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haben sa im Ausschuß dargelegt, daß es uns ganz fern liegt, den Be
amten etwas vorzuenthalten, worauf sie Anspruch haben. Aber eine Regelung nach Prozentsätzen paßt nicht für alle Verhältnisse. Die
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Verren, die das angeregt haben, dürfen auch nicht vergessen, daß in⸗ folge der Beschränkung des Dienstes und der Einziehung des Per— onals die Verhältnisse in pielen Fällen sehr viel einfacher geworden sind, so daß eine Erhöhung der Ausgaben wahrscheinlich gar nicht eintreten wird. Die Beamten sind vollständig in der Lage, nach— zuweisen, daß sie mehr Ausgaben gehabt haben; die Oberpostdirektionen werden nicht in jedem Fall einen höheren Beamten hinschicken, um
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das zu prüfen; dabon können Sie überzeugt sein.
Der Herr Abgeordnete ist dann mit Wohlwollen für die Blinden eingetreten. Ja, meine Herren, wir haben ja vor einigen Jahren billige
Sätze für die Bli
lchaffen Bas jst SMF. ; 5 . schaffen. Das ist geschehen, und das genügt auch, wie ich glaube.
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Vor allen Dingen möchte ich davor warnen, daß wir wieder in No 1 To * f *. ö w sor * den alten Fehler verfallen, den wir mit vieler Mühe beseitigt haben,
daß wieder Portofreiheit für alle möglichen milden Anstalten usw.
— 5 Qo ‚. 3 ö . ᷓ geschaffen wird. Jetzt kommen die Blinden, dann kommen die Lahmen, dann kommen wieder andere und jagen, wir müssen auch berücksichtigt
werden. Wir kämen wieder in die alten Verhältnisse, daß wir uns vor Portofreiheiten nicht retten könnten. Seien Sie überzeugt: was geschehen kann, geschieht schon. Aber über das, was Sie seibst vor zwei oder drei Jahren für richtig anerkannt haben, hinauszugehen, ist augenblicklich nicht möglich.
Die zweite Rede lautet: ̃ Meine Herren! Ich muß mein Bedauern aussprechen, daß der Verr Vorredner trotz aller Bitten, die an ihn gerichtet werden, wenn er Klagen gegen Beamte hat, sie doch porher anzukündigen, damit man untersuchen kann, was daran ist, das doch nicht getan hat. (Sehr richtig! rechts) Er bringt hier die Sachen vor, ich bin aber gar nicht in der Lage, darüber A iskunft zu geben, wie die Dinge liegen, und ob etwas Wahres daran ist. Ich darf daran erinnern, daß der Perr Vorredner nicht zurückhält und vielfach auch schon Nichtpost⸗ beamte angeklagt hat, daß früher auch die Aerzte schon gegen ihn vor⸗ gegangen sind. Solange die Dinge nicht feststehen, muß ich bezweifeln, daß sie so liegen, wie er sie hier drastisch geschildert hat (Sehr richtig! rechts), und ich muß die Beamten gegen ihn in Schutz nehmen. . Wenn der Herr Vorredner es so dargestellt hat, als ob bei der Postverwaltung anders vorgegangen würde, als bei anderen Verwal— tungen, so weise ich das ganz entschieden zurück. Die Teuerungszu⸗ lagen werden nach bestimmten Grundsätzen von allen Verwaltungen gezahlt, und dabei ist der Grundsatz der, daß verheiratete Frauen den ledigen gleichgeachtet werden. Nun sind von einzelnen Postanstalten doch höhere Sätze gezahlt worden, und da muß man natürlich sehen, die Gelder wieder einzuziehen. Wo sich aber annehmen ließ, daß die Frauen nicht in der Lage waren, das Geld zurückzuzahlen, ist man so weit gegangen, diese Summe niederzuschlagen. Natürlich hat man nicht weitergezahlt; das ist unmöglich. Also es liegt nicht so, daß die Postverwaltung die Aushelfer schlechter behandelt, sondern es handelt sich um allgemeine Grundsätze, die bei allen Verwaltungen in Preußen und im Reiche Gültigkeit haben. Die Postverwaltung hat da, wo die Gelder gezahlt worden sind und die Betreffenden nicht in der Lage waren, sie zurückzuzahlen, auf die Verhältnisse Rücksicht ge⸗ nommen und von der Einziehung der Summen abgesehen.
Die dritte Rede hat folgenden Wortlaut:
Dem Herrn Vorredner möchte ich erwidern, daß die Resolution des Reichstags wegen der Abschaffung der Portofreiheit im Bundes⸗ rat noch nicht erledigt ist und ihm daher noch keine Auskunft gegeben werden kann, in welcher Weise die Erledigung erfolgen wird.
Ich möchte dann auf eine Anfrage des Abgeordneten Taubadel zurückkommen, ob seitens des Reichspostamts eine Verfügung er— gangen sei, daß Kriegsbeschädigte für Botendienste nicht genommen werden sollten, sondern nur Frauen. Von einer derartigen Verfügung ist mir nichts bekannt. Ich möchte auch bezweifeln, daß sie er— gangen ist.
Dann vermag ich dem Herrn Vorredner nicht zu folgen und
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weiß nicht, woher er die Wissenschaft hat, mit solcher Bestimmtheit hier auftreten zu können und zu sagen: das Vertrauen der Benmten— schaft zum Reichspostamt sei kein großes. Das muß er mit sich selber ausmachen, inwieweit er hier von der Tribüne ein solches Urteil aussprechen kann und darf. (Sehr richtig! rechts.)
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10609. Sitzung vom 4. Mai 1917, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Am Bundesratstische: Die Staatsminister, Staatsssekretär
des Innern Dr. Helffe rich und Minister der öffentlichen Arbeiten, Chef der Verwaltung der Reichseisenbahnen Dr. von
Breitenbach.
BPräsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 5 Minuten.
Auf der Tagesordnung stehen zunächst An fragen.
Abg. Hoch (Soz.) fragt: ,
. Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß infolge des letzten Rundschreibens des Reichsamts des Innern, betreffend die Unter— stützung bon Familien in, den Dienst eingetretener Mannschaften, in vielen Fällen die Unterstützung solchen Kriegerfrauen entzogen wor den ist, die eine Erwerbsarbeit nicht leisten können, weil sie ent— weder kränklich oder in ihrem Haushalt unabkömmlich sind ?
Was gedenkt der Herr Reichskanzler dagegen zu tun? Direktor im Reichbamt des Innern Bi,. Ke wrd. Dem
Herrn Reichskanzler ist nicht bekannt geworden, baß Krieger⸗ rauen in vielen Fällen die Unterstützung entzogen worden ist, weil sie entweder kränklich oder in ihrem Haushalt unabkömmlich sind. Derartige Maßnahmen der Lieferungsverbände würden nicht im Slnne der Reichsleitung liegen und dem Wortlaut des ergangenen. Rund— schreibens widersprechen.
Abg. Hoch (Soz.) fragt:
1. Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß die angeregte Heraufsetzung der Ladenschlußzeit von 7 auf 3 ir entsaziedenen Widerspruch der beteiligten Handlungsgehilfen und der meisten Ladenbesitzer gefunden hat,
2) in vielen Orten die Inhaber der Lebensmittelgeschäfte frei willig den 7 Uhr Ladenschluß eingeführt haben,
3) bei dem Zentralverband der Handlungsgehilfen berchts bis zum 23. April 1917 mehr als 70090 Zustimmungserklärungen von Geschäftsinhabern und über 150 000 Zufstimmungsertlärun zen von Handlungsgehilfen und Handel shilfsarbeilern für die dauernde Bei— kehaltung des 7 Uhr-Ladenschluffes und seine Ausdehnung auf die
Lebens mittelgeschäfte eingegangen sind,
1
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— ndenschrift festgesetzt. Der hohe Reichstag hat ja selbst zugestimmt, daß wir einen ermäßigten Tarif für Blindenschrift
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) = von weiten Kreisen der Beteiliglen die Ausdehnung des Uhr. Ladenschlusses auf den Sonnabend gefordert wird? . Was Ldenkt der Herr Reichskanzler zu fun, damit diesen Wünschen Rechnung getragen wird? Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald: Dem derrn Reichskanzler ist bekannt, daß in den Kreisen der Handlungs⸗ gehilsen und Auch einer größeren Jahl von Inhabern offener Ver⸗ kaufsstellen Widerspruch gegen die Heraufsetzung der Ladenschlußzeit „auf 8 Uhr erhoben worden ist. Ju einer generellen Regelung der Angelegenheit, die im Wege der Gesetzgebung erfelgen müsse, jetzt schon Stellung zu nehmen, liegt kein Anlaß vor. Den Wünschen der beteiligten Kreise ist übrigens dadurch Rechnung getragen, daß eine Aenderung der betieffenden Bundesratsperordnung nicht in Aussicht genommen ist. Eine Ausdehnung des 7 Uhr⸗Ladenschlusses auf den Sonnabend ist namentlich mit. Rücksicht auf das platte Land nicht möglich. Abg. Mum m (deutsche Fraktion) fragt: Der, Reichstaß beschloß in seiner 53. Sitzung am 24. Mai 1916 einstimmig; „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Bestrebungen nach Schaffung von Heimstätten für die Kriegsteilnehmer oder deren versorgungsberechtigte Hinterbliebene tatkräftig zu fördern und baldmöglichst einer gesetzlichen Regelung zu unterziehen mit dem Ziele, Nechtsgrundlagen zu schaffen, welche Lolche Heimstätten ihrem Zweck dauernd erhalten“. In gleicher Sitzung sprach der Reichstag den Wunsch aus, daß be der Schaffung einer gesetzlichen
Unterlage zur Errichtung von Kriegerheimstätten die bisher ver— öffentlichten, freien Vereinigungen entstammenden Vorschläge mit— beachtet werden. Die „Grundzüge für ein Kriegerheimftätten— gesetz vom 21. November 1915 sind in den amtlichen Drucksachen des Reichstags enthalten. Sind bereits Schritte im Sinne der angeführten Reichstagsbeschluͤsse getan, damit entsprechend dem im Deere überall hervortretenden Bedürfnis nach Wohnheimstätten wie nach Wirtschaftsheimstätten bei Beginn der Entwaffnung eine großzügige innere Siedelung ohne Zögern einsetzen kann?
e . Ho; K* 23 68 3, . ,
Direktoß im Reichsamt des Innein Dr. Le wald antwortet, soweit es auf der Tribüne verstandssch wird, dahin, daß die Bestrebun⸗ gen zur Ansiedlung von Kriegsteilnehmern auch weiterhin gefördert werden werden und daß Grwaͤgungen darüber schweben, ob und wie weit dies durch den Erlaß eines Heimstättengesetzes unterstützt wer⸗ den könne, daß jedoch übertriebene Hoffnungen an die Ansiedlungs⸗ möglichkeit nicht geknüpft werden dürften.
Abg. Rühle (Soz., wild) fragt:
In den von Deutschland besetzten östlichen Gebieten, beson⸗ ders in Warschau, sind in jüngster Zeit wiederholk Verhaftungen polnischer Sozialisten erfolgt. Bie Verhafteten ind nach Deutsch⸗ land verschickt worden und werden in deutschen Gefängnissen inter⸗ niert gehalten. Sind dem Herrn Reichskanzler die Vorgänge be⸗ kannt? Ist ihm weiter bekannt, daß die Verhaftungen auf die pol⸗ nische Bevölkerung ungeheuer aufröizend wirken und Wasser auf die Mühlen der russischen Kriegstreiber liefern? Was gedenkt er zu tun, damit die Sozialisten in den besetzlen polnischen Gebieten dieselbe Freiheit der politischen Betätigung genießen wie ihre Ge— sinnungsgenossen in Rußland?
Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Le wald: Die Vor— gänge sind dem Reichskanzler bis heute nicht bekannt geworden. Nach— dem gestern diese Anfrage eingegangen ist, wird eine Rückfrage in Warschau gehalten. Die Antwort steht begreiflicherweise noch aus. Ich bin daher nicht in der Lage, die Frage heute zu beantworten.
Abg. Kunert (Soz. Arb. Gem.) fragt:
Die in Cöln-Ehrenfeld vor und mit Beginn des Krieges domizilierten Belgier 1) Jakob van de Beeck, 2) Peter van de Beeck, 3 Johann Ramäkers, 4 Lambert Ramäkers, I) Teodor Ramaͤkers, . Lorens Lanßen erhielten im März 1917 von der deutschen Militärverwaltung Gestellungsbefehle zum Eintritt in das . eine Anzahl Belgier wurde tatsächlich inzwischen eingezogen. Da— gegen erhoben die Genannten, die militärisch in ihrem Lande aus— gebildet waren, durch den spanischen Konsul Einspruch, da ihre Einstellung rechtswidrig sei. Dieser (Cinspruch war ver seblich. Sind dem Herrn Reichskanzler diese Tatsachen bekannt? Was gedenkt er zu tun?
Oberst Marquardt: Zur Beantwortung der Anfrage bedarf es der Feststellung einer Reihe von Tatsachen; bei der Kürze der Zeit war diese nicht möglich; an einem der nächsten Tage wird es voraussichtlich geschehen können. — .
Abg. Kunert stellt zur Ergänzung eine Anfrage wegen der Verpflichtung der Belgier zum Heeresdienst, der Präsident Dr. Kaem pf erklärt dies jedoch nicht als eine Ergänzungs⸗ frage, sondern als eine neue Frage.
Abg. Kunert stellt zur Ergänzung eine weitere Frage, ob in dem Vorgang nicht eine brutale Verletzung des Bürger— rechts liege. Der Präsident erklärt auch dies für eine neue Frage.
Es folgt die Verlesung der beiden Interpellationen der Deutschkonservaliven und der Sozialdemokraten.
Die Interpellation Arnstadt (8kons.) u. Gen. lautet: „Der Beschluß des sozialdemokratischen Parteiausschusses vom 20. April dieses Jahres, der die Forderung aufstellt, einen gemein⸗ samen Frieden ohne Annexionen und Kriegsentschädigungen abzu⸗ chließen, hat mangels einer klaren Stellungnahme des Herrn Reichskanzlers dazu in weiten Kreisen des deutschen Volkes schwere Beunruhigung hervorgerufen, weil ein solcher Friedensschluß zwar internationalen Grundsätzen, nicht aber den Lebensnotwendigkeiten des deutschen Volkes entsprechen würde. Ist der Herr Neichskanzler bereit, über seine Stellung zu diesem Beschluß Auskunft zu geben?“ Die Interpellation der Abgg. Albrecht (Soz.) u. Gen. lautet:
Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß die provisorische Regierung Rußlands und die uns verbündete österreichisch⸗ unga⸗ rische Regierung in gleicher Weise erklärt haben, zum Abschluß eines Friedens ohne Annexionen bereit zu sein? Was gedenkt der Derr Reichskanzler zu tun, um eine Uebereinstimmung aller be— teiligten Regierungen darüber herbeizuführen, daß der kommende Frieden auf Ce rund gegenseitigen Einverständnisses ohne Annexionen und Kriegsentschädigungen geschlossen werden kann?“
Auf die Frage des Präsidenten Dr. Kaempf an den Vertreter des Reichskanzlers, ob und wann er die Interpella⸗ tionen zu beantworten bereit sei, erklärt Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helfferich: Der Herr Reichskanzler ist bereit, die Interpellationen innerhalb der im 8 32 der Geschäftsordnung festgesetzten Frist an einem mit den Herrn Präsidenten zu vereinbarenden Tage zu beantworten. Damit sind die Interpellationen für heute erledigt.
Das Haus setzt darauf die zweite Lesung des Haushalts— planes für 1917 fort bei dem Etat für die Verwaltung der Reichseisenbahnen.
Abg. Fuchs (Soz.) trägt eine Reihe von Beschwerden, vor, welche dem reisenden Publikum durch die Maßnahmen der Militär⸗ herwaltung, durch Absperrung der Bahnhöfe usw. erwachsen. Die Abfertigung der Reisenden auf den großen Bahnhöfen wie Straß— burg müsse nach Möglichkeit egrseichtert werden. In Berlin sei ja auch z. B. auf, dem Anhalter Bahnhof die Ausferligung des Hand⸗ gepäcks mehr als unzulänglich. Auch gegen die Ueberfüllung der Züge sellte, Lie Verwaltung Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen. Unum— gänglich notwendig sei eine gründliche Erörterung der Lohn- und Gehaltsperhältnisse des Personals. Angesichts der Teuerung seien dig gewährten Lohnerhöhungen viel zu gering; mit Löhnen von
330 und 3,50. 4 pro Tag, wie sie noch vielfach gezahlt würden, heute niemand auskommen. Der neue Lohntarif bringe den
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was gerechterweise gewährt werden müsse, noch ganz erheblich zurück. Dasselbe gelle von den Teuerungszulagen, trotzdem sie während des Krieges wiederholt erhöht worden seien. Die Pen⸗ ., der Ausgeschiedenen sollten den Teuerungsverhältnissen ent— prechend erhöht werden, desgleichen die Familienunterstützungen der zum Heeresdienst eingezogenen Eisenbahner. Den in den Aushilfs⸗ dienst einge stellten Frauen sollte der gleiche Lohn für gleiche Leistung wie den Männern zugestanden werden. Die Teutschen Eisenbahnen hätten im Kriege Greßes geleistet, dennoch behandle die Verwaltung die Arbeiter, die doch zu . Lob der Eifenbahnverwaltung ihr FHolles Teil beigetragen haben, als Staatsbürger mminderen Rechtes. Die Arbeiterausschüffe dürften nur Winmsche äußern und Gutachten abgehen, sie dürften aber keine Beschlüsfe fassen. Auch nach den neuesten Erlassen blieben diese Ausschüffe nur Scheinvertretungen der Arbeiterschaft, sie seien ein Messer ohne Klinge. Leider habe schen das Erscheinen des Geistes des Herrn von Breitenbach m Reichstage bei der Beratung des Hilfsdienstgesetzes genügt, um den EGisenbahnern die Gleichstellung mit den übrigen gewerblichen Ar— beitern hinsichtlich der obligaborischen Arbeiterausschüsse vorzuent⸗ halten. Warum wolle der Minister den Cisenbahnern'nlcht das fre re Koalitionsrecht gewähren? Eisenbahnerstreiks würden gerade dann unter allen Umständen vermieden, wenn die Verwaltung den Eisen⸗ bahnern Entgegenkommen zeige. Es gäre unter diesen Arbeitern; erst in den letzten Tagen habe eine Versammlung unter stürmischem Beifall den Achtstundentag gefordert. Der Minister werde nicht um— hin können sich zu diesem Verlangen zu äußern.
Abg. Ickler (nl): Die Beamten haben eine Aufbesserung der Bezüge heute mindestens chenso nötig wie die Arbeiter; bei vielen ist eine bittere Notlage eingetreten. Die Lademeister besorgen, daß sie aus ihrer bisherigen Gehaltsklasse herabgesetzt werden sollen. Eine solche Deklassierung ist nicht am Platze. Die Wünsche der technischen Beamten kann man nur berechtigt finden. Die Werk— führer beabsichtigt man, in eine andere Gruppe einzurangieren; das scheint auch der einzige Weg zu sein, um dieser Gruppe, die jetzt sehr tief rangiert, ihr Recht zu gewähren. Auch die Magazinaufseher sind hierbei immer noch zu kurz gekommen. Die Arbeiterschaft tritt immer wieder mit der Forderung von Lohnerhöhungen entsprechend der stets wachsenden Teuerung auf. Das Verlangen einer 5prozen— tigen Lohnerhöhung kann man nicht unbescheiden finden. Bei der faktisch eingetretenen Lohnerhöhung hat man diese Gleichmäßigkeit
nicht zugestanden; den Höhergelohnten hat man höhere Zuschlãge
gegeben, die Niedriggelohnten haben sich vielfach mit 5 und 10 Erhöhung degnügen müssen. Die Unzufriedenheit ist dadurch ver— mehrt. worden. Die. Arbeiter blicken mit einem gewissen Neid auf die Löhne der Munitiongarbeiter. Die Teuerungszulagen haben einen teilweisen Ausgleich gebracht, die Unverheirateten sind aber nicht zufrieden, sie sollten bei der Teuerungszulage berücksichtigt wer— den, Die Lohnaufbesserungen haben die gehegten Erwartungen nicht erfüllt. Die Vertreter der Arbeiterschaft sind licht gehört worden, das war ein Fehler. Es war im Frieden eine Neuregekung der Lohn— ordnung in Aussicht gestellt worden. Werden dabei die Vertreter ber Arkeiterschaft gehört werden? s tionen tegen ja die Behörden im Kriege mit Recht großen Wert; sie können beruhigend auf die Arbeiter wirken. Es ift ja viel Zünd— stoff unter den. Eisenbahnern vorhanden, aber es ist festgestellt, daß dieser Zündstoff Vielfach von außen hineingetragen worden ist. Man sollte also die Organisationen heranziehen. Dann wird man das Vertrauen der Arbeiter gewinnen, fo weit es nicht vorhanden ist. Sehr unzufrieden sind die Zeitlohnarbeiter, die vielfach schlechter be— zahlt werden als die Akkordarbeiter, obwohl sie sehr schwierige Ar— beiten zu derrichten haben. Eine bessere Entlohnung wäre am Platze. Die Vereinheitlichune der Lohnordnung darf nicht von der Tagesordnung verschwinden, Eine solche Vereinheitlichung würde Zufriedenheit schaffen, es dürfen nicht berschledene Löhne and die ver= schiedensten Berufsgruppen bezahlt werden. Man fordert ein allge—⸗ meines Arbeitsrecht für alle. Für die Eisenbahnarbeiter scheidet das Streikrecht ohne weiteres aus; der neue Eisenbahnerverband hat es uch abgelehnt. Materiell verlangen auch wir gleiches Recht, aber formal sind die Verhältnisse doch so verschieden, daß darauf Rücksicht genommen werden muß. Vie vorgesehenen Einigungsinstanzen können den Eisenbahnern in dieser Form nichts nützen, weil die Eisenbahner das Streikrecht nicht haben. Man müßle also eine be= sondere Form für die Staatsarbeiter erst finden. Das Hilfsdienst= Resetz hat ihre Erwartungen nicht erfüllt. Es wäre besser gewesen, Schlichtungestellen für sie zu errichten. Die Ernährungsfrage ist in der Eisenhahnverwaltung relativ gut gelöst. Die Zahl der Schwerst⸗ arbeiter ist aber zu gering bemessen worden. Die Arbeitszeit der Gisenbahner ist erheblich länger als in der Munitionsindustrie und insolgedessen auch die Ausnutzung der Kraft viel größer. Sehr er? freulich ist, daß die Arbeiter über die vorhandenen Lebensmittelpor— räte aufgeklärt werden, das verdient Nachahmung. Die Gisenbahner wollen gerne Not leiden, aber nicht schlechter behandelt werden als andere. Die soziale Versicherung der Eisenbahnarbeiter muß dem Lesuntenen Geldwert angepaßt werden. Die zehnte Lohnklasse sollte zu diesem Zwecke möglickst bald eingeführt werden. Den Wünschen auf Verbesserung der Bezüge der Altersrentner kann ich mich nur anschließen. Den Fragen des Erholungsurlaubs, der Ruhezeit, der schtstündigen Arbeitszeit und der Wohnungsfrage wird, nach dem Kriege befondere Aufmerksamkeit zu widmen sein; die Lohnzuschläge dürfen nicht durch Mietserhöhungen absorbiert werden. In Elsaß⸗ Lothringen haben zahlreiche Arbeiter ihre Wohnstätten räumen müssen. Hier müßte ein Ausgleich geschaffen werden, damit sie nicht zu kurz kommen. CEebhafter Beifall. Chef der Reichseisenbahnen, Minister der öffentlichen Arbeiten Dr. von Breitenba ch: Meine Herren! Kein Gebiet des Deutschen Reiches leidet so schwer unter den Wirkungen des Krieges, wie die Reichslande, und daher ist es mir vollkommen begreiflich, wenn der Herr Abgeordnete Fuchs hier lebhafte Beschwerden über die Beeinträchtigung des Ver— kehrs vortrug. ö. Die Reichseisenbahnen liegen zum großen Teil im Operations⸗ gebiet, und daraus ergeben sich weitgehende Einschränkungen, die am schwersten im Personenverkehr empfunden werden, aber gleichmäßig auch den Güterverkehr betreffen. Ich bedaure als Verkehrsminister diese Vorgänge, bin aber angesichts der Notwendigkeiten, die sich aus der Kriegslage ergeben, nur in geringem Maße in der Lage, hier Abhilfe zu schaffen. Daß es geschieht, soweit es sich mit den mili— tärischen Interessen vereinen läßt, dessen kann der Herr Abgeordnete Fuchs sicher sein. Ich sehe davon ab, auf Einzelheiten einzu ehen. Ich erkenne ; ! 59 1a ohne weiteres an, daß der Paßzwang recht unbequem ist, aber er scheint mir unvermeidbar zu sein. Auch die Gepäckkontrollen, über die er sich beschwerte, sind unvermeidbar. Ich gebe aber zu, daß sie in einer Form durchzuführen sind, die den Reisenden keinen Anlaß zu gerade berechtigten Beschwerden gibt. Meine Herren, die beiden Herren Vorredner haben sich ein⸗ gehend mit der Beamtenfrage und mit der Arbeiterfrage sowie mit dem Einkommen beider Gruppen von Angestellten befaßt. Bezüglich der Beamten sehe ich davon ab, in eine spezielle Erörterung einzu— treten. Ich glaube, das hohe Haus ist darüber ebenso einig, wie es nach meiner Meinung die Regierung und deren Vertreter sind, daß nach dem Kriege eine grundsätzliche Nachprüfung der Frage, ob die jetzigen Bezüge der Beamten ausreichen, erforderlich ist; in welchem Umfange für die einzelnen Gruppen von Beamten das zutrifft, läßt sich heute noch nicht voraussehen. Was das Lohneinkommen der Ar⸗
Arbeitern und Handwerkern einige Vorteile, bleibe aber hinter dem,
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beiter betrifft, so liegt diese Frage ja unter allen Umständen völlig
Auf die Mitarbeit der Organisa⸗
anders als die der Bezüge der Beamtenschaft; das Lohneinkommen
folgt viel unmittelbarer den? jeweiligen wirtschafflichen Verhältnissen. Wir waren zu Beginn des Krieges der Auffassung, daß das Lohn—
einkommen der Arbeiter der Reichseisenbahnen, das unter der Ein—
wirkung einer eben abflauenden Hochkonjunktur sehr bedeutend an⸗ gestiegen war, als ein angemessenes bezeichnet werden könne. Die
Kriegsverhältnisse haben uns darüber belehrt, daß eine nennenswerte
Erhöhung des Lohneinkommens erforderlich war, um die Lebens—⸗ vethältnisse der Arbeiterschaft einigermaßen erträglich zu gestalten.
Nach meinem Empfinden ist auf diesem Gebiete viel geschehen, und
ich bedauere, daß der Herr Abgeordnete Fuchs und zum Teil auch der Herr Abgeordnete Ickler dies nicht anerkennen will. Es handelt sich um außerordentliche Aufwendungen, teils durch Erhöhung der Grund—
löhne, teils durch Gewährung von Teuerungszulagen. (Sehr richtig! rechts) Für die doch begrenzte Arbeiterzahl der Reichseisenbahnen wird für diese Zwecke im Jahre 1917 ein Mehr von am Millionen Mark gegenüber dem letzten Friedensjahr, gleich 30 23, des Gesamtlohnes aufgewendet werden. Im Durchschnitt entfällt auf jeden Arbeiter ein Betrag von 420 é mehr. Da die Teuerungszulagen nach dem Familienstande abgegriffen sind und sich gleichzeitig den Teuerungs— verhältnissen in den verschiedenen Orten des Landes anpassen, wird gerade für diejenigen, die mit einer reichen Familie ausgestattet sind
und sich an einem teueren Orte befinden — nach unserer Feststellung befinden sich 5 2 der Arbeiterschaft an teuren Orten — die Höchst⸗ entschädigung gezahlt und ein über die 30 9 erbeblich hin—
ausgehendes Plus aufgewendet werden. Es kann gar keinem
Zweifel unterliegen, daß eine umfassende Lohnregelung — ich habe soeben auch im Gebiete der preußischen Staatseisenbahn eine Lohnregelung durch Aufbesserung der Grund— löhne vorgenommen, die 70 bis 80 Millionen erfordert — so hoch sie auch sein möge, niemals alle befriedigt. Das ist ausgeschlossen; es wäre auch dann ausgeschlossen, wenn sie ganz gleichmäßig ausfiele. Die Verhältnisse in den einzelnen Orten sind ebenso verschieden, daß es unmöglich ist, das absolut Richtige zu treffen. Aber, meine Herren, die Verwaltung hat auf diesem Gebiete gerade auch während des Krieges außerordentliche Erfahrungen gewonnen, da sie sich gerade während des Krieges über die persönlichen Verhältnisse ihrer Angestellten, Beamten und Arbeiter auf das einzehendste und sorgfältigste dauernd informiert hat.
Wenn dies richtig ist, will es mir doch zweifelhaft erscheinen, ob der Abg. Ickler recht hat, wenn er sagte: die Verteilung dieser sehr erheblichen Aufwendungen, die für Erhöhung des Grundlohnes vor— gesehen waren, sollten nur nach Anhörung der Arbeiterschaft erfolgen. Ich glaube, die Unzufriedenheit hätte sich dann noch sehr wesentlich vermehrt. Etwas ganz anderes ist es, wenn ich eine Lohnordnung für die Reichseisenbahnen oder für die preußischen Eisenbahnen aufstelle, die grundlegend alle Lohnfragen regelt, und wenn ich, bevor ich die Lohnordnung endgültig feststelle, die Arbeiterschaft höre. Das kann ich dem Abg. Ickler in Aussicht stellen: wenn die unmittelbar vor dem Kriege eingeführte Lohnordnung, die heute gilt, nach dem Kriege auf Grund der besonderen Verhältnisse, die sich entwickelt haben, einer Nachprüfung unterzogen wird, dann soll die Arbeiterschaft gehört werden.
Ich bedaure außerordentlich, daß die Kriegslage uns zwingt, die Kräfte unserer gesamten Angestellten, der Beamten wie der Arbeiter, auf das äußerste zu beanspruchen. Zu unserer großen Genugtuung darf ich auch in diesem hohen Hause feststellen, daß der Betrieb auf den deutschen Eisenbahnen, insbesondere in dem Gebiet der preußischen Staatseisenbahn, ein völlig regelmäßiger geworden ist, und daß damit im Zusammenhang die Beanspruchung des Personals, insbesondere des Fahrpersonals, des Lokomotiv⸗ und Zugpersonals, erheblich gemindert worden ist. Das schließt nicht aus, daß wir während des Krieges — und ich vermute, auch nach dem Kriege angesichts der außerordentlich wirtschaftlichen Ansprüche, die an uns dann werden gestellt werden, — genötigt sein werden, vom Personal Ueberstunden und auch Sonntags— arbeit zu verlangen. Aber auch hier wird man den besonderen Ver— hältnissen an den einzelnen Arbeitsstellen Rechnung zu tragen haben. Insbesondere besteht die Absicht, und sie ist heute bereits ausgeführt, dem Teil unserer Arbeiterschaft und Beamtenschaft, der eigenes Land besitzt, es bestellen und später abernten will, den Urlaub zu gewähren, der nötig ist, um diesen Zweck zu erfüllen.
Ich kann auf Grund der Beobachtungen, die ich in meinem weiten Arbeitskreis gemacht habe, feststellen, daß das Personal, Be— amte und Arbeiter, bei den Reichseisenbahnen wie bei den preußischen Staatsbahnen, die großen Anforderungen, die an dasselbe gestellt werden, willig hinnimmt, ja, daß es diese Anforderungen freudig erfüllt.
. Im weitesten Umfange sind auch die Reichseisenbahnen genötigt, die Frauen zur Arbeit heranzuziehen, und im allgemeinen kann man feststellen, daß, während bis zum Kriege die Auffassung bestand, die Frauenarbeit könne ganz überwiegend nur Bureauarbeit sein, die Frauen im Außendienst, auch im Werkstättendienst Gutes leisten. Ihre Entlohnung erfolgt ganz in Uebereinstimmung mit dem, was der Herr Abgeordnete Fuchs beansprucht, nach ihren Leistungen. Es ist mir eine ganze Reihe von Fällen bekannt, in denen arbeits— kräftige und leistungsfähige Frauen denselben Lohn verdienen wie Arbeiter.
Meine Herren, zu meinem lebhaften Bedauern hat der Herr Abgeordnete Fuchs der Meinung Ausdruck gegeben und diese seine Meinung zu begründen versucht, daß die Arbeiter der Reichseisen— bahnen von der Verwaltung als Staatsbürger minderen Ranges an— gesehen würden. Gegen diese Auffassung muß ich sehv bestimmt Einspruch erheben. Meine Herxen, wir sind durchaus in der Lage, in dieser Richtung eine sehr sorgfältige Nachprüfung zu ertragen, und ich bin davon durchdrungen, daß, wenn diese Nachprüfung er— solgt, diese Behauptung des Herrn Abgeordneten Fuchs sich als durchaus unzutreffend erweisen würde. Warum stellt er sie auf? In diesem Falle im Zusammenhang mit den Erörterungen, die ge legentlich der Verabschiedung des Hilfsdienstgesetzes hier gepflogen worden sind. Ich will auf die Frage, die damals sehr eingehend unter lebhaftesten Debatten erörtert wurbe, nicht im einzelnen ein— gehen, ich möchte aber feststellen, meine Herren, daß ich als preußi— scher Minister der öffentlichen Arbeiten und als Chef der Reichs— eisenbahnen das, was der Reichstag in der entscheidenden Sitzung be⸗ schlossen hat, durchaus loyal ausgeführt, ja über das noch hinaus zugunsten der Arbeiterschaft, für deren Interessen der Reichstag ein—⸗
Den Antrag Bassermann, den der Reichstag in der bezüglichen Sikung angenommen hat, den Bundesrat zu ersuchen, bei den Einzel⸗ staaten darauf hinzuweisen, daß die in 85 11 und 12 des Hilfsdienst— gesetzes vorgeschenen Einrichtungen in möglichst umfassendem Maße auch auf die Staatteisenbahnbetriebe ausgedehnt werden möchten, habe ich wörtlich erfüllt. Es handelte sich um die Einführung oder Aus— gestaltung der Arbeiterausschüsse, der Arbeiterausschüsse, die bei den
r 15; 5 4. C43 3Heoi fFo9nkæBrwr 9 Moi cn sorkRsKs Geroitzß so preußischen Staatseisenbahnen und den Reichseisenbahnen bereits seit
mehr als einem Vierteljahrhundert besteben, aber in ibren inneren Einrichtungen bezüglich ihres Wertes vielfach bislang if wurden. Gerade diese Zweifel und diese ständigen Bemängel Wirksamkeit der Arbeiterausschüsse hatten mir bereits in Frieder zeit Anlaß gegeben, eine umfassende Revision dieser Bestimmungen vorzunehmen, an der ich nur durch den Krieg verhindert wurde. Ih war daher erfreut, als durch diese Resolution im Kriege das Ansinnen an mich gestellt wurde, nunmehr mit diesem Plane herauszukommen. Der Beschluß des Reichstags datiert, wenn ich nicht irre, vom No— vember vorigen Jahres. Anfang dieses Jahres sind die Arbeiteraus— hüsse bei den preußischen Staatseisenbahnen und den Reichseisen bahnen nach den neuen Bestimmungen umgebildet worden. Ich leg ganz entscheidenen Wert darauf — und das ist auch sämtlichen Be— hörden mitgeteilt worden — daß in diesen Arbeiterausschüssen die Lohnfragen nicht nur in dem Sinne erörtert werden, daß die Ver— treter der Arbeiterschaft Anregungen geben oder Gutachten erstatten, nein, es soll im eigentlichen Sinne des Worts über die Lohnfragen verhandelt werden. Ich wünsche, daß aus diesen Verhandlungen etwas herauskommt, und eben um diesem Wunsche und dieser Absicht noch schärfer Ausdruck zu geben, habe ich eine neue Einrichtung geschaffen, die die Arbeiterschaft schon seit Jahren gewünscht hatte, und bei den Provinzialbehörden, hier bei den Reichseisenbahnen bei der General direktion in Straßburg einen Bezirksausschuß eingerichtet, der besteht aus gewählten Vertretern der Arbeiterschaft, gewählt von d beiterausschüssen, die unter dem Vorsitz des Präsidenten der General— direktion oder seines Vertreters tagen und eben diese Fragen, selbst— verständlich von allgemeineren Gesichtspunkten, behandeln und durch— diskutieren sollen. Die Arbeiterschaft hat in dieser Einrichtung auch einen erheblichen Fortschritt erblickt.
den Ar⸗
Ich habe Kenntnis davon, daß ein großer Verband, zu dessen Wortführer der Herr Abgeordnete Ickler sich gemacht hat, nicht völlig einverstanden ist mit dem, was geschaffen worden ist, und zwar des— halb, weil Anträgen nicht entsprochen ist, die darauf hinausliefen, Schlichtungsausschüsse zu schaffen, die über die Lohn- und Arbeits— bedingungen der Arbeiterschaft Entscheidung treffen sollen. Die grund— sätzlichen Bedenken, die gegen die Einrichtung solcher Ausschüsse sprechen, hat der Herr Staatssekretär des Innern bei der Behandlung des Hilfsdienstgesetzes eingebend dargetan. Ich kann nur auf das— jenige Bezug nehmen, was er ausführte.
Sein Hauptgesichtspunkt war, daß diese Schlichtungsausschüsse Stellen sind, die außerhalb der Verwaltung stehen und nicht in der Lage sind, über die Bedürfnisse und Notwendigkeiten eines so großen, einheitlichen, geschlossenen Betriebes, wie über die Wirkungen ihrer Entschließungen im einzelnen Falle sich ein richtiges Bild zu machen. Die Auffassung, meine Herren, daß ein Staatseisenbahnbetrieb oder ein Reichseisenbahnbetrieb vergleichbar wäre mit einem industriellen Betrieb, der an einen Ort oder an einige wenige Orte gebunden ist, ist völlig unzutreffend. Die Außenbetriebe der deutschen Eisenbahnen
sse lli
waltung für die
arbeiten mit vielen Tausenden von einzelnen“ Dienststellen. Die preußischen Staatseisenbahnen haben meines Erinnerns 10 000 solcher Betriebsstellen. An allen diesen Stellen können Meinungsdifferenzen über Lohn- und Arbeitsfragen entsteben. Heute werden alle diese Fragen im letzten Ende nach sehr sorgfältiger Durchsicht und Prüfung an einer Stelle, von dem Minister der öffentlichen Arbeiten, einheitlich für das ganze große Gebiet entschieden. Die einzelnen Dienststellen sind zu vergleichen den Speichen eines Rades; weicht eine Speiche dem Druck, dann bricht das Rad zusammen. Ich bitte, mich auf diesen Vergleich nicht festzunageln, aber in vieler Beziehung trifft er zu. Es wäre eine ungeheuerliche Vorstellung, wenn ein Schlichtungsaus— schuß im Westen Preußens oder ein Schlichtungsausschuß in den Reichslanden über Lohn- und Arbeitsbedingungen eine Entschließung faßte, einen Spruch fällte, dessen Wirkungen sich, wie es gar nicht anders denkbar ist, im Bereich der Staats- oder Reichseisenbahnen von der einen Seite Deutschlands bis zur anderen Seite Deutschlands fortpflanzen. Denn dann könnte es sich leicht ereignen, daß, was vielleicht für den Westen zutreffend enkschieden ist, für den Osten oder für die Mitte absolut nicht mehr paßt.
Es sind rein sachliche Erwägungen, die mich veranlaßt haben, als das bedeutsame Gesetz in Vorbereitung war, auf die lebhafter Bedenken hinzuweisen, die gegen die Einführung von Schlichtungs— ausschüssen für den Reichseisenbahnbetrieb, wie für den Staatseisen— bahnbrtrieb sprechen. .
Der Herr Abg. Fuchs meinte, mein Geist hätte zenügt, diese An⸗ regung zu Fall zu bringen. (Sehr richtig) So kühn bin ich nicht, ich bin vielmehr der Auffassung, die ruhige, die sachliche Beurteilung des Reichstags hat genügt, um die Bestimmung nicht anzunehmen. Ich gebe meiner inneren Ueberzeugung vollen Ausdruck, daß ich die Einführung dieser Bestimmung für ein Unglück angesehen haben würde.
Der Herr Abg. Ickler hat sich dann in anerkennender Weise über die Organisationen geäußert, die die Staats- und Reichseisenbahn⸗ verwaltung für die Nahrungsmittelverteilung an ihre Bediensteten eingerichtet hat. Ja, meine Herren, ich bedaure außerordentlich, daß auf diesem Gebiete nicht noch mehr geschehen kann, aber angesichts der Rationierung der Lebensmittel kann es ja immer nur in begrenztem Umfange geschehen. Was auch immer hier tatsächlich geschehen ist und noch geschehen wird, so kann es sich dabei immer nur um eine Nachhilfe handeln. Aber ich bin mit dem Herrn Abg. Ickler durchaus der Meinung, daß es von höchstem Werte ist, wenn unsere Arbeiter— schaft und unsere Beamtenschaft, die es nicht leicht hat — ein großer Teil unserer Beamtenschaft hat ein erheblich geringeres Einkommen als die Arbeiterschaft —, wenn beide Gruppen von Bediensteten er⸗ kennen, daß die Verwaltung, die für sie sorgt und sich um sie sorgt, gerade auf diesem schwierigsten Gebiete auch alles tut, was sie nur irgend tun kann. (Bravoh
Abg. Schirmer SJentr): Daß das Eisenbahnpersonal außer ordentlich angestrengt ist, darüber besteht Uebereinstimmung. Es sind ja Lohnerhöhungen und n n,, gewährt worden, wie wir jetzt hören, im Betrage von 3,9 Nillionen, im Durchschnitt für jeden Bedachten 420 „60. Wie diese Durchschnittsrechnung zustande ge⸗ r e ist, weiß ich nicht, jedenfalls sind die höher gelohnten und mit höheren Gehältern Nu sgesta teten besser weggekommen. Es sollte eine
trat, Bestimmungen getroffen habe.
nochmalige Nachprüfung dieser Aufbesserungen daraufhin eintreten, ob
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sie überall äenügen, Anerkennung. verdient die Fürsorge. der Ver⸗ ahrungsmittelzuteilung; auch bier soll man aber am
dem weiteren Ausbau der ganzen Einrichtung arbeiten. Die Zusage bezüglich der Arbeiterausschüsse will der Minister vollauf serfüllt haben. Ich habe diesen Gindruck nicht. Staatssekretär Helfferich hat am 2. Dezember erklärt, es würden auch für die Eisenbahmperwaltung Arbeiterausschüsse im Sinne des Hilfsdienstgesetzes errichtet werden, die sich also auch mit Lohnfragen enischeidend zu befassen haben würden. Der Eisenbahnminister sollte sich doch bereit finden lassen, in diesem Sinne die Einrichtung auszubauen. Die Eisenbabnarbeiter dürfen im Wege stehen; das ist aber bis
ter der Gewerbeordnung nicht nicht existiert. Warum geht o diese Ar⸗
nicht den übrigen Arbeitern hindernd jetzt der Fall, ie Gisenbahnarbei unterstehen und ei
s denn damit Marinebetrieben, we beiterausschüsse durchaus d stgesetz entsprechend organisiert sind und funktionieren? Die Lücke, die hier vorl n ist, muß aus⸗ gefüllt werden, auch das Eisenbahnpersonal muß in den Besitz d Wohltat nd Schlichtungsstellen gelangen. In dieser t der An
2 kündigung von Reformen auf al d au des Staats e z besondere — das hat die Geschid
Abg. W (de e Fraktion): Die großen Schwierig⸗ keiten des Eisenbahnbetriebes, wie sie dur e Kriegsnotwendigkeiten worden sind, hat die Eisenbahnverwaltung mit einer (Fnergie und einem Erfolge überwunden, für die wir nur unbedingte Anerkennung und Dank empfinden können. Eine gewisse Verlang⸗ samung der Züge mußte eintreten; der Personenverkehr konnte sich nicht in dem erwünschten Maße abwickeln. Für die vielen Tausende von Eisenbahnern, die zum Heereszienst einberufen worden sind, hab man in bedeutendem Umfange Fraken eingestellt; man sollte bei der Entlohnung dieser Frauen nicht knausern. Ein Mißstand im Per⸗ sonenverkehr ist, daß die Reisenden vielfach die Plätze der höheren
sse, fär die sie Karten haben, besetzt finden von solchen, die einfach diese Plätze eingenammen haben, obwohl sie nur Karten für eine niedrigere Klasse haben; hier sollte strenge Weisung an das Zug— begleitungspersonal ergehen, um solche Uebergriffe unmöglich zu machen. Schlafwagenplätze muß man jetzt schon wochenlang vorher bestellen, da diese Plätze von Hotels angekauft und dann welter ver— kauft werden; hier ließe sich vielleicht Abbilfe schaffen, indem man an die Personenzüge Schlafwagen anhängt. Die Aufbesserung der Grund— löhne und die Erhöhung der Teuerungszulagen war eine Notwendig⸗ keit. Die Ausgleichszulagen könnten noch besser geregelt werden. Die Teuerungszulagen nach den Teuerungsverhältnissen der einzelnen Orte
abzustufen ist an sich zweckmäßig: aber man hat sich hier von einem gewissen Schematismus doch nicht ganz loszulösen vermocht. Der Eisenbahner, der in einer Landgemeinde wohnt, kann auf diese Weise auch mit seiner Teuerungszulage sehr schlecht fahren. Es erscheint auch nicht gerecht, wenn der Lohn um die Zeit, in der der Arbeiter nicht gearheitet hat, gekürzt wird. Ich wende mich zum Schluß einer Erfindung zu, welche für die Leistungsfähig⸗ keit der Lokomotiven vielleicht eine grofe Bedeutung bat. Es ist dies eine Erfindung, zu der die Eisenbahnverwaltung sich unbegreiflickerweise zaudernd verhält. Es ist der Wassetumlauf⸗ aphargt des Ingenieurs O, Kunert in Breslau. Es wird durch diese Erfindung außerordentlich an Kohle gespart und die Leistungs⸗ fähigkeit des Kessels erhöht, auch wird die Entwicklung von Kessel— stein verhindert. Der Apparat verbürgt eine Kohlenersparnis von Etwa 11-27 R, eine Mehrleistung bon etwa 9— 23 9. (Hört, hört) Die Reichs vemmaltung sollte die Sache eingebend' prüfen. In Preußen sind 16 Maschinen mit diesem Apparat versehen worden? Die Resultate, die damit erzielt worden sind, sind vorzügliche, wie von Sachverstendigen anerkannt worden ist. Die Lokomotiben mit diesem Apparat haben eine erheblich längere Laufzeit. Alle diefe Vorzüge wurden von der preußischen Verwaltung als unerheblich be— zeichnet, weil die Zahl der Maschinen, die mit dem Apparat versehen sind, zu gering sei. Warum werden nicht umfangreschere Versuche gemacht? In der Zeit der Lokomotivennot hätte? man doch unter allen Umständen auf diesen Apparat zurückgreifen sollen. Die Un⸗ kosten von 300 000 , die der Apparat verurfachen würde, fallen gar nicht ins Gewicht. Wird der Apparat eingeführt, so wird ganz er— heblich an Nepargturkosten bei 1000 Lokomotiven gespart und damit auch an Lokomotiven selbst. Ich kann mich des harten Urteils nicht enthalten, daß wir eine beureaukratische Engherzigkeit vor uns haben. Im Kriege ist Großzügigkeit am Platze, alke technischen Fortschritte sind erprobt worken und müssen erprobt werden, ich erinnere an das Flugzeugwesen, auch wenn es große Kosten erfordert, und da scheuüt man sich vor den 300 000 M! Selbst wenn die Ver— suche nicht so günstig ausgefallen wären, wie es geschehen ist, so ist der, Vorteil doch so groß, daß die Erfindung eingeführt werden muß. (Beifall.)
Abg, Goth ein (fortschr. Volksp. :: Ich bedauere sehr, daß ir Minister sich über diese Erfindung nicht geäußert hat. Ich kann nr bestätigen, daß man damit sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Hört, hört! Wer den Apparat gesehen hat, der weiß, daß er tat ichlich seinen Zweck erfüllt. Man hat hier einfach vom grünen Tifch utschieden; der heilige Bureaukratismus ist hier wieder einmal im Spiele. Tem Minister mache ich keinen Vorwurf, aber er hätte doch wenigstens verordnen sollen, daß Versuche in größerem Maß— stahe angestellt werden, denn was es in der jetzigen Zeit heißt, Kohlen zu sparen und Kesselsteinentwicklung zu verhindern, weiß jeder. der etwas bon Technik versteht. Ich kann nur die Bitte unter stützen, noch energischer borzußgehen. Was die Beamten betrifft, so sind sie, z. B. die Werkmeister, schlimmer daran als die Arbeiter, es muß ihnen durch Teuerungszulazen geholfen werden. Für das Kompromiß bezüglich der Arbeiterausschüsse habe ich nur mit schwerem Kerzen gestimmt. Die Berufung des Ministers auf den Reichstag war also nicht begründet. Ich kann dem Minister nur empfehlen, en Arbeitern möglichst entgegenzukommen. Ein Arbheiterausschuß, wie ihn die Arbeiter wünschen, würde nur dem Frieden dienen. (Beifall links.) . . ö
Abg. Haeg g (Elsässery. An die Leistungsfähigkeit unserer Bahnen sind im Kriege die höchsten Anforderungen gestellt worden. Es ist vielfach Unmögliches verlangt und erreicht worden. Die Eisenbahnen sind heute die Füße der Heere. Dies ist bedeutungsvoll für einen Krieg, der es notwendig macht, große Seeresmassen Tausende von Kilometern hin⸗ und herzuwerfen. An die Verant— wortung und Leistungsfähigkeit des Personals sind entsprechende An forderungen gestellt. Die Reichseisenbahnen liegen zum Teil unter dem Feuer der feindlichen Kanonen. Wenn wir den Kriegsleistungen der Bahnen unsere volle Anerkennung zollen, so müssen wir bezügkich des Personen⸗ und Güterverkehrs Vorbehalte macken; ideal sind sie jedenfalls nicht. Ein großer Teil der Eisenbahner ist zum Heeres— dienst eingezogen worden, ein Teil hat den Heldentod gefunden. Die Rangberhältnisse der Reichteisenbahnbeamten müssen verbessert werden. Die Frauen sind bei der Arbeit eifrig und tüchtig gewesen, deshalb darf auch ihre Entlohnung nicht so knapp sein, und es muß besonders berücksichtigt werden, daß es vielfach Frauen von Kriegern sind, die ei, im Felde stehen, sie gehören auch den unteren Schichten an, denen der Staab sowieso während des Kweges foziale Fürsorge widmen muß. Bei der Anrechnung der Kriegsunterftützungen
darf man nicht zu kleinlich verfahren. Die Eisenbahnverwaltung kann zwar nicht dieselben Löhne zahlen wie die Kriegsindustrie, aber es muß doch in dieser Richtung geschehen, was irgend möglich ist, um nicht Unzufriedenheit zu erregen. Die Werkführer müssen so gestellt sein, d sie wenigstens so viel verdienen, wie der bestgestellte der unter ihnen arbeitenden Beamten. Für die Magazinaufseher und Lademeister ist der zugesagte Ausgleich noch nicht erfokgt. Die Kommunalverbände sind verpflichtet, ihre Lebensmittelvorräte zu er⸗ gänzen. Zu diesem Zwecke müssen ihnen auch die erforderlichen Wagen bereitgestellt werden, Die Sonntagsarbeit und die Ueker— unden müssen sich in gewissen Grenzen halten, zumal auch diese Arbejt gerade die Frauen belastet. Andererseils müssen sich auch die Arbejter begnügen und anerkennen, daß ihre Wünsche nach Möglich- keit berücksichtigt werden. . Abg. We nner Hersfeld (eutsche Fraktion): Wir wünschen,
RorKorasft RR herbeigeführt
daß diejenigen Beamten, die aus Handwerkerberufen herborgegangen
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