. H., in die der Glashütte Friedrichsthal 4 v. H., in die der Firma Petty⸗ Dereux in Düren 10 v. H., in die der Rheinischen Metallwarenfabrik in Düsseldorf 3—5 v. P.; die Lederfabrik Freudenberg in Weinhrim zahlt täglich 1000 K, die ledigen Abeiter zahlen 15 v. H., die ver⸗ hetrateten 10 v. H. in die Unterstützungèkasse.
Neben den Unterstützungen in barem Gelde gewähren einige Be⸗ triebe den Angehörigen ihrer eingezogenen Angestellten und Arbeiter Unterstützungen anderer Art. So erheben eine Anzabl Werke keine Mieten für die Fabrtkwohnungen und zahlen den außerhalb Woh nenden einen Miete zuschuß. Die Zechen Profper 1, II und 11I haben die Zechenwohn ungen mietfrei über assen und g währen für die übrigen Wohnungen 70 v. H. der Miete; wenn sich der Hauswirt weigert, die Wohnung für diesen Preis weiter zu überlassen, werden die Familien in Zechenwohnungen untergevracht. Eine größere Anzahl Werke ge⸗ währen ferner den Angehörigen der Eingezogenen freie Heizung. Einige Betriebe, z. B. die chemische Fabrik Hönningen, geben außer ihrer sonstigen Unterstützung Mittag⸗ und Abendessen. Emige Be⸗ triebe, z. B. die Akt. Ges. Röcknttz in Wurzen und die Zementfabrkk Kösen, haben größere Posten Mehl und Schweine angekauft, die sie verarbeiten lassen und den Familien der Einberusenen zu einem billigen Preis zur Verfügung stellen.
Eine sehr bemerkenswerte Unterstützung bedeutet auch die frei⸗ willige Weiterversicherung der Kriegsteilnehmer und der duich den Krieg arbeitslos gewordenen Arbeiter bei den Kran kenkassen. Die Kassen werden dadurch auch leisftungsfähiger erhalten. So haben die Arbeitgeber der bei der Textilkrankenkasse in Gera versicherten Betriebe, damit den Familien der einberufenen Versicherten die Anwartschaft auf die Familienunterstützung erhalten bleibt, die Weiterversichetung in der Lohnstuse beschlossen, der die Versicherten beim Austritt aus der Beschäf⸗ tigung angehört haben; die gesamten Kosten tragen die Arbeitgeber. Auch die Industriellen Frankfurtsz und der Umgebung beschlossen, die einberufenen verheiraseten Arbeiter durch freiwillige Uebernahme der Beitragsleistung bei der allgemeinen Ortekrankenkasse weiter zu versichern. Die Stadt Legnitz zahlt die Krankenkassen= beiträge für die Kriegsteilnehmer der Stadt weiter. Soweit Nach- richten vorliegen, ist die freiwillige Weite roersicherung der Kriege⸗ teilnebmer bei der Krankenkasse auf Koßsen der Arbeitgeber von 74 Be— trieben vorgenommen worden. Einige Firmen haben zum Teil mit Hilfe von Unterstützungskassen, zu denen die in Arbeit gebliebenen Ar⸗ beiter Zuschüsse zahlen, die ins Feld Gezogenen bei der Kriegsversiche⸗ rung versichert, die beim Tode des Versicherten den Hinterbliebenen einen größeren Betrag zahlt. Einige Firmen haben auch die Satzungen der Pensionskassen zugunsten der Kriegsteilnebmer dahin abgeändert, daß die im Kriege dienstunfäbig Werdenden und die Hinterbliebenen der Gefallenen dieselben Ansprüche an die Pensionskasse erwerben, als ob sie im Dienste der Firma geblieben wären; außerdem soll bei der w, des Ruhegeldes die Kriegszeit als fünf Jahre Arbeitszeit gelten.
Kunst und Wissenschaft.
Die phvsikalisch⸗mathematische Klasse der König⸗ lichen Akademie der Wissenschaften bielt am 29 Oktober unter dem Vorsitz kbres Sekretas Herrn Planck eine Sitzung, in der Herr Schottky eine Mitteilung über zwei Kurven und zwei Flächen vorlegte. Es wird in kurzen Zügen der Zusammen bang zwischen den Definitionen der Aronholdschen, der Berrmnischen Kurve, der Weddleschen Fläche und einer ibr verwandten Fläche dargeftellt. — Herr Einstein überreichte eine Abhandlung: Die formalen Grundlagen der allgemeinen Relativitätetheorie. Zu⸗ nächst wird der Grundgedanke einer allgemeinen Relativitätsthegrie kurz dargelegt und die Grundlage des absoluten Differentialkalkuls nach einer einfachen Meihode entwickelt. Dierauf werden die Feld= gleichungen der Gravitatton nach einer rein kovariantemheoretischen Me bode abgeleitet und dabel gezeigt, daß die Theorie eine bestimmte Beschränkung in der Wahl der Raum⸗-Zeit. Variabeln (Koordinaten) liesert. Zuletzt wird gezeigt, daß Newionsg Theorie als erste Näherung in der abgeleiteten Näberung enihalten ist.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretarg Herrn Diels abgebaltenen Sitzung der vbilosepbisch-bisteri⸗ schen Klasse sprach Herr Roethe über Jacob Vogels Liedz