1914 / 287 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

allen besonders das Bedürfnis empfinden müsse, an sich selbst n denken, ohne auf die Schmeicheleien interessierter Lockungen zu , noch auf die gefährliche Suggestlon verwickelter und abstrakter 'griffe, die den Sinn für die Wirklichkeit verlieren lassen könnten. 33 Schluß sprach Bettolo sein Vertrauen aus, daß die Regierung Aufgabe mit dem sicheren Bewußtsein der Interessen des Vater⸗ landes er füll'n werde. Der Abg. Ciccotti (unabhängiger Sozialist) billigte die Ertlärungen der Reglerung nicht, da er sie nicht für klar hält. Er bedauerte, daß die Regierung nicht angebe, wie sie vorzu⸗ gehen beabsichtige, und forderte eine entschlossene und kräftige Hand- . Ciccotti wünschte den Triumph des Grundsatzes der Nationalitäten, der allein auf einen bewaffneten Frieden einen Zustand folgen lassen könne, in dem die fortschreitende und friedliche Entwicklung aller Völker keine Hindernisse mehr finde. Der Abg. Altobelli (unabh. Soz.) fand ebenfalls die Er—⸗ klärungen der Regierung unklar und sprach sich gegen jeden Krteg aus, der kein Verteldigungskrieg sei. Er erklärte sich für eine Neu⸗ tralltät bis zum Schlusse, und zwar im Namen der Menschlichkeit und der Ziwilisation sowie im Vertrauen darauf, daß auch bei der Beibehaliung der Neutralität Italien seine Interessen wirksam werde schützen können. Italien könne seine Neutralität diplomatisch zur Geltung bringen; es könne auch mit den anderen neutralen Mächten die Anregung zum Frieden geben. Italien werde niemals gestatten können, daß seine Armee an der Seite der Heere der Zentralmächte kämpfe. Bei diesen Worten unterbrach der Ministerpräsident den Redner und sagte mit Nachdruck: Die italienische Armee wird ihrem König immer loval und treu gehorchen.

Anter lebhafter Aufmerksamkeit des Hauses ergriff sodann der Ministerpräsident Salandra das Wort und drückte zunächst sein Bedauern über die wenig maßvollen Ausdrücke aus, die einzelne Redner bei der Beurteilung des großen internationalen Konfliktes und der Mächte, die daran beteiligt sind, gebraucht hätten. Dann fuhr er fort: Italien erkennt die Verdtenste und Vorzüge aller zwvilisierten Völker an und weiß, daß alle am Fortschritt mitgearbeitet haben. Es lebe Italien! Das sei unser Ruf. Man hat gesagt, daß meine Er— klärungen rätselhast wären. Mir scheinen sie dagegen sehr klar gewesen zu sein, und ich glaube, daß die große Mehrheit des Landes, die in diesem Augenblick von uns vertreten wird und nicht (zur äußersten Linken gewandt) von Ihnen, mit mir einverstanden ist. Was ich ge⸗ sagt habe, wird von jedermann verstanden und ich darf kein Woirt hinzufügen. Sie sollen meine Erklärungen beurteilen, aber ich kann keine ausführlichen Erklärungen geben, denn das würde gegen das Staatsinteresse sein. Wenn Sie glauben, daß diese Art, die Pflichten der Regierung zu beurtellen, dem Staatsinteresse entspricht, dann werden Sie unsere volitische Richtungslinie billigen. Andernfalls werden wir unsere Pflicht kennen. Was die militärische Vorbereitung anbelangt, fuhr der Ministerpräsident fort, so erkläre ich, daß Heer und Flotte Itallens für jede Eventualität bereit sind. Wir haben ebenso wie unsere Vorgänger die schwere Verantwortung für das Wohl des Landes übernommen. Sie werden, sobald Ihnen die Dokumente vor—⸗ Ci werden, diese Verantwortung beurteilen können, aber nicht heute.

as Land stimmt mit der Regierung überein, seine Interessen schützen zu wollen, und sie werden geschützt werden. Ich kann nicht über diese Erklärungen hinausgehen. Die Kammer muß sagen, ob sie das Vertrauen zur Regierung hat. In diesem Augenhlick kann man über nichts anderes verhandeln. Ich erkläre, daß ich die Tagesordnung Bettolo annehme, besonders weil sie der Regierung volle Handlungsfreiheit zuerkennt. Wir kennen die furchtbare Verantwortung, die auf uns ruht. Wir kennen und fühlen sie. Aber ohne volle Handlungsfreiheit unter Zu⸗ stimmung der Kammer können weder wir noch irgend eine Regierung das Land in diesem Augenblick leiten. Dies ist die Bedeutung der Tagegordnung Bettolo, die ich die Kammer anzunehmen bitte.

Im welteren Verlauf der Sitzung ergriff auch der frühere Ministerpräsident Giolitti, dessen Erklärungen vom Hause mit gespannter Aufmerksamkeit angehört wurden, das Wort und führte aus: Da es vor allem von Wichtigkeit sei, daß die Loyalität Italiens über jeder Diskussion stehe, so erinnere er bezüglich des völligen Rechts Italiens, die Neutralität zu erklären, daran, daß schon im Jahre 1913 Oesterreich an eine Aktion gegen Serbien gedacht habe, der es den Charakter einer Defensivaktion gegeben wollte. Er aber habe mit dem verstorbenen Minister des Aeußern die Ansicht geteilt, daß dabei der Bündnisfall nicht gegeben sei, und diese Ansicht habe die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den verbündeten Mächten nicht gestört. Als Italien seine Neutralität proklamierte, habe es also vollkommen loyal gehandelt und nur sein gutes Recht ausgeübt. Er billige vollkommen die von der Regierung abgegebenen Erklärun— gen einer wachsamen und gewappneten Neutralilät, die von allen Italienern so lange loval beachtet werden müßten, als nicht der Augenblick eintrete, der es zur Pflicht mache, ins Feld zu eilen, um dite höchsten Interessen Italiens zu wahren. Der Redner ermahnte weiter die Italiener, eine kluge und reservierte Haltung zu beobachten. Die vitalen Interessen des Landes erforderten von jedermann, besonders aber von den Polliikern und von der Presse, die größte Zurückhaltung. Er werde seine Stimme für die Regierung abgeben, von der er wünsche, daß sie in ihrem Vorgehen verharren möge, um sich, wie im gegenwärtigen Augenblick, die volle An⸗ erkennung des Landes zu verdienen.

Hierauf wurde zur Abstimmung geschritten und sodann die Sitzung aufgehoben.

Portugal.

Bei der Eröffnung des Parlaments wurden hinsichtlich

der Haltung der Regierung zu der auswärtigen Lage keine

ragen gestellt; aber mehrere Abgeordnete sagten, daß sie es

. am Freitag Fragen an die Regierung zu richten.

Das ganze Kabinett ist nach einer Depesche des „W. T. B.“ zurückgetreten. Es soll ein Nationalkabinett aus Mitgliedern aller Parteien gebildet werden.

Wie das „Journal“ meldet, sind Kontingente ver⸗ schiedener Waffengattungen mit Kriegsmaterial nach Angola zur Verstärkung der dort befindlichen Truppen ab— gegangen.

Dänemark.

Die Regierung hat ein Aus fuhrverbot erlassen für Malz, vegetabilische Stearinsorten zur Verwendung bei der Margarinefabrikation, Rohmaterialien zur Herstellung von Pulver und Sprengstoffen sowie . Haematiteisenerz, Haematit⸗ 3 Eisenkies, Chromerz, Chromeisen, Kieseleisen, Nickelerz und Stacheldraht.

Schweden.

Die Regierung hat ein gestern in Kraft getretenes Aus— fuhrverbot für folgende Stoffe erlassen: Wollgarn, Woll⸗ waren, Kautschuk, Guttapercha, Eisenplatten, Blechwaren, Kupfer, verarbeitet oder roh, Kupferabfall, Kupferplatten, Kupferdraht usw.

Die schwedischen Dampfer „Lung“ aus Stock⸗ holm und „Everilda“ aus Helsingborg sind bei Mäntyluoto in den finnischen Schären auf Minen gestoßen und ge⸗ sun ken. Von der „Luna“ wurde die ganze Besatzung ge⸗ rettet, von der „Everilda“ dagegen nur ein Mann.

Schweiz. Auf die Vorstellung hin, die der Bundesrat bei der

lugzeuge erhoben hat, hat der französische 4 ter aut Meldung des „W. T. B.“ eine Erklärung des fran⸗ enlche Ministers des Aeußern abgegeben, dahin gehend, daß ieser den Vorfall, sofern er erwiesen sei, aufrichtig bedauere. Der Vorfall könne gewiß nur einer Unachtsamkeit zuge⸗ schrieben werden. Im übrigen lege die französische Regierung mehr als je Gewicht auf die schweizerische Neutralität; sie wolle, daß diese durch ihre Truppen beobachtet werde, einerlei, ob es sich um das eigentliche Gebiet der Eidgenossenschaft oder den darüber liegenden Luftraum handele. .

Die britische Regierung hat gestern durch ihren Ge— sandten dem Bundesrat eine Note überreichen lassen, in der sie ausführt, daß die Flieger, die an dem Angriff auf die Zeppelin⸗ werft teilnahmen, bestimmte Weisung hatten, schwelzerisches Gebiet nicht zu überfliegen. Wenn sie es dennoch getan hätten, sei das auf Unachtsamkeit und auf die Schwierigkeit, in großer Höhe die wirkliche Lage eines Luftfahrzeuges festzustellen, zurück— zuführen. Auf Grund der ihr von schweizerischer Seite unter⸗ breiteten Beweise für das Ueberfliegen schweizerischen Gebietes halte die britische Regierung darauf, dem Bundesrat zu ver⸗ sichern, daß dies entgegen ihren Absichten geschehen sei, und spreche ihm deswegen ihr lebhaftes Bedauern aus. Die britische Regierung wünscht im Anschluß daran, festzustellen, daß aus den ihren Fliegern erteilten Instruktionen und dem dem Bundesrate wegen ihrer Nichtbeachtung ausgesprochenen Bedauern keine allgemeinen Schlüsse auf ihre Anerkennung eines nicht unbestritten geltenden völkerrechtlichen Grundsatzes, . die Gebietshoheit über den Luftraum, gezogen werden önnen.

Der Bundesrat hat den beiden Regierungen für ihre Er— klärungen gedankt und die Gelegenheit benutzt, der britischen Regierung neuerdings mitzuteilen, daß mit Rücksicht darauf, daß keine völkerrechtliche Beschränkung der Gebietshoheit über den Luftraum bestehe, er die letztere in vollem Umfange geltend machen müsse und schon bei Gelegenheit der Mobilisation der Truppen eine entsprechende Weisung zu deren Schutze er⸗ lassen habe.

Serbien.

Das Kabinett Paschitsch ist der „Agenzia Stefani“ zufolge zurückgetreten. Ein neues Kabinett unter dem Vor— sitz von Paschitsch ist in der Bildung begriffen.

Bulgarien.

Der Kommandant von Newrokop telegraphiert der „Agence Bulgare“ zufolge, daß vorgestern früh griechische Grenz⸗ wachsol daten unvermutet das Feuer auf die bul garischen Posten bei St. Constantin und Stergatsch eröffneten. Das Gewehrfeuer dauerte ungefähr zehn Stunden. Die Bul⸗ garen erwiderten das Feuer nicht. Die Regierung beauftragte den bulgarischen Gesandten in Athen, unverzüglich die nötigen Schritte beim griechischen Kabinett zu unternehmen, um gegen diesen absolut ungerechtfertigten Angriff Einspruch zu erheben.

Amerika.

Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist nach Tele⸗ grammen des amerikanischen Staatsdepartements aus Elpaso Villa in Mexiko City einmarschiert und hat den Nationalpalast bezogen.

Asien.

Infolge der Teilnahme des Derwischordens von Gilani am Heiligen Krieg haben sich in Bassorah, wie die „Agence Ottomane“ meldet, alle indischen und afghanischen Mohammedaner als Freiwillige anwerben lassen.

In Gegenwart des diplomatischen Korps hat der Schah von Persien gestern den dritten Medschlis er⸗ öffnet. In der Thronrede lud er, der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge, die Vertreter der Nation ein, an der Wiedergeburt Persiens mitzuarbeiten, und hob die finanziellen Verlegenheiten hervor, deren Beseitigung von der Entwicklung der notwendigen Einrichtungen, unter ihnen der Gendarmerie abhänge, die die Ordnung aufrecht erhalte. Er schloß, indem er den Entschluß ausdrückte, streng Neutralität zu

wahren. Afrika.

Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ aus Pretoria ist ein Buren kommando unter Jack Piennaar und Japie Fourie in Toitskraal, 60 Meilen nordöstlich der Premiermine, gefangen genommen worden. Der General Botha berichtet in einer Depesche von konzentrierten Operationen, die bezwecken, die einzigen übriggebliebenen nennenswerten Burenabteilungen einzuschließen und gefangen zu nehmen. Obwohl Nebel diese Operationen hinderte, wurden bereits 550 Buren gefangen ge⸗ nommen, ohne daß die Regierungstruppen irgend welche Ver⸗ luste hatten. Weitere zweihundert ergaben sich.

Kriegsnachrichten.

Westlich er Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 6. Dezember, Vormittags.

(W. T. B.) Heute nacht wurde der Ort Vermelles (süd⸗ östlich Bét hune), dessen weiteres Festhalten im dauernden französischen Artilleriefeuer unnötige Opfer gefordert hätte, planmäßig von uns geräumt. Die noch vorhandenen Baulichkeiten waren vorher in die Luft gesprengt worden; unsere Truppen besetzten ausgebaute Stellungen östlich des Orts. Der hz konnte bisher nicht folgen. Westlich und südwestlich Altkirch erneuerten die ö ranzosen ihre Angriffe mit erheblicheren Kräften ohne Erfolg; sie erlitten starke Verluste. Im übrigen im Westen keine nennenswerten Er— eignisse. Oberste Heeresleitung.

Berlin, 6. Dezember. (W. T. B.) Die im Auslande verbreiteten Meldungen von rückwärtigen Bewegungen der deutschen Truppen am hserkanal sind falsch.

Großes Hauptquartier, 7. Dezember. (W. T. B.) Vom westlichen Kriegsschauplatz liegen keine besonderen Nach⸗ richten vor. Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Krie gsschauplatz.

Berlin, 5. Dezember. (W. T. B.) In dem russischen Communiqu6 vom 29. November war behauptet worden, daß bei Czenstochau ein deutscher Angriff unter schweren Ver—⸗ lusten gescheitert sei. Diese Behauptung ist falsch, wahr ist das

bis auf sechzig Meter an uns herankam, wurde an dem be⸗ treffenden Tage unter außerordentlich schweren Ver⸗ lusten für . Russen , Die Russen ließen eine sehr große Anzahl Toter und Verwundeter zurück und waren gezwungen, ihre Stellungen weiter rückwärts zu verlegen.

Großes Hauptquartier, 6. Dezember, Vormittags. (G . Auf, dem Kriegsschauplatz östlich der masurischen Seenplatte verhielt sich der Gegner ruhig. Der Verlauf der Kämpfe um Lodz . nach wie vor

unseren Erwartungen. In Südpolen keine Veränderungen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 6. Dezember, Nach⸗ mittags. (LB. T. B.) Lodz heute nachmittag von unseren Truppen genommen. Nussen nach schweren Verlusten dort im Rückzuge. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 7. Dezember. (W. T. B. Vom Kriegsschauplatz östlich der masurischen Seen— platte ist nichts Besonderes zu. melden. In Nord⸗ Polen haben wir in langem Ringen um Lodz, durch das Zurückwerfen der nördlich, westlich und, südwestlich dieser Stadt stehenden starken russischen Kräfte einen durch⸗ greifenden Erfolg errungen. Lodz ist in unserem Besitz. Die Ergebnisse der Schlacht lassen sich bei der Ausdehnung des Kampffeldes noch nicht übersehen. Die russischen Verluste sind zweifellos sehr groß. Versuche der Russen, aus Südpolen ihren bedrängten Armeen im Norden zu Hilfe zu kommen, wurden durch das Eingreifen österreichisch-ungarischer

und deutscher Kräfte in Gegend südwestlich Piotrkow vereitelt. Oberste Heeresleitung.

Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Die Schlacht in Polen nimmt einen für die Waffen der Verbündeten günstigen Fortgang. Die nach West— galizien vorgerückten russischen Kräfte wurden gestern von unseren und deutschen Truppen von Süden her angegriffen. Die Verbündeten nahmen zweitausendzweihundert . ge⸗ fangen und erbeuteten einige feindliche Trains. In den Karpathen fanden Teilkämpfe statt. Der in die Beskid⸗ stellung eingebrochene Gegner wurde zurückgeworfen und verlor fünfhundert Gefangene. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.

Iglo, 6. Dezember. (W. T. B.) Von dem Regierungs⸗ kommissar erhielt der Obergespan des Szepeser Komitates gestern nachmittag folgende Verständigung: Heldenhaft kämpfende eigene Truppen trieben die in die Komitate Zemplen und Saros eingedrungenen Russen über die Grenze. Die Ortschaft Sztropko, die sich kurze Zeit in den Händen der Russen befand, ist wieder in un serem Besitz. Die Eisen⸗ bahnverbindung bis Bartfa und Orlo ist wiederhergestellt.

Südlicher Kriegsschauplatz.

Wien, 5. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Die Kämpfe westlich und südwestlich Arandje⸗ lovac dauern äußerst hartnäckig und sehr verlustreich an. Bisher ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Gestern wurden über 600 Mann zu Gefangenen gemacht.

Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Südlich Belgrad gewinnen unsere Truppen Raum. Westlich Arandjelovac und Gornij Milanovac hat der Gegner neue Verstärkungen herangezogen und setzt seine heftigen Angriffe gegen Westen fort. In die von unseren Truppen besetzten serbischen Gebietsteile, die fast vollkommen verödet angetroffen wurden, beginnen allmählich die geflüchteten Bewohner . Ungefähr fünfzehn⸗ tausend Einwohner verblieben in Belgrad. Eine neu eingesetzte Stadtverwaltung übt bereits ihre Funktionen aus.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.). Das Hauptquartier teilt mit: Wir haben Keda, einen ziemlich wichtigen Punkt, 20 km östlich von Batum, besetzt. Durch einen kühnen Handstreich haben unsere Truppen die Elektri⸗ zitätswerke von Batum außer Tätigkeit gesetzt und dabei einige Gefangene gemacht. Dreihundert Russen, die aus Batum vorgeschickt waren, um eine von uns besetzte Brücke wieder zu nehmen, fielen in einen Hinterhalt und wurden voll— ständig aufgerieben.

Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.) Amtlicher Bericht. Gestern versuchten englische Landungstruppen eine von unseren Truppen zwischen dem Tigris und dem Kanal Souvaya besetzte Stellung anzugreifen. In dem Kampf, der folgte, wurden die Engländer unter großen Verlusten ge⸗ schlagen. Wir erbeuteten ein Maschinengewehr und eine Menge Munition.

London, 6. Dezember. (Reuters Bureau.) Die Militär⸗ behörden haben die Wüste östlich Port Said unter Wasser gesetzt, um die Stadt zu isolieren.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Verluste in einigen großen Schlachten der Jahre 1813 1905.

Auf Grund von archivalischen und kriegsgeschichtlichen Forschungen hat Dr. G. Bodart in dem von ihm herausgegebenen Kriegt lexikon) eine sehr große Menge von Einzelnachrichten über die Strestkräfte und deren Verluste in den größeren Kämpfen von nahezu 300 Jahren (1618-1905) zusammengetragen. Als größere Kämpse sieht er Schlachten, Gefechte, Belagerungen und Kapitulationen an, die entweder große Folgen nach sich zogen (4. B. Beendigung eines Feldzuges, Aufhebung einer Belagerung, Einnahme eines wichtigen , oder die durch ihre große Streiterzahl, durch große Veirluste mindestens 2000 Mann Gesamtyverlust beider Parteien zusammen) aug, gezeichnet waren. Aus dem reichen Inhalt dieses Kriegslexitons“ hat das preußische Statistlsche Landesamt in seiner Korrespondenz Angaben

Militärhistorischeg Kriegslerlkonꝰ von Dr. Gaston Bodart, Wien und Leipzig 1908, Verlag von C. W. Stern. Das Werk hat seinerzeit von militärwissen schaftlicher Seite empfehlende

britischen und französischen Regierung wegen des Ueber⸗ fliegens des schweizerischen ö durch die englischen

Gegenteil. Ein Angriff des 17. russischen Armeekorps, der

Besprechungen erfahren.

über einige wichtige Kämpfe seit den Freiheitskriegen (1813s 1814) bis 1905, soweit diefe auf europäischen Gebieten oder von einer euro— päischen Macht außerhalb Europas ausgefochten wurden, zusammen.« gestellt. Aus den 33 Kriegen, die in diefe Zeitspanne fallen (jedoch mit Fortlassung des Krieges auf der Pyrenaͤischen Halbinsel von 1807 bis 1814 und des englijch⸗amerikanischen Krieges von 1812 bis 1815), werden 408 solcher größeren Kämpfe slattsttsch beschrieben; darunter befinden sich 4 Kämpfe, zu denen belde Gegner zufammen mehr als 100 000 Streiter stellien. Was die Verluste ang⸗bt, so sind sie nicht immer sicher festzustellen gewesen. Ihrer Art nach werden sie, sowelt möglich, unterschieden in blutige (Tote, Verwundete) und unblutige Gefangene. Vermtßte), die beide zusammen die Gesamtverluste dar⸗ stellen. Die folgenden Zahlen find nach der Quelle durchweg abgerundet.

Vie größte Schlacht des Zeitraums 1813—1905 war die von Mut den (1. 3 —10. 3. 1905, in der sich 314000 Japaner und 3I10 000 Russen gegenüberstanden. (Die siegende Partei wird im folgenden immer an er st er Stelle genannt. Von ihrer Gefechtsstärke verloren die Japaner im ganzen 41 909 Mann oder 130060, die Russen 96 500 Mann oder 310; die blutigen Verluste betrugen 1300 und 23 00,0. Die Schlacht bei Leipzig (16. 10— 19. 10. 1819, die den Streitkräften nach an zweiter Stelle steht (325 000 Verbündete, 175 090 Franzosen mit Anhang), ergab für die Sieger einen Gesamt⸗ verlust von 89 000 Mann oder 24 3 Ho, für die Franzosen einen solchen von 50 900 Mann oder 34,3 /o, an blutigen Verkusten 22.3 und 25,70 /o der Gefechtsstärke; es waren darunter 9 und 15 gefallene Generale. „An dritter Stelle der Reihe steht die Schlacht von Köntggrä 3. 7. 1866), in der die Streitträfte beider Gegner nahezu glei waren, auch über eine annähernd gleiche Zahl von Geschützen ver⸗ fügten. Die Preußen zählten 220 060 Streiter, die Oesterreicher usw. 215 000; der Gesamtverlust betrug 9200 42 06/0 und 44 300 20,56 oo, der blutige aber nur 41 und 11,0 0½0 der Gefechtsstärke. In der nächstgrößten Schlacht am Schaho 8. 10. bis 18. 10. 1904) jählten die Japaner 145 900, die Russen 210 09 Streiter; die Japaner hatten 17000 Mann 11,700, die Russen 46 06 21,3 o/g Verlust, und zwar an Toten und Ver— wundeten. In der Schlacht bei Sedan (1. 9. 1870) standen sich 200 000 Deutsche und 120 009 Franzosen gegenüber, wovon 160 600 und 95 000 ins Gefecht kamen. Der Verlust an Toten und Ver wundeten betrug sohne 700 und 21 000 Gefangene) 8300 H20o und 17000 180 der Gefechtsstärke; die Deutschen hatten darunter 1, die Franzosen 5. gefallene Generale. Bei der Kapitulation Lerloren die Franzosen dann, außerdem noch 39 Generale, 28350 Offijtere und 83 000 Mann (einschließlich der Verwundeten). Bei Dresden (2tz. und 27. 8. . Napoleon J. 1090 09060 Streiter ein, die Verbündeten 200 000. er Sieger verlor 10 000 100½ Tote und Verwundete, die Besiegten 15 000 T, oö, diese außerdem noch 25 900 Gefangene und Vermißte (123 0½0 der Gefechtsstärke). = In der Schlacht bei SGravelotte (18 8. 1870), in der sich 187 000 Deutsche und 113 000 Franzosen gegenüberstanden, betrug der fast durch⸗ weng blutige Verlust 20 200 Mann 100 für ö. Sieger und 12 800 Mann 113 og für die Besiegten. In der Schlacht bei Ligo⸗ Jang (Eh. 8.3. 9. 1994) fübrten die Japaner 135 000, die Russen 150 000 Mann ins Gefecht; die (luiigen) Verluste betrugen 17 500 Mann 12585 C6 und 16500 Mann 11 ½— der Gesechis— stärke. Bei Lützen (2. 5. 1813) standen 144 000 Franzosen, von denen aber nur 18 000 ins Gefecht kamen, g3 0606 Russen und Preußen, wovon 70 0900 am Kampe beteiligt waren, gegenüber; der Gesamtverlust betrug für die Franzosen 23 060 Mann 28a (9. der Gesechtsstärke und 12600 Mann 171 0so für die Gegner (letzter. Zahl nur blutige Verluste). Von den welteren großen Schlachten mögen nur noch einige hervor⸗ gehoben werden. Bei Le Mans (lo. 1. - 12 1. 1871) hatte der Prinz Friedrich Karl von Preußen 72 000, General Chanzy 88 000 Mann eingesetzt; die Deutschen verloren an Toten und Verwundeten 3500 4,00, die Franzosen 6000 70, diese außerdem noch 20000 23 0s0 Getangene und Vermißte. An der Lisaine (15. 1. 17. 1.1871) standen 45 000 Deutsche unter General von Werder 135 009 Franzosen unter Bourbaki gegenüber; jene verloren an Toten und Verwundeten 1800 0, diese 4000 13 M00. Die Gefechtsstärke in der Schlacht bei Mars lIa- Tour (16. 8. 1870) betrug bei den Deutschen 65 00d, bei den Franzosen 113 000 Mann; der Gesamtverlust stellte sich auf 16000 25,8 co und auf 17 000 15 00, fast durchweg Tote und Verwundete. ‚— In der Schlacht bei Notsseville (31. 8. und L. 9. 1870) kämpften 78 900 Deutsche gegen 96 000 Franzosen; der Verlust, fast ganz in Toten und Verwundeten bestehend, betrug 3100 40s0 und 3600 37 o. Bei Orleanz G. und 4. 12. 1870) standen sich 86 000 Deulsche und 64 000 Franzosen gegenüber; die Verluste an Toten und Ver⸗ wundeten betrugen 2000 24 und 3000 4700; außerdem verloren die Franzosen noch 18 000 28.1060 Gefangene. Bei Colombey⸗ Noutl ly setzte General Steinmetz 58 050, Marschall Bajaine 84 000 Mann ein; der Gesamtverlust stellte sich auf 5000 8 und 3800 4,56 0lo, ganz überwiegend Tote und Ver⸗ wundete. Bei Champigny (2. 12. 1870) betrug die Gefechts. stärke der Deutschen 40 000, die der Franzosen g0 009g, wovon aber nur 28 009 und 3a 000 ins Gefecht kamen; die blutigen Verluste stellten sich auf 39009 12,5 und auf 3500 680.

Setzt man dee blutigen Verluste, soweit sie bekannt oder auszuscheiden sind, in Vergleich mit der Gefechtsstärke, so ergibt sich, daß sie in der zeitlichen Reihenfolge der Schlachten betragen haben

bei für den Sieger für den Besiegten

24540so von 78 000 17,10 von 70 000 Bautzen 20. u. 21. 5. 13 12,7 Oso 167 000 113 ,,, 97000 Katzbach 26 8. 1813 .. 5.0 υά 80 000 20,0 ,, 60 000 Dresden 26. u. 27. 8. 13 10,0 0o 100 9000 7,8 ί 200 000 Kulm 29. u. 30. 8. 13. 10, 0o 1093 000 24,3 o/o 37 000 Dennewitʒ 6. 9. 1313 . 18,00 /o 80 000 10,8 OW 70 000 deipzig 16.—19. 10. 1813 22,8 o/o 325 000 25,7 0υά— 175 000 Ligny 16. 6. 1815... 17,00 71 000 19.00 S4 000 Waterloo 18. 6. 1815 . 15,8 120 000 34,8 0 /o 72 000 Solferino 24. 6. 1859 . 10,20 143 000 10, 10, 130 000 Königgrätz 3. 31866 A, 1 0o 220 000 11,00 215 000 Wörth 6. 8. 1870 ... 115,3 0 82 000 19,3 oo 41 000 Mars la⸗Tour 16.8. 1870 23,7 06s 63 000 15 00, 113 000 Gravelotte 18. 8. 1870 . 10,8500 187 000 11,3 0υη& 113 000 Beaumont 39. 8. 1870 . H, 0 Yo 68 000 g9, o/o 59 000

Noisseville 31. 8. und 1. 9. 1870 8 00090 3,7 o/o 96 000 160 000 18,0 0υ0 95 000

Sedan 1. 9. 1870 .... B aune la ⸗Rolande

40 0090 6, 0,9 60 000 28 000 6,3 olg 52 000

268. 11. 1850 2580 Champigny 2. 12. 1870 125069

S6 000 4, 0l⸗ ha G66 30 090 , * 0lo 60 000

Orleans 3. u. 4. 12. 1870 72 000 T. ουð 88 000

Beaugency⸗ Cravant 33 000 ,a o/o 47 000

8. = 10. 15. 1870 ... 135 000 11.0 0i0 150 000 „145 000 21.8 oυC 210 000 „14 000 23, 0 C 310000.

Die zeitliche Reihenfolge ist hier gewähll, um die Frage

! u beantworten, ob die bluttgen Verluste in früheren . 1. h neueren Schlachten des hier behandelten annähernd hundertjährigen Zettraums erhehlich von einander abweichen. Eine zweifellose Ant⸗ wort auf diese Frage ergibt sich aus den Zahlen nicht. Die zeitliche Veränderung der Fampfesweise und der Waffen, dle Verschichen belt der Stellungen und der perfönlichen Gigenschasten der kämpfenden Parteien u. . m. läßt eine Vergleichung der älteren und der neueren Schlachten nicht o ne weiteres zu. Reachtengwert ist aber, daß in 17 ven den hier ausgesührten schweren Kämpfen der Sieger verhal init.

8

d 9 38

2 8 d 8 9 9 9 9 238 38

8

mäßig weniger, zum Teil sehr viel weniger blutige Verluste hatte als der Besiegte. In 9 Schlachten traf aber das Umgekehrte zu. Bei den Gesamtverlusten ist das Verhältnig anders, well in vielen Fällen, wenn auch nicht immer, der Besiegte noch starke Einbußen an Gefangenen erlitt.

(Weitere . Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Die Beschaffung geelgneten Lesestoffes für die im Felde st ehen den Truppen im Wege des Liebesgabendienstes hat im Einverständnis mit dem preußtschen Kriegsministerium der unter dem Protektorat Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen stehende Katfer⸗Wilbhelm⸗Dant?, JPerein der Soldaten freunde, dem faͤst alle Offitterkorpz als Mitglieder angehören und der seit 18 Jahren in der Armee arbestet, übernommen. Zur Durchführung dieser Aufgabe find bedeuten de Mütel erforderlich. Der Kaiser⸗Wil helm Dank · bittet herzlich, ihm zu helfen, die nötigen Mittel aufzubringen, durch Einsendung von Geldbeträgen unter der Adresg: gatseze Wilhelm Dank, „Feidgaße“, Ber lin . * Jeder Geber erhält Quittung auf einer Ehrenurkunde des

Unter dem Namen Hilfe für deutsche Gefangene in Feindesland“ hat sich in Hamburg ein AÄusschuß geblldet, der eine Geldsammlung veranstaltet, um den in Feindesland gefangen gehaltenen deutschen Zivil, und Milttärpersonen auf möglichst rasche und durchgreifende Art Hilfe zu bringen. Die Verwendung der Geld⸗ spenden wird in Uebereinstimmung mit dem hamburgischen Landes⸗ verein vom Roten Kreuz und dem Ausschuß für deutsche Kriegs. gefangene geschehen. Der Aufruf wird von den beiden Bürgermeistern Hamburgs und dem kommandierenden General des 1X. AÄrmeekorps aw von zahlreichen anderen Perfönlichkeiten befürwortet. Die Ge— schäftsstelle des Ausschusses ist in Hamburg, Barkhof, Haus 3.

Literatur.

Zwei Verlagageschäfte haben Mappen mit den Bildnissen hervorragender Heeresführer aus dem gegenwärtigen Kriege heraus- gegehen die jedenfalls in weiteren Kreisen Interesse finden werden. B. G. Teubner in Leipzig bringt eine solche unter dem Titel Führer und Helden auf den Büchermarkt. Sie enthält 12 Federzeichnungen von Kar! Bauer, in denen Bildnisse Seiner Majestät des Kaisers und Königs, des Reichskanzlers, Seiner Kaiserlichen und König lichen Hoheit des Kronprinzen Wilhelm, Seiner Königlichen Hoheit des Käionprinzen Rupprecht von Bayern, Seiner Köntgltchen Hoheit des Herzogs Albrecht von Württemberg, des Chefs des Generalstabs der Armee von Moltke, des Generalfeld= marschalls von Hindenburg, des Generals von Emmich, des Groß⸗— admirals von Tirpitz, des Grafen von Zeppelin, Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph und des Generalstabschefs von Hötzendorf geboten werden. Vom technischen Standpunlt sind die Federzeichnungen alle durch⸗ aus anerkennens wert; wenn man aber den Bildnissen . gebotenen Maßstab anlegt und Portraitähnlichkeit, d. h. das Festhalten des persön— lich Charakteriftischen sordert, kommt man dazu, die Blätter verschleden zu bewerten Am besten sind in dieser Hinsicht die Bildnisse des Kronprinzen Rupprecht, des Herzogs Albrecht von Württemberg, des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, des Generals von Emmich und des Grafen von Zeppelin gelungen. Die Blätter sind in den Maßen von 28 X36 em gehalten; das Einzelblatt kostet 50 3, die ganze Mappe 2.59 6. Auch verkleinerte Wiedergaben der Bildnisse in Post⸗ kartenform sind hergestellt, die einzeln zu 10 3, im Umschlag vereinigt für 1 zu haben sind. Eine zweite Mappe in noch größerem Format hat Hermann Springer in der Dieterichschen Veriagsbuchhandlung Theodor Weicher) in Leipzig unter dem Titel: Ünfere Führer im Weltkrieg 1914 herausgegeben. (750 6.) Sie enthält 14 mit der Feder auf Stein gezeichnete Kunstblätter von E. Fröhltch, zu. denen der Geheimrat i n. Dr. Karl Lamprecht Leipzig einen Begleittext verfaßt hat. Die Blätter enthalten ebensalls Blldnisse Ihrer Majestäten des Katers Wilhelm und, des Katsers Franz Joseph, Seiner Kalserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen Wilhelm, Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen Rupprecht, Seiner Königlichen Hoheit des Prinjen Albrecht von Württemberg, des Chefg des Generalstabes der Armee von Moltke, des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, dez Grafen von Zeppelin und des Generalstabschefs Conrad von Hötzen⸗ dorf, ferner Bildnisse der Generalobersten von Heeringen, von Kluck und von Bülow sowie solche der Generale von Dankl und von Auffen— berg. Sämtliche Bildnisse stehen technisch wie künstlerisch auf einer sehr, achtbaren Höhe und genügen allen billigerweise zu stellen« den Anforderungen, Im n nf hieran seien die von ‚Kunst⸗ wart“ herausgegebenen Kriegspostkarten empfehlend erwähnt. Sie enthalten im Postkartenformat ausgezeichnete Wiedergaben bon Bildern alter und neuer Meister, die alle in näherer oder entfernterer Beziehung zum Krieg stehen. Je 5 Blätter sind in einem Umschlag vereint und kosten 50 3. Jedes Blatt ist auch zum Einzelpreis bon 19 8 zu haben. Aus der Zahl der vorliegenden Nachbildungen, die sämtlich vorzüglich autgeührt sind, selen erwähnt: Hanz Thomg; Der Hüter des Taleg; Adolf von Menzel: Der alte Fritz. Adlertrotz und, der Deyeschenreiter; Albrecht Dürer; Ritter, Tod und Teufel und Erzengel Michael; Peter Corneliuz: Nibelungen im Kampf; Alfred Reihe!: Der Streiter und Julius Roeting: Ernst Moritz Arndt. Hoffentlich tragen diefe wirksich wertvollen Karten dazu bei, den Schund, der sich unter den Kriegspostkarten noch immer breit macht, zu verdrängen.

Bauwesen.

Der Provinztalkonservator v a Ostpreußen, Köntalicher Baurat Professor Dr. Dethlefsen, erstat et jetzt im „Jentralblait der Bau— verwaltung! einen Bericht über die Beschädigungen von Bau— denkmälern in Ostyreußen. Noch lebt dort im Gedächtnis des Volkes der Tartareneinfall des Jahres 1656. Dabet handelte es sich damals nar um einen kleinen Teil des Landes, um daß Gebiet zwischen Passenheim und Ragnit Wenn feit damals dret Jahrhunderte das Gedächtnis nicht auggelöscht haben, dann kann dtegmal ein Jahrtausend nicht genügen. Im August so berichtet Dethlefsen traten die Russen zuerst durchaus so auf, wie jedes Heer von guter Zucht im Feindesland, und man weiß sogar Rühmendes zu erzählen don der Fürsorge für Gesangene und Verwundete, von der AÄufmerksamkeit gegen Frauen und dem Achten der friedlichen Bevölkerung und ihres Gutes. Dann kam dle Zeit des Entsetzens. Bei der Vernichtung von Baulichkeiten ist man ganz planmäßig vorgegangen. Die Russen scheinen mit dauernder Besetzung garnicht gerechnet zu haben und wollten sobiel wie nur möglich vernichten, um wenigstens einen möglichst großen Schaden an— zurichten. Sie kamen über die Grenze, jeder ein Bündel Zell lioffspäne im Ranzen, eigens fürs Brandlegen hergestellte Zünder. Die warfen sie in die Wohnungen und Gehöfte, unter das Bett, in das Stroh des Dacheg, die volle Scheuer, in eigens gehäufte Späne. iet befahlen sie den Bewohnern zu räumen, ehe sie zündeten. Es waren richtige die der Truppe vorausgeschickt wurden. Sie gaben übereinstimmend an, daß die Brandlegung auf Befehl erfolge, und es wurde gesagt, daß die brennenden Häuser dem Heere anzelgen sollten, wie welt die Flügel gekommen seien. Bald aber muß die Freude am Sengen diefen Ge⸗ sichtspunkt der Heeresführung belsette 5 haben. Bis über 30 . Braͤnde sind an einigen Orten Abends gezählt worden.

lles Brennbare brannte ab bis auf die letzte Spur. Stehen in den Städten fast überall wenigftens die stärkeren Wände noch, so ist das bei den Fachwerk. und Holsbauten auf dem Lande ganz anders. Nicht aber Brand und Kugeln allein haben die Vernichtung von Hab und Gut besorgt. Ez gab

dafür ja auch noch andere Mittel. Man drang wenlgstens in die Häuser ein, in die Wohnungen, in die Läden und nahm zunächst alles, was man brauchen konnte, brachte fuhrenweise fort, was an beweg⸗ licher Habe dafür geeignet und e. wertvoll erschien. Und dann vernichtete man das übrige. Alle Behältnisse wurden geleert, alle vorhandene Habe zu wüsten Haufen zerbrochen, zerschlitzt, zerschlagen, und dann beschmutzte man endlich noch alles, jedes Stück und jeden Raum in jedem Haus, an jedem so heimgesuchten Orte in solchem Grade, daß er nur unter aussteigendem Etei wieder betreten werden konnte. Auffällig ist, daß die Kirchen und Denkmäler in der Regel von der Zerstörung verschont geblieben sind. Selbst auf dem Marti⸗ platz sonst ganz verhrannier Städte stehen die kleinen Krieger⸗ dentmäler völlig heil, und frei wie bisher beben die Gottetz⸗ häuser ihre hohen roten Dächer über das Rninenmeer empor. Die Kirchen, die beschossen wurden, weil der Feind sie als Beobach⸗ tungsstand benutzte, so in Gerdauen, Giockstein, wee en, sind wieder herstellbar. Der am meisten zu beklagende Benkmalverlust ist die Kirche in Allenburg. Sie wurde von den Russen verbrannt und der Turm noch besonders gesprengt, um den Unseren den hohen Beobach⸗ tungsstand zu nehmen. Das reiche, dem ausgehenden 17. Jahrhundert angehörende Inventar diefer Kirche ist dabei zugrunde gegangen. Gleich den Kirchen sind auch die festen Häuser des Ordens verschont eblieben. Die Neidenburg bat nur einge Schußverletzungen in den

ehrgangdächern der Südseite. . Soldau ist ebenfalls von der Zerstörung verschont geblieben. Verbrannt ist das moderne Ober⸗ geschoß der alten Burg Tapiau. Dleses Obergeschoß war häßlich, ö m n des Städtebildes und das Gegenteil eines Denk⸗ malwertes.

Verkehrswesen.

Nachfragen nach dem Verbleib von Postsendun⸗ gen an Kriegs- oder Zioilgefangene im Auslande sind von den Absendern stets nur an das Postamt zu richten, bei dem die Sendung aufgeliefert worden ist, nicht aber an sonstige Stellen im In⸗ oder Auslande, auch nicht an die Oberpostkontrolle in Bern, die mit Briefen und Paketen gar keine Befassung hat und die ihr unmittelbar zugehenden Un⸗ fragen wegen n,, erst wieder an das Aufgabe⸗ postamt zurückgeben muß. Durch derartige unzweckmäßige Adressierung von Nachfragen geht nur unnötig Zeit verloren. Nachfragen empfehlen sich überhaupt erst nach einer Wartezeit von mindestens sechs bis acht Wochen, da in den meisten Fällen eine Bestätigung des Empfangs einer Sendung nicht früher eingehen kann.

Bis einschließlich 15. Dezember können bei den deutschen Post anstalten gewöhnllche Pakete bis 5 Kg an Angehörige und zu geteilte Personen der österreich isch⸗ un garischen Fel darm ee gegen eine einheitliche Gebühr von 530 3 eingeliefert werden. Die in Deutschland erlassenen Ausfuhrverbote werden, wie W. T. B. meldet, auf diese Pakete nicht angewandt. Auch ist der Inhalt dieser Pakete in Desterreich Ungarn jzoüsrei. Die näheren Versendungs⸗ bedingungen usw. für die Pakete werden bei allen Postanstalten durch Aushang bekannt gegeben.

Theater und Musik. Königliches Opernhaus.

Leo Blechs einaktige komische Oper Versiegel t‘, dle niemals agnz vom Spielplan des Opernhauses verschwunden war, wurde am Sonnabend unter des Komponissen eigener Leitung in teilweise neuer Besetzung einiger Hauptrollen wieder aufgeführt. Der Eindruck dieses gefälligen musikalischen Bledermeierlustspiels war ebenso freundlich wie seinerzeit bei der Erstaufführung. Für Fräulein Hempel singt jetzt Fräulein Artst die weibliche Hauptpartie der Gertrud, wie alsez, was sie singt, mit Geschmack; und sie spielte mit einer Anmut, die manche Derhhektten der, Rolle mildert. Den Lampe gab Herr Erwin Hey als Gast, der hier schon des öfteren für den beurlaubten DVerrn Knüpfer mit Anstand ausgeholfen hat, und Herr Bronsgeest sirüher Herr Hoffmann) den Bürgermeister. Der Liebhaber Bartel hatte für den im Felde stehenden Herrn Kirchhoff Herr Henke über- nommen, dessen Humor hier bestensg am Platze war. Die Damen Engell und von Scheele, Müller vervollständigten die auch in dieser neuen Zusammensetzung vortreffliche Besetzung. Den Abend beschloß . „Regimentstochter“‘ in der bekannten einwandfreien

Königliches Schauspielhaug.

Der Versuch, Calderons Dramen auf der Bühne der Gegen— wart wieder heimisch zu machen, wird nur selten unternommen, immerhin aber von Zeit zu Zeit wieder gewagt. In Berlin war sogar in den letzten Jahren eine Calderon · Gesellschaft in diesem Sinne tätig und hat ihren Mitgliedern u. g. die Dramen Das Leben ein Traum und Der standhafte Prinz. aufführen laffen.

b in diesem engeren Krelse üterarhfstorisches Interesse besonders rege ist, oder ob auch der berechtigte Wunsch, den größten katholischen Dramatiker wieder mehr zu Worte kommen zu la fen, mitspielt. sei dahingestellt, jedenfalls blieben die Bühnen Gal- deron gegenüber spröde und einzig sein Schauspiel Der Richter bon Zalamea“ wird hin und wieder auf den Spielplan gesetzt. Dieses Drama ging auch am Sonnabend im Königlichen Schauspiel⸗ haus in Szene und hinterließ, wenn es auch nicht gerade packte und erschütterte, doch einen nachhaltigen Eindruck, wie ihn nur das Werk eines echten Dichters zu erwecken vermag. Das Thema bon der verteidigten und gerächten Ehre wird in der romanischen Dichtung mit Vorliebe behandelt, felten aber sinden wir es dort so vertieft und vermenschlicht wie in diesem Calderonschen Drama, in dem der häuerische Vater die verletzte Ehre seiner Tochter verficht, sie, als ibm Genugtuung versagt wird, an dem adeligen Verführer, als Ankläger und Richter in einer Per son, rächt und seinen Urteilsspruch so kühn und weise verteidigt, da er von dem General des gebenkten Hauptmann gebillig und vom Könige selbst anerkannt und gutgeheißen wird. An einer Veräußerlichung des ernsten Problemt liegt es also nicht, wenn das Drama nicht mit voller Wucht der Tragik wirtt; der Mangel des Stückes iegt vielmehr in elner seltsamen Stllmischung, die aus einem lustsptelartigen Anfang ziemlich unper⸗ mittelt ins ernste Schauspiel und in diesem wiederum zu einer kaum dorausgesehenen tragischen Katastrophe führt. Innerhalb der Dandlung stebt zudem Burleskes und Tragisches obne jene innere Verschmelzung. die wir bei Shake speare bewundern, nebeneinander, auch gemahnt der König mit seinem Eingreifen am Schlusse an den deus C , maching;. Der Vorstellung war, wie daz wohl auch sonst in der Regel geschiebt, die Wilbrandtsche Ueberse ung zugrunde gelegt, die sicher ihre große Vorzüge bat, denn Wübrandt war ein Mann von dichterischem Geschmack und von Bühnenkenntmis. Er bat die Trochäen des Spanterg in unsern Blankverg umgewandelt,. wofür sich mancher gute Grund anführen läßt; er hat auch vieles Beiwerk auggernerzt. wag sich aus dem Gesichts punkt der dramattschen Technik gleichfalls begründen läßt. Unzweifelhaft aber wird dem Drama dadurch auch ein guter Tell feines eigenartigen Wesens ge= nommen. Die Auffübrung war durchaus der Königlichen Bübne . Den Richter pe; Crespo gab eck voll aufrechter Männlichkeit und in einer glücklichen Mischung von un= beugsamem, stolzem Rechtsgefühl und . Klugheit. Derr Zimmerer als Don Lope bot ihm ein würdiges Gegendart.

anz auf ihrem Platz waren auch 2 Ballentin. der den lustigen verschlagenen Rebolledo, und Fräulein Hessler, bie die lustige? tendertn spielten. Fräulein Schönfeld, der die schwierige Re Isabel anvertraut war, blieb außerilich, und en Gei end J

Hauvtmann Don Alvaro gelang es besser, den fo den von Leidenschast an . sortgerissenen