Samburg.
Auf Einladung der Hamburger Handelskammer nahm der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. S olf am Dienstag an einem ihm zu Ehren veranstalteten Herrenabend im Uhlen⸗ horster Fährhause teil, zu dem die Präsidenten und mehrere Mitglieder des Senats sowie führende Männer des weltwirt⸗ schastlichen Lebens erschienen waren. Auch der stellvertretende Fommandierende General von Roehl war erschienen. Wie „W. T. B.“ mitteilt, sprach der Staatssekretär über den Gang der hisherigen deut schen Kolonial⸗ palitik, in dem er an der geschichtlichen Entwicklung des kolonialen Gedankens in Deutschland und, an der Aus gestaltung der Verwaltung in den Kolonien nach⸗ wies, daß unfere Kolonialpolitik von Anfang an mit friedlichen Mitteln friedliche Ziele verfolgte und von jedem Konquistadoren⸗ tum frei war und ist. In der darauf folgenden zwanglosen Aussprache über die durch den Krieg für unsere Kolonien ent⸗ standene Lage äußerte sich der Szaatssekretär dahin, daß das Reich keineswegs gewillt sei, bei den Friedensvoerhandlungen seine durch treue deutsche Arbeit wertvoll gewordenen Kolonien aufzugeben, sondern im Gegenteil versuchen werde, das Ver⸗ lorene wiederzugewinnen und den deuischen Kolonialbesißz nach Möglichkeit zu stärken und auszubauen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Armeeoberkommandant Erzherzog Friedrich hat, wie durch ‚W. Ta B.“ aus dem Kriegspressequartier gemeldet wird, folgenden Befehl erlassen:
Die vergangenen acht Kampftage bilden eln neues Ruhmet blatt in der Geschichte der deutichen und der österrelchisch . ungarischen Artillerie. Mit großer Mühe verbundene ziel bewußte Eiablierung sowie vorzüglich geleitetes und mit hervorra ender Schieft.chnit zu böchster Wirkung gesteigertes Feuer haben den Angriff der verbüundeten
überwältigender Kigst vorberelte! und ihn in
Trurpen mit i J aufopfernder waffenbrüderlichster Weise bis um vollen Ge⸗ Reiben stark ausgebauter feind⸗
lingen unterß lügt. Mehrere ; ü licher Besestigungen sind in unserem Besitze und sind Zeugen sowohl des Heldenmutes unserer Infanterie wie der ver⸗ Richlenden Wirkung unserer Artillerie. Seither begleitet diese ohne Rüchicht auf Strapazen und Enibehrungen unter schwierigften Ver⸗ hälmissen rastlos die Verfolgung des weichen den Gegners durch die Infanterte, um seine Niederlage zu vervollständigen und ihm jeden neuen Widerstand unmöglich ju machen. Ich sage der gesamten Artillerte der elften, vierten, dritten und jweiten Armer jür ihr bis⸗ beriges hingebendes und aufopferungsvolles Zusammenwirken mit der Infanterte meinen Dank und meine vollste Anerkennung in der sesien Juversicht, daß die rüdsichtelose Infanterieꝑen folgung, enge gepaart mit unablässiger, kein Opfer scheuender Unterstützung durch die bewählte verbündete Artillerie, zu vollem Siege führen und die Kampfkraft unseres zäben Gegners vernichten werde.
Im ungarischen Abgeordnetenhause ersuchte vorgestern der Abgeordnete Graf Michael Karolyi (-Oppo⸗ sitionellꝰ den Ministerpräsidenten, dem Abgeordnetenhaus noch vor dessen Vertagung Mitteilungen über die auswärtige Lage zu machen, und begründete das Ersuchen namentlich mit dem Hinweis auf die Beziehungen zu Italien. Graf Tisza erklärte:
Er hoffe, in naber Zeit über die auswärtige Lage Mitteilungen machen zu können. Es würde ihn fegen, diese ehestens dem Hause ee, er jsei jedoch nicht in der Lage, in dieser Beziehung
agen zu bernehmen, weil dies nach der Natur
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Nach dem Bericht des. W. T. B.“ teilte er mit, daß in der Nacht des 2. Mal ein Angriff auf die ganze Linie der Verbündeten gerichtet wurde, der unter zablreichen Verlusten für die Engländer wie für den Feind abgeschlagen wurde. Die Stellung der feindlichen Reseiven wurde durch Scheinwerfer entdeckt, worauf ihnen darch die französischen 7.5 em⸗Kanonen große Verluste beigebracht wurden. In den folgenden Nächten bis zum 6. Mai wurden Angriffe wiederbolt ohne Mühe zurück⸗ gewirsen, sodaß die Engländer Fortschritte machten. Die Stellungen der Verbündeten wurden inzwischen verstärkt und neue Truppen berangebracht. Die Franzosen besetzten einen wichtigen Vunkt am linken Flügel und fügten dem Feinde durch Bajonettangriffe schwere Verlusse zu. Auch die Australter und Neuseeländer verrichteten nütz⸗ liche Arbeit, indem sie den Feind auf Lem engen Teil der Halbinsel in ein Gefecht verwickelten. Die Operationen wurden regelrecht durch die Flotte unterstützt.
Auf eine Anfrage nach dem von einem englischen Konsul gelieferten Bericht über einen angeblichen Befehl des Kron⸗ prinzen Rupprecht von Bayern, alle englischen Ge⸗ fangenen zu erschießen, erwiderte Lord Crewe, eine andere Bestätigung der Nachricht fehle, aber es liege kein Grund vor, die Authentizität und Richtigkeit der Erklärungen zu bezweifeln. (Das „W. T. B.“ ist von zuständiger Stelle zu der Erklaͤrung ermächtigt, daß an dieser Behauptung von englischer Seite kein wahres Wort ist.)
— In der Sitzung des Unterhauses am Dienstag erklärte Mac Namara auf eine Anfrage nach der Zahl der während des Krieges vom Feinde versenkten Handels⸗ schüffe, Trawlers usw., die Zahl betrage 201 und die Zahl der dabei verlorenen Leben 1556. Darauf forderte der Radikale Dalziel die Regierung auf, ihre Politik gegen⸗ uh den Deutschen in England einer Revision zu unter⸗ ziehen.
Wie W. T. B.“ berichtet, erklärte Dalliel, daß er in dieler i fc kein Vertrauen zu der Reglerung babe. Die öffentliche
seinung sei für Inten nierung aller Feinde im militãrpflichtigen Alter. Die Geduld des Publikums fei naher erschöpft. Der Redner hätte eine Abordnung empfangen, die Tausende angesehener Eitvmänner vertrat. Sie wünschten, daß der Regierung dringend nahegelegt würde, daß die Notwendigkeit des Handelns nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern im Interesse der Deutschen selbst läge, sonst seien ernste Folgen zu erwarten. Die Regierung müsse ernste schleunige Schritte tun. In London lebten 20 000 Deutsche in voller Freiheit. Wenn ein Zeppelinangriff auf London erjolgte, würden sicherlich Tausende davon auf ihrem bereits angewiesenen Vosten sein. Die Deutschen würden vor nichts zurückschrecken. Lord Charles Beresford sagte, es wäre beklagenswert, wenn mangels einer bestimmten Politit der Regierung der Mob die Justiz in eigene Hände nähme. Wenn ein Jeppelin nach London kame, und einen Brand entzündete, würden 20 000 Deutsche die Stadt an zwanzig oder dreißig verschiedenen Siellen am ünden. Die Regierung hätte die Verantwortung zu tragen. Die Bevölkerung sei fehr erbiltert und würde noch erbitterter werden, wenn nichts geschähe. Der Unterstaatssekretär Tennant sagte, er habe die Absicht Datziels, Äber diesen Punkt zu sprechen, erst kurz zupor erfahren. Er sei nicht kn der Lage, heute eine neue Politik anzukündigen. Bonar Law schlug den Aufschub der Debatte vor. Die Lage sei zu ernst ge⸗ werden, als daß die Reglerung nur eine Gelegenbeiteerklärung ab⸗ geben dürfe. Tennant sagte, da die herrschende Stimmung mög⸗
Internierung;
licherwelse ron der Regierung elne anbere Behandlung alt bisher verlange, wolle er Dobnergtag eine Eiklärung abgeben. Alsdann wurde er jedoch von Bonar Law genßtigt, feine Erklärung schon sür Mistwech u versptechen.
In der vorgestrigen Sitzung machte der Premierminister Asquith nach Erledigung verschiedener Anfragen folgende Mitteilung über die eventuelle Politik in der Frage der
Es bewe, en sich nech vierzigtausend Ausländer, darunter 24 000 Männer aus feindlichen Ländein, frei in England. Die Regierung beantrage, alle erwachsenen männlichen Personen wegen der Sicherheit des Landes zu internieren oder, wenn sie das militãrische Alter übeischritten hätten, nach der Heimat urügzu⸗ schicken. Frauen und Kinder würden, wenn es die Um⸗ stände gestatteten, nach Hause geschickt werden. In vielen Fällen würde 'egz ein Gebot der Gerechtigkeit und der Menschlichkeir sein, ibnen zu gestanen, im Lande zu bleihen. Es werde eine besondere Keommission gebildet werden, um die Ansprüche auf Befreiung von der Repatriierung zu erledigen. Man denke nicht daran, die Natura⸗ lisierten, die etwa achttausend Mann zählten, zu internteren. Aus⸗ nahmefälle würden besonders behandelt und die Möglichkeit geschaffen werden müssen, in Fällen von Notwendigkeit und Gefahr zu inter⸗ nieren.
Bonar Law hieß die Vorlage der Regierung gut und sagte, es sei klar, daß das Land erregt sei und daß man leicht die Kontrolle über dasselbe verlieren könnte. Niemand wünsche ungerecht mit den Feinden zu verfahren, aber das Land misse fühlen, daß die Frage behandelt werde. .
Der Erste Lord der Admiralität Churchill teilte mit, daß das Linienschiff „Goliath“ in den Dardanellen torpediert worden sei und man den Verlust von 500 Menschenleben befürchte.
— Wie der „Manchester Guardian“ meldet, hält die Re⸗ gierung Neuwahlen im nächsten Jahre, falls der Krieg länger dauern sollte, für undenkbar und beahsichtigt, die Legis⸗ laturperiode gesetzlich verlängern zu lassen, so lange der Krieg dauert.
Die Regierung hat den Bericht der Kommission veröffentlicht, die am 15. Dezember zur Untersuchung der an⸗ geblichen deutschen Greueltaten gebildet worden ist. Der Bericht enthält die Aussagen von zwölfhundert Zeugen.
— Die amerikanische Botschaft in London gibt dem „Reuterschen Bureau“ zufolge bekannt, daß 1395 Amerikaner mit der „Lusitania“ ertrunken sind. In einer von der Botschaft abgegebenen Erklärung wird bestätigt, daß der Dampfer ohne Warnung torpediert und versenkt wurde und in 18 Minuten in 60 Faden Tiefe sank. An Bord waren 218 Amerikaner.
Rußland.
Ein Ukas des Kaisers befiehlt dem Finanzminister laut Meldung des „W. T. B.“, eine zweite innere Anleihe von einer Milliarde Rubel zu emittieren.
Der Kaiser hat der zeitweiligen Kriegssteuer für die vom Militärdienst befreiten Personen seine Zustimmung erteilt und ihre Inkraftsetzung angeordnet.
— Die Revision der sozialistischen Dumaabgeord⸗ neten gegen das Urteil des Petersburger Appellhofes, das sie zur Verbannung verurteilt, ist vom Senat verworfen worden.
Italien.
Eine im Anschluß an den vorgestrigen Ministerrat ver⸗ öffentlichte amtliche Mitteilung enthält einige Beschlüsse ge⸗ wöhnlichen Charakters. Als der Ministerpräsident Sal andra gestern vormittag gelegentlich der Unterzeichnung von Dekreten durch den König mit den Ministern zusammentraf, berief er persönlich einen Ministerrat l der die
li Ministe auf den Nachmittag, Demission des Ministeriums beschloß. Diesen Beschluß, den
der Ministerpräsident dem König am Abend mitteilte, gibt die
„Agenzia Stefani“ durch folgende Note bekannt:
Der Ministerrat hat in Anbetrécht, daß er in bezug auf die Richtlinien der Regierung in der internationalen Politik der Ein⸗ tracht und der Zustimmung der konstitutionellen Parteien entbehrt, die angesichts des Einstes der Lage erforderlich wäre, beschlofsen, dem König seine Demission zu überreichen. Der König kat sich seinen Beschluß vorbehalten.
Der Präsident der Kammer Marx cora, der gestern abend in Rom angekommen ist, hatte dem „Giornale d Italia“ zufolge von 91. Uhr ab eine einstündige Besprechung mit dem König. Heute wird der König außer dem Ministerpräsidenten noch andere Persönlichkeiten befragen.
Gestern abend fanden in Rom nicht unerhebliche Kundgebungen gegen Giolitti statt, die sich auch gegen Oesterreich und Deutschland richteten.
Nachdem schon am Nachmittag kleine Trupps von Studenten versucht hatten, in der Nähe von Gloltttis Wohnung zu demenstrieren, sammelten sich, wie W. T. B.“ berichtet, gegen 7 Uhr Abends auf Grund einer anonymen Aufforderung durch Flugblätter eiwa hundert Demonstranten, darunter viele Studenten, auf der Piazja Colonna vor der österreichisch⸗ungarischen Botschaft. Die Demonstranten wurden sebr rasch, durch dag auf dem Corso Umberto zu dieser Stunde schlendernde Publikum um Neugierige ver⸗ mehrt. Bald eriönten aus der Menge Rufe wie: Nieder mit Giolltti! Nieder mit den Landesverräsern! Nieder mit Oester⸗ reich! Und auch der vereinzelte Ruf: A basso il re! wurde laut. Carabinieri schritten rasch ein, spertten die Piana Colonna und ihre nähere Ungebung ab. Darauf zegen die Demonstranten durch die Via del Pretore, am Collegio Germanico vorbei, wo heftige Pereat- rufe gegen Deutschland gusgestoßen wurden, nach der Via Cavour, wo sich die Wohnung Giolütis befindet. Dort wurden sie aber rasch durch Carabinieri und Militär zerstreut und abgedrängt, ohne daß es zu ernsthaften Zwischenfallen gekommen wäre. Nach Zeitungsmeldungen bestanden die Demonstranten vorwiegend aus Radikalen und Natio- nalisten mit einigen Liberalen. Der Abgeordnete Labriola hielt eine kriegs betzerische Ansprache.
Auch in Mailand kam es vorgestern zu Kundgebungen, die bedeutend gewesen zu sein scheinen und sich gegen Deuisch⸗ land im Anschluß an die „Lusitania“⸗Affäre richteten.
Schweiz.
Einer eigenen Meldung des „Berner Bundes“ zufolge hat der Kapitän des am 11. d. M. von Barcelona in Genua an⸗ gekommenen Dampfers Sicilia“ erklärt, daß am 7. sein Schiff von einem französischen Torpedoboot angehalten und nach Toulon gebracht worden sei, wo die ganze, größtenteils für die Schweiz bestimmte Ladung beschlagnahmt worden sei. Der „Neuen Zürcher Zeitung“ zufolge heißt das Schiff „Sibilla“. Grbsen, Bohnen, Fleischkonserven, sowie Instrumente und Apparate für Genua seien zurückbehalten und dann die Weiterfahrt gestattet worden.
Türkei.
Ghazi Sultan Mehmed V. hat einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge an den Kaiser Franz Joseph nach⸗ stehendes Telegramm gerichtet:
Ich beeile mich, Eurer Majestät meine herzlichsten Glück. wünsche zu dem gioßen Siege auszudrücken, den die K. und K. Armeen soeben über die Russen errungen haben, und bitte Eure Majestät, als Andenken an meine tniesgesühlte Freundschaft die Imtiaz- Kriege medaillen entgegennehmen zu wollen. Ich freue mich, Eurer Majenät zur Kennmnis zu ringen, daß ich aus dielem glücklichen An= lasse dieselben Kriegsmedaillen Ihren K. und K. Hoheiten dem Erz- herzog⸗ Thronfolger Karl Franz Joseph und dem Feldmarschall Erz, herzog Friedrich verliehen habe.
— Das „Amtsblatt“ veröffentlicht eine Gesetz novelle, die, vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung, die auf die Dauer der Wehrpflicht bezüglichen Artikel des vorjährigen Wehrgesetzes in der Weise abändert, daß die Wehrpflicht, die für die Infanterie und den Traindienst 25 Jahre, für die übrigen Waffen der Landarmee jedoch 20 Jahre und für die Marine nur 17 Jahre betrug, nunmehr für alle Waffen der Landarmee und für die Marine mit dem vollendeten 18. Lebensjahre (14. März nach dem vollendeten 18. Jahre) beginnt und mit dem vollendeten 45. Lebensjahre (14. Oktober nach dem vollendeten 45. Jahre) endet. Die 18⸗ und 19 jährigen sowie die nicht eingerückten 20 jährigen können nur im Kriegsfalle auf Grund einer Kaiserlichen Verordnung einberufen werden. Die Dienstpflicht beginnt mit dem vollendeten 20. Lebensjahre und dauert 20 Jahre hiervon 2 Jahre aktive Dienstpflicht) für die Infanterie und die Trainmannschaft, 18. Jahre (hiervon 3 Jahre aktive Dienstpflicht) für die übrigen Waffen der Landarmee sowie für die Gendarmerie und die Musik und 10 Jahre hiervon 5 Jahre aktiver Dienstpflicht) für die Marine. Die Landsturmpflicht bei allen Waffen dauert bis zum vollendeten 45. Lebensjahre, wobei die in den Landsturm eingereihte Marinemannschaft als Landsturm der Infanterie betrachtet wird.
Der italienische Botschafter Garroni hatte gestern eine Besprechung mit dem Großwesir Halim Pascha und dem Minister des Innern Talaat Bey.
— Die weitere Fortsetzung der Enthüllungen des „Tanin“ in der Verschwörungsangelegenheit enthält die Korrespondenz Midhat Effendis mit der Zentrale der geheimen Vereinigung in Paris über die Einzel⸗ 3 der Aktion in Athen und über die an derselben beteiligten Personen, erzählt auch, daß Midhat auf der Reise von Konstanza nach Athen bei der Durchfahrt durch Konstantinope! an Bord eines Schiffes den Besuch des früheren Deputierten von Ipek, Hafiz Ibrahim empfing und diesem den Vorschlag machte, ihn in dem Kampfe gegen die Opposition zu unterstützen, die gegen die Tür kei arbeite, insbesondere in dem Zeitpunkte, wo ein neuer Krieg zwischen der Türkei und Griechenland auszubrechen drohe. Ein anderes Mitglied der Vereinigung der frühere Deputierte Sabri flüchtete, nachdem er vergebens versucht hatte, die Ver⸗ einigung zu einer Verständigung mit dem Komitee für Einheit und Fortschritt zu überreden, nach Bosnien und ließ sich dort nieder, anstatt nach Aegypten zu reisen, wohin er im Auftrag der Vereinigung entsandt worden war. Die Vorschläge Sabris wurden von Scherif Pascha verworfen, weil dieser gerade damals aus Aegypten von Sadik, der sich mit dem Präsidenten des revolutionären armenischen Komitees Sabah Gulian in Ver⸗ bindung gesetzt hatte, ermutigende Nachrichten erhalten hatte. Sadik kam mit Sabah Gulian überein, daß dieser Emissäre nach Konstantinopel entsende, die einen Aufstand anstiften, gegen die Pforte, das Kriegsministerium und die Polizeidirektion einen Anschlag unternehmen, die vor⸗ nehmsten Mitglieder des Komitees für Einheit und Jort⸗ schritt töten und die Regierung in die Hand nehmen sollten. Zum Lohne dafür sollte Sabah Gulian zum Finanzminister ernannt werden. Er verlangte jedoch außerdem Geld. Sadik wandte sich damals an Lord Kitchener, der erklärte, er könne nicht Geld vorweg geben. Er würde jedoch 20 000 Pfd. Sterl. zahlen, wenn man Talaat Bey töten würde, und nach getaner Arbeit weitere Summen. Nun ging man an die Arbeit. Die Emissäre des armenischen Komitees verkehrten in dem Pariser Haus Midhats, des Vertrauensmanns des türkischen Komitees, der nach Konstantinopel kommen sollte, um dort eine Filiale zu gründen, tatsächlich aber Agent der türkischen Polizei war und nun die Ent⸗ hüllungen macht. Als Midhat noch in Paris weilte, kam der Führer des armenischen Komitees mit den Emissären nach Konstantinopel, ohne daß die Polizei von deren Anwesenheit etwas erfuhr. Schließlich wurden die Verschwörer entdeckt und, nachdem Sabah Gulian geschrieben hatte, man müsse endlich Talaat Bey töten, um 20 000 Pfund Sterling zu bekommen, ver haftet und dem Kriegsgerichte überantwortet.
Griechenland.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ wird von maß⸗ gebender Seite mitgeteilt, daß zwischen dem Dreiverband und der griechischen Regierung kein Uebereinkommen bezüglich eines Heraustretens Griechenlands aus der Neu⸗ tralilät zugunsten dieser Mächtegruppe erzielt worden sei, da diese Mächtegruppe nicht die erwünschten Garantien zu geben imstande wäre. Aus dieser Tatsache ergebe sich ein ferneres Beibehalten der Neutralität Griechenlands.
Amerika.
Das amerikanische Kabinett beriet über die deutsche
in der mitgeteilt wurde, daß die deutschen U⸗Boote den
haben, neutralen Schiffen in der Kriegszone keinen
Schaden zuzufügen und daß Deutschland für die Beschädigung
solcher Schiffe Schadenersatz leisten will, daß aber neutrale
Schiffe mit Konterbandeladung nach dem Seekriegsgesetz be— handelt werden würden.
Kriegsnachrichten. Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 12. Mai, (W T. B Feind⸗ liche Flieger bewarfen gestern die belgische Stadt Brügge mit Bomben ohne militärischen Schaden anzurichten. Oestlich von Ypern nahmen wir eine wichtige, von schottischen Hoch⸗ ländern verteidigte Höhe. Dünkirchen wurde weiter von ung unter . gehalten. Oestlich Dixmuiden schossen wir ein englisches Flugzeug ab. Die zwischen Carency und
rößert sich von Tag zu Tag.
lin der Gegend nördlich von Arras) von unzosen in den letzten Tagen genommenen Gräben in ihrem Besitz. Im übrigen waren auch ä alle Durchbruchsversuche des Feindes anbei; seine Angriffe richteten sich hauptsächlich gegen rg S iellungen östlich und südöstlich von Verm elles, gegen er oh he, die Orte Ablain, Careney sowie gegen Stellungen nördlich und nordöstlich von Arras. Sämt⸗ e Torstöße brachen unter den schwersten Verlusten den Feind zusammen. Ein Versuch des Gegners, uns arkmannsweilerkopf wieder zu entreißen, scheiterte. ö slarker Artillerievorbereitung drangen französische Alpen⸗ hier zwar in unser auf der Kuppe gelegenes Blockhaus sie wurden aber sofort wieder hinausgeworfen. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 13. Mai. (B. T. B) lich pern nahmen wir einen weiteren feindlichen Stütze
Am Nachmittage wurden starke französische griffe gegen unsere Front Ablain - Neuville unter ver sten Verlusten für den Feind abgewiesen. s infolge des Festsetzens der Franzosen in unseren vorderen Eben zwischen Neuville und Fareney zum größten sie umfaßte Dorf Careney sowie der Westteil von blain wurden jedoch in der vergangenen Nacht geräumt. ider ist auch dabei wieder eine Anzahl unserer braven nie und Material verloren gegangen. Französische Ver— he, das von uns nordwestlich Berry⸗au⸗Bac in den albungen südlich Ville au Bois genommene Graben— s wieder zu gewinnen, blieben erfolglos. Nach starker sllerievorbereitung griff der Feind gestern abend unsere elungen zwischen Maas und Mosel bei Croix z Carmes an. Es gelang ihm, in einer Breite 150 bis 200 i in unsere vordersten Gräben einzudringen. erbitterten Nahkämpfen wurden unsere Stellungen jedoch der völlig von den Franzosen gesäubert, eine Anzahl Ge— gener blieb in unseren Händen. Zwei französische Block⸗ hier auf dem Westhange des Hartmannsweilerkopfes sden von unserer Artillerie zusammengeschossen.
Oberste Heeresleitung.
Destlicher Kriegsschauplatz.
Berlin, 13. Mai. (W. T. B.) Aus dem Großen auptquartier wird uns geschrieben:
Zwei amtliche russische Berichte vom 12. Mai wagen es, heblich zur Aufklärung der öffentlichen Meinung in den neutralen aaten, die Erfolge der verbündeten deutschen und serreichisch ungarischen Heere abzuleugnen. Wir möchten ht unterlassen, diese Versuche niedriger zu hängen. Sie sind ö so komischer und unverfrorener, als heute, am zwölsien ige nachdem die verbündeten Truppen die russischen Stellungen bei orlice= Tarnow angriffen, ihre Bataillone 150 km weiter östlich uagteren San vor Jaros au, Prjemysl und Dobromil steben, und
ganze russische Karparthenarmee südlich davon aus einer Frent n mehr als 120 Km Breite eiligst nach Mordosten flüchtet. Als riosum sei noch erwähnt, daß der Kommandeur der in dem einen ericht besonders erwähnten tapferen 48. Infanteriedivision seit stern sich auf dem Transport nach dem Innein Oesterreichs be⸗ * er wurde von den Begleitleuten tiner Munitionskolonne auf; griffen.
Großes Hauptquartier, 12. Mai. (W. T. B.) Bei zawle ist ein noch unentschiedenes Gefecht im Gange. An r Bzura wurde ein russisches Bataillon, das einen Versuch m Ueberschreiten des Flusses machte, vernichtet.
Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 13. Mai. (W. T. B) D age ist unverändert; der Kampf bei Szawle steht noch. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 12. Mai. (W. T. B.) Unsere erfolgung zwischen Karpathen und Weichsel ist in vollem uge geblieben. Dem Feinde wurde auf der ganzen Front setterhin schwerer Ab bruch getan. So nahm ein Bataillon
Es 4. Garderegiments zu Fuß allein 14 Offiziere (darunter nen Oberst), 4500 Mann gefangen und erbeutete 4 Ge⸗ hütze, eine, bespannte Mafchinengewehrkompagnie und eine agage. Die verbündeten Truppen überschritten den an zwischen Sanok und Dynom. Weiter nordwestlich reichten sie die Gegend von Rzes zow⸗Mielec. Die in den
karpathen beiderseits des Stryj kämpfenden Truppen zarfen den Feind aus seinen Stellungen. Oberste Heeresleitung.
WVien, 12. Mai. (W. T. B. Amtlich wird gemeldet: ie Niederlage der russischen 3. und 8. Armee ver⸗ 1066 In regellosen Kolonnen, eil in Auflösung, fluten die russischen Truppen und Trains ieser Armeen in den Richtungen auf Jaroslau, Przemysl md Chyrow zurück. Die aus dem Raume Sanok-Lisko ach Ost flüchtenden starken feindlichen Kräfte werden von Süden zer durch die über Baligrod und Polana vorgedrungenen eigenen Felonnen angegriffen. Die siegreichen Truppen haben in weiterer Herfolgung die untere Wisloka überschritten, Rzeszow robert. Dynow, Sanok und Lisko sind in unserem Besitz. Durch den bisherigen außerordentlichen
olg in West⸗ und Mittelgalizien beginnt nun auch die ussische Karpathenfront östlich des Uzsokerpasses u wanken. Deutsche und österreichisch-ungarische Truppen ind nun auch hier auf der ganzen Front im Angriff, der jseind im Raume bei Turka, im Orawa⸗ und Oportale im Rückzuge. Nördlich der Weichsel sind unsere Truppen lber die Nida vorgedrungen. In Südostgalizien ind starke russische Kräfte über den Dujestr in Richtung auf Forodenka vorgestoßen. Zaleszeyki wurde von uns ge— äumt. Die Kämpfe dauern fort.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptguartier, 13. Mai. (WB. T. B.) Die Heeresgruppe des Generalobersten von Mackensen erreichte fern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am San⸗ mncut (am unteren Wislol) Kolbuszowa nor döstlich zebica). Unter der Einwirkung dieses Vordringens weichen äe Runsen auch aus ihren Stellungen nördlich der Deich fel; dort gelangten die Truppen des Generalobersten don Woyrsch, dem Feinde dichtanf folgend, bis in die
gend südlich und norbwestlich von Kiel ee. In den Kar⸗ dath en erkämpften österreichlsch⸗ ungarische und, deutsche Truppen unter General von Linsingen die Höhen zslich des oberen Stryj; sie nahmen dabei 3650 Nann gefangen und erbeuteten 6 Maschinengewehre.
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Jetzt, wo die Armeen des Generalobersten von Mackensen
sich der Festung Przemysl und dem unteren San nähern, läßt sich ein annäherndes Bild der Siegegsbeute aus der Schlacht von Gorlice und Tarnow und den daran anschließenden Verfolgungs kämpfen geben. Diese Armeen haben bisher 1063599 Russen zu Gefangenen gemacht, 69 Geschütze und 255 Maschinengewehre mit stürmender Hand erobert. In diese Zahlen ist die Ausbeute der in den Karpathen und nördlich der Weichsel kämpfenden verbündeten Truppen nicht einbegriffen, die sich auf weit über 40000 Gefangene beläuft. Oberste Heeresleitung.
Wien, 15. Mai. (W. T. B) Amtlich wird gemeldet: Die in den November⸗ und Dezemberschlachten von Lodz und Limanowa erfochtenen Siege der verbündeten deutschen und österreichisch ungarischen Truppen zwangen die damals russische Front in Polen und Westgalizien in einer Ausdehnung von nahezu 400 km zum Rückzug. Damals zerschellte der vom Feinde geplante Vormarsch nach Deutschland an der er⸗ probten Schlagkraft der treu verbündeten Truppen. Vom Januar 1915 bis Mitte April haben die Russen ihre Ueber⸗ macht vergeblich aufgeboten, um über die Karpathen nach Ungarn einzubrechen. Unter ungeheuren Ver⸗ lusten ist dieser Pan an dem Heldenmut und der Beharrlich⸗ keit unserer Truppen in monatelangen erbitterien Kämpfen vollkommen gescheitert. Damit war der Zeitpunkt gekommen, mit den machtvoll vereinten Truppen beider Reiche den Feind im gemeinsamen Angriff niederzuringen. Der Sieg von Tarnow und Gorlice hat nicht nur Westgalizien vom Feinde befreit, sondern auch die ganze russische Nidafront und Karpathenfront zum Weichen gebracht. In Aus⸗ nutzung des ersten Erfolges haben die siegreichen Truppen in zehntägigen Kämpfen die russische dritte und achte Armee bis zur Vernichtung geschlagen, den Raum vom Dunajec und den Beskiden bis an den San durcheilt, dadurch 130 km heimatlichen Bodens erkämpft. Reiche Beute fiel in die Hände der Sieger. Vom 2. bis zum 12. Mai Nachmittags beträgt die Gesamtsumme der von allen Armeen eingebrachlen Gefangenen 143599 Mann, ferner etwa 106 Geschütze und 3590 Maschinengewehre. Hinzu kommen noch alle jene, die, durch die Ereignisse überrascht, den Anschluß an die zurückgehenden Truppen versäumten und in den Wäldern der Karpathen vereinzelt umherirren. So hat sich der Stab der russischen 48. Infanterie truppen⸗ division mit dem General der Infanterie Korniloff gestern im Rücken unserer Armee bei Odrzechowa unseren Truppen ergeben. Das Maß der Zerrüttung beim Rückfluten des Feindes kennzeichnet sich dadurch, daß unser neuntes Korps in den letzten drei Tagen durcheinander ge⸗ würfelte Mannschaften von 51 russischen Regimentern ge⸗ fangen nahm. Die seit Monaten vom Feinde aufgestapelten Ausrüstungen, Vorräte aller Art, Munition und sonstiges Kriegsmaterial' blieben beim raschen Vordringen der Verfolger in den russischen Etappenstationen zurück und werden erst jetzt gesammelt werden können. Nördlich der Weichsel dringen österreichisch⸗ungarische Truppen über Stopnick vor. Deutsche Truppen haben die Gouvernementshauptstadt Kielce erobert. DOestlich des Uzsoker Passes erstürmten deutsche und Honvedtruppen geftern mehrere Höhenstellungen der Russen, drangen bis südlich Turka vor und machten 4000 Mann zu Gefangenen. Der Angriff wird hier und in der Richtung auf Skole fort⸗ gesetz. In Südostgalizien greifen starke feindliche Truppen über Horodenka an.
Schließlich sei erwähnt, daß die russischen Communiquès der letzten Tage, sichtlich bemüht, unsere und die deutschen Er⸗ folge abzuschwächen, alles verneinen und als absichtlich falsch wiedergegeben bezeichnen. Dies ist ein schlagender Beweis für die Größe der russischen Niederlage, denn sie verwirrt nun nicht allein die Aktionen der Truppen am Schlachtfelde, sondern auch die offizielle Berichterstaltung der obersten russischen Heeresleitung.
Der Stellvertreter des Cheftz des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Der Krieg zur See.
New York, 12. Mai. (W. T. B) Privatnachrichten zufolge haben sich auf der „Falaba“ hundert englische Offiziere befunden, die nach Kamerun wollten.
M 3* (W. ö
London, 13. Mai. T. B.) Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, teilt die Admiralität mit, daß Die „Barbados“, „Columbia“, „Miura“ und „Chirsit“ am 1. Mai von zwei deutschen Torpedobaoten an⸗ gegriffen worden sind. Das Gefecht dauerte 15 Minuten, worauf sich der Feind zurückzog. Der Weg, den die Torpedo⸗ boote einschlugen, wurde den britischen Zerstörern signalisiert, die sie verfolgten und vernichteten. Die „Columbia“ war in zwischen mit 16 Offizieren und den Mannschaften gesunken. Wie wir bereits unterm 2. Mai berichteten, ist damals nach einer Angabe der englischen Admiralität der größte Teil der Besatzungen der beiden Vorpostenboote gerettet worden.)
Der Krieg in den Kolonien.
London, 13. Mai. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ verbreilet nachstehende amtliche Meldung aus Kapstadt: General Botha ist gestern mittag in Windhuk ein⸗ marschiert, ohne Widerstand zu finden. Er hat die englische Flagge auf dem Rathause gehißt. Ungefähr 3000 Europäer und 12 0090 Eingeborene wurden in der Stadt vorgefunden.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
St. Peters burg, 12. Mai. (W. T. B. Der Generalstab teilt mit: Am 10. Mai wechselte die Schwarze Meerflotte nach einer Beschießung der Forts am Bosporus einige Schüsse mit dem Kreuzer „Goeben“, der mehrere Male getroffen wurde und sich eilig aus der Kampfzone zurückzog.
Konstantinopel, 12. Mai. (B. T. B.) Das Große Hauptquartier gibt bekannt: An der Dardanellenfront hat keine wichtige Kampfhandlung stattgefunden. Nur das schwache Geschütz und Gewehrfeuer dauert an, Ein Teil unserer Batterien nahm bei Ari Burnu die Nachhuten und Landungs⸗ stellen des Feindes unter Feuer. Als der englische Kreuzer „Implacable“ vorgestern erfolglos unsere anatolischen Batterien am Eingange der Meerenge beschoß, wurde er von
vier türkischen Granaten getroffen, worauf er sich zurückzog. An der kaukasischen Front wurden mit über⸗ legenen Kräften ausgeführte Angriffe der Russen in der Gegend von Olty von unseren Vorposten vollkommen ab⸗ gefchölagen. Wir unternahmen Gegenangriffe und be⸗ mächtigten uns dabei beherrschender Höhen. Von den übrigen Kampffronten ist nichts Wichtiges zu melden.
Konstantinopel, 13. Mai. (W. T. B) Das Große Hauptquartier gibt bekannt: An der Dardanellenfront hat sich zu Lande nichts Wichtiges ereignet. Heute vormittag hat ein Teil unserer Flotte ein englisches Panzerschiff angegriffen, das sich in der Nähe des Hafens von Morto bei dem Eingang der Dardanellen befand. Dieses Panzerschiff wurde an drei Stellen von Geschossen getroffen: an der Brücke des Kommandanten, in der Mitte und achtern. Es sank so⸗ fort. Auf den übrigen Kriegsschauplätzen hat sich nichts Wesentliches ereignet.
Statistik und Bolkswirtschaft.
Statistische Mitteilungen aus Breslau.
Der Magistrat der Stadt Breslau bat vor kurzem seinen Ver⸗ waltungs bericht für die drei Rechnungsjahre vom 1. April 1910 bis 31. März 1913 veröffentlicht (XIX und 11638 Seiten), der nicht nur hinsichtlich des kommunalen Finanz⸗ und Wirtschaftswesens, sondern auch bezüglich aller der Wohlfahrt, Gemeinnützigkeit und Fürsorge gewidmeten Bestrebungen ein Splegelbild der Entwicklung gibt und eine Fülle wertwoller Mitteilungen und stattstischer Angaben über die Arbest der städtischen Verwaltung enthält.
Breslau hatte am J. Dezemi er 1910 eine orte anwesende Bevöl⸗ kerung von 512 195 Köpfen gegen 479 904 i. J. 1905, 422 709 1. J. 1900, 335 186 i. J. 1890, 239 050 i. J. 1875. Bis Ende 1911 stieg die fortgeschriebene Bevölkerungszahl auf 526 175, bis Ende 1912 auf 536 437. Pon der am 1. Bezember 1910 gezäblten Bevölkerung waren 303 378 Einwohner oder 592 ο (gegen 569 * i. J. 1899) evangelisch, 183 542 oder 359 90 (gegen 374 *) römisch⸗katholisch, 3174 oder 6e (gegen 4 0 andere Christen, 20212 oder 39 00 (gegen 53 00 Israeliten und 1799 oder 47½ο0 Andere. 501 596 Ein⸗ wohner sprachen nur deutsch, 5440 nur volnisch, 3400 deutsch und polnisch, 5171 sprachen nur polntsch, waren aber der deutschen Sprache mächtig; der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig waren im ganzen nur 188 Personen, also noch nicht 1 unter 1000. Von der am 1. Dejember 1910 ortsanwesenden Bevölkerung stammten 235 521 Personen oder 460 c½ο aus Breslau, 220 819 oder 432 aus dem übrigen Schlesien, 39 014 oder 77 7M aus dem übrigen Preußen, 8355 oder 1690 aus anderen deutschen Staaten und 7910 oder j5 o aus dem Auslande; 175 272 Einwohner Breslaus oder 343 5, waren in Landgemeinden oder Gutsbezirken geboren. Nach den Angaben über die Bevölkerungsbewegung wurden im Jahre 1910 13937, i. J. 1911 13 969, i. J. 1912 13961 Kinder lebend geboren; einschlteßlich der Totgeburten kamen auf 1000 der mittleren Be⸗ völkerung 19110 285, 1911 27. und 1912 27,3 Geburten (darunter 6 bejw. 53 und 6 unebe liche) Gestorben sind (inschließlich der Orta⸗ fremden 1. J. 1910 9675, 4. J. 1911 10128 und t. F 1915 9753 Personen, d. s. auf 16 000 der mittleren Bevölkerung 191 bezw. 195 und 184 (obne die in Breslau gestorbenen Ortsfremden auf je 10000 der Bevölkerung 173 bezw. 176 und 164).
Staatssseuen zahler waren von je 1000 der Bevölkerung Breslaus im Jabre 1910 207, i. J. 1911 227, 1. J. 1912 244, i. 8 Sie und ihre Angebörigen machten zusammen in den vier Jahren 572, 632, 672, 673 oοο der Bevöikerung aus, während 421, 368, 328, 327 ooo der Bevsiterung steuerfrei waren, allo ein Einkommen von nicht über g00 hatten. Von je 1609 Steuerzablern ver⸗ steuerten ein jähiliches Emkommen von über 900 bis 3000 M im Jahre 1910 813, i. F. 1911 827, i. J. 1912 833, i. J. 1913 eben- falls 833, ein jährliches Einkommen von mehr als 3000 1 137,
73, 167, 167. Die Zahl der Steuerfreien nahm in dem Zeit⸗ raum von 1910 bis 1933 um 43 859 oder 201 O ab, dagegen die der Steuerpflichtigen um 58 765 oder 19 0 zu, unter diesen die Zabl der Z⸗nsiten mit Einkommen von über 900 bis 3000 M6 um 23 89a oder 0.4 6 und Tie der Zensiten mit Einkommen von mehr als 3600 , um 2462 oder 1386/9. Das Einkommen der steuer— pflichtigen Bevölterung Bree laus flieg von 273 3364 Millionen Mark im Jahre 1910 auf 325 3 Millionen Mark im Jahre 1913, d. i. um I9,0 o (in den Einfommensstufen von über go0 bis 3000 46 um 2953 /o, in denen über 3000 46 um 11,0 00). Dagegen ging das steuer⸗ pflichtige Durch nichnittscinkommen eines Steuerzablers der Einkommen s siufen 800-3000 M in derfelten Zeit von 1508 auf 1398 6 und
asjenige eines Steuerzablers der Einkommensstusen über 3000 4 von 8019 auf S882 , das steuerpflichtige Durchschnittseinkommen eines Steuerzablers überhaupt von 2828 auf 2644 M, das auf den Kopf der Steuerpflichtigen (Zensiten nebit Angehörigen) entfallende steuervflichtige Sinkommen von gl13 auf 898 M zurück
Bie Spareinlagen bei der städtischen Spar kasse erhähten si 85 1565 195 , am 1. April 1910 auf 85 417 317 * am 31. März 1913, d. ji. um 11260 819 4, die Zabl der Sparbücher (Sparkonten in diefen diei Jahren von 250 883 auf 267 488, also um 29 657 Dle Zunahme an Kapital und Sparbüchern hat sich damit auf gleicher Höhe gehalten wie in den vorangegangenen drei Jahren.
Von Interesse sind auch die Angaben über den Verbrauch von Lebens⸗ und Genußmitteln. Nachdem am 1. April 1910 die von der Gemeinde bis dahin erhobene Vieh- und Fleischsteuer und mit ihr die Wild⸗ und Geflügelsteuer weggefallen ist, kann der Fleischverbrauch nicht mehr wie früher berechnet werden, da die Einfuhr und die Aus—⸗ fuhr von frischem Fleisch, Wurstwaren, geräuchertem Fleisch usw. gänzlich unbekannt bleiben. Es ist daher sei dem nur die Menge des im städtischen Schlachthofe ausgeschlachteten Fleisches unter Zugrundelegung von Durchschnittsgewichten der ein⸗ zelnen Viehgattungen berechnet. Danach sind an Rind⸗ Schweine,, Kalb⸗ und Schaffleisch ausgeschlachtet won den im Rech⸗ nurge fahre 1919 25 965 967 kg, t. J. 1911 27 562 362 und —̃ 19135 25 715 963 kg, auf den Kopf der mittleren Bedölkerung 21 as bezw. 52,13 und 48,7 kg, nämlich an Rindfleisch 170 bezw. 1713 und 16,01 kg, an Schweinefleisch 28,14 bezw. 303. und 27,236 kg, an Kalbfleisch 12a beim 4, und 3,3 kg und an Schaffleisch 1 bezw. 12 und 14 k. Der Bierverbrauch in Bree lau betrug auf den Kopf der Bevöotterung im Rechnungsjahre 19190 102, ö und i. J. 1912 103 1.
Die Kosten der öffentlichen Armenpflege der Stadt (also ohne die von ihr anderen Armen und Untkerstützungsanstalten oder vereinen jugewendeten Summen) stellten sich im Nechnunge jahre 1919 auf 3551 203 „, i. J. 1911 auf 3 979 677 und i. J. 1912 auf 4 185297 S6, wozu ein Kämmereizuschuß von 2 890 509 bezw. 5 257 661 und 3 363 262 S erforderlich war. Auf den Kopf der mütfleren Bevölkerung ergaben sich für die srärtische Armenpflege in den drei Rechnungsjahren 1910, 1911 und 1812 an gesamten Aus⸗ gaben 6, os bezw. 7, und Tes 4M, an barem Kämmereizuschusse H, es bejw. 6,23 und 6, n „S. Vie durchschnittliche ZabJ der Almosen⸗ genossen betrug 1910 6957, 1911 7987 und 1912 8407. der durch⸗ schnittliche Jahresbetrag des einer laufend unterstützten Familie oder Einzelperson gewährten Almoseng 95,17 bezw. S6,es und S5s,co 4.
Kunsft und Wissenschaft.
Dem „Temps“ zufolge hat die Socisté des Auteurs et Comp ositesurs Bramatiqdues in Paris alle deutschen, öster⸗ reichischen und ungartschen Mitglieder, darunter Gerhart Saupt. mann, Sudermann und Siegfried Wagner, aus ihren Listen ge—
strichen.