gierung zu einer Mäßigung ihrer Ansprüche zu bewegen, deren be— dingungslose Annahme die berechtigten Interessen und auch die Würde der österreichisch ungagrischen Monarchie schwer verletzt hätte.
; Während dice Verhandlungen noch schwebten, gab der n, . Botschafter in Wien am 4. Mai der österreichisch⸗ ungarischen Re⸗ gierung unerwartet die Erklärung ab, daß Italien den Bündnisvertrag mit Desterreich Ungarn als durch dessen Vorgehen gegen Serbien im August vorigen Jahres gebrochen ansehe— Here n, erklärte der Botschafter, daß er alle von seiner Regierung bis dahin gemachten An⸗ gebote zurückziehe. Diese sogenannte Kündigung des noch bis 1920 laufenden Vertrages ging also bis in die kritischen Julitage des vorigen Jahres zurück und stand in Widerspruch nicht nur mit wohlwollenden und freundschaftlichen Erklärungen des Königs von Italien vom August 1914 und seiner damaligen Regierung, sondern auch mit den inzwischen von der gegenwärtigen italienischen Regierung auf den Artikel VII des Vertrags künstlich⸗ aufgebauten Kompensations⸗ ansprüchen. Es muß dahingestellt bleiben, ob die maßgebenden Per⸗ sonen des italienischen Kabinetts bei dieser Schwenkung einer in⸗ zwischen durch geheime Abreden verstärkten Hinneigung zu den Fein⸗ den der mit Italien Verbündeten folgten oder ob sie dem Drucke der öffentlichen Meinung nachgaben, die sich unter dem fortgesetzten An— feuern der im fremden Solde stehenden Blätter immer mehr gegen die Zentralmächte erhitzt hatte. Dem Deutschen Reich gegenüber be⸗ schränkte sich die italienische Regierung darauf, die in Wien am 4. Mai abgegebene Erklärung in Berlin zur Kenntnis mitzuteilen.
Ein letzter Versuch, den Uebertritt des bisherigen Bundesgenossen in das feindliche Lager zu verhindern, wurde am 10. Mai mit den noch beträchtlich erweiterten Zusagen der österreichisch⸗ungarischen Re⸗ gierung gemacht, die der Reichskanzler am 18. Mai im Reichstage verlesen hat.
Soweit der geschichtliche Hergang. Nach dieser sachlichen Dar⸗ legung wird kein Grünbuch etwas daran ändern können, daß, wenn die italienische Regierung zu den Waffen gegen die bisherigen Bundes— genossen riefe, sie dies unter Bruch von Treu und Glauben und um einen Machtzuwachs tun würde, der dem ätalienischen Volke mit allen möglichen Garantien freiwillig und ohne Blutvergießen dargeboten war.
Der Bundesrat hat am 20. Mai 1915 folgende Ver⸗ ordnung, betreffend Aenderung der Verordnungen über Zahlungsfristen erlassen:
Artikel l
Die Verordnung über die gerichtliche Bewilligung von Zahlungs—⸗ fristen vom 7. Aurust 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 359) wurd dahin geändert: .
I) Hinter 5 1 wird folgender 8 1a elngestellt:
Im Mahnverfahren kann der Schuldner für eine Forderung, die er anerkennt, die Bestimmung einer Zahlungsfrist beantragen, solange der Vollstreckunge befehl noch nicht verfügt ist; die Dauer der Frist ist in dem Antrage zu bezeichnen. Abschrift des Antrags ist dem Gläu— biger zuzustellen. Erklärt er sich mit der Bestimmung der beantragten Frist einv 1istanden, so ist in dem Vollstreckungsbefehle die Voll- streckung von dem Ablaufe der Frist abhängig zu machen. Ver— welgert er die Zustimmunz, so gilt der Antrag des Schuldners als Widerspruch gegen den Zahlungebefebl.
Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Zahlungebefehl erlassen ist. . .
2) Als 1b wird folgende Vorschrift eingestellt:
Wird ein Anerkenntnisurteil nur wegen der Zahlungsfrist an— gefochten, so erfolgt die Anfechtung durch sofortige Beschwerde.
3) An die Stelle des 5 2 tritt folgende Vorschrift:
Auf Antrag des Schuldners kann das Amtsgericht, bei dem der Gläubiger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, für eine Forderung, die der Schuldner anerlennt, eine Zahlungsfrist bewilligen. Die Ent⸗ scheidung, die ohne vorgängige mündliche Verhandlung ergehen kann, erlolgt durch Beschluß. Por der Entscheidung ist der Gläubiger zu hörten. Der Antrag ist abzulehnen, wenn die Forderung rechtshängig oder volltzreckbar it. In dem Beschlusse, durch den die Zahlungsfrist bewilligt wind, ist die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung der anerkannten Forderung auszusprechen. Die Vorschriften des 51 gelten entshrechend. . . Gegen den Heschluß findet sofortige Beschwerde statt. 1 4) Im §3 mird ͤ 3 a. im Abs. J als Satz 2 eingeschaltet:
. 1 z —
Die Einstellung ist auch vor dem Beginne der Voll-
streckung zulässig. b im Abs. 2 zwischen S§ 1 und ‚2“ eingeschaltet: „12 5) Im § 4 a. wid der Ahs. 2 gestrichen; b. werden als Abs. Z und 3 folgende Vorschriften eingefügt: Wird durch Endurteil über die Bewilligung einer Zablungstrist entschieden oder in einem Vergleich eine Zablungsfrist bewilligt, so bleiben für die Berechnung der Gerichts⸗ und Anwaltsgebübren die nur auf dle Zahblunge—⸗ frist sich beziehenden Verhandlungen und Eantscheidungen außer Betracht. In den Fällen der 55 2 und 3 betragen die Gerschts⸗ und Anwaltsgebühren zwei Zehnteile deg Satzes des 5 8 des Gexichtskostengesetzes und des 9 der Gebührenordnung für Rechtsgnwäste. Der Wert des Streitgegenstandes ist von dem Gerichte nach frelem Ermessen, höchstens jedoch auf den zwanzigsten Teil der Forderung sestzusetzen.
Artikel II Im 5§1 Abs. 3 der Verordnung über die Folgen der nicht recht⸗ zeitigen Zahlung einer Geldforderung vom 18. August 1914 (Reichs⸗ Geietzbl. S. 377) werden hinter den Worten „die Vorschristen des §z 2* die Worte eingeschaltet: und des 4 Abs. 2, 3.
Artikel III Die Verordnung, betreffend die Bewilligung von Zablungsfelsten bei Lyvotheken und Grundschulden, vom 22. Dezember 1914 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 543) wird dahin geändert: Im 52 wird a. dem Abs. 1 folgender Satz 2 angesügt: Die Einstellung kann mehrfach erfolgen; sie ist auch zulässig, wenn eine Zahlungsfrist bereits bestimmt ist. b. der Abs. 2 gestrichen.
Artikel 1V Soweit in Verordnungen auf Vorschriften verwiesen ist, die durch diese Verordnung außer Kraft gesetzt sind, treien an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften dieser Verordnung.
Artikel V Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Texte 1) der Verordnung über die gerichtliche Bewilligung von Zablunesfristen vom 7. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 359), der Verordnung über die Folgen der nicht rechtzeitigen Zablung einer Geldforderung vem 18. August 1914 (Reichs⸗ Gesetzbl S. 377), 3) der Verordnung, betreffend die Bewilligung von Zahlungs⸗ fristen bei Hypotheken und Grundschulden, vom 22. Ve—⸗ 3ember 1914 (Reichs, Gesetzbl. S. 543), wie ste sich au: den in dieser Verordnung vorgesehenen Aenderungen ergeben, und zwar die Verordnung vom 7. August 1914 unter fort⸗ jaufender Nummernfolge der Paragraphen, duich das Reicht, Gesetz⸗ blatt in der Weise bekanntzumachen, daß die Verweisungen auf Vor⸗ schriften der bezeickneten Verordnungen durch Veiweisungen auf die ntmprechenden Vorschriften der durch den Reichskanzler bekanntgemachten Tete zu ersetzen sind. Artikel VI
Viese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündurg in Kraft.
z 3 von Amis wesen .
Die Begründung, mit der die Verordnung dem Bundesrate vorgelegt worden ist, hat folgenden Wortlaut:
Die Verordnung des Bundesrats über bie gerichtliche Bewllli⸗ gung von Zahlungsfristen vom 7. August 1914 (Reiche⸗Gesetzbl. S. 3659) ermächligt im 5 1 das Prozeßgericht, dem Beklagten für eine vor dem 31. Juli 1914 entstandene Geldschuld eine Zahlungsfrist von längstens drei Monaten im Urteil zu bestimmen. Die Vorschrift setzt voraus, daß über die Forderung ein Prozeß schwebt. Um auch den Schuldner in den Stand zu setzen, von sich aus ein Verfahren zwecks Bewilligung einer Zablungsfrist in Gang zu bringen, ist im § 2 der Verordnung wetter bestimmt, daß der Schuldner unter Aneriennung der Forderung den Gläubiger vor das Amtegericht, bei dem dieser seinen allgemeinen Gerichtestand hat, zur Verhandlung über die Be⸗ stimmung einer Zahlungefcist laken kann; in dem auf Antrag des Gläubigers zu erlassenden Aneckenntnisurteil ist zugleich über die Zahlungsfrist zu erkennen. Diese Vorschrift beruht auf der Er⸗ wägung, daß der Schuldner oft — namentlich auch vor der Faͤlligkeit der Forderung — ein beachtliches Interesse daran haben kann, sich über den Zeispunkt, zu dem er zahlen muß, Gewißbeit zu verschaffen.
Während der 51 der Verordaung sich bewährt hat und in weitem Umfang zur Anwendung getommen ist, hat der 5 2 praktische Be—⸗ deutung kaum erlangt. Dles ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Entscheidung nach 5 2 nur in einem auf Antrag des Gläu⸗— bigers zu erlassenden Anerkenntnisurteil ergehen kann; der Gläubiger ist infolgedessen in der Lage, den vom Schuldner erstrebten Zweck
Antrags zu vereiteln. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich daraus, daß in allen Fällen eine mündliche Verhandlung vor Gericht er forderlich ist, und daß die Kosten des Verfahrens im Falle der Zuziehung von Anwälten eine erhebliche Höhe erreichen tönnen. Das Bedürfnis, den 5 2 in einer für die praktische Hand habung geeigneteren Weise umzugestalten, ist namentlich in An— sehung der Hypothekenforderungen hervorgetreten. Der Entwurf kommt diesem Bedürfnis entgegen. Er sieht an Stelle des 5 2 ein beschleunigtes und einfaches Beschlußverfahren vor, das ohne münd— liche Verhandlung zulässig ist und nur geringe Kosten verursacht (Artikel 1 Nr. 3, 5). Daneben sind einige weitere Veränderungen der Verordnung vom 7. August 1914 vorgeschlagen, die sich in der Praxis als zweckmäßig erwiesen haben; insbesondere ist der Rechts— müttelzug vereinfacht und für das Mahnverfahren die Möglichkeit ge⸗ schaffen, einem Fristgesuche des Schuldners bel Zustimmung des Gläubigers ohne Weirerungen zu entsprechen.
Die besonderen Verhältnisse der Grundbesitzer, insbesondere die Schwierigkeiten, mit denen die Beschaffung oder Verlängerung fällig gewordener Hypolhekenkapitalien verbunden ist, haben bereits Anlaß gegeben, in der Verordnung vom 22. Dezember 1914 (Reichs Gesetzbl. S. 543) die Höchstdauer der Zahlungsfrist für Hypotheken, und Grundschuldkapitalten auf 6 Monate heraufjusetzen. Eine Aenderung der wirtjchaftlichen Lage des Grundbesitzes ist sesther nicht eingetreten. Es erscheint deshalb geboten, für die in der Verordnung vom 22. De—⸗ zember 1914 bezeichneten Kapitalforderungen abweichend von der bis— herigen Regel eine mehrmalige Stundung — jedesmal mit der Höchstgrenze von 6 Monaten — zuzulassen (Artifel III). Unbillig—⸗ keiten gegenüber den Glaͤubigern sind hiervon nicht zu besorgen, da bei jeder weiteren Hinausschiebung der Zahlungspflicht von neuem zu prüfen ist, ob die Maßregel noch durch die Lage des Schuldners gerechtfertigt wird und dem Gläubiger keinen unverhältnismäßigen Nachteil bringt. —ͤ
Zu den einzelnen Vorschriften ist folgendes zu bemerken:
Zu Artikel 1 Nr. 1
Nach den in der Praxis gemachten Erfahrungen haben Schuldner im Mahnverfahren gegen einen Zahlungsbefehl oft nur zu dem Zwecke Widerspruch erhoben, um eine Zahrungsfrist zu erlangen. Da ein solcher Widerspruch nach 5 595 der Z3isilprozeßordnung den Zahlungs—⸗ befehl außer Kraft setzt, kann die weitere Verfolgung der Sache nur im streitigen Verfahren erfolgen. Die hierdurch verursachten Weite rungen und Kosten sind zwecklos, wenn der Gläubiger die er— betene Zahlungsfrist gewähren vill. Der Entwurf eröffnet deshalb einen Weg, auf dem ein vom Schuldner unter An— erkennung des Anspruchgs gestellter Antrag auf Bestimmung einer Zahlungsfrist im Mahnverfahren selbst erledigt werden kann. Der Antrag, der die Dauer der erbetenen Frist bezeichnen muß,
(9 690 der Fish. ze ßorkgun . der Antrag ist dem Gläu, sp eant der Gläubiger unter Bewilligung der erbetenen Frist den Erlaß des Vollstreckungsbefehls, so soll der Vollstreckungsbefehl mit der Maßgabe erteilt werden, daß die Vollstreckung erst nach Ablauf der Zahlungsfrist zulässig ist. Verweigert er die Zustimmung, so gilt der Antrag des Schuldners als Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl. Da die Bewilligung der Zahlungsfrist im Mahnberfahren nicht vom richterlichen Ermessen abhängt, das Gericht vielmehr nur eine ver— mitteinde Tätigkeit ausübt, so liegt kein Grund vor, die Vorschrift auf Forderungen zu beschränken, die vor dem 31. Juli 1914 entstanden sind, oder für die Dauer der Zahlungsfrist eine zeitliche Höchstgrenze zu bestimmen. Geht das Mahnverfahren demnächst in das ordentliche Verfahren über, so sind für die Entscheidung die Vorschriften des §1 der Verordnung allein maßgebend.
Zu Artikel 1 Nr. 2 Anerkéenntnisurteile erster Jastanz, in denen zugleich über Anträge auf Bewilligung einer Zahlungsfrist entschieden ist, sind zur Zeit mit der Herufung anfechtbar. Um dat Verfahren zu vereinfachen, siebt der 51h als Rechtsmittel die sofortige Beschwerde vor, sofern das Urteil nur wegen der Zahlungsfrist angefochten wird. Für die Frage, ob die Zulässtakeit der sofortigen Beschwerde davon abhängt, daß in der Sache selbst ein Rechtsmittel zulässig gewesen wäre, werden die in der Rechtsprechung für die Fälle des s 5 Abs. 3 der Zwilprozeß« ordnung entwickelten Grundsätze maßgebend sein können. Aus ihnen ergibt sich, daß sich das Anwendungsgebiet des 5 1b auf die Urteile der Amtegerichte und die erstinstanzlichen Urteile der Landgerichte be— schränkt, und daß gegen die in der Beschwerdeinstanz ergangenen Ent scheidungen eine weitere Beschwerde nichr stattfindet. Zu Artikel 1 Nr. 3
Dle Vorschrift ersetzt den bisherigen 5 2 der Verordnung vom J. August 1914. Der Antrag auf Bewilligung der Zablungsfrist ist nur zulässig, wenn die Forderung vor dem 31. Juli 1914 entstanden ist und vom Schuldner anerkannt wird. Die tatsächlichen Be⸗ hauytungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen (zu vergl. 3s 294 der Zivilprozeßordnungz. Die Enischeidung ersolgt durch Beschluß. Vorgängige mündliche Verhandlung ist nicht ge⸗ boten; doch ist der Gläubiger vor der Entscheidung zu hören. Ble Bestimmung, daß der Antrag abzulehnen ist, wenn die Forderung rechtshängtg oder vollstreckbar ist, soll vermeiden, daß das besondere Verfahren des z 2 auch da in Anspruch genommen wird, wo für die Erlangung der Zahlnngeftist der Weg der S§ 1 oder 3 offen steht.
Bewilligt das Gericht eine Zahlungsfrist, so hat es, was der Gläubiger ohnehin meist beantragen wird, in dem Beschlusse zugleich die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung der anerkannten Forderung auszusprechen. Nach Ablauf der Fiist ist aus dem Be⸗ schlusse gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 der Zwilprozeßordnung die Zwangsoellstreckung zulässig.
Als Rechtsmiltel gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts ist die sofortige Beschwerde vorgesehen; sie findet sowohl gegen die Be— wllligung, wie gegen die Ablehnung des Gesuchs statt.
Zu Artikel 1 Nr. 4
Nach 53 der Verordnung vom 7. August 1914 kann das Voll⸗ streckungsgericht die Vollstreckung in das Vermögen des Schuldners auf dessen Antrag auf die Vauer von längstens drei Monaten ein⸗ stellen. Oh dies schon vor dem Beginne der Zwanspollstreckung zu— lässig ist, wird in der Rechisprechung verschieden beurteilt. Den prattischen Bedürfnissen entspricht es, die Einstellung zujulassen, so⸗ bald ein vollstreckbarer Titel vorhanden und damit die Moglichkeit der Zwangevollstreckung gegeben ist. Eine entsprechende Ergänzung
des 5 3 erscheint daher zweckmäßig.
durch das Ausbleiben in dem Termin oder durch die Unterlassung des
6st . lange zuläs R s der Vollstreckungsbefehl noch nicht ver- . Häagt ist 3 t worden. Infolge
Zu Artikel 1 Nr. 5 ö
Die neuen Scleichterungen im Kostenpunkte beiiehen sich zunächst auf den Fall. daß in einem durch Endunteil oder Vergleich erledigten Rechtestreit Verhandlungen, Beweisaufnahmen oder Entscheidungen er. gangen sind, die lediglich die Zahlungsfrist betreffen. Ein solcher Fall ist z. B. gegeben, wenn der Schuldner die Forderung anerkennt und nur über die Frage der Zahlungsfrist streitig verhandelt wird. Es entspricht der überwiegenden Praxis, in Fällen dieser Art die nur auf die Zahlungsfrist bezjüglichen Maßnahmen für die Berechnung sowehl F., . wie der Anwaltsgebühren außer Betracht zu lassen
Weitere Kostenvorschriften sind durch das neue Verfahren des 52 notwendig geworden. Im Interesse der Verbilligung sind die Gerichts⸗ und Anwaltsgebühren für dieses Verfahren auf „m0 der im S 8 des Gerichtskostengesetzes und 9 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vorgesehenen Sätze bestimmt. Als weitere Erleichterung ist vorges hen, daß der Wert des Streitgegenstandes nicht nach dem Betrage der Forderung zu bestimmen, sondern vom Gerichte nach freiem Ermessen böchstens auf den zwanzigsten Teil der Folderung festzusetzen ist (8 4 Abs. 3). Die gleichen Kostenvorschriften sollen für das Ver= fahren vor dem Vollstreckungegerichte (5 3) gelten.
Zu Artikel 11
Dag neue Verfahren nach 5 2 der Verordnung vom 7. August 1914 findet auf die Fälle der Verordnung über die Folgen der micht 1echtzeitigen Zahlung einer Geldforderung vom 18. August 1914 (Reichs Gesetzbl. S. 377), wie sich aus 5 1 Abs. 3 dieser Verordnung ergibt, ohne weiteres entsprechende Anwendung. Durch die vor geschlagene Ergänzung der Verordnung vom 18. August 1914 werden auch die neuen Kostenvorschriften im 5 4 Abs. 2, 3 der Verordnung vom 7. August 1914 für entsprechend anwendbar erklärt.
Zu Artikel 111
Die Vorschrift in Nr. 2 ändert die Verordnung, betreffend die Bewilliquag von Zablungafristen bei Hypotheken und Grundschulden, vom 22. Dezember 1914 (Reichs. Gesetzbl. S. 543) dahln ab, daß die Einstellung der Zwangevollstreckung mehrmals zulässig ist und auch dann erfolgen kann, wenn im Prozeß oder in einem sonstigen Ver⸗ fahren eine Zahlungsfrist bereits bewilligt ist. Der 5 2 Abs. 2 der Verordnung ist dadurch entbehrlich geworden.
Trotz der vom Bundesrate angedrohten hohen Geld⸗ und Freiheitsstrafen sind, wie ‚W. T. B.“ mitteilt, besonders in den größeren Städten immer noch einzelne Spediteure und Lagerhalter mit der Anmeldung der in ihrem Gewahrsam befindlichen Futtermittel im Rückstande. Die Bezugs— vereinigung der deutschen Landwirte in Berlin W. 35 erfucht, diese noch ausstehenden Anmeldungen der einschlägigen Futter⸗ mittel unter genauer Angabe der Arten, Mengen und Eigen⸗ tümer zur Vermeidung der gesetzlichen Folgen nunmehr un⸗ verzüglich nachzuholen. Für Futtermittel, die im Eigentume eines Ausländers stehen, ist gemäß den Ausführungs⸗ bestimmungen vom 9. April d. J. von dem betreffenden Spediteur oder Lagerhalter sofort die Festsetzung des Ueber nahmepreises durch die Handelskammer zu erwirken und über das Ergebnis an die Bezugsvereinigung zu berichten.
Nach einer im Reichsversicherungsamt gefertigten Zu⸗ sammenstellung sind von den 31 Landesversicherungs⸗ anst alten und den 10 vorhandenen Sonderanstalten bis ein⸗ schließlich 31. März 1915 2394476 Invalidenrenten, 164920 Krankenrenten, 542 544 Altersrenten, 24479 Witwen- und Witwerrenten, 911 Witwenkrankenrenten, 88 704 Waisenrenten Rente an Waisenstamm), 42 Zusatzrenten bewilligt worden. Davon sind in dem letzten Kalendervierteljahre 23 926 In⸗ validenrenten, 2312 Krankenrenten, 3117 Altersrenten, 2558: Witwen⸗ und Witwerrenten, 112 Witwenkranken⸗ renten, 18583 Waisenrenten, 7 Zusatzrenten festgesetzt ü . Todes oder aus anderen Gründen sind bereits 1368 682 Invalidenrenten, 144 28 Krankenrenten, 458 917 Altersrenten, 1732 Witwen⸗ und Witwerrenten, 286 Witwenkrankenrenten, 6376 Waisenrenten, 13 Zusatz renten weggefallen, sodaß am 1. April 1915 noch 1025794 Invalidenrenten, 19992 Krankenrenten, S3 927 Al⸗ tersrenten 22747 Witwen⸗ und Witwerrenten, 625 Witwen⸗ krankenrenten,ů S2 328 Waisenrenten, 29 Zusatzrenten liefen. Danach hat sich im letzten Vierteljahre der Bestand an Krankenrenten um 861, an Witwen⸗ und Witwerrenten um 2072, an Witwenkrankenrenten um 67, an Waisenrenten um 17583, an Zusatzrenten um 4 erhöht und der Bestand an Invalidenrenten um 4008, an Altersrenten um 388 vermindert. Bis einschließlich 3 März 1915 ist Witwengeld in 28 705 Fällen (davon entfallen 6232 auf das letzte Vierteljahr) und Waisen⸗ aussteuer in 1751 Fällen (davon entfallen 296 auf das letzte Vierteljahr) bewilligt worden.
Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeiger“ liegen die Ausgaben 4938 und 499 der Deutschen Ver fust— li sten bei. Sie enthalten die 229. Verlustliste der prenßischen Armee, die, 183. Verlustliste der bayerischen Armee, die 149. Verlustliste der sächsischen Armee und die 183. Verlustliste der württembergischen Armee.
Großbritannien und Irland.
In der vorgestrigen in der Guildhall abgehaltenen Ver— samm lung, die einberufen worden war, um den Dominions, Indien und den Protektoraten für ihre Kriegshilfe Dank auszusprechen, herrschte große Begeisterung. Der Lordmayor und die Sheriffs erschienen in Gala, ihnen folgte das Kabinett, die Spitzen der Behörden und die Botschafter. Nach dem Gesang der Nationalhymne hielt der Lordmayor die Eröffnungsrede, darauf ergriff der Premierminister Asquith das Wort und sagte dem „Reuterschen Bureau“ zufolge:
Während London beinahe das Donnern der Kanonen hören könne, seien die Dominions weit vom Kriegsschauplatze entfernt und hätten wenig Angst vor einer Inpasion. Warum seien sie trotzdem ihrem Mutterland so zugetan und legten solche Opferwilligfett und Hingabe an den Tag und seien bereit, willig Beschwerden auf sich zu nehmen, ja selbst dem Tode ins Auge zu blicken. Das könne nicht durch egoistische Motive erklart werden. Der erste Grund hierfür sei die kluge und weitblickende Politik des Reichs. Wir gaben“, fuhr Asquith fort, längst die altmodische Auffassung auf, daß die Selhnverwaltung der Kolonien mit der Ginheitlichkeits des Reschs unvereinbar sei. Sie ist die beste Reichs polu. Die Reichs politik war hier und in den Kolonien seit Jahren nicht nur negatsp, sondern positiy aufbauend. Die Domintons würden lieber vernichtei werden, als die Treue gegen Großbritannien einer anderen Souperänsfät opfern, Wir und sie wurden uns in gleicher Weise bewußt, daß wir Mitglieder einer Gemeinschaft sind, die auf der ganzen Welt Unter derselben Flagge die Grundsätze der Freiheit und Grrechtigkett aufrecht
hält. Man hatte behauptet, daß die Dominions nicht für ung, sondern
e bre eigenen Ideale kämpfen. Das ist sebr richtig. Der Feind „ßsich, als er den Krieg mutwillig anfing, kaum eine Vo „ung dabon gemacht, was für Kräfte er in allen Teilen ter Welt wssessle, neo englisch gesprochen wird und die freien Tratitionen der cken Rasse in Flelsch und Blut übergegangen sind. Der Feind et bartnäckig jedes göttliche und menschliche Gesetz, sinkt von ift zu Stufe zu grenzenloser Schmach herab und ruft genen sich se Mächte und Ginflüässe wach, die unter dem freien Geiste der senschheit stehen, Wir besitzen mächtige Verbündete, die nicht niger gewaltig sind, weil die Augen sie nicht sehen. Unter ihnen met sich der unbesiegbare Geist der Menschhett.
Bonar Law erklärte, als die giftige Schlange los— dlassen, wäre kein anderes Mittel übrig geblieben, als sie zu urstßren. Das Britenreich sei das Gegenteil alles dessen, gosir der deutsche Militarismus sich einsetze. Er glaube, man abe keine richtige Vorstellung davon, was Indien für das heich getan habe. Es bestehe mehr Grund dafür, auf die zonane Begeisterung der indischen Fürsten und der indischen hepölkerung stolz zu sein, als seinerzeit auf die Eroberung ndiens. England hätte niemals davon geträumt, die kominions zu zwingen, dem Mutterlande zum Kriege Beiträge
seisen. Aber sie kämen ebenso freiwillig wie die Briten ö Hause.
— Im Unterhause erklärte die Arbeiterpartei, aß sie das Angebot Asquiths, im Kabinett vertreten zu sein, mehme.
— Die Blätter bringen ganzseitige Anzeigen, daß Lord sitchener neue Soldaten verlangt. Der Aufruf wird allen Straßenecken angeschlagen. Das Kriegsamt gibt ckannt, daß das Alter auf 40 Jahre erhöht, und die Körper⸗ räße auf fünf Fuß zwei Zoll herabgesetzt wird.
Frankreich.
Der Finanzminister hat dem „Temps“ zufolge in der ammer einen Gesetzentwurf auf Gewährung von Nach⸗ agskrediten in Höhe von 1100 Millionen Franken den provisorischen Budgetzwölfteln für das Rechnungsjahr 5 eingebracht. (Die Budgetzwölftel für das erste Halbjahr n 1915 betragen bekanntlich 81“ Milliarden.)
— Im Kammerausschuß gab der Ackerbauminister Da vid sführliche Erklärungen über den Ankauf von lebendem sieh und Gefrier fleisch im Auslande ab. Der Ausschuß hm die Vorschläge des Ministers an unter Hinweis auf die soiwendigkeit, lebendes Vieh zu kaufen, damit der nationale ziehbestand erhalten werde.
— In der am Mittwochabend im Palais Bourbon abge— altenen Sitzung der Kammergruppe der geeinigten bzialisten hatte der Deputierte Albert Thomas mitgeteilt, aß ihm von der französischen Regierung die Leitung des euzubildenden Unterstaatssekretariats des Krieges geboten worden sei. Nach dem Meinungsaustausch hierüber
langte die Gruppe zu der Ansicht, daß Thomas das Angebot nehmen solle. n ñ 1 Er sozialistische Deputierte Thomas zum Unterstaatssekretär
Die „Agence Havas“ meldet nunmehr, daß
's Krieges ernannt und in dieser Eigenschaft mit der Leitung r dritten Abteilung des Kriegsministeriums (Abteilung für Urtillerie und Militärausrüstung) betraut worden ist.
Italien.
Bei der gestrigen Eröffnung der Kammer waren der aal und die Tribünen dicht besetzt. Auf der Tribüne der jiplomaten bemerkte man die Botschafter der Ver⸗ nigten Staaten von Amerika, Englands, Frankreichs, lands“ und Japans. Alle hervorragenden Persön— chleiten des Parlaments waren anwesend, außer Giolitti.
mn 2 Uhr trat der Präsident Marcora, von stürmischem
eifall begrüßt, in den Saal und darnach unter lebhaften undgebungen und den Rufen: „Es lebe der Krieg!“ „Es be der König!“ der Ministerpräsident Salandra mit dem inister des Auswärtigen Sonn ino und den anderen Kabinetts⸗
itgliedern. 3. n Beendigung der Kundgebungen brachte der Minister—
äsident Salandra einen Gesetzentwurf ein, welcher der egierung für den Fall des Krieges außerordent⸗ che Befugnisse überträgt, und gab darauf, wie, W. T. B. eldet, folgende Erklärung der Regierung ab:
Seitdem Italien sich zur Staatseinheit erhob, hat es sich in der Belt der Nationen als ein Faktor der Mäßigung, der Eintracht und s Friedens bewährt. Und es kann stolz vor aller Welt verkünden, 5 es diese Aufgabe mit einer Festigkeit erfüllt hat, die sich nicht nmal vor den schmerzlichsten Opfern beugte. In der letzten Periode n mehr als 30 Jahren hielt es ein System von Bündnissen und teundschaften aufrecht, die hauptsächlich zum Zwecke hatten, auf diese tt das europäische Gleichgewicht und mit ihm den Frieden besser zu chern. Angesichts der Vornehmheit dieses Zieles ertrug Italien gar nicht allein die Mängel der Sicherheit seiner Grenzen und dnete diesem Ziele nicht nur seine heiligsten nationalen Wünsche hter, sondern es mußte auch mit unterdrücktem Schmerz den metho— sch angewandten Versuchen zusehen, den italienischen Charakter zu zterdrücken, welchen Natur und Geschichte diesen edlen Landen un⸗ uslöschlich aufgedrückt hatten.
Das Ultimatum, das im Jahre 1914 Oesterreich⸗Ungarn an erbien richtete, machte mit einem Schlage die Wirkungen unserer nge andauernden Anstrengungen zunichte, indem es ein Abkommen rletze, das uns mit diesem Oesterreich⸗Ungarn verband. Es ver⸗ tzztle dieses Abkommen durch das Verfahren, indem es unterlassen ar, mit uns, sei es eine vorgängige Verständigung zu treffen, oder us auch nur eine einfache Mitteilung zu machen, und verletzte es in er Sache, indem es darauf ausging, zu unserem Nachteile das mpfindliche System territorialer Besitzungen und Einflußsphären zu Hören, das sich auf der Balkanhalbinsel herausgebildet hatte. Aber lehr noch als der eine oder andere besondere Punkt wurde der ganze zeist verletzt und sogar unterdrückt, der diesen Vertrag erfüllte Denn ndem in der Welt der schrecklichste Krieg entfesselt wurde in direktem zegensatz mit unseren Interessen und unseren Gefühlen, wurde das Fleichgewicht zerstört, das das Bündnis sichern sollte, und es erhob sch tatsächlich, aber unwiderstehlich das Problem der nationalen Un⸗
* 3 i. 389 J ** . 5 1 rsehrtheit Italiens. Nichtsdestoweniger widmete sich die Regierung
kährend langer Monate geduldig der Aufgabe, eine Verständigung zu uchen, die dem Vertrage seine Daseinsberechtigung, die er sonst der⸗ dren hatte, wiedergeben sollte, Diese Verhandlungen mußten indessen ischränkt sein, nicht nur der Zeit nach, sondern auch durch die Würde, vorüber hinaus die gesamten Interessen und die Ehre unseres Landes loßgestellt worden wären. Infolgedessen, und um diese höchsten ziele aufrechtzuerhalten, sah die Königliche Regierung sich gezwungen,
der Kaiserlichen und Königlichen österreichisch⸗ungarischen Regierung am 4. Mai die Zurücknahme aller ihrer Vertragsporschläge, die Auf kündigung des Bundespertrages und die lungsfreiheit vorbehalte, zu notifizieren. Andererseits war es aber nicht mehr möglich, Italien in einer Isolierung ohne Sicherheit und ohne Ansehen zu lassen, gerade in dem Augenblick, wo die Welt⸗ geschichte in eine entscheidende Phase tritt. Angesichts dieser Sach— lage und in Erwägung der Schwierigkeit der internationalen Lage muß die Regierung auch politisch vorbereitet sein auf jede noch so schwere Prüfung, und ersucht daher die Kammer, durch den vorgelegten Gesetzentwurf um die außerordentlichen Befugnisse, deren sie bedarf. Diese Maßnahme rechtfertigt sich nicht allein durch Präzedenzfälle bei uns und in anderen Staaten jeder Regierungsform, sondern sie stellt auch die beste Ordnung und sogar die mildeste Form derjenigen Be⸗ fugnisse dar, welche unsere in Kraft stehende Gesetzgebung der Re⸗ gierung auch in anderen Fällen zuweist, wo es sich um das höchste Gesetz handelt, nämlich um das Wohl des Staates. Ohne prahle⸗ rische Worte und ohne Stolz, aber mit tiefem Verständnis für die Verantwortung, die uns in dieser Stunde zufällt, haben wir das Bewußtsein, dafür Vorsorge getroffen zu haben, was die edelsten Bestrebungen und die vitalsten Interessen des Vaterlandes erforderten. Denn in seinem Namen und ihm ergeben richten wir bewegt unseren glühenden Appell an das Parlament und über das Parlament hinaus an das Land dahin, daß alle Meinungsverschiedenheiten beigelegt wer⸗ den mögen und daß von allen Seiten aufrichtiges Vergessen sich darauf herabsenke. Die Partei⸗ und Klassengegensätze, die in gewöhn⸗ lichen Zeiten immer zu achtenden persönlichen Ansichten, selbst die Gründe, die dem Leben den täglichen fruchtbaren Kontrast der strebungen und Grundsätze geben, müssen heute verschwinden an
einer Notwendigkeit, die jede andere übertrifft, und einer
mehr als jede andere begeistert, angesichts des Glücks und der Größe
Erklarung, daß sie sich Hant⸗
Italiens. Alles andere müssen wir von heute ab vergessen und dürfen uns nur daran erinnern, daß wir alle Italiener sind und daß wir alle mit demselben Glauben und derselben Glut Italien lieben. Mögen die Kräfte aller in einer einzigen Kraft zusammengefaßt werden und die Herzen aller sich zu einem einzigen Herz zusammenschließen, möge ein einmütiger Wille zu dem beschworenen Ziele führen und Kraft, Herz und Wille ihren einzigen leidenschaftlichen und heldenhaften Ausdruck finden in der Armee und Flotte Italiens und in dem er habenen Führer, der sie zu den Schicksalen einer
neuen Geschichte anführt. lebe Italien!
Jeder Satz der Rede Salandras wurde mit lebhaftem, an⸗ haltendem Beifall aufgenommen und am Schlusse erfolgte eine begeisterte Kundgebung mit den Rufen: „Es lebe der König, es lebe Italien, es lebe die Armee!“ Nur die offiziellen Sozialisten blieben ruhig und erhoben sich nicht von ihren Plätzen. Der Ministerpräsident beantragte sodann die Ein⸗ setzung einer Kommission zur Prüfung des Gesetzentwurfs und bat, daß die Kommission, deren Mitglieder von dem Präsidenten berufen merden sollen, noch heute zusammentrete und Bericht erstatte. Sein Antrag wurde angenommen und ferner in ge— heimer Abstimmung mit 367 gegen 54 Stimmen der Vorschlag der Regierung, dem Entwurf die Dringlichkeit zuzuerkennen. Hierauf erhob sich der Minister des Auswärtigen Sonnino und legte das Grünbuch vor, von Kammer und Tribüne mit einer langen Sympathiekundgebung begrüßt. Der Kammerpräsident teilte sodann die Namen der in die Kom⸗ mission berufenen Deputierten mit. Es sind dies: Arlotta, Aguglia, Boselli, Luzzatti, Coccortu, Compane, Baccelli, Guido, Guicciardini, Barzilai, Bettolo, Bianchi, Leonardo, Credaro, Dari, Turati, Meda, Bissolati, Pantano, Finocchiaro. Die Kommission trat sofort in einem Saale von Montecitorio zu⸗ sammen. Unterdessen wurde die Sitzung der Kammer auf⸗ gehoben, und die Minister begaben sich in den Senat, um dort ihre Erklärungen zu wiederholen.
Auch im Senat waren der Sitzungssaal und die Tribünen dicht besetzt. Ueber 230 Senatoren waren anwesend. Der Präsident Manfredi und die Minister wurden bei ihrem Er⸗ scheinen stürmisch begrüßt. Die Erklärung der Regierung wurde häufig von lebhaftem Beifall unterbrochen und zum Schluß mit einer stürmischen Kundgebung beantwortet. Sodann wurde auf Vorschlag Salandras die Sitzung auf heute nach⸗ mittag vertagt.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung der Kammer ergriff Boselli als Berichterstatter der Kommission unter lebhaftem Beifall das Wort und erklärte:
Die Kommtssion schlage einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs über die außerordentlichen Vollmachten für die Regierung vor. Die Gründe dafür lägen auf der Hand, denn dieser Gesetzentwurf setze tatsächlich das Siegel auf das Werk der Regierung, die die Stimme des Vaterlandes als Ratgeberin und das Gefühl für die nationale Würde als Geleüer genommen habe. In dieser Schicksalsstunde, die uns in einem einzigen Willen ver— einigt, wird das Votum der Kammer eine neue feierliche Bestätigung des unüberwindlichen und sicheren Glaubens an das Recht und an den Ruhm des Vaterlandes sein!“ Boselli fügte hinzu, der Augenblick sei gekommen, das den unerlösten Gebieten gegebene Versprechen zu erfüllen, und hob das Vertrauen auf die Armee, die Marine und den Herrscher, den Fortsetzer der ruhmvollen Ueberlieferungen seiner Familie, hervor.
Eine stürmische Kundgebung antwortete ihm, alle Depu⸗ tierten erhoben sich und spendeten Beifall, in den das Publikum auf den Tribünen einstimmte. Unter den Rufen: „Hoch Italien! Es lebe der König!“ beglückwünschten auch die Minister und der Kammerpräsident den Redner.
In der Diskusston erklärte der Deputierte Barzilat, jetzt werde sich der oft geäußerte Wunsch erfüllen, und schloß, die Kammer, die der Regierung umfassende Freiheit des Pandelns gebe, habe volles Vertrauen zu ihr. Nach Barzilat sprach Turati und begründete ausführlich die abweichende Meinung der Offiziellen Sozialisten. Der Republikaner Colajanni verzichtete auf das Wort mit dem Rufe: Es lebe Italien! Der Soztalist Ciccotti sprach im Namen der anderen Sozialisten und eiklärte, als Bürger und als Sozialist glaube er, der Aktion der Regierung kein tatsächliches oder moralisches Hindernig berelten zu dürfen. „Wir befinden uns angesichts eines Verteidigungskrieges!' Die Soꝛzialisten, in deren Namen er spreche, hofften, daß ein erneuertes Eurepa aus diesem Kriege hervorgehen werde, und daß man zu der so sehr gewünschten Abrüstung kommen werde; sie wollten den Fortschritt der Zivilisation von seinen Hinder nissen befreien.
In geheimer Abstim mung wurde darauf der Gesetz⸗ entwurf mit 497 gegen 74 Stimmen angenommen. Der Kammerpräsident Marcora ergriff darauf das Wort, während die Minister und das Haus sich erhoben, und sagte, in dieser feierlichen, historischen Sitzung hätte die Kammer den geheiligten Glauben an die Erinnerungen Italiens wieder⸗
Es lebe der König! Es
gefunden; sie eile, ihre Pflicht gegen das Vaterland in dem nicht in die innere Meerenge gedrungen.
festen Glauben zu erfüllen, daß die Eintracht, die Festigkeit,
die Tapferkeit von Armee und Marine die Einigkeit des Vater⸗
„Es lebe unser Italien!“ Der widmete dem König einige Worte und schloß mit einem Hoch, das von der Kammer mit wiederholtem, begeistertem Beifall aufgenommen wurde. Auf Antrag des Ministerpräsidenten Salandra vertagte die Kammer sich auf unbestimmte Zeit.
landes vollenden würden.
Präsident
Portugal.
Nach einer Meldung der „Agence Havas“ hat sich angesichts der endgültigen Bildung des Ministeriums das revolutionäre Komitee aufgelöst. Es herrscht wieder voll⸗ kommene Ruhe.
Belgien.
Der Generalgouverneur erläßt im Gesetz⸗ und Verord⸗ nungsblatt eine Verordnung über das Budget für 1915. Wie „W. T B.“ meldet, werden danach die Staats⸗ einnahmen für das Rechnungsjahr 1915 auf 175 159 529 Fr. veranschlagt; die Staatsausgaben werden auf 198 159 529 Fr. festgestellt. Ueber die Deckung des Defizits von 23 Millionen werden später Anordnungen getroffen werden.
Schweiz.
Wie der „Berner Bund“ vernimmt, hat die deutsche Regierung den schweizerischen Bundesrat ersucht, den Schutz der deutschen Interessen in Italien zu über— nehmen. Der schweizerische Bundesrat hat zustimmend ge⸗
antwortet. . Türkei.
Der italienische Botschafter hatte gestern nachmittag Unterredungen mit dem Großwesir und mit dem Minister
des Innern. Griechenland. Nach dem gestern abend ausgegebenen Bericht über das Befinden des Königs ist die Temperatur seit Mittag an— dauernd 38,1 6.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 21. Mai. (W. T. B.) Nördlich von Ypern griffen farbige Franzosen nachts unsere Stellung östlich des Kanals an. Der Kampf ist dort noch im Gange. Ein am späten Abend beginnender Angriff der Engländer südlich Neuve Chapelle in Gegend La Quingue Rue brach in unserem Feuer zusam men. Nord⸗ östlich Arras schossen wir bei Fresnoy ein feindliches Flugzeug herunter. Ein weiterer von den Franzosen gestern nach mittag im Walde von Ailly angesetzter Angriff scheiterte unter erheblichen Verlusten für den Feind, der einige Gefangene in unserer Hand ließ. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 21. Mai. (W. T. B.) In Gegend Szawle fanden nur kleinere Gefechte statt. An der Dubissa gelangte unser Angriff östlich Podubis bis Betygolg, er brachte uns weitere 1500 Gefangene ein. Auch östlich Miloszajeie und Zemigola wurden die Russen über den Fluß zurückgeworfen, weiter südlich steht der Kampf. Die Reste der südlich des Njemen geschlagenen russischen Kräfte setzten ihre Flucht in Richtung Kowno fort. Oberste Heeresleitung.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 20. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Oestlich Jaroslau und bei Sieniawa wurden starke russische Angriffe unter schweren Verlusten des Feindes zurückgeschlagen. Die verbündeten Truppen haben nach Ost und Südost Raum gewonnen. In den Kämpfen am oberen Dnjestr weitere 5600 Gefangene. Die Russen wurden in einem Abschnitt nördlich Sa mbor aus ihrer Hauptverteidigungsstellung geworfen, eine Ortschaft zehn Kilo⸗ meter südwestlich Mosciska erstürmt. An der Pruth⸗ linie ist die Lage unverändert. Nördlich Kolomea brachte ein kurzer Gegenstoß 1400 Gefangene ein.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptquartier, 21. Mai. (W. T. B.) Die Lage bei den deutschen Truppen ist unverändert. Oestlich Jaroslau wurden gestern Gefangene gemocht, die nicht mit Gewehren, sondern nur mit Eichenkeulen aus— gerüstet waren. Von der Armee des Generalobersten v. Mackensen und den übrigen im Verbande des österreichisch⸗ ungarischen Heeres kämpfenden deutschen Truppen wurden seit dem 1. Mai 104000 Gefangene gemacht und 72 Ge⸗ schütze sowie 253 Maschinengewehre erbeutet. Diese Zahlen sind in den bereits veröffentlichten Gesamtzahlen ent— halten. Oberste Heeresleitung.
Der Krieg zur See.
London, 20. Mai. (W. T. B.) Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, gibt die Admiralität bekannt, daß der Dampfer „Dumfries“ am 19. Mai morgens torpediert worden ist. Die Besatzung ist gerettet. Das Schiff treibt noch 25 Meilen südwestlich von Hartland Point.
London, 20. Mai. (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ zufolge ist der Fischdampfer „Chrysolith“ aus Hull von einem deutschen Unterseebot 40 Meilen von Kinnairds Head versenkt worden. Die Besatzung ist gerettet.
London, 20. Mai. (W. T. B.) „Lloyds“ melden aus Fraserburgh: Ein dänischer Segler hat die Besatzung des Trawlers „Lucerne“ gelandet. Dieser ist von einem deutschen Unterseeboot in die Luft gesprengt worden, als er sich am 20. Mai früh 40 Meilen von Rattrahead befand.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Dardanellen, 19. Mai. (W. T. B.) Seit der Tor pedierung des „Goliath“ ist die Flotte der Verbündeten Stel