Vaterland. bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Auf seinen Antrag wurde unter großer Begeisterung die Absendung
nachstehenden Telegramms an den Kaiser n mon ;
Die rumäntichen Bauern unierbreiten Seiner Majestät ihren alleruntertänigsten Dank für die gnädige Fürsorge, die ihnen durch dag allerhöchste Handschreiben vom 265. Sktober zuteil wird.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause erklärte gestern der Handelsminister Runciman, wenn irgend ein Anzeichen dafür vorhanden wäre, daß die britische Kakaoindustrie direkt oder indirekt dem Feinde liefere, würde die Regierung sofort die Ausfuhr von Kakao untersagen.
Italien.
Ein Dekret veröffentlicht eine weitere Liste von Stoffen und Waren, deren Ausfuhr verboten ist. Darunter be— finden sich, wie ‚W. T. B.“ meldet: Zink, Antimon, Messing, Bronze, Holz, Salpeter, Terpentinöl, Wollumpen und Woll— abfälle, Vaseline, Abfälle von Stahleisen und Gußeisen, Speck und Schweineschmalz, Mangan und Manganerze, Knochen,
orn und andere ähnliche Rohstoffe, verzinnte wie verzinkte FEisen⸗ und Stahlklingen. Schweiz.
Die Schweizerische Depeschen-⸗Agentur verbreitet folgende Mitteilung:
Am Sonnabend üherflogen einige erglische, viellescht auch fran zösische Fugue von Frankreich kommend schweizerisches Gebiet und griffen darauf in Friedrich'hafen die Zeppelinwerft an. Angesichts dieser offenkundigen Verletzung der schweizerischen Neutralität beauf— tragte der Bundeg rat die schweizerischen Gesandten in London und Bordeaux, bei der britischen und der französischen Regierung gegen die Verletzung der schweizerischen Neutralität nachdrücklich Verwahrung einzulegen und Genugtunng
zu verlangen. Niederlande.
Blättermeldungen zufolge ist das Durchfuhrverbot für Tee, das vorübergehend in Kraft war, aufgehoben worden. Tee kann wieder frei durch⸗ und ausgeführt werden.
Dänemark. Die Regierung hat heute ein Ausfuhrverbot für alle Pferde erlassen. Türkei.
Der türkische Oberkommissar von Aegypten ist gestern mit seinem Personal in Konstantinopel eingetroffen.
— Die Ausfuhr von Gold ist einer Meldung des Wiener „K. K. Telegraphen⸗-Korrespondenzbureaus“ zufolge unbedingt untersagt. Die Schlüssel zu den vermietbaren Geldschrankfächern bei den Banken sollen den Behörden ausgeliefert werden, soweit sie Ausländern gehören. Im Gegensatz zu den Gerüchten, wonach die osmanische Regierung beabsichtige, den Zinsendienst der öffentlichen Schuld einzustellen, wird in unterrichteten Kreisen festgestellt, daß als einzige Maßregel seitens der Regierung beschlossen worden ist, daß die Eouponzahlung nicht an ausländischen Plätzen, sondern ausschließlich in Konstantinopel erfolgen darf. Die Maßregel ist mit Rücksicht auf die eventuelle Ausfuhr von Gold nach den mit der Türkei im Kriege befindlichen Staaten getroffen worden.
— Die patriotischen Kundgebungen anläßlich der Erklärung des Heiligen Kriegs dauern in den Provinzen noch . Ebenso wie in Jerusalem wurden auch in Gallipoli
undgebungen veranstaltet, in deren Verlauf dem österreichisch⸗ ungarischen und dem deutschen Konsul Huldigungen bereitet wurden.
— Nach einer amtlichen Mitteilung des Scheich ül— Islamats wurde gestern eine Sitzung abgehalten, an der drei ehemalige Scheichs⸗ül⸗Islam sowie mehrere andere religiöse Würdenträger und Ulemas teilnahmen. Die Versammlung nahm einmütig den Entwurf eines Aufrufes an, den die Körperschaft der Uemas auf der Grundlage des bekannten Fetwas an das muselmanische Volk mit Bezug auf den Heiligen Krieg richten wird.
Bulgarien.
In der Sobranje kritisierte vorgestern der Vizepräsident Momtschiloff das Programm der Opposition und betonte, wie „W. T. B.“ meldet, das unerschütterliche Vertrauen der Mehrheit zu der Politik der Regierung. Er erklärte, die Neu⸗ tralität müsse aufrecht erhalten werden, aber man müsse auch für alle Möglichkeiten gerüstet sein. Auf Antrag Momischiloffs wurde dann die Debatte geschlossen.
Albanien.
In Tirana ist nach einer Meldung des W. T. B.“ ein Aufstand gegen Essad Paschg wegen dessen serbenfreund⸗ licher Haltung ausgebrochen. Der nach Tirana entsandte Polizeichef von Durazzo verkündete dort das Standrecht und veranlaßte die Verhaftung mehrerer Gegner Essads. Durch diese Maßnahmen auf das Aeußerste gereizt, sollen sich die Be⸗ wohner der Umgebung in größerer Zahl bewaffnet haben, gegen Tirang gezogen sein und die Stadt umzingelt haben. Als Vorsichtsmaßregel gegen einen Vormarsch der Aufständischen nach Durazzo hat Essad durch ungefähr tausend seiner Anhänger die Höhen in der Umgebung und die Haupteingänge von Durazzo besetzen lassen. Der Verkehr nach Tirana ist eingestellt, die Telegraphenleitungen sind durchschnitten.
Amerika.
Der amerikanische Marinesekretär hat dem „Reuterschen Bureau“ zufolge den Kommandanten der Panzerkreuzer „Ten⸗ nesfee“ und „North Carolina /! telegraphisch die Vollmacht gegeben, wenn nötig, zum Schutze der amerikanischen Interessen in der Türkei einzugreifen. Die Offiziere müßten jedoch die durch den Krieg geschaffene schwierige Lage und den Wunsch der Vereinigten Staaten, streng Neutralität zu bewahren, im
Auge behalten. . 636 Afrika.
Wie ‚W. T. B.“ meldet, haben ,, Truppen nach glaubwürdigen Zeitungsnachrichten bei Kanifra am 13. d. M eine schwere Schlappe erlitten. Es sollen wenigstens 23 Offiziere und 600 Mann gefallen sein. Die Marolkaner eroberten zwei Batterien.
Australien.
Die Regierung hat nach einer Meldung der „Times“ he⸗ schlofsen, den ganzen Weizenvorrat von Neusüdwales
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mit Beschlag zu belegen und den Bauern fünf Schilling für den Scheffel zu bezahlen. Die Bauern, Müller und Exporteure erheben dagegen Einspruch. Nach den letzten Schätzungen soll Neusüdwales zwar genug Weizen für den eigenen Bedarf, ganz Australien jedoch vier Millionen Scheffel zu wenig haben.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 24. November, Vormittags. (W. T. B.) Englische Schiffe erschienen auch gestern an der flandrischen Küste und beschossen Lombartzyde und Zeebrügge. Bei unseren Truppen wurde nur geringer Schaden angerichtet. Eine Anzahl belgischer Landeseinwohner wurde aber getötet und verletzt.
Im Westen sind keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 24. November, Vormittags. (W. T. B.) Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage noch nicht geklärt. In Ostpreußen halten unsere Truppen ihre Stellungen an und nordöstlich der Seenplatte. Im nördlichen Polen sind die dort im Gange befindlichen schweren Kämpfe noch nicht entschieden. Im südlichen Polen steht der Kampf in Gegend Czenstochau, auf dem Süd⸗ flügel nördlich Krakau schreitet der Angriff fort.
Die amtliche russische Meldung, daß die Generale von Liebert und von Pannewitz in Osspreußen gefangen genommen seien, ist glatt erfunden. Der erste befindet sich in Berlin, der zweite an der Spitze seiner Truppe; beide sind seit längerer Zeit nicht in Ostpreußen gewesen.
Oberste Heeresleitung.
Wien, 23. November, Mittags. (W. T. B. In Russisch Polen ist noch keine Entscheidung gefallen. Die Verbündeten setzen ihre Angriffe östlich Czenstochau und nordöstlich Krakau fort. Bei der Eroberung des Ortes Pilica machten unsere Truppen gestern 2400 Gefangene. Das Feuer unserer schweren Artillerie ist von mächtiger Wirkung. Die über den unteren Dunajec vorgegangenen russischen Kräfte konnten nicht durch⸗ dringen. Die Kriegslage brachte es mit sich, daß wir einzelne Karpathenpässe dem Feinde vorübergehend überließen. Am 20. November drängte ein Ausfall aus Przemysl die Ein⸗ schließun gsstruppen vor der West- und Südwestfront der Festung weit zurück. Der Gegner hält sich nunmehr außer Geschützertrag.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Hoefer, Generalmajor.
Der Krieg zur See.
Berlin, 24. November. (W. T. B.) Nach amtlicher Bekanntgabe der englischen Admiralität vom 23. November ist das deutsche Unterseeboot „U 18“ durch ein englisches Patrouillenfahrzeug an der Nordküste Schottlands zum Sinken gebracht worden. Nach Meldung des „Reuter⸗Bureaus“ sind durch den englischen Torpedobootszerstörer „Garry“ drei Offiziere und dreiundzwanzig Mann der Besatzung gerettet worden. Ein Mann ist ertrunken.
Der stellvertretende Chef des Admiralstabes: (gez.): Behncke.
Rotterdam, 24. November. (W. T. B.) Nach Mel⸗ dungen aus sicherer Quelle ist der englische Ueber⸗ dreadnought „Audacious“ am 28. oder 29. Oktober an der Nordküste Irlands auf eine Mine gelaufen und ge⸗ funken. Die Admiralität hält das Ereignis streng geheim, um Aufregung im Lande zu vermeiden.
Audaclous“ hatte ein Deplacement von 27900 Tonnen, eine Maschinenstärke von 28 9000 Pserdekräften, eine Geschwindigkeit von 27 Seemeilen, eine Bestückung von zehn 34,3. em- und sechzehn 10 2⸗0m- Kanonen, die Besatzung betrug etwa 1100 Mann.
Statistik und Volksmirtschaft.
Ueber die Bedeutung und die Ausführung der Vieh— zählung in Preußen am 1. Dezember 1914 gibt das Königlich preußlsche Statistische Landesamt in der Stat. Korr.“ die folgende Belehrung: . .
Am 1 Dezember 1914 findet im Deutschen Reiche eine all⸗ gemeine Viehjählung statt. Die Fragen, die hierbei an die Bevölte⸗ rung gestellt werden, sind leicht verständlich; ihre Beantwortung ver⸗ ursacht nur geringe Mühe. Es werden gezählt: Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine und Jiegen, bet dem Rindvieh und den Schweinen auch die Unterarten. .
Der Zähler hat innerhalb des ihm zugewiesenen Zählbezirks von Gehöft zu Gehöft und in diesem von Haushaltung zu Haushaltung das in der Nacht vom 30. November zum 1. Sezem ber 1914 auf dem Gehöfte vorhanden gewesene Vieh zu zählen und die Zahl in die Zählbezirkellste wahrheitsgetreu einzutragen. Das Ergebnis ist dem Haushaltungsvorsteher vorzulegen und von ihm mündlich zu bestätigen. .
Ueber die in den Zählbezirkslisten enthaltenen, den Viehbesitz des Einzelnen betreffenden Nachrichten ist das Amtegeheimnis zu wahren. Die Angaben dürfen nur zu amtlichen statistischen Arbeiten, nicht aber zu Steuerzwecken benutzt werden. Die Ergebnisse der Vieh⸗ zählung dienen lediglich den Zwecken der Staats, und Gemeindeyer— waltung und der Förderung wssenschaftlicher und gemeinnütziger Auf⸗ gaben, wie Hebung der Viehzucht. Insbesondere soll dadurch ein Ein⸗ blick in die Fleischmengen gewonnen werden, die durch die heimische Viehzucht für die Volksernährung verfügbar werden. ;
Die Erreichung des bedeutfamen Zweckes der Zählung hängt zum großen Teile von der Mithilfe der Bevölkerung ab., An sie wird daher die dringende Bitte gerichtet, das Zählgeschäft durch bereitwilliges Entgegenkommen den Zählern, Ortshehörden usm. gegenüber zu erleichtern. Es bedaif einer großen Zahl greiwilliger Zähler, die bei der Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit die Figenschaft von offentlichen Beamten besitzen. Es steht zu erwarten, daß, wie bei früberen Zählungen, so auch dtetzmal sich in genügender Jahl Personen finden werden, die bereit sind, dieses Ehren⸗ amt ju Übernehmen; sie würden damit dem allgemeinen öffentlichen Interesse einen wesentlichen Dienst leisten. Endlich ist noch in ge— eigneter Weife, namentlich durch Besyrechung in den Gemeindever⸗ sammlungen, in den Schulen und durch Abdruck dieser Belehrung in ben amtlichen Blättern und in der Tagegpresse der Zweck der bevor=
Die e ,, der Ergebnisse der Zählung geschieht durch dos Königlich preußische Statistische Landesamt in Berlin 8W. 68, Linden straße Nr. 28, das jur Behebung eiwa auftauchender Zweifel auf jede Anfrage bereliwilltgst Auskunft erteilen wird. Eine etwaige Ver⸗ öffentlichung der Ergebnisse wird so gehalten werden, daß darin die Angaben des einzelnen Haushaltungssorstehers in keinem Falle mehr
erkennbar sind. Wohlfahrtspflege.
Der Erzbischof von Cöln,. Kardinal von Hartmann hat, wie die Kölnische Volkszeitung“ mitteilt, aus ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dem Berliner Kriegsausschusse für warme Unterkleidung 10 900 9 üherwiesen mit der Bitte, die Coͤlner Regimenter besonders zu berücksichtigen.
Kunst und Wissenschaft.
Zum hundertjährigen Geburt tag Robert Mayexs. Der Krieg, dessen Lärm jetzt die ganze Welt durchhallt und dessen , Durchführung unser ganzes Denken und Streben gewidmet st, darf nicht verhindern, daß wir auch der großen Taten in den Werken des Friedens gedenken, und gerade die Naturwissenschaften haben ja durch ihre innige Veibindung mit der Technik eine so nahe Beziehung zu der modernen Kriegsführung, daß es wirklich kaum einer Gnischuldigung bedarf, wenn wir den Gedenktag eines der Größten im Reiche der Naturwissenschaften nicht ganz achtloz vorübergehen lassen. Robert Mayer, dessen hundertjäbriger Geburtstag auf den 25. November fällt, hatte in jungen Jahren nach vollendetem Studium der Medntiin eine Weltreise als Schiffsarzt angetreten und wirkte jpäter als einfacher Arzt in seiner Vaterstadt Heilbronn. Die Beobachtung, die ihn zu seiner das wissenschaftliche Denken um⸗ wälzenden Entdeckung führte, machte er vereits auf seiner großen Reife; er hatte bemerkt, doß beim Aderlassen auf Batapta das der Armvene entnommene Blut eine weit hellere Röte zeigt als in unserem kälteren Klima. Der Ursache dieser Erscheinung nachgehend, kam er zu der genialen Auffassung von der Aequivalenz der Wärme mjt mechanischer Arbeit, er berechneie auch bereiis dag mechanische Aequt⸗ valent der Wärme, das ist die Arbeitsmenge, die beim Verschwinden einer bestimmten Wärmemenge als ihr Ersatz auftritt, und wurde so der Begründer des die gesamte Naturauffassung der folgenden Generationen beherrschenden Gesetzes von der Erhaltung der Kraft oder, wi⸗ man es heute gewöhnlich nennt, von der Erhaltung der Energie. Mayer teilte lange Zeit das Schicksal bedeutender Männer, deren Gedanken dem Denken ihrer Zeit vorauseilen, er wurde nicht verstanden und nach dem Goetheschen Wort wir sind gewöhnt, daß die Menschen ver
böhnen, was sie nicht verstehen' in ausgiebigem Maße verhöhnt und versvottet, wodurch jahrelang eine siarke Verbitierung in ihm Platz griff. Seine im Jahre 1812 erschienene grundlegende Abhandlung „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur, konnte er nicht einmal in' der damals wohl einzigen physikalischen Zeitsch ift zum Abdruck bringen, sondern mußte jroh sein, in den chemischen Annalen don Liebig eine Stätte für sie zu finden; und doch enthielt diese Arbeit bereits den Kern des die gane Phyfik und welt über die Physit hinaus das gesamte Geschehen in der Natur beherrschenden Gesetzeß von der Erhaitung der En rgie. Als später das Gesetz durchged' ungen war, vornehmlich dusch die experimentellen Arbeilen von Joule in England und die bervoꝛ⸗= ragenden 1iheoretischen Arbeiten von Helmholtz in Deutschland, wurde die Großtat Mayert auch noch lange verkannt und erst in späterem Alter — er starb am 20. März 1878 — wurde ihm die gebührende Anerkennung zuteil. Das Energiegesetz selbst hat semen Rang als wichtiger Ausdruck für das Geich'hen in der Natur, der uns den nefsten Einblick in den Mechanismus des Geschehens gewährt, big heute behauptet. Eine Zeitlang schien es, als ob bei den großen Umwälzungen, die die vhysikalische und chemische Wissen. schaft in unseren Tagen erfahren haben und noch erfahren, auch das Energiegesetz in die Reihe der ühberwundenen Hypothesen wüde wan dern müssen. Die fruchtbare Entwicklung, die an den Nachweis elektrischer Wellen anschließend zu der Entdeckung der Röntgenstrahlen und in fernerem Verlauf einer Reihe weiterer seltsamer Strahlungen gesübrt hat lebrte uns auch die Elektroden kennen, deren körperliche Maße und Ausdehnung noch tausend bis zweitausendmal geringer ist als die der Atome, diefer kleinsten Grundbestandteile der körperlichen Welt. Dann kam die Entdeckung und Darstellung des wunderharen Radtums mit seiner scher unerschöpflichen Kraftquelle der Strahlung, und im Zusammenhang mit der Ersorschung seiner Eigenschaften wurde die Umwandlung des Elements Helium entdeckt, eine Tatsache, die die Grundlagen der Chemle ebenso umzuwälzen geeignet erschien, wie die Kraftquelle des Radiums die der Physik. Aber das von Mayr be—⸗ gründete Gesetz von der Erhaltung der Eneraie überstand den Sturm fiegreich und steht heute als Grundlage unserer gesamien Natur= erkenntnis gefeftigter da als je. Aber wenn dem auch nicht so wäre, wenn das Energiegesetz das Schicksal mancher andern natumwissenschaft
lichen Auffaffung teilen müßte und sich als unhalthar erweisen würde und von andern zutreffenderen Anschauungen abgelöst werden müßte, so könnte das der Größe urd Bedeutung Mayers keinen Eintrag tun. Jeder Forscher wurzelt in seiner Zeit und ist durch sie in seinen Teistungen begrenzt. Die Größe und Bedeutung eines Forschers zeigt sich darin, daß er sich über die Vorurteile seiner Zeit zu erheben und so der Forschung neue Wege zu weisen vermag. Das hat Maper getan, und deshalh wird sein Name in der Geschichte der Wissenschaft als einer der Leuchtendsten fortleben.
Literatur.
Den Beziehungen zwischen Krieg und Volkswirtschaft, die sich heute ja bis in jeden Haushalt und für jeden einzelnen fühlbar machen, geht im vierten Kriegsheft der „Internationalen Monatsfchrift für Wissenschaft, Kunst und Technik“ (Einzelheft 25 3. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig⸗Berlin) der Berliner Volkswirtschaftler Werner Sombart nach. r beantwortet die Frage „Werden wir Sieger bleiben im Kampfe mit den Feinden unserer Voltswirtschaft? Werden wir „durchhalten“ können?“ mit einem entschiedenen Ja“. Wenn nicht noch Störungen ganz unerwarteter Art auftreten und zumal, wenn sich auch in der Zukunft der Sieg an unsere Fahnen hefte, so liege k in Grund ver, zu zweifeln, daß unsere Volkswirtschaft intakt erhalten bleibe und daß unsere Bevölkerung ihren Unterhalt in ihr gewinne. Was bisher an Schädigungen eingetreten, sei gewiß nicht gering, aber geringer, als wohl irgend jemand von uns erwartet habe. Wir hätten eigentlich gedacht, dak die wirtschaftliche Maschine völlig still stehen werde, wenn der Weltkrieg ausbricht, dawon sei aber keine Rede. Wenn in einer Stadt wie Breslau mit rund einer halben Million Einwohner dieser Tage nicht wesentlich mehr als 5000 arbeitslose Männer und Frauen ermittelt wurden, so müsse man sagen, daß die Störungen des Wirtschafte lebens im Augenblick noch nicht so groß seien wie in manchen Krisenzeiten, und daß von einem allgemeinen Notstand einstweilen überhaupt noch nicht gesprochen werden könne. Et set aber auch nicht anzunehmen, daß die Zukunft eine wesentliche Verschlechterung der Zustände bringen werde. Die größte Schädigung erführen wir ja natürlich durch die Abschneidung unserer Beziehungen mit dem Ausland, aber auch die brauche nicht tödlich zu werden. Nahrungsmittel hätten wir genug im Lande, um allen falls leben zu können: Die Rohstoffe für einige der wichtigsten In⸗ duffrien, soweit wie sie nicht im Inlande produneren, bekämen wir sicher herein, weil wir sie von neutralen Staaten auf einem Wege beziehen, auf dem sie uns nicht abgefangen werden könnten, 3. B. die schwedischen Eisenerze. Andere, wie namentlich Kupfer, Wolle und Baumwolle, hofften wir doch über neutrale Länder beziehen zu können. Den Bemühungen Englands, sie zu relativer Konterbande zu erklären, werde vermutlich das stark an der Aus⸗ fuhr interessierte Amerita mit Erfolg entgegenarbeiten. Au der übrige Inhalt des Hestes, aus deim die Aufsätze von Professor Hintze⸗ Berlin über unseren Militarismus und der von Professor Kretzschmar Über den „Krieg und die deutsche Musik“ hervyrgehohen
stehenden Zählung zur möglichst allgemeinen Kenntnis zu bringen.
selen, sowie der Brlefwechsel des Münchener Natlonalökonomen
Brentano mit 2 französischen Kollegen. ist beachtenswert und interessant. Die Internationale Monatzschrift für W ssenschaft, Kunst und Techntk wird zukünftig, wie vor dem Krieg, wieder in Monatsheften im Umfange von 64 Seiten erscheinen. Der Aufgabe, in deren Dienst sie sich mit den Kriegs heften geste nf Deutschlands Kampf um Recht und Gesittung mit den Waffen des Geistes führen, uns zum Bewußnsein bringen zu helfen, um was wir kämpfen, wird die Mongtsschrift auch' weiter dienen. Wertvolle, in diesem Sinne gehaltene Beiträge stehen, wie der Verlag mttteilt, bereits für die nächsten Hefte zur Verfügung. Der. Bejuspreis beträgt für das Vierteljahr 3 , der Preis des Cinzelbeftes 150 . Für den Bezug des Dezember⸗ heftes und der drei Hefte des ersten Vierteljahres 1915 beträgt der
Preis 4 6. Jagd.
Bekanntmachung.
Für den Landespolizeibezirk Potsdam bleibt es hinsichtlich des Beginns der Schonzeit für Rebhühner, Wachteln und schottissche Moorhühner im Jahre 1914 bei dem gesetzlich festgelegten Termine (1. Dezember 1914).
Potsdam, den 16. November 1914
Der Bezirksausschuß zu Potsdam. Joachimi.
Verkehrswesen.
Die russische Postver waltung hat jetzt erklärt, den Post⸗ an weisungsverkehr der Kriegsgefangenen zwischen Deutschland und Rußland vorläufig noch nicht zulassen zu können. Die bei deutschen Postanstalten etwa schon eingezahlten, nach Rußland bestimmten Postanweisungsbeträge werden den Absen—⸗ dern wieder zurückgegeben werden.
Heft 11 vom Jahrgang 1914 der „Zeitschrift für Klein— bahnen“, herausgegeben im preußijschen Ministertum der öffentlichen Arbeiten, zugleich Organ des Vereins deutscher Straßenbahn. und Kleinbahnverwaltungen (Verlag von Julius Springer, Berlin), erschien mit folgendem Inhalt: Staatsbeihilfen für Küleinbahnen; Statistik der schmalspurigen Eisenbahnen für das Betriebsjahr 191] 12. nach amtlichen Angaben bearbeitet von Oberingenieur F. Teäula in Melnik (Böhmen) [Fortsetzung!. — Gesetzgebung: Preußen: Erlaß des Königlichen Staatsministerktumg vom 12. Ok- toher 1914. betreffend die Verleihnng des Enteignungs⸗ rechts an die Ziesater Kleinbahn Attiengesellschaft in Zlesar zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von Zeesar nach Güsen; Erlaß des Königlichen Staatsministeriumg vom 25. Oktober 1914. betr. die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gelellschaft ür elektrische Hoch, und Uniergrundbahnen in Berlin zum Bau und Betriebe einer Unterarundbahn in der Stadt Berlin von der Kloster— straße nach der Frankfurter Allee; Erlaß des Könjalichen Staats. ministeriums vom 29. Ottober i914, betr. die Verleihung des Enteignungsrechtsz an die Kleinbahn⸗Akriengesellschaft Lüben— Koßengu in Lüben zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von Lüben na Kotzenau. — Kleine Mitteilungen: Neuere Projekte, Vorarbeiten, Konzessionserteilungen, Betriebseröffnungen und Betriebt änderungen von Kleinhahnen; Ueber neue elektrische Straßenbahnen in Italten; Zwei elektrische nebenbahnähnöiche Kleinbahnen im Nordwesten der Verem gen Staaten von Amerika; Kleinbahnen auf der Insel Formosa. — Bücherschau, Zeitschriftenschau. — Müteilungen des V rein deutscher JItratzenbahn. und Kleinbahnverwaltungen: Ausschluß englischer Waren; Straßen. und Kleinbahn berufegenossenschaft; „Unfälle des täglichen Lebens oder Betriebsunfälle?“ Von M Kayser, Geschäfts— führer der Straßen. und Kleinbahnberufsgenossenschaft; Patentbericht lmit 5 Abbildungen); Aus üge aus Geschäftsberichten. — Statistik der deutschen Kleinbahnen für den Monat September 1914.
Verdingungen.
( Die nãheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs und Staatsanzeiger / ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9 = 3 Uhr eingesehen werden.)
12. Dezember (n. St., von 3 bls 4 Uhr Nachmittags. Varnaer Stadtgem eindeverwal tung: Aueschreibung . Kon⸗ kurrenz zur Lieferung von 13 125 ökonomischen Hrahtlampen und ge— wöhnlichen elektrischen Lampen für die elektrische Beleuchtung der Stadt; Annähernder Wert der Lieferung 15 000 wa. Sicherstellung lt . ö. Bewerber werden auf das Gesetz, beireffend die en Unternehmungen, hingewiesen. (D 8 8 het bg mn, g hingewiesen. (Deutsches Handelsarchtv
Sandel und Gewerbe.
Ueber die Lage des deutschen Arbeitsmarktes im Monat Oktober 1914
berichtet das vom Kaßtserlichen Statistischen Amt heraus Reichsarbeitsblatt in seinem Novemberheft: ö
Die im September dem August gegenüber in fast sämtlichen Gewerbezweigen eingetretene Verbesserung deg Arbeitsmarkts hat sich im Oktober weiter fortgesetzt. Vor allem haben die verschiedenen Industrien, die sich an den Kriegslieferungen beteiligen können, im Okiober nicht nur gleich lebhafte, sondern zum Teil sogar noch leb⸗ haftere Beschäftigung als im Vormonat aufjuweisen gehabt. Die mit wenigen Ausnahmen herportretende Besserung erstreckt sich sogar auf Luxutzindustrien, wie die Edelmetallindustrte. Rur das Bau ö ö. . k im Okiober . ollgemeinen nicht auf⸗
) gehabt um Teil unter dem 7 ü n rr g e stennissh influß der ungünstigen
Die Hebung des allgemeinen Beschäftigungsgrades ist, wie aus den Industrieberichten, fo auch daran ju erkennen, daß die Nachweise über die Arbeitslofen in den deutschen Fachverbänden im Oktober tine erhebliche Verminderung der Arbeits losenzahl ergeben. Die Arbeitslosigkeit war Ende Ottober nur noch halb fo groß als Ende August. Ebenso ist die Zahl der Krankenkafsenmitaglteder wiederum gestiegen, und dle zahlenmäßig an der Hand der Kran ken— kassenberichte erkennbare Zunahme der Beschäftigten bleibt wahr—⸗ . noch hinter der tatsächlichen Besserung zurück.
ach den Berichten der Arbeitsnachweisverbände hat si 9 Lage des Arbeitzmarktes in Schlesten, in K * hen, Nassau, Hessen und Waldeck, ebenso in Damburg ö. Kü hte m berg auch weiterhin nicht unerheblich verbessert. Die ,. le, Arbeitsmarktes in Brandenburg-⸗Berlin wird sogar als 3 relle, besser alt im Voriahr um die gleiche Zeit bezeichnet. Der ,,,, im Rheinland wird als gut, der in West 3. en. als gleichfalls günftig angegeben. Auch für die Provinz ö ,, Jag Derzogtum Anhalt wiid eine günstigere Ge— rn des Beschäftigungsgrades der Arbeiter festgestellt. In 9 eswig-Holste in war die Lage nicht ungünftiger alg im ö ,,, die Eisen- und Schiffbauindustrie ist unverändert stark esch tigt, und nicht minder weisen die Nahrungemittel- und Be—
kletdungsindustrien weiterhin gute Beschästigung auf. . fi Diesem Gesamtüberblick läßt daz Reichs arbeitsblatt; eine aus= hn Wiedergabe von Berichlen über Reschäftigung, Arbeitslosig. eit, Arbeitgnachweig usw. folgen. Auch über Arbeitzmarkt und
Arbeits losigkeit in England und . nd im neutralen Auslande wird nach
—
¶ Weitere Nachrichten über, Handel u. Geweiben J. i. S. Ctsten Bellage)
Theater und Musik.
Morgen, Mitiwoch, Abends 73 Uhr, findet im Königlichen Opernhause das 3. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdrrektors Dr. Richard Strauß statt. Die Mitagsaufführung zu diesem Konzert beginnt um 12 Uhr an demselben Tage.
Wegen mehrfacher Erkrankungen im Personal der Königlichen Dver wird heute, Dienstag, den 24. d. Mets, im Königlichen Schauspielhause statt Ariadne auf Nax᷑os“ꝰ Das Volk in Waffen“ gegeben. Die für die heutige 198. Dauerbezunsvorstellung bereits verkauften Eintrittskarten behalten ihre Gültigkeit für die neu angesetzte Vorstellung Ste werden auch, jedoch nur bis zum Beginn der Vorstellung, an der Schauspielhauskasse zum Kassen⸗ preise, einschließlich der amtlichen Voorverkaunggebüßr, zurückgenommen. Eine spätere Zurücknahme ist ausgeschlossen. — Morgen wird Kater Lampe, gegeben. Heschäftigt sind darin die Damen; Conrad, Arnstädt, bon Mayburg. Ressel, Pategg und Hoff, sowie die Herren Vollmer Vallen tin, Patty, Mannstäbt, Leff ler, Bruck und Cichholz. Spiel⸗ leiter ist der Oberregisseur Pamry.
In der am Sonnabend im Theater in der Königgrätzer Straße statifindenden Erstaufführung von . Stunmidyll? Lustsptel in drei Akten von Fritz Grünbaum und Wilbelm Sterk, sind in den Hauptrollen die Derren Eugen Burg Ludwig Hartau. Rudolf Teubler, Friedrich Zilnik sowie die TVamen Ida Wüst und Agda Nilsson be⸗ schäftigt. Die Regie führt Eugen Barg.
Zu Gunsten der Natjonalstiftung für die Hinter bliebenen der im Kriege Gefallenen veranstaltet der Vorstand der Jüdischen Gemeinde em Konzert am Sonnabend, den 5. De⸗ zember d. J. Abends 7 Uhr, in der Neuen Synagoge, Oranien burgerstraße 30.
Konzerte.
Einen Beethoven⸗Abend von seltener Weiße ließ seine Hörer der bestens bekannte Pianist WalLdemar Lutschg im Saale der Singakademte genießen, wo er um Besten deg „Hilfsbundes für bedürftige gebildete Frauen und Mädchen am Donnersztag ein Konzert gab, Wie kaum einer bat sich dieser ernste Künstler, aller Künstelet abhold, in den Geist der Beeihovenschen Muse hineingelebt. Bei seinem Spiel fließt alles klar und selbstverständlich erquickt und weckt die heiligsten Empfindungen, Ta ist alles echte, zu Herzen gehende Musik, die in des Wortes wahrer Bedeutung „das Zeitliche abge— streist hat und Seligteitsfernen ahnen läßt. Von dem erlesenen Pregramm seien nur die C-Dur⸗Sonate, Sp. 53 (Waldstein) die Sonate in As. Dur, Op. 110, das melodtöse Rondo in Gdur Oy. 51 Nr. 2, allerdings etwas rasch genommen, wie die ewig⸗ schöne F⸗Moll-⸗Sonate, Op. 57 (Appassionata) genannt. — Die „Vaterländische Vereinigung der Berliner Künstlerinnen“ ver— anstaltete gleichzeitig im Beethovensaal ein Konzert, dessen Rein⸗ ertrag zugunsten der Berliner Bühnenkünstler verwendet werden sollte. Lilli Lehmann und Melanie Kurt hatten sich fär den guten Zweck zur Verfügung gestellt, und das neu zusammengestellte Heß= Quartett steuerte ebenfalls wertvolle künstlerische Gaben bei. Lilli Lehmann sang mit ihrer unvergleichlichen Gesangs und Vortraas— lunst Lieder von Schubert, von denen. Auf dem Wasser zu singen“ so großen Beifall fand, daß es wiederholt werden mußte. Melanie Kurt erfreute mit ihren prächtigen Stimmitteln durch Lieder von Hugo Wolf. Den ihr gespendeten . Beifall lohnte sie durch eine Zugabe von Brahms' Meine Liebe ist grün“. Das Heß Quartett brachte in idealem Zu⸗ sammenspiel ein Streichquarteit von Grieg sowie die Italienische Serenade von Wolff zu Gehör. Den Schluß bildete die Kaiser. bymne“ von Haydn. — Eines anderen zu wohltätigen Zwecken ver— anstalteten Konzerts, das einige Tage vorher in demselben Saale stattgefunden hatte, sei an dieser Stelle noch gedacht. Alexander Heinemann hatte die Verehrer seiner gepflegten Gefangskunst in greßer Zabl dort versammelt und erntete für seine Lieder. und Balladenvorträge rauschenden Beifall. Letzterer galt auch dem Kom⸗ vonisten Hans Hermann, der eine Reihe eigener wirtungsvoller Lieder vortrefflich am Klavier begleitete.
Zu einem der bedeutendsten unter den Geigern hat sich der einstige Wunderknabe' Franz von Veesey eniwickelt, ö am 6 abend im Beethovensaale mit dem Philharmonischen Orchest er, das teils unter der Leitung von Camillo Hildebrandt, teils unter Professor Dr. von Hu bay stand. Werke von Brahms, J. S. Bach und Jenö von Hubay in einer Vollendung darbet, wie sie nur ein Vollblutmusiker zu bringen imstande ist. Bas war aus— gereift⸗ Kunst. Großzügig und packend erklang das D. Dur-Konzert Op. 77) von Brahms, sttlecht der Bach, in dem Hubay die zweite Geige meisterte, und schwungvoll das großartig aufgebaute 4 Violin lonzert von Hubagy mti dem Komponisten am Pult. Der Abend war ein Ereignis im Berliner Konzertleben. — Wie anders verlief ein Volks, und Kinderliederabend, den Margarete Fritt gemeinsam mit dem Hofkapellmeister Richard Hagel am Glavier im Bechsteinsaal gah. Es wurden Leder von Weber, Gesänge aus dem XIV. und XIX. Jahrhundert, Aueländische Lieder in der Bearbeitung von H. Reimann und die bekannten, Kinderlteder “ von Taubert in recht ausdrucksarmer, fonloser Art vorgetragen. Auch die Begleitung zeigte keine persönliche Note.
Obzwar die Kunst, die am Sonnabend im Beethoven saal geboten wurde, nicht den musikalischen Veranstaltungen bei. zuzählen ist, so sei ihrer um deswillen an dieser Stelle gedacht, weil Dr. Ludwig Wüllner, der Meister des gesungenen wie des ge⸗ sprochenen Worts, der auch der Musik der deutschen Sprache wie kaum ein anderer Geltung zu verschaffen weiß, sie darbor Er fesselte und begeisterte seine überaus zahlreich erschienenen Zuhörer durch den unvergleichlich schönen und das Wesen der erhabenen Dichtung in seiner ganjen Tiefe erfassenden Vortrag zablreicher Szenen aus beiden Teilen von Goethes „Fauste. Wahrlich eine größere, ernstere und tünstlerisch bedeutendere Aufgabe konnte sich Dr. Wullner nicht stellen und er⸗ schöpfender, das letzte Geheimnis der Dichtung kiarlegend, konnte er nicht dem weltumfassenden Werke gerecht werden, als er es getan hat. Einfech, klar und alle Abgründe und Höhen des Denkens durch— drmgend sprach Ludwig Wüllner den einleitenden großen Monoleg, erschutternd die gewaltige Szene mit dem Erdgeist, mit feinen Strichen kennzeichnete er den kleinen Gesichtskreis des Famulus Wagner, dieses glücklichen Pedanten, dem der große Zweifler Faust so maͤchtig gegenuber steht. Die für den Vortragenden so schwierige Szene der Chöre der Engel, Weiber und Jünger in der Osternacht erhielt wundervolles Lehen in der Kunst des Redners, wie der zweite große Monolog Fausts ein unübertreffliches Meister⸗ stück des Vortrags war. Die Vertragsszene zwischen Faust und Mepbhisto bot dem Dr. Wüllner ferner Gelegenheit zu scharfer Charakteristik, und die gedankenschweren, eine Weltenfülle von Empfindung, umfassenden Szenen des fünften Akteg im zweiten Teile der Bichtung, der Gesang des Türmers Lonkeus, Faust und die Sorge, dann Mexhistopheles und die Lemuren, vor allem aber die groß⸗ artige Szene von Faust Tod zeigten Wühlner auf der vollen Höhe feiner unvergleichlichen Künstlerichaft. Die letzte Sjene der Dichtung mit den Cbören und Engelstimmen, mit all ihren deutsamen Gleichnissen und behren Geheimnissen wußte der Vortragende so plastisch zu gestalten, so klar zu formen, daß sie lebendig bor dem Hörer erfand. Dag kraftvoll schöne, alle Register umspannende Organ, die klare Sprache und Kunst der Rede sowie dag geradezu erstaunliche Gedächtnis Ludwig Wüllner trägt, bekanntlich vollkommen frei vor, und sein Gedächtnis versagt kein einziges Mal — fanden wieder allgemeine Bewunderung und brausender Beifall wurde dem Meister als Dank für den überaus genußreichen Abend gespendet.
Mannigfaltiges. Berlin, den 24. November 1914.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing W. T. B. zufolge am Sonntagnachmittag in längerer Audienz den Oberpräsidenten der Provinz Ostpreußen von Batocki und ließ sich von ihm eingehend über die . in der Provinz Bericht erstatten. Gestern nachmittag begab sich Ihre Majenät nach Potsdam und machte längere Besuche in dem unter Allerhöchstihrem Schutz stehenden Kriegslazarett in dem Orangeriegebäude und in dem Potsdamer Garnisonslazarett.
Dem Berliner Zentralarbeitsnachweis statteten gestern der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel in Begleitung seines Adjutanten Grafen Arnim sowie des Regierungs⸗ rats Kunz und der Oberbürgermeister von Berlin Wermuth in Be⸗ gleitung des Stadtrats Fischbeck einen Besuch ab, um inabesondere die neu eingerichtete Kriegswerkstätte des Zentralarbeitsnach- weises zu besichtigen. Die Herren wurden von dem Vorsitzenden des Zentralbereins ür Arbei snachwels, Landesrat Dr. Freund empfangen, der die Führung übernahm, unterstützt durch die Leite in der Abteilung für weibliche Personen Fräulein Klausner und den Inspektor des Zentralarbeitsnachweises Steffen. Der Vermüitlungsraum für weib liche Personen, in dem sich eine große Anzahl arbeitaloser Mädchen und Frauen aufhielt, sowie alle Räume der Kriegswerkstätte wurden eingehend hesichtigt. Die Kriegswerkstätte beschätigt z 3t. 3000 weibliche Personen und hat bis jetzt einen Umsatz im Werte von 1 Milllon Mark erzielt. Die Weiknätte arbeitet ausschließlich für den Heeresbedarf und verfertigt Brolbeutel, Zwiebagbeutel, Zelthahnen, Patronengürtel, Helmüberzüge usw. Dle Kriegsweikstätte verfolgt ver⸗ schiedene Zwecke. Sle bewahrt die Milttärbehörde vor Ueberteuerung, erzielt selbst keinen eigenen Verdienst, jondern verwendet den vollen Ueberschuß für die Lohnzahlung und nimmt eine angemessene Ver⸗ teilung der vorhandenen Arbeit derart vor, daß jede Arbeiterin nur so viel Arbeit erhält, daß der erzelte Arbeitsberdienst zum not- wendigsten Lebengsunterbalt ausreicht. An die Besichtigung der Kriegswerkstätte schloß sich eine solche der großen Abteilung für männliche Personen, die gleichfalls von Arbeitslosen angefüllt war. Der Zentralarbeitsnachweis hat bekanntlich schon über 30 000 Arbeiter, insbesondere für Schanzarbeiten, nach auswärts vermittelt. Auch die Vermittlungstätigkeit innnerhalb des Stadtbezirks Berlin ist sehr rege und stärker als je in Friedenszeiten. Der Generaloberst von Kessel, der den Bestrebungen des Arbeits nachweises und inebesondere der Kriegswerk⸗= stälte seit Beginn des Krieges das größte Wohlwollen zugewandt hatte, und der Oberbürgermeister Wermuth waren von den Enrich⸗ tungen außerordentlich befriedigt und verabschiedeten sich mit Worten des herzlichsten Dankes und der Anerkennung.
Da an das Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz dauernd Anträge auf Ueberlassung von Strickwolle gerichtet werden, empfiehlt es sich, darguf hin⸗ zuweisen, daß nur schriftliche Anträge Berücksichtigung finden können. Die Welle wird von dem Kriegesministersum wöchentlich in bestimmien Mengen dem Zentralkomitee übergeben. Es ist Aussicht vorhanden, daß nach Verteilung der zunächst zur Verfüqung stehenden Wolle nochmals eine größere Menge vom Kriegsministerium dem Zentralkomitee überwiesen wird.
Die Berliner Frauenortegruppe des Vereins für das Deutsch⸗ tum im Auslande veranstaltet am 5. Dezember im Großen Saale der Philharmonie ein Konzert zum Besten der vom Verein ins Leben gerufenen Volks sammlung zugunsten der kämpfenden Brüder und der aus Feindesland vertriebenen Deut schen“. Den Abend leitet eine Rede des Geheimen Rats Dr. Max Lenz- Hamburg über Deutsches Heldentum ein. Karten zu 2 S½ und 3 M sind bei den Damen des Vorstandes, auf der Geschäntsstelle (Kurfürstenstraß' 105), in der Musikalienbandlung von Bote & Bock (Leipziger Straße und Tauentzienstraße) sowie im Warenhaus A. Wertheim (veipziger Straße), zu haben.
Die Gesellschaft für deutsche Vorgeschichte bält am 28. d. M., Abende 7 Uhr, im Hörsaale des Königlichen Instituts für Merrestunde, NW., Georgenstr. 34 36, ihre erste Kriegessitzung. Dr. Martin Jahn, Breslau, wird über die Kriegstührung der Ger⸗ manen zur Römerzeit (mit Lichtbildern) und der Professor Dr. Kossinna, Berlin, über unseren Krieg im Lichte germanischer Vorzeit sprechen. Gäste haben freien Zutritt.
ö. Ueber die Witterung in Norddeutschland im Monat Oktober 1914 berichtet das Königlich preußische Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beobachtungen: Außer in dem etwas wärmeren und stellenweise trockneren Westen war der Monat Oktober kühl und regenrelch, dabei überall sehr irübe und arm an Sonnenschein. Die Temperaiur lag vorwiegend unter der normalen, im äußersten Nordosten um mehr als 20, während im Westen und Nordwesten allerdings meist ein geringer Wärmeüberschuß bestand, der aber 10 nirgends überschritt. Frost ist hauptsächlich im Osten gegen Ende oder um die Mitte des Monats beobachtet worden, doch ist es an freigelegenen Stellen auch in übrigen Lande, besonders am 7. oder 8, zu Reif oder leichter Eisbildung gekommen. Die Nlederschlagsmengen, die im Nordosten mehr als das Doppelte. deg langjäbrigen Durchschntits er⸗ reichten, blieben nur strichwelse in größerer Ausdebnung lediglich im Südwesten hinter den normalen Werten zurück. Die Regenhäufig⸗ keit war normal. Schneefälle fanden in tieferen und mittleren Lagen noch nicht statr; Gewitter traten nur vereinzelt auf. Ganz außer⸗ gewöhnlich war die Trübbeit des Himmels. An der Mehrjabl der Stationen wurde überhaupt kein heiterer Tag beobachtet, wäbrend 20 oder mehr trübe Tage an vielen Orten verzeichnet worden sind. Dementsprechend war auch die Sonnenscheindauer viel zu gering;: 20 010 der möglichen Dauer wurden nur an wenigen Orten erreicht. Die Karte der Niederschlaasverlellung zeigt, daß Mengen zwischin 25 und 5 mm vorherrschten. Mehr al 75 min fielen in einem großen Teile Schlezwig. Holsteins, an der Ostseekuste (bis 170 mm in der Umgehung des Frischen Haffes) und in dem angrenzenden Binnen lande jowie in Westdeutschland, und zwar in einem Gebiete, das einen Teil des Münsterlandes, das Bergische Land und die angren⸗ zenden Gebirge umfaßte. Im Bergischen Lande und an der bolländischen Grenze wurden 100 mm Überschritten. Mehr als és mm hatte ferner die Mehrzahl der Gebirge, so der Elm. der Harj, der Thüringer Wald, das Erzaeblrge und die Sudeten. In höheren dagen wurden mehr als 100 im Harz und Grijgebirge sogar über 150 im erreicht. — Zu Anfang des Monats stand die Witte⸗ lung Norddeutschlands unter dem Einflusse eines ausge debnfen Tler= druckgebieteg, das durch Nordeurova in südöstlicher Richtung nach Rußland bin zog. von wo aus es noch am 6. einen Ausläufer bis nach Südwessdeutschland hin entsandte. Eg berrschte veränderliches, kühles und regnerisches Wetter. Erst nach dem 6. Oktober wurde es trockener, als ein schon seit längerer Zeit über Westeuropa lagerndes Hochdruckgebiet maßgebend warde. Gleichteitig traten leichte Nachtfröste auf. Dag barometrische Maximum wanderte hierauf über Standinadien nach Nordosteuropa, waͤbrend im Südwesten des Erdteiles tiefer Luftdruck sich geltend machte. Diese Drug verteilung hatte längere Jeit bindurch Bestand und bedingte melst trockenes, anfangs noch recht kaltes Wetter, sodaß am 13. und 14. im Osten abermals Nachrfröne stattfanden, während in den Münggs⸗- stunden des 14. die Temperaturen dermaßen sttegen, daß an diesem Tage (selbst im Osten) vielfach die größte Wärme der Monargz er- icht wurde. In Wesrtfalen wurden mehr ag 20 Grad deobkacklet., Nach Mitte des Monateg trat eine längere k trüben
und nebligen, aber diemlich milden und
ein, da das Maxrlmum über
Nordosteuropa jedr