1916 / 257 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Oct 1916 18:00:01 GMT) scan diff

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. sind es administrative Behörden, die dafür in Wirk— ĩ

chkeit verantwortlich zu machen sind. So wird es erklärlich, daß in einem und demselben Armeekorpsbezirk der eine Polizeibeamte ebenso unbedenklich passieren läßt, was der andere ebenso unbedenklich streicht. Ohne unsere Presse, ohne den Geist, von dem sie durchweg geleitet ist, wäre das moralische Durchhalten unseres Volkes in diesem Weltkriege ein Ding der Unmöglichkeit. Gegen diese Behandlung der Presse müssen wir auch vom Standpunkt des Parlamentarismus, der deutschen Volksvertretung den entschiedensten Protest einlegen.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp. ): Dem Reichstage ist nicht ganz mit Unrecht vorgehalten worden, daß er den Brunnen etwas früher hätte zudecken müssen. Aber bei der Ver⸗ teilung der Schuld muß doch anerkannt werden, daß die Hauptschuld die Regierung trägt. Das Gesetz über den Belagerungszustand für das Reich hätte längst eingebracht werden müssen, nachdem es feier— lich in der Reichsverfassung versprochen worden ist. Aber der Reichs⸗ tag ist nicht ganz von Schuld freizusprechen. Der Fall Zabern hätte ihm die beste Gelegenheit geboten, diese gesetzliche Regelung herbei⸗ zuführen; aber damals waren es gerade Parteien, welche heute am schärfsten kritisieren, die das vereitelt haben. Ja, wir haben noch während des Krieges erleben müssen, daß den Parteien im Reichstage wegen der Anläufe, die sie damals in der Richtung dieser Regelung unternahmen, die ärgsten Vorwürfe gemacht worden sind. Das preußische Gesetz über den Belagerungszustand ist eins der übelsten Gesetze, die existieren, das hat schon in den beiden Kriegsjahren die Judikatur gezeigt. Sie hat sich um alles, was hier im Reichstage gesagt worden ist, keinen Deut gekümmert, sondern einfach die Militär— diktatur unterstützt. Darum ist eine gründliche Reform jetzt endlich, trotzdem die Regelung jetzt sehr erschwert erscheint, unter allen Um⸗ ständen vorzunehmen. In dieser Beziehung begrüßen wir den Zentrumsantrag. Denn da ein Vorbehalt für Bayern gemacht wird, so darf doch nicht verschwiegen werden, daß das preußische Beispiel auf das bayerische Kriegsministerium, welches dort bereits diese Zen— tralstelle repräsentiert, so verwüstend gewirkt hat, daß in diesem Punkte zwischen Norden und Süden kein Unterschied mehr besteht. Das Kriegspresseamt ist ein vollständiger Versager gewesen; die Er⸗ richtung der Zentralaufsichtsstelle nach dem Antrag Gröber wäre ein unzweifelhafter Fortschritt. Auch vor der Immunität der Abgeordneten hat man mit dem preußischen Gesetz von 1851 nicht halt gemacht; man hat da einfach den S 103 der Strafprozeßordnung mobil gemacht, um gegen unliebsame Abgeordnete vorzugehen. Auch die Behandlung der parlamentarischen Berichte ist geradezu ein Skandal und eine Ge— setzlosigkeit. Wir müssen uns hier alle für solidarisch erklären; was heute mit der Linken geschieht, kann morgen der Rechten passieren. Wenn es nicht anders geht, so muß eine Kommission eine Initiativ⸗ vorlage in dieser Sache ausarbeiten. Es ist ein böses Zeichen für die Neuorientierung unserer Politik, daß die Regierung an dem Gesetz von 1851 festhält. Nicht minder bedenklich ist die Handhabung des Vereins⸗ und Versammlungsrechts; es ist ein Fetzen Papier geworden. Schikanen werden in verschärfter Form gegen alle Organisationen ausgeübt, verlangt man doch jetzt sogar die Vorlegung der Diskussions⸗ rede. Die Regierung ist doch hier sehr schlecht beraten. Es helfen hier keine schönen Reden und Redewendungen, Herr Staatssekretär, es müssen Taten folgen. Was die Pressezensur anbetrifft, hat es keinen Zweck, alle Torheiten der militärischen Zensur hier wieder vorzubringen. Ich habe ein gewisses Mitleid mit den Herren Zensoren; sie sind das Opfer eines Systems, das der Lächerlichkeit von Anfang an verfallen sein mußte. Es müßte ein Aristophanes auftreten, der diese ganze Lächerlichkeit schilderte. Es ist ein System der unbe— grenzten Systemlosigkeit. Daher kommt die Unsicherheit in der Stellung der Zensur zu den einzelnen Fragen. Die Herren der Regierung sind nur die parlamentgrischen Prügelknaben der Militär⸗ behörde; sie haben das Heft vollständig verloren. In Wirtschafts⸗ fragen mag der Staatssekretär hier und da seinen Willen durch⸗ setzen, aber in politischen und staatsbürgerlichen Fragen richtet er nichts aus. Die Regierung der Militärbehörde wird nach und nach zu einer öffentlichen Gefahr. Der Reichskanzler hat ja wunder⸗ schöne Richtlinien aufgestellt, in der Praxis ist gar nichts, aber auch gar nichts erreicht worden. Der Staatssekretär schüttelt mit dem Kopf, er ist immer noch Optimist, er glaubt im Besitz der Macht zu sein, hat sie aber nicht. Das Oberkommando in den Marken hat ein vertrauliches Schreiben erlassen, in dem u. a. jede Kritzk von Kriegsgesellschaften verboten wird. Unser Kollege Hoff hat für den Abschuß von Wild geschrieben. Der stellvertretende Kommandeur in Stettin von Vietinghoff hat demgegenüber die Jagdinteressen von Putbus vertreten in einem hanebüchenen Tone, der sogar mich als Bajuwaren stark erstaunt hat. Im 1X. Korpsbezirk geht man so weit, daß man sogar verbietet, Sanatogen, ja sogar Nestles Kinder⸗ mehl zu inserieren. Das geht doch über das normale Maß der Torheit hinaus. Man sollte doch gerade auf die kleine und mittlere Presse etwas mehr Rücksicht nehmen, die sich um die Kriegsanleihen verdient gemacht hat. Ganz falsch ist es, zu glauben, daß die Links— presse etwa begünstigt worden ist. Das Verbot des „Berliner Tage— blatts! war eine große Ungerechtigkeit. Wie hat man nun gar den deutschen Buchhandel behandelt? In geradezu unvernünftiger Weise. Die Zensur vergreift sich an den Reden des Kaisers, Hinden⸗ burgs und des Reichskanzlers, läßt aber unbehelligt Artikel durch, die fh gegen den Reichskanzler richten und die schreiben: der Reichs⸗ anzler hat sich als Stellvertreter einen Berufsbankier gewählt. Das war in einem alldeutschen Organ zu lesen. Es wird auch auf die Vorfahren des Reichskanzlers verwiesen und gesagt, der Krieg könne nicht gewonnen werden, wenn er von Leuten geführt werde, die dem Mammon dienen usw. Sollte das wirklich der unparteiische Zensor sein, von dem der Staatssekretär gesprochen hat? Die Anführung solcher Schmutzartikel lasse sich verzehnfachen. Wir alle fühlen, so kann es nicht weitergehen, man verwüstet sinnlos das kostbare Kapital der zuversichtlichen Stimmung im Lande. Die Folge ist die politische Giftmischetei in den Konventikeln; der Fall Lewald⸗Bacmeister ist dafür typisch. Jeder persönliche Anstand wird über Bord geworfen. Warum die falsche Geheimniskrämerei? Das Ausland ist viel besser unterrichtet wie wir selbst. Also herunter mit der Maske! Aber die offene Bekämpfung solcher Mißstände ist unter dem herr⸗ schenden System nicht möglich. Was helfen uns alle die schönen Reden und Worte von dem herrlichen Volke, das die größten Taten der Weltgeschichte verrichtet hat, wenn man diesem selben Volke ein solches Mißtrauen entgegenbringt? Dieses Volk will endlich Taten sehen und nicht bloß Worte vernehmen, Ludendorff hat mit Recht gesagt, die ganze Volkskraft muß sich in den Dienst des Volkes stellen. Wenn das geschehen soll, dann geben Sie dem Volke Freiheit und Rechte, schenken Sie ihm Vertrauen, dann werden Sie sein Gegenvertrauen gewinnen. Niemand wird sich mehr freuen, wenn solche Debatten, wie die vom letzten Sonnabend, unmöglich werden, als das deutsche Parlament selbst!

Abg. Dr. Böttger (nl): Die Anregung zur Abschaffung des Belagerungszustandes können wir nicht unterstützen. Jeder Krieg, und namentlich ein Weltkrieg mit seinem gewaltigen Einsatz und mit so zahlreichen Opfern, ist ein Ausnahmezustand, der auch Aus⸗ nahmemaßregeln rechtfertigt und bedingt. Es kann nur darauf an⸗ kommen, die mit dem Belagerungszustand verbundenen Härten und Unzweckmäßigkeiten zu beseitigen. Die zahlreichen Ausschüsse, mit denen unser öffentliches Leben gesegnet ist, sind das Produkt der heu— tigen Behandlung der öffentlichen Meinung. Gibt man die Kriegs— ziele nicht frei, so schafft sich das Bedürfnis, bei der Neugestaltung unserer Geschicke mitzuwirken, das elementar im Volke lebt und be⸗ rechtigt ist, in Konventikeln, Ausschüssen, vertraulichen Sitzungen, Rundschreiben und Denkschriften Luft. Der organische Fehler steckt in der Handhabung der Zensur. Das Uebel ist international. Auch im Auslande wird Klage geführt. Bei uns ist es zum Teil Personen⸗ frage. Es gibt sicherlich gute und sachverständige Zensoren, aber unter den tausend und mehr Jensoren haben nicht alle gleiche Grundsätze und Kenntnisse. Viele sind mit dem Wesen der öffentlichen Mei⸗ nung und der Bedeutung der deutschen Presse nicht vertraut. Diese Unkenntnis ist weit verbreitet und reicht bis zu hohen Stellen. Wenn man eingesehen hat, daß man in der Behandlung der Presse des Auslandes Fehler gemacht hat, so sollte man auch die zweckmäßige

Behandlung der eigenen Presse nicht vergessen. Die wird bei uns über Gebühr eingeschränkt und ihr dadurch die Freude an ihrem nationglen Berufe beeinträchtigt. Es kommen unnötige Schikanen vor. Manchmal ist die Verheimlichung von Nachrichten direkt vom Uebel, z. B. wenn bei Fliegerangriffen auf Städte und Ortschaften die wildesten Gerüchte zirkulieren, die Wahr⸗ heit aber erst nach vielen Tagen bekannt gegeben wird. Es wird ein Gefühl der Unsicherheit in politischen Kreisen und Redaktionen erweckt, das dem Ganzen nicht dienlich ist. Den Zeitungs⸗ unternehmern wird fortwährend mit wirtschaftlichen Schäden gedroht, obwohl ihre Lage schon so nicht glänzend ist. Den Standpunkt der Sozialdemokratie, daß die Zensur völlig aufgehoben werden kann, teilen wir nicht. Eine obrigkeitliche Regelung des Nachrichtenwesens und des Meinungsaustausches halten wir insoweit für nötig, daß kein militärischer Schaden angerichtet, kein wirkliches Reichsinteresse verletzt wird. Wir fordern volle Parität für alle politischen An⸗ schauungen und Richtungen und beklagen, daß der Begriff der mili⸗ tärischen Angelegenheiten noch immer biel zu weit auf das politische Gebiet ausgedehnt wird. Sowohl der Verein deutscher Zeitungs⸗ verleger als auch der Reichsverband der deutschen Presse haben dieses festgestellt. Der Kern des Uebels unserer Zensurhandhabung steckt darin, daß neben den militärischen Behörden anderer i aus zivilem Lager unablässig wirksam ist, daß es eine politische JZensur mit zahlreichen Nebenstellen gibt, die sich aber nicht verantwortlich fühlen und nach außen jede Verantwortung ablehnen. Da will der von der nationalliberalen Partei eingebrachte und vom Haushalts⸗ ausschuß übernommene Antrag klare. Verantwortungsverhältnisse

schaffen. Die vollziehende Gewalt in Angelegenheiten der politischen

Zensur soll auf den Reichskanzler übergehen und diesem auch die Ver⸗ antwortung für die Handhabung der politischen Zensur übertragen werden. In Preußen hat der Minister des Innern im Abgeordneten⸗ und im Herrenhause erklärt, daß er die Verantwortung für alle Zensur⸗ maßnahmen trage, soweit die ihm unterstellten Behörden dabei mit⸗ gewirkt haben. Das muß auch im Reiche möglich sein. Noch ein Wort zur Freigabe der Kriegsziele. Sie sollen gewiß nicht schranken⸗ los sein. Aber unsere Presse und unsere Vereinigungen kennen das richtige Maß und Ziel und werden keine reichsgefährlichen Aus⸗ schreitungen begehen. Die Stimmung im Lande wird dadurch nicht berdorben werden, sie wird durch eine Aussprache über große nationale Fragen, die das ganze Volk interessieren, nicht ungünstig beeinflußt werden, sich vielmehr vom Kleinlichen abkehren. Wir haben das Ver⸗ trauen zur deutschen Presse, die an Urteilsreife und innerer Tüchtigkeit der Presse keines fremden Staates nachsteht, daß sie von der zu ge⸗ währenden größeren Freiheit einen guten Gebrauch machen wird. Wir anerkennen die Berechtigung der Einschränkung der öffentlichen Mei⸗ nung nur, soweit sie zur siegreichen Durchführung des Krieges not⸗ wendig ist. Die Stimmung im Lande ist teilweise sehr erregt ge⸗ wesen, aber nicht durch die Besprechung der Kriegsziele, sondern infolge schlechter Maßnahmen. Ich habe das Vertrauen zur deutschen Presse, daß sie von der ihr zu gewährenden größeren Freiheit nur einen guten Gebrauch machen wird.

Departementsdirektor, Oberst Hoffmann: Der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen hat über die Person des Stellvertretenden Kom⸗

mandierenden Generals des II. Armeekorps Freiherrn von Vietinghoff

gesagt, er bewundere seinen Mut und wünsche, er möge ihn im Schützengraben beweisen. Ich weise dies mit aller Entschiedenheit zurück und erwarte, daß der Abg. Dr. Müller⸗Meinigen diese Worte zurücknehmen wird.

Vizepräsident Dr. Paasche: Ich werde mir das Stenogramm der Rede kommen lassen und werde, wenn es erforderlich ist, Remedur eintreten lassen.

Abg. Dr. Roesicke (dkons. :; Im Gegensatz zu der Regierung bin ich der Meinung, daß eine Milderung der Zensur bisher nicht eingetreten ist, auch nicht in bezug auf die Erörterung der Kriegsziele. So hat man seinerzeit die Aeußerungen des Professors Harnack, seinen Vergleich des Verhältnisses von Deutschland und Belgien mit Irland und England, unbeanstandet passieren lassen, aber die entgegengesetzte Auffassung nicht. Der Abg. Scheidemann hat behauptet, daß der Reichskanzler die Kriegsziele der großen wirtschaftlichen Verbände auf das entschiedenste mißbillige. Ich habe nicht den Eindruck gehabt, daß der Reichskanzler so gespwochen hat. Die Zensur der Erörterung der Friedensziele wird einseitig geübt. Aeußerungen, die sich auf eine Erweiterung unserer Grenzen nach Osten beziehen, werden zugelassen, dagegen solche, die einen Pößeren Einfluß nach dem Westen befür— worten, nicht. Aus dem Schützengraben schrieb ein Mann, der in⸗ zwischen seine Pflichten gegen das Vaterland mit dem Tode besiegelt hat, daß er wie sehr viele seiner Kameraden es wünschten, daß man das okkupierte Gebiet nicht wieder herausgebe. Eine Zeitschrift wurde wegen der Wiedergabe dieses Briefes unter Vorzensur gestellt. Dies wäre wohl nicht geschehen, wenn der Mann das Gegenteil ge⸗ schrieben hätte. Der Abg. Scheidemann hat wiederholt hervorgehoben, daß gerade eine gewisse Zurückhaltung unsere Gegner veranlassen müsse, auf Friedenswünsche einzugehen. Wir alle haben den Wunsch, daß dieser furchtbare Krieg möglichst bald beendet werde, aber es kommt doch auf den Weg an, den man einzuschlagen hat, um diesen Wunsch durchgzusetzen. Glauben Sie, daß ein richtiger Weg dazu der ist, daß wir in der Weise, wie es Herr Scheidemann wünscht, auf das verzichten, was wir dort erworben haben? Wir haben ausdrücklich zu erkennen gegeben, daß wir keine Eroberungsgelüste haben, aber es wird unsern Einfluß nicht stärken, wenn wir mitten im Kampfe sagen, win sind bereit, uns zu bescheiden, uns von dort zurückzuziehen. Wenn Sie die Auslandspresse verfolgen, dann werden Sie finden, daß die Rede Scheidemanns nicht den Eindruck der Stärke, sondern der Schwäche gemacht hat. Man sollte sich das Ausland nicht so kon⸗ struieren, wie man es gerne haben möchte, sondern es nach seiner eigenen Art beurteilen. Das gilt auch von unserer auswärtigen Politik. Diese hat sich viel zu viel angelegen sein lassen, das Aus⸗ land so zu betrachten, wie sie selbst wollte, daß es sein solle. Man darf überhaupt nicht die Ethik und Moral des Auslandes von unserem Standpunkte aus betrachten, sondern vom Standpunkt des Auslandes selbst. Wir können auch von unseren Feinden lernen, von England seine Zähigkeit und Energie und vor allen Dingen seine freie Meinungsäußerung, guch über den zukünftigen Frieden. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Wenn wir ebenso verführen, so würde man das auch nicht als Schwäche auslegen. Der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen hat geglaubt, sich über kommandieyrende Generale sehr scharf aussprechen zu müssen. Wir sind grundsätzlich anderer Meinung. Wir haben ein volles Vertrauen zu unseren militärischen Befehlshabern und auch zu den Militärzensoren. Diese müssen sich nach den gegebenen Richtlinien richten. Deshalb sollte man solche Angriffe an eine ganz andere Adresse richten. Damit steht im Zusammenhang die ganze Haltung unserer offiziösen Presse. Ich wünschte, es bestünde auch für die offiziöse Presse eine Zensur, damit sie nicht einen Ton anschlägt, der sich nicht gehört. Wenn die offiziöse Presse gewisse Gerüchte als Klatsch und Tratsch bezeichnet, so müßte sie doch erst die Ursachen untersuchen, die zu diesen Gerüchten geführt haben. Sie darf doch nicht jede andere Meinungsäußerung als Treiberei erklären. Die offiziöse Presse sollte auf die Absichten und Gründe verschiedener Meinungsäußerungen zurückgehen und nicht ohne weiteres verurteilen. Ein klassisches Beispiel dafür ist ein Artikel der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“, den sie vor einiger Zeit mit der Ueberschrift „Infame Treibereien“ gebracht hat. Es handelt sich um die bekannte Denkschrift, die dem Staatssekretär des Innern zugesprochen wurde. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ hat sich nicht gescheut, nicht nur zu sagen, daß die Annahme, die Denkschrift rühre von dem Staatssekretär her, falsch sei, sondern sie hat darüber hinaus sofort exemplifiziert, daß sie mit einer be⸗ stimmten skrupellosen Clique zusammenhänge. Es hätte eine sach⸗ liche Feststellung genügt. Die Beschlagnahme von Schriften, die Haussuchungen und Briefsperren sind besonders schwer zu ertragen. Es wird auch von meinen politischen Freunden beklagt, daß man in dieser Weise in die persönliche Freiheit eingreife. Man hat nun alle diese Vorgänge dazu benutzt, um bestimmte Gerüchte der konservativen Partei anzuhängen. Die konserbgtive Partei verurteilt jede Treiberei, die sich als solche kennzeichnet, Aeußerungen, die nicht getragen sind

von sachlichen Auffassungen, sondern von persönlichen Gegensätzen, die nicht auf einer sicheren Basis beruhen, die nur Gerüchte sind. Wir weisen es zurück, daß wir dahin gewirkt haben sollen, daß ein anderer Mann an der Spitze des Reichskanzleramts stehe. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß die Besetzung der höchsten Reichsstellen Sache des Kaisers ist. Wir weisen es zurück, daß wir frondiewende Absichten haben. Wir beurteilen die Dinge nicht nach der Person, sondern nach der Sache. Besonders übel empfunden wird die Präventivzensur, namentlich soweit sie über einzelne Personen verhängt wird. Eine solche Präventivzensur ist auch über den Briefwechsel des Grafen Zeppelin verhängt worden. Das deutsche Volk hat einen Anspruch darauf, zu wissen, was Graf Zeppelin auch in seinen früheren Briefen an den Reichskanzler, nicht bloß in seinem letzten geschrieben hat. Auch über den Grafen Reventlow ist die Präventipzensur verhängt worden. Neuerdings hat der Reichskanzler ihn wegen Beleidigung verklagt. Ich persönlich glaube, es wäre besser gewesen, wenn man sich an die Praxis Friedrichs des Großen gehalten hätte, die da sagt, „niedriger hängen“. Man bekämpft einen Gegner dadurch am besten, daß man die Grundlosigkeit seiner Angriffe darlegt. Man sollte es sich doch überlegen, ob man mit solchen persönlichen Verfolgungen weiter gehen sollte. Das Verbot einer Zeitung bedeutet einen tiefen wirtschaftlichen Eingriff in ihre Existenz, und man sollte es sich doch sehr überlegen, ehe man es ausspricht. Trotz aller dieser Bedenken glauben meine politischen Freunde, daß es ohne Zensur nicht geht. Dagegen kann eine großzügige und weitherzige Zensur außerordentlich nützen. t ö . Vizepräsident Dr. Paasche: Aus den Worten, welche der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen nach dem amtlichen Stenogramm gegen den General von Vietinghoff gebraucht hat, braucht man nicht heraus lesen zu müssen, daß der Redner dem hochverehrten General persön—⸗ lichen Mut hat absprechen wollen. Der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen wird in einer perfönlichen Bemerkung noch einmal darauf zurück— kommen.

Hierauf nimmt der Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helfferich das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Steno gramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

Oberst von Wrisberg: Es ist beklagt worden, daß die Bevölkerung vor dem herausfordernden Gebrauch der französischen Sprache gewarnt worden ist. Der militärische Oberbefehlshaber hat deswegen einen Erlaß herausgegeben und dazu ist der Oberbefehls haber im Operationsgebiet berechtigt. (Große Bewegung und Widerspruch) Ich möchte Ihnen folgendes vor Augen halten. Deutsche Truppen stehen in heldenmütigem Kampfe zur Verteidigung Deutschlands. Ich glaube, daß diese deutschen Truppen erwarten können, daß hinter ihrem Rücken nicht eine fremde Sprache gesprochen wird. Eachen links und große Unruhe.)

Hierauf wird die Debatte für heute abgebrochen.

Abg. Dr. Müll er-Meiningen spersönlichz; Die von mir in bezug auf den General von Vietinghoff gebrauchten Worte mußten absolut nicht so aufgefaßt werden, wie sie der Herr Oberst Hoffmann aufgefaßt hat. Ich verstehe überhaupt nicht, wie er dazu kommen konnte. Ich nehme an, er ist von seiner Umgebung falsch informiert worden. Ich habe lediglich den Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß der Herr General seine Schneidigkeit, die er in den letzten zwei Jahren gegenüber der Presse bewiesen hat, auch draußen im Schützen⸗ graben betätigen könnte. Ich nehme an, daß er denselben Wunsch hegt. An seiner persönlichen Schneidigkeit habe ich nicht im geringsten gezweifelt; es liegt mir überhaupt ganz fern, den Mut eines guten Militärs, aber schlechten Politikers und Oberzensors zu bezweifeln.

Auf Vorschlag des Vizepräsidenten Dove werden noch die auf der Tagesordnung stehenden Berichte der Handels und Gewerbekommission über Petitionen erledigt. Ohne Debatte beschließt das Haus durchweg gemäß den Kommissions⸗ anträgen.

Schluß S343 Uhr. Nächste Sitzung: Dienstag 3 Uhr. (Anfragen; Fortsetzung der heutigen Debatte; weitere Anträge des Haushaltsausschusses.)

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Statistik und Volkswirtschaft.

Der Spareinlagenbestand der städttschen Sparkasse in Berlin- Schöneberg hat am 20. Oltober 1916 die Summe von 75625000 M erreicht. Vor dem Kriege betrug der höchste Einlagenbestand am 23. Juli 1914 72 053 900 . urch die Zeich. nungen auf die ersten 4 Krilegsanleihen hatte die Sparkasse einen Abgang an Spareinlagen in Höhe von 33 851 700 M zu verzeichnen; troßdem hat sich der Einlagenbestand, wie die vorstehenden Zahlen ergeben, um 3 572 000 ½ vermehrt. Auf die 5. Kriegsanleihe sind weiter 4 363 200 Æ gezeichnet worden, sodaß die Gesamtsumme der Zeichnungen der Sparer auf alle 5 Kriegsanleiben 382149600 S è beträgt, und jwar ist diese Summe durch 37174 Zeichnungen aufgebracht worden. Die Spaikasse hat aus eigenen Mitteln auf die 5H Kriegsanleihen 16465800 6 gezeichnet. Vas Gesamtergebnis der Zeichnungen von Sparern und Spar kasse auf die Kriegsanleihen beträgt 54680700 A; gleich- wohl ist der Einlagenbestand wieder auf 75 625 000 M gewachsen.

Eingetragene Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen⸗ schaften in Deutschland im Jahre 1916, Neueintragungen und Auflösungen solcher in Preußen seit Kriegsbeginn.

Die Statistische Abteilung der Preußischen Zentralgenossenschafts⸗ kasse veröffentlicht in einer Sondernummer der Statistischen Kor⸗ respondenz! vergleichende Uebersichten über die vorläufigen Grgebn sse der deutschen Genossenschaftsstatistik für 1916 und das Vorjahr. In fünf Tabellen werden behandelt: 1) die eingetragenen Genossenschaften nach der Haftpflichtart in sämtlichen deutschen Einzelstaaten, 2) dle eingetragenen Genossenschaften im Deutschen Reiche nach der Haft⸗ pflichtart und dem Gegenstande des Unternehmens, 3) die Bewegung der eingetragenen Genössenschasten im Deutschen Reiche nach Haft— pfllchtarten und dem Gegenstande des Unternehmens, 4) dle Zentral (Haupt ) Genossenschaften nach dem Gegenstande des Unternehmens in den deutschen Einzelstaaten und 5) die Bewegung der Zential⸗ (Haupt,) Genossenschaften im Deutschen Reiche. Von einer Mit⸗ teilung der Mitgliederzahlen hat dabei abgesehen werden müssen, da sie für die Genossenschaften der meisten deutschen Staaten noch nicht beschafft und zusammengetragen werden konnten.

Im Deutschen Reiche bestanden am 1. Ja nuar 1916 (in Klammern seien zum Vergleiche die Zahlen des Vorjahres angegeben) ohne die Zentralgenossenschaften 35751 (35 481) eingetragene Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaften, und zwar 21664 (21 627) mit unbeschränkter Haftpflicht, 162 (165) mit unbe⸗ schränkter Nachschußpflicht und 13925 (13 689) mit beschränkter Haftpflicht. Von diesen Genossenschaften haben 19680 (19493), und zwar 10515 (10472) mit unbeschränkter Haft⸗ pflicht, 132 (135 mit unbeschränkter Nachschußpfllcht und go3z3 (8886) mir beschränkter Haftpflicht, ihren Sitz in Preußen, 6208 (61865) in Bayern, 2214 (2207) in Württemberg, 1862 (1846) in Baden, 1I1I55 (1129) in Sachsen, 927 9 in Hessen, 90 (wie im Vorjahre) in Elsaß Lothringen, 475 (438) in Mecklenburg⸗Schwerin, 446 (a43) in Oldenburg, ebenfalls 446 (447) in Braunschweig usw. Im Jahre 1915 (1914) wurden im Deutschen Reiche b95 (1367) Genossen⸗ schaften neu eingetragen und 325 (435) aufgelöst. Dte reine Zunahme beläuft sich für das Jahr 1915 auf 270 (922) Genossen⸗ schaften; im einzelnen haben sich von 1915 auf 1916 die Genossen⸗ schaften mit ub entre Haftpflicht um 37 und die mlt beschränkter Haftpflicht um 236 vermehrt, die mit unbeschränkter Nachschußpflicht

dagegen um 3 vermindert. Die zahlenmãß . ge Zunahme betrug im i . 1573 oder 6c v. H. des Bestandes am Jahresanang, . 31 oder 6, v. H., 1965 1087 oder oi b. H., 1906 1067 ü 5 e v. H., 1907 1166 oder 4 v. H., 18908 1278 oder 4, v. H., 1296 oder 491 v. H, 1910 1052 oder 35 v. H., 1911 1274 oder 423 v H, 1912 1567 oder os v. O. 1913 1276 oder 3 83 v. H., 1914 922 oder 2a, v. H. und i915 270 oder O, 16 v. H. Auf die Einielstaaten verteilte sich die Zunahme ( Abnabme) im Jahre 1915, wie folgt: sie betrug in Preußen 157 (Ho7), in Bayern 13 (159), in Sachen 216 (27). in Wuͤrttemberg 7 (5h), in Baden 16 (133, in Hessen 4 (— 17 und in den übrigen Einzelstaaten 17 (59).

Nach dem Gegenstande des Unternehmens unterschieden, waren ö . 4 . ö. im ,, Reiche ohne die Zentrai⸗ f n vorhanden, bezw. an den Jahren 1914 und 1915 beteiligt: ö Zunahme

n, Fe , 9 1) Kreditgenossenschaften . . 19568 19619 373 1 darunter Darlehnskassen⸗ vereine 17488 17 546 301 58 ) Rohstoffgenossenschaften, ge⸗ were, ö

3) Rohstoffgenossenschaften, landwirtschaftliche ...

4 Wareneinkaufs vereine.

5) Werkgenossenschaften, ge⸗

werbliche . darunter Elektrizitäts- genossenschaften. .. 6) Werkzenossenschaften, land⸗ wirtschaftliche ... darunter Elektrizitäts- x genossenschaften. 7) Gen zur Beschaffung von ; Maschinen und Geräten. 8) Magazingenossenschaften, ge⸗ , 9) Magazingenossenschaften, landwirtschaftliche. . 10 Rohstoff. und Magazin⸗ genoffenschaften, gewerbliche 1I) Rohstoff. und Magazin⸗ genosfenschaften, landwirtsch. 12) Produrtivgenoffenschaften, Kd 13) Produktivgenossenschaften, landwirtschaftliche. . darunter: Meiereigenossenschaften. , . Win jerverele ... Gen. f. d. Anbau u. Ver⸗ trieh v. Feld u. Garten⸗ k Schlacht⸗, Flischerel⸗ u. Forstgenossenschaften . 14) Zuchtvieh. und Weide⸗ genossenschaften .... 540 544 15) Konsumvereine 3 16) Wohnungs⸗ u. Baugenossen⸗ schaften, eigentliche... 1403 1 390 17) Wohnungg⸗ u. Baugenossen⸗ schaften, Vereinshäuser.. 139 139 18) sonstige Genossenschaften. 380 365 109 *

Genossenschaften ü berhaupt 35 181 35 751 922 270.

Unter den Anfang 1916 gezäblten 19619 (Anfang 1915: 19568) Kreditgenossenschaften befinden sich 17 001 (16 963) mit unbe— schränkter Haftpflicht, 45 (46) mit unbeschränkter Nachschußpflicht und 2573 (2559) mit beschränkter Haftpflicht, insbesondere unter den 17516 (17488) Darlebnskassenvereinen 16184 (16139) mit unbe⸗ schrnkter Haftpflicht, 16 (66) mit unbeschränkter Nachschußpflicht und 1346 (1333) mit heschränkter Haftpflicht. Außer den Kreditgenossen⸗ schaften sind noch die landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaften, und zwar die Melereigenossenschaften und die Winzerverein, ganz überwiegend Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht; und auch die landwirtschaftlichen Rohstoffgenossenschaften sowie die landwirt⸗ schaftlichen Werkgenossenschaften haben noch jum großen Teil diese Haftpflchlart gewählt, von den ersteren über zwei Fünftel und von den letzteren nicht ganz ein Drittel. Bei allen übrigen Genossen⸗ schaftsgruppen herrscht die beschränkte Haftpflicht bei weitem vor.

Nach den im „‚Dutschen Reichtzanzeiger“ veröffentlichten An— meldungen ju den Genossenschaftsregistern sind weiter vom 1. Fanuar bis zum 30. Juni 1916 im Deutschen Reiche 527 Neueintragungen und 135 Auflösungen von Genossenschaften er⸗ folgt. Demgemäß beifffert sich der Genossenschaftsstand im Deutschen Reiche am 1. Juli 1916 auf 36143 eingetragene Genosfen⸗ schaften. Von den vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1916 neu eingetragenen (aufgelösten) Genossenschaften kommen auf Preußen 334 (60), Bavern 54 (21), Sachsen 28 (7, Württemberg 9 (3), Baden 14 (1), Hessen 7 (6) und auf die anderen deutschen Staaten 81 (17). Unter den im ersten Halbjahr 1916 neu einge— tragenen , . Genossenschaften befinden sich 63 (25) Kredlt⸗ genossenschaften, 63 (6) gewerbliche und 45 (5) landwirtschaftliche Rohstoffgenossenschaften, 46 (5) Wareneinkaufe verelne, 4 (9) gewerb⸗ liche und 20 (14) landwirtschaftliche Werkgenossenschaften, 30 1 ge⸗ werbliche und 14 (6) landwirtschaftliche Magazin sowie Rohstoff⸗ und Magazingenossenschaften, 134 (ic) gewerbliche und 27 (16) land- wirtschaftliche Produktivgenosfsenschaften, 8 (98) Zuchtvleb, und Weide⸗ genossenschaften, 18 (14) Konsumpereine und 7 (3) eigentliche Wohnungg⸗ und Baugenossenschaften.

Zentralgenossenschaften bestanden am 1. Januar 1916 in Deutschland 115 (gegen 116 am 1. Januar des Vorjahres), unter denen sich 59 (gegen 61) Zentralkreditgenossenschaften, 27 (275 Haupt- genossenschaften für landwirtschaftliche und 5 (gegen b) für gewerbliche Rohstoff vereine sowie 17 (17) Hauptgenossenschaften für den Absatz landwin ischaftlicher Artikel und 6 (6) andere befinden. Saäͤmt⸗ liche Zentralgenossenschaften sind solche mit beschränkter Haft- pflicht. Ihren Sitz haben 73 (gegen 74) Zentralgenossen- schaften in Preußen, 173 (17) in Bahern, 8 (8) in Baden, je 4 (6M in Sachsen und. Elsaß Lothringen, je 3 3) in Württemberg und Oldenhurg, 2 (2) in Hessen und j (i) in Mecklenburg- Schwerin. Im ersten Halbjahr 1916 sind 3 Zentralgenossenschaften neu eingetragen worden; am 25. Februar die Wesspreußlsche gewerbliche Zentral⸗ genossenschast, e. G m. h. H. in Graudenz. am 15. März die Deutsche Zentralgenossenschaft für das Tischler, und Tapezlerer⸗ gewerhe, e G. m. b. H. in Berlin, und am 17. April die West⸗ preußische Verbandsgenossenschaft für das Handwerk, e. G. m. b. H. in Vanzig. Auflösungen von Zentralgenossenschafien sind für den Zeltrgum vom 1. Januar bis zum 30. 8. 1916 nicht zu verzeichnen.

Die Genossenschaftsbewegung hat begrelflicherweife unter dem Einflusse des Krieges . die Zahl der Neugründungen von Genossenschaften ist erheblich zurückgegangen, die der Auflösungen verhältnigmäßtg gestiegen, einzelne Gruppen nach dem Gegenstande des Unternehmeng ausgenommen (gewerbliche und landwirtschaftliche Robstoffgenossenschasten, Warene nkaufgvereine, landwirtschaftliche Magazingenossenschaften, gewerbliche Produkt lvgenossenschaften), bei denen infolge der Kriegebedürfnisse sich eln stärkerer genossen. schaftlicher Zusammenschluß bemerkbar gemacht hat. Die nach⸗ stehende Uebersicht veranschaulicht für das Königreich Preußen

) Das sind überwiegend Elektriyltätggenofsenschaften.

(mangelg der Zahlen von Bayern, Sachsen, Württemberg und Hessen), wleviel Genossemchaften (ohne die Zentralgenossenschaften) nach dem Gegenstande des Unternehmens geordnet in der Zeit vom 1. August 1914 (Kriegsbeginn) bis Ende Juni 1915 neu eingetragen und aufgels st worden sind, unter Angabe des formalen Rechts⸗ grun des der Auflösung. Der wirtschaftliche Grund der Auf. lösung kann nicht angegeben werden. Es erfolgten in Preußen seit Kriegsbeginn:

Auflösungen

Gegenstand dez Unternehmens

Neueintragungen durch Beschluß der Gene ralversammlung

wegen Eröffnung de Konkurs verfahrens

1) Kreditgenossenschaften .. darunter Darlehngskassenvereine. 3 Rohstoffgenossenschaften, gewerbl.

8 8

ö landw.. 4) Wareneinkaufsbereine ö 5) Werkgenossenschaften, gewerbl. ..

darunter Elektrizitätzgen .. 6) Werkgenossenschaften, landyd.

darunter Elekirtzitätzgenossensch. 9 Gen. z. Beschaffung v. Masch. usw. 8) Magazingenossenschaften, gewerbl. . 9 landw.

10) Rohstoff⸗ und Magazingen., gewerbi. 11) ö ‚. 8 landw. 9 Produktivgenossenschaften, gewerbl.

1x11 1 CI I do = cx = 0

. landw. .

dar.: Meiereigenossenschaften .. Brennereien löl

Gen. f. d. Anbau und Vertrieb

Feld⸗ und Gartenftüchten.

14) Zuchtyieh⸗ und Weidegenossensch. .. 15) Konsumvereine kJ ; 12 16) Wohnungs. und Baugen., eigentl. . . 3 9 6

9 , , , , , ,,

17 - . ö Vereinkẽh. 18) sonstige Genossenschaften .... ö

Summe. . . 1840 391 328 52. In der Gesamtzahl von 391 aufgelösten Genossenschaften sind noch eingeschlossen 2 wegen Zeitablaufs zur Auflösung gekommene und 9 Genossenschaften, die durch Gerichtsbeschluß aufgelöst wurden, weil dle Zahl der Genossen unter sieben herabgegangen war.

Verkehrswesen.

Der Kriegsgefangenenpostverkehr, den die Schweiz, das neutrale, rings von Kriegführenden umgebene Land im Herzen Europas, in selbstloser Weise unentgeltlich vermittelt, nimmt einen immer größeren Umfang an. Seit Kriegsausbruch bis Ende September dieses Jahres hat die Schweizerische Postverwaltung nach Deutschland also von kriegsgefangenen Deutschen in Feindesland und an kriegsgefangene Feinde in Deutschland nicht weniger als rund 71 Millionen Briefe und Post— karten, 5,2 Millionen Päckchen, 31,2 Millionen Postpalete und 31 Millionen Postanwelsungen über rund 36,2 Millionen Franken, nach Frankreich rund 72,1 Milllonen Briefe und Postkarten, 40 Millionen Päckchen, 3,6 Millionen Pakete, 0,9 Millionen Post⸗ anweisungen über rund 12,9 Millionen Franken weitergeleitet. Ursprünglich hat die Schweiz bekanntlich nur den Postverkehr der Kriegsgefangenen in Deutschland und Frankreich mit ihrer Heimat vermittelt. Später haben dann die meisten anderen noch in den Krieg eingetretenen Länder die Vermittlung der Schweiz in Anspruch ge⸗ nommen, doch ist der von der Schweiz zwischen Frankreich und Deutschland ausgetauschte 5 efangenenverkehr der bei weitem stärkste geblieben. Die tägl 2. Arbeitsleistung der schweize⸗ rischen Post im Kriegsgefangenenverkehr umfaßt im Durch⸗ schnitt die Umarbeitung von rund 339 000 Briefen und Postkarten, 15 000 Päckchen, 58 000 Postpaketen, 8500 Postanweisungen über rund 124 0090 Franken. Natürlich erheischt die Bewältigung dieses , , . Verkehrs die Einstellung zahlreicher Hilfskräfte und auch edeutende Ausgaben sächlicher Art, denen Einnahmen bei der Kosten⸗ freiheit dieses Verkehrs nicht gegenübersteben. Die uneigennützigen und menschenfreundlichen Dienste der Schweiz für die Opfer des Krieges verdienen daher, immer von seiten der Kriegführenden danlbar hervorgehoben zu werden.

Sandel und Gewerbe.

In der am 28. Oktober abgebaltenen Gesellschafterversamm-⸗ lung des Kalisyndikats berichtete, laut Meldung des. W. T. B.“ aus Berlin, der Vorstand, daß es infolge außerordentlicher An⸗ strengungen der Kaliwerke gelungen ist, in den eisten 9 Monaten des laufenden Jahres eine Mehrlleferung von 2, Millionen Doppel⸗ zentnern Reinkal! im Werte von 43 Milllonen Mark gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres zu bewältigen. Wenn nach Beendigung der Kartoffel⸗ und Rübentransporte eine den Erwartungen entsprechende bessere Wagengestellung ein⸗ tritt, dann darf im Jahre 1916 auf einen Kallabsatz von mehr als 9 Millionen Doppeljentner Reinkal! im Werie von 160 Millionen Mark gerechnet werden. Im letzten Frieden jahre 1913 betrug der Versand 11,1 Milllonen Voppelzentner Reinkali im Betrage von rund 193 Millionen Mark. An die deutsche Landwirt⸗ schaft wurden in der Zeit vom Januar bis Ende September 1916 neben 17,5 Millonen Doppelzentner Kaintt⸗Hartsalz 8.7 Millionen Doppel jentner 40 o iges Kalidüngesalz geliefert gegen rund 5.8 Millionen Doppelzentner in der gleichen Zeit des Vorjahres. Die Belieferung des Inlandes konnte nur deshalb in solchem Maße duichgefübrt werden, weil die Hauptabsatzgebiete deg Auslandetz der Kaliindustrie verschlossen sind. Die in der Preis. erhöhung des letzten Jahres erfolgte Ausgleichung deckt die ent⸗ . Auslande gewinne nicht annähernd, sondern nur zum Teil die Mehrkosten, die mit dem Betriebe infolge des Krieges verbunden sind. Die Bilanz für 1915 wurde genehmigt und dem Vorstand und Auf⸗ sichtsrat Entlastung erteilt. Nach Telegrammen, die dem Kalisyndtkat aus Amerika vorliegen, ist dem aus Cuba gemeldeten angeblichen Kallvorkommen keinerlei Bedeutung betzumessen.

Am 18. Oktober sind laut. W. T. B. in Berlin die Ver: einigten . . G. m. b. O., Ber lin) mit einem Kapital von 1 Million Mark gegründet worden. Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung, Anschaffung und der Vertrleb von Textil. und Zellulose⸗ (Papier⸗) Gespinsten, ö Säcken und sonstigen Textilen oder ähnlichen Erzeugnissen. Gründer sind die Direction der Digeonto. Gesell⸗ schaft, Berlin, und die Textil. Union G. m. b. O. Berlin. Beabsichtigt it, den Webereien der verschiedenen Faserstoffgruppen (Baumwolle, Wolle, Jute usw.), ebenso Herstellern von Paplergarnen durch Ueberlassung von Geschäftsanteilen die Teilnahme an der Gesellschaft zu ermög⸗ lichen. Zu der Gründung erfahren wir noch, daß die Aufnahme hon Webereien in die neue Gesellschaft nach 53 der ihr zur Ver. y stehenden Papiergarnmengen und der ihr zugehenden Aufträge erfolgen soll. Interessenten können hierüber Auskunft bei den ver= schledenen Textilkriegzausschüssen erhalten, denen die Gesellschaft die Unterlagen übermitteln wird.

Nach dem Geschäftsberlcht der Leipaiger Pianeforkte⸗ fabrit Gebr. Zimmermann Üktiengefeltschaft in Möl kau bei Leipzig für das Geschäftsjabr 1915/1 it die Herst,llung der Erzeugnisse einerseits unter dem Mangel von Ersatzmaterial für he. schlagnahmte oder nicht mehr zu beschaffende Bestandieile, anderer selts besonders unter dem Mangel an Arbeitskräften. Durch Einstellung welterer weiblicher Hilfskräfte ließ sich ein voller Ersatz nicht schaffen. Unter diesen Umständen konnte die Gesellschaft nur einen Teil der Aufträge ausführen, die ihr in einer unter Berücksichtigung der e. perhältnisse recht ansehnlichen Höhe zugingen. Diese nur teilweise Aug. führung wurde der Gesellschaft durch ihre großen Vorräte in Arbeit befindlicher Telle und Halb, und Ganzerzeugnisse ermöglicht. Die Dividende beträgt 40/0.

Wien, 30. Oktober., (B. T. B.) Die bisherige fest. Stim. mung hat sich unter dem Eindruck der vorliegenden Kriegsberichte guch auf den Börsenverkehr der neuen Woche übertragen; doch herrschte in geschäftlicher Beziehung Zurückhaltung bor, sodaß die Umsätze sich nur autznahmgzweise etwas lebhafter gestalteten. Zu den wenigen be⸗ vorzugten Papteren gehörten Bank- und Rüstungtaktien. Der Anlage- markt war unverändert fest.

Wien, 30. Oktober. (B. T. B.) Behufs elnheltlicher und wirksamer Betätigung des österreichischen und un garischen Kapitals im Orient, ingbesondere behufs nachdrücklicher Pflege der wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei haben die Kredit- anstalt und der Wiener Bankverein mit der Ungarischen Allgemeinen Kreditbank und der Pester Ungarischen Kommerzialbank zur gemein⸗ samen Vorbereitung und Durchführung von Geschäften größeren Um- fangs sich zusammengeschlofssen. Der Wirkungskreis der neuen Gruppe, die den Namen DOesterreichischtunggrische Orient-⸗ gruppe führen wird, erstreckt sich voreist aüf die Türkei und umfaßt ausschlteßlich Konsortialgeschäfte auf dem Gebiet der Staate finanzen, des Verkehrgwesens, der öffentlichen Arbeiten, der Landwirtschaft und der Industrie. Die einzelnen Teilnehmer an der Gruppe behalten für die Pflege des laufenden Bankgeschäfts und die Gründung von Filialen oder angeschlossenen Banken in der Türkei freie Hand. Zwischen der Orientgruppe und dem Hause Rothschild wurden Abmachungen getroffen, nach denen das genannte Haus bei einer Betätigung im Orient mit der Gruppe Hand in Hand vorgehen wird. Die vorbereitende Tätigkeit des neuen Konsortiums, die in die ersten Monate des laufenden Jahres zurückreicht, führte berests zur Anknüpfung mannigfacher Geschäftisverbindungen in der Türkei.

Brüssel, 30. Oktober. (W. T. B.) Augwelg des Noten⸗ departementgz der Soeists GSnsrale de Belgique vom 26. Oktober (in Klammern vom 19. Oktober): Aktiva. Metall⸗ bestand und deutsches Geld 44512199 (44 644 419) Fr.,, Gut⸗ haben im Auslande 307 817 774 (308 227 973) Fr, Darlehen gegen Guthaben im Auslande 76 443 za4 (76 033 145) Fr., Dar⸗ lehen gegen Schatzscheine der belgischen Provinzen (gemäß Artikel 6 Ziffer? der Vorschriften) 480 060 0090 (a80 O90 000 Fr.. Wechsel und Schecks auf belgische Plätze 40 297 083 (36 962 844 Fr., Dar- lehen gegen inländische Wertpapiere 3777 858 (3 780 658) Fr, sonstige Aktiven 10773 745 6 942 901) Fr., zusammen 963 622018 (959 681 940) Fr. Passiva. Betrag der umlaufenden Noten S28 431 498 (828 739 101) Fr, Giroguthaben 114 262 172 (110 067 933) Fr., sonstige Passiven 20 928 347 (20 874 906) Fr., jusammen ob 622 08 (959 681 940) Fr.

GBöorse in Berlin (Notierungen des Börsenvorstandeg) vom 31. Oktober vom 30 Oktober fũr Geld Brief Geld Brief M060 M 6 ess New York 1 Dollar 5,48 5,50 5, 48 5,50 Holland 100 Gulden 227 2271 2274 2271 Vänem art 100 Kronen 1551 166 155 1561 Schweden 100 Kronen 159 1593 159 3 Norwegen 100 Kronen 158 159 168 159 , 100 Franken 1063 1067 1063 1063 en⸗ Budapest 100 Kronen 68, 95 69, 05 68, 95 69.05 Bulgarien 100 Leva 79 80 79 80

Der heutige Wertpapiermarkt zeigte eine ruhige, aber nicht gan einheitliche Valtung. Besondere Anregungen waren dem Markte nicht geboten, auf den meisten Gebieten waren die Veränderungen sehr geringfügiger Alt. Etwag fester waren Gelsenkirchener und Laura hüttenaktien, letztere auf einen Bericht der Generalversammlung, nr f, dagegen Große Berliner Straßenbahnaktien. Der Schluß war .

Kursberichte von auswärtigen Fondsmärkten.

Lon don, 30. Oktober. (W. T. B.) 20/0 Engl. Konsolz 56k, 5 oso Argentinier von 188 —. 4009 Brasiltaner von 1889 59, 4 0/0 Japaner von 1899 708, 3 Portugiesen 50,00 Russen von 1906 —, 40½ Russen von 1909 —, Baltimore and Dhio —, Canadian Paeifie 182, Erie 413, National Railways of Mexiko —, e, . Southern Pacifie 1055, Unlon Pacifte 158,

nited States Steel Corporation 1259, Anaconda Covper 20, Rio Tinto 63, Chartered 111, De Beerg def. 1226 Goldfieldz 11, Raundmineg 31/13. Prlvatdiskont 5u nn, Silber 323.

Paris, 30. Oktober. (W. T. B.) 5 o/ Französische Anleihe go, 0g, 3 oM Franjösische Rente 6110, 4 o, Spantsche äußere Anleihe 97,35, 5H o/ g Russen von 1966 85, 00, 3 0 Russen von 1896 —, 40½ Türken unif. 61,90, Suez⸗Kanal 4440, Rio Tinto 1775.

Am ster dam, 30. Oktober. (W. T. B.) Tendenz: Amerikaner still, Oelwerte gedrückt. Wechsel auf Berlin 42,55, Wechsel auf Wien 28,19, Wechsel auf Schwein 46525. Wechsel auf Kopenhagen 66,25, Wechsel auf Stockholm 69,274, Wechsel auf New York 2435,75, Wechsel auf London 11,624, Wechsel auf Paris 41,85. 50/9 Niederländische Staatsanleihe 10214. Obl. 3 og Niederl. W. S. 761118, Königl. Niederl. Petroleum 5083, Holland · Amerika · Vinie 4373, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 2327, Atchison, Topeka u. Santa 107 Rock Island 13, Southern Pacifie 103, Southern Railway 281 16, Union Pacific 152, Ana—⸗ conda 197, United States Steel Gorp. 118506, Französisch ⸗Englische Anleihe 9535, Hamburg Amerika Line 733.

Rio de Janetro, 27. Oktober. (W. T. B.)) Wechsel auf London 1273.

Kurtberichte von auswärtigen Warenmärkten.

London, 29. Oktober. (B. T. B) Wollauktion. An der heutigen Auktion war nur eine mäßige Auswahl von Wollsorten zu bemerken. In der Hauptsache war es Croßbredwolle, die sebr gut berkauft wurde, besonderg beste Qualitäten. Von 6925 angebotenen Ballen wurden etwa 500 Ballen zurückgezogen.

An ste r dam, 30. Oktober. (B. E. B.) Santos - Kaffee für Oktober b8. .

Amsterdam, 30. Oltober. (W. T. B.) Rüb öl loko 741, für Nobember —. Leinöl loko 55, für Nohember 54, fur y, . 55g, für Nobember⸗Dezember 55, Fer Februar bz, per

rz 56.

Rio de Janeiro, 27. Oltober. (W. T. B) Kaffee. Zu⸗

fuhren: In Rio 000 Sack. In Santos 54 000 Sac.