Rücksicht auf die Faktoren der Preisgestaltung, können auch Getreide⸗ preise nicht gegriffen werden. Die Preise, die wir heute, in Kriegs⸗ zeiten, abgeschnitten von der Welt, haben, sind, wenn man die Preise, die das Getreide in früheren Epochen, wie 1847, 1855, 1891, wo das Geld noch dazu einen erheblich höheren Wert. besaß, vergleicht, fehr mäßig zu nennen. Die heutigen Preise in Berlin und Deutsch⸗ land sind niedriger als die Preise bei unseren Feinden. Im April 1915 standen Weizen und Roggen in Berlin auf 277 und 23 A, in Liverpool war der Preis 36. in Genua 31, in Chicago 23 , die Steigerung der Préise in Berlin von 1914 auf 1915 war 42 935, dagegen in Liverpool 88, in Genua 98, in Chicago 63. R Von Wucherpreisen kann also keine Rede sein. Und was nun die Kartoffel angeht, die der Landwirt als Futtermittel doch nicht entbehren kann, so müßte fie heute 8 M kosten, wenn der Landwirt sich die eigentlichen Erfatzmittel dafür, Gerste und Mais, kaufen soll; wie will man ihm zumuten, sein Futtermittel zu billigeren Preisen abzugeben und sich dafür zu teureren Preisen Ersatz zu kaufen? Hier verlangt also Herr Wurm etwas, was mit der Gerechtigkeit nicht im Einklang ist; Und Gerechtigkeit wollen doch wohl auch die Herren Sozialdemokraten. Der Landwirt hat seine Pferde bei Ausbruch des Krieges zu Friedens⸗ preisen hergeben müssen; kaum waren sie weg, so stiegen die Preise derart, daß er das Doppelte für Ersatz zahlen mußte. Und da will man dem Landwirt vorwerfen, er habe aus Profitsucht gehandelt, er habe sich zum Nachteil der Bevölkerung bereichert! Das Verlangen einer verschiedenen Behandlung der Getreide- und Kartoffelfrage entbehrt jeder Berechtigung. Hat schon jemals ein Landwirt bei Schnee und Eis Kartoffeln aus den Mieten geholt? Von vornherein hätte allerdings dafür gesorgt werden sollen, daß Tie Preise für Kartoffeln sich nicht bloß nach den. Wünschen der Konsumenten einrichten, sondern auch nach den berechtigten Interessen der Produzenten. Die Kartoffelernte war, wie sich später heraus⸗ stellte, gar nicht so reichlich, wie man zuerst optimistisch angenommen hatte; wenn wir aber trotz der geringeren Ernte das Volk mit Kar⸗ toffeln versorgen konnten, so hat die deutsche Landwirtschaft etwas Großes geleistet. Wenn man die Landwirtschaft beurteilen will, muß man! sie auch kennen. Es gibt keinen Beruf, dem so mitgespielt worden ist wie der deutschen Landwirtschaft; und sie hat es er⸗ tragen und über sich ergehen lassen. Es ist zuzugeben, daß wir neuen Verhältnissen gegenüberstanden, daß Fehler . zu vermeiden waren. Was wir aber den obersten Stellen vorzuwerfen haben, ist, daß sie nicht längst vor dem Kriege eine Mobilisierung des wirt⸗ schaftlichen Lebens herbeigeführt haben. Ein Landwirt hat von der— selben Fläche trotz des Krieges 28 MÆ weniger an Roggen erzielt als vor dem Kriege. Ich glaube kaum, daß ein deutscher. Arbeiter mit einem folchen Mindergewinn während des Krieges zufrieden sein würde. Man 'sollte, statt den deutschen Landwirten Vorwürfe zu machen, dieses Spfer anerkennen. Es ist eine böse Sache, daß, wenn einer zu leiden hat, es von niemandem anerkannt wird, ja, daß ihm sogar Vorwürfe gemacht und er in seiner Ehre verletzt wird. Wir haben niemandes Ehre verletzt, wir haben von jedem anerkannt, daß er fein Bestes einsetzt, damit der Krieg richtig durchgeführt wird. Es ist also ein berechtigtes Verlangen, daß anerkannt wird, daß der Landwirt hinter niemandem zurücksteht, daß er mit seinem Opfer an der Spitze steht. Der deutsche Landwirt hat mit Gut und Blut geholfen, wie jeder andere Beruf. Er hat also auch allen Anspruch, kaß er nicht schlechter behandelt wird wie andere. Der Abg. Wurm verlangt sofort niedrigere ien, für . usw., Vieh und Fleisch. Was würde man damit erreichen? Stellen Sie die Preise für Vieh sehr niedrig, so ist die Folge, daß bei den gesteigerten Rohstoffpreisen, bei den gesteigerten Futter⸗ und Düngemittelpreisen über⸗ haupt kein Mastvieh an den Markt kommt. Es würde dann eine Teuerung entstehen, wie wir sie noch nicht erlebt haben. Es kommt vor allem darauf an, dafür zu sorgen, daß die Landwirte ihren guten Willen behalten und nicht so unmutig werden, daß sie sagen, ich quäle mich unnütz ab. Das Verlangen der Sozialdemokraten, einen Ausschuß für Lebensmittelversorgung niederzusetzen, ist im höchsten Grade bedenklich. Ich halte es für ein der Verfassung wider⸗ sprechendes Verlangen, ein solches Gebilde an die Stelle eines gesetz⸗ gebenden Faktors zu setzen. Was der Deutsche Landwirtschaftsrat will, läuft auf etwas ganz anderes heraus. Er verlangt, 6 die Stimmen der Landwirke nicht allein entscheiden, sondern daß sie mitberücksichtigt werden. Wir haben uns darüber beschwert, daß bei der Kriegsgetreidegesellschaft die Landwirte nicht genügend zum Worte kamen. Wir wollen, daß die einzelnen Berufe paritätisch mitvertreten sind. Wenn Sie der von Ihnen gewünschten Zentralstelle das Recht der Beschlagnahme einräumen, dann machen Sie die Konsumenten zu Herren der Produzenten, und das ist nicht gerecht. Der Land⸗ wirt, der deutsche Bauer hat gezeigt, daß er gewillt ist, sich allen möglichen Beschränkungen mit Rücksicht auf diese gewaltige Zeit zu unterwerfen. Das sollte man anerkennen. Wir hätten alle Ver⸗ anlaffung, in der heutigen Zeit uns der Landwirtschaft zu freuen, wie wir uns unseres ganzen wirtschaftlichen Lebens freuen. Dise Industrie hat sich den Verhältnissen des Krieges angepaßt, der Handel Fat sich eingerichtet und ebenso auch die Landwirtschaft. Die be⸗ fürchtete Arbeitsnot ist einem Arbeitermangel gewichen. Wenn wir alle gesamt zusammenhalten und unsere Kräfte anspannen, dann werden wir durchhalten. Wir haben versucht, unseren Truppen draußen nach⸗ zueifern, die ihr Gut und Blut einsetzen und mit unerschütterlichem Mute gegen die Kugeln der Feinde anstürmen. Wenn wir aber ihnen nacheifern, so gehört dazu vor allen Dingen, daß wir uns nicht gegenseitig angreifen, uns nicht heruntersetzen, sondern anerkennen, Faß wir alle für ein Ziel arbeiten. Wenn wir uns kritisieren, dann wollen wir es in wohlwollender Weise tun und die begangenen Fehler ausgleichen, sie beseitigen. Das sind die Grundpfeiler; der gute Wille sollte auf jeder Seite anerkannt werden, dann werden wir auch unsere Sache durchführen trotz Italien. Unser Wirtschaftsleben steht gesund da, und wir halten wirtschaftlich durch.
Staatssekretär des Innern, Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums Dr. Delbrück:
Meine Herren! Was der Herr Abg. Dr. Roesicke soeben über die Kritik gesagt hat, hatte ich mir auch vorgenommen, in etwas anderen
Formen hier auszusprechen. Es ist in der Budgetkommission eins gehend und des Breiten Kritik geübt worden an dem, was die Re⸗ gierung unterlassen haben soll zu tun vor dem Ausbruch des Krieges, und an dem, was sie nach dem Ausbruch des Krieges veranlaßt hat. Ein Teil dieser Kritik, soweit er sich auf die Verhältnisse nach dem Ausbruch des Krieges bezieht, ist in der Kommission von mir und meinen Kommissaren erörtert und widerlegt worden; ein anderer Teil unserer Tätigkeit, unserer Handlungen und Unterlassungen, wird nach meiner Ansicht heute im Drange dieser schweren Zeit überhaupt nicht kritisiert werden können; das wird einmal die Ge⸗ schichte zu tun haben. Ich für meine Person habe die Ueberzeugung, daß wir vor der Geschichte werden bestehen können, Regierung sowohl wie Volksvertretung, Arbeitgeber sowohl wie Unternehmer, die ver— schiedenen Produzentenklassen aus allen Teilen des deutschen Vater⸗ landes und aus allen Teilen unseres Erwerbslebens.
Das möchte ich feststellen, bevor ich auf die einzelnen Ausführun⸗ gen eingehe, die der Herr Abg. Wurm vorhin gemacht hat. In dieser schweren Zeit ist die Krilik nach meiner Ansicht nur insoweit berech⸗ tigt, als wir aus der Vergangenheit lernen müssen, was wir versäumt und unrichtig gemacht haben, und was und wie wir es besser zu machen in der Lage sein werden. Nicht aber sollten wir uns gegen⸗ seitig die Freude an dem Schaffen und der Arbeit im Dienste des Vaterländes vergällen durch eine gegenseitige, über das berechtigte Maß hinausgehende Kritik. (Sehr richtig! rechts.)
Im Vordergrunde aller Ihrer Erörterungen, hier wie in der Kommission, hat jetzt und in Ihren früheren Tagungen immer ge—
standen die Frage der Lebensmittelversorgung, die Frage der spar⸗ samen Bewirtschaftung unserer Vorräte und die Frage der Preise für die Nahrungsmittel. Ich möchte hierzu zunächst feststellen, daß es uns gelungen ist, mit unseren Getreidevorräten so zu wirtschaften, daß wir nicht nur bis zur nächsten Ernte auskommen, sondern daß wir über eine Reserve verfügen, die uns vor gewissen Rückschlägen schützt, und daß wir dabei sind, zu prüfen, ob die Reserve so groß ist, daß wir daraus gewisse Mengen abgeben können zugunsten des schwer arbeiten⸗ den Teiles der Bevölkerung, der sich eine Verstärkung der ihm jetzt zugemessenen Brotration wünscht, mit Recht wünscht, und dem wir eine Vermehrung dieser Brotration — wir alle, die wir hier in diesem Saale sind — gönnen. Ich möchte ferner feststellen, daß trotz mancher Fehler, die vorgekommen sein mögen, das zutrifft, was Herr Dr. Roesicke vorhin schon mit Zahlen festgelegt hat, daß nämlich die Preise für die Lebensmittel bei uns niedriger sind, als in denjenigen Ländern, mit denen wir im Kriege stehen, daß sie seit Beginn des Krieges niedriger gewesen sind, als in dem bisher neutralen Lande, das erst jetzt in den Krieg eingetreten ist, nämlich in Italien. Wenn man das berücksichtigt, wird man wohl mit Recht die Frage aufwerfen können, ob die Kritik, die der Herr Abg. Wurm an der Höhe unserer Preise geübt hat, berechtigt ist oder nicht.
Den richtigen Standpunkt für die Würdigung unserer Preis— politik findet man erst, wenn man sich darüber klar wird, daß die Nahrungsmittel⸗ und Nahrungsmittelpreispolitik doch nur einen Aus⸗ schnitt der riesenhaften wirtschaftlichen Aufgaben bildet, die wir beim Ausbruch des Krieges zu erfüllen hatten. Wir standen beim Aus⸗ bruch des Krieges vor der Tatsache, daß unsere Grenzen gesperrt waren, daß unser ganzes Wirtschaftsleben stillstand, und daß wir mit
einem Schlage auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens auf uns
allein angewiesen waren. Wir hatten zu sorgen nicht nur dafür — was in erster Linie steht —, daß die Bevölkerung ausreichend und zu erschwinglichen, angemessenen Preisen ernährt wurde, sondern wir hatten auch Sorge zu tragen dafür, daß unser ganzes Wirtschafts— leben wieder in Gang kam, daß es in einer Weise neu entwickelt und auf Kriegsfuß gebracht wurde, daß wir überhaupt in der Lage waren, den Krieg durchzuhalten nicht nur auf Monate, sondern, wenn es ver⸗ langt wird, auf Jahre. Meine Herren, diese Notwendigkeit der Rück⸗ sichtnahme auf die übrigen Glieder unseres wirtschaftlichen Lebens ist eines der Momente, das für die Preisbildung, auch für die künstliche Preisbildung für Brotgetreide und Nahrungsmittel berücksichtigt wer⸗ den muß, aber von den Herren von der Linken in der Regel nicht be⸗ tücksichtigt wird. Gewiß, meine Herren, es ist wünschenwert, die Preise niedrig zu halten, aber wir können nur so weit gehen, daß wir eine spekulative Steigerung der Preise ausschließen. Wir können aber nicht so weit gehen, etwa Friedenspreise halten zu wollen; denn damit würden wir die Produktion und die Produktionsmittel unserer Volks⸗ wirtschaft auf allen anderen Gebieten lahmlegen (Sehr richtig! rechts), und wir würden nicht das erreicht haben und nicht das erreichen können, was wir heute sagen können: wir haben in unserer gesamten Industrie, in unserem gesamten Handel und Gewerbsleben eine Kriegskonjunk⸗ tur, d. h, wir haben weniger Mangel an Arbeitsgelegenheit, als im Frieden um dieselbe Zeit zu bestehen pflegt, und wir haben ein ge⸗ ringeres Angebot an Arbeitskräften als im Frieden zu bestehen pflegt. Unser ganzes wirtschaftliches Lehen läuft, wenn man von kleinen Ein⸗ schränkungen absieht, heute 10 Mate nach Beginn des Krieges besser als in den ersten 195 bis? Monaten des Krieges. Daß das der Fall ist, das ist der Maßstab für die wirtschaftlichen Maßnahmien, die die Regierung getroffen hat, und das ist die Rechtfertigung für den Standpunkt, den die Regierung im großen und ganzen vertreten hat, unbeschadet einer ganzen Reihe von Erfahrungen, die uns in die Lage setzen werden, es in Zukunft besser zu machen.
Wenn ich nun noch einmal auf die Frage der Lebensmittelver⸗ sorgung und die Preise für die Lebensmittel zurückkommen darf, so haben wir hier meines Erachtens eines gelernt, daß nämlich eine Re⸗ gulierung der Preise bei einem Artikel wie Brotfrüchten nicht wohl ohne die Beschlagnahme durchführbar ist. Daraus foltzt, daß die Fest⸗ setzung von Höchstpreisen und die Beschlagnahme von Getreide auch für das künftige Erntejahr aufrecht erhalten werden muß.
Wir haben aber auch noch ein anderes gelernt — und damit komme ich auf die Kartoffel —, daß nicht jedes landwiritschaftliche Produkt, daß nicht jeder Artikel zum Gegenstande einer Festsetzung von Höchstpreisen und der Beschlagnahme gemacht werden kann, mit Rücksicht auf die Art der Produktion, mit Rücksicht auf die Art der Beschaffung, mit Rücksicht auf die Qualität der Ware. Es hat vorhin einer der Herren Redner nach meiner Ansicht richtig gesagt: man kann nur fungible Sachen zum Gegenstande der Beschlagnahme und zur Festsetzung der Höchstpreise machen. Bei den Kartoffeln ist es mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Ware, mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Bewirtschaftung, auf die Art der Aufbewah⸗— rung im Winter und in den Höfen der Landwirte nicht möglich gewesen, sie zu beschlagnahmen. Trotzdem haben wir es für nötig gehalten, Höchstpreise festzusetzen. Ob die Höchstpreise im Herbst zu niedrig oder zu hoch gewesen sind, will ich hier unerörtert lassen. Die Tatsache, daß wir nicht beschlagnahmen durften, nötigte uns, bei der Festsetzung der Preise zu versuchen, einen Einfluß auf die Be⸗ schickung des Marktes auszuüben. Die Tatsache, daß die Höchstpreise im Herbst niedrig waren, so niedrig, daß sie für den Landwirt keinen Anreiz boten, mit seinen Kartoffeln auf den Markt zu kommen, der starke Rückgang der Beschickung des Marktes in der zweiten Hälfte des Winters nötigten uns, mit Hilfe der Preise die Kar— toffeln, wenn ich mich so ausdrücken darf, locker zu machen. Dieser Zweck ist in gewissen Grenzen erreicht. Wir haben uns, als die ungünstige Kartoffelstatistik bekannt wurde, die ja, wie die Er— eignisse gezeigt haben, falsch gewesen ist, noch einmal gefragt: Würden wir in der Lage sein, die Kartoffeln zu beschlagnahmen? Wir haben die Frage verneinen müssen, und die Ereignisse haben uns recht gegeben, weil wir völlig außerstande gewesen wären, die beschlagnahmten Kartoffeln angemessen zu lagern und zu bearbeiten, weil wir, wenn die ganzen Kartoffeln in unserem Gewahrsam ge— blieben wären, mehr Verluste gehabt hätten, als es jetzt der Fall ist. (Sehr richtig) Wir haben uns fragen müssen, ob wir, wenn das Quantum von Kartoffeln, das wir den Wünschen des ganzen
Reichstags entsprechend aus dem Verkehr ziehen und als Reserve
für den Sommer zurückbehalten wollen, in unserer Gewalt bliebe, in der Lage wären, diese Kartoffeln unsererseits oder mit Hilfe der Händler oder mit Hilfe der Städte zu lagern. Wir haben diese Frage verneinen müssen. Die Ereignisse haben uns recht gegeben.
Das Ergebnis war, daß, wenn wir die Kartoffeln kauften, wir gl zeitig dafür sorger mußten, daß der Landwirt sie aufbewahren fan Aus dieser Notwendigkeit heraus, den Landwirt zu veranlassen, n toffeln aufzubewahren zu einer Zeit, mo er sie für gewöhnlich nich aufbewahrt, und das zu einer Zeit, wo die Aufbewahrung erschwen wird durch die Witterungsverhältnisse, durch den Mangel an Arbein kräften und Gespannen, — haben wir die Höchstpreise festgesetzt, n es hat sich gezeigt, daß wir diese eher zu niedrig als zu hoch festgeseh haben. Das Ergebnis ist, daß die Landwirte lieber ihre Kartofseh zu dem im Februar bestehenden Höchstpreis abgeben, als daß sie se bis in den Sommer hinein bewahren. Wenn man die Sache untz diesem Gesichtsprnkt ansieht, wird man zugeben müssen, daß in du ganzen Behandlung dieser Frage seitens der Regierung eine gewiss Logik lag, und man wird zugeben müssen, daß hier Erfahrungn vorliegen, die man für die Zukunft nicht unberücksichtigt lassen sollz
Nun komme ich auf die Schweine. Hier haben die Dinge dn entgegengesetzten Gang genommen. Man war überzeugt, daß es not wendig wäre, im Interesse einer Ersparnis an Kartoffeln unsen Schweinebestände zu verringern. Die Forderungen, die in dieser Hi sicht gestellt und vertreten wurden, gingen zweifellos über das de ständige Maß hinaus; denn wir alle hätten uns damals sagen missn — und die Regierung hat es sich gesagt — daß eine übertriebene Va ringerung unserer Schweinebestände im Winter uns unter Umstänn in die größte Schwierigkeit im Laufe des Herbstes, des nächsten Win ters bringen würde. Da nun aber nach Lage der Verhältnisse anz nommen werden mußte, daß die Kartoffeln in höherem Umfang ch sonst verfüttert, daß sie insbesondere zum Füttern der Schweine den wendet werden mußten, ergab sich für uns der einzig mögliche Wa eine Verringerung der Schweinbestände in der Weise vorzunehmen, daß man eine gesteigerte Schlachtung dadurch herbeiführte, daß mu den Kommunen aufgab, Dauerware, nicht allein Pökel⸗ und Räuchen waren, sondern auch Gefrierfleisch zu erwerben und zurückzulegen Dieses Verfahren führte einmal eine gewisse Einschränkung der Pe stände herbei und machte diese Einschränkung insofern rationell, h die Fleischbestände uns für die Zeit der Not zur Verfügung stehen Die Ereignisse haben gezeigt, daß wir das nicht nötig gehabt hatte (Sehr richtig Aber niemand konnte voraussehen, daß wir über s große Kartoffelbestände verfügen, wie es heute der Fall zu sein schein Ich sage: scheint; denn ich für meine Person habe den Eindruck, dn wir im Augenblick einem Optimismus huldigen (Hört, hört! bei ka Soz), der ebenso unberechtigt ist wie der Pessimismus, mit de wir die Dinge vor einiger Zeit behandelt haben. Deshalb war richtig, daß die Regierung sich in den Besitz großer Kratoffelbestin
setzt, die sie unter allen Umständen in der Lage ist, im Interesse
Volkswirtschaft zu verwerten, denn wir können daraus, soweit ñ sie nicht unverarbeitet verbrauchen, Stärkemehl herstellen, das si unbeschränkt aufbewahren läßt und ein wertvoller Faktor für die Mn längerung unseres Weizenmehlbestandes im Laufe des Herbstes in nächsten Winters sein wird. Nun haben wir aber auch aus allt diesen Erfahrungen noch eine Reihe von anderen Lehren gezogen, d nämlich die Beschlagnähme und die Höchstpreise doch unter Umstän eine Maßnahme sind, die über das Ziel hinausgeht, daß man pri muß, ob man nicht bei anderen Artikeln, als Brotgetreide, in Zukun anders verfahren sollte. Ich möchte beispielsweise darauf hinweise ob man auch die Gerste in Zukunft beschlagnahmen soll. H kann man sehr wohl die Frage aufwerfen, ob man nicht die für? Landwirt lästige und überflüssige Beschlagnahme entbehren und m ein Handelsmonopol für die in den Verkauf gelangende Gerste ei führen will, und ob man nicht die Braugerste überhaupt herautlasse will, wenn ein Verwendungsnachweis geführt wird. Auch das sin Erwägungen, die nach meiner Meinung außerordentlich wertvoll sů und die wir bei dem im Schoße meines Ressorts annähernd fert gestellten Wirtschaftsplan für 1915/16 wohl in der Lage sein werde zu berücksichtigen.
Nun komme ich auf eine weitere Frage, nämlich die Frage . Höchstpreise. Wir haben auch hier lernen müssen, denn wir stande vor einem völlig neuen Gebiet. Wir haben im Anfang versucht, i Brotgetreide, Gerste und Hafer bloß die Großhandelspreise festi setzen. Es hat sich herausgestellt, daß dieser Weg nicht gangbar nu Die für den Großhandel festgesetzten Höchstpreise wurden Produzent preise. Es entstand dann die zweite Frage, ob wir in der Lage wim Höchstpreise für das Mehl von Reichs wegen festzusetzen. Das t langen war damals berechtigt. Niemand als die Regierung hat schr rer empfunden, daß wir diese Höchstpreise nicht festsetzen konnten, al die Art, wie wir die Höchstpreise für Getreide festgesetzt haben, ö es erschwert oder unmöglich gemacht, zentral von Reichs wegen Höth preise für Mehl festzusetzen. Wir mußten diese Aufgabe den 1 lichen Behörden zuweisen, die ihr auch nicht vollkommen gewach
waren. Wir sind dieser Schwierigkeiten erst Herr geworden, into
wir das Mehlhandelsmonopol der Kommunen im Zusammenha mit der Beschlagnahme des Getreides einführten. Daraus folgt den Wirtschaftsplan für das nächste Jahr, daß wir unter allen l ständen und mit allen sich daranknüpfenden Folgerungen, wie es h schon geschieht, auch in Zukunft durch die Festsetzung eines bestimmt Mahllohns eine bestimmte Grundlage gewinnen für die Festsetzn etwa notwendiger örtlicher Preise.
Ich will nicht weiter eingehen auf alle die Einzelheiten, die h erörtert worden sind. Ich habe diese Ausführungen nur gemacht, dam Sie sehen, daß es nicht so leicht war, aus der freien Faust vor it neun Monaten alle die Probleme richtig zu lösen, die uns im im des Jahres entgegengetreten sind, daß wir aber jetzt die Erfahrun gemacht haben, die uns diesen Problemen erheblich stärker gegenilt stellen, als wir es bisher gewesen sind. .
Nun, meine Herren, komme ich noch mit wenigen Worten auf organisatorischen Wünsche, die hier laut geworden sind. Der Rein tag hat durch das Gesetz vom 4. August dem Bundesrat die Erme tigung gegeben, wirtschaftspolitische Maßnahmen ohne seine wirkung anzuordnen, d. h. der Reichstag hat bezüglich dieser Mn nahmen und für die Dauer des Krieges auf seine Teilnahme an! gesetzgebenden Gewalt auf diesem Gebiete verzichtet, und er hat sein Anteil dem anderen Faktor der gesetzgebenden Gewalt, dem Bunde übertragen. .
Das liegt absolut im Rahmen unserer Reichsverfassung, ist i nichts Neues, denn die Vollmachten, die 8 120 der Gewerbeotdnh dem Bundesrat gegeben sind. Aber wir verlassen vollständig den Be denselben staatsrechtlichen Charakter wie die Vollmachten, die n dem Bundesrat gegeben sind. Aber wir verlassen vollständig den tn
knserer verfasfungsrechtlichen Verhältnisse, wenn wir eine Kom⸗ mission bilden, die zur Hälfte aus vom Reichstage gewählten und, wie ich annehme, ihm angehörenden Mitgliedern besteht und zur Hälfte aus Mitgliedern des Bundesrats. (Sehr richtig! rechts. Allein vom Standpunkt der Organisation des Bundesrats, allein vom Standpunkt der Verträge, die zwischen den Bundesstaaten vor der Gründung des Reichs geschlossen wurden, liegt die Unmöglichkeit vor, einen derartigen Ausschuß zu bilden, denn die Anteilnahme der ein⸗ zelnen Bundesstaaten an dieser Delegiertengesetzgebung würde eine ganz andere sein, als sie verfassungsmäßig mit Rücksicht auf die Ver⸗ teilung der Stimmen im Bundesrat vorgesehen ist. Also ich habe schon aus rein verfassungsrechtlichen Gründen die schwersten Bedenken, den Weg zu gehen, den die Herren vorgeschlagen haben.
Aber, meine Herren, was würden Sie denn mit einer solchen Kommission erreichen? Wenn ich mir vorstelle, daß diese Kommission 2 Mitglieder aus diesem hohen Hause hat, so würden bei diesen all die Gegensätze, die im Laufe der Debatte heute und in der Kommission vor vierzehn Tagen und vor drei Monaten schon aufgetreten sind, immer wieder in die Erscheinung treten. Auf der anderen Seite würden die Vertreter der verbündeten Regierungen stehen und an. deren Spitze der Vorsitzende. Wenn ich mir denke, daß ich dieser Vorsitzende wäre, würde es im wesentlichen darauf hinauskommen, wie dieser Vorsitzende entscheidet, welcher Auffassung er sich anschließt, und der Effekt würde sein, daß das Maß der Verantwortung, das ich jetzt trage, verringert würde; denn ich würde mich immer hinter dieser Kommission verschanzen können, die weder Interessentengruppen noch bestimmte Betriebe vertritt, sondern wahrscheinlich stark unter dem Eindruck parteipolitischer Erwägungen ihre Entschlüsse fassen würde. Und, meine Herren, die Fragen, die wir jetzt zu entscheiden haben, müssen entschieden werden völlig losgelöst von parteipolitischen Er⸗ wägungen, müssen entschieden werden rein nach Zweckmäßigkeits⸗ gesichtspunkten, so wie es das Wohl des Vaterlandes und der All⸗ gemeinheit im Augenblick erfordert. Und, meine Herren, die Ver⸗ sicherung möchte ich hier ausdrücklich geben, daß seitens der verbündeten Regierungen, seitens der verantwortlichen Männer, insbesondere von meiner Seite, niemals ein anderer Gesichtspunkt entscheidend gewesen ist als der: was ist im Augenblick notwendig, nicht im Interesse des einzelnen Standes, nicht im Interesse einzelner Gruppen, sondern was ist notwendig vom Standpunkt des Wohles des Ganzen? Diese Tätigkeit werden Sie nie in dem Maße üben können, wenn Sie sie in eine Kommission legen, deren einzelnes Mitglied nie die Ver— antwortung tragen wird, ünd deren Vorsitzender immer in der Lage sein wird, sich der Verantwortlichkeit zu entziehen, wenn sie ihm un⸗ bequem wird. Das Maß von Verantwortlichkeit, das ich in den letzten zehn Monaten getragen habe, ist gewiß nicht klein; aber ich möchte es nicht abgeben, weil es nicht im Interesse des Vaterlandes liegen würde, wenn die Verantwortung geteilt würde, wenn sie von der Stelle genommen würde, die tatsächlich und im Endeffekt die entscheidende ist. (Bravol rechts) Ich bitte also dringend, diesem Antrage der Herren Sozialdemokraten nicht zuzustimmen.
Ich darf nun wohl noch mit wenigen Worten auf die Frage der Organisation der Zukunft eingehen. Gewiß, meine Herren, die Kriegs⸗ getreidegesellschaft hat Fehler gemacht, sie hat Fehler gemacht, die auf ihrer Entstehungsgeschichte und ihrer Organisation beruhen; sie hat Fehler gemacht, die auf einer meines Erachtens nicht immer zu— treffenden Auslegung der Verordnung vom 25. Januar d. J. be⸗ ruhen; sie hat aber auch Fehler gemacht — und das möchte ich aus— drücklich hier feststellen — unter dem Druck der großen Verantwortung, die auf ihr lastete.
Die Herren, die die Kriegsgetreidegesellschaft wurden vor eine Aufgabe gestellt, die bei ihrer Grün— dung ihnen niemals gestellt worden ist, und an deren Durchführbarkeit sie vielleicht vor Monaten noch gezweifelt haben. Sie standen gegenüber einer ungewöhnlich ungünstigen Ge⸗ treidestatistik und hatten die ernste Besorgnis, daß, wenn sie nicht mit eiserner Energie und eherner Rücksichtslosigkeit ihre Aufgabe erfüllten, unter Umständen Schwierigkeiten in der Ernährung des Volkes eintreten könnten. Das, meine Herren, muß man den für die Geschäfte der Kriegsgetreidegesellschaft verantwortlichen Männern nicht vergessen; im Gegenteil, man wird denen, die diese Verant⸗ wortung auf sich genommen haben, denen, die sich von allen Seiten den stärksten Angriffen ausgesetzt sahen, zugestehen müssen, daß sie ohne Rücksicht auf diese Angriffe getan haben, was ihnen ihr Pflicht⸗ gefühl gebot. Ich halte mich für verpflichtet, hier diese Ehren⸗
leiteten,
rettung der Kriegsgetreidegesellschaft, mit deren Maßnahmen ich nicht
immer einverstanden gewesen bin, vor dem ganzen Lande vorzu⸗ nehmen.
Nun bin ich aber der Meinung, daß in der bisherigen Hand⸗ habung vor allem ein Fehler gelegen hat, insofern nämlich, als Artikel 6 zu a der Verordnung vom 25. Januar über das Recht der Selbstbewirtschaftung der Kommunalverbände nicht in dem Sinne ausgeführt ist, wie es von seiten des Gesetzgebers beabsichtigt war: wenn es notwendig und zweckmäßig ist, so weit zu dezentralisieren, daß man unter allen Umständen die Kreise verantwortlich macht für die Bewirtschaftung und Verwaltung des in ihrem Bezirk gewon⸗ nenen Getreides, so muß darüber hinaus eine von den Kreisen un⸗ abhängige Zentralstelle bestehen, und zwar eine Zentralstelle, die nicht nur den Ausgleich des Getreides zwischen Ueberschuß⸗ und Bedarfskreisen vermittelt, sondern die auch einen Reservefonds ver⸗ waltet, den wir unter allen Umständen anlegen müssen, und, wie ich hoffe, aus diesem Krieg als ein dauerndes Gut, als eine dauernde Sicherung unserer Existenz mit in die Friedenszeit übernehmen wollen.
Daraus ergibt sich für diese Organisation die zweite Forderung, daß sie einerseits beamtlich geleitet werden und anderseits in der Lage sein muß, kaufmännische Geschäfte zu machen. Sie muß Ge⸗ treide lombardieren können, Wechsel unterschreiben können. Sie muß eine Reihe kaufmännischer Einrichtungen unterhalten, sie muß die ganze Bearbeitung des Getreides, den Transport des Getreides organisieren und kontrollieren. Das alles kann nicht der Staats. sekretär des Innern oder einer Abteilung des Reichsamts des Innern. Das können nur kaufmännisch und landwirtschaftlich gebildete Lente, allerdings unter Anleitung und Führung eines Beamten, der nach außen hin die Verantwortung trägt und den Geschäftsverkehr der Organisation leitet. —
Damit ergibt sich in großen Zügen das Bild der Organisation für die Zukunft dahin, daß diese Getreidebank — will ich einmal
sagen — organisierk und verwaltel fein muß nach Sem Vonbilde der
Reichsbank, unter Mitwirkung paritätisch zusammengesetzter Aus⸗ schüsse von Sachverständigen und Interessenten, die nicht bloß eine beratende, sondern in wichtigen Dingen auch eine entscheidende Stimme haben. Ich glaube, daß eine solche Organisation sowohl dem ent⸗ spricht, was die Herren auf der Rechten wünschen, wie den berechtigten Forderungen Rechnung trägt, die die Herren auf der Linken hier vor⸗ getragen haben. Ich bemerke aber ausdrücklich, meine Herren: Das, was ich hier vorgetragen habe, ist meine Meinung: eine Entscheidung im Schoße der verbündeten Regierungen ist über diese Frage nicht getroffen worden. Auch die preußische Staatsregierung, deren Bevoll⸗ mächtigter ich bin, muß sich die volle Freiheit der Entschließung in diesem Punkte noch vorbehalten. Aber ich habe es für zweckmäßig ge⸗ halten, doch diese meine Beurteilung der Dinge hier auszusprechen.
Meine Herren, damit möchte ich meine Ausführungen schließen, und ich möchte meinerseits hinzufügen, daß, wenn wir die Lehren berücksichtigen, die wir im vergangenen Jahre bekommen haben, wenn wir vor allen Dingen auch die Verwaltungserfahrungen nutzbar er— halten, die unter den bestehenden Organisationen erwachsen sind, wenn wir verhindern, daß überflüssige Neuorganisationen entstehen, die auch wieder ihr Lehrgeld bezahlen müssen, so wird das Erntejahr 1915, vom 1. August an gerechnet, besser überstanden werden als das Ernte⸗ jahr 1914. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Dr. David (Soz.) tritt den Ausführungen des Abg. Dr. Roesicke und des Staatssekretärs entgegen. Die Ehre des Bauern— standes ist von unserer Seite nicht angegriffen worden. Unsere Ktritik erfolgte nicht um des Angriffes willen, sondern im Interesse des Wohles der Gesamtheit, und diese wird durch die Konfumenten zar— gestellt. Auch wir freuen uns der, durch die Organisation erreichten Resultate, insbesondere der Vereitelung des Aushungerungsplanes; aber diefes Resultat ist um den Preis großer Verteuerung der Lebens⸗ mittel erreicht worden, die die Konsumenten hart bedrücken und den Produzenten riesige Gewinne abgeworfen hahen. Der Lebensmittel wucher spielt tatsächlich eine große und sehr bedauerliche Rolle. Wo sind die Schuldigen zu suchens Nicht die Gesamtheit der agrarischen He, , ist schuld, das behaupten wir nicht, das hat auch der Kollege Wurm nicht behauptet. Wenn Herr Roesicke behauptet, keinem Beruf sei so mitgespielt worden wie dem deutschen Bauernstande, so ist das eine polemische Uebertreibung. Schuldige gibt es aber auch in den Kreisen der Produzenten. Die Hauptschuld liegt beim Zwischen handel, in dem Großhändlertum; zum Teil sind das Leute, die erst durch den Krieg Großhändler geworden sind. Die Milchpreise sind verhältnismäßig nur gering gestiegen, weil die Milch nicht eingesperrt werden kann. Um so schlimmer hat man es mit den Kartoffeln ge⸗ trieben. Es fehlen auf dem Gebiele des Zwischenhandels die durchaus notwendigen genossenschaftlichen Organisationen. Die organisierte Konsumentenschaft hätte eine wirkliche Macht dargestellt, aber wir, sind eben noch nicht so weit. Die bisherige Zerfahrenheit müß aufhören. Deshalb verlangen wir die Errichtung einer Zentralstelle für Lebens= mittelversorgung. Dieses Verlangen ist der sachliche Kern unserer gesamten Vorschläge. Die Bedenken des Staatssekretärs gegen den RAlusschuß für die Lebensmittelversorgung erscheinen uns nicht, durch. schlagenb. Seraucbleiben müssen aus einer solchen Zentralftelle nicht sowohl die politischen Interessen, als die privaten wirtschaftlichen Interessen. Im Kriege muß jeder bereit sein, auch materiell. Opfer zu bringen, auch jeder Angehörige des landwirtschaftlichen Berufes; o fassen wir die Sache auf. Die Lebensmittel bedeuten für uns genau dasselbe wie für unsere Krieger im Felde die Munition, und auch diese Lebensmittelmunition darf uns nicht ausgehen. Sorgen Sie dafür, daß das nicht geschieht!
Damit schließt die Wiskussion.
Der Kommissionsantwg zu La wird einstimmig angenom— men. Der Antrag Albrecht fällt gegen die Stimmen der An⸗ tragsteller, mit nahme der Bestimmungen unter III e:
* 26 2 1 ** 2 . „Die Verwendung von Brotgetreide zur Verfütterung ist ver⸗ boten“ und der Nummer IIIL e, welche einstimmig angenommen werden. Die Anträge der Kommission zu Lb gelangen unver⸗ ändert zur Annahme, desgleichen ohne Diskussion der Kom⸗ mifsiongantrag unter Il, betreffend die freie Eisenbahnfahrt bei Beurlaubungen während des Krieges.
Eine lange Reihe hierher gehöriger Petitionen wird dem Reichskanzler als Material überwiesen.
Petitionen, H die Verwendung von Kriegsinvaliden in Betrieben des Reichs, werden dem Reichskanzler zur Berück— sichtigung, Petitionen, betreffend die Kostenfrage in Beschwerde⸗ verfahren, zur Aenderung der einschlägigen gesetzlichen Bestim⸗ mungen als Material, und Petitionen, betreffend Vergebung von Buchbinderarbeiten durch Staatsbehörden unmittelbar an Buchbinder, zur Kenntnisnahme überwiesen.
Es folgt die einmalige Beratung des Antrages zur Vertagung des Reichstages bis zum 10. Au gu st 1915. . k ö.
Ohne Diskussion wird dem Antrage zugestimmt.
Der Präsident erbittet und erhält die Ermächtigung, wenn die Verhältnisse es wünschenswert erscheinen lassen, einige Zeit später als am 19. August die nächste Sitzung anzu⸗ beraumen und Tag und Stunde und Tagesordnung festzu⸗ setzen.
Hierauf erklärt der Stellvertreter des Staalssekretär des Innern Dr. Delbrück:
Meine hohen höchste Verordnung Haus
Sie lautet: . 9 72 * * — — Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,
König von Preußen usw., verordnen auf Grund der Artikel 12 und 26 der Verfassung mit Zustimmung des Reichstags im Namen des Reichs, was folgt:
z 1. Der Reichstag wird bis zum 106. August 1915 vertagt.
5 2. Der Reichskanzler dieser Verordnung beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben im Großen Hauptquartier, den 29. Mai 1916.
Wilhelm I. R. gegengezu;, von Bethmann Hollweg.
Ich habe die Ehre, die Urschrift dieser Allerhöchsten Verordnung Ihrem Herrn Präsidenten zu überreichen.
Präsident Dr. Kae mpf: Meine Herren, damit sind wir am Ende unserer Beratungen angelangt. Ihnen allen wird der gestrige Tag die Erinnerung wachgerufen haben an den 4. August 1914, an em wir uns vor die Tatfache des Weltkrieges gestellt sahen, den Neid, Haß und Begehrlichkeit unserer Feinde uns aufgedrängt haben. Lediglich der italienischen Regi ö s vorbehalten, diesem Lediglich der italienischen Regierung war es dorbeh ͤ furchtbarsten aller Kriege den Treubruch hinzuzufügen, bege ngen an iner Bundesgenossenschaft von mehr als dreißig Jahren. Nicht der Ausdruck des Rachegedankens Frankreichs, nicht der Haß Rußlands,
Reichskanzlers,
Hause eine Aller⸗ hat sich erhoben.)
habe dem
823 (Vas
He ren! Ich mitzuteilen.
wird mit der Aussüh ung
nickt der Neis und der Aushungerungsbersuch Englands hat das deutsche Gefühl — und dies auszusprechen, habe ich ganz besonderen Anlaß in diesem Augenblick — so tief in seinem innersten bewegt und erbittert, wie dieser Schritt der Regierung eines Landes, das seinen bisherigen Bundesgenossen so vieles von dem verdankt, was es im Laufe des letzten Menschenglters geworden ist. Eebhafte Zustimmung.) Meine Herren, mit dem Stolze, ja ich möchte beinahe sagen, mit der stolzen Verachtung, die jeder Deutsche einem Treuhruch entgegen⸗ bringt, und mit ruhiger Entschlossen vi lk diesem neuen Feinde ge — te .
trennen wir uns mit der unerschütter n Zuversicht, daß auc
Welt von Feinden uns nicht vernichten kann, mit dem Rufe: Sein
Majestät der Kaiser, Volk und Vaterland, sie leben och!
(Das ganze l rlichen Parteien
stimmen mit erhobener maligen Hochruf .
— . vie Si
Schluß gegen
Aichlamtliches.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Oesterreich⸗Ungarn.
Fortdauernd treffen aus allen Teilen der Monarchie Mel⸗ dungen ein über patriotische Kundgebungen der Gemeinde⸗ vertretungen und Körperschaften aller Art anläßlich des schnöden Verrats Italiens an seinen früheren Bundesgenossen. Aus allen diesen Kundgebungen spricht die unerschuütterliche Zuversicht auf den endgültigen Sieg und das Vertrauen auf die heldenmütigen Armeen Oesterreich⸗ Ungarns und des Deutschen Reiches in dem Kampfe für die Existenz und das gute Recht. Ueberall zeigt sich die patriotische Entschlossenheit der Bevölkerung durch freiwillige Erhöhung der bisherigen Zeichnungen auf die Kriegsanleihe, deren Erfolg eine neue Ueberraschung für die Feinde Oesterreich⸗Ungarns bedeuten wird. Besonders hervor⸗ zuheben sind die Kundgebungen aller größeren Städte Deutsch⸗ tirols, in denen übereinstimmend das Gelöbnis erneuert wird, daß die Tiroler vor nichts zurückschrecken und ihr Land zu schützen und gegen das Eindringen heimtückischen Verrates zu verteidigen wissen werden. Besondere Beachtung verdient die Rede, die der Innsbrucker Oberlandesgerichtspräsident Baron Call zu Beginn der jüngsten Ratssitzung dieses Oberlandes— gerichts hielt. Er sagte laut Bericht des „W. T. B.“:
An dieser Stätte, wo wir über Recht und Umecht enischeider, das EGigent m und die Heiligkeit der Vertragsschlüösse wahren und Verbrechen durch Strafen brandmarken, an dieser Sitte können wir nicht wortlos an Italiens Treu und Ehrlosigkeit vorübergehen. Mit mehr Recht als von der Fides Panica, welches Wort seit zwei Fahr- tausenden gegolten hat, wird man zukünftig von der Fides Italie sprechen. Die Erfüllung nationaler Wünsche wird von Italien als Kriegszweck und Küiegsziel bezeichnet. Dte nationalen Sestrebungen fanden sedoch in Desierteich immer ihren Schutz. Ist es ja geraden das Wesen des österreichischen Staatsgedankens, den durch geschichtliche Entwicklung und innere Notwendigkeit vereinigten lein ren Volkestämmen der umliegenden großen Nationen ein Stütz punkt zu sein, ibnen den Schutz ihrer Nationalisät zu gewährleisten. Jetzt, wo das Wort von den nationalen Hestrebungen zur Phrase seworden ist, um als Deckmantel für Erpressung und Raub zu dienen, jetzt, wo darauf gestützt, der Versuch gemacht wird, unser Vaterland aus allen Angein zu heben und in Trümmer zu schlagen, wird so mwancker in Oesterreich sein nationales Pregramm einer neuerlichen Prüfung unterzichen müssen, zumindest, um im Ausland nicht mißverstanden zu werden.
Großbritannien und Irland.
Der Premierminister Asquith hat an den Hauptein— peitscher der Liberalen einen Brief gerichtet, in dem er, wie „W. T. B.“ mitteilt, auf das Bedauern anspielt, das das Aufgeben der liberalen Partei regierung innerhalb der Partei heroorgerusen habe, und erklärt, daß nur die Er⸗ kenntnis dessen, was das Land mit dringender Notwendigkeit brauchte, ihn zu der Aenderung, die ihm persönlich sehr schmerz— lich gewesen sei, umzustimmen vermocht habe.
Die „Morning Post“ teilt ein Flugblatt mit, das von
er Union of democratic Controll und der Unabhängigen
Arbeiterpartei veröffentlicht worden ist und zum Eintritt in den Verein gegen die allgemeine Wehrpflicht auf— fordert. Der Verein wird darin als eine Organisation von Männern beschrieben, die sich aus gewissen Gründen weigern würden, Waffen zu tragen, und jeden Versuch, die allgemeine Wehrpflicht in England einzuführen, mit allen Mitteln be⸗ kämpfen würden; sollten die Versuche erfolgreich sein, so würden sie ungeachtet aller Konsequenzen lieber ihrer Ueberzeugung als den Befehlen der Regierung gehorchen.
— Die vorgestrige Verlustliste zählt 128 Offiziere und 1250 Mann auf.
— Nachdem Italien seine Teilnahme am Kriege angemeldet hat, hat es sich nach einer Meldung der „Berlinske Tidende“ als unmöglich erwiesen, die Erlaubnis zur Verschiffung englischer Kohlen nach Skandinavien zu erwirken. Selbst den angesehensten Firmen ist ihr Ansuchen von der englischen Regierung mit dem Hinweis abgeschlagen worden, daß die ganze Erzeugung zur Deckung des Bedarfs Italiens, der Admiralität und der Waffenindustrie Englands benötigt werde.
Nuß land.
Wie die „Rußkija Wjedomosti“ erfahren, wird in Re⸗ gierungskreisen, zusammenhängend mit einem mit Deutschland zustande gekommenen Abkommen, demzufolge den aus Ruß⸗ kand abreifen den deutschen Untertanen, abweichend vom Erlaß vom 28. November 1914, gestattet wird, alle ihre Sachen, Geld und Wertgegenstände mitzunehmen, ausgenommen Goldmünzen und Bankeinlagen, ein neuer Gesetzentwurf etwa folgenden Inhalts geplant: Die Ausfolgung von Bankeinlagen in bar, wert⸗ und zinstragenden Papieren und Coupons als Einlagen, von Girokonti, terminierten Darlehen und Spezialkonti an feindliche Untertanen darf 500 Rbl. nicht übersteigen, außer
wenn eine jedesmalige Genehmigung erwirkt ist. Der Abschluß
neuer Verträge über die Miete von Sicherheits fächern sowie der Zutritt zu ihnen ist feindlichen Untertanen verboten.
— In Sachen von Liquidationen deutschen Grund⸗ besitzes hat der Minister des Innern ein Nundschreiben an die Gouverneure erlassen, worin einige Erläuterungen über die Termine der Liquidation und Ausnahmen von dem betreffenden Gesetz usw. gegeben werden. Zum Schluß heißt es darin, wie der „Nusstoje Slowo“ berichtet: