1916 / 11 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Jan 1916 18:00:01 GMT) scan diff

denug, aber die Not zwingt gebieterisch dazu; auch England hat sich niemals gescheut, bei allen Kriegen, die es in den letzten Jahrhunderten geführt hat, zur Aufrechterhaltung der Gesundheit seiner Staats- finanzen während des Krieges die Steuern zu erhöhen, und es hat sich dabei, wie die Geschichte lehrt, durchaus gut gestanden. Hierin können wir auch von unsetem Gegner lernen.

Nach Lage der Verhältnisse ist es nun ausgeschlossen, daß eine Neuordnung der direkten Steuern und ihrer Gesetze während des Krieges vorgnommen werden kann. Für eine alle Gegensätze auf den Plan rufende Beratung ist der Krieg der ungünstigste Zeitpunkt, den man sich überhaupt denken kann. (Sehr richtig) Wir wissen zurzeit auch noch gar nicht, welchen Bedarf an Steuern wir endgültig nötig haben. Das läßt sich erst nach dem Kriege übersehen. Während des Krieges kann es sich daher nur um ein Kriegsgesetz handeln, bei welchem nur die allernotwendigsten Bestimmungen geändert werden, alle anderen aber bestehen bleiben. Für die vielen materiellen Sonder— fragen ist dabei kein Raum. Sie müssen der Neuordnung der Steuer⸗ gesetze nach dem Kriege, die ganz unvermeidlich ist, vorbehalten bleiben. (Abg. von Pappenheim: Sehr richtigh

Nach diesen Grundsätzen ist das Ihnen überreichte Steuergesetz aufgestellt. Es ist als Kriegssteuergesetz gedacht und soll nur für die Dauer des Krieges gelten. Mit dem ersten Friedensetat, nach Ab schluß des Friedens mit den Großmächten, soll es von selbst wieder außer Kraft treten. Nur die Steuerzuschläge sind erhöht; sonst sind alle übrigen Bestimmungen unverändert geblieben. Das gilt nament— lich auch von den Vorschriften der Novelle vom Jahre 1909, wonach die Zuschläge weder bei der Bemessung der Zuschläge für die Kom— munen und Korporationen, noch bei der Aufstellung der Wahllisten zugrunde gelegt werden dürfen.

Der Tarif für die erhöhten Steuerzuschläge ist so aufgebaut, daß die bisherigen Zuschläge bis zu einem Einkommen von 2400 4 unverändert bleiben, und daß sie von da ab durch neue, progressiv steigende Zuschläge ersetzt werden, welche bei physischen Personen bei 2400 4M Einkommen 8 2 und bei 100 000 4 Einkommen und mehr 1090 3 des ursprünglichen Steuersatzes betragen. Da der ursprüngliche Steuersatz bei Einkommen von 100000 6 4 995 aus— macht, so bedeutet das eine Besteuerung der höchsten Einkommen mit 8 35. Die Freilassung der Einkommen unter 2400 A von der Er— höhung der Zuschläge rechtfertigt sich durch die augenblicklich vor— handene außerordentliche Teuerung. Dieser hoffentlich vorübergehende Zustand konnte bei einem Kriegssteuergesetz berücksichtigt werden; bei einem dauernden Gesetze wäre dieses nicht möglich gewesen.

Auch die Zuschläge zu der Besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung und der Aktiengesellschaften, Kommanditgesell— schaften auf Aktien und Bergwerksgesellschaften sind erhöht. Dabei ist das bisherige Prinzip, daß die Besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Mitte bilden soll zwischen der Besteuerung der physischen Personen und der Aktiengesellschaften, aufrecht erhalten. Dementsprechend steigt die Besteuerung der Gesellschaften mit be— schränkter Haftung auf etwa 9 9, bei den höchsten Einkommen und bei den Aktiengesellschaften auf 10,4 35 des Einkommens.

Die Zuschläge zur Ergänzungssteuer sind ver⸗— doppelt. Die Ergänzungssteuer beträgt fortan statt 66 Pfennig S0 Pfennig pro 1000 M Vermögen. Ein anders geartete oder eine stärkere Anspannung war unmöglich. Die Ergänzungssteuer für das laufende Jahr und für das Jahr 1916 ist bereits im Frühjahr 1914 veranlagt. Seitdem sind außerordentlich große Veränderungen in den einzelnen Vermögen eingetreten; die Verschiebungen sind sehr groß, es sind auch sehr große Verluste vorgekommen. Der jetzige Steuer— satz entspricht daher kaum noch den tatsächlichen Unterlagen, und eine Erhöhung der Steuer würde nur durchführbar sein, wenn eine neue Veranlagung vorgenommen werden würde. Eine Neuveranlagung ist aber zurzeit nicht angängig, da sowohl das Beamtenpersonal wie auch die Veranlagungskommissionen durch Einberufungen zum Heere sehr stark gelichtet sind. Uebrigens bedeutet eine Besteuerung des Vermögens mit 80 Pfennig pro 1000 M Vermögen, wenn das Vermögen sich mit 4 26 verzinst, eine Besteuerung des Einkommens aus dem Vermögen mit 2 z. Diefe 2 25 müssen neben der sonstigen Einkommensteuer entrichtet werden.

Ich möchte das hohe Haus bitten, den Gesetzentwurf einer wohl⸗ wollenden Prüfung zu unterziehen und ihm seine Zustimmung zu erteilen.

Wie im vorigen Jahre, so hat es sich auch in diesem Jahre als notwendig erwiesen, durch das Etatsgesetz der Königlichen Staats— regierung die Ermächtigung zu erteilen, Schatzanweisungen zur Geldbeschaffung auszugeben. Da für die ganze Dauer der Kriegs— zeit zur Sicherung der Kriegsführung die Aufnahme langfristiger An— leihen dem Reiche vorbehalten bleiben muß, müssen die einzelnen Bundesstaaten sich anderer Kreditquellen bedienen und müssen daher auf kurzfristige Schatzanweisungen zurückgreifen, die sie sonst in einem solchen Umfange nicht in Anspruch genommen haben.

Bis zum Ende des laufenden Etatsjahres 1915 werden voraus⸗ sichtlich Schatzanweisungen von insgesamt 115 Milliarden Mark, wie sie der Landtag auch genehmigt hat, zur Verausgabung gelangt sein. Da auch weiterhin Fehlbeträge und große Ausgaben bevorstehen, empfieht es sich, den Schatzanweisungskredit, die Befugnis zur Be— gebung von Schatzanweisungen auf 3 Milliarden Mark zu erstrecken. Eine entsprechende Vorschrift ist in das Etatsgesetz aufgenommen worden.

Zu den nicht im Etat erwähnten besonderen großen Aufgaben bemerke ich kurz folgendes:

Die Beihilfen an die Gemeinden zu den Aus— gaben auf dem Gebiete der Kriegswohlfahrts⸗ pflege haben weit höhere Mittel erfordert, wie ursprünglich an— genommen worden ist. Die Ausgaben der Gemeinden sind von Monat zu Monat gestiegen und haben sowohl das Reich wie auch den Staat zu erhöhten Aufwendungen genötigt. Es liegt im Inter⸗ esse des Staates, daß die Gemeinden auf dem Gebiete der Kriegs— wohlfahrtspflege nicht nachlassen und erlahmen. Sollen sie das aber nicht, so muß auch der Staat ihnen helfen, ihre sowieso schon hohen Lasten zu tragen. Im vorigen Jahre hatte das hohe Haus zu diesem Zwecke 110 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Aus dieser Summe haben alle Gemeinden allerdings abgestuft nach dem Umfange ihrer Leistungen und nach ihrer Bedürftigkeit Beihilfen bis zu einem Drittel ihrer Aufwendungen erhalten. Dieser Kredit ift beinahe erschöpft. Das hohe Haus wird deshalb gebeten, weitere 110 Millionen Mark zu diesem Jweck zu bewilligen, und ich möchte bitten, den Ihnen heute überreichten Gesetzentwurf anzunehmen.

Für die Provinz Ostpreußen ist im vorigen Jahre recht viel geschehen, und noch weit mehr bleibt zu tun übrig. Solange das auf Grund des 5 35 des Kriegsleistungsgesetzes erforderliche Reichs⸗ gesetz über die Erstattung der Kriegsschäden aus Mitteln des Reiches noch nicht ergangen ist, müssen sämtliche Ausgaben vorschußweise aus der preußischen Staatskasse bestritten werden. Bisher sind schon über 350 Millionen Mark verausgabt. Damit ist der im Oktober 1914 als zunächst notwendig veranschlagte Betrag von 400 Millionen Mark fast erreicht. Da er aber keine Kreditbewilligung im engeren Sinne war, sondern nur als Anschlagssumme über die Höhe des Geld— bedarfs genannt war, so sind die Aufwendungen für Ostpreußen da⸗ durch nicht begrenzt.

Erfreulicherweise sind die vor den Russen geflohenen Einwohner zum größten Teil zurückgekehrt und haben entschlossen die Hand an— gelegt, in ihrer Heimat wieder von neuem anzufangen. Während der Flucht sind sie in den verschiedensten Gebieten des deutschen Vater— landes auf Staatskosten untergebracht und verpflegt worden. Bis Ende November sind hierfür rund 22 Millionen Mark zur Anweisung gelangt. Nur etwa 5000 Personen Erwachsene und Kinder werden zurzeit noch auswärts unterhalten.

Obschon die diesjährige Ernte in Ostpreußen sich mit den früheren Ernten nicht vergleichen konnte und namentlich unter der Ungunst der Witterung außerordentlich zu leiden hatte, sind doch sehr viel mehr Felder bestellt gewesen, als wie nach den schweren Schicksalen der Provinz anzunehmen gewesen wäre. Selbst Aecker, die sich noch im Februar in der Hand der Russen befanden, sind im Frühjahr ordnungsmäßig bestellt worden. Hierzu haben die Prämien aus dem sogenannten 30⸗Millionenfonds, welche die Staatsregierung für die Bestellung bereitgestellt hatte, sehr wesentlich mit beigetragen.

Mit der Feststellung der Abschätzung der Kriegsschäden ist über⸗ all begonnen, und die Vorentschädigungen sind in reichem Maße aus⸗ gezahlt worden. Ferner ist auch mit dem Wiederaufbau der zerstörten Gebäulichkeiten in den verschiedensten Teilen der Provinz begonnen, auch sind sämtliche Maßnahmen getroffen, um im Frühjahr den Wiederaufbau in verstärktem Maße fortzuführen. Es sind somit sämtliche Vorbedingungen dafür gegeben, daß die zerstörten Teile Ost— preußens aus Schutt und Asche neu erstehen, und ich hoffe zu Gott, daß die vielgeprüfte Provinz, die so schwere Leiden hat erdulden müssen, einer schönen und glücklichen Zukunft entgegengehen wird. (Bravo)

Einige nord⸗ und ostfriesische Inseln erforderten ebenfalls eine staatliche Hilfsaktion. Hier waren sehr große Notstände entstanden. Da auf Anordnung der militärischen Befehlsstellen im Interesse der Landesverteidigung für die Dauer des Krieges der Bade⸗— betrieb auf den Inseln untersagt worden war, haben sowohl die Ge— meinden wie auch die Inselbewohner dadurch sehr große Nachteile er— litten. Mit Rücksicht auf diese besonderen Verhältnisse sind zur Steuerung der vorhandenen Not darlehnsweise Staatsmittel zur Ver— fügung gestellt. Der inneren Kolonisation wird ganz be⸗ sondere Aufmerksamkeit geschenkt. Damit sie auch weiterhin gefördert werden kann, ist der auf den Etat des Herrn Landwirtschaftsministers ausgebrachte Fonds zur Förderung der inneren Kolonisation trotz aller finanziellen Bedrängnisse verdoppelt. Außerdem wird Ihnen noch ein Gesetzentwurf zugehen, welcher den staatlichen Zwischenkredit bei der Errichtung von Rentengütern auf 100 Millionen Mark erhöht.

Der ostpreußischen Landgesellschaft sind ferner erhebliche Staats⸗ darlehne in Aussicht gestellt, damit sie auch in Zukunft etwa frei werdendes, zur Kolonisation und zur Siedlung geeignetes Land er— werben kann. Unter den heutigen Verhältnissen ist sie ohne Staats⸗ hilfe ganz außerstande, Siedlungsland zu erwerben. Die zur Ur⸗ barmachung von Moor- und Heideflächen begonnene Tätigkeit ist sehr wesentlich vermehrt und gefördert worden. Nament— lich hat sich die eigens zu diesem Zwecke erlassene Allerhöchste Verord— nung vom 7. November 1914 als günstig erwiesen. Da diese Verord nung die Bildung von Genossenschaften sehr wesentlich erleichtern wird und außerdem der Staat sehr namhafte Beihilfen in Aussicht stellt, sind sehr viele neue Genossenschaften gebildet, und es haben sich auch zahlreiche Personen entschlossen, die ihnen vom Staate gebotenen Vergünstigungen anzunehmen. Die Kultivierungsarbeiten sind daher in einem sehr lebhaften Fluß begriffen und sie werden sehr lebhaft fortgesetzt. Sehr wichtig ist auch die staatliche Fürsorge für die aus dem Felde heimkehrenden Krieger des Mittelstandes, welche durch die Einberufung zur Fahne ihre bisherige Existenz verloren haben. Ihnen soll durch Gewährung von Notstandsdarlehnen die Möglichkeit wiedereröffnet werden, ihren bis— herigen Lebensberuf in alter Weise fortzuführen. (Brabo) Da hier— bei die Hilfe und die Mitarbeit der Selbstverwaltungsorgane nicht entbehrt werden kann, soll die Durchführung in die Hände der Pro⸗ binzen und Kreise gelegt werden. Die Rheinprovinz hat sich dankens—⸗ werterweise entschlossen, eine Kriegshilfskasse auf dieser Grundlage ins Leben zu rufen, zu welcher der Staat 3 Millionen Mark beiträgt. Ich zweifle nicht daran, daß die anderen Provinzen diesem Beispiele sehr bald folgen werden. (Abg. Schmedding: Sehr richtigh

Ueber die sonstigen Gesellschaften, an welchen der Staat sich mit Kapital beteiligt hat, will ich mich nicht weiter äußern; das würde zu weit führen. Alle diese Gesellschaften sind gemeinnütziger Natur, von Reich und Staat gegründet und dazu bestimmt, die Durch— haltung des Krieges im Innern zu ermöglichen und zu erleichtern. Ich nenne nur die bekanntesten: die Reichsgetreidestelle, die Reichskartoffel⸗ stelle, den Reichseinkauf, die Reichsfuttermittelstelle, um darzutun, nach welcher Richtung hin sich hier die Staatstätigkeit bewegt.

Meine Herren, ich komme damit zum Schluß. Das Gesamtbild hat ergeben, daß der Krieg an dem Staatshaushalt und an den Staats⸗ finanzen nicht spurlos vorübergegangen ist, sondern sie erheblich in Mitleidenschaft gezogen hat. Wir sind dadurch genötigt, erhöhte Steueranforderungen in Form einer Kriegssteuer vom Lande zu ver— langen und unseren Staatshaushalt auf einen bescheideneren Fuß her— abzusetzen. Mit der Gewöhnung des letzten Jahrzehnts, es mit den Ausgaben nicht allzu ängstlich zu nehmen und den Staatshaushalt reichlich und behaglich auszustatten, müssen wir zukünftig brechen und zu der alten sprichwörtlichen preußischen Sparsamkeit zurückkehren, bei der jeder Pfennig dreimal umgedreht werden muß, ehe wir ihn ausgeben. Dieser Zukunft müssen wir ins Auge sehen, aber das soll uns nicht schreckenn! Die Hauptsache ist, daß unsere Staatsfinanzen gesund bleiben, und daß wir den Sieg gewinnen, baß wir unserer Feinde Herr werden. Diesem großen Ihele gegenüber muß alles andere zutficktreten. Lebhafter Meifall) Gewiß, der Krieg ist heute im Innern mehr fühl

bar als vor einem Jahre. Unsere Vorräte sind knapper un die Lebensbedürfnisse sind teurer geworden; aber was will das besagen; ez sind das die unvermeidlichen Folgen des Krieges, mit denen wir uns ab— finden müssen und abfinden können. (Lebhafte Zustimmung.) Wag von uns, die wir zu Hause geblieben sind, verlangt wird, sind letzten Endes doch nur Unbequemlichkeiten und Entbehrungen in unserem täglichen Leben. (Sehr richtig) Unsere Truppen vorn in der Front setzen täglich und stündlich ihr Leben und ihre Gesundheit zu unserem Schutze der Gefahr aus. Sollten wir, die wir zu Hause geblieben sind, es da nicht einmal über uns vermögen, ohne Murren und ohne Klagen unsere Lebensbedürfnisse zu verändern und uns einiges zu ver sagen, an das wir uns gewöhnt hatten? (Kbhafte Zustimmung.) Daz ist unsere Teilnahme am Kriege, daß wir uns versagen, was zu per— sagen notwendig ist. (Bravo) Möchten doch alle, die da murren und klagen, sich stets vor Augen halten, was sie ausstehen und ertragen müßten und was ihr Los sein würde, wenn der Feind zu uns inz Land gekommen wäre. (Sehr richtig) Die furchtbaren Leiden der armen Ostpreußen zeigen doch deutlich, was ihnen beschieden gewesen wäre. Wenn sie sich dieses vor Augen halten, dann werden sie balh anderes Sinnes werden und einsehen, daß gegenüber diesen Schi salen die ganze Knappheit und Teuerung, so unangenehm sie auch ift, doch eigentlich rein gar nichts bedeutet. (Sehr wahr! Erst kommt unser Vaterland, dann nochmals das Vaterland und nochmals das Vaterland und dann erst der Einzelne. (Sehr gut! Brava!) Sy halten es unsere Truppen vorn an der Front, und so müssen wir es zu Hause auch halten. (Bravo) D Hoffnungen unserer Feinde, mit denen sie sich Mut zu machen und ihre bangen Zweifel zu beheben suchen, beruhen auf eitel Täuschung und halten vor der Wirklichkeit nicht stand. (Sehr richtigh Wenn die feindlichen Regierungen in ihren Verlautbarungen und in der Presse, ihren Ländern und dem Auslande jetzt vorßuspiegeln versuchen, wir fühlten uns heute trotz aller Ersolge geschlagen und besiegt, wir seien mürbe geworden und abgeneigt, noch weiter zu kämpfen und könnten aus Mangel die Last des Krieges nicht meht tragen, so fassen wir uns an den Kopf, wenn wir das lesen. Das ist doch eitel Lug und Trug! Wer von uns denkt daran, an dem Siege und der Möglichkeit der Fortsetzung des Krieges zu verzweifeln? Wir sind doch heute siegesgewisser denn je und zähe entschlossen, den Krie fortzuführen und alles zu tragen, bis sich unsere Feinde zu einem Frieden bequemen, der uns die dauernde Sicherheit dafür bietet, daß sie uns nicht noch einmal so ruchlos überfallen können wie wor 14 Jahren. Eebhafter Beifall.)

Meine Herren, die Tage sind noch ernst und viel Blut wird noch fließen, ehe wir so weit sind; aber wir werden es erreichen. Unser altes Preußen hat im Laufe der Jahrhunderte schon mehrmals bitter⸗ böse Zeiten durchgemacht und um sein Leben gekämpft; es hat doch letzten Endes gesiegt. Sollte das heute, wo das ganze Deutschland um sein Leben und um seine Existenz kämpft, etwa anders sein? Tun wir nur weiter getreulich unsere Pflicht und vertrauen wir auf Gott, dann wird uns auch die Welt von Feinden nicht unterkriegen und überwinden. (Stürmischer Beifall.)

Damit sind die Geschäfte des Hauses für heute erledigt.

Schluß gegen 333 Uhr. Nächste Sitzung Montag, 11 Uhr (Wahl des Präsidiums und der Schriftführer; Rechnungspor— lagen; erste Lesung des Etats und des Gesetzentwurfs wegen Erhöhung der Steuerzuschläge).

Wohlfahrtspflege.

Der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen (Geschäftsstelle Berlin RW. 40, Alsen— straße 11) ist durch die Direktion der Zuckerraffinerie Halle (Halle a. S.) der Betrag von 25 000 S für die Hinterbliebenen⸗ fuürsorge überwiesen worden.

Der Verein Erholungshaus für Heimarbeiterinnen“ blelt am Dienstag seine Jahresversammlung unter dem Vorsitz von rau Oberbürgermeister Wermuth ab. Sein Erholungshaus Ernst zöhme⸗Stiftung' in Buckow, Kreis Lebus, hat im ersten Kriegk— winter wie im vergaggenen Jahre 201 Heimarbeßfteriunen auf min de len! 4 Wochen aufgenommen, freilich dabel einen Fehlbetrag von 3210 zu veizelchnen. Es wurden inszesamt 9500 Pflegetage geleistet.

Fischerei.

Bisamratte und Fische.

Schon im Novemher ist in der Allgemeinen Fischerel⸗Zeilung auf das Auftreten der Bisam. oder Zbetratte in Bayern hingewiesen worden und auf die große Gefahr, die sie für den Fischbestand be—= deutet. Schon damals wurde erwahnj, daß sie speztell an dem Flüßchen Regen den Bestand an Forellen und Aeschen in bedenklicher Welse vermindert habe. Jetzt wird an derselben Stelle von neuem, und zwar aus Zwelsel am Schwarzen Regen berichtet, daß ein Fischen, der die Jagd auf den dort in diesem Jahr jum ersten Mal auf tretenden gefährlichen Fischräuber ganz syftematisch benieben hof, bls zum J ifrleren des Flüßchens 11 Stück erlegt hat. Wie dieser Schädling unter dem Fischbestand aufgeräumt hat, geht daraugz bervor, daß der betreffende Fischer in diesem Jahr insgesamt nur 1 Zentner Edelßfische erbeuten konnte, während noch im Vot— jahr sein Fang an Aeschen allein mehrere Zentner betrug, Bei der starken Vermehrunggfähigkeit der Ratte. l6unte wenn nicht energisch gegen sie vorgegangen wird, der Fischbestann n den Gewässern, bei denen sie sich anstedelt, bald vollständig vernichtet sein. Auch in der österreichischen „Fischereijeitung' wird von dem Vordringen der Bisamiatte nach Westböhmen, wo ste bisher nur gan vereinzelt anzutreffen war, berichtet. Pier wie dort ist ein Ueber⸗ greifen nach Bayern schon erfolgt. Die Vertilgung dieses gefährlichen Schädlings muß also ganz sustematisch vorgenommen werden un sollte, wie de „Allgemeine Fischerei⸗Zeitung?ꝰ meint, nicht nur den

ticherelberechtigten überlassen werden, die zwar die Notwendigkeit der Bekämpfung nicht verkennen, aber doch durch erböhte Fangbelohnungen seitens der Fischereiverelne zu slärterer Tätigkest angeregt werden sollten. Auch würde eg vlelleicht nützlich und notwendig sein, deu Fischerelvereinen zu . Zweck staatliche Unterstützungen zu 9 währen. Vor allem sollten aber auch die Fischereiberechiigten dur vovulär gehaltene Flugschriften über die Lebensweise des Tters und seine Gefährlichkeit aufgeklärt werden.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 11.

1916.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Er— höhung der Zuschläge zur Einkommensteuer und zur Ergänzungssteuer

ist nebst Begründung dem Hause der Abgeordneten zu⸗ gegangen. Der Gesetzentwurf lautet, wie folgt: §1.

Für die Zeit vom 1. Amil 1916 bis zum Beginn desjenigen Etatsjahrs, fur das eln nach Abschluß des Friedens mit den euro— päischen Großmächten aufgestellter Staatgbaushalt in Kraft tritt, werden für die Einkommen steueipflichtigen mit Einkommen von mehr als 400 A und für die Eigänzungssteuerpflichtigen die nach 5 8 des Gesetzes, betreffend die Bereitstellung von Mitteln zu Dienst= einkommensverhesserungen, vom 26. Mat 1909 (Gesetzsamml. S. 865) zu erhebenden Steuerzuschläge, wie folgt, festgesetzt: für die Aktien⸗

gesellschaften, Kommandit⸗ gesellschaften auf Aktien und Berggewerk. schafte auf:

für dle sonstigen Steuernpflichtigen auf:

kei der Einkommensteuer:

in den Einkommensteuerstufen

von mehr als 2400 bis 3000 4 3 000. 3960 3990 5000 5000 6500 6500 8000

9500 12 500 15 500 18 5090 21 500 24 500 27 500 30 500 18000 60 000 70 000 80 000 90 000 90 000 100000 J 9 100 000 0 100, auf 50 Prozent der zu entrichtenden

Steuer.

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bei der Ergänzungesteuer:

§ 2. ?

Während der Dauer der Erhebung der Zuschläge nach 51 ist am Schlusse jedes Etats jahrs aus dem Gesamtauftommen an Ein⸗ kommensteuer und an Ergänzungesteuer ein Betrag von 100 Millionen Mark zu entnehmen und zur Deckung der Fehlbeträge des Etatsjahrs 1914 und der nächstfolgenden Etatsjahre zu verwenden.

In der dem Gesetzentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:

Dag Gtatsjahr 1914 hat mit einem Fehlbetrag bon 116 Millionen Mark ahgeschlossen, auch das Jahr 1915 wird einen Fehlbetrag er geben. Wie das Ergebnis der dann folgenden Etatsjahre sich ssellen wird, ist zurzeit noch nicht zu übersehen, ebensowenig auch, in welcher Höhe die Staatskasse in den Jahren nach dem Fiiedens⸗ schlusse dauernder Mehreinnahmen bedürfen wird, um das Gleichgewicht zwischen den Staatseinnahmen und , wieder herzustellen. Schon jetzt steht aber fest, daß es autgeschloffen sein wird, die Fehlbeträge der vergangenen Jahre durch Mehreinnahmen der kommenden Jahre zu decken. Im Interesse der Sicherheit und Gesundheit der Staatsfinanzen ist es mithin unabweisbar notwendig, schon während des Kiteges der Staat kasse weitere Einnahmen zuzuführen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht daber Mehreinnahmen an direkten Staatssteuern in Höhe von 100 Millionen Mart jährlich für die Zeit vom 1. April 19165 bis jum Beginne desjenigen Etatejahres vor, für welches ein nach Ab— schluß des Friedenz mit den (uropäischen Großmächten aufgestellter Staatshaushalt in Kraft tritt. Mit dem 1. April dieses soeben be⸗ zeichneten Etatsjahres tritt das vorliegende Gesetz von selbst wieder außer Kraft.

Um das von dem Gesetzentwurfe beabsichtigte vorübergehende Mehraufkommen an direkten Staatssteuern herbetzuführen, bietet sich als einfachster Weg der, die nach dem Gesetze vom 26. Mai 1909 vom 1. April 1999 ab zur Einkommensteuer und, zur Ergänzungs⸗ steuer zu erhebenden Zuschläge, soweit nötig, zu erhöhen. Jadem der Gesetzentwurf dies, vorsieht, ist er derart ge— staltet, daß, abgesehen von der Höhe der Zuschläge, die übrigen Bestimmungen der 55 8 und 9 dez Gesetzes vom 26. Mal 1909 auch nach dem 1. April 1916 unverändert in Krast bleiben. Auch für die erhöhten Zaschläge verbleibt es mithin dabei. daß Steuerpflichtige, deren Steuersatz auf Grund des 5 19 oder 26 des Einkommenst-uergesetzes ermäßigt ist, den Steuerzuschlag derjenigen Ginkommensteuerstufe zu entrichten haben, die dem ermäßigten Steuersatz entspricht, und daz die Steuerzuschläge außer Betracht bleiben bei der Bemessung der gemäß 5 31 des Einkommensteuergesetzes festzusetzenden Zaschläͤge und der nach dem Mäaßssabe der Einkommenstener an ko nmunale oder andere öffentliche Verbaͤnde zu entrichtenden Ahgaben und bei Berechnung der zu enttichtenden Steuerbeträge für Wahl wege.

Die beabsichtigte Erhöhung der Zaschlage muß sich in engen Grenzen halten bei der Egänzungssteuer. Denn es ist zu beachten, daß die letzte, für die Etatsjabre 1914, 1915 und 1916 geltende Er- gänzungzsteueiveranlagung in den ersten Monaten des Kalenderjahres 1914, also noch vor Kriege beginn, siattgefunden hat, daß in ihr mithin dle mannigfachen Aenderungen, die 4 des Kiieges in dem Ver⸗ mögensstande mancher Steueroflichtigen eingetreten sind, noch keinen Ausdruck gefunden haben. Ueberdies sind während des Krieges dte Fälle häufizer wie in Friedengzeiten, daß einzelne Vermögensselle nur verminderten oder gar keinen Ertrag bringen. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, den bleher bestehenden Züschlag zur Ergänzungs— steuer, der 25 0 beträgt, auf den Satz von 5oso zu erhöhen. Hie Belastung des einzelnen Steuerpflichtigen mit Ergänjungssteuer sielet damtt von jetzt rund O,zßß auf den durchaug erträglichen Satz von etwa 0, s vom Tausend. Die Erhöhung verspricht ein Mehr aufkommen an Ergänzungssteuer von jährlich etwa 13 Millionen Mark.

Bei der Erhöhung der Zuschlaͤge zur Einkommensteuer ist zu berücksichtigen, daß die Koften des Lebensunterhalttß im Kriege höher sind als in Friedenszeit. Auf diesen Umstand nimmt der Hesetz⸗ entwurf, der ja nur für die Kriegsdauer gelten soll, weitgehendste Rücksicht. Denn er nimmt keinerlet Mehrbelastung in Aussicht für die Steuerpflichtigen mit Einkommen von nicht mehr als 2100 6. Für dtese Stenerpflichtigen, und zwar sowohl süt die physischen, wie für, die nichtphystichen Peisonen, bewendet es daher bel den Ste gerzuschlägen in der durch das Gesetz vom 26. Mai 19609 bestimmten Höbe. Die Erhöhung der Zuschläge soll erft beginnen in der Einkommensteuerstufe von

mehr als 2109 bis 2700 M6. Auch in dieser und in der folgenden Stufe ist die Erhöhung nur gering, für die pbysischen Personen, die eingetragenen Genossenschaften und die Konsumpercine nämlich anstatt bisher 5o/ g auf 8 o/o beabsichtigt. Auch in den welteren Ein⸗ kommensteuerssufen soll die Erhöhung nur langsam weiter anstesgen, und in den Eintommensteuerstufen von mehr als 100 000 sollen die Zuschläge anstatt der bisherigen 25 0,0 mit 100 0,½9 erhoben werden. Die Belastung der Steueipflichtigen mit mehr als 100 000 4 Einkommen, die bisher etwa 20! deg Ginkommens ausmachte, wird hiernach in Zukunft sich auf rund 8So/g des Gin— kommeng stellen. Die bteherigen Ginlommensteuerzuschläge der phy— sischen Personen, eingetragenen Genofssenschaften und Konsumpeieine betragen 5, 10, 15, 20 und 250, der zu entrichtenden Steuer, steigen also stetz um je 5 o/o. Auch in dem vorltegenden Gesetzentwurf ist daran festgehalten, daß der Unterschied zwischen jedem einzlnen Zu⸗ schlagssatz und dem nächst niedrigeren niemals mehr als 30 aus- macht. Denn jede Erhöhung dieses Unterschieds wärde zwischen den einzelnen Einkommensteuersätzen zu allzu hohen und nicht mehr der Billigkeit entsprechenden Sprüngen führen.

Für die Bemessung der Einkommensteuerzuschläge für die Aktien gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Akten und Berggewerk— schaften kommt in Betracht, daß die Einkommensteuersätze dieser Arten nichtphysischer Personen seit dem 1. April 1909 höher sind als die der physischen Personen. Physische Personen mit Einkommen von mehr als 100 999 entrichten als Einkommensteuer etwa 5, die genannten nichtvhysischen Personen mit gleichem Einkommen dagegen etwa 6 0) des Cinkommens. Tritt bei den physischen Personen in Zukunft an Stelle der Belastung mit 5 o/o eine solche von 8 oso, so rechtfertigt sich für die genannten nichtphysischen Personen eine Belastung von etwag mehr als 10 ö des Einkommens. Der Entwurf sieht daher bel den Einkommen über 100 000 MK die Erhöhung der bisherigen Zuschläge von 50 υ auf 160 0 vor.

Bei Bemeßung der Einkommensteuerz uschläge für die Gesell⸗ schaften mit beschränkter Haftung ist dacan festzuhalten, daß nach dem Willen des Gesetzgebers die Belastung dieser Gesellschaften mit Ein⸗ kommensteuer etwa die Mitte halten soll zwischen der Belastung der physischen Personen und derjenigen für Aktiengesellschaften. Dieser Zweck wird erieicht, wenn, wie der Gesetzentwurf borsiehk, zu den im §z 18 des Einkommensteuergesetzes bestimmten Steuersätzen, die be⸗ kannilich höher sind, als die für die anderen Steuerpflichtigen geltenden Steuersätze des 5 17 des Einkommensteuergesetzegs, die gleichen Zu— schläge, wie bei den physischen Personen, erhoben werden.

Alles Nähere ist aus 4 der Begründung beigefügten Anlagen er— sichtlich. Eine Anlage stellt für die einzelnen Einkommensteuerstusen bis zu 100 000 z der physischen Personen, elngetragenen Genossen⸗ schaften und Fonsumvereine die Steuersätze dar, und zwar esnmal, wle sie bestimmt waren durch das Einkommensteuergeseg für die Zeit vom 1. April 1892, ferner, wie sie sich gestellt haben seit Erbebung der Zuschläge des Gesetztß vom 26. Mai 19099 für die Zeit selt dem 1. April 1909, und sodann, wie sie sich stellen werden nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetz- entwurfs für die Zeit vom 1. Apꝛil 1916 ab. Für die einzelnen Einkommensteuerstufen ist angegeben, welchen prozentualen Teil des Ginkomment der Steuersatz ausmacht. In zwei welteren Anlagen finden sich die gleichen Angaben für die Steuersaͤtze der Akttengesell—⸗ schaften, Kommanditgesellschaften auf Aktten und Berggewerkschaften und der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Eine vierte Anlage enthält die Berechnung des zu erwartenden, auf rund 100 Millionen Mark sich stellenden Steuermehraufkom mens. Es werden erwartet:

Mehrertrag an 6b

von physischen Personen .... 654 950 000 von einger. Genossenschaften, Vereinen zum gemeinsamen Einkauf von vebeng⸗ oder hauswirtschaftl. Bedürfnissen im großen und Ablaß im kleinen von Gesellschaften mit heschränkter Haftung st ener von Aktiengesellschaften, Kommandit⸗ gesellschaften auf Aktien, Berggewerk⸗ 1 ,, II. Ergänzungssteuer ww zusammen,. . 9 608 000.

1 Elin⸗

kommen 200 000

5 024 600

Der Entwurf eines Gesetzes über weitere Beihilfen zu Kriegswohlfahrtsaus gaben der Gemeinden und Gemeindeverbände

ist nebst Begründung von dem Finanzminister und dem Minister des Innern dem Hause der Abgeordneten unterbreitet worden. Der Gesetzentwurf hat folgenden Wortlaut:

8 Der Staatßregterung wird ein weiterer Betrag bis zu 110 Mil⸗ lionen Mark zur Verfügung gestellt, um Gemeinden und Gemeinde⸗ verbänden zur Erleichterung ihrer Auegaben für Kriegtwohlfahrts⸗ zwecke Beihllfen zu gewähren.

98 2.

Der Finanzminister wird ermächtigt, zur Bereltstellung der nach Sz L erforderlichen Summe Staatsschuldverschrelbungen auszugeben. An Stelle der Staatsschuldperschreibungen können vorübergehend Schatz⸗ anweisungen ausgegeben werden. Der Fälligkeitgtermin ist in den Schatzanweisungen anzugeben.

Ver Finanzmsnister wird ermächtigt, die Mittel zur Einlösung dieser Schatzanweisungen durch Ausgabe von neuen Schatzanweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlichen Nennbetrage zu beschaffen. Die Schatzanweisungen können wiederholt ausgegeben werden.

Schatzanweisungen oder Schuldverschrelbungen, die zur Einlösung von sällig werdenden Schatzanweisungen bestimmt sind, hat die Haupt⸗ verwaltung der Staatsschulden auf Anordnung des Finanzministers 14 Tage vor dem Fälligkeitstermine zur Verfügung zu halten.

Dle Verzinsung der neuen Schuldpapiere darf nicht vor dem Zelt⸗ punkte beginnen, mit dem die Verzinsung der elnzulösenden Schatz anweisungen aufhört. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündi⸗ gung und zu welchen Kursen die Schatzanwelsungen und die Schuld verschrelbungen ausgegeben werden sollen, bestimmt der Finanzminister. Im übrigen kommen wegen der Verwaltung und Tilgung der Anleihe die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen, vom 19. Dezember 1869 (Gesetzsamml. S. 1197), des Gesetzes, betreffend die Tilgung von Staatsschulden, vom 8. März 1897 (Gesetzlamml S 43) und des Gesetzes, betreffend die Bildung eins Ausgleichfonds für die Eisenbahnverwaltung, vom 3. Mai 1905 (Gesetzsamml. S. 155) zur Anwendung.

83. Die Ausführung diefes Gesetzes liegt dem Minister des Innern und dem Finanzminister ob.

In der diesem Gesetzentwurf belgegebenen Be gründung wird bemerkt:

Der durch das Gesetz vom 27. Mär 1915 zur Verfügung ge⸗ stellte Beitrag von 110 Millionen zu Beihnfen an Gemeinden und Gemeindeverbände für Kriegswohlfahrtsausgaben wird in Kärze aufgebraucht sein. Ausgegeben sind dabon gegenwärtig S3 516 12 A4. Damit sind aber erst die Aufgaben der Ge⸗ melnden und Gemeindeverbände bis Ende Oltober d. J. mit Bei⸗ hilfen bedacht. Wenn die Beihilfen zu den Ausgaben für November und Dezember angewiesen sein werden, wird von dem bewilligten Betrage nur noch ein ganz geringer Rest vorhanden sein. Dabei ist damit zu rechnen, daß die für eine Beihilfe in Betracht kommenden Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände, wie schon bisher, auch weiterhin von Monat zu Monat steigen werden. Vor allem wird sich das in den Wintermonaten bemerkbar machen. Wie groß diese Steigerung bigher schon gewesen lst, geht daraus hervor, daß noch

im Aprll 1915 nur 23 162 284 ,

im Juli 1915 bereits. 29 726 378 4A,

im Oktober 1915 bereits. 37 710 491 4K Kriegswohlfahrtsausgaben bei der Gewährung von Beihilfen berück- sichtiat werden mußten.

Die Beihilfen aus vreußlschen Mitteln sollen auch künftig als Zuschläge zu den vom Reich bewilligten Beihilfen und nach den Grundsstzen des Bundegratg gezahlt werden. Es steht bereits feft, daß nach Verausgabung det vom Reich im Dezember 1914 für Bei⸗ hilfen zu Kriegswohlfahrtsausgaben der Gemeinden bereitgeslellten Betrages von 200 Millionen Mark das Reich mit Zahlung bon Bei⸗— hilfen in der bisherigen Welse fortfahren wird. arum wird auch Preußen noch einen weiteren Betrag bereltstellen müssen, der in gleicher Höhe wie der vorjährige festzusetzen sein wird.

Dem Hexrenhause ist vom Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten der Entwurf eines Fischerei⸗ gesetzes nebst Begründung vorgelegt worden.

Wie in der Begründung bemerkt wird, war der Zweck des Fischereigesetzes vom 30. Mal 1874 (Gesetzsamml. S. 157) neben einer Zusammenfassung der provinziell und lokal zersplitterten älteren Vorschriften eine Neuregelung des gesamten Fischerei⸗ rechts unter dem Gesichtsvuntt der Fischereipollzel. Infolge der Ungleichartigkeit der früheren Gefetzgebung war namentlich der Schutz der laichenden Fische und der jungen Brut völlig vernachlässigt worden. Intensive Fischereimirtschaft wurde nur verein elt betrieben. Der Erlaß polizeilicher Schonvorschriften eischien daher unter den damaligen Verhälinissen als das wirtfamfte Mittel zur Hebung der Fischerei. In dieser Beziehung hat sich im Laufe der Jahre ein erheblicher Umschwung vollzogen. Gegen. wärtig ist anerkannt, daß die Binnenfischerei weniger durch die Eighaltung bestimmter Vorschriften über Mindestmaße der Fische, Maschenweite der Netze oder Schonreviere algz durch eine nach Art der Telchwir schaft betriebene ordnungs= mäßige Bewirischaftung der Fischgewaässer gefördert wird. gi. einer derartigen Gewässerwirtschaft bietet das geltende Gesetz keine Handhabe. Inebesondere gewährt es keinen augreichenden Schu gegen die tatsächliche Ausübung der Fischerei durch eine große Zah von Berechtigten, die das wesentlichste Hindernis für sede orbnungs⸗ mäßige Fischereimirischaft bildet. Aber auch im allgemeinen genugt es wegen seiner Unvollständigkeit und Unsicherheit in bejug auf das materielle Fischereirecht dem heutigen Bedürfnis nicht mehr. Ferner sind durch das Wassergesetz vom 7. April 1913 (Gesetzsamml. S. 53) die Fischereiverhältniss in veischiedener Hinsicht berührt worden, so⸗ daß auch aus diesem Grund das Fischer irecht abänderungsbedüärftig ist. Bei der großen Zahl neu aufjunehmender Bestimmungen konnte nur der Erlaß eines vollständig neuen Gesetzes in Frage kemmen. Ueber seinen Inhalt ist mit Vertretein der Fischereswissenschast und Praxis seit Jahten eingebend beraten und in allen wesentlichen Punkten Eiaverständnis erzielt worden.

Gin nach diesen Gesichtspunkten aufgestellter Entwurf ist dem Landtag im März 1914 (Nr. 260 Haus der Abgeordneten 22. Legig⸗ laturperlode II. Session 1914) vorgelegt worden. Das Ab⸗ geordnetenhaufß hat ihn in abgeänderter Fassung angenommen, während seine Beratung im Herrenhaus infolge Schließung des Landtags im Juni 1915 unterbrochen wurde und damit sich die Vor⸗ lage erledigte. In den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses war der Grundgedanke des Entwurfs als elnes Wirtschaftsgesetzes nicht nur überall aufrecht erhalten, sondern in einigen Beziehungen noch weiter ausgestaltet. Daneben aber bezweckten sie einen gerechten Ausgleich unter den in verschiedener Hinsicht widerstrettenden Interessen der Fischereiberechtigten, der Grundeigentümer und der Gewerbetrelbenden. Der Entwurf kann daher in engster Anlehnung an die vom Ab- geordnetenhaus beschlossene Fassung (Drucksachen Nr. 725 A bis G0, 753, 754) neu eingebracht werden.

Der 136 Paragraphen (nebst einer Beilage ju 51: Kästen⸗ gewässer) zählende Entwurf behandelt in 11 Abschnitten:

1) Die allgemeinen Vorschriften GS 1 bis 3). Hierdurch hat namentlich der Begriff der geschlossenen Gewässer im Interesse der Fischereiwtrtschaft eine Erwelterung erfahren.

2) Die Fischereiberechtigung (865 4 bis 27). Dieser Ab⸗ schnitt enthält eine umfassende Neuregelung des materiellen Fischerel⸗ rechts, ferner an neüen Bestimmungen u. 4. die Klarstellung der Fischerelrechte durch Eintragung ins Wasserbuch, das Uferbetretungtz2 recht und Vorschrlften über die Übertragbarkeit der Fischeretrechte.

3) Die Beschränkungen der ö des Fischeret⸗ rechts (565 28 bis 35), durch die ein unwirtschaftlicher Betrleb der Fischerel, insbesondere durch mehrere Fischereiberechtigte, wirksamer als bisher verhlndert werden soll.

4) Die Fischereigenossenschaften (Es 36 bis 85). Die hierüber bestehenden Vorschriften sind im fischereiwirtschaftlichen Interesse ergänzt und in bezug auf das Verfahren den Vorschriften des Wassergesetzes nachgebildet worden.

5) Die Fischereibezirke (565 86 bis 91). Diese sollen ent⸗ sprechend den in einzelnen Provinzen bereits bestehenden Sondergesetzen nach Art der Jagdbezirke eingerichtet werden, wo der genossenschaft- liche Fischereibetiieb nicht möglich ist oder nicht ausreicht, eine sach= gemäße Ausnutzung der n,. zu gewährleisten,

6) Vie Fischereischeine und Erlaubnisscheine (85 92 bis gs). Die Glnführung des von den Fischeretkrelsen dringend ge—⸗ wünschten Fischereischeins soll nach dem Vorbild der haverischen Fischerkarte dazu dienen, eine bessere Ueberwachung der Fischerei zu ermöglichen.

7) Dle Bezeichnung der zum Fischfang dienenden Fischerzeuge G 99.

s) Den Schutz der Fischerek (3 100 bis 118). Hler sind hauptsächlich Vorsch iften polizeilicher Art, die sich an das geltende Recht anlehnen, zusammengefaßt. ;

9) Die Fischereiverwaltung (S5 419 b 121). Danach sind die 8 tlichen Fischerelbehörden wie bisher für die Küstensischerel die Oberfischmeister, für die Binnenfischerei regelmäßig die Origpol zei- behörden. In den höheren Instanzen sollen an der r n n des Kreis (Stadt.) bezw. Besteksausschusseg und des infolge Wassergesetzes (565 370 fig gebildeten Lander wasseramtsz, das im Be= schlußperfahren an die Stelle des Landwirtschaftsmintsters tritt Fischerelsachverständige beteiligt werden. Der Erlaß von Polhzei⸗

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