einer Menge wertvollen Materials. Bei der Fülle von
1sendungen dieser Art ist es der Zentralstelle nicht möglich, im lnen jedem Einsender den Empfang zu bestätigen oder ö en; sie nimmt indessen gerne die Gelegenheit wahr, auf diesem Wege für die ihr durch solche Artikel zuteil werdenden vertnollen Mitteilungen ihren Dank auszusprechen, deren sach⸗ an gf Berücksichtigung sie sich nach wie vor angelegen ein läßt.
Wie über neutrale Länder bekannt wird, suchen englis che Kreise in Aegypten gegen Deutschland mit der Behauptung zu hetzen, die türkische Armee solle Aegypten für Deutschland erobern. Das „W. T. B.“ ist ermächtigt, dies als eine unsinnige Ausst reuung zu kennzeichnen.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ sind die Ausgaben 245, 246, 247 und As der Dentschen Ver⸗ lustliften beigelegt. Sie enthalten die 92. Verluftliste der preußischen Armee, die 89., 90., 91. und 92. Verlu st⸗ liste der bayerischen Armee, die 68. Verlustliste der sächsischen Armee und die 70. Verlustliste der württem bergischen Armee.
Bayern.
Seine Majestät der König hat, wie „W. T. B.“ meldet, in besonderer Anerkennung der hohen Verdienste, die sich der Generalfeldmarschall von Hindenburg sowie der Generalleutnant Ludendorff um die Führung der im Osten kämpfenden Armeen erworben haben, ersterem das Großkreuz, letzterem das Kommandeurkreuz des Militär⸗Max⸗Joseph⸗ Ordens verliehen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Die Wiederkehr des 66. Gedenktages der Thron— besteigung des Kaisers Franz Joseph wurde gestern in der ganzen Monarchie festlich begangen und bot Anlaß zu be— geisterten Kundgebungen für den Kaiser und die Armee. Die gesamte Presse hebt in Festartikeln hervor, daß ein unzerreißbar festes Band Herrscher und Völker um— schlingt, und spricht heiße Wuͤnsche für den Sieg der ge— rechten Sache aus. In Prag und Brünn betonen die tschechischen Blätter die Liebe des tschechischen Volkes zu dem Kaiser, dessen Gerechtigkeit es bewirkt habe, daß alle Nationen in dem Reiche der Habsburger ihren festesten Schutz erblicken, und heben hervor, daß die Tschechen ihre Treue zu dem Kaifer durch Wort und Tat bewiesen haben. In Wien und in den Provinzfädten wurde ein Soldatentag abgehalten, an dem sich das Publikum mit zahlreichen Spenden lebhaft beteiligte und dessen Erträgnis für die Kriegsfürsorge bestimmt ist. Die Wogen des Patriotismus gingen besonders hoch, als in den ersten Abendstunden die Einnahme Belgrads durch die österreichisch⸗ungarischen Truppen bekannt wurde.
Die neuesten Veröffentlichung en des Bürgermeisters
von Wien, Weis kirch ner, über die wirtschaftlichen Verhãältnisse der Haupt⸗ und Residenzstadt verweisen auf den glänzenden Erfolg der Kriegsanleihe. Die Publikationen gehen sodann auf die trotz des vier Monate währenden Kriegszustandes andauernd günstigen wirtschaftlichen und die ebenso günstigen Gesundheitsverhältnisse in Wien ein.
Großbritannien und Irland.
Ueber die Verluste der Flotte in den ersten vier Mongten des Krieges teilt die „Times“ mit, daß deutsche Unterseeboote 7 britische Kriegsschiffe und 4 Handelsschiffe vernichtet und daß die Deutschen ferner durch Kanonenschüsse Z britische Kriegsschiffe und 50 Handelsschiffe zerstört haben.
Das Londoner Prisengericht hat den im Golf von Biskaya beschlagnahmten Dampfer „Schlesien“ vom Nord—⸗ deutschen Lloyd laut Meldung des „W. T. B.“ als gute Prise erklärt.
Frankreich.
Der Präsident Po incars, der Ministerpräsident Viviani und der Generalissimus der Armee Joffre trafen vorgestern vormittag mit dem König von England im englischen Hauptquartier zusammen. Der König und Poincaré fuhren im Automobil nach der englischen Front und verweilten den ganzen Tag inmitten der englischen Truppen. Poincars und Viviani reisten Nachts ab und trafen gestern in Paris ein.
— Die französischen Ausgaben im Kriegsmonat November betrugen dem „Progrès“ zufolge insgesamt 910 067 582 Franken.
Rußland.
Ein Kaiserlicher Ukas ordnet nach einer Meldung des ö an:
1) Es ist ohne besondere Erlaubnis des Finanzministers unter⸗ sagt, an österreichisch⸗ungarische, deutsche und türtische Institute und Staate angehörige zu zahlen, auszullefern, zu senden oder zu übertragen bares Geld. Wertpapiere, Silber, Gold, Platina, Edelsteine, ebenso , . die aus den genannten Metallen und Steinen ange— fertigt sind.
5 Es ist untersagt die Ausfuhr nach dem Auslande von barem Geld, von Wertpapieren, von Silber, Gold und Platina, dessen Wert 500 Rubel übersteigt, an jede Adresse.
3) Es ist unsersagt der Zutritt zu den Geldschrankfäckern den Versonen, die Vollmacht haben von den obenerwähnten Instituten und Staatsangehörlgen.
4) Alle Zahlungen an deutsche, österreichtsch⸗ ungarische und osmanische Staatsangehörige, die sich außerhalb Rußlands befinden, aber dort Handelgunternehmungen oder Grundstücke besitzen, werden in Rußland durch gesetzlich Bevollmächtigte dieser Uniernehmungen geleistet werden, die vor dem Kriege ernannt wurden. .
5) Der Finanzminister wird Verfügungen treffen, um die Aus⸗ gaben und Eianahmen der Akttengesellschaften wirksam zu kontrollieren, die in Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn und der Türkeh gegründet sind und das Recht erhalten haben, in Rußland Geschäft zu betreiben, ebenso auch die Ausgaben und Einnahmen der Gesellschaften und Unternehmungen, die vollständig oder teilweise den obengenannten
Untertanen gehören. Belgien.
Nach einer Verordnung des Generalgouverneurs in Belgien vom 265. November können für Unternehmungen, die sich in den besetzten Gebieten Belgiens befinden und die von einem mit dem Deutschen Reich im Kriegszustand befind⸗ lichen Lande aus geleitet oder beaufsichtigt werden, Aufsichts⸗ personen bestellt werden, die in den Unternehmungen darüber zu wachen haben, daß der Geschäftsbetrieb nicht in deutschfeind⸗ lichem Sinne geführt wird. Die gleichen Maßnahmen können
gegenüber Unternehmungen getroffen werden, die ihr Wirkungs⸗ gebiet ganz oder zum Teil im belgischen Kongostaat haben, sowie gegenüber belgischen Unternehmungen, von deren Anlage— kapital sich mindestens 1094 im Eigentum deutscher Staats— angehöriger befinden.
Durch Verordnung des Generalgouverneurs vom 28. No⸗ vember sind ferner die Bestimmungen der bisher erlassenen Zahlungsverbote gegen England und Frankreich in gleicher Weise auch auf Rußland und Finnland aus⸗ gedehnt worden.
— Bei den deutschen Militär- und Zivilbehörden in Belgien gehen immer noch zahlreiche Gesuche aus Deutschland ein, in denen Reichsangehörige um Anstellung bei der Zivilverwaltung oder um Verwendung als Dolmetscher und Sachverständige bei fortifikatorischen Arbeiten, militärischen Bauten und dergleichen bitten. Wie dem „W. T. B.“ von zuständiger Seite mitgeteilt wird, sind solche Gesuche voll⸗ kommen aussichtslos und können wegen ihrer großen Zahl nicht mehr einzeln beantwortet werden.
Rumänien.
Nach einer Mitteilung des „Vütorul“ soll das Parla— ment in der gegenwärtigen Session folgende Gesetzent— würfe erledigen: Ein Gesetz über ein Moratorium gegenüber dem Auslande, das außerdem für Wohnungsmieten unter 1000 Lei Geltung haben soll, wenn der Mieter nicht zahlungs⸗ fähig ist, Vorlagen über die Festsetzung von Höchstpreisen für Lebensmittel und die Emission von Banknoten zu 5 Lei, ferner eine Vorlage, durch die die Nationalbank ermächtigt wird, auf das Ausland lautende Goldtratten als Goldschatz zu bewerten. Schließlich soll ein Gesetz für die Unterstützung der Familien der zum Militärdienst Einberufenen Vorforge treffen.
Bulgarien.
Der bulgarische Gesandte in Konstantinopel Toschew ist nach Wien versetzt worden. Die Konstantinopeler Gesandt⸗ schaft wird vorläufig der frühere Gesandte in Cetinje Ku⸗ luschew leiten.
— Die Sohranje hat die zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Bulgarien abgeschlossene Postkonvention angenommen.
— Nach authentischen Mitteilungen aus Saloniki haben maze donische bewaffnete Rebellen die Wache der großen Eisenbahnbrücke über den Var dar zwischen den Stationen Gradetz und Demirkapu angegriffen, sie getötet und die Brücke mit Dynamit in die Luft gesprengt. Sodann haben sie sich gegen die kleine Brücke über den Fluß Vodissir südlich von Gradetz gewandt, die sie gleichfalls mit Dynamit in die Luft sprengten. Wie die „Agence Bulgare“ schreibt, werden diese An⸗ schläge, ein Ergebnis der Herrschaft der tyrannischen Unterdrückung, die man im serbischen und griechischen Mazedonien zur An— wendung bringt, planmäßig von serbischen und griechischen
Zeitungen sogenannten bulgarischen Banden in die Schuhe ge⸗—
schoben, die angeblich aus Bulgarien gekommen sein sollen. Um diese Behauptung zu entkräften, brauche man nur an die von Berxichterstattern großer russischer Blätter selbst im Verlaufe ihrer Reise angestellten Umfragen in den griechischen und serbischen Grenzgebieten zu erinnern, aus denen hervorgehe, daß tatsächlich eine Bewegung der mazedonischen Bevölkerung gegen die bulgarische Grenze, aber keineswegs eine solche gegen das Innere Mazedoniens existiere.
Amerika.
Die kanadische Regierung hat nach einer Meldnng der „Morning Post“ 30 000 Pfund Sterling zur Unter stützung der durch Trockenheit leiden den Ansiedler in Süd-⸗Alberta und Südwest⸗Saskatschewan sowie 200 000 Pfund Sterling für die Verteilung von Saatkorn bereit gestellt. Ein Kommissar für West⸗-Kanada schätzt die Ausdehnung der Anbaufläche für Weizen über den vorjährigen Um— fang hinaus auf 40 Proz. ;
— Aus Aguas Calientes wird der „Times“ zufolge ge⸗ meldet, daß Pablo Gonzales sich zum vorläufigen Präsidenten von Mexiko hat ausrufen lassen.
Afrika.
Vom W. T. B.“ verhreiteten Mitteilungen aus amtlicher türkischer Quelle zufolge hat im südlichen Marokko in der Schauja bei Ain Galaka zwischen den Senussi und den französischen Truppen unter dem Befehl des Generals Largou ein Gefecht stattgefunden. Der Führer der Schaujas, der Scheich Abdullah, fand hierbei zwar den Tod, doch wurden die Franzosen in die Flucht geschlagen. Die Senussi trugen auch in den Gegenden von Kanem und Wadai glänzende Siege davon.
— Wie das „Reutersche Bureau“ aus Pretoria meldet, hat am 29. November bei der Farm Quartfontein nächst Edenville ein Gefecht zwischen Oberst Manie Botha und einer Burenabteilung von 120 Mann unter Piet Henning statt— gefunden, in dem 3 Buren getötet und 73 gefangen genommen wurden; der Rest floh. Der Kommandant Oenicker hatte gestern ein Gefecht mit einer Burenabteilung unter Gideon Van Vuren in der Nachbarschaft von Bothaville. Van Vuren und 12 andere Buren, darunter ein Schwerverwundeter, wurden ge—⸗ fangen genommen, die anderen flohen und wurden verfolgt. In Bothaville ergaben sich zahlreiche Buren.
Dem „Daily Telegraph“ zufolge hat sich der General Botha an die Front gegen Deutsch⸗Südwestafrika begeben.
Australien.
Während man der Ueberzeugung ist, daß die normale britische Reichskonferenz während des Kriegs unmöglich ist, be⸗ steht der „Times“ zufolge allenthalben der Wunsch, daß der australische Premierminister und der Verteidigungsminister Anfang nächsten Jahres an den geheimen Beratungen des Reichsverteidigungskomitees in London teilnehmen, sowohl um zu zeigen, daß das Reich die See beherrscht, als ah, um die vereinigte Aktion in der gemeinsamen Sache zu tärken.
Kriegsnachrichten.
Großes Hauptquartier, 3. Dezember, Vormittags. 3 C.
W. T. B. Auf beiden Kriegsschauplätzen hat sich nichts r
Besonderes ereignet. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 3. Dezember. (W. T. B) Seine Majestät der Kaiser hatte gestern in Breslau eine Besprechung mit dem Oberstkommandierenden des öster⸗ reichisch⸗ ungarischen Heeres, Seiner K. und K. Hoheit dem Erzherzog Friedrich, der von Seiner K. u. K. Hoheit dem Erzherzog-Thronfolger Karl Franz Josef und dem Ehef des Generalstabes, General der Infanterie i n Conrad von Hötzen dorf, begleitet war. Später befüchte der Kaiser die Verwundeten in den Lazaretten der Stadt.
Oberste Heeresleitung.
Wien, 2. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet; Die Ruhe in unserer Front in Westgalizien und Russisch⸗Polen hielt im allgemeinen auch gestern an. In der vergangenen Nacht wurde ein russischer Angriff nordwestlsch Wolbrom abgewiesen. Die Kämpfe im Raume westlich Noworadomsk und bei Lodz sind in günstiger Entwicklung begriffen. Vor Przemysl blieben die Russen unter dem Eindruck des letzten Ausfalls passip. Mehrere feindliche Flieger warfen erfolglos Bomben ab. Die Operationen in den Karpathen sind noch zu keinem Abschluß gekommen.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
Südlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 2. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Da der Feind im Rückzuge ist, fanden gestern keine größeren Kämpfe statt. Die vorgetriebenen Nachrichtenabtei⸗ lungen stießen auf feindliche Nachhuten und machten mehrere Hundert Gefangene.
Seine Majestät der Kaiser erhielt vom Komman— danten der fünften Armee nachstehende Huldigungsdepesche:
„Hochbeglückt bitte ich, Eurer K. und K. Apostolischen Majestãt
am Tage der Vollendung des 66. Jahres Eurer Majestät glor⸗
reicher Regierung die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche der fünften
Armee sowie die alleruntertänigste Meldung zu Füßen legen zu
dürfen, daß die Stadt Belgrad heute von Truppen der
fünften Armee in Besttz genommen wurde.
Frank, General der Infanterie.“
Kolonialer Kriegsschauplatz.
London, 2. Dezember. (W. T. B.) Hier eingetroffene australische Blätter bringen Einzelheiten über die Be— setzung der Insel Neupommern durch aust ralische Streitkräfte. Am 11. September früh erreichte das austrꝗ⸗ lische Geschwader Herbertshöhe und landete 25 Mann, um von der ungefähr vier Meilen landeinwärts gelegenen drahtlosen Station Besitz zu ergreifen. Die Gelandeten stießen auf un— erwarteten Widerstand seitens der Deutschen und bewaffneten Eingeborenen, die in Kokosnußpalmen verborgen waren. Ein australischer Offizier und ein Unteroffizier wurden getötet. Später wurden weitere lös0 Mann gelandet, die unter dem Widerstand der Ein⸗ geborenen bis auf 109 Mards an die Station heranlangten, wo sie 6 Deutsche und 40 Eingeborene verschanzt fanden. Hier wurde ein australischer Offizier getötet und einer verwundet. Spät am, Nachmittag ergaben sich die Verteidiger der Stafton. Während der Schanzgraben nach Waffen durchsucht wurde, hrach ein neues Gefecht aus, das jedoch die Eroberung der Station nicht verhindern konnte. Inzwischen hatte eine Infanteriekolonne widerstandslos den Ort Herbertshöhe besetzt. Ebenso wurde Rabaul ohne Kampf eingenommen. Zwei Tage später wurde die Insel für eine britische Besitzung erklärt. Inzwischen hatten sich größere Streitkräfte von Deutschen und bewaffneten Eingeborenen in dem von der Küste 6— 3 Meilen entfernten Gebirgsdistrikt Toma verschanzt. Nach einer Be— schießung durch Schiffsgeschütze erreichten die australischen Truppen unbehindert Toma.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 2. Dezember. (W. T. B.) Unsere Truppen, die in der Zone des Tschorokh vorrückten, haben einen neuen Erfolg davongetragen und heute die Stadt Arda—⸗ nutsch, 20 km östlich des Tschorokhflusses besetzt.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstage ist zu der Denkschrift über wirt⸗ 6 Maßnahmen aus Anlaß des Krxieges ein Nachtrag zugegangen, der die neuerdings getroffenen Maßnahmen der bezeichneten Art behandelt und ein Gutachten des Kaiserlichen Gesundheitsamts über die Verwertbarkeit von Kartoffel⸗ erzeugnissen zur Brotbereitung enthält. In diesem Gut⸗ achten äußert sich das Kaiserliche Gesundheitsamt zusammen⸗ fassend, wie folgt:
1). Der Zusatz von Kartoffeln bei der Brotbereitung, teils als , ö lg , . eines Teils des Getreidemehls, ist bisher schon gebräuchlich gewesen.
2) An Stelle der Kartoffeln selbst kommen die daraus durch Trocknung hergestellten Erzeugnisse, besonders Kartgffelflocken und Kartoffelwalzmehl, vorauggesetzt, daß sie vom größten Teile der Kartoffelschalen befreit sind, ferner auch die Kartoffel stärke (/ Kartoffel⸗ mehl“) für die Brotbereitung in Betracht.
35 Auf Grund der chemischen Zusammensetzung der Kartoffeln und der genannten Erzeugnisse sind gegen ihre Beimischung zum Brot⸗ mehl in mäßigen Anteilen vom nahrungsmittelchemischen Standpunkt aus wesentliche Bedenten nicht zu erheben, .
4) Bei geeigneter Leitung des Bagberfahrens gelingt es, aus Roggenmehl mit mäßigen Zusätzen von Kartoffelerzeugnissen (bis zu etwa 20 Cͤ0) Brote herzustellen, die in Aussehen, Farbe, Konsisten;, Geruch und Geschmack dem reinen Roggenbrote nicht nachstehen, ing besondere auch genügend lockere Beschaffenheit und normalen Wasser— gehalt besitzen. Am besten bewährt sich als Zusatz ein gleichteiliges Gemisch von Flocken und Stärke oder von Walzmehl und Stärke.
5) Da es unter Umständen möglich ist, bei Verwendung gewisser Kartoffelerzeugnisse dem Brote mehr als normale Wassermengen ein— zuperleiben, so wird es Sache der Lebengmittelkontrolle sein, den Ver⸗ kehr von übermäßig wasserreichen Kartoffelbroten, durch die der Käufer benachteiligt würde, frei zu halten.
6) Der Gesamtnährwert, wie er sich in dem Wärmewert aus⸗ drückt, ist für Kartoffelbrote nur unerheblich geringer als für reines Roggenbrot.
In bezug auf die einzelnen Nährstoffe sind nur im Gehalt an Stickstoffverbindungen (Ciweiß usw. in Betracht kommende Unterschiede zwischen Kartoffelbroten und reinen Roggenbroten vor⸗ handen. Der Mindergehalt an Eiweiß ist indessen bei geringen Zu⸗
sätzen der Kartoffelerzeugnisse (etwa 5 Proz) unerheblich und auch bei größeren Zusätzen (bis zu etwa 20 Proz) nur dann ins Gewicht sallend, wenn klelereiches Roggenmehl verarbestet wird. Auch sn ie len ist aber bei gemischter Kost ein Giweißmangel nicht zu efürchten.
8) Vach alledem ist Kartoffelbrot, sowelt die Zusätze an Kartoffel⸗ erzeugnissen etwa 20 0σ des Gesamtmehls nicht übersteigen, als ein nicht nur notdürftiger, sondern sast vollwerriger Ersatz des reinen Noggenbrots anzusehen. Zur Vermeldung jeglicher Irreführung der
Verbraucher ist aber eine Kennzeichnung des Kartoffelbrots geboten.
Nur bei geringen Zusätzen von Kartoffelerzeugnissen (bis zu etwa ho / o) könnte von der Kennzelchnungepflicht abgefehen werden, weil in diefen Fällen die möglichen Abweichungen von reinem Roggenbrote ganz unerheblich sind.
Statistik und Volkswirtschaft.
Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäfts, Herkunft,
Beschäftigung und Tauglichteit der Milttärpflichtigen in Deutschland im Fahre 1913.
Dem Reichstage sind tabellarische Uebersichten über die Ergeb⸗ nisse des Heeresergänzungegeschäft und über die Herkunft und Be⸗ schäftigung der Militärpflichtigen für das Jahr 1913 zugegangen. Danach wurden im vergangenen Jahre in den alphabetischen und den Restantenlisten insgesamt 13328019 (im Vorjahre 1289 868) im Aushebungsbezirk oder im Ausland geborene Militärpflichtige ge⸗ führt; außer Betracht gelassen sind hierhei die ohne Entschultigung ausgebliebenen und die in den Restantenlisten als unermittelt geführten Milttärpflichtigen — gleichgültig, ob das Verfahren nach § 49, 7 der Wehr⸗ ordnung gegen sie bereits eingeleitet oder schon beendet ist. Pon jenen 1328019 Milttäipflichtigen, unter denen sich 587 88 (im Vorjahre 557 608) 20 jährige, 380 331 (i. V. 385 163) 2 jährige, 305 619 (i. V. 294 825) 22 jährige und 54 181 (t. V. 52 2725 ältere befanden, wurden 925 (i. V. 916) — darunter 501 im Alter von mehr als 22 Jahren, 205 22 jährige — als unwürdig vom Dienste in dem Heere oder der Marine gemäß § 37 der Wehrordnung aus⸗— geschlossen, 31223 (i. V. 34211) als untauglich befunden und daher ausgemu stert, 364 (i. V. 310) Taugliche wegen bürger— licher Verhältnisse, 50l G. V 218) als Ueberzählige und 117435 (i. V. 137 394) Militärpflichtige aus sonstigen Gründen dem Land stu rm überwiesen, 88 11 (. V. 7241) Taugliche wegen bürgerlicher Verhältnisse, 2961 (i. V. S36) als Ueberzäh lige und 76 159 (6. V. 79 629) Militärpflichtige aus anderen Gründen der Erxsatzreserve, 87 (6. V. 70) Taugliche wegen bürgerlicher Verhältnisse, I5 (i. V. 4 als Usberzählige und 2103 (i. V. 2427) Militarpflichtige aus fonstigen Gründen der Marineersatzreserve überwiesen und — aus— schließlich der überzählig Gebliebenen — 305 675 (i. V. 239 717) Militärpflichtige zum Dienste in dem Heere oder der Marine ausgehoben. Von den Ausgehobenen wurden be— stimmt für dasz Heer: zum Dienst mit der Waffe 1983 li. V. 1315) Mann als Trainsoldaten zu einjährigem Dienst, 262 633 (i. V. 20h 959), Mann für Truppen mit zweijähriger Dienstzeit und 20 829 (i. V. 13 336) Mann für Truppen mit dreijähriger Nenstzeit, zum Dienst ohne Waffe 3752 (i. V. 2616) ausgehobene Militärpflichtige, für die Marine: 12301 (i. V. 12 247) Mann aus der Landbevölkerung und 577 (i. V. 4244) Mann aus der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung. Freiwillig eingetreten sind in das Heer: 17200 (4. V. 14 308) Einjährig⸗ Freiwillige, 1563 (i. V. 1180) Volkteschullehrer und Kandidaten des Volke schulamts, die nicht als Ein jährig, Freiwillige dienten, und als sonstige Freiwillige 41 041 (i. V. 37 898) Taugliche bei Truppen mit zweijähriger und. 11 155 (i. V. 10 296) bei Truppen mit dreijähriger Dienstzeit, in die Marine: 1041 (6 V. 854) Einjährig⸗Freiwillige und 5120 (i. V. 46659) sonstige Freiwillige.
Vie 305 675 (6. V. 239 7177 Ausgehobenen und die 77120 (i. V. Y 195) freiwillig Eingetrttenen ergaben zusammen eine Heeres, und Marineergänzung von 382795 (i. B. 308 9127) Mann. Bringt man von der Zahl der freiwillig in das Heer oder die Marine Einge⸗ tretenen diejenigen in Abzug, die beim Dlenstantritt noch nicht das militärpflichtigs Alter erreicht hatten — 30 548 (. V. 28 782) —, so sind im Jahre 1913 von den 1 328019 (i. V. 1289 868) Mili⸗ tärpflichtigen, die im Aushebungsbezirk oder im Ausland ge⸗ boren waren und in den Listen geführt wurden, 591 712 (i. V. 543 386) endgültig abgefertigt worden, während über 736 307 (746 482) über zahlig gebliebene noch keinerlei entgültige Entscheidung getroffen wurde.
Einschließlich der vor Beginn des milttärpflichtigen Alters frei⸗ willig in das Heer oder die Marine Eingetretenen betrug die Zahl der im Jahr 1913 endgültig Abgefertigten 623 3660 (i. V. 572 168). Von dtesen waren 139 268 (i. V. 132 147) auf dem Lande geboren und in der Land. oder Forstwirtschaft usw. Gruppe ! und II der Klassifikation der Berufzarten) tätig, 207 416 Ii. V. 1588 666) anderweit beschäftigt, jedoch ebenfalls auf dem Lande geboren, 18543 (i. V. 19491 in der Stadt geboren, aber in der Land- oder Forstwirtschaft ufw. tätig, 257 133 (4. B. 21 S864) in der Stadt geboren und in keinem land oder forstwirt.— schaftlichen usw. Berufe beschäftigt. Als in jeder Beziehung aug Lich befunden wurden von den endgültig Abgefertigten 3965 534 oder 63,55 , (im Vorjahre 317591 oder Hh, on d / 9). Bei den auf dem Lande geborenen und in der Land. ober Fotstwirtschaft usw. tätigen Abgefertigten betrug die Tauglichkeitsziffer G79 os Ct. V. 6051) oo, bei den ander wen beschäftigten, jedoch ebenfalls auf dem Lande geborenen 6b. (4. V. 57 8a) , bei den in der Stadt geborenen, aber in der Land- oder Forstwirtschaft usw. tätigen 64,8. (i. V. H. sa) oo, dagegen bet den in der Stadt geborenen und in keinem land- oder forstwirtschaftlichen usw. Berufe beschäftigten nur 591 (i. V. Ho,) osJg. Die auf dem Lande Geborenen stellten demnach wiederum einen höheren Prozentsatz an Tauglichen als die in der Stadt Geborenen. In beiden Fällen war aber die Tauglichkeits⸗ ziffer der in der Forst' oder Landwirtschaft usw. tätigen Personen günstiger als die der anderweit Beschäftigten, von denen wiederum die auf dem Lande Geborenen eine höhere Verbältniszahl aufwiesen.
Bfrechnet man auf Grund der Zahlenangaben der Reichstags⸗ drucksache auch für die verschiedenen Landesteile als Aushebungsbezirke der einzelnen Armeekorps die Zahl der endgültig Abgefertigten und die der Tauglichen unter ihnen und hieraus der letzteren Verhältnis zahl, so war das Verhältnis der Zahl der Tauglichen (ohne die künstig Tauglichen) zu der der endgültig Abgefertigten gegenüber dem oben angegebenen Reschsdurchschnitt (3, 8s o in 16 e n , ,, besser, in 10 schlechter. Die höchsten Tauglichkeitsziffern zeigten die Aushebungsgebiete des in Teilen des Regierungsbezirks Trier und Elsaß⸗Lothringens stehenden XXI. Armeekorps, des XVII. (Westpreußen), deg XX. lostpreußischer Regierunggs⸗ bezhtk Allenstein und angrenzende Teile Westpreußens), des L. (übriges Osspreußen) und des im Elsaß stehenden XV. Armee— korps init 723, bejw. 68 so, 6ßS,ar, 686 und 68,6 Tauglichen unter den endgültig Abgefertigten. Den Reichsdurchschnitt übertrafen ferner die Verhäls niszablen der. Tauglichen in den Bezirken des Il. Armeekorps swestfalischer Reglerungabezirf Münster und Cn. grenzende Gebiete der hiheinprovinz mit 67, 3s oo), des II. (Pommern mit 6ö os oo), des in Lothringen stebendem XV. (mit 66, s o o), des IV. (Baden mit 66, oo), des 3 bayerischen (Nordbayern ohne hnterfranken mit G6 o,o), des 1X. (Schlegwig / Hol ssein mit 6b os 9); des nn. (Württemberg mit ebenfalls 66 os o), des XI.. eglerungoben ine Cassel und Erfurt mit. G64 oö), des III. (Rhesnprobin. mit ä as C, des 2. baverlschen Mulch; slanken und Pfalz mit 64 as do und des JV. Armeekorps (Provinz Fachsen und Thüringen mit 64 a o/o Tauglichen unter den endgũůltig Abgelertigten rz. Unter dem Reichzdurch schnitt steßen nn Tauglichkeitsziffern in den Aughebungsbezirken des V. (Pofen und angrenzende Teile von Schlesien mit 63, as oo), des“ J. bahye= rischen (Südbayern mit bo oo oo), deg X. (Hannover,
Oldenburg und Braunschweig mit 614 olg), des VI. Armee
torpß (Schlesien mit 60 9 ufo), und die verhältnismäßig niedrigsten Zahlen der Tauglichen ergeben sich für die Aus hebungsbezirle des XVIII. (Regierungsbezirk Wiesbaden mit 59. ao / ), des XII. Armeekorps (sächsische Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen mit 59m oo), der Großherzoglich hessischen Diviston 66. 8am oc, des XIX. (äächsische Kreishauptmannschaften Leipzzg,
bemnitz und Zwickau mit 56 an 6so) und deg III. Armeekorps, d ssen Aushebungsbezirt (Provinz Brandenburg) mit nur 5h, 6so Tauglichen unter den endgültig Abgefertigten wiederum die letzte Stelle ein nimmt, Im allgemeinen stellen die an Industrie und größeren städtischen Siedlungen reichen Gebiete des Reichs im Verhältnis zur Zahl der Emwohner und der Wehrpflichtigen wenlger Militärdienst⸗ taugliche als die anderen Lander teile⸗ Gegenüber dem Vorjahre 1912 hat sich die auglichkeitsziffer uberall erhoht, auch in dem Aushebunge⸗ bezirk des 1II. Aumeekorpg, der Prohpinz Brandenburg, wo sie sich für das Vorjahr auf nur 1350 oso berechnete.
Wohlfahrtspflege.
Die Berliner Hilfsvereinigung für die aus Belgien dertrtebenen Deutschen, deren Ehrenausschuß u. a. der Reichs- kommissar zur Erörterung von Gewalttätigkeiten! gegen deutsche Zivil- personen in Fein der land, Ministerialdirektor im Reichgzamt des Innern a. D. Ju st der Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses, Wirkliche Geheime Rat Dr. Graf von Schwerin, der Praäsident des Reicht tags Dr. Kaem pf, der Geheime Regierungsrat und vortragende Rat im Geheimen Zivilkabinett Seiner Majestät des Kaisers und Königs Dr. Dryander und der Oberbürgermeister von Berlin, Wirkliche Geheime Rat Wermuth angehören, wendet sich in einem bon her⸗ vorragenden Persönlichkelten unterzeichneten Aufruf mit der Bitte um Geldspenden an die Oeffentlichkeit, der folgendes besagt: „Zum Heile des Vaterlandes haben die Deutschen in Belgien schwere Phfer auf sich nebmen müssen., Große Werte find veinichtet worden¶ Bedeutende, in jahrelanger Arbeit begründete Interessen mußten schutzlos zurückgelassen werden. Gar mancher hat, nur mit dem Notdürftigsten bekleidet, unter ungeheueren Mühen die Flucht ergreisen müssen. Ein besonders großer Teil der Flüchtünge hat Groß Berlin als Zufluchts⸗ fnätte erwählt. Denen, die als Deutsche stolz waren auf das durch eigene Kraft Erworbene, wird es schwer, sich Hilfe suchend an die Oeffentlichkeit zu wenden. Mit jeder Woche aber wachsen die Sorgen dieler hundert Männer und Frauen, denen eg ohne Aut sicht auf die Möglichkeit eines Verdienstes immer schwieriger wird, für sich und thre Kinder den Lebensunterhalt zu gewinnen. Da gilt es, tätig zu sein für unsere Landsleute, die als Vorkämpfer deutschen Wesens und deutscher Kultur durch deutschen Fleiß Deutschlands Industrie und Handel in Belgien die Wege geebnet haben. Zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse sind erhebliche Mittel erforderlich. Es handelt sich darum, die Flüchilinge, solange sie an der Rückfehr nach Belgien gehindert sind, mit Unterhalt zu versorgen, die Zurückkehrenden vor Elend zu schützen, ihnen zu helfen, den gestörten oder vernichteten Vaus⸗ und Nabiungsstand wiederherzustellen, ingbesondere dem flelneren und mittleren Gewerbe die Fortsetzung oder Wiederemrichtung der Betriebe, soweit erforderlich, zu ermöglichen. Wir wenden uns daber an die in dieser großen Zeit so oft bewiesene Opferfreudigkeit in unserem deutschen Vaterlande und bitten, der schwer heimgesuchten belgischen Flüchtlinge zu gedenken. Die Bank für Handel und Industrje, die Berliner Handelsgesellschaft, die Commerz⸗ und Disconto Bank, die Deutsche Bank, die Dtreetlon der Visconto⸗Gesellschaft, die res dner Bank, die Mitteldeutsche Creditbank, die Nattsonalbank für Deutschland, die Banthäuser S. Bleichröder, Delbrück Schickler u. Co,. und Menbels—= sohn u Co. haben sich bereit erklärt, Geldspenden mit dem Verme mk „Für die deutschen Flüchtlinge aus Belgien“ entgegenzunehmen. Es ist beabsichtigt, die Mittel auf Grund einer Prüfung der Bedürftigkeit durch einen Fommissar der Reichsregierung verteilen zu lassen. Für jede, auch die kleinste Gabe im voraus wärmsten Dank.“ — Die Geschäftestelle der Berliner Hilfsvereinigung für die aus Belgien bertrtebenen Deutschen“ befindet sich im Abgeordnetenhause. Sprech- stunde für die Flüchtlinge int Wochentags von 4 bis 6 Uhr. Die regelmäßigen Versammlungen finden nach wie vor an jedem Donnerstag, Abends 7 Uhr, im Lehrervereinshaus (Alexanderplatz) statt.
Nach einer Meldung von W. T. B. aus Wien hat der Kaiser und König Franz Foseph dem neugegründeten öster⸗ reichischen Komitee für den törkischen Halbmond eine Spende von 50 000 Kronen aus seiner Piivatkasse bewilligt.
Kunst und Wissenschaft.
Zu den bellebtesten Bildhauern der Renasssance gehörte Fran⸗ Cesçgo Laurana, der seinen Ruf namentlich Frauenbüsten ver⸗ dankt, die sich durch ihren eigentümlichen Ausdruck wethlicher Züchtig⸗ keit und Zurückhaltung, verbunden mit der delikaten Wie deraabe der jugendlichen Haut auszeichnen; dagegen mangelten dem Künstler eine reichere Phantasie und die Fähigkest, die Persönlichkeit der Dar— gestellten genügend zu charakterlsieren. Wie seine Madonnen statuen wenig Abwechslung zeigen, so sind seine jugend⸗ lichen Frauenhüsten und eigentümlichen Frauenmasken unter sich so ähnlich. daß man in ihnen Allen daz Bildnis einer (inzigen Persen, der Beatrix von Aragon, zweiten Ge— mahlin des Mathias Corvinus, erkennen wollte. Diefe Ansicht ist zu verwerfen, wohl aber ist es erwtiesen, daß Laurana es durchaus nicht verschmäht hat, dasselbe Bildnis fast genau mehrfach zu wiederholen. Der Generaldirektor der Königlichen Museen Dr. von Bode führt dafür in dem Deemberheft der Amtlichen Berichte aus den König—⸗ lichen Kunstsammlungen“ ein intereffanteg Beispiel an. Das Katser Fitedrich⸗Museum besitzt eine Büste der Prinzessin Beatrix bon Aragon von der Hand Lauranas, von der eine bis auf den Sockel fast übereinstimmende Wiederbolung seit längerer Zeit bekannt war und sich jetzt in einer Privatjsammlung in New Jork befindet, während eine jweite neuerdings in Frantreich aufgetaucht ist. Alle drei Büsten sind aus karrarischem Marmor her⸗ gestellt und gleichen sich bis auf den Sockel und die Musterun des Kleideg. Dle Sockelperzterungen diefer Büsten sind dur die gute Arbeit der kleinen Darstellungen besonders beachtens⸗ wert. In Flachrelief sind antike Motive in die Sockel geritzt; das Berliner Exemplar zeigt jederseits eine liegende weibliche Gestalt in weitem Gewand. — Die Fflamische Abteilung hat als Geschenk jüngst eine weibliche Fahencefigur erhalten, in der man versucht ist, das Madonnenmz tiv dargestellt zu sehen. Es handelt sich um eine Hohlplastik, die weiß und blau glasiert und mit grünem Lüster bemalt ist. Technische Eigentümlichkeiten verraten daz Stück als Arbeit der Werkstätten von Raghes (Persien) aus dem 13. Jahrhundert. Die Frau hockt mit untergeschlagenen Beinen, das nackte Kindlein an der enthlößten Brust. Ein buntgemusterles Kled deckt im übrigen den Körper, eine eigentümliche Mütze den Kopf, von dem lange Zöpfe herabhängen. Die Augen sind geschlitzt. Diese Figur als Madonng del Latte“ zu deuten, wäre an sich durchaus erlaubt, denn, die Behandlung christlicher Gegenstände ist in der islamischen Kunst nscht selten. Es handelt sich in solchen Fällen wobl sicher um Geschenke, die moham medanische Fürsten oder Große für fürstliche Bischöfe oder Herren ig islamischen Werkftätten hatten anfertigen lassen, oder auch um Prunkssücke, die sich dort eine christliche Ge⸗= meinde bestellt hatte. In Auffassung und Zeichnung pflegen solche Stücke aber aus dem islamischen Gesamtftil; herauszufallen; es handelte sich hier eben um die vorübergehende Aufnahme von Elementen, die der islamischen Kunst innerlich fremd waren und hlieben. Was die Deutung unseres Stückes ais Madonnen Darstellung unwahrscheinlich macht, ist, wie Br. Kähnel in den Be⸗ richten; ausführt, der Umstand, daß im bvjantinischen Kunsttretse, dem die ssiamitchen Handwerker in derartigen Fällen ihre Vorbilder zu entnehmen pflegten, gerade dieses Madonnenmoltd so gut wie un. bekannt war; außerdem kann es sich hier nicht um eine ganz gelegent⸗ liche Darstellung (zu Geschenkeszwecken an einen Christen) handeln,
da ein zweiteg, etwas derberes Eremplar in Münchener Privalbesitz nachgewiesen ist; auch fehlt diesen Stücken jede Andeutung des Nimbus, der sonst in runder Scheibenform bei chꝛristlichen Heiligen⸗ darstellungen nie sortgelassen wird; endlich fällt an diesen Riguren durchaus nicht das Fremde, Exotische auf, das sonst iflamischen Kunst⸗ werken eigen ist, die christliche Mottve darstellen. Dr. Kühnel halt ' aher far wahrscheinlicher, daß die Figur die Göttin Ischtar dar⸗ stellt, deren Gestalt in der Volke kunst Mesopotaniens lange lebendig geblieben, später in die Rakka⸗ und aus dieser in die Ragheskeramit übergegangen sein könnte.
Die italienische Kunstzeitschrift Fanfulla della Domena“ ver= breitet die Nachricht, daß die äußeren Flügel des berühmten Altarwertes der Brüder van Gyck von St Bavo aus Belgien ngch Berlin gebracht worden seien, wo fich bereits daz Mlittel⸗ stück befindet. Diese Nachricht ist vollständig erfunden. Der Genter Altar ist in Gent von der bischöstichen Behörde selbst ver⸗ borgen worden. Die deutschen Behörden halten sich streng an die Be⸗ stimmungen der Haager Konvention, nach denen Kunstgegenstände in Museen usw. den Beuterecht nicht unterliegen.
Literatur.
— Das Dezemberheft der Zeitschrift Nord und Süd Verlag Schott länder — Breslau; Vierte ährlich 6 M6) hat folgenden Inhalt: Professor Dr. Ludwig Stein: Grundforderungen des Welt⸗ krieges. — Graf von Mirbach Sorquitten? Die deutsche Landwirtschaft und der Weltkrieg. — Wilhelm von Siemens: Die deutsche Industrie und der Weltkrieg. — Georg Bernhard: Zweierlei Gosd— währung. — Hermann Waller, Geschäftsinhaber der Vis conto⸗Gesell⸗ schaft: Das deutsche Bankgewerhe und der Krieg. Königlicher Tommerzienrat Louis Mann, Aeltester der Kaufmannschaft von Berlin: Welthandel und Krieg mit besonderer Berück— sicht der chemischen Industrie. — Kaiserllcher
D .
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eine Weihnachtliche Rundschau“‘ und andere Bücherbe
Fischerei.
Ueber eigen neuen gefährlichen Feind, der der ausgedehnten Teichwirtschaft in Böhmen in wenigen Jahren herangewachsen ist, be= richtet der Privatdozent Dr. O. Haempel im letzten Novemberheft der Umschau? ¶ Frantfurt a. M., Herausgeber me. Dr. Bechhold). Es, handelt sich um die ursprünglich in Amerika beheimatete Wühlmaus (Fiber zibethicus Cuv.), auch Bisamratte oder Dndatra genannt. Von diesem 39 em langen und mit einem seltlich zusammendrückbaren nackten Schwanz von eiwa 28 em ver⸗ sehenen Tiere wurden vor acht Jahren von einem böhmischen Groß⸗ grundbesitzer vier Pätrchen zu Jagdzwecken eingeführt und sie haben sich in dies er kurzen Zeit, dank der günstigen Lebensbedingungen, die sie in Böhmen vorfanden, derart vermehrt, daß mon den Bestand jetzt auf 2 Millionen Stück berechnet. Eigentümlich ist es dabei, daß das Tier seinen ursprünglichen Charakter in mancher Hinsicht verändert hat, In semer Heimat Nordamerika trägt Es ein glattes, dichtes Fell von brauner bis rötlicher Farbe, das im Pelzhandel geschãtzt wird. In Böhmen hat sich das Fell in wenigen Jahren sehr zum Nachteil verändert; es wurde lichter, grob und glamlos, und die Kürschner wollen von ihm nicht viel wissen. Das Tier wurde in⸗ solgedessen wenig verfolgt und konnte sich so, den Wasserläufen und üppig bewachsenen Teichen folgend, über den größten Teil Böhmens verbreiten und soll im letzten Jahre auch schon in Mähren und Sachsen beobachtet sein. Die Verbreitung wurde begünstigt durch eine auffallend vermehrte Fruchtbarkeit. Während die Bisamratte in Amerika in der Regel nur einmal im Jahre zur Begattung scheeitet und gewöhnlich nur 3—6 Junge wirft, kann in Böhmen eine dreimalige Begattung im Jahre als Minimum angesehen werden und Würse mit ) bis 10 Jungen sind hier keine Seltenheit. Wenn man serner bedenkt, daß das Tier schon mit dem sechsten Monat sortpflanzungefähig wird, ist die Berechnung nicht zu hoch, daß sich die Bifamratie im Laufe eines einzigen Jahreh auf das Vlerzigfache vermehren kann. Bei einem Bestand von 2 Millionen Tieren bedeutet das zweifellos eine Landplage und eine Gefahr für das Gedeihen derjenigen Pflanzen bezw. Tiere, die den Bisamratten zur Nahrung dienen. Und bezüglich dieser Nahrung hat sich eine wettere Wandlung an den Bisamratten in ihrer neuen Heimat vollzogen. Während sie in Amerika fast aus-= schlicßlich Pflanzenfresser sind. haben sie sich in Böhmen vorzugsweise der Fleischnahrung, in erster Reihe der Fischnahrung, zugewandt. Ab= gesehen von der großen Schäciqung, die dieser Umstand für die aug- gebreitete Teichwirtschaft zunächft in Böhmen bedeutet, ist die Gefahr für Teichdämme infolge des Wühlens und der ausgedehnten Bauten der Nager nicht zu unterschätzen. Die größten Verheerungen hat die Bisamratte nach weit lich bisher in den Winterteichen angerichtet, in denen die Karpfen auf engem Raum zusammengedrängt, ihren Winiterschlaf halten. Hier verjagt sie die Fische aus ihrem Tiger, frißt die einen an und treibt die andern unter der Eisdecke berum, bis sie an Gischöpfung und Atemnot zugiunde geben. In einem einzigen Teiche einer böhmischen Domäne stellte man einen auf diese Weise ver⸗ ursachten Verlust von 250 Schock gut eingehalterter Karpfenbrut bei einer Besetzung mit 400 Schock fest. Und nur 4 Paar Bisamratten scheinen diese Verheerung angerichtet zu haben. Auch Stock. und deren Gelegen stellen die
— der Zerstörung von F sen worden sind. Bei der
Theater und Musik.
Sch il lertheater Charlottenburg.
Ludwig Fuldas vieraktiges Lustspiel Der Seeräuber, das im Wiener Hosburgtbeater seine Urauffühtung erlebte, batte bisher nech nicht den Weg nach Berlin gefunden. Vem Ghärlo enburger Schillertheater war es vorbehalten, uns gestern die Belanm chaft init dem anmutigen Werke zu vermitteln, das im leichten Ripthmun füßiger Trochäen, dem beliebten Versmaß der anischen Dramatlker, über die Bühne schreitet. Ein mãr afteg