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ministers, sekretã
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 27. November 1914.
In der am 26. November unter dem Vorsitz des Staats—⸗ Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats⸗ irs des Innern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenar— itzung des Bundesrats wurde dem Entwurf einer Be— kanntmachung, betreffend die zwangsweise Verwaltung fran⸗ jösischer Unternehmungen, die Justimmung erteilt. Zur An⸗ nahme gelangten ferner die Vorlage, betreffend Wochen— hilfe während des Krieges, der Entwurf einer Be⸗ kanntmachung, betreffend Erhaltung von nwartschaften aus der Krankenversicherung, der Entwurf einer Bekannt⸗ machung, betreffend Anrechnung militärischer Dienstleistungen in der Arbeiterversicherung, der Antrag, betreffend Aenderung des Weingesetzes, und die Vorlage, betreffend Verarbeitung von Rüben, Rüben säften sowie Topinamburs in Brennereien. Demnächst wurde über verschiedene Eingaben Beschluß gefaßt.
Durch die Bekanntmachung vom 25. November 1914, be⸗ treffend die Ausfuhr und Durchfuhr von Verband- und Arzneimitteln sowie von ärztlichen Instrumenten und Geräten, sind in Abänderung der Bekanntmachung vom 14. Oktober 1914 („Reichsanzeiger“ Nr. 243) nachstehende Arznei⸗ mittel dem Verbot unterstellt:
Acetanilid (Antifebrin), Acidum acęetylosalicylicum (Aspirin), Chinin, Chininsalze und Chininverbindungen, Cocablätter, Cocain und seine Salze, Jod, Jodkalium, Jodnatrium, Jodoform, Karbolsäure, Perubalsam, Phena⸗ cetin, Pyrazolonum dimethylaminophenyldimèetylicum . zyramidon), Pyrazolonum phenyldimethylicum
ntipyrin), Pyrazolonum phenyldimethrylicum sali- cylicum (Salipyrin), Rhabarberwurzeln, Salieylsäure, Senegawurzel, Vaselin, Wismut und seine Salze.
Die Grenzzollbehörden sind bis auf weiteres und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs ermächtigt worden, die Ausfuhr der nachstehenden, einem Ausfuhrverbot unterliegenden eff ohne besondere Ausfuhrbewilligung zuzu—
assen:
I) von Bilderklischees (Galvanos);
2) von Speztalstählen in Rohblöcken und Halbfabrikaten mit Augnghme von Nickel! und Nickelchromstahl. Halbfabritate aus Nickel⸗ und Nickelchromstahl dürfen ohne weiteres ausgeführt werden, soweit sie bis zum 1. September 1914 hergestellt sind, für später her⸗ gestellte bedarf es nach wle vor der Genehmigung des Reichskanzlers Reichsamt des Innern) für jeden Einzelfall. Die Ausfahr von Rohblöcken von Nickel⸗ oder Nickelchromstahl bleibt verboten.
Bei jeder Speztalstahlsendung nach dem Ausland ist von der zuständigen Handelskammer auf dem Ausfuhranmeldescheine zu be⸗ scheinigen, daß es sich nicht um Nickes⸗ oder Nickelchromstahl bezw. daß es sich um bis zum 1. September 1914 hergestellte Halbfabrikate aus Nickel oder Nickelchromstahl handelt.
3) von Bronzefarben, Bronzepulver, Aluminium⸗ pulver und Aluminiumfolrten, wenn durch eine Bescheinigung der zuständigen Handelskammer nachgewiesen wird, daß die aus⸗ zuführenden Waren vor dem 16. Ottober 1914 entweder ferttg⸗ gestellt sind oder die Metalle ein Hammerwerk, ein Walzwerk er eine Bronzestampfe bereits vor diesem Termin durchlaufen
aben.
4) a. von Weißblechwa ren (außer Konservenbüchsen, Konserven⸗ dosen, Kochgeschirren (auch solchen für den Küchengebrauch,, Feld⸗ kessein, Feldflaschen, Trintbechern und Gegenständen, die zur Aus— rüsung von Felokochküchen gehören, Hülsen für elektrische Taschenlampen oder für dazu geeignete Trockenbatterien), wenn der Sendung eine Be scheinigung der zuständigen Handelskammer beiliegt, daß die versandten Waren vor dem 10. November 1914 ganz oder im wesentlichen fertig⸗ gestellt worden sind und daß sich in der Sendung teine der vorstehend ausgenommenen Waren befinden. .
Für die vorstehend von dieser Vergünstigung ausgenommenen Waren von Weißblech sowie für unverarbeitetes Weißblech bedarf es einer vom Reichsamt des Innern ausgestellten Ausfuhrbewilligung.
Weißblechwaren, welche in Form von Büchsen, Dosen usw. als Verpackung anderer Waren mit ausgeführt werden, fallen nicht unter das Ausfuhrverbot. 34
b. von fertigen Waren aus Aluminiumgespinst und Aluminium außer Kochgeschirren (auch solchen für den Küchen⸗ gebrauch), Feldkesseln, Feldflaschen, Trintbechern, Gegenständen, die jur Ausrüstung von Feldtochtisten gehören, und Blattaluminium, sofern der Sendung eine Bescheinigung der zuständigen Handels- kammer beiliegt, wonach die auezuführenden Waren nachweislich vor dem 1. September d. J. ganz oder im wesentlichen sertiggestellt waren, und daß sich in der Sendung keine der vorstehend aus⸗ genommenen Waren befinden. .
Diese Vergünstigung bezieht sich nicht auf Rohalum inium (in Blöcken, Barren, Masseln, Körnern und Platten), Bruchalummium, geschmiedetes oder gewalztes Alumintum (in Stangen, Blechen, Tafeln usw), Formgunstücke und Draht aus Aluminium und die vorstehend genannten Ausnahmen. Für diese Gegenstände sind Aus—⸗ suhrbewilligungen beim Reichsamt des Innern zu beantragen.
5) von Verbreunungsmotoren stehender Bauart, soweit es sich nicht handelt um:
a. Automobilmotoren, b. Luftschiff motoren, C. . d. Fahrradmotoren, 6. Bootsmotoren über 16 PS für den Zylinder, . f. fahthare . in unmittelbarer Kupplung mit Dy⸗ namos und . . . g. stehende Dieselmotoren in Zylindereinheiten über 50 ES.
Die Nichtzugehörigkeit der auszuführenden Motoren zu den oben genannten Arten ist für jede Sendung durch eine Beschemigung der uständigen Handelskammer dem Ausfuhrzollamte nachzuwelsen.
6) von allen buntgewebten, gefärbten und bedruckten Baumwollwaren für Kleider-, Futter, und Hosenstoffe sowse baumwollener Schlafdecken, soweit sie nach der Bekannt⸗ machung vom 6. September verboten waren, sowie aller fertigen Leinenwaren außer von Zeltbahnen, sofern durch Bescheintgung der , , r nachgewiesen, daß die Ware beretiz am J. September ertiagestellt war, sowte aller fertigen Leinengewebe und . in Postpaketen.
von Pferde därmen.
9 von Musterkarten und Mustern in Ab schnitten oder
Proben, die nur zum Gebrauch als solche geeignet sind, mit Aus— = für Farben und Arzneimittel. zleberpasteten und ⸗Lerrinen nach neutralen
HFukwaren mit Ausnahme von Kautschukwaren
Wenommen geburtshilslichen und zahnarzilichen),
decken und Bollgummmeisen für Kraftwagen
ustische Warennummern 5742 und h sowie
3 Besche migung der zuständigen Handel s⸗
aß die Ware vor dem 10. Oktober d. J. eitung war.
1I) von wollenen Wirk. (Trikot⸗) und Netzwaren für Frauen und Kinderbekleidung, sofern durch Bescheinigung der zuständigen Dandels kammer nachgewiesen ist, daß die Ware vor dem 10. Oktober 1914 fertiggestellt oder in Bearbeltung war.
Zur Ausfuhr wollener Garne, wollener Wirk. 6 und Netzstoffe, wollener Wirk⸗ (Trikot⸗) und Netzwaren für Männer⸗ bekleidung und wollener Decken im Stück und als Meterware bedarf es der Genehmigung des Reichskanzlers (Reichsamt des Innein).
12) von Oblatenwaren, die nach Bescheinigung der zu⸗ ständigen Handelskammer nachweislich vor dem 1. Oktober 1914 fertig⸗ gestellt worden sind.
13) der unter Nr. 34 des Zolltarifs vom 25. Dezember 1902 fallenden Küchengewächse sowie von frischen, getrockneten oder ge⸗ dörrten Wacholderbeeren, Schlehen und Hagebutten. 14) von Zuckerwerk, Lebkuchen und Pfeffernüssen, auch wenn sie einen geringen Zu satz oder elnen dünnen Ueber- zug von Kakao oder Schokolade ausweisen.
15) von Malz, das nach Bescheinigung des zuständigen Zoll amts bis zum 31. Oktober 1914 aus zollpflichtiger ausländtscher Gerste, die von vornherein zum Zwecke der Veredelung eingeführt worden war, hergestellt worden ist.
16) von frischen Birnen bis Ende November 1914. Die Ausfuhr sonstigen Obstes bleibt verboten.
17 aller Postsendungen mit Waren, deren Ausfuhr an sich verboten ist, sofern sie nach den postalischen Bestimmungen als Kriegsgefangensendung! gelten.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 227, 228, 229 und 250 der Deutschen Verlustliften bei. Sie enthalten die 87. Verlustliste der preußischen Armee, die 69., 70., 71. und 72. Ver⸗ luftliste der bayerischen Armee, die 64. Verlustliste der sächsischen Armee und die 66. Verlustliste der württembergischen Armee.
Grosꝛbritannien und Irland.
In der vorgestrigen Sitzung des Unterhauses teilte der Erste Lord der Admiralität Churchill, wie „W. T. B.“ meldet, mit, daß das Linienschiff „Bulwark“ am 25. d. Mts. Morgens in Sheerneß in die Luft ge⸗ flogen ist. Zwischen 700 und 860 Mann sind um⸗ gekommen. Nur 12 Mann wurden gerettet. Die an⸗ wesenden Admirale berichten, sie seien überzeugt, daß die Ursache eine innere Explosion des Magazins war und keine Erschütterung des Wassers erfolgte. Das Schiff sank in drei Minuten und war verschwunden, als sich die dichten Rauchwolken verzogen hatten. Die Explosion war so stark, daß die Gebäude von Sheerneß bis auf die Fundamente erzitterten, und wurde mehrere Meilen weit vernommen.
(Das Linienschiff ‚Bulwark' stammt aus dem Jahre 1899, hatte 15250 t. Deplacement, 18 bis 19 Meilen Geschwindigteit, vier 30,5, zwölf 15 em- Geschütze und 750 Mann Besatzung.)
Gestern machte im Unterhause Charles Roberts im Namen des Auswärtigen Amts bezüglich der Vorstel lungen Englands und Frankreichs bei den Regierungen von Columbien und Ecuador wegen der Benutzung der Funkenstationen und wegen der Errichtung einer Flottenbasis auf den Galapagosinseln durch die Deutschen obiger Quelle zufolge nachstehende Mitteilung:
Die Vorstellungen Englands und Frankreichs hätten keinen Erfolg gehabt. Daher hätten die Regierungen der beiden verbündeten Mächte die guten Dienste der Vereinigten Staaten angerufen, um eine strengere Beobachtung der Neutralität seitens Columbtens und Ecuabors durchzusetzen, und zugleich erklärt, daß, falls die Regierungen von Columbien und Ecuador in ihrer gegenwärtigen Haltung ver— harrten, sich England und Frankreich genötigt sehen könnten, aus Notiwehr die notwendigen Maßregeln zum Schutze threr Interessen zu ergreifen. Die amerikanische Regierung habe sich bereit erklärt, diese Mitteilungen den Regierungen von Columbten und Geuador zur Kenntnis zu bringen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung erwiderte der Erste Lord der Admiralität Churchill auf eine Anfrage: da das deutsche Marineamt die Stärke und Zusammensetzung der in Belgien verwendeten Marine⸗ und Matrosenbrigaden nicht veröffentliche, sehe er nicht ein, weshalb nicht in England die gleiche Verschwiegenheit geübt werden solle. Er erklärte ferner, er kenne keinen Fall, daß geborene Deutsche oder Oester⸗ reicher seit der Kriegserklärung ein Kriegspatent in der Flotte oder Seebrigade erhalten hätten.
— Die Admiralität hat vorgestern abend die Verlust—⸗ liste der englischen Flotte seit Beginn des Krieges ver⸗ öffentlicht. Die Liste führt 220 Offiziere als tot, 37 als ver— wundet und 51 als vermißt oder interniert auf, ferner an Mannschaften 4107 tot, 436 verwundet und 2492 vermißt oder interniert.
— Die englische Regierung hat eine Kommission zur Prüfung der Ansprüche Dritter, Engländer, Verbündeter oder Neutraler, auf Schiffe und Ladungen, die als Prisen fest⸗ gehalten oder verurteilt wurden, eingesetzt.
Italien. Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge ist der frühere Minister der auswärtigen Angelegenheiten Marchese Visconti Venosta schwer erkrankt.
Schweiz.
Da im Falle einer Wiederholung der Neutralitätsverletzung durch Frankreich und England von seiten Deutschlands eine längere Achtung der Schweizer Neutralität an der Bel⸗ forter Grenze nicht erwartet werden kann, so hat der Bundesrat, wie die „Münchener Neuesten Nachrichten“ melden, eine Ver⸗ fügung erlassen, jeden Flieger der Kriegführenden über Schweizer Gebiet sofort und ohne besonderen Befehl der höheren Armeestellen herunterzuschießen. Gleichzeitig ist gegen die in Betracht kommenden Grenzschutzkommandos eine strenge Untersuchung eingeleitet worden, um festzustellen, ob die fremden Flieger an der Grenze rechtzeitig gesichtet worden sind.
Luxemburg.
Die Kammer hat vorgestern ein Gesetz, betreffend die Festsetzung von K für Lebensmittel und Ge⸗ brauchsartikel, angenommen.
— Wie das „Luxemburger Wort“ meldet, hat das Deutsche Reich bis jetzt dem Großherzogtum Luxemburg für 1 usw. Entschädigungen in Höhe von 1283 0600
ranken gezahlt. Außerdem erhielt die Großherzogliche
egierung i die Benutzung von Straßen und Wegen sowie für die Benutzung von Stgatsgebäuden (für Einquartierungen) bie Summe von I11 0090 Franken.
Türkei.
Die . ler Blätter veröffentlichen unter Aus⸗ drücken der , Mißbilligung eine Erklärung Rußlands, daß es die unter dem Zeichen des Roten Halb= mondes fahrenden Schiffe nicht als neutral anerkennen will. Sie verweisen darauf, daß während des Balkankrieges sogar Griechenland das türkische Hospitalschiff respektiert habe. — Wie „Turan“ erfährt, verfolgen die Engländer mit ihrer Landung von Truppen an der Küste bei Fao den Zweck, auf diese Weise indirekt den Vormarsch der Türken 37 den Suezkanal zu hindern. Die Engländer seien zu der ö gelangt, daß sie in Aegypten keinen ernstlichen
iderstand werden leisten können, sondern dort eine Niederlage erleiden werden. Sie beabsichtigen daher, die Türken durch eine Bewegung einzuschüchtern, die sie mit einigen nichtmusel⸗ manischen indischen Truppen ausführen in der Meinung, sie könnten die Türken veranlassen, auf die Besetzung Aegyptens zu verzichten.
Albanien. 5 einer verspätet eingetroffenen Meldung des „Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespenz⸗Bureaus“ hat am Dienstag wischen Schlak und Tirang eine Begegnung von Abge— fenden Essad Paschas und der Insurgenten statt— gefunden mit dem Ergebnisse, daß am Mittwoch in Durazzo eine Abordnung der Insurgenten eintraf, um eine friedliche Beilegung der Wirren zu versuchen. Die Abordnung forderte besonders die Abberufung des von Essad Pascha nach Tirana entsandten Polizeichefs und die sofortige Freilassung der von diesem dort Verhafteten. Amerika.
Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, hat der General Blanc am Dienstag die Stadt Mexiko verlassen. Unmittelbar darauf haben die Truppen Zapatas Besitz von der Stadt
genommen. Afrika.
Der ägyptische Minister des Aeußern und der bulgarische Generalkonsul haben dem „Temps“ zufolge ein neues bulgarisch⸗ägyptisches Handelsabkommen unterzeichnet, das auf der Basis der Meistbegünstigung abgeschlossen wurde. Nach dieser Konvention genießen die bulgarischen Tabake, die bisher einem höheren Einfuhrzoll unterworfen waren, künftig dieselben Einfuhrzollvergünstigungen, wie die übrigen Auslandstabake.
— Wie „Tas wir⸗i⸗Efkiar“ meldet, haben sich die ein⸗ geborenen Truppen in der Umgebung des Suez— kanals gegen die Engländer erhoben; viele Engländer wurden getötet.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 27. November, Vormittags. (W. T. B.) Eine Belästigung der flandrischen Küste durch englische Schiffe fand auch gestern nicht statt. Auf der Front des westlichen Kriegsschauplatzes sind keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Nordwestlich Langemarck wurde eine Häusergruppe genommen und dabei eine Anzahl Gefangene gemacht. Im Argonnerwalde machte unser Angriff weitere Fortschritte. Franzö⸗ sische Angriffe in Gegend Apre mont östlich St. Mihiel wurden zurückgeschlagen.
Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 2. November, Vormittags. (W. T. B. Im Osten haben gestern keine entscheidenden Kämpfe stattgefunden. Oberste Heeresleitung.
Wien, 26. November. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die Schlacht in Russisch Polen hat an einem großen Teile der Front den Charakter eines stehenden Kampfes angenommen. In Westgalizien wehren unsere Truppen die über den unteren Dunagjec vorgedrungenen russischen Kräfte ab. Auch die Kämpfe in den Karpathen dauern fort.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
Südlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 26. November. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: In den Kämpfen an der Kolubara ist seit gestern ein wesentlicher Fortschritt zu verzeichnen. Das Zentrum der feindlichen Front, die starke Stellung bei Lazarevatsch, wurde von den Regimentern 11, 73 und 102 erstürmt: hierbei wurden 8 Offiziere und 1200 Mann gefangen, 3 Ge⸗ hie 4 Munitionswagen und 3 Maschinengewehre erbeutet.
uch südlich des Ortes Ljig gelang es, die östlich des gleich— namigen Flusses gelegenen Höhen zu nehmen und hierbei 300 Gefangene zu machen. Die von Valjevo nach Süden vorgerückten Kolonnen stehen vor Kosjeriei.
Der Krieg zur See.
Berlin, 26. November. (W. T. B.) Von dem Kom⸗ mandanten S. M. S. „Emden“, Fregattenkapitän von Mülũter, ist nachstehender telegraphischer Bericht über das Gefecht S. M. S. „Em den“ mit dem englischen Kreuzer
S ydney⸗ bei den Cocosinseln hier eingetroffen: Der englische Kreuzer „Sydney“ näherte sich den Cocosinseln
mit hoher Fahrt, als dort gerade eine von S. M. S. Emden“ ausgeschiffte Landungsabteilung das Kabel zerstörte. Das Gefecht zwischen den beiden Kreuzern begann sofort. Unser Schießen war zuerst gut, aber binnen kurzem gewann das Feuer der schwereren englischen Geschütze die Ueberlegenheit, wodurch schwere Verluste unter unseren Geschützbedienungen eintraten. Die Munition ging zu Ende, und die Geschütze mußten das Feuer einstellen. Trotzdem die Ruderanlage durch das feindliche Feuer . war, wurde der Versuch ge⸗ macht, auf Torpedoschußweite an „Sydney“ heranzukommen, Dieser Versuch mißglückte, da die Schornsteine zerstört waren und infolgedessen die Geschwindigkeit der „Emden stark herabgesetzt ar. Das Schiff wurde deshalb mit voller Zahrt an der Nord⸗ (Luv⸗) Seite der Cocoginseln auf ein Riff gesetzt.
Inzwischen war es der Landungsabteilung gelungen, auf einem Schuner von der Insel zu entlommen. Der englische Kreuzer nahm die Verfolgung auf, kehrte aber am Nachmittag wieber zurück und feuerte auf das Wrack S. M. S. „Emden“. Um weiteres unniltzes Blutvergießen zu vermeiden, kapitulierte ich mit dem Rest der Besatzung. Die Verluste S. M. S. „Emden“ betragen; 6 Offiziere, 4 Deckoffiziere, 23 Unter⸗ offiziere und 95 Mann gefallen; ein Unteroffizier, 7 Mann sind schwer verwundet.
Kolonialer Kriegsschauplatz.
Lon don, 25. November. (W. T. B.) Die Blätter be⸗
richten über die Kämpfe in Ost afrika noch Folgendes: Zu dem ,,. auf den wichtigen deutschen Bahnhof wurden 11, Bataillone englischer Streitkräfte am 2. November zwei englische Meilen von dem Bahnhof gelandet und rückten sofort vor. Diese kleine Streitkraft sah sich noch außerhalb der Stadt in ein heftiges Gefecht verwickelt und mußte vor dem überlegenen Feinde zurückgehen und Verstärkungen ab— warten. Am 4. November früh wurde der Angriff erneuert. Auf 590 Hards vom Feinde gerieten die englischen Truppen in heftiges Feuer. Trotz starker Verluste drangen jedoch Sol⸗ daten vom Grenadierregiment 101 am linken Flügel der Auf⸗— stellöng in die Stadt ein und griffen den Feind mit dem Bajonett an. Auf dem rechten Flügel drang das North Lancashireregiment und die Kashmir 2 vor und erreichten ebenfalls die Stadt, sahen sich jedoch einem heftigen Gewehrfeuer aus den Häusern ausgesetzt und ge— zwungen, um 500 Yards zurückzugehen. Die Verluste der britischen Truppen waren so schwer und die Stellung des Feindes so stark, daß man es als zwecklos ansehen mußte, den Angriff zu erneuern. Die Abteilung schiffte sich daher wieder ein und kehrte zu ihrem Ausganspunkt zurück. Ihre Gesamtverluste betrugen 795 Mann, darunter 141 Engländer an Offizieren und Mannschaften.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 26. November. (W. T. B.) Das Große Hauptquartier gibt bekannt: Im allgemeinen hat sich auf den Kriegsschauplätzen nichts verändert. Heute wurde festgestellt, daß wir dem Feinde bei Morghol vier Ge⸗ schütze abgenommen haben, von denen zwei unbrauchbar gemacht worden waren.
Statistik und Volksmirtschaft.
Der Stagt und die Volks ernährung. Der Physiologe und Hygteniker Geheimrat, Professor Rubner⸗Berlin hat schon vor einiger Zeit in der Deutschen Mebizinischen Wochenschrift' das Wort zur Frage der Volktsernährung im Kriege ergriffen und darauf hingewiesen, daß an eine Aushungerung Deutschlands in keiner Weise zu denken sei Rubner ergreiit an derselben Stelle jetzt noch einmal das Wort und unterzieht die Aufgabe des Staates der Volksernährung gegenüber einer Erörterung. Wiederum betont er, daß wir nicht einmal mit einer nur einigermaßen erheblichen Einschränkung der notwendigen Nahrungemittel zu rechnen haben, vorausgesetzt freilich, daß mit dem vorhandenen Material richtig hausgehalten wird und die Be⸗ völkerung sich den neuen Verhältnissen anpaßt. In dieser Beziehung erinnert er an seine schon früher gemachten Vorschläge: I) Verminde— rung des übermäßig angewachsenen Fleischgenusses, die vielfach auch im Interesse der, Gesundheit liegt — verzehrt doch der Deuische durchschnittlich viermal so viel Fleisch wie vor 1090 Jahren und doppelt so viel wie nach dem deutsch⸗französischen Kriege, er kon— sumiert durchschnittlich sogar 9 Pfund mehr im Jahre als der als e,, bekannte Engländer, 194 Pfund gegen 95; 2) Em⸗ chränkung des übermäßigen Fettkonsums und der fast allgemeinen Fettung des Brotes — würde täglich nur 1 g Butter, das ist eine Messerspitzé, auf den Kopf weniger verbraucht, so, entspräche dies einer Menge, wie sie aus der Milch von 300 966 Kühen gewonnen wird; 3) Einschränkung des Genusses von Weißbrot und Kleinbrot und ausgedehntere Verwendung des Brotes aus Mehl von Weizen und Roggen. Vor allem aber sei, wie Rubner mit großem Nachdruck hervorhebt, jeder unnötige Verbrauch von Brotgetreide in der Stãrkefabrikation und bei der Brennerei zu vermeiden, und kein Brot— getreide dürse an Tiere verfüttert werden. In dieser Richtung müsse unbedingt zu Zwangsmitteln gegriffen werden, denn mit bloßer Be— lehrung kämen wir nicht aus, weil eine Organisation einer Maffen⸗ belehrung duichaus fehle. Auch verlasse sich die Masse bei uns stets zu sehr auf die Behörde und erwarte von ihr die notwendigen Maßnahmen. Deshalb begrüßt Rubner die Verordnungen deg Bundesrats vom 29. Oktober lebhaft. Er kommt zu dem Schluß, daß wir mit 140,2 kg Roggen für den Kopf und das Jahr alle Zwecke des Menschen, der Tierhaltung und
der Industrie gut befriedigen können, ebenso mit 80 kg Wetzen. .
Tatsächlich vorhanden sind nach Rubners Ausführungen 157,7 kg Roggen, dagegen nur 63,5 kg Weizen. Nun könnte man das Weizenmehl auf Kosten der Verringerung der Kleie, die zur Vieb— fütterung benutzt wird, stärker augmahlen und mehr Mehl herstellen, das dann etwas Kleie enthielte und etwas weniger wetß wäre, aber für die Ernährung und auch für Back. und Küchenzwecke gleich brauchbar wäre; man könnte auch den überschüssigen Roggen dem Weizen zumischen oder aber beides tun. Jetzt werde das Weizenkorn durch die Hochmüllerei weit weniger ausgemahlen, als es vom physiologischen Standpunkt ohne jedes Bedenken geschehen könnte, lediglich weil das ästbetische Empfinden der Massen ein möglichft weißes Brot ver= langt. Nu bner meint daher, daß durch eine stärkere Ausmahlung ch tatsächlich so viel mehr Mehl aus dem vorhandenen Weizen trausholen sieße, daß der bestehende Ausfall an Weisenmehl voll. ständig gedeckt werden könnte. Von diesem Gesichtspunkt aus ist Rubner sehr damit einverstanden, daß die Verordnung das Weizen⸗ mehl streckenꝰ will und eine Ausmahlung biz zu 75 v. H. statt der gegenwärtigen von 60 v. H. verlangt. Nicht einverstanden dagegen ist er mit dem Passus der Verordnung, nach dem alles Roggen— mehl mit zunächst 5 v. H. Kartoffelmehl versetzt werden muß. Er meint, für die Volkswirtschast Hätten dies? paar Prozente gar keine Bedeutung. Wenn man der Tierernährung das Brolgetreide ganz entziehe, so könnte man auf die Mitverbackang der Kartoffeln zum Brot um so mehr verzichten, als die Kartoffelernte an sich nicht übermäßig reich sei. Man überlasse dem Menschen, wieviel er Brot und wieplel er Kartoffeln essen will, und zwinge den Einzelnen nicht, Kartoffeln zu verzehren. Der Zusatz der Kartoffel zum Brot werde das letztere kaum venbilligen, die Kartoffel aber an sich sel billig und für alle möglichen Jubereitungen zu verwerten. Billige Karsoffeln neben Brot selen für die Volksernaͤhrung wichtiger als gestreckte Brotmenge und teure Kartoffeln. Rubner erörtert dann noch, warum die Nahrunggmittelfrage nur so allmählich und stückwesse von den Behörden gelöst werde, und findet den Grund hierfür darin, daß uns in Friedenszeiten eine siaatliche Organsfation und Zentralstelle für das Ernähl uns, und Nahrung smittelwesen sehlt. Die Volkgernäh— rungsfrage lasse sich eben nicht nach den Grundanschauungen lösen 6 man etwa für eine Gefängnts. oder Krankenernährung anstellt. Man, fahnde immer nach normalen Bedürfnisten des Menschenn, nach der Zufuhr besttmmter, allgemein gültiger Mengen von Eiweiß, Fett und Kohlehydraten, al wenn eß sich um eine rein artth—
Truppenteile
melische Aufgabe handle. Dies sei eine falsche Vorstellung, die auf dle sonderbarsten Abwege. geführt habe. E gebe keine schematischen Grundsätze für die Volksernährung, denn diese sei stets aus den Eiträgnissen des Bodens und der Vleh— zucht herausgewachsen und entwic e sich noch auf dieser Basis, und auch da, wo der Handel fremde , ,. liefere, werde si zu⸗ nächst noch auf dem Hoden derartis er Vorstellungen weiterberrleben. Man müsse daher jede Nation für sich beirachten, ebenso, was sich in den einzelnen Schichten der Bevölkerung abspiele. Die „Mindest⸗ ernährung“, um die sich die Frage vielfach drehe, beruhe auf Stammegeigentümlichkeiten, auf Besonderheiten der Bodenkultur und auf sozialen Hesonderheiten, die sich im Laufe der Zeiten im Zusammenhang mit den sozialen Umwäljungen und den Wirkungen des Angebots neuer Nahrungsmittel zufolge des Imports und der Nahrungsmittelindustrie nur sehr allmählich änderten. Nicht die Frage der Bilanz von Eiweiß. Fett und Kohlehydraten sei das Inter⸗ essante und Charakteristische an der Ernährungsfrage, sondern jedes Nahrungsmittel müsse in wirtschaftlicher und kulinarischer Hinsicht betrachtet werden. Von diesem Gesichtspunkte aus tritt Rubner für die Gründung einer Zentralstelle für das Ernährungs wesen, und zwar als emer dauernden Einrichtung im Frieden ein.
Wohlfahrtspflege.
Arbeit zstuben in den deutschen Städten.
Um der Arbeitslosigkeit unter männlichen Arbeitern zu steuern, haben Gemeinden und andere öffentliche Körperschaften schon oft in Friedenszeiten dazu übergehen müssen, Notstandsarbeiten ausführen zu lassen. Noch nie war aber unter den Arheiterinnen die Ar— beitelosigkeit so groß, daß einem allgemeinen Notstand abgeholfen werden mußte. Eist der Krieg mit seinen Massenentlassungen in Handel und In⸗ dustrie hat die Frage der Arbeitsbeschaffung für Frauen aktuell gemacht. Die Organssation ist meist von Frauenvereinen ausgegangen, die durch ihre Mitarbeit in der Kriegshlfe die Sachlage übersehen konnten. Die Vaterländischen oder konsessionellen Frauenvereine, Organisattonen des Nationalen Frauendienstes Gewerkbereine der Heimarbeiterinnen oder Privatpersonen haben bald nach den ersten Kriegswochen begonnen, sich der Arbeitsbeschaffung anzunehmen, und heute ist fast keine Stadt ohne Arbeitsstube oder Arbeitsausgabestelle. .
Da die arbeltslosen Frauen aus allen Zweigen der Industrie und aus dem Handel zusammengeströmt waren, konnten nur einfache Näh⸗ oder Strickarbeiten angefertigt werden. Für die letzteren gehen fast ohne Bemühungen überall Aufträge ein. Als Massenbesiteller tritt die Militärverwaltung auf, die Strümpfe und Pulsmärmer für viele Tausende von Mark anfertigen läßt und deren Bedarf, solange der Winter und der Krieg währt, auch nicht gedeckt sein dürfte. Große Auf⸗ träge gibt an manchen Orten auch das Rote Kreuz, wenn es nicht die Arbeiten direkt ausführen läßt. Daneben gelingt es durch persönliche Bemühungen der leitenden Persönlichkeiten, Bestellungen von Privaten zu erlangen: Arbeitgeber wollen wollene Leibbinden oder andere Wollsachen ihren im Felde stehenden Arbeitern als Liebesgabe senden, Frauen höherer Offiziere versorgen die ihrer Männer, oder Private spenden Liebes. gaben dem Heere. So ist es denn möglich, zahlreichen
rauen, die stricken wollen oder können, Arbeit zu verschaffen.
chwieriger ist es bisweilen, Aufträge für Näharbeit zu er⸗ halten. Wo die Vereinsleiterinnen Beziehungen zu der Heeregs⸗ oder Marineverwaltung haben, gehen Bestellungen von dieser ein, und zwar sowohl für Befleidungsgegenssände als auch für Zelte, Stroh⸗ säcke, Getreidesäcke u. dgl. Freilich konnten für diese Lieferungen nur gelernte Arbeiterinnen Verwendung finden, da nur fehlerlose Arbeit von der Behörde angenommen wird. Als staatlicher Auftragaeber kommen in Berlin auch die Gefängnisse in Betracht. Dem großen Interesse Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin an dem Schicksal der Heimarbeiterinnen ist es zu ver⸗ danken, daß die Gefänanisverwaltung Näh. und Strick⸗ arbeiten, die bisher von den Gefangenen angefertigt wurden, in Auf trag an den Geweikverein der Heimarbeit rinnen oder Arbeitsstellen gab. Der eigens gegründete Notausschuß für Kon ektionsarbeiterinnen verdankt dieser Fürsorge viele und gut bezahlte Arbeit. Da auch das Rote Kreuz Bett und Leibwäsche, Handtücher und andere Artikel des Lazarettbedarfs herstellen ließ, kommen Massenaufträge zustande, die Tausenden von Arbeiterinnen einen Verdienst gewährleisten.
Zurückhaltend hahen sich, nach einer Veröffentlichung der Zentral⸗ stelle für Volkswohlfahrt in ihrer Korrespondenz für Kriegswohlsahrts⸗ pflege“, bei der Erteilung der Aufträge die Gemeinden verhalten, und nur in Einzelfällen sind Kleidungegegenstände vorrätig angefertigt worden. So läßt Cassel den gesamten Bedarf an städtischen Arheitskleidungen für die nächsten drei Jahre in Höhe von etwa 25 000 S6 anfertigen, wodurch an die Arbeiterinnen eine Lohn—⸗ summe von 7006 6 kommt. Die städtijche Kriegskommlssston, die diesen Beschluß gefaßt bat, ist außerdem in erfolgreiche Verhandlungen mit dem Belleidungasmt und der Lazarett veiwaltung getreten. Aehnlich ist die Stadt Nürnberg vorgegangen. Sie hat mit der Mtlitärbehörde einen Vertrag zur Lieferung von Unterhosen und Strümpfen abgeschlossen und so einer Anzahl von Frauen Beschäftigung gegeben. Auch Würzburg hat sich durch Bereitstellung von 3000 M der arbeitslosen Frauen angenommen, während die Stadt Worms aus städtischen Mitteln wollene Unterkleider anfertigen ließ, die sie nachher an die Mtlitärverwaltung veikauft hat. In Breslau hat die Stadt durch den Nationalen Frauendtenst Wäsche für ihre Pflegeanstalten anfertigen lassen, während die Stadt Berlin der privaten Nähstube der Cectlienhllfe durch Vermittlung den Auf— trag erteilte, für die JIrrenanstalt Buch Wäsche und Schürzen für die Pfleglinge und Wärter anzufertigen. Der Magistrat Potsdam hat sogar sür 60 909 M Strümpse u. dergl. für die Soldaten der Garnison arbeiten lassen.
Nicht unbedeutend sind die Aufträge, die von Privaten gesammelt worden sind. Nir zum Teile handelt es sich dabet um Lirbesgaben. In größerem Umfange wurden Bestellungen für Wohliätigkeltszwecke oder Geschenke gemacht. Die von einzelnen Damen im Kreise ihrer Bekannten gesammelten Aufträge für Schürzen und Wäsche, zu Welhnachten, warme Mäntel und Kleider für arme Kinder und ähn— liche praktische Bedarfsartikel gehen in den Arbeitsstuben ziemlich zahlreich ein. Ein anderer Zweig für die Beschäftigung bietet sich durch die Ausbesserung alter Kleider. In Berlin z. B. sind Familien durch Anschreiben aufgefordert worden, alte Sachen zur Abholung bereitzuhalten. Sie werden in Nähstuben gereinigt und ausgebessert und unentgeltlich an Bedürftige abgegeben.
Netzen der Frage der Arbeitsbeschaffung besteht die Sorge um die Aufbringung der Geldmittel. Bei den großen Aufträgen der Verwaltung decken die gezahlten Preise die Ausgaben, wobei überall ein ausreichender, bisweilen sogar ein guter Lohn gezahlt werden kann. So verdienen Berliner ungelernte Arbeiterinnen bei der Anfertigun von Zwiebackbeuteln, Helmschützern, Zeltfahnen u. dergl. durchschnittli in der Stunde 30 5. Freilich beziehen sich diese Angaben allein auf die Näharbelt. Bei Strickereien ist der Verdienst gering. In den ersten Wochen zahlte die Milltärverwaltung für das Paar Strümpfe einschließlich der Wolle 95 , sie ist inzwischen auf 2, 10 „ heraufgegangen; aber auch bel diesem Preise stellt sich der Arbeits⸗« lohn nur auf 75 8 für das Paar. Selbst sehr geübte Strickerinnen können daduich wöchentlich höchstens 5 6 bet ununterbrochener an— gestrengter Arbeit verdienen. Wo Ausbesserungen vorgenommen und die Klelder unentgeltlich an Unterstützungsbedürstige verteilt werden, sind aus privaten Mitteln Sammlungen veranstaltet, um den Nähe— rinnen Linen entsprechenden Lohn für ihre Arbeit zu gewähren. Hier ist die Kriegswohlfahrtépflege eingetreten, und Summen von 10 0065 4 (Elberfeid) und mehr wurden für Materialbeschaffung und Arbeits« löhne bewilligt. .
Die Kosten der Anfertigung der Sachen stellen sich im übrigen ganz verschieden, je nachdem Arbeitsstuben eingerichtet sind oder die Arbeit in Heimarbelt ausgegeben wird In eee gn ; mußten für die Bestellungen der Milltärverwal tungen Mirekrtrseen eingesten
wethen, bie bie Stoff. zignenen uh bie oa fhsert Aibeit be
sichtigen. Bei den Prelsen, die die Militärerwallung zahlt, konnen auch hierfür besoldete Kräfte eingestellt werden. Vielfach ist es aber durch das Entgegenkommen von Fabrikanten möglich, diese Gehälter zu sbaren, well Industrielle die von ihnen besoldeten Kräfte den Arbeltsstuhen zur Verfaung gestellt haben.
Die Nähstuben haben den großen Vorteil, daß die Arbeite rinnen einen regelmäßizen Verdienst haben und daß da, wo es sich um junge Mädchen handelt, die Arbeit in den Stuben er—⸗ zieherischen Wert hat. Wurden Strickarbeiten angefertigt, wie 3. B. in den drei vom Berliner Nationalen i, . ein gerichteten Strickstuben, so ist es allerdings unmöglich, hier eine Rentabilitäta- berechnung aufzustellen. Denn bei der Ungewohntheit der Arbeiterinnen im Stricken stellt sich bei Tageslöhnen der Arbeitslohn für ein Paar Strümpfe auf 220 — 50 46. Stücklöhne aber geben einen so geringen Verdienst, daß die Arbeinerinnen davon nicht leben können. Man ist hier desbalb zu dem System über⸗
gangen, einen wöchentlichen Grundlohn von H und für jedes Paar ertiger Sirümp'e einen Zusatzstücklohn von 45 3 zu zahlen, worqug sich ein Wochenverdienst von etwa 8 J ergibt. Selhstverständlich sind für diese Strickstuben große Zuschüsse aus privaten Mitteln nötig.
Für die Stadtverwaltung von greßer Bedeutung ist die Frage, wer bel diesen Notstandsarbeisen berücksichligt werden soll. Da, wo eine Arbeinsosenversicherung eingeführt ist, ist eg dringend erforder⸗ lich, daß alle Arbeitsuchenden der Arbeitevermittlungsstelle durch den Arbeits nachweis überwiesen werden. Diesen Weg hat man in Berlin beschritten, wenigstens soweit es sich um die von den Vereinen eingerichteten Stuben handelt. Bei den aus Privatmitteln ein⸗ gerlchteten Nähstuben ist eine Kontrolle der anzunehmenden Arbeste rinnen nicht durchzuführen gewesen, ohwohl man auch hier bemüht war, nur duich die Arbeitsnachweise überwiesene Kräfte einzustellen. In Frankfurt a M. ist die Bestimmung getroffen, daß nur Frauen, die dort ihren Unterstützungswghnsitz haben und im letzten Hon n er dauernd beschäftigt gewesen sind und die keine öffentliche Armenunterstützung bekommen, bdeschäftigt werden können. Die Arbeitslosen haben sich, um Arbeit zu erhalten, unter Vorlegung der Invalidenversicherungskarte beim Armenamte zu melden, das die vor⸗ genannten Voraussetzungen auf Grund einer Personalaufnahme prüft. Auf diese Weise wird. verhütet, daß, unrechtmäßige Bewerber beräcksichtigt werden. Die Zahl der Arbeiterinnen, die durch die Ver⸗ mittlung Arbeit bekommen haben, ist in den einzelnen Sia dten sehr verschteden. In Berlin sind in den Nähstuben allein etwa 1900 Frauen dauernd beschiftigt, wozu noch vielleicht 8000 Heimarbeiterinnen kommen. In anderen Städten ist ihre Zahl weit geringer. Ueberall hat es sich Jedoch gezeigt, daß Arbelten für Frauen beschafft wenden können. Obne Zwelfei ist die Beschäftigung mit Strick! und Näh⸗ arbeiten eine äußerst dienliche, da die Uebung in den beinahe ver— gessenen Nähereien den Frauen auch für spätere Fr edenszeiten zugute kommen wird.
Kunst und Difsenschaft.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 19. November eine Gesamtßtzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck. Herr Wilhelm Schulze las: Beiträge zur Wortgeschichte. Die Zusammenhänge zwischen lat. Jossia und ags. tysse ahd. zussa, gabatha und agf. gabutae ahd. gebiza, ahd. hahsna und ags. h6öhsinu an. häsin wurden erläutert. Der Sinn der lat. Bezeichnung corona analempsiaca wurde aus einer Hesychglosse bestimmt und für das etymologische Verständnis des lat. Verbums redimire verwertet. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: Lief. 42 des Tierreich, enthaltend die Serphidag und die Calliceratidae, bearbeitet von J. J. Kieffer (Berlin 1914); Bd. 16 der Kant⸗Ausgahe (Handschrift⸗ licher Nachlaß Bd. 3) (Kwerlin 1914); Corpus Medicorum Grae- corum XI 2, 1: Pseudogaleni in Hippocratis de septimanis commentarium ab Hunaino q. f. arabice versum ed G. Berg- straësser (Lipsiae ét Berolini 1914); Monumenta Germania historica. Poetas Latini medii avi. Dom. 4, Fars 2 1 (Berolini 1914) und H. Bücking, Geologische Uebersicht karte der . 1914), mit Unterstützung der Humboldt⸗Stiftung earbeitet.
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Das Institut für Meereskunde an der Universität Berlin veranstaltet auch in diesem Winter öffentliche Vor⸗ träge, die im großen Hörsaal des Museums für Meereskunde ge⸗ halten werden sollen. Diese Vorträge und volkstümlichen Vortrags⸗ reihen des Instituts sollen Sinn und Verständnis für das Meer und seine Erscheinungen, den Reichtum seines Lebens und dessen wirt⸗ schaftlichen Wert sowie für die volkswirtschaftliche und staalliche Be⸗
deutung von Schiffahrt, Seeverkehr und Seemacht in weiteren Kreisen
anregen und verbreiten. In diesem Winter behandeln sie Gegen⸗ stände, die duich den uns aufgedrängten Krieg von unmittelbarster Bedeutung für Deutschlands Weltstellung sind. Sie sind gegen Lösung der Einlaßkarten jedermann zugänglich. Die Einlaßkarten werden in den Geschäftsräumen des Instituils und Museums für Meereskunde, Georgenstraße 34 —=36, wochentäglich von 12 bis 3 Uhr und an den Vortragzabenden selbst von? Uhr ab verausgabt, und zwar als Tageskarten für den einzelnen Vortrag zu 0, 25 M oder als Dauer⸗ karten für den Besuch der „Deffentlichen Vorträge“ zu 6 6. Die Dauerkarten sind vom Inhaber mit Namensunterschrift und Wohnungsangabe zu versehen. Auf Wunsch werden Karten gegen Voreinzahlung oder unter Nachnahme des Betrags und des Portos durch die Post zugesandt. Bei kleineren Beträgen empfiehlt sich Voreinzablung in Brieimarken. Die Bestellung ist unter Vermeidung jeder persönlichen Adresse an das „Institut für Meereskunde', NW. 7, Georgenstraße 34 —— 36, zu richten. Das Institut für Meereskunde gibt jährlich 12 Vorträge als ‚Meeregkunde, Sammlung volkstümlicher Vorträge“ heraus. Diese Vorträge sind einzeln für 0, 50 M, im ganzen Jahrgang für 3 (6 käuflich. Den Käufern der Dauerkarten für den Besuch der „Oeffentlichen Vorträge! wird der 8 Jahrgang der Meereskunde' gegen Ende des Jahres 1914 unentgeltlich verabfolgt. Den ersten Vortrag in diesem Winter wird am 1. Dezember der Vizeadmiral z. D. Kirchhoff ⸗Kiel über das Thema: Englands Willkür und bisherige Allmacht zur See halten; der zweite Vortrag ist auf den 4. Dezember angesetzt, wo der Professor Br. Hoetzsch Berlin über Rußlands Drang zum Meere sprechen wird. Die Vorträge beginnen um 8 Uhr Abends.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Die Aufbewahrung der Kartoffeln. Bei der erhöhten Bedeutung, die die Kartoffel während des Krieges in unserem Haus⸗ halt notwendigerweise gewinnen muß, ist es von größter Wichtigkeit, zu verhüten, daß brauchbare Kartoffeln während des Lagerng ver— derben. Die Kartoffel kann erfrieren, sie kann keimen und schließlich auf verschiedene Arten ver faulen. Sie vor Frost zu schützen, ist noch verhältnismäßig am leichtesten, wenn man sie erst einmal im Keller hat, da eg schon ein sehr schlechter Keller sein müßte, in dem die Temperatur selbst bei starker Winterkälte unter den Gefrierpunkt stnkt. Daher ist mehr das Gegenteil zu fürchten, nämlich eine zu große Wärme, die zur vorzeitigen Keimung der Knollen führt. Die Fäulnis, die wie überall durch Pilze und Bakterien veranlaßt wird, hat fast immer die Feuchtigkeit als Vor⸗ bedingung und wird um fo leichter eintreten, wenn sich mit dieser gleichzeitig eine verhältnismäßig hohe Temperatur des Aufbewahrungs⸗ raumeg verbindet. Auch damit ist die Zahl der Feinde, die auf die Kartoffel lauern, nicht erschöpft. Es gibt einen winzigen Schmetter⸗ ling, der sich natürlich erst, in milder Jahreszeit zu den gelagerten Kartoffeln schleicht und seine Eier auf ihnen ablegt. Die JFtaupe diefer sogenannten Fartoffelmotte kann dann gr Schaden al richten, dem nur dadurch zu begegnen ist, doß . ö in emem geschlossenen Naum mit Schw feltoblenstoff un Kohleneryd durchgeraͤuchert werden. ten hat üt
. Dies Verfahren auch seine Bedenken, well der Schwefelkohlenstoff leicht ent
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