1916 / 10 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Jan 1916 18:00:01 GMT) scan diff

Saatkartoffel herauskam. Daß Eßkartoffeln als Saatkartoffeln ven kauft werden, wäre zu mißbilligen; dem ist dadurch entgegenzuwirken, daß der Verwendungszweck nachgewiesen wird. Wenn diese Saat⸗ kartoffelfrage nicht geregelt worden wäre, so wäre die ganze Kartoffel⸗ ernte für das nächste Jahr aufs Spiel gesetzt worden. Der Landwirt muß auf das peinlichste dafür sorgen, so viel Kartoffeln in der Reserve zu haben, daß er den Bedarf an Saatkartoffeln decken kann. Was das Mühlengewerbe betrifft, so bestehen manche Beschwerden über das Verhältnis der Reichsgetreidegesellschaft zu den Großmühlen und 3u den mittleren und kleinen Mühlen. Ich kann nur auf das dringendste den Wunsch wiederholen, daß die Reichsgetreidegesellschaft die mitt⸗ leren und kleineren Mühlen nach einer bestimmten Rationierung be⸗ schäftigt; das ist ein nobile officium des Reichs. Es müssen hier soziale Gesichtspunkte maßgebend sein. Die Viehzüchter und Mäster sind in einer besonders schwierigen Lage, sie müssen das Schrot sehr teuer bezahlen, während sie für das ihnen weggenommene Getreide un⸗ verhältnismäßig wenig bekommen. Besonders schlimm sind die Frauen der eingezogenen Mannschaften daran, die sich nur schwer in die Ver⸗ ordnungen hineinfinden können und doch ihr Vieh nicht hungern lassen wollen. Bei der Regelung der Futtermittelfrage ist eben nicht in der zweckmäßigsten Weise vorgegangen worden; und da sind denn Kar⸗ toffeln es gibt ja gar kein billigeres Futtermittel als diese in starkem Maße verfüttert worden. Die Kommunen sind dabei übrigens nicht etwa bei den Kartoffellieferungen zu kurz gekommen; mit zwei Ausnahmen haben sie alle das verlangte Quantum erhalten. Die Kommunen selbst haben aber vielfach Fehler begangen; sie mußten unter allen Umständen ihre Bestände vorher feststellen; und dann darf nicht verlangt werden, daß die Kartoffeln ganz genau nach bestimmten Sorten ausgesucht sind, daß jede Kartoffel aussieht wie aus dem Ei gepellt. Das geht nicht, und es geht nicht an, daß aus diesem Grunde die Lieferungen zurückgewiesen werden. Dann darf man auch nicht den kleinen Handel durch plötzliche Verordnungen in Verwirrung bringen. Die Erbitterung, die daraus entsteht, ist durchaus berechtigt. Bei der Preisfestsetzung müssen die Produktionsbedingungen berücksichtigt wer⸗ den. Für Ginschränkungen, die alle gleichmäßig treffen, kann und muß gesorgt werden. Die Aufgabe der gesamten Lebensmittelverteilung läßt sich nur von Fall zu Fall und an Hand der Praxis lösen. Die großen Gesichtspunkte der Förderung der Produktion und der obli⸗ gatorischen Einschränkung des Verbrauchs müssen obenan stehen. Wenn der Konsum Hilfe beansprucht, muß die ihm unter allen Umständen gewährt werden durch Heranziehung der Allgemeinheit, durch die Mittel von Reich, Staat und Kommune. Auch für Absatzmöglichkeit muß gesorgt werden, so beim Gemüse. Den Kampf, den unsere Väter, Brüder und Söhne an der Front führen, müssen wir im Lande führen, indem wir uns einschränken, indem wir alles daransetzen, die auf dem Gebiete der Ernährung dem Durchhalten entgegenstehenden Schwierig⸗ keiten zu überwinden. Dazu müssen alle Kreise mitwirken, Auf⸗ klärung zu verbreiten, Verständigung, Anerkennung, gegenseitige Achtung herbeizuführen. Die Tatsache, daß man von feindlicher Seite in unserer Armee das Vertrauen auf unser Durchhalten zu erschüttern sucht, beweist, daß das Ausland die Ueberzeugung von unserem Durch— haltungswillen noch nicht gewonnen hat. Diese müssen wir ihm bei⸗ bringen, daß es auch auf diesem Wege nicht zum Ziele kommt, daß wir unter allen Umständen durchhalten werden, daß das deutsche Volk den Willen zum Sieg auch auf diesem Gebiete unerschütterlich bekundet. Unterstaatssekretär im preußischen Finanzministerium Dr. Michaelis: Die Bestandsaufnahmen aus dem November haben unsere Schätzungen aus dem Juli keineswegs dahin bestätigt, daß unbedingt die Annahme gerechtfertigt wäre, wir wären sehr reich und könnten drauflos wirtschaften. Die er⸗ leichternden Maßnahmen, die getroffen worden sind, waren selbstverständlich voll berechtigt, denn im ersten Jahre haben wir mit der Sparsamkeit erst nach einem halben Jahre angefangen, im zweiten Jahre setzten wir sofort mit der festen Brotration ein; es hat sich aber gezeigt, daß diese Erleichterungen unerwünschte Wirkungen gezeitigt haben, und daß wir mit aller Energie zu der alten Spar⸗ samkeit zurückkehren müssen. Im Punkte der Verfütterung ist nicht so gehandelt worden, wie es im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert gewesen wäre. Es ist viel verfüttert worden, kein Wunder bei der großen Not der Futtermittel. Wir haben nach der Richtung hin gefehlt, daß wir die Kontrolle im zweiten Jahre nicht mehr so scharf anzogen. Ebenso muß auf dem Gebiete der Konsumtion eingeschritten werden. Wir haben im vorigen Jahre dem Wunsche der schwerarbeitenden Bevölkerung durch die Gewährung der Zusatzbrotkarten nachgegeben; damals wurden diese auf den genannten Kreis beschränkt. In diesem Jahre gewährten wir ein Pauschquantum, das voll ausgenutzt worden ist. Es ist kein Witz, sondern eine Wahrheit, daß auch Gymnasiasten als Schwerarbeitende Zusatzbrotkarten bekommen haben, hier in Berlin haben auch die Dienstmädchen Zusatzkarten bekommen; kurz: es ist dahin gekommen, daß allein in Berlin die Zahl der Zusatzkarten von 120 000 im vorigen Jahre auf 700 000 gestiegen ist. Man hat nicht weniger angefordert, sondern das Mehr an Konditoren als Mehl ausgegeben, man hat jedem Hotel, jeder Restauration davon mitgeteilt. In diese Verhältnisse muß jetzt mit aller Energie eingegriffen werden, sowohl bei der Verfütterung wie beim Konsum; es muß wieder der Verteilungsmaßstab des Vorjahres gelten, indem wir den Stark⸗ arbeitenden, aber auch nur diesen, ihre Ration lassen, die bemittelteren Kreise aber müssen sich wieder einschränken, unter Umständen sogar noch mehr einschränken; denn wir stehen noch vor zwei Dritteln dieses Ernte⸗ jahres. Bis zu einem gewissen Grade hängt diese Sache mit unserer Mühlenpolitik zusammen. Wie wir übrigens die gerade auf diesem Gebiete notwendigen Maßnahmen, z. B. hinsichtlich der Verschrotung, Maßnahmen, die manchmal dem einfachen, gesunden Menschenverstande direkt gegen den Strich gehen, hätten durchführen sollen, wenn wir den preußischen Landrat und die Amtshauptleute usw. in den anderen Bundesstaaten nicht gehabt hätten, möchte ich wohl wissen. Gewiß war es viel richtiger und billiger, dem Einzelnen sofort so viel Getreide zu geben, wie er verschroten wollte, aber dann fehlte die Kontrolle, und nun muß er das Schrot teurer bezahlen. Alle diese Dinge sind natür⸗ lich außerordentlich schwer von Menschen zu fassen, aber sie müssen durchgeführt werden und können es nur, wenn die Landräte sich in den Dienst der Sache stellen. Wiederholt wird uns vorgeworfen, daß wir mit unserer Mühlenpolitik die mittleren und kleinen Mühlen nicht be— rücksichtigten. Wir haben in diesem Jahre an Mahlgut einen Rück⸗ gang gegen das Friedensverhältnis von 17 Millionen zu 9 Millionen Tonnen. Die Reichsgetreidestelle verfügt nicht über diese ganzen 9g Millionen, sondern wenn das Mahlgut der selbstwirtschaftenden Kommunalverbände abgezogen wird, bleiben für die Reichsgetreidestelle nur drei Millionen. Da ist eine gleichmäßige Verteilung des ge⸗ samten Mahlgutes auf die sämtlichen Mühlen nicht möglich. Wenn wir es auf 3000 Mühlen verteilen wollten, so bekäme jede Mühle nur 3 Tonnen. Selbstverständlich erhöht sich dadurch der Mahllohn um 10 bis 15 M für die Tonne. Das soll nun das Reich bezahlen; es ist aber das größte Verdienst des Schatzsekretärs, daß er so lange wie möglich die Wirtschaft auf eigenen Füßen stehen läßt. Selbst— verständlich ist es Sache des Reichs und der Bundesstaaten haben es in Preußen durch die Zuschüsse für die Schweinemast be⸗ wiesen —, bei Notständen einzugreifen, die anders nicht beseitigt werden können; wenn aber in der gewünschten Weise die Wirtschaft auf das Reich übertragen würde, so hat der Schatzsekretär mit Recht die Ver⸗ antwortung dafür abgelehnt. Wenn der Mahllohn nur um 10 stiege, würde das Reich 25 Millionen zu tragen haben. Dadurch hätte man allerdings etwa 2500 mittlere Mühlen über Wasser halten können. Daß wir das Mahlgut nur an einige wenige Mühlen geben, ist nicht richtig, wir haben jetzt 420 Mühlen der Reichsgetreidestelle angeschlossen. Erst waren es nur 143, wir haben die Zahl nach dem Wunsche des Reichstages vermehrt. Mit innerem Schmerzgefühl muß ich gestehen, daß unmöglich mehr Mühlen Mahlgut gegeben werden kann, aber ich muß beanspruchen, daß man uns zugibt, daß wir richtig verfahren haben. Es kommt darauf an, wieviel Mahlgut auf die großen bzw. die kleinen Mühlen im Ver⸗ hältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit kommt. Die 46 großen Mühlen, die angeschlossen sind, haben eine Leistungsfähigkeit von 12 100 Tonnen täglich, aber Mahlgut bekommen sie bloß bis zu H00 Tonnen. Wir müssen ferner auf die Lagerung das Hauptgewicht

wir

legen, und die Lagerungsmöglichkeit ist bei den Großmühlen besser als bei den kleinen. Wir müssen ferner das ist einer der umstrittensten Punkte das Getreide möglichst in der Nähe des Konsums aus⸗ mahlen lassen, weil das Mehl auf längeren Transporten Gefahren ausgesetzt ist. Im vorigen Frühjahr ist das Mehl 30 bis 40 Tage großer Hitze auf den Eisenbahnen ausgesetzt gewesen; es wurde da— durch so schlecht, daß wir es mit anderem mischen mußten. Ich habe nie eine Antwort auf die Frage bekommen, wieviel Mühlen ich denn anschließen soll, wohl aber habe ich viele Briefe von Abgeordneten be- kommen, die das Mahlen in ihrem Wahlbezirke wünschen. Im Westen haben wir auch den kleinen Mühlen Mahlgut gegeben, um den Wünschen tunlichst entgegenzukommen. Die Kommunalverbände haben auch die größeren Mühlen bevorzugt, und es war nicht möglich, sie zu einer einheitlichen Politik zu veranlassen. Der Antrag, in den Mühlen die Feiertagsarbeit und Nachtarbeit zu verbieten, erschien mir zuerst annehmbar, aber nach weiterer Prüfung kann ich ihn nicht mehr empfehlen. In den Speicherräumen und in den Silos muß das Getreide bewegt werden, namentlich an heißen ö. Tagen. Wenn man die Arbeit aussetzen wollte, würde auch mehr Feuerung, also mehr Kohle, mehr Oel, ferner eine schärfere Ueberwachung nötig sein, sodaß wir große finanzielle Opfer bringen müßten. Auch im n hat man das Verbot der Nachtarbeit und der Feiertagsarbeit

Mühlen nicht für nötig gehalten, und jetzt im Kriege können ozialen Momente nicht so sehr berücksichtigen. Den Zweck, zu erreichen ge Aussetzung der des ganzen Mühlen⸗ vor dem Verderben

wir die mehr Mühlen dafür zu beschäftigen, habe ich dadurch sucht, daß mehr Mühlen angeschlossen wurden. Die

dit würde eine technische Verschlechterung. betriebs sein. Wir müssen jeden Zentner Getreide hüten und für die Ernährung des Volkes sichern. Nachdem wir die Sache durchgeprüft haben, muß ich ablehnen, durch solche Maßnahmen Schwierigkeiten machen zu lassen. Wir sind im vorigen Jahre auf manche Sachen eingegangen, weil die Wünsche sehr energisch vorge tragen wurden, aber nachher erwies es sich als falsch. Ich werde den Fehler nicht nochmals machen, bloß um Konzessionen zu machen. Wir handeln nur so, wie wir es vor unserem Gewissen verantworten können, um das Getreide bis zum Schlusse für die Ernährung zu sichern. Selbstverständlich mußte für nicht vollwertiges Getreide ein Abzug gemacht werden. Es ist aber allmählich mit den Forderungen über den Grad der Feuchtigkeit nachgegeben, und jetzt ist nach Be⸗ sprechung mit dem Abg. Dr. Roesicke das schiedsrichterliche Verfahren über das Abzugsverfahren eingeführt worden. Dieses Schiedsgericht ist nicht ein Schiedsgericht der Reichsgetreidestelle, es besteht aus Mit⸗ gliedern der Landwirtschafts kammern und der Handelskammern. Es ist eine ganz objektive Behörde, und das Schiedsgericht spricht Recht wie jedes andere Schiedsgericht. Es ist außerdem ein Vorverfahren ein gerichtet worden, um zu prüfen, ob die Trocknungskosten dem Land wirt anzurechnen sind. Wenn wir bis zum Schlusse des Wirtschafts jahres mit dem Getreide auskommen sollen, so ist unbedingt eine Reserve nötig. Wir haben im vorigen Jahre mit der damaligen Reserve gerade ausgereicht, um in die neue Versorgung hinüberzu— kommen. Hätten wir nicht einen so starken Ueberschuß gehabt, so wären wir in große Verlegenheit gekommen. Wir hoffen von der Nachprüfung der Statistik, daß die Reserve größer werden wird, aber garantieren können wir es nicht. Darum kommt es darauf an, daß die Konsumenten mit voller Energie die Aufgabe erfüllen, die sie zu erfüllen haben. Wir müssen die Zähne zusammenbeißen, wenn wir auch manchmal nicht das dazwischen haben, was wir gern haben möchten, damit wir langen. Wenn wir wollen, langen wir, und daß wir wollen, steht fest.

Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Es ist unverständlich und un⸗ erhört, daß Zusatzbrotkarten auch Gymnasiasten gegeben worden sind, und es ist unverständlich, daß die große Steigerung dieser Karten erst so spät von der Zentralstelle gemerkt worden ist. Ich muß dem Prä⸗ sidenten der Reichsgetreidestelle gegenüber bestreiten, daß auch die übrigen Bevölkerungskreise die Bestimmungen verletzt hätten. Die betreffenden Verfügungen müssen schneller erlassen werden. Eine, Auf⸗ hebung der Nachtarbeit in den Mühlen halte auch ich für unmöglich. Besteht die Befürchtung, daß das Getreide verfüttert werden könnte, so müßte allerdings das Getreide schnell vermahlen werden. Es ist eine Fronie des Schicksals, daß jetzt weniger Mühlen beschäftigt werden als bei Gründung der Kriegsgetreidegesellschaft. Die Gründe, die für den Ausschluß der Mühlen angeführt sind, scheinen mir doch nicht durchweg stichhaltig zu sein. Eine große Anzahl von Mühlen auch in meinem Wahlkreise hat sich erboten, zu demselben Preise zu liefern wie die Großmühlen. Warum schließt man sie aus? Man kann doch ihr Angebot mit gutem Gewissen annehmen. Die Mühlen, die bisher einwandsfrei und tadellos ihre vertragsmäßigen Verpflich⸗ tungen erfüllt haben, sollte man doch auch weiter herücksichtigen. Wenn die kleinen Mühlen schon einen so großen Ausfall an Mahlgut haben infolge einer geringeren Ernte, so hat man erst recht die Pflicht, sie zu unterstützen, und nicht die großen Mühlen. Das Kriegsministerium hat im Kriege Hunderte von Millionen dem kleinen Gewerbe zuge— wandt. Dies Beispiel sollte auch von den anderen Verwaltungen he— folgt werden. Die kleinen Mühlen sind durch den Ausschluß förmlich überrascht worden. Ihre Eingaben blieben unbeantwortet. Diese Behandlung hat in den Kreisen der loyalen Müller große Erbitterung hervorgerufen. Die Verwaltung sollte das nicht unterschätzen. Ist es richtig, daß viele Mühlen angeschlossen sind, die keine Trocken⸗ anlagen haben? In der Kommission sind drei Resolutionen übe diese Frage angenommen worden, und doch hat sich kein Vertreter des Reichskanzlers dazu geäußert. Die Zwitternatur des Präsidenten der Reichsgetreidegesellschaft läßt schwer erkennen, wie sich eigentlich der Reichskanzler zu dieser Frage stellt. Manche der Forderungen des Abg. Schmidt halte ich für durchaus begründet, sie sind auch schon in weitem Umfange von der Reichsstelle berücksichtigt worden. Wenn er verlangt, daß die Preisfestsetzung nur auf die tatsächlichen. Pro⸗ duktionskosten Rücksicht nehme, so denkt er dabei wohl nur an die In— dustrie. Für die Landwirtschaft gibt es keine allgemeinen Produktions— kosten. Die Tüchtigkeit des Besitzers hat zwar einen großen Ein⸗— fluß auf die Erträgnisse, einen viel größeren aber hat die Witterung, die von dem Willen des Menschen unabhängig ist. Wenn Herr Wen⸗ dorff und andere im vorigen Jahre günstige Ernteergebnisse gehabt haben, so ist das kein Grund, daß andere Landwirte, die schlechter ge— stellt waren, billigere Preise fordern sollen. Was die Kartoffeln be⸗ trifft, so sind sie im Westen im vorigen Jahre erheblich billiger ge⸗ wesen als im Frieden, und zwar infolge der billigen Eisenbahn⸗ transporte. Die Eisenbahnverwaltung hat drei Viertel der Fracht den Kartoffelabnehmern geschenkt. Die Kartoffeln sind vom äußersten Osten nach dem Westen in drei bis vier Tagen befördert worden, eine Glanzleistung, die unsere Anerkennung verdient. Diese Leistung widerlegt auch den Vorwurf, daß die Landwirte die Kartoffeln künst⸗ lich zurückgehalten haben. Dagegen aber muß Verwahrung eingelegt werden, daß jetzt im Westen Kartoffeln im größeren Umfange als Viehfutter benutzt werden. Verhütet muß werden, daß die Kartoffel⸗ bestellungen einfach rückgängig gemacht werden. Dringend möchte ich

*r

bitten, in diesem Jahre auf den Anbau von Frühkartoffeln besonderen Wert zu legen. Die Fehler, die in diesem Punkte im vorigen Jahre gemacht wurden, dürfen sich nicht wiederholen. Die Schweinepreise sind nicht so hoch gestiegen, wie der Kollege Schmidt gestern be⸗ hauptete; Berlin ist ganz nach seinem Wunsche in direkte Verbindung mit den Produzenten getreten, hat sich dabei aber auch sehr ver⸗ ständigerweise etwas über die höchsten Preise hinweggesetzt. Was den preußischen Minister des Innern betrifft, so hat er sich durch Organisierung der Selbstversorgung ein großes Verdienst erworben; diese Bezirke haben jetzt erheblich billigeres Mehl als die Städte. Darin hat Herr Schmidt recht, der preußische Minister des Innern hat viel Wichtigeres zu tun, als daß er sich jetzt mit dem preußischen Wahlrecht zu beschäftigen brauchte. Daß rh. Kriegsgewinne ge⸗ macht worden sind, daran sind zum Teil die Maßnahmen der Regie⸗ rung schuld, z. B., indem man die Spannung zwischen Klein⸗ und Großhandelspreisen bei Gemüse, Kartoffeln usw. viel zu sehr sich hat vermindern lassen. Wir fördern das Gesamtwohl, indem wir uns verständigen, nicht indem wir uns bekämpfen.

Es folgen persönliche Bemerkungen der Abgg. Schmidt; Berlin (Soz.) und Dr. Roesicke (deutschkons.).

Schluß nach 637 Uhr. Nächste Sitzung Do n nerstag 2 Uhr. (Fortsetzung der Beratung.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Altersgliederung der männlichen Mitglieder der Berliner Ortskrankenkasse während des Krieger. Die allgemeine Ortekrankenkasse der Stadt Berlin hat in ibren Berlcht fär das Geschäftejahr 1914 eine Uebersicht über die Alten, gliederung ihrer männlichen Mitglieder veröffentlicht und seltdem anz entsprechende Aufstellungen für die einzelnen Monate des Jahres 195 gemacht, deren Ergebnisse in dem vom Kaiferlichen Stetistischen Ant. berausgegebenen . Reichzarbeiteblatt (Jahrgang 1915, Heft 11) mi. geteilt sind. Sle ermöglichen die zahlenmäßige Verfolgung der Alien, verschiebung während des Krlegeg. Ein derartiger Einblick in n tatsächliche Gestaltung der Alterggliederung der männlichen Arbeit, kräfte, die während des Krieges zur Verfügung stehen, ist von besm, derer Wichligkeit. 3 Im ganzen zählte die Ortskrankenkasse der Stadt Berlin mäm

liche Mitglieder: am 1. 7. 1914 214 874, am 1. 1. 1915 161 490, 20] 465, 51. *. 163 357. 45 G93, . 170 947 154 455, . 165 725, 159 176, 8 161 053, 162119, 9 ; 151389, . 150 bi. Werden nun die männlichen Mitglieder der Berliner Ortskranke in,. nach Altersstufen unterschteden, so betrug

2 6 n , , 5 * bis is 17 20 2. 25 26 30 31 - 35 35 10 aν. - ia

. = 368 32 300 25 348 20 758 15 754 34353

1914 7. 16429 33 412 16 083 31 663 13 023 21 .

14934

16 468 25

18 022 25

5 555 73 136

15 Or z Ii4 3359

82 ig 101 15 359 19 454 15768

19 7535 16036

8— 2

d do dẽ C L 0

14 163 13 088 31859 20 883 16959 14805 13331 321 20 755 17989 15 914 14 404 36 26 18 682 170656 16107 14531 373 15 giß 13 410 is 420 13 gꝛ0 3 15 145 12740 15259 13 069 3639 Ih So? 22 089 22 869 14 372 12225 14357 12 612 56 6 Aus einer im ‚Reichsarbeitsblatt“ veröffentlichten Tabelle, die Altersgliederung der männlichen Mitglieder der Berliner On kranker kasse in Verhältniszahlen angibt, geht hervor, n die im heeresdienstpflichtigen Alter stehenden Miß, glieder der Berliner Ortsktankenkafsse mit Kriegsausbrih also vom 1. August 1914 ab, zum Teil erhebliche Venn gerung erfahren haben. Der Anteil der 21 bis 45 Jahre alt Mitglieder betrug am 1. Jult 1914 60, v. H. (am 1. Januar 19 61,7 und am 1. April 1914 sogar 62,1 v. H.), er sank im August bo, erst nur auf 59,5 v. H,, verminderte sich aber am 1. September af 56,0 v. H. und ging zu Anfang der folgenden Monate des Jaht 1914 auf 55,9 v. H. im Oktober, auf 54,3 v. im Nu vember und auf 53.5 v. H. zu Beginn des Dezember zuritk, Mit dem 1. Januar 1915 trat dann, wie auch aus der obigen Ci Grundzahlen angebenden) Uehersicht bervorgeht, eine Steigernm einzelner Altersklassen dieser Arbeitergruppe, welche die besten Mannth, jahre umfaßt, ein. Der Anteil der 21 bis 45 Jahre alten Mitgllen erreichte am 1. Januar 1915 wieder 58,5 v. H., am 1. Februar ) v. H.; er sank dann aber am 1. März auf 56, und am 1. April nn 54 9 v. H., um schließlich vom 1. Mai ab einen noch niedrigeren Bestaan zu erreichen als am 1. Dezember 1914. Am 1. Mai und 1. Im stellte sich der Anteil der 21 bis 45 Jahre alten männlichen Kase mitglieder an der Gesamtzahl der männlichen Mitgliederschaft a wenig über 51 v. H., und dieser Anteil fiel am 1. Juli noch welherhn auf 0, s v. H. ö. Dieser Verminderung des Anteils der Arbeiterschicht in nn besten Altersjahren steht eine ununterbrochene Zunahme der meln als 45 Jahre alten Arhbeiterschaft gegenüber. Waren w 1. Juli 1914 16,0 v. H. aller männlichen Kassenmitglieder 46 Jahre unn darüber alt (am 1. April 1914 16, v. P.), so stieg n Anteil dieser mehr als 45 jährigen Arbeiter bereits n 1. August 1914 auf 16,9 v. H., erhöhte sich am 1. Septen weiter auf 18 v. H, stand danach zu Beainn der Mon Oftober, November und Dezember auf mehr als 19 v. H. und hi sich am 1. Januar wie am 1. Februar 1915 zwar noch unter (nämlich auf 19,5 bezw. 19, v. H.), überstieg jedoch vom 1. Min ah ens; der am 1. März erreichte Anteil (21, v. H) erhöhte sich April auf 222, zu Anfang Mat auf 23,1 und zu Anfang Juni an 234 v. H. Am 1. Jult 1915 betrugen die über 45 Jahre alt Mitglieder nur wenig unter 1 der gesamten männllchen Mitgliedn schaft (24,9 v. H.). Der Anteil fiefs älteren Arbeiterschicht ist seit dem 1. Jull 1914, an dem er nur 16,0 v. H. betrug, ganz eiht lich gestiegen. Ebenso wie die männlichen Hilfekcäfte, dle während des Kriemn zur Verfügung stehen, in erhöhtem Maße aus der älteren, nicht min kriegsdinstpflichtigen Arbelterschaft genommen worden sind, kamen n die Deckung des Bedarfs an männlichen Arbeite kräften während en Frieges auch in erhöhtem Maße die jüngeren Arbeiterschtchtenn Betracht. Unter 20 Jahre alt waren am 1. Jult 1914 233 v.59 am 1. August 23,5 v. H aller männlichen Arbeins kräfte. Der Anh dieser jüngeren Arbetterschaft stieg am 1. September auf 25, v. Am 1. Oktober betrug er zwar nicht ganz so viel, nämlich 243 v. 9 doch war gleichwohl, wie die obige Uebersicht nach Grundzahlen n kennen läßt, in den Altersgstufen unter 20 Jahren im Vergleich mit de Stande am 1. September eine Zinahme der Anzahl männlichen Kassenmitglieder eingetreten. Am 1. November in J. Dezember überstieg der Anteil der unter 20 Jahre alten Arbemhn H (26,8 bezw. 27,9 v. H.). Mit dem 1. Januar macht sich dam allerdings ein Sinken in der Anzahl der bis 16 Jahre alten Kasen mitglieder kemerkbar, dieser Rückgang hängt wohl mit dem Aufbönmn der Weihnachteart eiten zusammen. Bis zum 1. April hielt sich ! Anteil der unter 20 Jahie alten männlichen Hilfe kräfte noch um 230 v. H., am 1. Mai steßte er sich auf 2555 v. 5H. Ot wohl vom 1. Inn ab sich in der Altersklasse von 17 20 Jahren die Etnberufungen in Landsturm geltend machten, blieb der Gesamtanteil dieser jüngem Arbeiterschicht am 1. Juni auf fast 25 v. H. stehen und ht sich am 1. Juli sogar wieder etwas über 25 (auf 25,9) v. H. Weid . allein die big üs Jabre alten Beschäftig ten betrachtet, waren am 1. Januar 1918 an Jugendlichen dieses Alters 6,86 v. aller beschäftigten Männer vorhanden, am J. Februar 7, v. S. n 1. März und 1. April 73 v. S. (gegen 61 v S. am J. April 191 vom 1. Mat ab stieg die Heranziehung der bis 16 Jahre Alten wesn zuerst auf 9. v. H, dann im Juni auf 103 v. H. und im Jult a 10,5 v. H, sodoß die Steigerung im Vergleich mit dem Stande 1 1. Juli 1914 (7, v. H) nicht unbeträctlich ist. . Die Gesamwerteilung gestaltete sich am 1. Juli 1915 so, n etwa die Häste der dem Berliner Arheltsmarkt zur Versüͤgh stehenden männlichen Arbeiserschaft aus Arbeitern im krle dien pflichtigen Alter besseht, während die andere Hälfte zu fast gleicht Teilen du, älteren und aus jüngeren Arbeite krästen sich zufammenseh,

24 601 30173 20 432 16506 24 9g05 28 26273 26 26 344 26 381

271 95 72

465

.

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666 6

Darauf wird ein Vertagungsantrag angenommen.

Die jüngeren, bis 20 Jahre alten übersteigen dabei die älteren, 46 un mehr Jahre alten etwas an Zahl. 1

Für die Verschiebungen in den einzelnen Alterzst ü kassenmitglieder innerhalb des kr die eingangs gegebene Uebersicht selbst verwiesen.

——

Säuglingssterblichkeit und Volkgernährung . in Deutschland.

Der Ciadämmung der Säuglingssterblichkeit Jahren die besten, blerju berufenen Kräfte gewidmet. it infolgedessen auch dauernd zurückgegangen, wie die beweist. Es starben in Deutschland 6

im Jahre 1901 von 100 Lebendgeborenen 20, r s] 190 . 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 . ; 155. An diesen fär das Deutsche Reich feststehenden Durchschnitts zahlen waren die einzelnen Gliedstaaten und vreußijchen Prooinzen“ gan verschieden beteiligt. Während für das Jahr 1913 das Fürstentum Waldeck mit 6,9 Prozent am gäestigsten abschneldet, weist Wesi a, mlt 3. Prozent den bsten Prezentiatz auf 9 Nun ergibt die Statistik (leichjeitig, daß der Prozents' r Sterblichkeit ehelicher Säuglinge wᷣsentlich geringer ! , . 2 unehelichen, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist. Es starben in Deutschland von je 100 Lebendgeborenen eheliche

19,

baben sich seit Der Proꝛentsatz folgende Tabell⸗

7 . . m m ,,,, 8 n ,,

w , , ,

uneheliche 339 29,3 32, 31, 329 294 28,9 28.5 26, 25, 29353

im Jahre 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1. 1 23,2

ö. J 23,7.

. Diese Zahlen beweisen, daß die im Interesse der deutschen Volks— wirtschaft liegende Aufgabe, die Säualingsstervlichkeit herabzudrücken, schon in Friedenszeiten schwer zu erfüllen ist und daß, wie der Unter schied zwlschen den Zahlen der ehelichen und der unehelichen Säug— linge beweist, an den immer noch hohen Prozentziffern die privat. wirtschaftlichen Verhältnißse große Schald tragen.

Im Interesse der Gesundheit kommender Generationen muß unter allen Umständen troß der Knappheit und Teuerung der Lebeng— mittel Unterernährung bei Säuglingen verhütet werden. Die Gefahr einer soichen ist durch die Milchknappheit und durch die ungleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Meisch sowie durch die besteben den Teue— rungk verhältnisse gegeben. Viele Väter steben im Felde. Den Müttein fehlt es zuweilen an Rat und Hilfe, vielleicht auch oft an den Mitteln, ihre Kinder hinreichend zu ernähren. Behördliche Hufe kann nicht überall und sofort einsetzen, aber pridates Entgegenkommen und private Hilfe kann schnell zur Stelle sein und vielleicht manchen Säugling dem Leben erhalten. Es ist nur ein geringes Entgelt, wenn hilssbeleite Männer und Frauen den Kindern der draußen im Felde Stehenden, die sie und ihre eigenen Künder gegen feindliche Willkür und Brutalität schützen, einen Teil des Dantes abtragen, den sie unseren opfermuligen, tapferen Leuten im Felde draußen schuldig sind. Diese direkie Uaterstützung möge daber in weitestgehendem Umfange platz greifen. Aber auch indictkt tann den Säuglingen geholfen werden. Bie Kappheit an Milch muß jede Neigung, den eigenen Hausstand über den Bedarf der kleinen Kinder hinaus zu versorgen, zurücktreten lassen. Weiter muß durch Organt⸗ ation der Ziegenzucht für eine Vermehrung der Milchproduktion Sorge getragen werden. Mancher leerssehende Pfeidestall bietet hierzu vorzügliche Gelegenbelt. Es giot der Wege gar viele, dem heranwachsenden Geschlecht zu heifen, besonders denjenigen, denen die sürsorgende Hand des Vaters pöllig oder während der Kriegszeit fehlt. Es handelt sich hier um eine Ehrenpflicht der Zurückgebliebenen, deren Erfüllung zum Segen des deuischen Vo kes ist—

Zur Arbeiterbewegung.

Nach einer von, W. T. B. übermittelten Meldung des Temps“ aus Madrid hat infolge der entgegenkommenden Haltung der Arbeit geber der allgemeine Ausstand sein Ende erreicht. Nur 200900 Arbeiter feiern noch. Fünfzig Agltatoren wurden verhastet. (Vgl. Nr. 8 d. Bl.)

Literatur.

als strafrechtlich psychologisches Problem. Von Dr jur. Max Rudolf Senf, Amis ichter. 181 Selten. Hannover, Helwinasche Verlage buchhandlung. Preis 4,50 S4. Mit dem Begriff Verbrechen pflegt sich in unserer Psyche dte Vorstellung des strafrechtlich Relevanten, d. h. des Snafbaren zu verknüpfen, Verbrechen und Strase gehören für uns empirisch zu— sammen; das Verbrechen stellt sich unz demzufolge als ein psychoio— gisches Problem von spezffisch strafrechtlicher Bedeutung dar. Die rein psychologische Seste dieses Problems gipfelt naturgemäß in dem Charakter des Verbrechens als Willensbetätigung und in der psychischen Reaktion, die durch die Wukung sener aus- gelöst zu werden pflegt. Das Verbrechen nach dieser Richtung näher zu beleuchten, unternimmt der Verfasser der hier angezeigten Schrift in deren erstem Teil. Zunächst werd die Lehre vom indeterminterten Willen abgetan. Der Mensch ut in der Er— zeugung seiner einen psychischen Ursprung besitzenden Handlungen da. durch determintert, daß ihn stets eine Vorstellung, deren Realisierung ein Lustgefühl verbeißt, zum Tätigwerden und die Aussicht auf Unlust zum Untätigwerden veranlaßt. Et werden dann die Ursachen des Verbrechen Grregung, Leidenschaft, Alkohol, Gelegenheit, Abstumpfung, Gewohnheit erörtert, und es wird der Grund des Strafrechtß untersucht. Grund des Strafrechts ist die Erhaltung der Gesellschaft, eine soziale Notwendigteit. Gegenüber der insbesondere bei Ytoheitsdelilten so verbreiteten Mlide hebt der Verfasser bervor, daß das Strafrecht einen wirksamen Schutz nur dann gewähren kann, wenn der Richter die Strafandrohung auch binteichend verwirklicht. In seiner spezifisch straftechtlichen Be— deutung wurzelt das Problem des Verbrechens von vornherein in zwei Fragen: I) Wie muß ein Verhalten ganz allgemein beschaffen sein, damit es al strafrechtlich relepant, d. h. als strafbar eischeint? und 2) welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit im konkreten Falle gegen ein bestimmtes Subjekt das Bestehen eines an sich erwachsenen staatlichen Strafanspruchs festgestellt zu werden vermag? Dic erste Frage, die nach den Voraussetzungen des siaatlichen Strafänspruchs, wird im zweiten Teil der Schrift eingehend unterfucht. U a. werden die Grenzen zwischen Versuch und vorbereitenden Handlungen erörtert, wohel der Begriff, Anfang der Aus führung“ verworfen und der Unterschted darin gefunden wind, daß Versuch vo liege, wenn wie Gefahr des Cin— tritis des Eifolges bestand, und schließ ich werden die Begriffe der Mit⸗ täterschast und der Beihilfe besprochen. Die für die Praxis beronders wichtige zweite Frage, die Beweis sührung. die Art, wie der staatliche Stiafanspruch festgestellt werden kann, eh nnde der dritie Teil der Schrift. In einem Schlußwort wird dann noch dargetan, welche

Das Verbrechen

Konsequenzen sich aus der Erkenntnis des Verbrechens als strafrecht⸗ lich plychologischer Erscheinung für den Kampf wider das Verbrechen ergeben. Die lesenswerten Ausführungen des Verfaffers schließen mit dem Satze, daß jeter Kriminaljurist ebenso Psychologe wie Rechts gelehrter sein müsse.

Das Strafge setzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einführungegesetz, herausgegeben und erläutert won Dr. Reinhard Frank, Prosessor der Rechte in München. Elste bis vierzehnte, neu bearbeitete Auflage. VIII und 710 Seiten. Verlag von J. E. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübrngen. Geb. 14 S6. —* Der berdienst· volle Kommentar zum Richzstrafgesetzbuch einschließllich der Konkurs= delikte, dessen HPauptvorzüge darin liegen, daß er in prägnanter und übersichtlicher Gestaltung sowie in voller Selbständig keit der Auf⸗ sassung einerseits die strafrechtlichen Fragen wissenschaftlich behandelt, andererseits auch stets den Bedürfnissen der Praxis Rechnung trägt und ihr alles Wesentliche bringt, hat in der vorliegenden neuen Auf— lage innerlich zwar seinen alten Charakter bewahrt, aber in vielen Punkten eine Umarbeitung erfahren, die nicht lediglich die inzwischen erschlenenen einschlägigen literarischen Veroffentlichungen wie dle neueste Rechtsprechung des Reichsgerichts sorgfältig berücksichtigt, sondern eine weitere wissenschaftliche Vertiefung bedeutet. In der Darstellung der einleitenden Bestimmungen wird die ven der Bindingschen Normentheorie abweichende Anschauung Franks eingehender und noch klarer als bisher begründet. Ergänzt bezw. umgeanbelter sind ferner u. a. die Ausführungen über die Wutungen des Rücktritte vom Versuch bei einzelnen Veliktsarten. den Unternehmungs⸗, Vor⸗ bereitungs., Aufforderangs. und Absichtsdellkten, über den Schuld- begriff, der nach Frank erst erfüllt wird duich die Summe der dem Innenleben des Täters (oder Teilnebmerg) angehörenden Unftände, tie in ihrer Gesamtheit die Verwerfoarkeit der Handlung begründen, über den Vorsatz, den er jetzt bestimmt als den Seelen zustand, bet dem sich der Täter durch die vorhandene Kenntnis der zum aesetz ichen Tanbestande gehörenden oder die Strafbarkeit erböhenden Tatumstände vom Handeln nicht abhalten läßt, über die Fahrlässi keit, in deren veränderter Begriffsbestimmung der Unterschied zwischen bewußter und untewußter Kahrläsßgkeit schärfer als früher hervortritt, über die An= rechnung der Unter suchungshaft, über die Berechnung der Gesamtstrafe und 579. Auch die Darstellung des besonderen Telis des StGB. zeigt vielfach ll narbenungen. Es sei nur hingewiesen auf die Ausführungen über die Verletzugg der Wehrpflicht, über die Sittlichkeite verbrechen, über den W ihrheitsheweis bei Beleidigungen, auf die Vertiefung der Mord— lehre, die Behandlung der Vergifiung, die Umgestaltung der Zu⸗ eignungslehre, die Neubearbeitung der Grpressung, in der Frank die Androhung eines verkehrsmäßigen Uebels als nicht unter 8 253 fallend erachtet. Eifceute sich schon bisher der Franksche Kominentar bei den Gerichten, auch beim Reichsgericht eines hohen Ausehens, so wird durch die neue Auflage, die der Strafrecht kommission gewidmet ist, in der ja der Verfasser jahrelang mitgewirkt hat, seine bevorzugte Stellung nur noch wetter gefesligt werden.

Jahrbuch des Strafrechts und Stra fprozesses, heraus⸗ gegeben von Hofrat Dr. H. Th. Soergel und Regierunggrat Krause. 1X. Jahrgang: Rechtsprechung und Literaiur 194. l,. und 5o4 Seiten. Hanncver, Helwingsche Verlagzbuchhandlung. Geb. 4,50 „. Dieser IX. Jahrgang enthält die im Jahre 1914 ergangene Rechtsprechung zu 233 Gesetzea und Verordnungen des Reichs und deutscher Einzelstaaten. Daneben bringt er die Ergebnisse der straftechtlichen und strasproz ßrechtlichen Lierasur besselben Jahres. Dle kuren Auszüge sind mit bekannter Sorgfalt abgefaßt, sodaß auch dieser Band dem Praktiter gute Dienste leisten wird. In den bisher erschienenen Bänden sind Entscheidungen zu 852 Reich. und Landeggesetzen und »verordnungen mitgeteilt. Ueberall beigefügte Quellenangaben erleichtern es, jede gesuchte Eatscheitung auch in der offiziellen Sammlung oder der Zeüschrift nachjulesen, die sie ausführ⸗ licher wiedergegeben hat.

Die Strafrechts reform. Das Ergebnis der Aibeiten der Strafrechtskommission. Von De. T. Ebermayer, Reichsgerichtsrat, stellpertretendem Vorsitzenden der Konimission. 61 Seiten. Rerlag von J C. B. Mohr (Paul Siebech, Tübingen. Preis 16. Reschg⸗ gerichisrat Ehermayer hatte bereits im Verlage von Otto Liebmann, Berlin, eine zusammenfassende Darstellang der Beschlüsse der großen Strafrechtskommission, wie sie zu den eigzelnen Paragraphen des Vor— entwurfg zu einem deutschen Strefgesetzbuch bei den verschiedenen desungen gefaßt worden sind, erscheinen lassen; aus ihr war bei Zurhandnahme des Vorentwurfe, dessen Anordnung zugrunde gelegt worden, ohne Mübe zu eisehen, was hinsichtlich der einzelnen Bestimmungen bei beiden Lesungen beschlossen und waz scheießlich als Endergehnis festgestellt wo den ist. Die hier angezeigte Schuift, die einen vor Richtern und Staatsanwälten des Kammergerichtshezirks gehaltenen Vortrag wiedergibt, führt die Beschlusse der Strafrechts. kommission auch demjentgen vor Augen, der den Vorentwurf nicht zur Hand hat. In großen Zägen, unter Weglassung aller Einzelheiten wöed in Bild von der Regelung gea ben, die sämtliche Materien sowohl des allgemeinen wie des besonderen Tells in der Kommission gefunden haben. Bezugnahmen auf den Vorentwurf fehlen auch hier nickt; aber die Darstellung ist aus sich heraus verstaͤnz lich. Auf eine Rechtfertigung oder Kritik der Vorschriften ist in der Regel verzichtet; hier und da läßt aber der Verfasser seine (igene Ansicht durchblicken. Sein Ge— samturteil geht dahin: Auch bel ohjektivster Betrachtung kann gesagt werden, daß der Kommissionc entwurf ebenso wie schon der Vor— entwurf gegenüber dem geltenden Rechte elnen unbestreibaren Fort— schritt in vielen Richtungen dargellt.

Volksüberzeugung, Willene freiheit und Straf«— rechtsreform. Für jurist sche und nichtjurtstische Leser von Wii. helm Kitz, Gebeimem Obeijustitrat und Landgerichtspräsidenten in Creseld. 57 Sten. Berlin, Verlag von Franz Vablen. Preis l,20 4A. Ach diese Schrift soll das allgemeine Interesse am In—⸗ halt der künftigen Strafgesetzgebung erwecken und Juristen wie Nicht- juristen dazu anregen, sich an der Erörterung über die strafrechtlich'n Grundprinzipien zu betetligen. Der Verfasser bekennt sich ju Lem Grundsatze der Willensfreiheit und der Vergeltung als unverrückbarer Grundlage jedes Strafrechts und will diesen auch vom Vorentwuif zu einem deutschen Strafgesetzkzuch und vom Entwurf der Straf— rechtekommission eingenommenen Standpunkt nicht durch den Grundgedanken der sozioloischen Sirafrechtsschule, die dag Verbrechen als „sozialpathologische Erscheinung“ auffasse, verdrängen lassen. Wenn auch die Gesamtheit der den Täter zur Zeit der Tat umgebenden äußeren Verhä'tnhsse berücksichtigt werden solle, so musse doch Vergeltung für schuldvolles, in der Willensfreiheit wurzelndes Tun eintteten. Der Verfasser meint, daß dem deutschen Volke in seiner großen Mehrheit die Aufsassung, das Verbrechen sei ein not wendtiges, von dem Täter nicht veimeidbares Geschehnie, jetzt ebenfo fremd sei, wie sie ihm in allen Phasen selner Geschichte f emd ge⸗ wesen; und dieser Volkganschauung müsse der Gesetzgeber Rechnung tragen.

Die strafrechtliche Behandlung der Jugend in Eng— land unter Berücksichtigung der erziehiichen Maß— nahmen. Von Dr. jur Karl Struve, Gerichtsassessor. VIII und 302 Selten. Berlln, Verlog von Otto Liebmann. Geh. 7 6. Dieset Buch ist das Gegebnig eines Studtlenaufentbalss des Ver— fassers in England in Ter Zeit von Oktober 1912 big Juni 1913, während dessen er sich außer mit anderen Zweigen des englischen Rechtelebens insbesondere mit der sirafrechilichen Behandlung Jugend- licher eingehend beschäftigt hat. Dank des Entgegenkommenz der enalischen Behörden hatte er reiche Gelegenheit zu praktischen Beob— achtungen und per öalicher Aus sprache mit einer Reihe auf dem Gabtet der Jugendstraftecht pflege führender Männer Daz englische Jugendstrafrecht ist durch den Children Act von 1908 auf eine neue Geundlage gestellt; neue Eniwicklungen sind angebahnt und lassen schon eine bestimmte Gestaltung erkennen. Daher wird die vor— liegende, auf eigener Anschauung des Verfasserg beruhende Darssellung der englischen Jugen?estrafrechtepfl ge, die alle Vorschrlften und Ein⸗ richtungen des materiellen Rechte. des Verfahreng und des Stiaf. vollzugs berücsichtigt, die emen Rechtsbrecher mit Rücksicht ouf sein Lebensalter eint besonderen Behagdlung unterwerfen, auch in Deutsch-=

land einem lebhaften allgemeinen Jnteresse begegnen. Sie gibt zu⸗

nächst elnen Ueberblick aber die geschlchtliche Entwicklung und be⸗ handelt dann in neun Abschnitten das materielle Jugendstrafrecht, das Strafverfahren gegen Jugendliche und die Jugendgerichte (Ver- fahren bis zur Haupiverhandlung und Liese selbst), die Bewahrungg⸗ heime, die Vollziehung der gegen Jugendliche zulässigen Maß⸗ regeln (solche ohne Strascharakter, Strafmaßregeln sowie Unter- bringung in Besserungs⸗ und Erztehungganstalten), Jodann den übrigen Inbalt des Children Act (präventibe Verbrech nöbelämpfung), die besondere Behandlung jugendlicher Rechtebrecher vom bis 21. Lebensjahre, die Kriminalität der Jugendlichen in England (deren Ursachen und Statistit), endlich die Mitwirkung privater Vereine. Vielfach sind kritische Bemertungen eigenen und fremden Ursprungs elngeflochten. Sie dürften fr den deutschen Leser von be—⸗ onderem Interesse sein. Denn die Art, wie fremde , , auf threm eigenen Boden gedeihen, bildet eine wichtige Unterlage für die Präsung, ob und mit welchen Aenderungen ihre Verpflanzung empfehlenswert ist. Auf letztere Frage ausdrücklich einzugehen, d. h. unmittelbare Nutzanwendungen auf die heimischen Verhältnisse ju ziehen und vergleichende Werturtelle abzugeben, hat der Verfasser jedoch unterlassen. Die geschilderten Einrichtungen und Zustände sprechen selbst am besten dafür, waz der Nachabmung wert und was zu vermeiden ist. Allen, die sich fär die Reform des Jugend- strafrechis interessieren, kann das Studium des Buches warm empfohlen werden.

Die 1 , des Geisteskran ken. Von Dr. P. Roller, Chefarzt der Kropper Heil, und Wobltätigkeiteanstalten. 15 Seiten. Karl Marholds Verlage buchhandlung, Halle a. S. Preis 2,50 AÆ4. Dieses Huch ist alz Führer für junge Psychiater gedacht, die mit ganzer Liebe sich in ihren Beruf einleben wollen. Besonders den praktischen Arzt soll es aber auch ein Wegwelser sein auf elnem Gebiet, daz ihm erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bereiten, und soll es ihm erleichtern, sich mähodisch mit den einfachen und komplizierten Störungen des Vorstellungsablaufes vertraut zu machen. Seinen Zweck dürfte das Buch erfüllen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maszregeln.

Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Desterreich— Ungarn am 5. Januar 1916. (Kroatien⸗Slavonien am 29. Dezember 1915.) (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.) Rotlauf der Schwelne

Maul. und Klauen⸗

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Köntareiche und Länder

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