1917 / 94 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Apr 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Joffre. Aus allen

Kriegs nachrichten.

Perlin, 19. Ayril, Abenda (B T. B)

Sldöstlich von Arras lebhaftes Jeuar.

Beiderseiftg van Srgenne slarker Artllleriekampf. Läugt des is ne Marn e⸗Kanalg französische Angriffe, deren stärkster auf dem Brimont bereils gescheitert ist.

In der Champagne glich unser Gegenstoß Gelände

J gewinn des Feindes nordwestlich von Aub érive aus.

General Nivelle erweist sich noch rücksichtsloser im schonungslosen , und Opfern von Menschenleben als erichten unserer Kampftruppen geht her⸗

vor, daß die Verluste der Franzosen an einzelnen Stellen der Woßen Schlacht alles bisher Dagewesene übertreffen. Unsere Führer und Truppen sind mit jedem Quadratmeter des Ge⸗

ländes völlig vertraut und nehmen den Gegner, der vielfach aus der Verbindung mit seiner Artillerie gekommen ist, unter möederisches Feuer. Besonders schwer waren die Verluste der

Russen, denen Frankreich die Ehre einräumte, an einem der

schwersten Abschnitte der ganzen Kampffront, am Brimont,

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ö. Lorberen zu holen. Auch der gestrige Kampftag hat den zranzosen keine größeren Erfolge eingebracht. Das Resultat bdieses Tages steht in schreiendem Mißverhältnis zu den ge⸗ brachten Spfern. Den Fehlschlag der groß angelegten franzö⸗ sischen Operation an der Aisne und in der westlichen Cham—

gagne sucht der französische Heeresbericht durch wortreiche Auf—

bauschung der errungenen Einzelerfolge zu verschleiern. An keiner einzigen Stelle vermag er einen bedeutungsvollen Fort— schritt der Franzosen zu melden. Selbst dem Laien wird ein Blick auf die Karte deutlich machen, daß es sich an keiner Stelle um mehr als rein örtliche Erfolge handelt, die die Fran⸗ zosen teils in schweren verlustreichen Kämpfen, teils . ein elastisches Ausbiegen der deutschen Truppen zu erringen ver— mochten. Die von den Franzosen gemeldelen Gefangenenzahlen müssen angezweifelt werden.

Nördlich der Aisne und nordwestlich Reims war das Artilleriefeuer äußerst heftig. Im übrigen fanden nur Teilkämpfe stait, heftige Angriffe nördlich Beaulne, östlich

Craonne und westlich Brimont wurden unter schweren Ver⸗ lusten für den Gegner abgeschlagen. Bei der freiwilligen Auf⸗

gabe des vor unserer Stellung liegenden Waldes von Ville⸗au— Bois überließen wir dem Gegner gesp rengte Geschütze.

Im Kampfgelände von Arras keine Infanterietätigkeit. Bei den fortdauernden Patrouillenkämpfen bei Lens erlitt der Gegner empfindliche Verluste. Nördlich und südlich der Scarpe steigerte sich das Artilleriefeuer teilweise erheblich. Bis zur Oise war das Artilleriefeuer schwächer. St. Quentin wurde von der feindlichen Artillerle abermals schwer beschossen, wobei das Rathaus und der Börsenturm besonders mitgenommen wurden. An verschiedenen Stellen wurden feindliche Patrouillen durch wirkangsoolles Feuer zurückgejagt. Bei St. Quentin wurden feindliche Gräben. die dicht vor unseren Stellungen lagen, von uns gesäubert. Der Gegner erlitt erhebliche raff Elf Gefangene und ein

Maschinengewehr wurden eingebracht.

In Mazedonien reger Artilleriekampf an der Cervena Stend. Eine stavallerieoffizierspatrouille fetzte in der Nacht 7 18 über den Ohrida-See, landete zwischen den feindlichen inien und zerstörte die dortigen Fernsprechabteilungen. Nach zweistündigem Aufenthalt und Handgranatenkampf kehrte die atrouille ohne Veriuste zurück.

Großes Hauptquartier, 20. April. (WB. T. B) Westlicher Kriegsschauplatz.

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

Auf dem Kampffeld von Arras nimmt täglich die ,, zu, bei St. Quentin schwankt sie in ihrer Stärke.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.

Die am 16. März begonnene Einnahme der von langer Hand autzgebauten Zone der Siegfriedst ellungen hat gestern nordöstlich von Soissons ihren Abschluß gefunden durch Aufgabe des Aisne⸗-Ufers zwischen Condé und Souptkr. Der Feind folgt zögernd.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne nimmt ihren Fortgang. Längs des Chemin⸗ des⸗-Dames⸗Rückens dauert der starke , , an. Bei Braye, Cerny und unter großem Masseneinsatz beider⸗ seits von Craonne mühten sich frisch herangeführte französische Regimenter vergeblich und verlu streich ab, den Höhen kamm zu gewinnen.

Den schon am 16. April ohne Ergebnis versuchten An⸗ griff zur Umfassung des Brimont⸗-Blocks von Nord— westen und Norden erneuerte der Franzose gestern nachmittag. Vor unseren Stellungen am Aisne⸗Marne-Kanal brachen die mal anlaufenden Sturmwellen neu eingesetzter französischer Divisionen blutend zusam men; auch die Russen wurden wieder vergeblich ins Feuer geschickt. Unsere dort fechtenden Divisionen sind Herren der Lage.

In der Champagne ist den ganzen Tag über im Wald⸗ ebiet zwischen der Straße Thuizy —Nauroy und dem von ung reiwillig geräumten Auberive heftig gekämpft worden. In einem vortrefflich geführten Gegenangriff drängten wir den vor- gestern vorwärts gekommenen Feind und seine zur Ausbeutung des Gewinns ins Gefecht geworfenen frischen Kräfte zurück und erreichten die beabsichtigten Stellungen. Der zweite französische Durchbruchsversuch in der Champagne ist dadurch vereitelt.

Bisher hat die französische Führung mehr als 30 Di— visionen auf heiden Schlachtfeldern eingesetzt. Sie wurden nach Beendigung der Sommekämpfe für den Durchbruchsangriff und die erhoffen Verfolgungmãärsche sorg⸗ fältig ausgebildet.

Die daran geknüpften Hoffnungen Frankreichs haben sich nicht erfüllt!

Heeresgruppe Herzog Albrecht. Keine Greignisse von Bedeutung.

Oest licher Kriegsschaup latz.

Das rusfische Artilleriefeuer hat sich auch gestern in mehreren Abschnitten auf bedeutender Höhe gehalten; Infanter ie⸗ Rtigkeit ist nicht gemeldet. .

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Mazedonische Front.

Auf der Crvena Stena sind französische Angriffe zum RückKgewinn der am 17. April verlorenen Stellungen nen deutschen und bulgarischen Truppen abgewiesea worden; auf einer Kuppe hat der Felnd wieder Fuß gefaßt.

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Türkischer Bericht.

Konstantinopel, 19. April. (W. T. B.)

bericht. An der Sinaifront wurde die Gefechtstätigkeit lebhafter.

Ein neuer englischer Angriff scheint sich vorzubereiten. Von den übrigen Fronten sind keine besonderen Ereignisse ge—⸗ meldet worden.

Heeres⸗

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Der Krieg zur See.

Berlin, 19. April. (WB. T. B.). Nach Meldungen in der Zeit vom 13. bis 18. April zurückgekehrter U⸗Booke sind im Kanal, im atlantischen Ozean und in der Nord— see neuerdings feindliche und neutrale Handels⸗ schiffe von insgesamt 93 000 B. R. -T. versenkt worden.

Nach bisherigen Ergänzungsmeldungen der U-Boote be— 66. sich unter den am 6. und 13. April bekannt gegebenen

Boots erfolgen folgende:

Der bewaffnete englische Dgmpfer „Benheater“ (4741 Br. ⸗Reg.⸗To.) mit Holt, der englische Dampfer Hin⸗ du stan“ (3692 Br.⸗Reg.⸗To.) mit Holz nach England, englischer Tantdamser n. Po whatan. (6117 Br.-Reg. To.) mit 65800 t Teeröl, Kapifän gefangen genommen, englischer Schuner „Silvia“ mit Tonerde nach Rogen, bie englischen Fischer« fahrieuge Lord Searborough', „Gibraltar“, „Lord Kirchener“, „Reeto'», „Maggie Roß“,

die französischen Segler „Perce Neige“ mit Koblen nach Brest, La Tour d' Auvergne mit Gruhenholt nach Eng— 13 St. Maudez und französischer Fischkatter „Ro—⸗ and,

russischer Dampfer Hesyerus“ (2231 t),

portugiesisches Vollschtff Argon (1563 Br. R.⸗T.), mit Holt, Baumwollsaat, Mebl und Milch nach Englend.

früherer deutscher Senler R. C. Rickmertz“ mst 7500 t Zacker, Kapitän gefangen genommen,

die norwegischen Dampfer „Dieto“ mit GErzladung, aus Geleitjug herausgeschessn, Gamtlla“ (2456 Br. R.. T.) Kongo baug“ (380 Br.-R.⸗T.), die norwegischen Senler Fiskaa? mit Oelkuchen, Snespurveh“ mit Traͤböl, Fremad 1. mit Oelkuchen, N ajade“, von Westen kommend,

dänischer Dampfer Gurre“ (1866 t),

schwedilcher Dampfer Eger“ (2632 t),

fernet 7 Dampfer und ein Dreimastschuner, deren Namen nicht sestgestellt werden konn ten, darunter ein Vampier, der auf dem Wege von Bordeaux nach dem Westen aus dem Geleitzug, hergut= geschossen wurde, ein Dampfer, wahrscheinlich franzz sischer Natienghitat und bewaffnet, mit Pettoltum und Holzladung und mit Kurs nach DOutssant, ein großer Tankyampfer, ein bewaffneter Dampfer von elwa 5000 t unter norwegischer Flagge, ein bewaffneter großer Dampfer vom Typ . Arabse“ oder ‚Grerte .

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Kopenhagen, 19. April. (W. T. B) Das dänische Ministerium des Aeußern teilt mit: Der dänische Konsul in Barcelona meldet, daß der dänische Dreimastschoner „Ant gar“ (8691 To.), mit Holzladung von Amerita nach Spanien, im Mittelmeer in Brand gesteckt worden sei. Die Besatzung ist in Barcelona gelandet.

Amsterdam, 19. April. (W. T. B.) Die „Needer⸗ landsch Telegraaf Agentschap“ meldet aus dem Haag daß der Fischdam pfer n n . aus Ymuiden gestern auf 53 Grad 46 Minuten nördlicher Breite und 4 Grad 47 Mi⸗ nuten östlicher Länge auf eine Mine gelaufen und in die Luft geflogen ist. Es wurde niemand gerettet.

Bern, 19. April. (W. T. B.) „Petit Journal“ zufolge st der griechische Dampfer „Themistokles“ mit 2560 Tonnen Kohle versenkt worden.

Madrid, 19. April. (Funlspruch vom Vertreter des Wiener K. K. Telegr.Korresp⸗Buredus) „Imparcial“ meldet: Südwestlich von Huelva wurde am 14. April der portugiesi— sche Dampfer „Tres de Mas“ oeuf der Fahrt von Lissabon nach Gibraltar von einem Unterseeboot versenkt. In Tanger wurden Schiffbrüchige des italienischen Dampfers „Giuseppe Decana“ (4000 Tonnen), der am 13 April nord⸗ westlich von Tanger von einem Unterseeboot versenkt worden war, gelandet. Die Mannschaft des genannten Dampfers war Augenzeuge, als dasselbe Unterseeboot einen englischen Truppen⸗ und Viehtransportdampfer von S000 Tonnen torpedierte, der in wenigen Minuten unterging.

Kopenhagen, 20. April. (W. T. B.) Das dänische Ministerium des Aeußeren teilt ein Telegramm der dänischen Gesandtschaft in London mit, nach dem der dänische Dampfer „Robert“ (1445 To.) auf der Reise nach Eng— land in der Nordsee versenkt worden ist. Von der Befatzung wurden 12 Mann, darunter ein Schwerverletzter, gerettet und in Kirkwall gelandet. Sieben Mann sind umgekommen. Nach einem weiteren Telegramm der Londoner Gesandtschaft ist auch der dänische Dampfer „Bretagne“ (110 To.) auf der Reise von England nach Kopenhagen mit einer Kohlen⸗ ladung in der Nordsee versenkt worden. Die Besatzung wurde gerettet. Acht Mann wurden in Peterhead, der Rest der Besatzung, darunter der Kapitän, in Aberdeen gelandet.

Kunst und Wißssenschaft.

Seine , n. der König von Bayern ist dem Deutschen Austande mu seum in Stuttgart als Ghrenftrderer mlt einem Beitrag von 10 000 S beigetreten.

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In der Gesamtsitzung der Königlichen Akabemie der Wissenschaften, die am 29. März unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn von Waldeyer-⸗Hartz stattfend, sproch Herr de Groot über die älteste Geschichie det Hunn ischen Reichs. Er ent— wickelte einige Hauptpunkte derselben und besprach die ersse große Aut dehnung det Hunnischen Reichs nach Westen im 2. Jah chundert v. Gör., wodurch die Kralsen und Uiguren mit einem Teil Sibiriens ünterwersen wurden. In den Utzten Jahrzehnten der vorchtinlichen Heit erfolgte eine jwelte westliche Ausdehnung, wodurch das Hunnssche webtet biß an dle Sreaßen Furora; und bis zun Kasptschen Heere reichte. Heir Gduarr Meyer legte einen Aufsaz deg Pro-

fessors Dr. Bruno Meißner in Breslau vor: Der Staat.

2 Ramses 1. von Aegvręten und Hattusilg von atti in atkadischer Fassun g. Der durch eine äappissche chrift seit langem befannte Vertrag der keiden Könige hat sich lebt auf eimer mehrfach lücken basten Tentafel aus Boghazlöt auch in . licher Fa . gefunden. Der agypttiche Text ermöglicht, den kei 93. lichen, babylonisch. alkadischen, durchweg ju ergänzen. Bede Teyse flimmen fast berall wörtlich überein; eg ist der erste Fall, daß un jet derselbe Text sowohl in hieroglyphischem wie ig leilschristlichen Gewande vorliegt. Herr Edugrd Meyer überreichte im Auf. trag der Deutschen Orient, Gesellschaft Heft 1—3 von deren 28. Missenschaft lichen Veröffentlichung: Keilichriftt xte aus Afu religiösen Inhalts von G. Ebeling (Leipiig 1915 17); ferner sen eignes Wert: Der Amerikanische Kongreß und der Weltkieg Berlin 1917).

Die physikalisch'mathematische Klasse hat dem Professor Dr., Kul Ruge in Berlin zur Herausgabe eines Atlag zur Anatoꝛnse pathologischen Anatomse und mikroskopischen Diagnostik der weib lichen Ginitalorgane 3500 KM und dem Prrfessor Dr. Paul Schiefferdecker in Bonn zur Fortsetzung seiner Untersuch ingen über daß , . von Muskeln und Haut bei Menschen und Tieren 1000 S6 bewilligt.

Das . Mitglied der philosoyhisch⸗ historischen , Franz Brentano ist am 17. Mär in Zrich derstorben.

In der am 12. April abgehaltenenen Sitzung der pbysttalisch, mathematischen Klasfe, die unter dem Vorsitz ihres Sekretarz Herrn von Waldeyer-Hartz stattfand, las Herr Frobeniug über jerlegbare Determinanten. Eine Determinante, deren Elemente unabhängige Variable oder Null sind, kann nur dann in Fakioren zerfallen, wenn alle Elemente verschwinden, die p Zeilen mit n- p Spalten gemeinsam haben.

An dem gleichen Tage hielt auch die philosophisch, historische Klafse unter dem Voisitz ihres Sekretars Herrn Roethe eine Sitzung. Herr Erman las über die 16mischen Obeltgken des Vomitian und des Antinous. Der Obeltgt auf der Piazza Navona stammt von dem Isie temyel, den Domltian erbaute. Seine Inschriften, die im 17. Jahrhundert durch Restaurierungen entfiel sind, enthalten nichts als eine Verberrlichung des Kaisertz in den ber kömmlichen Phiasen der ägvptijchen Literat r. Dagegen ist der Ohellsk des Monte Pincio von btsondertm Interesse. Er sitammt voa dem Grabmal, das Hadrian dem Antinous vor Porta Maggiore in dem „Grenzfelde Rems“ errichtete, und ist das einzige Dokument, das uns zeigt, wie die ä, vptischen Priester den neuen Gott auffaßten, den ihnen der Kaiser gegeten hatte. Er ist das Kind eincgz Goitez gewesen; als er starb, baben ibn die Götter in ihre Reibe auf. genommen, und weil sie Freude an ihm hatten, ließen sie selne Worte auf Erden dauern vielleicht eine Hingeutung auf Orakel, die er trrtei te. Nicht altägvptischen, Jondern griechischen Anschauungen ent. spricht ez, daß Antinous bedürftigen Kranten durch Träume Heilung gewährt und daß zu seiner Ehre Festspiele in der neuen Start An⸗ ninoupolig gefeicrt werden.

Literatur.

Kurze Anzeigen neu erschienener . deren Besprechung vorbehalten bleibt. Finsendungen sinb nur an die Redaktien, Wilhelm. straße 82, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

Die Ehe im Rückfall und andere ÄAnzüglichkeiten von Alepxander Moszkowskt. Berlin 8W. 68, Martgrafenstr. 77. Dr. Eyzler u. Co.

Hauptmann Bölchkes Feldbertchte. Erweiterte Neuaguk—

U. a. ein Handschriftendruck: Bericht über den ersten Besuch beim Kaiser. Gotha, Friedrich Andreas Perthet. Ueberm Feind. Von Hauptmann Otto Lehmann. 2 c. Berlin SW. 68. Gckart⸗Verlag A.. G.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrnugs⸗ maßzregeln. Dem Kaiserlichen Gesundhesteamt ist Las Erl6schen der Maul. und 2 vom Viehhof i Magdeburg am 19. Aprll 1917 gemeldet worden.

gake.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Cöoͤnigliche Schauspiele. Sonnab.: Opernhaus. 104. Abonne⸗ mentsvorstellung. Die Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Hänsel und Gretel. Märchen spiel in drei Bildern ven Engelbert Humperdinck. Tert von Adelheid Wette. Musikalische Äitung: Herr Kapellmelster Dr. Besl. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Hierauf: Die Puppenfee. Pantomimisches Ballett divertissement von Haßreiter und Gaul. Musik von Joseph Bayer. Munttalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Szenische Leitung: Herr Ballettmeister Graeb. Anfang 7 Uhr.

Schaufr ielhaus. 106. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freipläße sind aufgehoben. WilslILdenbruch-3yklus vaterlaͤndischer Werke. 5. Abend: Nen einstudiert: Der neue Herr. Schauspinl in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenb uch. In Szene gesetzt bon Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhautz. 105. Abonnementehorstellung. Diens⸗⸗ und Freiplätze sind aufgeboben. Lohengrin. Romantische Oper in drei Atten von Richard Wagner. Anfang 69 Uhr.

Schauspiel haus. Nachmittags: 1495. Kartenreserwesatz. Auf Allerhöchsten Befehl:; Vorstellung sür die Kaegs Arbe iterschast Die Märchentante. Anfang 23 Uhr. (Ueber sämtliche Plätze ist bereits verfügt. Abends: 107. Abonnementsvorstellung. Dienst. und Frebplätze sind aufgehoben. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wilder bruch. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Katharina Alexandra von Borstell mit Hrn. Gentraloberst, Generaladjutanten, Gouverneur von Berlin und Oberbefehlshaber in den Marken Gustav von Kessel (Groß Schwarzlosen Berlin).

Gesterben:; Hr. Gymnasialprofessor Dr. Ludwig Schumacher (Berlin). Hr. Hauptmann Albrecht Wolff (Charlottenburg). = Er. Em lie von Rabenau, geb. von Veltheim (Dretden). Fr. Marie Wilms, geb. Klaaisch (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedition, Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Expedition (Mengering) in Genn.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Sechs Beilagen (einschltenjlich Warenzelchenbellage Nr. 31) sowie die 14390. Ausgabe der Deuischen Ver lustlisten.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preusischen Staatsanzeiger.

M* 94.

E

Aichtamtliches. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern gegen abend in Laxenburg n Anwesenheit des Ministerpräsidenten Grafen Clam-Martinie bie Reichsratsabgeordneten Damm, Fink, Dr. Groß, den Landmarschall Aloys Prinzen Lichtenstein, die Reichs— ratsabgeordneten Pacher und Steinwender, den Bürger— meister von Wien Dr. Weiskirchner und den Reichsrats— abgeordneten Wolf in besonderer Audienz. Dr. Weis⸗ kirchner richtete an den Kaiser eine Ansprache, in der er für die den Vertretern des deutschen Volkes gewährte Audienz ehrfurchtsvoll dankte, da ihnen hierdurch die ersehnte Gelegen heit geboten worden sei, der unbedingten Treue und der opfer— willigen Hingebung des deutschen Volkes neuerlich Ausdruck zu verleihen.

„Wtr haben uns,“ fuhr der Bürgermeister laut Meldung des W. T. B.“ fort, in dieser schweren Kriegszeit, in der sich eine un— dergleichliche Krastentfaltung aller Völker der Monaschie, ingbefondere des deutschen Volkes erwiesen hat, der Hoffnung hingegeben, daß aus ihr jene Grundlagen erwachsen werden, auf denen nach unserer eberzeugung ein neues mächtiges Oesterrelch aufgebaut werden kann. Wir sind selt jeher mit allen Kräften bemüht, an bieser Neuordnung der Dinge mitzuarbeiten, und werden alles aufbieten, um dem schleunigst einzuberufenden Parlament die Arbeitsfähigkert und Arbeite lichkeit zu sichern. Wir können aber unsere tiefe Beforgntz nicht unter rücken, daß unabweigbare Staate notawendigkeiten, die daz Lebens- interefse ganz Desterreichs betreffen, infolge zwingender Ver— hälmmisse dermalen in den Hintergtund getreten sind. Wir wenden uns daher vertrauensvoll an Eure Majestät mit der Bitte, der Erfüllung dieser Staatsnotwendigfeiten landes bäter— lich zu gedenken und uns. duich huldvolle Ente egennahme dleser Bitte die Möglichkeit zu gewähren, auch unsererseits in der Bevölke- rung auftauchende Besorgnisse zerst'euen zu können. Pie Völker ODesterreichs hoffen, daß die schweren Opfer dieses ung aufaedrängten unerhörten Ringeng um Ehre und Bestand unsers Vaterlandes durch elnen ehrenvollen Frieden belohnt werden, den wir dantbarst aus der Hand Eurer Majestät mit dem Versprechen empfangen wollen, daß das deutsche Vork an der Friedensarbeit treu und unentwegt min arbeiten wird zum Ruhme und zur Größe Oesterreichs.“

Der Kaiser erwiderte:

Indem ich Ihnen, meine geehrten Herren, für die Kundgebung ovaler Gesüble, in denen ich mit Freuden cinen neuen Beweis für die treue Gesinnung des deutschen Volkes in Oeserreich und seine Anhänglichkeit an das Herischerbaus erhlicke, herzlichst danke, versichere ich Sie, daß ich den Ernst und den Eifer Ihrer politischen Bestr'bungen dem vollen Werte noch anerkenne, Des brisptelgeben⸗ den Opfermutes, den die Deutschen in Oesterreich bewtesen, ihres auf den Schlachifeldern erprobten Helden mute, der Stagats— freue, die sie unerschatterlich bewahrt, der Standhaftigkeit, mit der se sich im Grtragen der Entbehrungen des Kriege Ler orgetan haben, gedenk⸗ ich dankbar. Sie werden meinem Gedächtnis nicht entichwinden, mein Vertrauen ist den Deutschen ODesterreichs sicher. Es ist meine Absicht, den Reichsrat in naßer Zeit einzuberufen. Dem Wiederbeginn des parlamentarischen Leßeng nach jahrelangem Stillstand kommt in diesem Augenblicke außer o, dent— liche Bedeutung zu. Ich gewärtige von der Einsicht auer Par teten, daß sie in achtunggebietender Entschloffenheit für die hächsten Staals niere ssen und Slaatsnotwendtakelten eintreten werden. Ich zähle dabei auf die Deutschen in Oesterreich, denen als sicheren Stützen der Staate elnhelt hei der Ordnung der Verhältnisse, die schon während des Krieges angebahnt wurde und nach seiner Beendigung mit Konsequenz durchgefübrt werden muß, eine große Aufgabe zu⸗ lommt, deren Erjüllung ich von ihnen zuversichtlich erwarte, Meine Regierung wird an den Zielen, die ibr gesetzt sind, un verrückt fest⸗ balten. Ich rechne zuversichtlich darauf, daß im Parlamente die Ueberzeugung von der Notwendigkeit eines einträchtigen Zusammen⸗ nirkeng der Vertreter aller Völker Oesterreichs die Verhandlungen beherrschen wird und dadurch die Bedingungen für ein? glückliche Zu⸗ kunft Oesterreichs geschaffen werden. Daß Sie, meine Herren, in diesem Sinne Ihre Kräfte in den Dienst der gemeinsamen Sache stellen, dessen bin ich sicher.“

Nach längerem Cerele verabschiedete der ordnung huldvollst.

Die Mittelpartei des österreichischen Herren⸗ hauses veröffentlicht ihr neues Programm, das auf Grund der vom Kaiser dem Obmann Fürsten Schönburg erteilten Er— mächtigung zur allergnädigsten Kenntnisnahme unter— breitet und auch dem Ministerpräsidenten überreicht wurde. Das Programm tritt, obiger Quelle zufolge, für eine sorgfältige planmäßige Pflege des österreichischen Siaats— gedankens und für eine Festigung der Zentralgewalt ein. Den Volksstämmen, die Oesterreich bewohnen, sei auf der Grund⸗ lage der Gleichberechtigung die Entfaltung ihres nationalen Wesens zu gewähren, soweit dies mit der Einheit des Staats vereinbar sei. Weiter wird in dem Programm die Festlegung der deutschen Sprache als Staatssprache verlangt, worin jedoch keinerlei Beeinträchtigung anderer Sprachen, vielmehr ein Element der Versländigung und des Friedens liege. Unter Punkt „Krieg— und Heerwesen“ wird erklärt, die kräftige Führung des Weli⸗ krieges bis zum endgültigen Siege der Zentralmächte sei als der Kampf Oesterreich Ungarns um seine Existeaz die Aufgabe und das Ziel jedes Patrioten. Hierzu sei die Heranziehung der ge⸗ somten Kräfte der Monarchie bie an die äußerste Grenze der Leistungn sähigkeit geboten. Auch nach Beendigung des Welt⸗ krieges habe die Wehrmacht in ihrer Gesamtheit in der Hand des Kaisers und Königs zu bleiben. In bezug auf die aus— wärtige Politik sieht die Partei in der Aufrechterhaltung des BHündnisses mit dem Deutschen Reiche die unabänderliche Richt— linie der auswärtigen Politik und jede im wohlversltandenen Interesse der Monarchie liegende Ergänzung des Bündnisses jur Annäherung auf wirtschaftlichem Gebiete unter der selbstverständlichen Wahrung des souveränen Verfügungs⸗ rechtes wird mit Freuden begrüßt.

Die albanische Huldigung sabordnung erschien vorgestern nach der Audienz beim Faiserpaar unter Führung des Höchstkomrnandierenden in Albanien, Generals ber In fanterse Trollmann, beim Minister des Aeußern Grafen Czernin, der die Abordnung mit einer warmen Ansprache be⸗ m, Nachmittags wurde die Abordnung im Augartenpalais vom Erzherzog Max in besonderer Audienz empfangen.

onarch die Ab⸗

Berlin, Freitag, den 20. April

Großbritannien und Irland.

Zur Begründung der bereits mitgeteilten Entschließun g, die das Vorgehen der Vereinigten Staaten“ von Amerika begrüßt, führte der Finanzminister Bongar Law im Unterhause laut Bericht des u. T. B. * unter anderem aus:

Wir hegrüßen den Anschluß des neuen Verbündeten auch wegen der moralis wen Rechifertigung, die er ung für unser eigenes Vorgehen gibt. Amerika ist wie das hbritische Reich in den Krieg berwick l nicht aus eigenem Wunsch, nicht wegen eigener Fehler, sondern well es nicht anders handeln konnte. Die ößte aller Fragen, die in diesem Kriege entschieden werden wird, isf die, ob freiheitliche Ein⸗ richtungen, auf denen der Fortschriti der Ziviltsatson un, die Worl— fahrt der Menschheit beruhen, gegen die zentralisierte Macht em es mtltfärtschen Despotismutz standhallen konnen oder nicht. In diesem Zusammenbange ist der Gintittt der großen Rae publit in den Krieg ein passendes Gegenstück ju der Revolution, die das russische Volk, dessen Mut ud Ausdauer wir so sehr he⸗ wundert haben und dessen Leiden so schrecklich gewesen sind, in den Kreig der befreiten Nationen innerhalb der Menschheit ge⸗ führt hat. Ich habe neulich einen charatteristischen Auszug aus einer deutschen Zeitung gelesen, in dem es hieß, Amerika trete um nichts in den Krieg ein. Vom deutschen Standpunkte aus ist das wahr. Amerkka ist wie das britische Reich nicht von Eroberungt lust ader Ländergier, voa keinerlet selbstsachtigen Zielen besee lt. Die Ideale, denen Präsident Wilson in jener Rede einen so edlen Aus— druck verliehen hat, sind auch unsere Ziele, unsere Ideale, und wie wir früber, so ist jetzt das amertkanische Volk zu der Einsicht gelangt, daß es keinen anderen Weg gibt, diese Ziele sicher zu stellen, als in⸗ dem man für sie kämpft.

„Hierauf ergriff As quith das Wort und führte zur Unter— stützung der Euntschließung aus:

Ich bin im Zwetsel, ob die Neue Welt selbst sich die volle Be— deutung des Schrütes, den Amerika geian hat, dergegenwärtigt. Es ii keine Schmeschelei und keine lÜiebertr idung, wenn ich sage, es handelt sich um eine der selbstlosesten Handlungen in der Geschichte. Seit mehr als 100 Jahren ist es ein Hauptgrundsatz der amerikanischen Politik gewesen, sich von europäischꝛn Ve? wicklungen frei zu halten. Ein Krieg in solchem Maßstabe, wie dieser, muß den internationalen Handel und Geldvertehr stören, aber allez in allem (laube ich, daß er den materlellen Glücke— gütern und der Woplfahrt des amerikanischen Volk.g wenig Abbruch getan hat, und daß keme amerikanischen Interesfen in der Detmat oder Ueber see und am allerwenigsten die Wah ung der heimischen Un⸗ abhängigkeit und Freiheit durch die Ansprüch- und Ziele der Mittel⸗ machte unmittelbar bedroht worden sind. Wag ist es denn, was Wilson in den Stand gesetzt hat, nachd⸗m er mit einer Geduld gewartet hat, die einst Prit als die eiste Tugend des Sig atsmannes bereich net hat, eine gereinigte Natto mit sich in die Wechs Läle des größten Keieges in der Geschichte zu stehen? Es ist nicht Aussicht auf matert llen Ge— winn, nicht Hoffaung auf terrirortale Vergrößerung, nicht einmal eine jener sogenannlen Ghrenfragen, die in ve gangenen Tagen Nationen wle Einzelpersonen zum Zwelkampf getrt⸗ ben haben. Es ist nichts Derartiges. Es it die zwingende Gewalt des Zewissens, der Menschheit, deßsen Kraft und z*Ytu gende Macht Monat für onat mit der allmäblichen Enthüllung zes wahren Charakters der deuischen tele und der deutschen Meiboden vor den Augen der Welt wächst. Die ganz Zukunft der Zwilhation und inghesondete der Demokratie sind im Gefahr. In solcher Lage sich fernzuhalten, ist nicht nur Torheit, fondern ein WMr— brechen. Wer absrits sieht mit verstopften Ohren, mit ve schränkten Armen und mit abgewenderem Klick, wenn er die Mackt bat, e nzu⸗ greifen, ift nicht ein bleßer Zuschauer, so dern macht sich zum Mii⸗ schuldigen. Ermuntert und gestärkt durch die Kameradschaft Ameritat erneuern wir hier den Eid der Treue und Hingebung.

Sodann sprachen im Namen der irischen Nationalisten Dillon und im Namen der Arbeiterpartei Wardle.

Ersterer schloß sich der Begrüßung der Vereinigten Staaten an und erklärte, es sei schwer, die volle Bedeutung des Eintritis Amen itas in diesen Kampf zu umschteiben, er sei nicht wie der Anschluß anderer Alltierter, sondern sei von mächtiger Bedeutsamkelt für bie ganze zloilisierte Welt. Wenn das Banner der Vereinigten Staaten ent— faltet werde, so würde jeder Mann mit irischem Blute in Amerika Wilson loyal unterstützen (2), und er wage es, vo auszusagen, daß, wenn ium Kampfe gerufen werde, die Iren jur Stelle sein den. Sie würden im Verhältnis zu ihrer B-dölkeruns ziffer nnter den Soldasen der Republik diejenigen anderer Rassen an Zahl überttreffes. Der Aba. Wardle sagte, der Eintritt Amerikas in den Krieg habe dte Tatsache unterstrichen, daß die Tage der Isolierung votüber seien, daß eine gegenseitige Abhä gigkeit der Nationen in den Inteiessen der Menichlichkeit bestehe. Wenn das Er— gebnis des Eintritts Amerikas in den Krieg die Auf— richtung eines großen Bundes der Nationen mit dem be sondern Auftrage, den Weltfrieden zu erhalten, sein sollt', fo wäre kein Opfer, das gebracht worden sei oder noch gebracht würde, zu groß. Es sei Unteischrlft und Siegel unter die Tat ache, daß die große amerikamische Nation die wirkliche Gefahr erkannt babe. Manche möchten geglaubt haben, Amerika sel langsam in seinen E't— schlussen gewesen, aber sie seten sich alle dessen bew Ft, daß Amerika während des ganzen Krieges mit seinem Herzen und seiner Seele an der Sette der Rerbündeien gewesen sti.

Die Entschließung wurde darauf zur Abstimmung gebracht und unter Beifall angenommen.

Dem „Manchester Guardian“ wird gemeldet, daß der Plan zur Regelung der irischen Frage, den die Regierung nächste Woche dem Unterhause vorlegen werde, die sofortige Einführung von Homerule mit freier Wahl für einige Geaf— schaften vorsieht. Die irischen Parteien haben an der Aus⸗ arbeilung des Regierungsentwurfs nicht teilgenommen.

Einer „Timesmeldung“ vom 14. April zufolge erklärte kürzlich auf einer Versammlung zur Besprechung von Er— nährungs⸗ und landwittschastlichen Fragen Sir Ailwyn Fellowes, Direklor der mit dem englischen Ackerbau— ministerium in Verbindung stehenden Lebensmittelorganisation, der Premierminister habe bereits vor Wochen geäußert, die Lebensmittelvorräte Englands seien noch niemals so gering gewesen als im derzeitigen Augenblick. Der Redner fügte hinzu, er fürchte daß diese Verringerung inzwischen infolge der für England überaus ernsten U⸗Boot— gefahr noch sehr erheblich zugenommen habe.

Rußland.

Anläßlich der Unterredung des Ministers des Aeußern Mil jukow mit Vertretern der Presse, die am 5 April in den Petersburger Zeitungen erschien und auch nach dem Auslande telegraphiert wurde (Nr. S des Reichs⸗ und Staatsanzeigers), beauftragte der Justizminister Kerenski nach verspätet in Kopen—

1912.

hagen eingetroffenen russischen Zeitungen das Pressebureau des Justizministeriums, zu erklären, daß Miljukows Aeußerungen über die Aufgahen der auswärtigen Politik Rußlands in diesem Kriege nur seine Privaimeinung und keinesfalls die Anschauung der prodi⸗ sorischen Regierung wiederspiegeln. Sein (Kerenskie) eigener Stand⸗ punkt in den Fragen des Krieges, heißt es in der Eiklärung, entspreche dem Standpunkte jener politischen Kreise, zu denen er seit vielen Jahren gehöre. Sein Standpunkt beruhe auf der Notwendigkeit, das Land vor Eroberungen und Invafionen des Feindes zu schützen, und verneine entschieden jede Er— oberung von Gebieten fremder Völker sowie Attentate auf die Unabhängigkeit der Völker der Zentralmächte.

Der Ministerpräsident Fürst Lwow und andere Mit— glieder der Regierung empfingen vorgestern die in St Peters⸗ burg eingetroffenen Vertreter der französischen und der englischen sozialistischen Parteien.

Der englische Arbeitervertreter Sanders begrüßte die provisorische Regierung im Namen der englischen Arbeiter und der gesamten demokratischen Bevölkerung Englands und betonte laut Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“, daß diese sich freuten, sich mit der russischen Demokratie zu vereinigen, und daß der Sieg der Demokratie und der Republik in Rußland künftig jede Möglichkeit eines Krieges beseitigen würde. Der französische sozialistische Ver⸗ treter Moutet sagte unter anderem, die französischen Demo⸗ kraten gäben sich davon Rechenschaft, daß das französisch⸗ russische Bündnis für das europäische Gleichgewicht notwendig wäre. Immerhin tönnte dieses Bündnis schwerlich ein herz⸗ liches sein, solange Rußland dem Despotitzmus unterworfen wäre. Das freie und demokratische Frankreich werde, ver— bündet mit dem freien demoktatischen Rußland tatkräftig bis zum Ende, bis zum Siege über den Militarismus für die Freiheit aller Völker und für die Abschaffung des Krieges auf Erden kämpfen. Im Namen der propisorischen Regierung er⸗ klärte der Minister des Aeußern Miljukow:

Wir verstehen, daß Sie im Augenblick Fer Revolutton und der Niederwerfung des alten Regim-s befürchten konnten, daß wir, Ihre Verbündeten, die Krast zum Widerstande verlzren. Auch sind wir besonders Ihre Ankunft und Ibre Erklärung dar kear, daß die Epoche der Unruhe, die Rußland durchmacht, Ihnen kemerlet Furcht ein flößt. Bei Ibrer Rückkehr in Ihr Vaterland können Sie mittetlen, daß das freie Rußland dank der Den okrattsi jung aller seiner Gin? richtungen deppelt so stark geworden ist, und daß es alle Schicksale⸗ schlägen des Krieges wigersteht und trotz der Repolut on das gleiche vom Kriege auferlegte Hauptzsel verfolgt. Wu kön, en sasen, daß die propisorische Regierung mit dem (iößten Nochbruck die Vernich⸗ u g des deuischen Meilttarim s ersireben wird, da unse⸗ Ideal darin besteht, für di. Z kunft jede Möglichkeit eines Krieges zu besemtigen. Gegenwärtig besieht unser Problem dartn, die Fu ch die R voluflon erichütte te Krast der Verteidigung ju org misteren. Wir we den zem Feinde mit verdoppelten Kräften, überzeugt vom bevorstehenden Siege, begegnen. .

Nach Miljiukow ergriff der Justizminister Kerens ki das Wort und sagte:

Ich begrüße Sie im Namen der Demokratie und der russischen Sozialisten. Ich sehe allein im Kabinett, und meine Ansickt ummt nicht immer mit derjenigen der Mehrheit überein. Bisher haben im Namen des russichen Volkes die Vertreter der führenden Klassen gesprochen. Sie jollen wiss n, daß die russt iche D mokranie geg nwärtig bie Derrtn des russischen Bodens ist. Wir haben beichlossen, für immer in unserem Lande allen impecialistichen und usurpierenben Ver such n ein Ende ju setzen, denn wir wollen niemandes Knechtung und dienen dem Gedanken der Freihett, Gleichh it und Brüderlichkeit aller Völker. Die Begeisterung, die die rufsische Demokratie beser lt, rührt bon dem Bewußtsein her, daß der Traum einer Verbrüderung der Völker der ganzen Welt der Verwirklichung nabe ist. Vie Demoktatten der Welt werden verst hen, daß wuchen Vörkern seine Feindseligkeit mehr besteben kann. De russischen Bemo— kraten werden big zum Schluß die Sällungnahme beibehalten, wie sie in der Eiklärung der proviso ischen Rrrterung und des Arbeiter- und Soldatenrates zum Ausdruck kam. Wir werden ine Rückkehr des alten usurpatornchen Kriegsziels nicht gest tte. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie auf die anderen Klasse der Be— völterung Ihrer Länder den gle chen entscherden den Ginfluß aus üden werden wie wir auf unsere bürgerlichen Klassen, die gegenwärtig auf die imperialistischen Bestrebungen Verzicht geleistet baben.

Die provisorische Regierung hat anläßlich der Er⸗ öffnung der Zeichnung auf die sogenannte Freiheits⸗ anleihe einen Aufruf an die Bevölkerung gerichtet, in dem es obiger Quelle zufolge heißt:

Der machtige Feind ift ef in unser Land eingetd'ungen und droht uns niederuwerfen und uns wieder der alten, heute ver⸗ schwundenen Regierungsform zuzutreiben. Nur die Anspannung aller unserer Kräste kann ung den heiß ersebnten Sieg v rleiben' Nur die Aufwendung zablreicher Milliarden kann daz Land reien und die Organisation eines freien Rußlands auf den Grun? lagen der Gleichheit und des Rechts vollenden belren. Es ist kein Dyer, das das Vaierland verlangt, sondern die Erfüllung ener Pflicht. Wir bringen unser Geld dem Staat und legen die neue Anleide auf, um so unsere Freiheit und unsern Besitz zu retien.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Stockbolm ge—⸗ meldet, daß aus Haparanda privatim der Ausbruch neuer schwerer Unruhen in St. Petersburg gegen die p o⸗ visorische Regierung gemeldet wurde, die schwerer als die Märzunruhen seien. Wie ferner das „Spenska Dagbladet“ aus Haparanda erfährt, sollen sich auch in der Umgebung von Kiew ernste Unruhen abgespielt haben Bewaffnete Banden entwaffneten angeblich die Miliz und rissen die Macht an sich. Militär, das von Kiew ausgesandt worden sei hätte den Banden eine richtige Schlacht liefern müssen. In dem Markiflecken Brusileff habe ein Judenprogrom stattgefunden, weithin herische völlige Anarchie, auch von Odessa gingen ähn⸗ liche Nachrichten ein. Dort seien Donnerstag wölf G und⸗ besitzer aus Beßarabien verhaftet worden, weil sie für die alte Regierung agitiert hätten.

Türkei.

Vorgestern vormittag sind der bulgarische Oberbefehlshaber Schetow, der Prinz Kyrill und der General Radko Petraw mit Gefolge und dem ihnen zugewiesenen Ehrendienst vom Sultan in feierlicher Audienz empfangen worden, der auch der Großwesir, der Kriegsminister und der Minister des Aeußern beiwohnten. Prinz Knrill hielt an den Sultan eine Ansprache, in der er der Bewunderung für die