1915 / 125 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 May 1915 18:00:01 GMT) scan diff

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kurch die Verhandlung erreicht worden: einmal hat man gesagt, daß alshald nach dem Kriege an die gesetzliche , gegangen werden soll, sodann, daß sowobl für die Invaliden wie für die Hinter ; bliebenen das Arbeitseinkommen berickfichtigt werden soll, endlich abet, und das scheint uns die wichtigste Jusage, daß schon Jetzt nach diesen Grundsätzen nach Möglichkeit verfahren werden soll. Hier heißt es, daß die Gabe, die den 3a. erreichen soll, die Familie vor dem Rückfall in soziale Not zu retten, nur dann wirksam ist, wenn sie sofort gegeben wird. Wir haben jetzt schon eine große Zahl von Witwen, die in dieser Lage sind; jetzt kommt es darauf an, ihnen die Aufrechterhaltung ihrer Lebenshaltung zu ermöglichen.

Hierauf werden die Kommissionsanträge einstimmig an⸗ genommen und die darauf bezüglichen Petitionen dem

Reichskanzler als Material überwiesen.

Inzwischen ist die Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Lesung zum Gesetzent wurf, betreffend die Miet- und Pachtzinsforderungen , verteilt wor⸗ den. Das Haus tritt in die dritte Beratung. Bei nochmaliger Abstimmung wird der Antrag Waldstein⸗-Landsberg, der vor⸗ her noch nicht gedruckt vorlag, wiederum angenommen, und in dieser Fassung endgültig die Vorlage in ganzen.

Auf Antrag des Abg. Haase (Soz.) werden von den weiteren Anträgen der Budgetkommission diejenigen über die Petitionen in der Beratung vorweggenommen, die von August Diederichs in Bonn und von Lorenz Zeiler in Heiners— dorf bei Fürth eingereicht sind und Vorschläge für die Friedens— verhandlungen enthalten, beziehungsweise den sofortigen Frie⸗ densschluß ohne Kriegsentschädigung fordern.

Referent Abg. Dr. Stresemann (ul) empfiehlt den Kom⸗ missionsantrag auf Uebergang zur Tagesordnung.

Abg. Ebert (Soz): Nach den Erklärungen, die uns der Herr Reichskanzler gegeben hat, sind von Oesterreich⸗Ungarn und Deutsch⸗ kand die größten Anstrengungen gemacht worden, um den Krieg mit Italien zu vermeiden. Jesterreich⸗Ungarn hat sehr weitgehende Zu⸗ geständnisse gemacht, Zugeständnisse, die den ernsten Friedenswillen stark zum Ausdruck brachten. Bei einigermaßen gutem Willen Italiens hätte der Friede erhalten werden können, aber man wollte den Frieden nicht. Das mit uns verbündete italienische Volk ist frivol in die Schrecknisse des Krieges hineingestürzt worden. Man wollte nicht nur eine Angliederung der italienischen Sprachgebiete Oesterreichs an Italien, die man ohne Schwertstreich haben konnte, man wollte weiter darüber hinaus Machterweiterungen sogar mit Vergewaltigung fremd⸗ sprachiger Gebiete; Italien führt also keinen Verteidigungs⸗, sondern einen Angriffs- und Eroberungskrieg. In dieser Auffassung befinden wir uns in Uebereinstimmung mit unseren tapferen Parteigenossen in Italien. Nun werden neue Hunderttausende auf die Schlachtfelder geführt werden. Unser Land, das schon seither gegen eine Uebermacht zu Lande und zu Wasser stand, wird vor eine neue blutige Kraftprobe gestellt. In dieser Stunde gesteigerter Gefahr bekennen wir uns rückhaltslos zu dem, was wir am 4. August und später hier erklärt haben. Wir stehen zu unserem Volk, wir werden einmütig für das deutsche Volk unsere ganze Kraft einsetzen, um dieser neuen Gefahr Herr zu werden und unser Land zu schützen. Aber wir beklagen es tief, daß mit dieser Erweiterung und Verschärfung des Krieges die aufkeimenden Hoffnungen auf einen baldigen Frieden in weitere Ferne gerückt sind. Unerhört sind die Opfer an Menschenleben in allen Ländern, uner⸗ meßliche Kulturgüter sind vernichtet, mehr und mehr macht sich überall das Verlangen geltend, dem Entsetzen endlich ein Ende zu machen. Aber trotz dieser verschärften Situation glauben wir, treu unserer sozialistischen Weltanschauung, dieser Friedenssehnsucht Ausdruck geben zu sollen. Wir wissen uns in Uebereinstimmung mit großen Schich— ten aller Völker darin, daß wir den Frieden wollen ohne Vergewalti⸗ gung eines anderen Volkes, einen Frieden, der ein dauerndes . menwirken aller Kulturvölker wieder ermöglicht. Darum wenden wir uns mit Entschiedenheit gegen diejenigen Bestrebungen, die den Frie— den abhängig machen wollen von allerlei Eroberungen. Wir haben von Anfang an den Standpunkt eingenommen, daß wir jeden Eroberungs—⸗ krieg verurteilen. An ihm halten wir fest angesichts der glänzend be⸗ tätigten wirtschaftlichen und militärischen Widerstandskraft unseres . und angesichts des durch unsere tapferen Volksgenossen er⸗ kämpften günstigen Standes des Krieges. Dieses Aussprechen der Friedensbereitschkaft kann von niemandem als Schwäche gedeutet werden nach den gewaltigen Leistungen unseres Volkes in diesem Kriege draußen vor dem Feinde und daheim, wo alle ihre Pflicht tun. Ein Mitglied dieses Hauses hat in einer Versammlung gesagt, das ganze Volk ist ein Held, einem solchen Volke darf nicht länger vorenthalten bleiben, worauf es schon längst einen berechtigten Anspruch hat, und was es schon längst besitzen müßte, die Gleichberechtigung aller auf allen Gebieten, gleiche Entwicklungsmöglichkeit für jeden. Nur so wird es möglich sein, unserm innerpolitischen Leben eine gesunde Basis zu geben, nur so wird es allen Volksgenossen möglich sein, freu= dig mitzuarbeiten an den gewaltigen Aufgaben auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet, die das deutsche Volk nach dem Kriege erfüllen muß. Entschlossen, unser Vaterland in diesem Sinne zu einem wohnlichen Hause für alle auszubauen, werden wir Sozial⸗ demokraten für die wirtschaftliche und politische Selbstbehauptung alle Kräfte einsetzen in diesem Riesenkampfe für die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des deutschen Volkes.

Abg. Graf von Westarp (dkons.): Meinen politischen Freun⸗ den scheint keine Notwendigkeit vorzuliegen, auf die Vorgeschichte der italienischen Kriegserklärung weiter einzugehen. Der Herr Reichskanzler hat das gestern so klar und eindrucksvoll getan, daß sich jedes weitere Wort darüber erübrigt hätte. Was mich dazu zwingt, gegen unsere Absicht das Wort zu ergreifen, ist der Umstand, daß die Herren Sozialdemo⸗ kraten den heutigen Tag für geeignet erachtet haben, von neuem ihren Standpunkt auszusprechen, nach welchem der Friede unter keinen Um⸗ ständen von Eroberungen, wie sie es nennen, also von Gebietserwer⸗ bungen, abhängig gemacht werden soll. Warum dieser Standpunkt heute e e, ., werden mußte, ist mir nicht klar ersichtlich. Die Wahl des Augenblicks, in dem die Sozialdemokraten es für nötig gehalten haben, diesen Standpunkt noch einmal hier auszusprechen, bedauern wir. Wir sind der Ansicht, daß diese Aussprache in der gegenwärtigen ernsten Stunde alles andere als nützlich sein kann. Die Sozialdemokratie hat in früheren Erklärungen gesagt, daß sie diesen Standpunkt in Uebereinstimmung mit der Internationale ein⸗ nehme. Ob sie noch heute der Ansicht ist, daß in der Frage eine volle Uebereinstimmung der Internationale, auch in den uns feindlichen Ländern, besteht, das will ich ihrem eigenen Urteil überlassen. Das eine aber muß ich aussprechen: nach unserer Auffassung sind die Grund⸗ sätze der Internationale in diesem Augenblick für derartige Fragen absolut gleichgültig, absolut unverbindlich. Die Aeußerungen des sozialdemokratischen Redners zwingen uns aber, unsere gegensätzliche Auffassung auch heute zum Ausdruck zu bringen. Das „consentire videtur“ in dieser Frage können wir nicht zulassen. Wir meinen, daß es geradezu eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes ist, solche Schädi⸗ gungen getreuer Länder, wie wir sie in Ostpreußen und im Elsaß erlebt haben, unter keinen Umständen wieder zuzulassen; wir stellen uns vollständig auf den Standpunkt der Erklärungen, die der Herr Reichs— kanzler gestern abgegeben hat, daß es darauf ankommt, alle nur mög⸗ lichen realen Garantien und Sicherheiten zu schaffen, daß kein Mensch mehr einen Waffengang mit uns wagen wird, und unser Haus fester als zuvor zu bauen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn aus— schließlich die eigenen militärischen, wirtschaftlichen und politischen Interessen des Reiches maßgebend sind, und wir sind weiter der Auf⸗ fassung, daß wir auch vor den hiernach erforderlichen Gebietserwerbun⸗ gen nicht zurückschrecken dürfen. Der sozialdemokratische Redner hat es weiter für richtig gehalten, auch innerpolitische Forderungen bei dieser auswärtigen Angelegenheit zur Sprache zu bringen;: auch diese Aeuße rungen konnen wir für zeitgemäß nicht erachten. Die immer wiederholte Forderung, endlich Gleichberechtigung allen Volkskreisen zu geben, kann im Auslande den falschen Glauben verbreiten, als

wäre unser Volk unzufrieden, als wäre ihm die Gleichberechtigung ver⸗ sagt. Wir halten solche Aeußerungen für schädlich und schieben die volle Verantwortung dafür den Sozialdemokraten zu. Im übrigen handelt es sich bei 6 Auseinandersetzungen um Fragen der Zu⸗ kunft; das eine aber steht feft und wird auch durch solche Auseinander⸗ setzungen nicht berührt und nicht in Frage gestellt, und das ist das, daß auch die italienische Kriegserklärung nichts ist als ein weiterer Hammerschlag, mit dem die volle Einmütigkeit unseres ganzen Volkes in diesem Kampf und der feste Entschluß zu jedem Opfer, der unbeug⸗ same Wille, zu siegen, stahlhart gehämmert wird. 3.

Abg. Schiffer (nl): Der Abg. Graf Westaup schloß mit der Be⸗ tonung der vollen Einmütigkeit unseres ganzen Volkes. Ich habe aus der Rede des Abg. Ebert in der Hauptsache eigentlich nichts anderes herausgehört, als das neue Bekenntnis zum deutschen Volke. Der sozigldemokratische Redner hat vor dem Inland und Ausland festgestellt, daß sich an der Haltung seiner Partei vom 4. August nichts geändert hat, er hat, damit bewiesen, daß diese Haltung nicht einer momentanen Stimmung entsprach, sondern begründet ist in der. Affe ung, die seine Partei jetzt betätigt hat. Das können wir mit Freude af n Das ist das, was unser ganzes Volk zeigt: unser Volk ist si . treu. Wenn die Begeisterung nicht mehr so ist wie in den ersten Tagen des Weltkrieges, so ist noch größer vielleicht die stille und starke Entschlossenheit, mit der wir jetzt alle Opfer und Wunden tragen. Es gibt vielleicht nichts Größeres als die würdevolle, stolze und tiefe Ruhe, mit der unser Volk jetzt die italienische Kriegserklärung auf⸗ genommen hat. Wir achten fremdes Eigentum bei uns kommen keine Ausschreitungen vor, wie zur Schande der Menschheit in. Italien. Wir sind nicht abhängig von Stimmungen und haben den jetzigen Weg beschritten aus der tiefinnersten een, daß wir Opfer bringen müssen und weiter bringen werden, bis das Ziel erreicht ist (Rufe bei den Sozialdemokraten: Welches Ziel?). eber das Ziel besteht allerdings zwischen den Sozialdemokraten und uns eine Kluft. Ge⸗ wiß, auch wir führen keinen Eroberungskrieg, wir würden dafür keine Opfer gebracht haben, so ist es nicht, daß wir nach napoleonischen Tendenzen Eroberungen erstreben; wir sagen, daß die unerhörten Spfer an Gut und Blut ein Entgelt verlangen, aber nicht als ob wir irgend welches Land erobern wollten, sondern lediglich in dem Sinne, daß die Opfer uns die Verpflichtung auferlegen, reale, greif⸗ bare Sicherheiten dafür zu schaffen, daß diese Opfer nicht umsonst gebracht sind. Sollen wir uns mit irgend welchen Hoffnungen be⸗ gnügen nach dem, was wir durchlebt haben? Wir sind es unserem Volk schuldig, daß wir wenigstens für kommende Geschlechter einen festen Wall gegen alle die aufrichten, die uns angegriffen haben. Das ist der Unterschied, daß wir nicht in die alte Träumerei ö wollen, daß wir nicht von Freundschaften wir haben bittere Er⸗ fahrungen damit etwas erhoffen, und daß wir nicht um dieser Theorie willen auf irgend etwas verzichten, was uns militärisch auf⸗ gegeben ist. Lediglich reale Sicherheiten zu schaffen, muß unsere Aufgabe sein, und wenn diese realen Sicherheiten eine Erweiterung unserer Grenzen verlangen, wenn militärische Notwendigkeiten es erforderlich erscheinen lassen, unsere Grenzen anders zu gestalten, um besser gerüstet zu sein gegen Angriffe, so halten wir es für eine tief⸗ sittliche Pflicht, daß diese Veränderung der Grenzen eintritt. (Ruf des Abg. Dr. Liebknecht; Kapitalsinteressen) In diesem Augenblick von Kapitalsinteressen zu reden, das ist unfaßbar für jeden.

Präsident Dr. Kaempf: Es ist der Zwischenruf „Kapitals⸗ interessen' gefallen. Ich habe aber nicht gehört, von wem, und fordere den Rufer auf, sich zu melden. (Abg. Dr. Liebknecht meldet sich. Ruf aus der Mitte: Lassen Sie doch den Narren reden! Fort⸗ gesetzter Lärm; stürmische Pfuirufe) Unter diesen Umständen rufe ich den Abg. Liebknecht zur Ordnung. . .

Abg. Schiffer (ul.) fortfahrend: Wir wollen uns nicht verblüffen lassen von dem, was wir soeben gehört haben. Wir wollen zeigen, da das ganze Volk als eine Partei dem Auslande gegenüber und in Blut und Tod einig zusammensteht. Wenn später Verschiedenheiten hervortreten sollten, wenn wir später zum gemeinsamen Ziele verschiedene Wege werden gehen müssen, vorläufig werden wir uns diesen Luxus noch nicht leisten können. Bis zu diesem Ziele, bis zu dem Siege, den wir erringen werden, ist dielleicht noch ein langer, bluti . Weg, aber ihn wollen wir allesamt in deutscher Treue zusammẽngehe n. ; .

Abg. Scheidemann , F weise die Rolle, die Graf Westarp sich uns gegenüber angergaßt hat, als ob nach der Rede des Reichskanzlers sich jedes Wort unsererseits erübrige, ganz entschieden zu⸗ tück. Was wir sagen wollen, entscheiden wir selbst nach bestem Wissen und Gewissen, ob es dem Grafen Westarp paßt oder nicht. Wenn wir heute das Wort genommen haben, dann ist es in letzter Linie darauf zurück= zuführen, daß wir Reden außerhalb dieses Hauses, törichte Reden, die uns im Auslande schaden, zurückweisen mußten. Unser Standpunkt, daß das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes nicht angetastet werden darf, ist im nationalen Interesse vollkommen zu rechtfertigen. Es ist eine sehr be⸗ schränkte Auffassung, anzunehmen, daß jetzt von internationalen Dingen keine Rede jein darf. Glauben Sie etwa, daß alle die internationalen Fäden in Kunst und Wissenschaft auf lange Zeit zerrissen werden können? Graf Westarp hat den Reichskanzler für seine Anschauungen reklamiert. Ich für meine Person glaube, daß er es mit Unrecht getan hat. Ich glaube, daß der Kanzler heute noch zu dem steht, was in der Thronrede gesagt ist: Wir führen keinen Eroberungskrieg! Mit Recht hat Kollege Schiffer eine ganze Anzahl von Aeußerungen des Grafen Westarp direkt ab⸗ geschüttelt. Was der Abg. Ebert hier ausgesprochen hat, entspricht unserem Bekenntnis vom 4. August und dem, was wir in den letzten schweren zehn Monaten hier gemeinschaftlich geschaffen haben. Das höchste und wert⸗ vollste Recht eines jeden Volkes ist in unseren Augen das Recht der Selbstbestimmung. Wir sind dafür, daß, sowie das Ziel der Sicherung erreicht ist, wenn die Gegner darum bitten, Frieden gemacht werden kann. Der beste Wall zum Schutze unseres Volkes ist, abgesehen vom seiner Entschlossenheit, mit die Möglichkeit, in Zukunft dauernd mit unseren Nachbawölkern im Frieden zu leben. Die Zensurfrage ist von der denkbar größten Bedeutung auch für die Einheitlichkeit und Entschlossen⸗ heit des deutschen Volkes. Ich will dabei nicht unerwähnt lassen, daß ja auch draußen im Auslande gleiche Beschwerden, wie bei uns, laut werden. Ich meine, wir hätten in dieser Beziehung mit dem Spionage⸗ gesetz vollkommen ausgereicht. Auf jeden Fall ist die unumschränkte Macht⸗ befugnis der militärischen Oberbefehlshaber ein großes Uebel. Auf die Beschränkungen der Preßfreiheit in England darf man sich nicht berufen, da im allgemeinen in politischen Dingen die Zensur dort immerhin liberal gehandhabt wird. Gerade die Nahrungsmittelfrage ist bei uns mit einer verblüffenden Offenheit behandelt worden. Das beweist am besten, daß uns die Erörterung bestimmter Fragen im Auslande nicht schadet. Bei uns entbehrt die Handhabung der Zensur und die Errichtung des Belage⸗ rungszustandes, soweit nicht militärische Fragen in Betracht kommen, jeder Berechtigung. Es handelt sich in der Handhabung der Zensur um eine vielfach allerdings nur drakonische Strenge, um eine solche, die zum Zorn reizt, und um eine willkürliche, die man als parteilich bezeichnen muß. Kleinlich ist auch die Sperrung des zeitweiligen Straßenhandels von Zeitungen, die Artikel über ganz nichtige Fragen gebracht haben. Auch das künftlerisch ausgeführte Reklameplakat des „Vorwärts“ ist seinerzeit ver⸗ boten worden. Ganz besonders groß ist die Anzahl der Beschwerden aus dem Bezirke des VII. Armeekorps, für die wohl weniger General von Gayl als seine Ratgeber verantwortlich sind. Dort hat man es mir verboten, über die Friedensbedingungen zu reden, was man nationalliberalen Herren gestattet hatte. Ganz besonders übel wurde unserer Elberfelder Zeitschrift „Das Morgenrot“ mitgespielt. Sie wurde wegen eines Artikels über das Friedensziel verboten und der Redakteur verhaftet. Ein Fluchtverdacht ist bei dem berheirateten Manne ausgeschlossen, und die Verhaftung muß schleunigst wieder aufgehoben werden. Das macht böses Blut. Einem i,, n wurde es verboten, eine Broschüre über den Hammprozeß

erauszugeben, weil sie das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz er⸗ schüttern könne, obgleich alle Zeitungen ausführlich über den Prozeß be⸗ richtet haben. Unter Präventivzensur stehen nur sozialdemokratische Zei⸗ tungen. Diese Blätter kommen dadurch in die Lage, die neuesten Nachrichten erst zu bringen, wenn die Genehmigung eingegangen ist, d. h. vielfach erst nach einer Reihe von Tagen, nachdem sie vollständig deraltet sind. Ich erfülle eine Pflicht der Loyalität, wenn ich feststelle, daß wir mit unseren

roßes Verständnis finden, aber leider sind diese Behörden gegenüber den . Generalen machtlos. Es ist gesagt worden: Glauben Sie, uns rührt es, wenn Sie Neichgtagscbgeordnete sind und nach Berlmn fahren, um fich zu beschweren? Damit ärdern Sie nichts; uns Hu niemand etwas zu sagen, Exzellenz entscheidet, und damit ist die Sate erledigt. Mindesteng bei dem Verbot einer Zeitung müßte der Reick. kanzler zustimmen; diese Machtbefugnis müßte den Generalen genommen werden. Die Generale sagen, über ihnen stehe nur der Kaiser, und daz ift ja katsachlich richtig, weil die Jivilbehörden sich die Macht haben aus der Hand nehmen laffen. Die Beschwerdeführer mögen sich daher im den Kaiser wenden, damit dieser den Generalen sagt, sie sollen sich nickt garzupiel Entgleisungen ven ihren Beratern, den Jensgren, raten laffen. Im VII. Armeekoms ist es am schlimmsten; in Baverm und in Straßburg ist es gelungen, Zensoren, die von ihrem undankbaren Amt auch gar keine Ahnung hatten, auszuscheiden. Auch die Herren von zch verbündeten Regierungen sollten nicht unterschätzen, ein wie großes Maß von Erbitterung durch diese Handhabung der Zensur erzeugt wird. Ven militärischen Dingen abgesehen, soll auch jetzt im Kriege die Rede und die Presse frei sein. . . .

Ueber die beiden Petitionen wird hierauf zur Tages— ordnung übergegangen.

Weitere Anträge der gehen dahin:

7 a. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage mög— lichst bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den S 51 des Ver— sicherungsgesetzes für Angestellte so ändert, daß in den Fällen der Nummer 1 und Wdie Kalendermonate angerechnet werden als Beitragsmongte im Sinne der 8, 4 und 171 b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei der Aufstellung des Kriegs wirtschaftsplans für das Erntejahr 1915/‚16 folgende Maßnahmen in folgender Richtung zu treffen: I) Zum Zwecke einer wohlfeilen Kartoffelversorgung der weniger bemittelten Bevölkerungsschichten ist eine ausreichende Menge von Kartoffeln sicherzustellen; . 2) soweit hierzu eine Beschlagnahme notwendig ist, sind vorzugs⸗ weise Betriebe mit über 10 Hektar Kartoffelland heranzuziehen.

Reichs haus haltsetatskommission

II.

Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, daß sämtlichen Mann— schaften wahrend der Dauer des Krieges bei Beurlaubungen freie Eisenbahnfahrt gewährt wird.

Referenten sind zu 1 Abg. Graf von Westarp (Ckons.), zu II Alg, Rogalla von Bieberstein (kon). J .

Referent Abg. Graf von We st arp (dkons. : In sozialpelitischer Beziehung haben die Kommission mehrere Materien beschäftigt. Der Antrag auf Anrechnung der Militärdienstzeit der Angestellten bei der Versicherung wurde vom Staatssekretär mit der. Erwägung bekämpft, daß diese Anrechnung ohne Erhöhung der Beiträge nicht möglich sei; doch schwebten Erwägungen über die Möglichkeit, durch eine Kriegsmaßnahme die Anrechnung der Kriegsdienstzeit herbei= uführen. Weiter wurden über die Gewährung der Wochenhilfe und über die Unterbringung und Unterstützung von Vollwaisen Erörte= rungen gepflogen. Sodann kam die Frage der Bergarbeiterlöhne ur Besprechung. Es erfolgte die Erklärung, daß der preußische i, ,, der Frage der Erhöhung seine Vufmerksamkelt widme, auch Verhandlungen mit den Privatbergwerksbesitzern eingeleitet habe. Angeregt wurde auch die Einführung von Einigungsämtern im Berg. bau; es wurde Klage darüber geführt, daß den Bergarbeitern Ver—= handlungen über die Erhöhung der Löhne verboten worden sind. Auch wurde das Verlangen gestellt, daß die Arbeiterschutzbestimmungen in vollem Umfange aufrecht erbalten werden müßten, und vom Staats sekretär eine entgegenkommende Erklärung . ö. ;

Abg. Sachse Soz); Mit dem Kommissionsbeschlusse, daß § 51 des Versicherungsgesetzes für die Angestellten dahin geandert werde, daß ihnen die Kriegszeit als Beitragszeit angerechnet wind, können wir uns nur einverstanden erklären. Manche Fahrikanten suchen sich der ihnen vom Kriegsministerium auferlegten Verpflich= tungen, die tarifmäßigen Löhne zu bezahlen, zu entziehen. Die Re— gierung sollte gegen diese Drücteberger unverzüglich vorgehen. Die Hilfsarbeiter der Post und Cisenbahnverwaltung werden mit jammer= vollen Löhnen abgefunden. Es müßte ihnen doch mindestens der orte übliche Tagelohn gegeben werden. Die Arbeitgeber bekämpfen das Verbot der Nachtacheit in den Bäckereien. Wenn sie dabei sich darauf berufen, daß das Verbot gesundheitsschädlich sei, so ist das geradezu lächerlich. Ich bitte die Regierung dringend, sich in der Aufrechterhaltung dieser Arbeiterschutzhestimmung nicht irre machen zu lassen. Was die Bergarbeiter betrifft, so haben sie sich seit Aus— bruch des Krieges über erhebliche Lohnreduzierungen zu beklagen, Im allgemeinen sind die Sperren nicht aufgehoben worden. Ich gebe zu, daß der Handelsminister nicht den Mut hat, Wandel zu schaffen. Im allgemeinen aber sind die gezahlten Löhne, namentlich mit Rücksicht auf die eingetretene Teuerung, viel zu gering. Wir haben deshalb vorgeschlagen, gerade während des Krieges Einigungs—⸗ ämter zu schaffen, um Lohnstreitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Es wurde uns aber von oben geantwortet, die Berz herren ließen sich aus prinzipiellen Gründen nicht darauf ein. Um die Teuerung auszugleichen, verlangten die Arbeiter Teuerungẽ— zulagen. Diese wurden auch zum Teil bewilligt, aber in so geringem Umfange, daß sie völlig unzureichend waren. Die Zechenbeamten haben im allgemeinen ein gewisses Entgegenkommen gezeigt. n kam aber die bekannte Rede eines der Jechengewaltigen im Ruhr. revier, des Herm Kirdorf. Dieser lobte zwar die Arbeiter wegen ihns vaterländischen Verhaltens während des Krieges, aber er zog daraus nicht die Konsequenz, daß er den Arbeitern auch etwas zulegen sollte. Im Gegenteil, er hat die Minister wegen ihres Verhaltens den Arbeitern gegenüber getadelt. Zu diesem Tadel lag wirklich keine Veranlassung vor, denn im Ruhrrevier sind die Teuerungszulagen später gegeben worden als in anderen Revieren. Es wurden dort Lohnabzüge sogar im Schichtlohn und im Gedingelohn ohne die vor— schriftsmäßige Ankündigung vorgenommen. Horrende Strafen wurden ausgeworfen, und auf einer Zeche wurde Arbeitern, die eine Sonn, tagsnachtschicht nicht befahren woll ten, verweigert, die nächste Schicht zu befahren. Diese und ähnliche Maßnahmen haben unter den Ar beitern des westfälischen Bergreviers große Erregung hervorgerusen. Wenn die Regierung die Mahnungen . Bergarbeiter in den Wind schlägt, so trägt sie dafür die Verantwortung; wir sind für die Folgen nicht verantwortlich.

Staatssekretär des Innern, Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums Dr. Delbrück: .

Meine Herren! Der Herr Abg. Sachse hat eine Reihe sozial= politischer, nicht den Bergbau betreffender Wünsche und Forderungen hier vorgetragen, die schon in der Kommission Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen sind. Ich glaube, ich handle nach Ihrer aller Wunsche, wenn ich auf diese schon besprochenen Einzelheiten nickt eingehe. (Sehr richtig) Ebensowenig bin ich auch imstande, au die Fülle von neuen Einzelfällen einzugehen, die der Herr Abg. Sachse hier vorgetragen hat, von denen ich heute zum ersten Male hre Ich habe mich auf diese Dinge nicht vorbereiten können, kann also auch nicht darauf antworten.

Der Hert Abg. Sachse hat dann über die allgemeine Lage der Bergarbeiter im Ruhrrevier und in den anderen Revieren mit be— wegten Worten Klage geführt. Er hat aber auch schon darauf hin— gewiesen, daß ihm in der Kommission mitgeteilt ist, daß von den zunächst dazu berufenen preußischen Herrn Minister für Handel und

Ich kann hinzufügen, 2.

mit aller Enischiedenheit entgegenzutreten.

(Fortsetzung in der Zweiten Beilage)

Beschwerden bei den Zivilbehörden großes Entgegenkommen und auch

a .

Gewerbe Schritte getan find, um NUebelständen, soweit sie besteben,

zum Deutschen Reichsanzei

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage)

auch der Herr Reichskanzler persönlich dieser Frage die größte kufmerksamkeit zuwendet (Bravo ), und daß ich infolgedessen die Feffnung aussprechen kann, daß, soweit begründeter Anlaß zu Be⸗ werden vorhanden gewesen ist, diesen Beschwerden abgeholfen wer⸗ a wird. GBeifall) Meine Herren, man könnte unter diesen Umständen zweifeln, 6 es notwendig und nützlich war, diese Frage in dem Umfange, wie ier geschehen ist, und mit dem Schluß, den der Herr Abg. Sachse mnen Ausführungen gegeben hat, hier in der Oeffentlichkeit zu ver⸗ deln. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen. Ich mm überzeugt, daß der Herr Abg. Sachse die Ausführungen, die er ger gemacht hat, in der Absicht gemacht hat, nicht nur Abhilfe zu Faffen, sondern auch in den Kreisen der von ihm vertretenen Berg⸗ ate nicht Unruhe, sondern Beruhigung zu schaffen. Zustimmung ei den Sozialdemokraten.) Ich will wünschen, daß ihm dies mit men Ausführungen gelungen ist. Immerhin hätte der Herr Abg. achse nicht vergessen sollen, daß solche Aeußerungen und Aus—⸗ brungen im Auslande falsch verstanden werden können, falsch ver— anden in einem Lande wie England, wo die Verhältnisse speziell n Bergbau sehr viel ungünstiger liegen als bei uns, und wo man solgedessen geneigt sein könnte, aus den Ausführungen, die der Herr bg. Sachse gemacht hat, auf die Verhältnisse bei uns Schlüsse zu then, die der Wahrheit absolut nicht entsprechen. ö Meine Herren, mit Rücksicht auf diese möglichen Wirkungen die Ausführungen des Herrn Abg. Sachse haben können, nacht doch hier noch einmal folgendes feststellen: Bei Beginn des sieges haben sämtliche Arbeitnehmerorganisationen sofort die be⸗ henden Streiks und in der Schwebe befindlichen Streitigkeiten er ihr Arbeits verhältnis eingestellt. Das gleiche haben die Arbert⸗ berorganisationen getan, und in vielen Branchen ist es zu einem sedlichen Zusammenarbeiten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern fommen, wie es das Interesse und die Sicherheit des Vaterlandes rderten. Es wäre ungerecht und unbillig, wenn ich hier nicht drücklich feststellte, daß dies die Norm war, und daß Arbeitgeber e Arbeitnehmer ihre patriotische Pflicht in jeder Beziehung erfüllt ken. (Beifall) ¶Neine Herren, ich stelle weiterhin fest, daß die Arbeiter in den ssckiedensten Arten von Betrieben sich überall mit Eifer und mit fer Hingabe ihrer Kräfte in den Dienst des Vaterlandes gestellt ken, daß man Ueherschichten nicht gescheut hat, daß Verlängerungen Arbeitszeit ertragen worden sind, daß man Abweichungen pon ur Sicherheit von Leben und Gesundheit der Arbeiter getroffenen schriften willig geduldet und auf sich genommen hat in der petieugung, daß die unbehinderte Fortführung der Arbeiten in den feffenden Betrieben im unerläßlichen Interesse des Vaterlandes Ft. Meine Herren, aus dieser Gesinnung heraus ist es auch überall ungen, Streitigkeiten über Löhne aus der Welt zu schaffen, ist es der Mehrzahl der Fälle gelungen, eine Regulierung der Löhne rrreichen, die der teurer gewordenen Lebenshaltung der Arbeiter soricht. Der Herr Abgeordnete Sachse hat ausgeführt ich kann will auf die Einzelheiten nicht eingehen —, daß das im Bergbau überall oder nicht genügend der Fall gewesen sei. Es ist sehr ker, über eine solche Frage im allgemeinen ein Urteil zu fällen. eit ich mich habe unterrichten können, sind aber die Bergarbeiter— , insbesondere die Löhne der Häuer, im Steigen begriffen. Ich sest überzeugt, daß es den Bemühungen der zuständigen staatlichen kanzen gelingen wird, auf dem Gebiete des Bergbaues das zu ichen, was überall auf anderen Gebieten in dieser oder jener m erreicht worden ist. Es kommt nicht darauf an, in welcher n jetzt im Kriege ein solcher Erfolg erzielt wird, ob das ein sedsgericht oder ein einzelner Beamter regelt, ob das eine Ver— rneperson der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer tut, nein, ut es uns allen ankommen muß, welcher Partei und welchem nde wir auch angehören mögen, ist, daß auch hier Verhältnisse keten, wie sie die Lage des Vaterlandes erfordert. (Bravo) Wir En uns darüber klar sein, daß die Arbeit im Bergbau eine vater⸗ icke Arbeit ist (sehr richtigh, daß die Arbeit im Bergbau, wie die Re jetzt während des Krieges liegen, so wichtig ist und so hoch fiet werden muß wie die Arbeit draußen im Schützengraben. Meine Herren, ich bin fest überzeugt, daß Arbeitgeber und imehmer bereit sein werden, diesen Verhältnissen Rechnung zu n. Wenn diese meine Ausführungen im Anschluß an das, was ert Abgeordnete Sachse vorhin gesagt hat, dazu beitragen könnten, dieses Ziel erreicht wird, dann wird auch die Rede des Herrn Erdneten Sachse die beruhigende Wirkung haben, die er von ihr st hat. Cebhafter Beifall.)

r Ib liegt der Antrag der Abgg. Albrecht u. Gen. . vor:

J Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, angesichts der für die nesten Volkskreise unerschwinglichen Lebensmittelpreise, die bei günstigen Stande der Nahrungsmittelversorgung Deutschlands leiner Weise gerechtferfigt sind, schleunigft folgende Maß— men zu treffen: ö .

L. a. Die Höchstpeise für Getreide, Mehl, Brot und Kartoffeln sofort wesentlich herabzusetzen. H. Für Hülsenfrüchte, Vieh, itt frisches Fleisch, Dauerwaren, Konserven) und Schmalz sind er niedrige Höchftpreise festzusetzen. ; ö

1. Die in s 3 des Gesetzes vom 4. August 1914, betreffend meine Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maß⸗ en dem Bundesrat erteilten Befugnisse, soweit sie sich auf fun en von . für Lebensmittel beziehen, gehen 1. August dieses Jahres ab auf einen guet für Lebeng⸗ Felpersorgung über, * aus zwölf vom Bundesrat und zwölf . Reichstag ernannten Mitgliedern und einem vom Reichs⸗ her ernann len Vorsitzenden besteht. r

III. a. Die Sicherstellung der Nahtunghmittelherfongung im ien Erntejahr wird einer Reichsstelle gh Lebensmittelber⸗

Zweite Beilage ger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1915.

Berlin, Montag, den 31. Mai

bensmittelversorgung wird die Reichsverteilungsstelle und die Reichsstelle für Kartoffelversorgung angegliedert und die Kriegs— getreidegesellschaft als Organisation der Verbraucher angegliedert Db. Die Reichsstelle für Lebensmittelversorgung erhält das Recht. Getreide, Kartoffeln, Zucker, Hülsenfrüchte und Vieh sowie deren Etʒeugnisse zu beschlagnahmen; sie hat sie den Organisationen der Verbraucher in erforderlicher Menge und Güte zur Auswahl zu stellen. e. Die Verwendung von Brotgetreide zur Verfütteruna ist verboten. d. Die Erzeugung von Branntwein aus Getreide Kartoffeln, Obst und Beeren, soweit diese als Nahrungsmittel zu verwenden sind, ist zu verbieten. e. Die Einschränkung der Malz— verwendung in den Bierbrauereien auf 60 Hundertteile des im gleichen Vierteljahr der Jahre 1912 und 1913 durchkschnittlich zur Bierbereitung verwendeten Malzes (Bekanntmachung vom 15. Fe⸗ bruar 1915) bleibt weiter bestehen. .

3 Berichterstatter): Bezüolich

Abg. Graf von We st a rp (kons.) (als der Höchstpreise waren zwei Meinungen. Die einen hielten die Höchst— preise für zu hoch, während die anderen der Ansicht waren, man könne die Preise nicht festsetzen ohne Rücksicht auf die gesamten wirtschaft— lichen Verhältnisse. Ein anderer Gesichtspunkt, der einwirkt, ist nun aber das Verhältnis zwischen den Produzenten und den Verkaufern. Hier wurde von allen Seiten geklagt, daß mit den Getreidepreisen nicht auch die Mehlpreise festgesetzt worden sind, ebenso wie bei den Kartoffeln es vermißt wurde, Höchstpreise zugleich für den Groß— und Kleinhandel zu bestimmen. Es wurde dann angeregt, ob es nickt möglich sei, die recht erhebliche Reserve an Getreide nickt schon jetzt anzugreifen, um für die hartarbeitenden Klassen die Brotration zu erhöhen. Der Staatssekretär meinte, er ha nicht für nötig die Reserven anzugreifen. Bei den Kartoffeln hat sich zurzeit en überraschendes Ueberangebot herausgestellt. Die . daß sie die Kartoffeln nicht loswerden können. Aber da vielleicht in zwei bis drei Monaten wieder eine Kartoffelknappheit eintreten kann, so wird es für vorteilhaft gehalten, diesem Ueberangebot gegenüber verständig wirtschaftlich zu handeln. Jetzt an den Kartoffelpreifen etwas zu ändern, wurde für unzweckmäßig gehalten, da es Unsicher— beit hervorrufen müsse. Auch die Zuschläge für die Landwirte für die Kartoffellagerung wurden besprochen. Von sachverständiger Seite wurde darauf hingewiesen, daß dieser Zuschlag noch nicht einmal zur Deckung der Unkosten ausreicht. Besprochen wurden auch die Abnahmeschwieriakeiten, denen die Zentrale für Kartoffelperwertung abhelfen will. Alle beschlagnahmten Kartoffeln follen demnach ab' genommen werden. Hervorgehoben wurde, daß die Schweineabschlach— tung wirksam gewesen sei. Es wurde aber auch darauf hingewiesen daß diese Gefahr seinerzeit zu sehr überschätzt worden ist und der k Ginkalt getan werden müsse. Bezüglich des neuen Wirtschaftsjahres wurde von landwirtschaftlicher Seite der Wunsch ausgesprochen, daß bei der Verwaltung der beschlagnahmten Vorräte wehr als bisher Landwirte als Sachverständige beteiligt fein möchten. Der Mangel von Höchstpreisen für Mehl erfuhr von mehreren Seiten scharfe Kritik. Für zweckmäßig erklärt wurden einstimmig auch Dochstpreise für Malz. Völlige Uebereinstimmung bestand auch für die Forderung der energischen Verhinderung von Umgehung der Höchstpreise. Bleiben soll es bei dein Sostem der Kontingentierung des Brotkonsums. Erörtert fourde auch die Frage einer Erhöhung der Rationen und eine verschiedene Festsetzung je nach dem Bedürfnis der Altersklasse. Ueber die zukünftige Gestaltung der Beschlagnahme und Verwertung des Brotgetreides bestanden. Meinunasverschieden⸗ heiten. Nach den Vorschlägen des Laͤndmoirtschaftsrats follen die Kommunalvxerbände in der Verwertung der Bestände selbständig bleiben; über ihnen sollen nach seinen Vorschlägen gewiffe Pro= binzialstellen stehen; bei dieser Organisation werde es auch möglich sein, den kleinen und mittleren Mͤihlen mehr als bisher Getreide zum Ausmahlen zuzuwenden. Die bisherige Drganisation der Kriegsgetreidegesellschaft dagegen erscheint ihm nicht vollkommen ge— AÄgnet, unverandert in das neue Erntejahr übernommen zu werden. In der Kammission wurden auch einzelne Vorwürfe gegen sie erhoben, aber die Forderung der Auflösung der Gesellschaft sei daraus nicht berzuleiten. Die Gesellschaft hat zunächst nur die Aufgabe gehabt, einen gewissen Vorrat anzusammeln, es sind ihr dann aber mehr und mehr obrigkeitliche Funktionen zugewiesen worden. Eine Resolution wurde bei der Gegensätzlichkeit der Auffassung nicht gefaßt; bezüglich der Kartoffeln wird dem Hause eine solche vorgeschlagen. Angeregt wurde auch, in der Landwirtschaft die Verwendung von Gefangenen möglich t zu erleichtern und auch die Beaufsichtigungsvorschriften diesem Wunsche anzupassen. Die Kommission hat schließlich die feste Ueber— zeugung gewonnen, daß wir sowohl im laufenden, wie im kommenden a m. mit den vorhandenen Lebensmitteln auskommen können und verden.

Sie sind schon für das laufende Jahr reichlicher vorhanden, Ils man angenommen hatte, und im kommenden Jahre werden die Verhältnisse noch günstiger liegen. Denn es wird dann möglich sein, von Anfang an mittels der Organisationen die nötigen Maßnahmen zu treffen, um viele Uebelstände zu vermeiden. Der Aushungerungs—⸗ plan unserer Feinde ist also als endgültig gescheitert anzusehen. Das derdanken wir den großen und umsichtigen Organisationen, die ins Leben gerufen worden sind, das verdanken wir vor allem aber auch dem guten Willen aller Beteiligten, der Verbraucher wie der Erzeu— ger. Unsere Feinde sollen es wissen, daß der Plan, ein Volk bon 0 Millionen mit Frauen und Kindern durch Hunger auf die Knie zu zwingen, gescheitert ist. Unsern Brüdern draußen im Felde können wir im vollen Bewußtsein unserer Verantwortung sagen, daß Hunger und Entbehrung von ihren Frauen und Kindern ferngebalten werden kann daß wir bis zum endgilltigen Siege durchhalten werden. Abg. Wurm (Soz.): Meine Freunde haben in der Kommission die Ueberzeugung gewonnen, daß die vorhandenen Nahrungsmittel in Deutschland jetzt und nach der neuen Ernte vollkommen augreichen, um den Aushungerungsplan unserer Feinde zunichte zu machen. Aber gerade deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht, um dem jetzt bestehenden Nahrungsmittelwucher wirksam entgegenzutreten. Wir wollen die Schäden beseitigen, die dadurch entstanden sind, daß gegen die Lebensmittelverteuerung viel zu spät und nicht planmäßig vor⸗ gegangen ist. Wir haben am 5. August dem Bundesrat diktatorische Vollmachten gegeben, aber alle Anregungen der Presse, der Verfamm— lungen gegen die Lebensmittelverteuerung haben nichts genutzt. Die Konsumenten haben keine Möglichkeit, sich zu wehren gegen den Wucher. Um so größer ist die Verantwortung des Bundesrats. Alle unsere Vorstellungen, auch die der Städte, haben nichts genutzt, man ist ihnen mit der Theorie entgegengetreten, die Höchstpreise selen not— wendig, um das Volk zum Sparen zu bringen. Auch unser Kollege Faßbender hat in einem Büchlein dem Volke den Rat gegeben, spar— am zu sein und weniger zu essen. Von den Physiologen aber be ommen wir eine andere Antwort. Professor Flügge von der hiesigen Universität hat in der „Frankfurter Zeitung“ ausgeführt, daß nur etwa 3 * unserer Bevölkerung ein Einkommen von über 2060 ½ hat. Die Mahnung zur möglichsten Sparsamkeit bei Nahrungsmitteln könne sich nur an jene 5 R richten, während die übrigen 5 23. sogar zum großen Teile unterernährt seien. Die Landwirtschaft hat sich sene Nahnung zu Herzen genommen und die Preise ,, Die Landwirte haben sich die Situation zunutze gemacht, die Kartoffeln i ef hen um auf immer höhere Preise zu warten. Die Reichs telle für Kartoffelversorgung hat geglaubt, den Landwirten einen An— 69 um Verkauf geben zu sollen, und ihnen einen Zuschlag bewilligt. ö uf Deutsch nennt man das eine Liebesgabe für die Kartoffelagrarier. Infolge der Zurückhaltung sind viele Kartoffeln verdorben. Badurch

ung übertragen, die untet Aufsicht des Reicht und des Aus— es für Lebensmittelversorgung steht. Der Reichsstelle für

toffeln. Man beruft sich nun darauf, daß die Händler die trügen. sie waren im Besitz der meiften Kartoffeln. Volk das Risiko der Händler an, sie haben ein * ieben, und wenn sie sich verspekuliert haben, ihre Sache s sind nicht nur die Kartoffel, Getreide,, Mehlpreife, sondern auch die Fleischpreise fortwährend in die Höhe gegan 45 3 toffelpreise, um so höher die Fleischpreise, und je Föher preise, um so höher die Kartoffelpreise. Es müssen sofort Höchst— preisée auch für Fleisch festgestellt werden. Jur Regelung dieser gan zen Sache muß ein Ausschuß für Lebensmittelversorgung gebildet wer— den, bei dem auch der Reichstag vertreten ist. Bis jetzt erfahren wir nur nachträglich, was der Bundesrat beschloffen hatte, und konnten seine Beschlüsse nur kritisieren. Der Verbrauch muß planmäßig geregelt erden, dazu brauchen wir eine Reichszentralstelle, in der samtlicke 1 (

Schuld

Faden zusammenlaufen. Die Landwirtschaft soll der Allgemeinbeit dienen, nicht Pritvatinteressen einzelner Kreise. Darum muß sie auch unter der Kontrolle der Allgemeinheit stehen. Wenn irgendwo heute eine Sozialisierung notwendig ist, so auf dem Gebiete der Landwirt= schaft. Wir haben an den Leistungen der Kriegsgetreidegesellschaft manches auszusetzen gehabt, halten sie aber trotzdem für eine nützliche Organisation, wenn sie jener Zentralstelle eingegliedert wird und unter der Kontrolle des Reiches steht. Die Kriegsgetreidegesellschaft hat die Getreide- und Mehlpreise herabgesetzt und an die Gemeinden die Aufforderung gerichtet, sich mit recht viel Mehl zu versorgen. Sollen die Gemeinden nicht geschädigt werden, fo muß die Preis mh igung mindestens um einige Wochen zurückdatiert werden' Die Lorschlage des Deutschen Landwirtschaftsrats, bzw. des Bundes der zandwirte denn das ist schließlich dasselbe laufen darauf hinaus: wir lind die Herren, und die Konsumenten werden ausgeschaltet. Die Vor⸗ schläge des Landwirtschaftsrats behindern keineswegs, daß das Brot teure wird, denn die Höchstpreise werden durch die Produzenten, also die Agrarier, festgesetzt. Man muß vor allem den Wucherern, dem Spekulantentum, dem verderblichen schmarotzerhaften Iwischenhandel wie er sich in den Zeitungsannoncen breit macht, entgegentreten. 66 ist. nur die mangelhafte Organisation daran schuld, daß die Preise gestiegen sind. Bestimmte Produzentenkreise rechnen immer darauf daß die Höchstpreise doch nicht von Dauer sind, und die Preise später noch weiter steigen. Wir sind das reichste Zuckerland der Welt und hatten eine Zuckerernte wie noch nie. Trotzdem sind die Preffe in die . gen,, Weshalb sollten die 6h 94 nur allmählich auf den . art kommen? T adurch wurde doch nur eine Preissteigerung her vorgerufen. Die Höchstpreisfestsetzungen scheinen bisher nur dazu da— gewesen zu sein, um immer weitere Erhöhungen eintreten zu lassen wenn die Produzenten mit Klagen kamen. Für die Folge dürfen Unten keinen Umständen Brotgetreide oder andere Lebensmittel verfüttert oder zur Alkoholerzeugung derwandt werden. Gbenso erwarten wir Daß die Einschränkung der Malzverwendung für das Bierbrauen be stẽben bleibt. Wir brauchen auch weiter energischen Schutz gegen den Wucher mit Lebensmitteln auf jedem Gebiete. Wir müssen das Volk gegen die Betrüger schützen, die ihm am Marke zehren.

Abg. Fischheck (fortschr. Volksp.: Wir bedauern daß unsere damaligen Anregungen zur Sicherstellung der Kebensmittelpersotgung nicht ur Durchführung kamen. Die Kriegsgetresdegesellschaft batte rechtzeitig die Mehlpreise in ein richtiges Verhältnis zu den Getreide- preisen setzen müssen. Alle dagegen gemachten Bedenken sind nicht , J. ö. über die Regierungserklärung, eine bessere . eilung der n sten Ernteerzeugnisse und der anderen Lebensmittel erbeizuführen. Viele Klagen waren verstummt, wenn man ernst— haft die Höchstpreise durchgeführt hätte. Die Regierung soll in dieser Beziehung nur tatkräftig in Zukunft durchgreifen, damit die Speku⸗ lanten nicht mit der Schwäche der Regierung rechnen können Ich hege Zweifel, ob für alle die bom Vorredner geforderten Lebensmittel

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zurückgehalten. Hens-Anfang' des Krieges an Lafür, eingetreten, daß dem Volke das Nahrungsmittel Wrot nicht verteuert werden soll, wir sind dafür eingetreten Im Interesse de Im Interesse des

eine Herabsetzung der Höchstpreise so ohne weiteres möglich ist. Ich weiß nicht, ob man dann nicht für alle diejenigen Entschädigungen zah= . 8 ,,. u den eugeren Höchftpre fen ge⸗ probukte . er . , . Hreise für Fleisch und Fleisch 9 . anöchte aber stark bezweifeln, ob es möglich ist, h . Höchstpreise festzusetzen. Das gilt ganz besonders für' Wurst; denn für Spie litäten kann man eben keine Höchstpreise vorschreiben, Der jrtige Mangel an, schlachtreifen Schweinen ist nicht beunruhigend. Dem. Schweineüberfluß mußte eben ein Schweinemangel folgen. Man . nit hin H wieder genug. Schweine vor⸗ ö sich von selbst regulieren werden. Mit einem Teil der Vorschläge des Deutschen Landwirtschaftsrates lind wir durchaus einverstanden. Lebhafte Bedenken aber haben wir dagegen, daß die Ueberschußkreise bei der Verwaltung des Getreides nicht mehr mitzureden haben sollen. Wir haben auch' nichts dagegen daß in den Organisationen zur Verwaltung des Getreides erfahrene Landwirte sitzen; aber die Gerechtigkeit fordert, daß diese Behörden parjtätische sind und nicht bloß das Interesse der Produzenten, sondern auch das der Konsumenten wahren müssen. Ich freue mich, daß auch, die, Kommission in ihrer großen Mehrheit diefe Auffassung teilt“ Die Kriegsgetreidegesellschaft hat schwere Fehler begangen, aber wir find doch durch sie zu gewissen Erfahrungen gelangt, die wir nicht durch neue Experimente preisgeben möchten. Wir wünschen, daß in Zukunft bei der Versorgung mit Brotgetreide und Mehl die kleinen und namentlich die mittleren Mühlen mehr berücksichtiat werden, daß d Getreidehandel, namentlich der nichtspekulative Kleinhandei . schaltet wird, daß bei der Versorgung mit Futtermitteln“ wirtschaft möglichstes Entgegenkommen gezeigt wird

feststeht, daß wir über reichliche Kartoffelvorräte verfügen

wir uns darüber freuen, anstatt Klage und Anklage zu en

in allem verdient die Organisation der Lebensmit

Deutschland, wie sie durch den Krieg geschaffen worden sist. wunderung, und wir hoffen, daß der Geist, der sie geschaffen, lche bleiben wird, daß die Hoffnung der Feinde, uns auszuhungern, art

lich zuschanden werde.

Abg. Dr. Roesicke (kons): In dem Wunsche, daß die Bevölke rung möglichst billige Nahrungsmittel baben soll, stimmen wir

dem Abg. Wurm zusammen; in der Beurteilung, die er der L wirtschaft glaubt angedeihen lassen zu müssen, gehen wir nicht mt ihm. Er hat der Landwirtschaft Spekulationssucht und Profitsucht vorgeworfen. Diese Worte, welche nicht gerade schöne Charnktereigen schaften bezeichnen, auf einen ganzen Beruf angewandt, bedeuten do kein Lob, sondern den schärfsten Tadel, und dagegen erbeben wir allem Nachdruck Protest. Wir bedauern lebhaft, daß der Abg.

es für angezeigt gehalten hat, in der heutigen Jeit der großen

keit des Volkes diese scharfen Tadelsworte auszusprechen

ganze Reihe seiner Aeußerungen konnte er nur tun, weil er die wirtschaft nicht kennt. Er meinte, die Landwirtschaft babe Wucher zu treiben, um hohe Preise zu erhalten, mit den Vorräten Die Organisationen der deutschen Landwirtschaft sind

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die Spekulation zurückgedrängt werden soll utels der Landwirtschaft wäre hren Gang geben zu lassen

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daß sich die R g nicht rechtzeitig zu entsprechenden

wir beklagen die Anschauung

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