1915 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 May 1915 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Den Regierungsbaumeistern des Hochbaufaches Uchten⸗ hagen in Allenstein, Heusgen in Hannover und Rudhard in Torgau sind etatsmäßige Stellen als Regierungsbaumeister verliehen worden.

Errichtungsurkunde.

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten und des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats sowie nach Anhörung der Beteiligten wird durch die unterzeichneten Behörden hierdurch folgendes festgesetzt:

51

In der evan gelischeůüß Kirchengemeinde Berlin Schmargendorf, Diözese Kölln Land 1, wird eine jweite Pfarrstelle errichtet.

8 2 Dlese Urkunde tritt am 16. Mai 1018 in Kraft. Berlin, den 1. Mai 1915. Potsdam, den 5. Mai 1915. (Li. S.) (L. S.) Königliches Konsistorium Königliche Regierung, der Provinz Brandenburg, Abteilung für Kirchen⸗ und

Abteilung Berlin. Schulwesen. Steinhau en. von Bardeleben.

Aichtamtliches.

Deut sches Reich. Preusen. Berlin, 22. Mai 1915.

Entgegen anders lautender Mitteilung in der Presse erhält „W. T. B.“ von dem Reichskommissar für Brotversorgung, Interstaatesekretär Michaelis die Mitteilung, daß die Kriegs⸗ getreidegesellschaft im Einverständnis mit ihm willens ist, mit der Ausmahlung von Getreide so schnell wie möglich fortzufahren, um die Kleie den Viehbesitzern tunlichst bald verfügbar zu machen. Es muß aber im Auge behalten werden, daß die Mehlbestände zurzeit schon recht groß sind und daß die Nachrichten der Revisoren der Mehlbestände über deren Haltbarkeit zu großer Vorsicht mahnen. Die erste Forderung muß bleiben, der Bevölkerung bis zum Schluß des Erntejahres gesundes Mehl zu erhalten.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ sind die Ausgaben 500 und 501 der Deutschen Verlust⸗ listen beigelegt. Sie enthalten die 230. Verlustliste der preußi⸗ schen Armee, die 184. Verlustliste der bayerischen Armee, die 149. Verlustliste der sächsischen Armee, die 184 und 185. Ver⸗ lustliste der württembergischen Armee und die 31. Verlustliste der Kaiserlichen Marine.

1

Oesterreich⸗Ungarn.

An unterrichteter Stelle wird laut Meldung des Wiener Korrespondenten des „Az Est“ bezüglich der vorgestern in der Kammer und im Senat abgegebenen Erklärung des italie⸗ nischen Ministerpräsidenten Salandra folgendes be⸗ merkt:

Salandra erklärt, der Dreibundvertrag mußte gekündigt werden, weil Italien stets dem europäischen Frieden diente und Oesterreich⸗ Ungarn durch die Kriegserklärung an Serbien das europäische Gleich⸗ gewicht zerstört habe. Darauf ist zu erwidern, daß Italten mit dem Tripoliskrieg den ersten Friedensbruch verübte. Der Dreibund— vertrag setzte auch die terrltoriale Integrität der Türkei sest. Durch das tripolitanische Unternehmen setzte sich Italien über diesen Punkt des Vertrages binweg. Doch weder die Monarchie noch Deutschland erblickten darin einen genügenden Grund zur Lösung des Vertrages. Salandra sagt, die Monarchie habe den siebenten Punkt des Vertrags verletzt, indem sie Italien von der Kriegserklärung an Serbien nicht vorher verssändigt habe. Dem gegenüber ist festzustellen, daß die Monarchie über den Entschluß bezüglich Serbiens die italienische Regierung rechtzeitig ver⸗ ständigt und außerdem sich gegenüber dem römischen Kabineit formell verpflichtet hat, die terrttorlale Integrität Serbiens zu achten. Dies geht übrigens auch aus dem englischen Blaubuch hervor, das ein Telegramm des englischen Botschafters in Rom wiedergibt, dem⸗ zufolge der italienische Minister des Aeußern ihm mitgeteilt habe, die Monarchie wünsche die territoriale Integrität Serbiens zu achten. In welcher Weise Itallen das als heilig bezeichnete Prinzip des Balkangleichgewichts achtete, gebt aus der italienischen Aktion in Albanien hervor. Die Haltung Ilaltens war, wie jetzt festzustellen ist, seit Aushruch des Krieges nicht auf die Aufrecht— erhaltung des Friedens gerichtet. Mit seinem Einspruch gegen das serbische Ultimatum wartete Italien 10 Monate, nachdem es vorher seine Armee mobilisiert hatte. Italien legte seine Empörung auf Eis und holte sie hervor, nachdem die militärischen Vorbereitungen ge— troffen waren. Die Einwendungen Italiens können demnach nicht ernst genommen werden.

Im ungaxischen Magnatenhaus fragte gestern vor Eintritt in die Tagesordnung Graf Aurel Dessewffy, ob der Ministerpräsident es für wünschenswert halte, Mitteilungen darüber zu machen. inwieweit eine Großmacht, die wir für unseren Bundesgenossen gehalten haben, solche Forderungen an die Monarchie gestellt habe, die deren Stellung als Großmacht unmöglich machen würden. Der Mi nisterpräsident Graf Tisza antwortete laut Meldung des

9 r 9 6. „n, ,,,

Die Regterung hat nur aus den Zeitungen von den Vorgängen in der italienischen Kammer erfahren. Von dem italtenischen Kabinett ist uns seit dessen Wiederernennung keinerlei Mitteilung zugekommen. Unter diesen Umständen wünsche ich mich vorläufig jeder Meinungs. äußerung zu enthalten. Wir müssen das Verfahren, zu dem sich die italtenische Regierung völlig spontan und ohne jede Beeinflussung von unserer Seite entschließen wird, ruhig abwarten und demgemäß unsere Vallung einrichten. ö

Großbritannien und Irland.

Das Handelsamt gibt bekannt, daß am Montag eine Beratung mit Vertretern des Fleischhandels stattgefunden hat, und weist das Publikum auf die Notwendigkeit hin, den Fleisch⸗ kon sum einzuschränken, um ein weiteres Steigen der Preise zu verhindern. Die Londoner Fleischhändler erklären, daß große Ankäufe der Regierung und die Verringerung der Schiffstrangporte den Mangel an Fleischzufuhr verursacht hätten.

Rußland. Ein Ukas des Kaisers vom 2. Mai verfügt der „Rjetsch“

zufolge die Heranziehung sämtlicher vom Kriegsdienst befreiter

Russen sowie der Angehörigen des unausgebildeten Landsturms zu einer besonderen Kriegssteuer, die 18 Jahre lang bezahlt werden, sich proportionell nach dem Einkommen richten und durchschnittlich 6 auf das Mille des Einkommens betragen soll.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist der Kommandant der Flotte im Baltischen Meer, Admiral von Essen vorgestern im Hospital von Reval einer Lungenentzündung erlegen.

Der Stadthauptmann von St. Petersburg hat eine Bekanntmachung erlassen, in der er unter Androhung strengster Strafe die Veröffentlichung von Aufrufen und anderen Artikeln verbietet, die geeignet sind, Feindseligkeiten gegen die Regierung hervorzurufen.

Italien.

In der gestrigen Sitzung des Senats brachte der Ministerpräsident Salandra den von der Kammer bereits angenommenen Gesetzentwurf über außerordentliche Voll⸗ machten für die Regierung ein, verlangte die Dringlich⸗ keit für ihn und bat den Senatspräsidenten, eine Kommission zu berufen, die sofort über den Entwurf Bericht erstatten könnte. Die Dringlichkeit wurde einstimmig angenommen. Der Präsident Manfredi berief zu Kommissionsmitaliedern die Senatoren Cavalli, Morra Lavriano, Salmo Iraghi, Giusso, Petrella, Scialoja, Canevaro, Prospero Colonna, Del Lungo und Inghilleri. Die Sitzung wurde für eine Stunde unterbrochen und die Kommission trat sogleich zusammen.

Bei Wiederaufnahme der Senatssitzung ergriff Fürst Colonna, der Bürgermeister von Rom, das Wort und fuͤhrte laut Bericht des, W. T. B.“ aus:

Man habe ihn zum Berichterstatter der Kommission gewählt, um im Senat den Wiederhall der Stimme Roms zu hoöͤren, der großen Mutter, des ftrahlenden Zielpunktes der nationalen Epopse Italiens, des Denkmals der Größe und des Ruhmes, des Ansporns heiligen Heldentums und größter Kühnheit Auf Rom ziele alle patriotische Glut in Italien, von Rom flamme das Licht, das durch die Jahrhunderte bin die Welt erleuchte. Derselbe Schrei des Schmerzes, der im Jabre 1859 aus ganz Italien zu dem großen Herzen Victor Emmanuels aufgestiegen sei, wende sich jetzt an die Herzen des Königs und des Volkes und rufe das Gedächtnis des Parlaments jener Zeiten auf, das bereits damals darin einig ge⸗ wesen sei, das ttalienische Vaterland vollständig wieder herzustellen. König, Parlament und Volk börten eines Sinnes und voll Ver— trauens diesen Schrei und übergäben heute von dem unsterblichen Rom aus in einem gerechten Krieg das Schicksal des Vaterlandes, der Armee und der Marine. (Rufe: Hoch die Armee! Hoch die Marine! Eg lebe Italten! Fürst Colonna fuhr fort: Die Kom— mission schlägt dem Senat einstimmig vor, den Gesetzentwurf anzu⸗ nehmen, sie drückt der Armee und der Marine ihr gerechtes Ver⸗ trauen auf ihren geheiligten Heldenmut, ihren unbeugsamen Opfermut und ihre patriosische Begeisterung aus und enibietet ebrfurchts vollen und untertänigen Grun dem erhabenen Heirscher (alle Senatoren und Minister erheben sich unter Beifall und lang- andauernden Rufen: Es lebe der König! Es lebe Savoven, es lebe Italien! und den verehrten Prinzen des Hauses Savoven, in sestem Vertrauen, daß die Fabne Italiens siegreich über unseren Alpen und dem Meer flattern werde, fordert sie den Senat auf, den Geletzentwurf anzunehmen. Gs lebe Italien! Es lebe der König!“ (Alle Senatoren und . rufen auf Italien, den König und die Armee. Die Tribünen stimmen ein)

Hierauf brachten Canevaro und Genossen die nachstehende Tagesordnung ein, der Salandra zustimmte und die in nament⸗ licher Abstimmung mit sämtlichen Stimmen der 2W1 anwesenden Senatoren unter großer Begeisterung angenommen wurde:

Der Senat hat die Erklärungen der Regierung gehört, die so deut⸗ lich den Willen der Nation aussprechen, und geht zur Abstimmung über den Gesetzeniwurf über.

Ueber die Vorlage, betreffend außerordentliche Vollmachten für die Regierung, wurde in geheimer Abstimmung beschlossen; sie wurde mit 262 gegen 2 Stimmen angenommen. Die Verkündung des Abstimmungsergebnisses wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen Der Präsident Manfredi rief das glückliche Geschick des Vaterlandes an und sagte:

Italien tennt die Schmach, die es zu rächen gilt, und es kennt

den Ruf der unerlösten Gebiete; es sieht, auf welcher Seite für Zwilisation und Recht gekämpft wird, und wünscht, daß der Senat sich mit dem Lande vereinige, um den Sieg zu verklärtn. Es lebe Italien! Ez lebe der König! Alle Senatoren und Minister hörten die Rede Manfredis stehend an und bezeigten ihm lebhaft ihren Beifall unter den Rufen: „Es lebe Italien! Es lebe der König!“ Hierauf ver⸗ tagte sich der Senat auf unbestimmte Zeit.

Nach der gestrigen Senatssitzung fand dem „Journal de Geneve“ zufolge ein Ministerrat statt, um die Entschei⸗ dung über die Kriegserklärung zu treffen.

Das gestern den Mitaliedern der Kammer und des Senats zugänglich gemachte Grünbuch der italienischen Regierung enthält auf 66 Seiten 77 Dokumente, die dei Zeitraum vom 9. Dezember 1914 bis 4. Mai 1915 umfassen. Das „Wolffsche Telegraphenbureau“ veröffentlicht folgenden Auszug aus dem Grünbuch:

Am 9. Dezember 1914 beauftragte der Minister des Auswärtigen Sonnino den ttalienichen Botschafter in Wien Herzog von Avarna, dem Minister des Auswärtigen Grafen Berchtold mit⸗ zuteilen, daß der Einmarsch Desterreich Ungarng in Seibien eine Dandlung darstelle, dte zwischen den beiden Regterungen geprüft werden müsse, mit Being auf Artikel 7 des Dreibundvertrages, der für die österreichtschungartsche Regierung die Verpflichtung zu einem vorgängtgen Einvernehmen mit Italien und die Veipflichtung zu Kompensationen selbst fär eine nur eitwellige Besetzung aufstelle. Die Kaiserliche und Königliche Regierung hätte uns daher befragen und sich mit uns in Einvernebmen setzen müssen, bevor sie ihre Armee die serbische Grenze überschreiten Uteß. Bei dieser Gelegenheit und um unsere Haltung besser verständlich zu machen, mussen wir die Kaiserliche und Königliche Regierung daran erinnern, daß gerade auf diesen Artikel 7 sich siüßzend die Kaiserliche und Königliche Regierung uns während unsereg Krieges mit der Türkei an verschiedenen müilitärtschen Operationen verhindert hat, welche die Kriege dauer sicherlich abgekürzt hätten. Auch die Flotten. operationen an den Dardanellen haben formelle Vorbehalte Oester⸗ reich Ungarns hervorgerufen. Italien hat ein Interesse ersten Rar ges an der Aufrechterhaltung vollständiger Integrität und der polttischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit Serbiens. Die österreichisch⸗ ungarische Regierung hat allerdings wiederbolentlich erklärt, daß ste nicht die Ansicht babe, zum Nachteil Serbtens Gebiete zu er— werten. Aber eine so formulierte Erklärung schafft keine dauernde Verpflichtung, und die allgemeinen Jusicherungen der österreichisch= ungarnchen Regie ung gelegentlich des Emtretens der Turkei in den Keieg Lässen die Möglichkeit etwaiger politischer Aenderungen auf der Balkanbalbinsel voraus seben. Andererseits war schon der bloße Ein= marsch in Serbien, selbst wenn er sich als nur zeitweilig heranestellen sollte, genügend, dag Gleichgewicht am Balkan ernstlich zu stören und

erheben sich von neuem unter Ooch⸗

uns ein Recht auf Kompensationen zu geben. Es muß auch hervor. gehoben werden, daß der oben angeführte Artikel 7 Italien ein Recht auf Kompensattonen auch für Vorteile nicht territorialen Gkarakters gewäbrt, welche Desterreich⸗UAngamn am Balkan erreichen sollte. Die italleaische Regierung hält es für notwendig, ohne irgend eine Ver= zögerung zu einem Meinungsaustausch zu schreiten und auf Grund kesselben zu einer kon kreten Verhandlung mit Oesterreich⸗ Ungarn über die verwickelte Lage, die die vitalen mirtschaft⸗ lichen und volitischen Intereffen Jialiens nabe berührt. Man be⸗ merkt unweltelbafte Zeichen von Unruhe im Parlament und in der öͤffentlichen Meinung Italieng, die offensichtlich eine Neigung zu national · italienischen Ansprüchen zeigt. Die italienische Regierung int verpflichtet, dem ernstlich Rechnung zu tragen. Das von mir auf dieser Grundlage gewünschte (in oqué) Uebereinkammen jwischen den beiden Regierungen würde das Ergebnis haben, für die Zukunft jede Gelegen heit für bedauerliche Zwischenfälle, Reibungen und Mißtrauen zu beseitigen, welche heute so bKedauerlich häufig sind, und im Gegen. teil Beftehungen einer herzlichen und beharrlichen Freundschast zwischen den beiden Ländern möglich und natürlich machen, wie sie dem gemeinsamen Wunsche entsprechen, und ohne welche jedes offüielle Abkommen notwendiger weise unvollkommen und unfruchtbar bleibt.

Der Herzog von Avarna tellte am 12. Dezember mit, daß er die vorstehende Mitteilung gemacht babe, und daß Sraf Berchtold geantwortet habe, daß der Krieg gegen Serbien kein Angriffs-, londern ein Verteidigungskrieg sei, und daraus gefolgert babe, daß damit nicht der Fall gegeben sei, im Augenblick zu einem Meinungsaußtausche mit Italten zu schreiten.

In einer Depesche vom 14. Dezember teilte der Herzog von Avarna mit, daß es dem deut schen Botschafter in Wien auf Grund von Instruktionen des Staatssekretärs von Jaga w gelungen sel, den Grafen Berchtold zu überreden, zu einem Meinungs— austausche zu schrelten.

Am 20. Dezember teilte Graf Berchtold dem Herzog von Avarna mit, daß er geneigt sei, über Kom pensationen zu ver= handeln. Fürst Bülow erklärte am 20. Dezember dem Minister des Auswärtigen Sonnino, daß er nach Rom gekommen sei, um das gute Verbältnis und die Beziehungen jwischen Jialien und Deutschland zu verbessein; Italien habe durchaus Recht mit seinem Wunsche, Kom= ensationen zu erörtern, welche bewilligt werden würden, sobald Oesterreich Ungarn irgendwelche festumgrenzte Ergebnisse erzielt haben würte. Sonnino erwiderte, daß das Land für die Neutralität wäre, wenn es die Befriedigung einiger seiner nationalen Asphgtionen er— halten könnte. Fürst Bülow dankte Sonnino für seine Offenberzig⸗ keit und erkannte die Notwendigkeit an, in diesem Sinne zu arbelten. Am selben Tage erklärte Baron Macchto Sonnino, er reise anläßlich der Feiertage nach Wien. Er bemerkte, daß die österreichischen Truppenbewegungen in Serbien nicht einer vorübergehenden Besetzung gemäß Artltel Vll entsprächen. Sonnino erwiderte, man babe schon einen Gouverneur in Belgrad ernannt. Wenn man die Besetzung Serbiens mit dem vergleiche, was während des Krieges mit der Türkei geschehen sei, als Oesterreich sein Veto gegen die Beschießung Salonikis und der Dardanellen erhob, könne kein Zweifel berrschen über das Recht Italiens, die Anwendung des Artikels VII zu verlangen. i

Am T Januar benachrichtigte Sonnino den Herzog von Avarna dadon, daß er Maechio die logischen und polttijchen Gründe für die Behandlung der Kompensationsfrage auseinaudergesetzt babe.

Während einer Besprechung mit Sonntno am 11. Januar erwähnte Macchio Albanien als einen Gegenstand von Kompensationen. Sonnino antwortete, daß die Interessen Italiens in Albanien hanpt⸗ sächlich negativ seien, nämlich, daß keine andere Macht es beseßze. Italien hege nicht den Wunsch, wider Willen in die inneren balfant= schen Angelegenheiten hineingezogen zu werden und sich unvermeidlich und dauernd im Gegensatz mit Serbien und Bulgarien zu befinden.

Gehen wir zu der e Kompensationen hinsichtlich der durch

das Gefübl des Volks erstrebten Provinzen.

Sonnino erklärte dem Fürsten Bülow am 14. Januar, daß man den Zustand einer dauernden Eintracht mit Oesterreich Ungarn nur erreichen könnte, wenn die irredentistische Formel von Trentino und Triest vollkemmen ausgeschaltet würde. Fütrst Bülow erwiderte, daß Oesterreich⸗Ungarn den Krieg der Abtretung von Triest vorziehen würde. Er glaube es erreichen zu können, daß das Trentino abgetreten würde, aber nichtß anderes. Sonnino be⸗ merkte am 25. Januar dem Fürsten Bülow, doß er vom Gange der Dinge ein bißchen enttäuscht sei. Die ball amtliche Wiener Presse erkläre jede Abtreiung von Territorien als auegeschlossen und die österreichtschungarischen Truppen konzentrierten sich an den Grenzen Rumäniens und Serbiens, was eine neue Gefahr für Italien dar⸗ stelle und eine lebhafte Bewegung zugunsten unserer Teilnahme am Kriege bervorrufe. Sonnino erklärte, daß er sich dafür verwenden werde, die Wünsche und Hoffnungen zu mäßigen und Vertrauen auf die dirlomatijche Aktion zu empfeblen, aber unglücklicher weise bleibe Italien trotz des guten Willens des Fürsten Bülow und Deutschlands vollkommen von Desterreich Ungam umfaßt mit einem schweren Schaden für seine Einrichtungen. Baron Burian drückte sich weiterhin allgemein aus und erklärte sich gegen ein Präjudiz.

Am 9. Februar erklärte Baron Burian, noch nicht antworten zu können, und bob hervor, daß die Besetzung des Dodekanes und Valanas es Italien zur Pflicht machte, sich vorber mit Oefterrrich⸗ Ungarn zu einigen. Diese Gegenvorschläge Oester⸗ reich Ungarns ergeben sich aus einem langen Promem oria, auf das Italien am 12. Februar antwortete, daß die Abtretung von Valona und des Dodekanes nicht den Gegenstand der gegenwärtigen Unterbandlung bilden sollte. Son nino bob am 12. Februar heivor, daß dies entmutigend sei, und besteht dringend darauf, daß Wien sich entscheide indem er hervorhob, daß man nicht einmal dazu gekommer sei, eine Anwort selbst auf die erste Frage zu erbalten, nämlich, ob Oesterreich⸗ Ungarn bereit sei, auf der Srandlage einer Abtretung von Gebieten, die beute Oesterreich⸗Ungarn gebören, zu verhandeln. Unter⸗ dessen werden neue Fragen aufgeworfen, die nicht den Gegenstand der gegenwärtigen Unterbandlung bilden sallten, um die Dinge in die Tänge zu ziehen. Man bereite neue milttärische Ewpeditioren auf. dem Balkan vor. Es ist daher unmöglich, künftig irgendeine Illusion über den Ausgang der Unterhandlungen zu baben. Deshalb ist Italien, um setne eigene Würde zu wahren, verpflichtet, jeden Vorschlag oder jede Initiative zu einer Unterbandlung zurückzjuziet en, und auf den Be⸗ stimmungen des Artikels UI zu besteben, der alle militärischen Aktionen als offen diesem Artikel zuwider erklärt, die Oesterreich⸗ Ungarn von beute ab auf dem Balkan gegen Serbien und Montenegro unternehmen würde oder gegen andere, ohne daß vorher ein Uebereinkom men, wie eg in dim Artitel II vorgesehen sei, abgeschloffsen worden wäre. Es ist nicht notwendig, hervor- zubeben, daß, wenn Oesterreich⸗Ungamn durch eine Tatsache beweisen würde, daß es die Bestunmung des Artikels Vll nicht beachten wollte, dies zu schweren Folgen führen würde, für die Italien jetzt alle Ver⸗ antwortung ablehnt. Baron Burian bestand wiederholt auf seiner Weigerung, den italientschen Gesichtepunkt gelten zu lassen, und am 22. Februar telegraphierte der Herzeg von Avarna, es sei unnütz, sich Illusionen zu machen.

Sonntino faßte seine Gedanken am 4. März folgendermaßen zusammen:

1 Feine militärische Aktion dürfe von Oesterreich⸗ Ungarn auf der Balkanhalbinsel begonnen werden, ohne ein vorheriges Ab⸗ kemmen, betreffend Kompensationen. ;

2) Jede Verletzung dieses Grundsatzes wurde als offene Ver⸗ trag verletzung ange sehen werden, und Italien würde volle Handlungẽ⸗ freiheit wieder gewinnen.

3) Kein Vorschlag und keine Digkussion, betreffend Kompensation, kann zu einem Ueberetn kommen führen, wenn daduich nicht die Ab⸗ tretung von bereits in Oesterreich⸗Ungarng Besttze befindlichen Ge⸗ bieten vorgesehen wird. j

4 Solange die Abmachung des Artikels VII gist, wollen wir eine Kompensation als Folge schon der Tatsache, daß Qesterreich= Ungarn eine militärtsche Aktion auf der Balkanhalbinsel begonnen

ziel gemeinsamer Vertesdigung.

hat, unabkängig dovon, welche Ergebnisse diese Aktion baben kannte,

und ohre daß es dadsurch ausafschtossen würde, daß man noch andere

Kompensatioa'n in konditionell'r Form und enisprechend den Vor—

teilen, welche Oesterreich Ungarn zu erringen in der Lage sein winde,

vereinbaren kõnnte.

) Der fixierte Teil der Kempensationen, der als Ausgleich für den Beginn der militärischen Aktion Oesterreich. Ungarns, un⸗ abbängig von deren Ergehnig dient, wird nicht gebeimgehalten werden dürfen, sondern in Waksamkeit esetzt werden müssen durch tatsachliche Uebergabe der abgetretenen Gebiete und ihre sofortige Besetzung durch Itallen.

6) Keine Distussion über elne Kompensatlon von unserer Seite für die Besetzung der zwölf Inseln und von Valona.

Am 4. Mär telegraphiert Sonnino an den Herzog von Avarna, er möge den Baron Burian benachrichtigen, daß die Beschießung von Antivari in der vorhergegangenen Nacht im efnen Gegensatz zu der Mitteilung Italiens gn Desterreich Ungarn rem 22. Februar und zu der Erklärung des Barons Burian stehe. Am 9. März erklärt Baron Burian, daß die österrelchifch ungarische Negierung einer Diskussion über die Frage der Kompen«⸗ sationen auf der vorerwähnten Grundlage des italienischen Vor= schlags zustimme. Sonn ino stellte zur Bedingung, daß, wenn ein icbereinkommen beschlossen werde, es sofort auegefübrt werde, und deß die Dauer der Verhandlungen auf zwei Wochen beschränkt werde. Am 13. März erklärte Baron Burian ausführlich, daß er dem nicht zustimme, daß ein Uebereinkommen sofort in Wirksamkeit gesetzt werden. Sonnino beharrte auf feiner Forderung, und dteser Punt der sofortigen Wirksamkeit eines Ab= kommens bildete den Gegenstand zahlreicher Gespräche zwischen Sennino und dem Fürsten Bülow und von Instruttionen an den Deriog von Avarna. Am 20. Mai erklärte Fürst Bülow, daß Deutschland gegenüber Italten die Bürgfchaft dafür übernehme, daß die Konvention, die zwischen Italien und Oesterreich Ungarn ge⸗ scklossen werden solle, nach dem Friedens schluß loval ausgeführt werden würde. Am 22. Marz erklärte Sonnino, daß er sich der Viedereröffnung der Digfufsion und der Verhandlungen nicht wider⸗ scke, obaleich obne eine Lösung der Frage der sofortigen Wirksamkeit die Diskussion nur ins Blaue hineinginge. ;

Baron Burtan machte am 25. März folgende Vorschläge: Italien verpflichtet sich, bis zum Kriegsschluß eine wohlwollende

Neutralität zu bewahren. 2) Italien läßt Desserreich⸗Ungarn während der ganzen Dauer des Krieges volle Handlungsfreibeit auf dem Ballan und entsagt jeder neuen Kompensation fär die territorialen Vorteile und anderen Vorteile, die eventuell aus dieser Handlungs— Feibeit für Oesterreich Ungarn entstehen. Dies wärde sich nicht auf Albanien bezieben und auf das italienisch-österreichische Abtommen betreff; Albanten. Die Abschlüsse der Londoner Konferenz würden in Nast bleiben. Baron Burian erklärte dem Herzog von Avarna, daß Desterretch⸗ Ungarn für seinen Teil bereit wäre, Südtirol mit Ein⸗ sckluß der Stadt Trient abzutreten. Die Abgrenzung würde im mnielnen derart festgesetzt werden, daß den strategischen Erfordernissen Desterreich Ungarns Rechnung getragen würde, fowte den wirtschaft⸗ lichen Bedürfnissen der Bewohner.

Son nin telegraphierte amn 31. März dem Herzog von Avarna, daß die vorerwähnten nicht genau bestimmten und ungewissen Vor—= chläge durchaus unzureichend seien. Baren Burtan setzte am 2 April fest, daß die Territorien, die Desterreich Ungarn bereit wire, in den angegebenen Bedingungen abzutreten, die Bezirke von Trient, Rovereto, Riva und Tione umfassen würden (mit usnahme von Madonna di Campiglio und Umgebung und Borgo). Im Etschtal würde die Grenze bis Lawies gehen, das bei Ilalien bleiben würde.

Auf Verlangen des Barons Burian machle Sonnino am 6. WMril folgende Gegenvorschläge:

I) Desterreich Ungarn irijt an Italien das Trentino mit den Grenzen des Königreichs Italien im Jahre 1811 ab.

2) Grenzberichtigung zugunsten Italiens an dessen östlicher Grenze, Gradi ca, Gorizia inbegriffen wobei die Grenze am Meer wischen Monfalcore und Triest bei Nadresina endigt.

( 3) Die Stadt Triest mit ihrem Gebiet, das im Norden

Nadresina und im Süden Capo d' Istria Pirano einschließen würde,

wird ein autonomer unabhängiger Staat. Desterreich Ungarn wird

auf alle Souveränität verzichten.

4) Qsterreich Ungarn tritt an Italien die Curzolari. Inseln ab.

5) Jtalien wird sofort die vorerwähnten Gebiete besetzen, Triest 2 sein Gebiet werden unverzüglich von den Oesterreichern getãumt.

6) DOesterreich⸗Ungarn erkennt die volle Souveränität Italiens

über Valona an.

7) Desterreich Ungarn gibt vollkommen sein Interesse an Albanten auf.

S8) Oesterreich Ungarn wird den aus militärischen oder politlschen Gründen Verurteilten der abgetretenen Gebiete volle Amnestie gewãhren. .

9) Italien wird an Oesterreich Ungarn 200 Millionen Lire in

Gold zahlen.

10) Italien bewabrt vollkommene Neutralität gegenüber Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn während des ganzen gegen— wärtigen Krieges.

1I) Während des ganzen gegenwärtigen Krieges verzichtet Italien darauf, nachträglich sich auf Artitel7 zu seinen Gunsten zu berufen, und verzichtet Oesterreich-Ungarn in gleicher Weise darauf hinsichtlich des Dodetkanesos.

Zwischen dem 2. April und dem 13. April wurden Gerüchte von Wem österreichtschrussischen Sonderfrieden, um freie Hand gegen Jalien zu haben, immer häufiger. Sonn ino telegraphierte am B. April dem Verzog von Aparna dringend um eine österreichische ntwort. Aus der Antwort des Barons Buran vom l6. April ging hervor, daß er keine der italienlschen Forderungen an= zimt, sondern nur neue Vorschläze wegen der Abtretung des fentino macht. Sonnino telegraphierte am 21. April dem Herzog don Avarna, daß die Abtretungen, die Oesterreich geneigt wäre zu willigen, ihm nicht genügend erschlenen für ein Abkommen, wie 8 jwischen den beiden Staaten abgeichlossen werden müßte, um ne feste und normale Lage zu schaffen. Nur hinsichtlich des gJentino zeige sich Oesterreich Ungarn bereit, etwas über seine ersten orschlãge hinaus zu bewilligen, aber selbst hier sehe man nicht elne e gung der größten Unzuträglichkeiten der gegenwärtigen Lage vom hiachlichen, ethnologischen und misitärtschen Standipuntt aug. Wag an übrige anlange, so setzte Baron Burtan vollkommenen Wide -ssand Ii gen, Dagegen bestände ein unüberbrückbarer Gegensatz für den tikel 5 bezäglich des Datums der Autführung eines etwaigen Ueber— linkommens. 9 Der Herzog von Avarnag telegraphierte am 25. April, daß ron Hurian in unnützen Diskusstonen fortfahre und sich nicht vom ihren Stande der Dinge Rechenschaft abzulegen scheine. Baron urian gebe sich der Illusion hin, daß Italien sich schlteßlich mit 9 Angebotenen im Trentino zufrieden geben werde. Baron Burian zune sich nicht won der Möglichkeit überzeugen, in der sich Italien sinden könne, im Falle, daß seine Forderungen nicht vollkommen an—⸗ phommen wärden, Oesterreich,ngarn und Ventschland den Krieg zu ällüren. Daher erscheine ein Abkommen mt Desterreich⸗ Ungarn auf r Grundlage der stallenschen Vorschläge unter den hegenwaärtigen

Unstönden beinahe unmöglich,

6 Das Grünbuch schließt mit der folgenden Note des Ministers onnino an den Herzog von Avarna vom 3. Mal

Ich bitte Sie, dem Minister des Auswärtigen, Baron Burlan, solgende Mitteilung zu machen, von welcher Sie ihm eine Ab— Hrift binterlassen werden: Das Bügdnig zwischen Italien und Jesterreich⸗Ingarn hat sich von Anfang an als ein Element der Bürgschafst für den Frieden bewährt und hatte zuerft bag Haupt. Angesichtwz welterer Ereignisse und der neuen Lage, bie sich aut ihnen ergab, mußsten bie Regierungen der belben Länder sich ein andereg, nicht minder wichtlgetz Ziel stecken und richteten im Laufe ber aufeinguder folgenben Ur—

neuerungen des Vertrags ibre Aufmerksamkeit darauf, die Kontinuität irres Bundnisses zu erhalten, indem sie den Grundlatz vorgängiger V reinbarungen bezüglich der Balkar ve rbältnisse festlẽgten, in der Alsicht, die auseinandergehenden Interessen und Bestrebungen der beiden Mächte mit-inander in Einklang zu bilngen. Es ist ein⸗ leuchtend. daß diese Abmachungen, wenn leval beobachtet, genügt hätten, eine haltbare Grundlage für eine gemeinsame fruchtbare Aktion darjubieten. Im Gegensatz hierzu siellte Desterreich⸗ Ungarn im Laufe des Sommers 1914 ohne irgend ein Cinverssändnis mit Italten zu treffen, ja, obne ihm die geringste Benachrichtigung zu— geben zu lassen, und ohne sich irgendwie durch die Ratschläge zur Mäßigung kerinflassen zu lassen, die ihm durch die Königliche Regierung gegeben worden waren, am 23. Juni Serbien das Ultimatum, das die Ursache und der Ausgangspunkt des augenblicklichen Kriegsbrandes in Enropa wurde. Indem Desterreich⸗Ungarn die Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag ergaben, vernachlässigte, brachte es den status quo auf der Balkanhalbinsel von Grund aus in Ver— wirrung und schuf eine Lage, von welcher es allein Nutzen haben mußte, kum Schaden der allerwichtigsten Interessen, welche sein Verbündeter so oft (als die seinen) betätigt und proklamiert hatte. Eine so offenbare Verletzung des Buchstabens und des Geistes des Vertrages rechtfertigte nicht nur die Weigerung Italiens, sich in dem obne Einholung seiner Meinung hervorgerufenen Kriege an die Seite seiner Verbündeten zu stellen, sondern sie nahm sogar dem Bündnis mit demselben Schlage seinen wesentlichen Inhalt und sein Daseinsrecht. Sogar das Abtommen über eine wohlwollende Neutralstät, welches durch den Vertrag vorgesehen war, fand sich durch diese Verletzung beeinträchtigt. Tatsächlich kommen Ueberlegung und Gefühl dabin überein, die Aufrechterhaltung einer wohlwollenden Neutralstät auszuschließen, wenn einer der Verbündeten zu den Waffen greift zur Verwirklichung eines Programms, das den Lebentinteressen des anderen Verbündeten strikt zuwiderläuft, und zwar den Inter« essen, deren Wabrung den Hauptgrund gerade dieses Bündnisses bildete. Nichtsdestoweniger hat Italsen sich mehrere Monafe hindurch bemüht, eine Lage zu schaffen, welche der Wiederherstellung freundschaff⸗ licher Beziehungen zwischen den beiden Staaten günstig wäre, die die weseniliche Grundlage jedes Zusammenwirkens im Bereiche der großen Politik bilden. In diefer Absicht und in dieser Hoffnung erklärte dte ttalienisch Reglerung sich berelt, auf ein Arrangement einzugehen, das die Befriedigung der legitimen nationalen An— sprüche Italiens in billigem Ausmaß zur Grundlage hätte, und welches, zugleich dazu gedient hätte, die vorhandene Ungleichheit in der gegenseitigen Lage der beiden Staaten im Adriatischen Meere zu bejeitigen. Diese Verhandlungen führten jedoch zu keinem in Betracht kommenden Ergebnis. Alle Bemühungen der Königlichen Regierung stießen auf den Widerstand der Kaiserlichen und Königlichen Regierung, die sich nach mehreren Monaten nur zur Anerkennung besonderer italienischer Interessen in Valona und zum Versprechen einer nicht genügenden Gebietzeinräumung im Trentino entschlossen hat, einer Konzession, die durchaus keine normale Regelung der Lage enthält, weder vom ethnischen noch vom polttischen oder militärischen Standpunkte aug. Außerdem sollte diese Konzession eist in einem unbestimmten ' Zeit— punkt, nämlich erst am Ende des Krieges, verwirklicht werden. Bei diesem Stande der Sache muß die itallenische Regierung auf die Hoffnung verzichten, zu einem Einverständnis zu kommen, und sieht sich gezwungen, alle Vorschläge zu einem ehberein kommen zurückzuztehen. Es ist ebenso unnütz, den äußeren Anschein (ines Bündnisses aufrechtzuerhalten, welcheß nur die Be— stimmung haben würde, das tatsächliche Bestehen eines beständigen Mißtrauens und täglicher Mefnungsverschleden heiten zu verschleiern. Aus diesem Grunde versichert und erklärt Italsen im Vertrauen auf ein gutes Recht, daß es von diesem Augenblicke an sich die volle Freiheit seiner Handlungen wieder nimmt und seinen Bündnig— ertrag mit Oesterreich, Ungarn für ungültig und künftig wirkungs— los erklärt. Der Botschafter, Herzog von Aparna, machte dem Baron Burlan diese Mitteilung am 4. Mat. Der vorstehend mitgeteilte Auszug läßt nicht erkennen, ob in dem Grünbuch eine Tatsache erwähnt ist, die den ernsten Villen der österreichisch-ungarischen Regierung erweist, zu einer Verständigung mit der italienischen Regierung zu gelangen. Es ist die von dem Wiener Kabinett angebotene, aber von dem Minister Sonnino abgelehnte Entsendung des Grafen Golu chowski mit weitgehenden Vollmachten zur Führung der Verhandlungen. Wie „W. T. B.“ mitteilt, erklärte am 2. Mai der italienische Minister des Aeußern auf eine wiederholte Anfrage des Wiener Kabinetts, ob die Entsendung des Grafen genehm sei, daß er sie nicht für opporkun halte, weil sie zu großes Aufsehen erregen würde. Am 4. Mai erfolgte die Kündigung des Dreibundvertrags in Wien. Hiernach ist es nicht auf Mangel an Entgegenkommen und Bereitmilligkeit zu ernsthaften Verhandlungen auf seiten der österreichisch-ungarischen Regierung zurückzuführen, daß die Lage damals eine weitere Verschärfung erfuhr.

Schweden.

Die Blätter veröffentlichen eine Londoner Depesche, nach welcher der Untersekretär des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage im Unterhause mitgeteilt hat, daß die Vertreter Großbritanniens, Frankreichs und Rußlands im August vorigen Jahres erklärt haben« daß diese Länder die Neu tralität und Unabhängigkeit Schwedens achten und verbürgen werden, solange Schweden die Neutralität beobachte. Das „Svenska Telegrambyran“ ist ermächtigt, zu bestätigen, daß solche Erklärungen auch von deutscher Seite abgegeben wurden und daß diese für Schweden irgend ein Anerbieten oder eine Verpflichtung weder voraussetzten noch veranlaßten.

Schweiz.

Die italienische Regierung hat die Schweiz ersucht, die Vertretung ihrer Interessen in Deutschland zu übernehmen. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Bundesrat diesem Ersuchen entsprochen.

Amerika.

Auf der in Lake Mohonk (Staat New York) abgehaltenen internationalen Schiedsgerichtskonferenz setzte sich der Kriegssekretär Garrison dafür ein, das Problem der nationalen Verteidigung unverweilt in Angriff zu nehmen. Ex enthielt sich einer Besprechung des heutigen Zustandes, erklärte aber dem Reuterschen Bureau“ zufolge die Idee der Pazifisten, daß eine Nation weniger Aussicht habe, in einen Krieg ver⸗ wickelt zu werden, wenn sie nicht auf einen solchen vorbereitet sei, für lächerlich. Man könne weder den eigenen guten Ab⸗ sichten bezilglich der anderen Nationen vertrauen, noch denen anderer Nationen gegen das eigene Volk.

Nach einer Mitteilung der peruanischen Gesandtschaft in Paris an die Blätter ist der Kandidat der drei großen peru⸗ anischen Parteien Joss Pardo zum Präsidenten der Re⸗ publik gewählt worden.

Asien.

Die außergrdentliche Session des japanischen Reichstages ist gestern eröffnet worden. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, war die Thronrede rein formal. Die Oppasition bereitet eine Kundgebung vor wegen der äußeren Palitik der Negierung.

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptguartier, 22. Mai. (W. T. B.) Zwischen der Straße Estaires —-La Basse und Arras kam es zu erneuten Zusammenstößen. Südwestlich Ne une Chapelle wurden mehrere zu verschiedenen Zeiten einsetzende englische Teilan griffe abgewiesen. Eine Anzahl farbiger Engländer wurde dabei gefangen genommen. Weiter südlich bei Givenchy wird noch gekämpft. Französische Angriffe, die sich gestern abend gegen unsere Stellungen an der Loretto. Höhe, bei Ablain und bei Neuville richteten, brachen meist schon in unserem Feuer zusam men. Ein weiterer nächtlicher französischer Vorstoß nördlich Ablain erreichte unsere Gräben. Der Kampf ist dort noch nicht abgeschlossen. Auf der übrigen Westfront fanden nur Artilleriekämpfe an verschiedenen Stellen besonders zwischen Maas und Mosel statt. Südwestlich Lille und in den Argonnen verwendete der Feind Minen mit giftigen Gasen.

. Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 22. Mai. (W. T. B.) Westlich der Win dau in Gegend Schawdiny kam es zu Reiter⸗ kämpfen, bei denen ein Regiment der russischen Ussuri Reiter— brigade aufgerieben wurde. Bei Szawle und an der Duhissa wurden einzelne russische Nachtangriffe abgewiesen. Die Zahl der Gefangenen aus den Kämpfen östlich Podubis stieg um 300.

Oberste Heeresleitung.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Wien, 21. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die Kämpfe an der Front in Mittelgalizien dauern fort. Die in der Sanstrecke abwärts Sieniawa noch am west— lichen Flußufer haltenden russischen Abteilungen wurden üher den Fluß zurückgeworfen. Oestlich Jaroslau wiesen die verbündeten Truppen vereinzelte Vorstöße starker feindlicher Kräfte blutig ab. Die Gefangenenzahl nimmt weiter zu. In heftigen Nachtkämpfen erstürmten unsere Truppen östlich Drohobysz eine russische Stellung und eroberten den Ort Neudorf; hierbei wurden 180090 Gefangene gemacht. Die russische Gegenoffensive über den Dnjestr in O galizien kam an der Pruthlinie zum Stehen. Die feindlichen Durchbruchsversuche bei Kolomea sind gescheitert; alle Angriffe gegen diesen Brückenkopf wurden schwersten Verlusten des Feindes abgeschlagen. In den Kämpfen im Berglande von Kielce, die stellenweise noch andauern, sind bisher 4000 Gefangene gemacht. Seit 16. Mai ist die Gesamtsumme der Gefangenen um weitere 20 000 Mann gestiegen; sie beträgt seit 2. Mai 194000 Mann.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Großes Hauptquartier, 2. Mai. (W. T. B.) Keine wesentlichen Aenderungen. Oberste Heeresleitung.

1nter 1

Der Krieg zur See.

London, 21. Mai. (W. T. B.) „Lloyds“ meldet aus Brixrham: Das Fischerfahrzeug „Sunstar“ landete hier den Kapitän des französischen Fischdampfers „St. Just“ von Arcachon. Der Kapitän meldete, daß sein Dampfer von einem deutschen Unterseeboot bei Starpoint gestern nachmittag versenkt wurde. Die Besatzung von 13 Mann sei ertrunken.

Rotterdam, 2X. Mai. (W. T. B.) Wie der „Rotter⸗ damsche Courant“ aus London meldet, ist der Fisch dampfer „Cornelian“ 60 Meilen von Wiek gesun ken. Fisch dampfer,Crimond“ aus Aberdeen ist am 19. Mai 50 Meilen südsüdwest der Fairinsel durch ein Unterseeboot versenkt worden. Die Besatzung ist gerettet. Der schwedische Dampfer „Indianie“, von New York nach Gothenburg unterwegs, wurde nach Leith aufgebracht.

18 * Ver

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

St. Petersburg, 21. Mai. (W. T. B. Der stab der kaukasischen Armee meldet unter dem 18. In der Gegend von Olty sind Abteilungen unserer Truppen ein wenig nach Süden vorgerückt und haben die Höhen von Tschakhizbaba und Kodjett besetzt. In der Richtung auf Melazghert haben unsere Vorposten mit den Türken bedeu tungslose Zusammenstöße gehabt bei dem Dorfe Kopp westlich von Melazghert. In der Gegend von Wan wurden d Türken von der Höhe von Khanktur in der Richtung auf Deiar zurückgeworfen. Auf den anderen Gebieten keine ? änderungen.

Konstantinopel, 21. Mai. (W. T. B Das Haupt Aartier teilt mit: An der Dardanellenfront setzte der Feind in der Nacht zum 20. Mai um Mitternacht einen An griff gegen unseren rechten Flügel an, der jedoch unserem Gegenstoß scheiterte; ebenso gegen unser Zentrum und unseren linken Flügel lustreich für den Feind zurückgeschlagen, der bei seiner überstürzten Flucht 80 Tote in den Schützengräben zurückließ. Gestern fand kein Gefecht in diesem Abschnitt statt; nur einer unserer Flieger bewarz den Feind wirksam mit Bomben, deren eine auf einen großen Transportdampfer fiel. Gestern vormittag versuchten die Verbündeten bei Sedil Bahr unter dem Schutz ihrer Schiffsgeschütze einen überraschenden Angriff gegen unseren linken Flügel, hatten aber keinen Erfolg und wurden durch unseren Gegenangriff mit dem Bajonett vertrieben. Feindliche Schiffe nahe der Einfahrt in die Meerenge versuchten den ver⸗ geblichen feindlichen Angriff gegen unseren linken Flügel durch heftiges Feuer zu unterstützen und vortragen zu helfen, aber unsere vorgeschobenen Batterien auf dem anatolischen Ufer be⸗ schossen die feindlichen Schiffe erfolgreich und trafen zwei von ihnen mehrere Male. Von den anderen Kriegsschau plätzen ist nichts zu melden.

ĩ JYenergal

v * al:

16

dürden Ingriffe