1915 / 78 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Apr 1915 18:00:01 GMT) scan diff

besondere zur Befriedigung plötzlich auftretenden Bedarfs der Heeres verwaltungen ober der Marlneverwaltung, Aus—

nahmen zulassen.“ J Artikel X

Der Reichskanzler wird ermächti gt, den Tert der Bekannt— machung über die Bereitung von Backware, wie er sich aus den Aenderungen der Bekanntmachung wegen Aenderung der Bekanntmachung über die Bereitung von Backware vom 18. Februar 1915 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 190) und aus den Aen⸗ derungen dieser Verordnung ergibt, in fortlaufender Nummern⸗ folge der Paragraphen mit dem Datum dieser Verordnung durch das Reichs⸗-Gesetzblatt bekanntzumachen.

. Artikel 3

Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außer— krafttretens.

Berlin, den 31. März 1915.

Der Stellvertreter des Jieichskanzlers. Delbrück.

Bekanntmachung

der Fassung der Bekanntmachung über die Bereitung ; von Backware.

Vom 31. März 1915. Frund des Artikel 2 der Bekanntmachung vom 9 S. 203), betreffend Aenderung Bereitung von Ba llware vom wird die Fassung der Backware nachstehend

Auf 31. März 1915 (Reichs⸗-Gesetzbl. der Bekanntmachung über die Bereit 5. Januar 1915 Reichs Gesetzbl. S. 8), Bekanntmachung über die Bereitung von bekanntgemacht.

Berlin, den 31. März 1915. Der Stellvertreter des Reichskanzlers. Delb rück.

Bekanntmachung über die Bereitung von Backware.

51

Als Roggenbrot im Sinne dleser Verordnung gilt jede Back ware, mit Ausnahme des Kucher s, zu deren Bereitung mehr als dreißig Gewichtsteile Roggenmehl auf siebzig Gewichtsteile an anderen Mehlen oder mehlartigen Stoffen verwendet werden.

Als Weizenbrot im Sinne die ser Verordnung gilt, abgesehen von dem Falle des 5 5 Ab. 4 Satz 2, jede Backware, mit Aus—⸗ nahme des Kuchens, zu deren Bereitung Weizenmehl verwendet wird.

Als Kuchen im Sinne dieser Verordnung gilt jede Backware, zu deren Bereltung mehr als zehn Gewichte teile Zucker auf neunzig Gewichtstellr Mehl oder mehlartiger Stoffe verwendet werden.

2

Bei der Berelkung von Brot dürfen ungemischtes Weizenmehl, Weijen⸗- und Roggenauszugsmehle nicht verwendet werden.

83 Bei der Bereitung von Weijenbrot muß Weizenmehl in einer Mischung verwendet werden, die dreißig Gewichtsteile Roggenmehl unter hundert Tellen des Gesamtgewichts enthält; der Weizengehalt kann bis zu zwanzig Gewichttteilen durch Kartoffelstärkemehl oder andere mehlartige Stoffe ersetzt werden. . Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bestimmten Behörden können vorübergehend im Falle eines dringenden wirtschaftlichen Be⸗ dürfnisses gestatrten, daß Weizenmehl (Abs. I) in einer Mischung ver— wendet wird, die weniger als dreißig Gewichtsteile Roggenmehl unter hundert Teilen des Gesamtgewichts enthält, sowie daß an Stelle des Roggenmehlzufatzes Kartoffel oder andere mehlartige Stoffe verwendet werden. 94

Die Vorschriften des 3 3 gelten nicht für reines Weizenbrot, das aus Weizenmehl berestet ist, zu dessen Herstellung der Weizen bis zu mehr als dreiundneunzig vom Hundert durchgemahlen ist.

.

§ 5

Bei der Bereitung von Roggenbrot muß auch Kartoffel rer— wendet werden. . ;

Der Kartoff-Igehalt muß bei Verwendung von Kattoffelflocken, Kartoffelwalzmehl oder Kartoffelstärkemehl mindestens zehn Gewichts- teile auf neunzig Gewichtsteile Roggenmehl betragen. Werden ge— quetschte oder geriebene Kartoffeln verwendet, so muß der Kartofffl—= gehalt mindestens dreißig Gewichtsteile auf neunzig Gewichtsteile Roggenmehl betragen. .

Roggenbrot, zu dessen Bereitung mehr Gewichteteile Kartoffel verwendet sind, muß mit dem Buchstaben K“ bezeichnet werden. Werden mehr als zwanzig Gewichtsteile Kartoffelflocken, Kartoffel⸗ walzmehl oder Kartoffelstärkemehl, oder werden mehr als vterrig Gewichtsteile gequetichte oder geritbene Kartoffeln veiwendet, so muß das Brot mit dem Buchstaben „Kk“ bezeichnet werden.

Zur Bereitung von Roagenbrot darf Weizenmehl nicht verwendet werden. Die Landesjentialbehörden können aus besonderen Gründen zulassen, daß das Roggenmehl bis zu dreißig Gewichtsteilen durch Weizenmehl ersetzt wirt. .

Statt Kartoffel können Bohnenmehl, auch Sojabohnenmehl, Erbsenmehl, Gerstenschrot, Gerstenmehl, Hafermebl, fein vermahlene Kleie, Malßmehl, Mantok⸗ und Tapiokamehl, Reismehl, Sagomehl in derselben Menge wie Kartoffelflockea verwendet werden; in gleicher Weise kann Siruv orer Zucker verwendet werden, jedoch nur bis zur Höhe von fünf Gewichtsteiltn auf fünfundneunzig Gewichtsteile Mehl oder Mehlersatzstoffe.

Die Bestimmungen des 5 8 gelten nicht für reines Roggen brot, daös aus Roggenmehl bereitet ist, zu dessen Herstellung der Roggen bis zu mehr als dreiundneunzig vom Pundeit durch— gemahlen ist.

5.7 Die Landeszentralbehörden können bestimmen, daß Roggenbrot nur in Stücken von bestimmten Formen und Gewichten bereitet wird. 3 8

Bei der Bereitung von Kuchen darf nicht mehr als die Hälfte des Gewichts der verwendeten Mehle oder mehlartigen Stoffe aus Weßzen bestehen. ö

Alle Arbeiten, die zur Berestung von Backware dienen, sind in Bäckerelen und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Nebenbetrieb darstellen, in der Zelt von sieben Uhr Abends bis sieben Uhr Morgens verboten.

Die höheren Verwaltungöbehörden können Beginn und Ende der zwölf Stunden, auf die sich dieses Verbot erstreckt, für ihren Bezirk oder für einzelne Orte im Falle dringenden wirtschaftlichen Bedurf · nisses mit der Maßgabe anders festsetzen, daß die Arbeit nur in länd— lichen Verhältnissen vor sechs Uhr Morgens heginnen darf. Sie können in Notfällen oder im öffentlichen Interesse, insbesondere zur Befriedigung plötzlich auftretenden Bedarfs der Heeresverwaltungen oder der Marineperwaltung, Aufnahmen zulassen.

Roggenbrot von mehr als fünfzig Gramm Gewicht darf erst vier undzwanzig Stunden nach Beendigung des Backens aus den Bäckereien und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Nebenbetrieb darstellen,

abgegeben werden.

511 Die Verwendung von backfähigem Mehl als Streumeh! zur Isolierung des Teßez ist in Bäckercsen und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Mebenbenrieb darstellen, verboten.

. 512 Dlese Borschriften gelten auch, wenn der Teig von einem anderen als dem Hersteller ausgebacken werd, sowle wenn Backware von Konsunnentenvereinigungen für ihre Mitglieder bereitet wird.

513

Die Beamten der Polizei und die von der Polizei beauftragten Sachverständigen sind befugt, in die Räume, in denen Backware be— reitet, aufbewahrt, n mn oder verpackt wird, jederzeit ein⸗ zutreten, daselbst Besichtigungen vorzunehmen, Geschäftsaufzeichnungen einzusehen, auch nach ihrer Auswahl Proben zum Zwecke der Unter⸗ suchung gegen Empsangsbestätigung zu entnehmen.

5 14 Die Unternehmer von Bet ieben, in denen Backware hergestellt oder gelagert wird, sowie die von ihnen bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen sind verpflichtet, den Beamten der Poltzei und den Sachverständigen Auskunft über das Verfahren bei Perstellung der Erzeugnisse, über den Umfang ves Betriebs und über die zur Ver⸗ arbeitung gelangenden Stoffe, insbesondere auch über deren Menge und Herkunft zu erteilen.

§ 15 Die Sachverständigen sind, vorbehaltlich der dienstlichen Berscht⸗ erstattung und der Anzeige von Gesetzwidtigkeiten, verpflichtet, über die Einrichtungen und Geschäftsverhältnisse, welche durch die Aufsicht zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung und Verwertung der Geschäfts, und Betriebsgeheimnisse zu enthalten. Sie sind hierauf zu vereidigen. § 16 Bäcker, Konditoren und Verkäufer von Backware haben einen Abdruck dieser Verordnung in ihren Verkaufs- und Betriebsräumen auszuhängen. 817 Die Landeszentralbehörden erlassen die Bestimmungen zur Aus⸗ führung dieser Verordnung. . *

Mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Maik oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten wird bestraft:

1) wer den Vorschriften der 55 2, 3, 5, 8, 9, 10, 11, 16 oder den auf Grund der 5§5 3, 7, 9 erlassenen Bestimmungen zuwiderbandelt; wer wissentlich Backware, die den Vorschriften der §§ 2, 3, 5, 8 oder den auf Grund der 55§ 7, 9 erlassenen Be—⸗ stimmungen zuwider bereitet ist, verkauft, feilhält oder sonst in den Verkehr bringt; wer den Vorschristen des § 15 zuwider Verschwiegenheit nicht beobachtet oder der Mitteilung oder Verwertung von Geschäfts⸗ oder Retriebsgeheimnissen sich nicht enthält; wer den nach § 17 erlassenen Ausführungsbestimmungen zuwiderhandelt

In dem Falle der Nr. 3 tritt die Verfolgung nur auf Antrag des Unternehmers ein.

wird

c) 2

9)

4

819 . tfünfzig Maik oder milt Haft

13 zuwider den Eintritt in die zie Einsicht in die Geschästs— ahme einer Probe verweigert; 14 von ihm erforderte Aug⸗ r Austunftserteilung wissentlich

Yi ,, far Backware, die aus dem Ausland eingeführt wird, und nicht für Zwieback, der für Rechnung der Peeres— und Marineverwaltung hergestellt wird.

Sie gilt ferner nicht für Erzeugnisse, die lungen verwendet werden.

ho

bei religlösen Hand

§ 21

8 3 1 f 8 2

Diefe Verordnung tritt mit dem Tage der Verkänduna in Kraft. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Auße keafttre:eas.

. 6(6ch u n betreffend Einschränkung der Trinkbranntwein— erzeugung.

Vom 31. März 1915.

9,

zu wirtschaftlichen

die Ermächtigung des Bundesrats (Reichs⸗Gesetzbl. S.

nahmen usw. vom 4. August 1914 folgende Verordnung erlassen: §1

2c) 7

Branntwein gegen Entrichtung der Verbrauchsabgabe in den

Verkehr übergeführt n erden. 8 9 8 h

gegen Entrichtung der Verbrauchsabgabe wieder zuzulassen. . In diesem Falle dürfen unverarbeiteten Branntwein in den freier

getan haben, und zwar nach Bestimmung des Reichskanzlers monat

versteuerten Menge. 53

Dem unverarbeiteten Branntwein (55 1,2) wird der Brannt

dünnt oder durch Filtration mit Kohle gereinigt wird (5 19

Branntweinlagerordnung).

§ 36 der Branntweinlagerordnung gleichgestellt. 5 4 ;

kann Ausnahmen zulassen. 8

Geldstrafe bis zu fünfzehntausend Mark bestraft. Wer

bestraft.

Wer den von dem Reichskanzler

erlassenen fünfzig Mark oder mit Haft bestrast. 86 Diese Verordnung findet auf Branntwein, der in Abfindungs

den (Reichs ⸗Gesetzbl. S. 661) genannten Stoffen erzeugt ist, keine An

wendung. ö

die Verordnung mit dem Tage der Verkündung in Krast. Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttreteng.

Berlin, den 31. März 1915. Der Stellvertreter des Reichskanzlers. De lhrück

Wer vorsätzlich den Varschriften der 55 1, 2 Abs. 2 und des 5? zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten 5 ., e Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark

!

Der Bundesrat hat auf Grund des §z3 des Gesetzes über Maß⸗ 320)

Vom 2. April 1915 ab darf bis auf weiteres kein unverarbelteter freimrn

Der Reichekanzler wird ermächtigt, vom 1. Mal 1915 ab die Ueberführung von unverarbeitetem Branntwein in den freien Verkehr

J

Verkehr nur Personen überführen, die es im Hetriebsjahr 1913.14

lich hts zu zwei vom Hundert der von ihnen im Betriebsjahr 1913 14

wein gleichgestellt, der unverarbeitet in ein Branntwelnlager aufge⸗ nommen ist und daselbst nach dem 1. April 1915 mit Wasser ver⸗ der

Der Ucberführung in den freien Verkehr gegen Entrichtung der Verbrauchsabgabe (5§8 1, 2) wird die Aufnahme in eig Lager nach

Der Reichskanzler erläßt die Ausführungsbestimmungen. Er

2 .

Aus führungs⸗ bestimmungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundert

1

brennereien und auf Branntwein, der in anderen Brennereien aus in § 12 des Branntweinsteuergesetzeß vom 15. Juli 1909

2

57 Fh der Verordnung tritt am s. April 1915, im übrigen tut Der

Bekanntmachung über die Sicherung der Ackerbestellung. Vom 31. März 1915.

Der Bundesrat hat auf Grund des 83 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maß⸗ nahmen usib. vom 4. August 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:

§1

Die untere Verwaltungsbehörde ist nach näherer Anordnung der Landeszentralbehörde befugt, die Nutzungsberechtigten von Landgüterg und landwirtschaftlichen Grundstücken mit kurzer Frist zu elner Er klärung darüber aufzusoroern, ob sie ihre gesamte Ackerfläche bestellen wollen oder welche Stücke davon unbestellt bleiben sollen. Die Möglichkeit der in Auzsicht genommenen Bestellung ist auf Erfordern glaubhast zu machen. Dle Aufforderung kann durch öffentliche Be⸗ kanntmachung erfolgen.

52 Soweit der Nutzungsberechtigte die Bestellung nicht übernimmt oder die Möglichkelt der Bestellung nicht glaubhaft macht oder die Aufforderung unbeantwortet läßt, oder wenn er nicht erréicht werden kann, ist die untere Verwaltungebehörde befugt, die Nutzung des Grundstücks mit Zubehör ganz oder zum Teil laͤngstens bis Ende des Jahres 1915 dem Berechtigten zu entziehen und dem Kommunal⸗ verbande zu übertragen. ß 86 Der Kemmunalverband hat bel der Nutzung des Grundstücks nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren, so— weit dies nach den besonderen, durch den Krieg geschaffenen Ver⸗ hältnissen tunlich ist. Inwieweit der Kommunalverband dem Nutzungsberechtigien eine Entschänigung zu gewähren bat, bestimmt die untere Verwaltungsbebörde bei der Uebertragung. Für die Auf— wendungen des Kommunalverbandes hat der Eigentümer oder sonstige Berechtigte nicht einzutreten. 84 Aus Gründen der Bllligkeit kann die untere Verwaltungsbehörde die Rückgabe der Gruntstücke an den Berechtigten bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem zunächst bestimmten verfügen. Set der Auseinandersetzung (83 5) hat ein angemessener Ausgleich zu erfolgen.

*

8 9 Ueber die Auseinandersetzung zwischen dem Kommunalverband und dem Eigentümer sowie den sonstigen Nutzungsberechtigten beschließt auf Antrag die untere Verwaltungsbehörde nach billigem Ermessen unter Ausschluß des Rechtswegs. 56 Gegen die Verfügungen der unteren Verwaltungsbehörde nach §s§ 1L kis 4 ist binnen tiner Woche, gegen die Beschlüsse nach 5 5 binnen einem Monat die Beschwerde bei der höheren Verwaltungs behörde zulässig. Die Entscheidung ist endgültig.

R

3 Personen, die wegen des Einbruch feindlicher Truppen ihre bisherige landwirtschaftliche Böschäftigung aufgegeben haben, können nach dem 31. Juli 1914 geschlossene Verträge, die sie zu Diensten außerhalb detz Bezukes threr früheren Beschäftigung verpflichten, behufs Rück- kehr dorthin mit fünftäqgiger Frist kündigen. Die Kündigung muß binnen drei Wochen erklärt werden; diese Frist beginnt mit dem Tage der Verkündung der Verordnung. Bedarf es zur Rückkehr einer be dlichn Erlaubnis, so läuft die Frist von dem Tage, an dem dilese Erlaubnis dem Flüchtling bekannt geworden ist. Dee Landeszeatralbehörde bestimmt die Bezirke, auf die diese Vorschrift Auw. ndung findet. 588 Dle Landeszentralbehörde erläßt die erforderlichen Ausführungé— riften. §5 9 Sicherung der Ackerbestellung im Wege der Landes gesetzgebung herbeigesührt ist, finden die 55 1 bis 6 dieser Ver— ordnung keine Anwendung. §5 10

Diese Verordnung fritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft Berlin, den 31. März 1 Der Stellyertreter des Reichskanzlers. Delbrück.

915.

Die Feier des 100. Geburtstages des Fürsten von Bismarck.

Die Berliner Universität veranstaltete am Donnergtag, Nach⸗ mittags 2 Uhr, in ihrer neuen Aula, in der man zum ersten Male Arthur Kampss großes Wandgemälde „Fichte als Redner an die deutsche Nation“ bewundern konnte, einen Festakt, dem im Auftrage Seiner Majestät des Kalsers und Königs der Oberkommandierende in den Maiken, Generaloberst von Kessel, ferner der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten B. Dr. von Trott zu Solz, der Staastsekretär Dr. Lisco, der Präsident des Herrenhauses von Wedel, der Präsident des Abgeordnetenhauses Graf von Schwerin⸗Löwitz, der Präsident des Reichstags Dr. Kaempf, der Botschafter der Ver— einigten Staaten von Amerika Gerard, der Oberhof⸗ und Dom— prediger D. Dryander, der Poltzelpräsident von Jagow, der Bürger⸗ meister Dr. Reicke u. a. beiwohnten. Nachdem der akademische Lehr⸗ körper unter Vortritt des Rektors in die Aula geschritten und dle Plätze vor dem Katheder eirgenommen hatte, bestieg dieses der Wirkliche Geheime Rat, Professor Dr. von Wilamowitz⸗ Möllendonff, um die Festeede über den Menschen Btsmarck ju halten. Der Redner erinnerte an Bismarcks Verhältnis zur Universität und zur Wissenschaft überhaupt, zu der er zeitlebens in einem etwas gespannten Verhältnis gestanden. Der Grund hierfür lag in der Natur Bismarcks, die dem Künstlerlschen zugewandt war, und deren leidenschaftliches Wesen mit der sachlichen Art der Wissenschasft keine rechte Fühlung gewann. Mitgesprochen möge auch haben, daß Bismarck den deutschen Professor mehr auf der Parlamentttribüne als im Hörsal kennen lernte. Eist spät habe Bismarck sich selbst gefunden. Das , , vulkanische seines Wesens zog ibn zu Byron, und die Goethesche Ab—⸗ geklärtheit blieb ihm auch im Greisenalter versagt. Spät auch fand er die Stellung in der Welt, die seinen Kräften entsprach. Als ihm aber der Wirkungskreis in Kniephof und der pietistische Freundeskreis zu enge geworden war, folgte bald eine ungewöhnliche Entwicklung von märkischer Eigenait über die preußische Staatsgesinnung zum Deutschen. In Franksurf, St. Petersburg und Paris reifte der überlegene Staatg⸗ mann heran, der im Verfasfsungé konflikt einer Welt Trotz bieten konnte, nachdem er den unzertrennlichen Bund mit seinem . i schlossen hatte. Auf das herrliche, in der Geschichte ohne Beisplel dastehende Verhältnis zwischen dem König Wilhelm und Bismarck ging der Redner dann näher ein. Groß seien beide gewesen, der König und der Kanzler, menschlich aber habe der König fast noch höber gestanden, da er sich in neidloser Dankbarkeit dem Genlus gefngt habe und dabei doch stets der König und Herr geblieben set. Vom ersten Tage selner Ministerschaft sei Bismarcks Leben dann ein Kampf gewesen, ein immer neues Sichdurchsetzen gegenüber feindlichen oder einsichts⸗ losen Michten. Von den Früchten seiner Politik seiner weisen Beschränkung in der auswärtigen Politik, der weitsichtigen Wiit⸗ schafts ; und Sozialpolitik im Innern ernteten wir noch beute. Es war unser Schicksal, daß unsere größten Männer der Tat, Luther und Friedrich der Große, nur für einen Teil des Volkes Vorbilder sein konnten, an denen es sich aufrichtete in den Zeiten nationaler Not

und Gefahr. So war es auch mit Bismarck. So solle es hinfort

Turm beleu

- hielt

Reichs giwidmet, wohnte der Landesherr Fürst Leopold

ö. kundertstem Geburtstag bereits der Deutschnationale V reir Desterreich in Wien eine stark besuchte Gedenkfeier abgehalten katte, wurde der Tag, wie die Blätter melden, auch in Salllburg,

nicht mehr feln. Heute trügen alle im gemeinsamen Seimatefühl, Siaatsgefühl, in der Liebe zu Deutschland Bismarcksche Ge— fühle in der Brust: mögen sie denn guch alle in Dankbarkelt sich zu ihm bekennen. Jetzt sel die rechte Zelt, daß et einen festen Platz gewinne in ihrem Herzen, auf daß, wenn in langer Friedenszeit wieder Sonderwünsche, Parteigezänk die Freude an dem Reiche stöcen wollen, sein Bild vor der Seele des Deutschen aufsteige, mit bannen dem Blick die bösen Negungen bändige. Wir Alten“, so schloß der Redner, „die wir seine Stimme noch gehört haben, find hald dahingegangen. Was unser Leben füllte, was uns das Köstlichste war, die Arbeit an der Wisenschaft, ist uns nun fast unmöglich geworden, weil unsere Seele nur dem einen Gedanken an das Vater land Raum gibt. Der Bismarck in uns, das Deutschtum ist slärker selbst als die Wissenschaft. Wir können damtt wandte sich der Redner an die Kommilitonen Sie nichts Besseres lehren, als Sie auf den großen Mann hinweisen, der es noch viel eindringlicher lehrt; Deutschland, Deutschland über alles?“. In den Gesang von „Deatsch⸗ land, Deutschland, äber alles“, den die studentischen Chargierten mit dem Gekstrr ihrer sich kreuzenden Klingen begleiteten, klang die Rede aus. Die Bläser stimmten den Beethovenschen Chor: .Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ an, und die Feier war beendet.

Zu der Bismarck⸗Gsedenkfeier am Nationaldenkmal hatten, wie hiesige Zeitungen melden, mehr als 250 Verelne aus Groß Berlin Abordnungen, zum Teil mit ihren Bannern und Fahnen, entsandt. Es befanden sich darunter sämtliche Berliner Innungen, der Berliner Biemarck Ausschuß, der Blemarck Festausschuß Groß Berlin 1915, die Vereinigung Berliner Architekten, der Verband deutscher Archttekten⸗ und Ingenieurverelne, Verein Berliner Presse, Deutsche Gastwirtsverband, Verein Berliner Hotelbesitzer, Verein der Berliner Gastwirte, Bund deutscher Gastwirte, Verband deutscher Waren⸗ und Kauf⸗ häuser e. V., Vereln junger Kiufleute von Berlin, die Deut sche Lands— mannschaft, Deutsch- Kolonialgesellschaft, Reichsgroßloge von Deutsch— land. Gioße National Mutterlege, Große Loge von Preußen, Berliner Turnerschaft, Forporation Berlin, Kaiserlicher Aeroklub Berlin, Generalsekretariat des Uaionklube, Verein deutscher Pellblut— züchter und Rennstallb sitzer, Kaiserlicher Motorjachtklub, Berliner Lehrergesangverein, Berliner Lehrerverein, Verband deutscher Beamten vereine Berlin, Kaiserlicher Automobilklub, Gustap⸗Adolf-Verein, Aichäologische Gesellschast zu Berlin, Potsdamer Handelskammer, Sltz Berlin, das Korps Hannobera⸗Göttingen, die Schutzgemeinschaft für Handel und Gewerbe, Verein südwestafrikanischer Krieger zu Berlin, Verein Berliner Möbelindustrleller, Bund der Landwirte, Zentrale der Bezirkevereine Berlins und Umgegend u. a. m.

Aus dem Reiche und dem Ausland liegen heute noch folgende Berichte des „W. T. B.“ über Bis marckseiern vor: Königsberg i. Pr, 1. April. Aus Anlaß der heute vor— mittag im sestlich geschmücklen Junkerhofsaale abgehaltenen, dem An⸗ denken Biemarcks geweihten Sitzung der städtischen Körper— schaf ten, wurde an Seine Majestät den Kaiser und Kögig folgendes Telegramm öbermittelt: ‚Zu der weihevollen Gedenkfeier für Deutsch⸗ lands gewaltigen Mübegründer festlich vereint, gedenken Vertreter der durch Eurer Majestät glorreiches Heer so treu beschirmten alten osspreußischen Haupt. und Residenzstadt in besenderer Dankbarkeit und Treue auch ihres geliebten Kaisers und Königs und geloben aufs neue, mit Gut und Blut kis zu einem ruhmreichen Frieden allzeit einzustehen, wie die Väter mit Gott für König und Vaterland!“ An die Feier der städtischen Behörden schloß sich ein Festzug, an dem die Knabenschulen mit ihren Bannern teilnahmen. Am Blsmarddenkmal und am Denkmal Kaiser Wilhelms JI. wurden unter dem gemeinsamen Gesange der tausendlöpfigen Menge Krtänze niedergelegt.

In Kiel folgte einem Festakt im Stadttheater elne öffentliche Feler vor dem Bismarckdenkmal mit gemeinsamem Gesang der Fest⸗ teilnehmer. Unter den niedergelegten prächtigen Kränzen befand sich auch einer vom Panzerkreuzer . Fürst ö

Friedrichsruh, 1. April. Heute früh um 10 Uhr fanden sich die Vertreter des Alldeutschen Verbandes, insgesamt etwa g0 nationale Vereine, darunter 66 Ortsgruppen des Alldeutschen Verbandes, am Grabe des Fürsten Bismarck ein und legten dort Kränze nieder. Um 11 Uhr strasen die Rektoren der 1IL technischen Hochschulen Aachen, Berlin, Braunschweig, Breslau, Darmstadt, Danzig, Dresden, Hannover, Karlsruhe, München und Stuttgart in Friedrichsruh ein. Geheimer Baurat Professor Dr. Mohrmann aus Hannover legte nach kurzer An— sprache einen Kranz am Grabmal nieder. Den Reltoren hatte sich der Geheime Hofiat Frhr. von Schmldt aug München angeschlossen, der namens der Stadt München einen Kranz niederlegte. Um 125 Uhr begann in der Gruftkapelle der Gemeindegottesdienst für Frtedrichzruh, an dem der Rittmeister von Bredow mit seiner Ge— mahlin, Gräfin Hannah, geborenen von Bismarck, teilnahmen. Im Auflrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs legte der Generaladjutant, General der Ir fanterie von Löwenfeld einen kost⸗ baren, mit goldenen Rosen durchflochtenen Lorbeerkranz nieder. Auch der Krorptinz hatte durch den preußischen Gesandten in Hamburg, von Bülow, einen prachtvollen Kranz an der Gꝛiuft niederlegen lassen und der Reichskanzler hatte einen Kranz übersandt. Kurz nach dem Gottes dienst erschien eine Abordnung der Stadt Berlin, be— stehend aus den Stadträten Dr. Wiemer und Rummel und den Stadtverordneten Flohr und Hellriegel. Dr. Wiemer widmete dem Altteicht kanzler mit einer Ansprache einen Lorbeerkranz, dessen Schleife die Inschrist trug: Ihrem großen Ehrenbürger die Stadt Berlin.

Leipzig, 1. April. Heute nachmittag fand ein Festgottesdienst in der Kirche zu Hänichen statt, bei dem ein früherer Seelsorger des Fürsten Bismarck, Dr. Pank, eine ergreifende Ansprache hielt; dar— auf wurde der neue Bismarckturm mit einer Weiherede des Aus— H g , Friedrich Gontard enthullt. Am Atend wurde der

et. Detmold, 1. April. Die Btsmarck⸗Gemeinde in Detmold

gestern abend am Bismarckstein auf der Giotenburg am Hermannsdenkmal im Teutoburger Walde eine patriotische Feier ab, die dem Andenken Bismarcks gewidmet war. Dieser erhebenden Abendfeier am Denkmal des ersten Besreiers Deutschlands zur jetzigen ernsten, hehren Zeit, den Manen des Mitbegründers des Deutschen IV. zur Lippe bet.

Wien, 2 KBismarcks sür

April. Nachdem am Vorabend zu

Brüx und Graz sestlich begangen. Sowohl in Salzburg, wie in

⸗. Brüx beschlossen die Stadtvertretungen, eine der schönsten Straßen

Bismarckstraße zu nennen. In Graz fand eine Gedenkfeier des Vereins der Reichsdeutschen vor der Bismarckeiche statt, an der ein

Söorbeerkranz mit der Schleifeninschrift: „Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“, niedergelegt wurde.

Brüssel, 2. April. Im Sitzungssaal der Kammer im Parlamentsgebäude hat gestern abend in Anwesenheit des General⸗

gouverneurs und sämtlicher Offiziere und Beamten des General⸗

gouvernements eine Bismarck⸗-Jahrhundertfeier stattgefunden, die durch ihre schlichte Einfachhelt und wohl auch duich die Stelle, an der sie stattfand, erhebend wirkte. Die Festiede hielt der Ritt meister Sponnagel aus Münster, der in großen Zügen des eisernen Kanzlers Wirken zeichnete. Nach dem Gesange des Bigmarck— ledes vereinigten sich die Mitglieder des Generalgoupernements zum Abendessen, in dessen Verlauf der Generalgouperneur Freiherr von

Bissina nochmals Biemardts und seines Einflusses auf die große jetzige Zeit gedachte.

Auch dle deutschen Schulen in Antwerpen und

Büssel feierten Bismards Gedenktag durch Schulalte, denen die

Militärbehörden beiwohnten.

Siatiftik und Bolksmirtsch aft. Zur Arbeiterbewegung. t, in dleser Woche bereits am Donnerstag Arbettsschluß.

erfäh

.

Literatur.

Aus dem belagerten Tsingtau. Tagebuchblätter von C. J. Vos kamp. Berlin 1915. Buchhandlung der Berliner evang. Misstonsgesellschaft. 140 Seiten. Brosch. 1 66. Mit photo⸗ graphischer Treue sptegelt dies Tagebuch, ursprünglich nicht für den Druck geschrieben, die Schicksale und Stimmungen der Belagerten in Tsingtau wider, und es offenbart sich in ihm ein so prächtiger Geist einmütiger Entschlossenheit und Pflichttreue, auch des Einstes und der Gottergebenheit, daß es zu den unvergänglichen Dokumenten dieses Krieges gezählt werden muß. Es wird allen hochwillkommen sein, die Angehörige unter den Kämpfern von Tsingtau gehabt haben. Auch unferen tapferen Feldgrauen, Blaujacken und Fliegern sollte es zu⸗ gesandt werden und in Ruhepausen des Kampfes, selbst in Schützen⸗ gräben, bei jedem unseret Helden die Flammen patrioꝛischer Begcinerung immer aufs neue entfachen; es eignet sich dazu vornesflich. Der Ver— fasser ist Superintendent der Berliner Misston in Schantung, die hier 1908, unmittelbar nach der deutschen Besitz-rgreifung, zu arbelten begann und außer in Tsingtau noch Stationen in Kiautschou und in Tsimo bat; in letztgenanntem Orte befinden sich auch ein Pospital, ein Prediger⸗ und Lehrerseminar. In Tsingtau weilten mit Sup. Vos kamp und seiner Familie während der Belagerung Missionar Kunze und die Missionsschwester Frieda Strecker; die Familie Kunze und dle Leiterin der, Mäßchenschule in Tsingtau, Schwester Käthe Voget, batten sich vor dem Heranrücken der Japaner zu Freunden nach Tsintschousu zurückgezogen. Missionar Scholz in Tsimo wurde von den Japanern der Spionage beschaldigt, wochenlang in ein peinigendes Verhör verwickelt und schließlich genötigt, unter drangvollen Umständen mit seiner Familie nach Tschifu zu flüchten.

Die Genesis der Emser Depesche. Von Richard Fe ster. Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel (Dr. Georg Pactel) 1915. 240 Seiten. Geheftet 4 66. Von der großen Urkundenver⸗ öffentlichung der französischen Regierung über den Ursprung des Krieges von 1870/71 sind seit 1910 acht Bände erschienen, die die Zeit vom 25. Dezember 18363 bis zum 3. Mai 1866 um fassen. Der Schluß band, auf den es ankommt, steht also noch aus. Auf deutscher Seite liegen die Staatsakten des Auswärtigen Amtes noch unter Verschluß. Nur an einer Stelle wurde der Schleter gelüftet, als Capribi in der Reichstage sitzung vom 23. November 1892 das von Bismarck redigierte Telegramm Abekens aus Ems und einige dazu gehörige Akienstücke zur Kenntnis brachte. Das Material liegt also für die entscheidenden Julitage von 1870 nicht vollständ ig vor; immerhin ist so viel bekannt, daß Fester von einer urkundlichen Einkreisung des Objektes reden zu dürfen meint. Jedenfalls ergibt sich ibm schon heute ein Zusammen— hang, und er vermißt mehr die Ausführlichkeit, die einer jener denkwürdigen Tage zukäme. Zu der vorliegenden Unt ) zuerst im Juni, Juli und August 1914 in der Deutschen Rundschau“ erschienen ist, ist Fester durch den Fortgang seiner hislorischen Forschungen

gekommen. Er hat schon 1913 die sehr verdienstliche Quellen samm⸗ lung

„Briese, Aktenstücke und Regesten zur Geschichte der Hohen— zollernschen Thronkandidatur in Spanten‘ in 2 Heften herausgegeben und in demselben Jahr „Neue Betträge zur Geschichte dieser Kandi—⸗

Es ist ein erhebendes Schauspiel, gegenüber der nervösen, hastigen Art des Herzogs von Gramont, des Ministers des Aeußern, und dem hilflosen Dilettantismus des aus der Pariser Advykatur hervorgegangenen, vom liberalen Parteipolitiker zum Ministerpräsidenten emporgestiegenen Emil Ollivier die würdevolle Haltung König Wilhelms und das Zusammenarheiten des Geheimen Legationsrats Abeten, treuen Beraters des Königs in Ems, mit seinem Chef und dem verantwortlichen Leiter, mit Bismarck, zu ver⸗ folgen, der bei aller Tatkraft, die er damals entfaltete, eine wunder⸗ bare Selbstbeherrschung bewies. Als die Kandidatur Leopolds von Hohenzollern durch die Mitteilung einer Madrider Zeuung am 1. Juli vor der Zeit bekannt wurde, lieferte sich Gramont durch einen von ihm redizterten Artikel im onstitutionnel! vom Morgen des 4. Juli von vornherein der Presse aus, indem er einen Ent— rüstungesturm entfesselte, der der Regierung über den Kopf wuchs. Gramonts Kammererklärung dom 6. Juli war eine neue Unbesonnen— heit, die bereits wie eine Kriegserklärung wirkte. Am Morgen des folgenden Tages alarmierte das obengenannte Blatt die europäische Welt mit der Nachricht, daß Frankreich zum Matschieren bereit set. In der Nacht zum 8. Juli wurde Graf Benedetti, der auf Urlaub in Wildbad weilte, telegraphisch angewiesen, Wilhelm die be— kannte Garantteforderung zu überbringen. ist Gramont dazu gekommen, sich mit Umgehung des Instanzenweges, der zu dem Auswärtigen Amt in Berlin geführt hätte, durch Benedetti un⸗ mittelbar an die Person des Königs zu wenden? Fester sieht den Grund darin, daß der preußische Botschafter in Parts, Freiherr von Werther, eine von früher her vorgesehene Reise nach Ems, statt in Anbesracht der veränderten Umstände auf seinem Posten zu bleiben, am 5. Juli wiklich antrat und sich beim Abschied das Versprechen abnötigen ließ, den französischen Standpunlt, daß die Hohenzollern— kandidatur eine arge Soche sei, bei König Wilhelm zu vertreten. Dle dazukommende Entsendung Benedettis sollte den Keil weiter treiben. V f nur die letzte Folgerung aus der Erklärung vom 6. Juli. Benedetti, der schon auf der Heimreise von Berlin nach Wildbad am 4. Juli der Gast der Königin Auausta in Koblenz gewesen war, und jetzt auch auf der Fahrt ven Wildbad nach Ems den Umweg über Koblenz machte, wurde vom König zweimal empfangen, am 9. und am 11. Juli; das dritte Mal, am 13. Juli, blieb es bei der bekannten Brunnenszene. Am 12. Jalt hatte Karl Anton von Hohenzollern in Sigmaringen den Verzicht aufgesprechen; das Extrahlatt der Kölnischen Zitung“, noch am Akend desselben Tages gedruckt, lief in Ems am 13. früh mit der Neunuhipost ein. Der König, dem es auf der Brunnenpromenade übergeben wurde, reichte es durch seinen Flügel⸗ adjutanten Anton von Radziwill an Benedettt wetter, und An⸗ schluß daran erfolgte die letzte Unterredung. Was sich über die Emser Juli his jetzt ermitteln läßt, gibt Fester in peinlich

) 35 . 36 . Am Abend des 12. Juli war Bismarc 8

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Vorgänge des 13 sauberer Ausarbeitung wieder. aus Vanin in Berlin elngetroffen, und dle beginnt bereits mit dieser Reise. „Die Fabtt durch Wussow, Lufthieb als Antwort auf den Gruß des Ortspfarrers, die Elnsahrt in den Hof der Berliner Ministerwohnung gehören zu den Bildern, die man im Höhepunkte des eigenen Lebens nicht wieder vergißt. Auch die historische Kritik kann uns die Freude daran nicht verderben. Die trockene Fesistellung, daß Bismarcks Zug die Statien Schlawe um 11 Uhr passierte und in Berlin Abends 6 Uhr eintraf, bereichert uns,

weil sie uns die beiße Eisenbahnfahrt mitmachen läßt, und wir

danken es Hohenlohe⸗Ingelfingen, daß wir mit ibm Zeuge werden

dürfen, wie Bismarcks Wagen, vom

kommend, an der Ecke der Wilhelmstraße und Linden russischen Staatskanzler Fürst Gortschatkow begegnet, die Cquivagen einen Augenbhlick halten, und die beiden wächtigen Staatsmänner sich die Hände schütteln.“ In dem im November 1914 geschriebenen Vorwort sprlcht Fester den Gedanken aus: wir Deutscke dürften uns

8 Bahnho

Vzornr dem

Was aber die Garantieforderung selbst betrifft, so war sie

Reihe greßer Erinnerungen der

(Oesterreich.)

so viel auch der Krieg in Frage gestellt babe, doch heute schon eines

unermeßlichen Gewinns freuen. Wenn alter und Bismarcks Entlassung getrennt schienen, so habe

undvlerzig Jahre vom Tage der Emser Depesche bis

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der Krieg die vier.

zum 4. Auguft

1914 zu einer in sich abgeschlossenen Periode deutscher Entwicklung zusammengeschweißt. „Hwischen der Einigung der deutschen Stämme

und Tynastien und zwischen der innerlichen Cinigung gegen die Feinde ringsum liegt ein Zeitalter innerer Kämpfe und Krankbelten, das ung setzt schon wie eine ferne Vergangenheit erscheint. Während der

Spalt bon 1890 sich merklich zu schließen beginnt, hat sich ein tiefer

l

Geenzgraben aufgetan, der uns bis auf die geheimsten Wurzeln det xebens unserer Nation in ehrfürchtiger Scheu hinabschauen ließ.“

Das Kaiferin Augusta⸗ Problem. Von Friedrich Nivpold. Verlag von S. Hirzel in Lelyzig, 1914. 126 Selten. Geheftet 240 44. Friedrich Nippold, der als Jenenser Theologe das fünfbändige Handbuch der neuesten Kärchengeschichte verfaßt und in zahlreichen Einzelschriften kirchenpolitische Fragen der Gegenwart er⸗ örtert hat, untersucht in der vorliegenden Schrift, deren Vorwort vom Mat 1914 datiert ist, die Stellung der Gemahlin Kalser Wil. helms des Ersten zur evangelischen und zur katholischen Kirche. Das Weimarer Geisteserbe war für die Prinzessin Auguste etwas Unzer⸗ störbares und hildete das Gegengewicht gegen die nachmaligen ent⸗ gegengesetzten Einflüsse. ie war die erste preußische Fürstin, die ein klares Bild von deurscher Bildung im Herzen trug und danach die Er⸗ ziehung ihres Sohnes gestaltete; sie hat selbst den Lübecker Patrizier⸗ sohn Ernst Curtius, eine hochgestimmte, ideal gerichtete Natur, zu der hohen Aufgabe berufen. Für den Koblenzer Aufenthalt der Prinzessin von Preußen an der Seite ihres Gemahls unterscheidet Rippold den deutsch⸗ nationalen Kreis in den Anfängen und die Um⸗ gebung der späteren Zeit. Der rheinisch⸗westfälische Adel, der vor⸗ wiegend katholisch ist, wird von Nippold, der selbst ein geborener Rheinländer ist, in seinen Hauptvertretern und nach seinen vorherr⸗ schenden Neigungen mit kritischem Blick gezeichnet, und es wird nach⸗ drücklich darauf hingewiesen, daß die religtöse Auffassung der Prinzessin von ihren Pflichten gegen alle Christen von den politischen Absichten einer des Herrschens gewohnten Kirche zu trennen sei. Innerbalb der evangelischen Kirche genoß der Anfang 1863 zum Hofprediger berufene Dr. Rudolf Kögel das unbedingte Vertrauen der Königin und Kaiserin. Die Rolle, die Rudolf Kögel im sogenannten Kulturkampf gespielt hat, wird gründlich geprüft. Die Arbeit der päpstlichen ö an deutschen Höfen bildet das nächste Kapitel. Die Schlußbetrachtung sieht von aller Politik ab und würdigt die positiv⸗religiösen Schöpfungen der Kalferin und ihre Früchte. Der Gegenstand des Buches bringt es mit sich, daß Nippold vielfach auf Bismarcks „Gedanken und Er—⸗ innerungen“ zurückgegriffen hat und seine Meinung über Bigmarck aus⸗ spricht. So beißt es an einer Stelle: Es sollte unserm großen Kaiser niemals vergessen werden, was er schon in seiner Koblenzer Zelt für die Einigung Deutschlands vorgearbeitet hat. Gerade an diesem Teile seines einzigartigen Lebenswerkes aber eignet seiner Gemahlin ein voller Anteil. In den Jahren, in denen der dieses Werk zur Durch⸗ führung bringende Staatsmann noch rüstig unter dem Einflusse des Generals von Gerlach stand, ist der Prinz von Preußen sich schon über seine Aufgabe im klaren gewesen. Soweit hier von Bismarck die Rede ist, muß daran einmal erinnert werden, daß nach einer sehr besonnenen Untersuchung von Richard August (Leipzig 1913). die seinerzelt hier besprochen worden ist, das Verhältnis zwischen Bismarck und dem fünfundzwanzig Jahre älteren General doch anders gewesen ist, als Nippold annimmt. Die persönlichen Beziehungen der beiden Männer waren zwar überaus herzlich und gestalteten sich zu einem Freundschaftsbund, dem Offenheit und Wahrheitsliebe nie verloren gingen. Was aber die politischen Anschauungen betrifft, so waren zwar viele Berührungspunkte vorhanden, aber von einer ursprüng— lichen Abhängigkeit Bismarcks und späteren Abkehr von den Partei⸗ grundsätzen Gerlachs kann nicht die Rede sein. Selbst da, wo ihre Forderungen auf eins hinausliefen, wie in der Olmützer Frage (1850), waren die Begründungen nicht miteinander zu vereinigen. War für Gerlach die Gruppierung der Mächte, die mit dem Begriffe der Heiligen Allianz verknüpft ist, ein für allemal maßgebend, so stand für Kismarck in allen Wendungen der Politik der vreußische Staats gedanke obenan, der zur Kraftentfaltung nach jeder Seite drängte, von der er eingeengt wurde.

r. 13 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ itgam ts“ vom 31. März 1915 hat folgenden Inhalt: des zeitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Gemeindeangelegenbeiten der Stadt Char⸗ Ges (Preußen.) Nahrungs. und

Ce]

Arzneimittel. Lebensmittel. Mastixlösung. Brot und Gebäck. (Venezuela.) Nahrungsmittel, Wein ꝛc, Essig. Vermischtes. (Deutsches Reich) Flugblakt, betr. Krieakgemüsebau. (Bayern. Baden ꝛc.) Infektions- krankheiten 1912, 1913. (Bayern.) Genickstarre, 2. Halbjahr 1914. (Sachsen, Leipzig.) Medhinalstatistisches, 1912, 1913. (Vessen.) Infektionskrankheiten ꝛc, 1914. Wochentabelle über die Sterbe⸗ sälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezttken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Ent⸗ scheldungen, hetr. den Verkehr mik Nahrungsmitteln (Kassee, Kakao, Schokolade, Tee).

Handel und Gewerbe. im Reichsamt des Innern „Nachrichten Handel,

und Landwi

zusammen Industrie

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Spanien.

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Ausfuhrverbot für Kakaoahbfälle. Nach einem Tele- gramm der Kaiserlichen Botschaft in Rom vom 21. März 1915, ist die Ausfuhr von Kakaoabfällen aus Italien verboten.

Italien.

Zusammenstellung der Ausfuhrverbote. Gaccta de Madrid vom 12. März 1915 veröffentlichte Königliche Werordnung enthält die Zusammenstellung derjenigen Waren, deren Ausfuhr verboten ist. Es sind dies:

Walfische, Kabellau⸗ und Robbentran, welße und farbige Bohnen, lebendes und totes Geflügel, Schwefel, Kohlen, frisches Fleisch, Flachs und Flachswerg, Manganeisen, Vieh, Kichererbsen, Welzenmebl, Elter, Linsen, Mais, falpetersaures Natron, gemünztes Gold und Silber, Kartoffeln mit Ausnahme der neuen, Kalisalze, Leinsaat, Sesam und andere Oelsämereien, einschließlich Kopra, schwefelsaures Aluminium und schwefelsaures Kupfer, Weizen und Jute.

Eine

in der

Niederlande. Aus fubrverbote. Durch 5 13. März 1915 ist die Ausfuhr folgender Waren verboten worden: 1) Kakaovaste und Kakaomasse; 2) alle Erzeugnisse aus Reis; 3 Butter; ) Salpeter säure. (Telegramm des Kaiserl. General⸗ konsulats in Amsterdam.)

Verordnungen vom

Dänemark.

Ausfubrverbote. Eine Bekanntmachung vom 26. März 1915 verbietet die Ausfuhr folgender Waren: Ledertreibriemen, ferner alle Sattlerwaren, bei deren Herstellung der Arbeits. lüebn nach dem Ermessen des Jufti mini fler iums weniger beträgt als 30 v. XB. des Lederwertet.