1917 / 111 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 May 1917 18:00:01 GMT) scan diff

kur h die Besitznahme von Texas, Kalifornien und Oregen wurde in etwa sechs Jabrzehnten aus dem atlantischen Küstenslaate ein großes trans- kontinentales, jmwischenoieanisches Staatengebilde. Dieser velitischen Aus dehnung nach Westen folgte der Zug der amerikanischen Be⸗ völkerung, bitz die Ungunst der Natur an dem 100. Grab westlicher Länge der n Sledlung eine Grenze setzte. Hier wird dasz Klima trockner und der Boden un⸗ eignet für den Ackerbau, schließlich auch für die Viehzucht. Die tdeckung des Goldes in Kaltfornien Jodtte allerdingz viele Tausende bis zu den Küsten des Pazifischen Ozeans, und überall dort, wo Wasser vorhanden oder künstliche Bewässerung möglich war, entftanden ausgedehnte Kulturoasen, die aber durch Wüsten von einander getrennt siad. Es kann deshalb im Westen niemals zu einer zusammen. hängenden Besiedlung kommen, wie wir sie in Europa baben, Das 6 Siedlunasgeblet des Osteng greift nun über die Nordgrenje welt nach Kanada hinein, und es ist klar, daß dieser Teil Kanadas später an die Vereinigten Staaten fallen wird, ein Prozeß, den man nicht künstlich beschleunigt, weil man ihn sicher kommen siebt. Es hat schon eine starke Einwanderung von Kanadiern nach den Vereinigten Staaten ftattgefunden, und das frgniö6 sische Element ist dorthin vorgedrungen; so baben heute auch die alten Puritanerstaaten Maffachusetigß und Connte⸗ tieut katholische Mebrheiten. während das kangdische Winnspeg eine ganz amerikanische Stadt ist, deren Einwohner viel⸗ fach aus der Unton dorthin zugewandert sind. Ganz anders liegen aber die Verhältnisse an der Südgrenze gegen Mexiko. Nur in elnem schmalen Streifen erreicht hier das Sledlungsgebiet der Ver— einigten Staaten den Rio Grande del Norte, den Grenzfluß Mexikos; aber fast das ganze nördliche Mexiko ist Wüste, und viele hundert Kilo⸗ meter trennen den Rio Grande del Norte von dem Hauptsiedlungs⸗ gebiete des merlkanischen Hochlands. Dlese natürlichen Verbaͤltn isse erklären manche sonst schwer verständliche Einzelheiten in den poli— tischen Beniehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko. Die Landnahme“ der Vereinigten Staaten war einst im Zeichen des Ackerbaues geschehen, aber in den letzten Jahriehnten rückte die in ungeheurem Aufschwunge befindliche Industrie immer mehr in den Vordergrund, und heute dürften beide Bevölkerungtzklassen, die Land— arbeiter und die industriellen Arbeiter, sich das Gleichgewicht halten. Die nötigen Arbeinskräfte wurden der Industrie wesentlich durch Ein— wanderer, deren Zahl vor Ausbruch des Krieges etwa 1K? Millton jubrlich betrug, zugeführt. Allein diese Einwanderung, hat thre Wesensart im Laufe der letzten Jahrzehnte beträchtlich geändert; die deutsche Einwanderung ist seir dem Anfang der 89er Jahre auf ein Zebntel zurückgegangen, dagegen sind in steigendem Maße seit 1889 Slaven, selt 1890 Italiener und Magyaren, seit 1900 russische Juden ge⸗ kommen. Alle diese Einwanderer sind als Arbeitskräfte wilkommen, aber keineswegs als Bürger, da sie sich dem angloamerlkanischen Wesen nicht so gut anpassen wie die früheren Einwanderer Leutscher, brittscher, irischer und nordeuropäischer Heikunst. Die se neuen Elemente bilden ein großes städtisches Proletariat, eine Parsalaste, die zusammen mit den Negern, die beinahe den ganzen Süden der Unton bewohnen, salt 16 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Dazu kommt noch, daß der Riesenaufschwung der amerikanischen Industrie eine fast unbeschränkte Geldherrschaft zur Geltung gebracht hat, wie wir sie sonst nirgends auf der Welt sehen. Diese Plutokratie bildet eine dünne Oberschicht in Gemelnschaft mit den Abkömmltngen Ter ersten Emwanderer, die sich als Aristotraten fühlen und deren Stammbäume zumeist nach England führen. Die Mittelschicht zwischen dtesen beiden Extremen hilzet die große Masse deg tüchtigen amerikanischen Volkes, die der Träger aller seiner vorzüglichen Eigenschaften ist, aber infolge ihrer Abhängigkeit von der geldmächtigen Oberschicht ungünstig beeinflußt wird. In dieser breiten Mittelschicht fieckt auch das Deutsch⸗ amerikanertum, das etwa 12 00 dieser Mittelschicht ausmacht. Aber mit dem Sinken der Einwanderung aut Deutschland ist auch der Eir fluß der Deutsch⸗Amerikaner geringer geworden, während die brltische Ein⸗ wanderung nach der Union zugenommen und demgen sich das Ver⸗ bältnis iu England dauernd gebessert hat. All die alten schweren Bedrückungen der Vereinigten Staaten burch Sroßhritannien, die Ver⸗ brennung des Capitols in Washington durch die Engländer i. J. 1812, die Haliung Englands im Sezessionskriege, in dem es die Südstaaten offen be⸗ günstigte, sind vergessen, dagegen hat das Streben des britischen Imperta⸗ Iismus in Amerita Verständnis und Nachahmung gefunden. Der Ueber. fall auf Spanien geschah unter nichtigen Vorwandt, und der Prozeß des Hinausdrängeng fremder Staaten aug Amerlka nimmt seinen un— gehinderten Fortgang. teser amerikantsche Imperialismus hängt auch zusammen mit dem Ende der Landnahme“. Mana bat im Innern nicht mebr genug Ackerbauboden, und auch Bewegungen treten im Volke auf. Der Vortragende konnte alle seine Darlegungen durch eine große Zahl von Karten, Diagrammen und Bildern von Land— schafte . und Bevpölkerungstypen auf das lehrreichste erläutern und vom amerifanischen Imperialismus eine ihn besonders kennzeichnende Dar— stellung bleten, indem er die auf der Weltausstellung von St. Louis neben der „Ausstellung der fremden Gelehrien“ gebotene Ausstellung der amerlkanischen Wehrmacht im Bilde vorführte. Während seiner Reisen in den Vereinigten Staaten in den Johren 1897, 1904 und 1908/9 konnte Geheimrat Pend die Gesinnung der verschtedensten Kreise der Be—⸗ völterung kennen lernen. Der Amerikaner hält sich für berufen, in Zukunft dle führende Rolle innerhalb der angelsaͤchsischen Well zu sptelen, und darum wollten die Vereinigten Staaten durch ibren Ein⸗ tritt in den Krieg den gefährlichsten Nebenbuhler dieser ganjen angel⸗ sächsischen Welt beseitigen. Je länger der Krieg dauert, defto mehr steigen die Aussichten Amerikas, das Guropa schon heute als veraltet betrachtet und nicht den stützen will, der in Europa siegrelch ist. Das Verhältnis Nordamerikas ju England bezelchnete der Vortragende al da des Sohnes zum Geschäfte seines Vaters, ia das er einzutreten beab⸗ sichtigt, da das Geschäft des Vatert doch zusammenbricht. Die Amerikaner gehen auf eine Schwächung Europas aus. Allein ihre Staatsmänner kennen Deurschland, seine Art und seine Machtmittel zu wenig. Sie werden auf Granit beißen. An Veutschlands Kraft dürften die brötische Weliherrschaft und die amerikanischen Hoffnungen auf eine solche zerschellen.

Literatur.

Rechtsprechung 19816 zum gesamten Zivil-, Handel t⸗ und 6 des Reiche und der Bundetstaaten, ent— haltend die Rechtsprechung und Rechtslehre zu 285 Gesetzen, uater Mitwirkung von Oberlanadesgerichtsrat Dr. Scherling und Land— richter Dr. Karl Becker herautgegeben von Dr. H. Th. Soergel, Königlich hayerischem Hofrat. 17. Jahrgang, XVI und 1121 Seiten. Stuttgart, Veutsche Verlagsanstalt. Geb. 11,5990 1. Wie in den früher erschienenen Bänden find auch im vorliegenden 17. die Er⸗ gebnisse der neuesten Rechisprechung und Literatur jum Bürgerlichen Gesetzbuch, zur Zivilprozßordnung, zum Handelsgesetzbuch und zu den Reichsnebengesetzen sowie zu den ergänzenden Landes gesttzen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Elsaß-⸗Lothringen,

Vessen, Meicklenburg⸗Schwerin, Sachsen-⸗Weimar-Gisenach und sieben weiteren Einzelstaaten im ganzen ju 285 Gesetzen Übeisichtlich nach deren Paragraphbenfolge in det Form von Rechts atzen wiedergegeben. Von der Rechtsprechung find

alle einschlägigen ährend des Jahres 1916 in den ver— schiebenen Zeitschriften und Sammiungen verbffentlichten Ent⸗ scheidungen des Reichsgerichts, des Kammergerichts, des bayerischen Obersten Landesgerichts, der Oberlanbesgerichiz und der höͤchsen VBerwaltungegertchtsböfe der Einzelstaaten und darüber hinaus auch unveröffentlichte Erkenntnisse des Reichtgerichts verwertet unter An— passung der Nechtssätze an den Tatbenand und an den Original⸗ wortlaut der betreffenden Entscheidung und unter Voranstellung von Stichwörtern als Inhaltsangabe bei den einzel nen Rechts sätzen. Auch die Kriegeentscheidungen, die im Anschluß an dle bisherigen Gesetze ergangen sind, haben Ausnahme gefunden, während die Gnischeidungen jum Fkriegtnoirecht, also zu den anläßlich des Kritgeg erlassenen Ge⸗ setzen urd Veroidnungen in einem Gonderbändchen wiedergegeben werden seller. Die übersichtliche Anordnrng detz umfangreichen Gioffegz und die kurze, klare Fassung der Rechissaͤtze ermöglichen es

auch dem üm praktischen Lehen ssebenden Laken, sich schaell und zu⸗ 1

verlässig über schon ergangene Entscheidungen iu unterrichten.

Jahrbuch des Strafrecht und Strafpreiesses, heraue. gegeben von Hofrat Dr. H. Th. Soergel und Regterungtrat Rrauft. XI. Jahrgang: Rechtsprechung und Literatur 1916. TLIX und 377 Seiten. Hannover, Helwingsche Verlags buchhandlung. Jeb. 4, 50 Æ. Dieser XI. Jabrgang glbt den wesentlchen straf⸗ rechtlichen und strafprozeßrechtlichen Inbalt der im Jahre 1916 per⸗ sffentlichten Entscheidungen des Reichsgerichts, des Reichs militãr· gerichtz, des vreußischen Kammergerichtg, des baperischen Obersten Tandesgerichtz, der einzelstaatlichen Dberlandesgerschte und der Ober- kriegsgerichte der Armeekorps wieder. Die mitgeteilten Rechts⸗ grundfatze sind 127 Fachzeitschriften einschlleßlich der offitiellen Ent⸗ scheidungssammlungen entnommen und erläutern Vorschriften pon 151 Gesetzen und Verordnungen des Reichs und der Einzelstaaten. Daneben bringt der Jabrgang die Ergebnisse der strafrechtlichen und strafprozeßrechilichen Literatur des Jahreg 1916. Bie kurien Auszüge

nd mii bekannter Sorgfalt abgefaßt, so daß auch dieser Band dem hint gute Dienste leisten wird. In den 11 bisher erschienenen Bänden sind Entscheidungen zu mehr als 909 Reicht, und Landes— gesetzen und ‚verordnungen enthalten. Uebherall beigefügte Quellen angaben erleichtern ea, jede gesuckte Entscheidung auch in der offi⸗ zielen Sammlung oder der Zeitschrift nachsulesen, die sie ausfüͤhr⸗ licher wiedergegeben hat. Die Enischeidungen und Auffätze zu den Kriegsnotgesetzen und verordnungen strafrechtlichen Inhalts sind in diefem Jahrbuch nicht berücksichtigt; ihr Inhalt wird in einem Sonderbandchen Kriegsstrafrecht. mitgetellt.

Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts, heragus— gegeben von den Sengispräsidenten und dem Obermilitẽr⸗ anwalt unter Mitwirkung der jurtstischen Mitglieder der Senate und der Mitglieder der Militäranwaltschaft. 20. Band. 320 Seiten. Berlin, Verlag von Franz Vahlen. Geb. 6 A6. Dieser neue Band enthält im ganjen 86 Urteile und Beschlüsse des höchsten Milltärgerichtahofs mit ausführlicker Begründung, darunter sämtliche wichtigen kriegs rechtlichen Gnischeldungen, die von Anfang Nooember 1915 dis Mitte Juli 1916 ergangen ind. Gegen die im Felde oder an Bord gefällten Urteile sind die Rechtsmittel der Berufung und Revision unzulässig; gleichwobl hat das Reichsmilitärgericht Gelegenheit gebabt, sich über eine Reihe kriegsrechtlicher Fragen eutzusprechen. Viele andere Erkenntnisfe beireffen neben Fragen des Militärrechts auch allgemeine strafrechtliche Fragen und Materien des besonderen Teils des Reichsstrafgesttzbuchs sowie Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anterer Gesetze. Ein ausführliches alphabetisches Sachregister und ein Verzeichnis der Paragraphen der Gesetze und Verordnungen, ju denen die mitgeteilten Urteile und Beschlüsse er⸗ gangen sind, geben Kunde von dem reichen Inhalt des Bandez, der den Praktiker des allgemeinen Strafrechts und den Militarjuristen in gleicher Weise intꝛressiert.

Der Welttrtteg und der „Zusammenbruch des Völkerrechts“. Gine Abwehr unb ÄUnklage von Dr. Ern st PYüller-Meiningen, Ober landesgerichtsrat in Munchen, Mitglied des deutschen Reichttags und der baverischen Abgeordnetenkammer. 4. neubearbeitete, stark vermehrte Auflage. 2 Bände (VIII, 552 und VIII, 473 Seiten). Verlag von Georg Reimer, Berlin. Geh. 16 66. „Bei Ausbruch des Krieges fliegen alle diese Paragraphen des Völkerrechts wie Fetzen über das Wasser“, diese Aeußerung dez ehemaligen britishen Marinemmisterg Lord Selborne llingt wie ein Motto zu den Varlegungen des Verfassers über Weltkrieg und Völlerrecht', die nunmehr, jzu einem starilichen zweit ändigen Werle angewachsen, schon in vierter Auflage votliegen. In schlüssiger Weise jeigt er an der Hand einer Fülle scharf beleuchteten Tatsachenstoffz, wit unsere Gegner, insbesondere England und seige Staatgmänner das Völkerrecht rücksichtsloß in Trümmer geschlagen haben, wo es immer der brutalen englischen Machtpolitit ein Hemmnis werden tonnie. Er weist nach, daß Belgien selbst den Vertrag von 1839 gebrochen und damit seine Neutralität verletzt hat, daß England eingestandenermaßen entschlossen war, auch gegen den Willen der Brüsseler Regierung in Belgien einzumarschteren, daß England unter Bruch , Zsichezungen den Krieg in die Kolonten getragen und farbige Völter auf den europäischen Kriegsschauplätzen verwende bat, baß es die Neutralität Fes Suezkanals und im Bunde mit Fapan die Chinaz verletzt, daß es nach dem Eingeständnis seiner Offiziere englisch: Truppen mit Dumdummunition versehen hat usw. Was Rußland und Frankreich anbelangt, so werden die Zerstörung des deulschen Gotschafisge baude in Petersburg, die fortgesetzte Mißhandlung wehrloser deuischer Verwundeten, ja ihre planmäßige Abschlachtung, zabilose Fälle von Raub, Plünderung und Zerstörung angeführt und nachgewiesen. Dazu kommen die Luftangriffe auf unverteidigte Städte außerhalb des Kriege gebieig, die schomlose Vergewaltigung Griechenlands, das System der schwarzen Listen “, daß der Souveränität der Veremigten Staaten von Amerika ins Gesicht schlägt, aber von diesen ruhig ertragen witd. Trotz alledem schließt das Wert, das sowobl als Nachschlage⸗ buch für den Polittker wie alg zusammenhängende Einführung in die Theorie und Praxis des Völkerrechte, wie schließlich als feffelnder Beitrag ur Geschichte des Weltkriegs Beachtung versient, mit hoff nungthollem Optimismus. Dazu ermutigt den Verfasser vor allem der Anblick des deutschen Volkes, das in heiliger Begeisterung sich selbst und die tiefften Quellen seiner Kraft 6. hat und in dem die Idee des Staategß mit der Idee des Rechts aufs innigste verwachsen ist, aber auch die Wahrheit des Satzetz, der in einer Kund⸗ gebung der drei standinavischen Staaten enthalten ist: „Sich der Grundsätze des Völkerrechts ernnern, heißt das gemeinsame Erbe der ztvilisierten Nationen wahren“.

Laud⸗ und Forstwirtschaft.

Bern, 9. Mai. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Aufstellung über den Viehbestand Frankreichs ist die Anzahl der Rinder auf 12341 950 Stück gegenüber 12520 1066 am 1. Juli 1916 und 12723 946 am 1. Juli 1915, die Zahl der Schafe von 12261 000 am 1. Jult 1915 auf 10 815 280, die Zahl der Schweine von 14 908 886 auf 4 361 3900 gefallen. Die Pariser Blätter betonen, diese Statintt führe die Berechtigung der von der Regierung ergriffenen einschränkenden Maßnahmen klar vor Augen.

Washington, 8. Mai. (W. T. B.) Nach dem heute ver—⸗ öffentlichten Monatsbericht des Ackerbaubureaus betrug der Durch⸗ schnittsstand von Winterweizen am 1. Mai 73,2 oo gegen 6334 / im Vormonat und 82,4 bo im Vorjahre. Die Anbau⸗ fläche wad auf 27 653 000 Acres angegeben gegen 34 829 000 Acres im letzten Erntejahr, der Ertrag des Aere duf 13,2 Bushels gegen 15,1 Bushels im Jahre 1916, waͤbrend das GeJsamter gebnis der Winterweizenernte auf 366 100 000 Bushels geschätzt wird gesen eine Schätzung von 430 Millionen Bushels am 1. April 1917 und ein endgültiges amtliches Ergebnts von 482 Millionen Busbhels im Vorjahr. Von der gesamten Anbaufläche von Frühjahrswetzen wurden 72,4 0/0 gepflugt gegen 70, 4 0lo im Vorjahr und 58,7 oso bepflanzt gegen 56,7 / i. V. Der Vu rch⸗ Ischnittsstand von Roggen wird auf SS, s o / J angegeben gegen S6 im Votmongat und S8,7 o/o im Vorjahr; die Gesamtzernte wird auf 60 735 009 Bushels geschäßt gegen 66: Millionen Bushels am 1. April, 47 Milltonen Bushels im Vorjahr.

Theater und Mnusik.

Im Königlichen Opern hause wird morgen, Freitag, „Der fliegende Holländer mit den Damen Kemp, von Scheele⸗Muuer und den Herren Unkel, Bronsgeesf, Schwegler und Philipp in den Haupt⸗ rollen aufgeführt. Dirigent ist der Ftapellmelster Dr. Stiedry.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Wilden⸗ bruchs vaterlandisches Schauspiel Der neue Herr mit den Damen Goste, Schlüter und den Herren Kraußneck, Pohl, Clewing, Mühl—⸗ hofer, Leffler, Keppler, von Ledebur, de Vogt, Boettcher, Zimmerer und Sach in den Hauptrollen Ee der. Spielleiter ist Dr. Bruck. Sl Vorstellung beginnt um 7 Uhr.

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In é Volkabäühne (Theater am Bälowp'atz sind in der moraen, Tretfeg, siaflfig denden Erstaufführung von Gerhart Hanvt— manng „Glgan die Hauptrollen folgendermaßen bevetzt: Ritter: Josevb Flein, Graf St rschenkli: Emil Janntnas, Elga, seine Gattin: Maria Fein, Marino, seine Mutser: Elisabeth Hruby, Dimitri, Hrischka, Gigs Brüder; Hans Felix, Richard Bruno, Ogtnski: Raoul Atlan, Timorfa, Hausverwalter. Ferdinand Hregori, Vortka, Zofe Elgaz:. Gertrud Welcker, die Amme: Hermine Straßmann- Witt. In kleineren Rollen sind die Herren Ernst Benzinger, Ertch Nadler, Wilhelm Biedermann beschäftigt. Bühnenbilder und Ge⸗ wänder sind nach Entwärfen von Ernst Stern angefertigt. Spiel leiter ist Ferdinand Gregori.

Das Berliner Philharmontsche Orchester gab, wie W. T. B. meldet, gestern abend in Kopenbagen unter der Leitung von Nitisch vor ausverkauftem Hause im Konzertpalast ein Konzert, dem auch das Königspaar mit dem Kronprinzen und von der deutschen Gesandtschaft der Gesandte Graf von Brockdorff⸗ Rantzau mit dem Legationgrat Grafen Wedel und dem Militärattachs Haupt⸗ mann von Reergaard beiwohnten. Ursprünglich war für Kopenhagen

nur ein Konzert vorgesehen, jedoch ist für Freitag ein iweltes angesetzt

worden. Mannigfaltiges.

Der Bund deutscher Gelehrter und Künstler hat fübrende Männer unseres gelstigen Lebens dazu gewonnen, sich in öffentlicher Kundgebung über das Wesen der deutschen Freiheit zu äußern. Der feindliche Mächtebund, der gegen Deutschlands 6. vergeblich anrannte, versucht fich jetzt darin, dem deutschen Volk die Form seiner staatlichen Freiheit vorschreiben zu wollen. Auch dieser Uebergriff muß seine Zurückweisung erfahren. Professor Friedrich Meinecke wird am Freitag, den Mai, nach einletten den Worten Adolf von Harnacks über „die deutsche Freiheit sprechen. Ihm folgen am Dienztag, den 22. Mai, Professor Serin mit etnem Vortrag Staat und Gesellschaftsverfassung“ un Piofessor Troelisch über westliche Demokratien‘. Am Freitag, den 25., spricht Professor Hintze über Imperialismus und deutsche Weltpolitik“. Sämtliche Vorträge finden im großen Sitzungssaal des Preußischen Abgeordnetenhauses statt; der Reinertrag wird eirer Krieg shtlfe zugeführt. Gintrittekarten für einen Abend zu S 2, für alle 3 Abende iu S6 5. = sind hei Bote u. Bock. A. Wertheim, in der Geschäftsstelle des Freiwilligen Er⸗ ziebungebeirates für schulentlassene Waisen, Seydelstr. 2 (Zentrum 10427) und an der Abendkasse erhältlich.

Ueber Mars, seine Kanäle und Gisfelder‘ spricht der Direktor Dr. F. S. Archenhold unter Vorfübrung zahlreicher Lichtbilder am Vienstag, den 15. Mal, Abends 7 Uhr, im großen . der Treptower Sternwarte; am Mutwoch, den 16. d. M. Abends 8 Uhr, findet in Vortrag von Dr. Ludwig Darmstädter: Amerikas Eingreifen in den Weltkrieg‘ stalt. Außerdem sind für die nächsten Tage folgende kinematographischen Vorträge angesetzt: Sonnabend, den 12. d. M., Nachmittags 5 Ubr: Japan, Land und Leute“; Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: ‚Gurepätsche und exotische Fon 5 Uhr: Japan, Land und Leute“, Äbends 7 Ubr: Mit Ojeandampfer von Bremen nach New Jork‘; Mittwoch, den 16. Mai, Nachmittags 5H Uhr: Vom Monte Rosa zur afrikaniichen Küste. Mit dem großen Fernrohr werden am Tage Sonnen flecke, Abends der Saturn beob- achtet. Die Sternwarte ist täglich von Nachmittags 2 bis Abend 11 Uhr geöffnet. .

Völklingen (Kreis Saarbrücken), 9. Mai. (W. T. B.) Bei Gelegenheit des Hüttenfestes der Röchlinaschen Werke wurde folgendeß Telegramm an Seine Majestät den Kaifer und König gesandi: „Ueber 10 000 versammelte Hütten und Munitions- arbeiter und deren Angehörige geloben in felsenfestem Vertrauen auf den endgültigen volltändigen Steg unserer Waffen zu Wasser und zu Lande Gurer Majestät, unerschütterlich durchzuhalten und allen Möühseligkeiten auch fernerhin ju trotzen und mit äußerster Kraft⸗ anstrengung an der Schaffung der nötigen Wehr und Waffen ununter— brochen zu arbeiten. J. A.: Hermann Röchling.“

London, 9. Mai (W. T. G.) Eine eine halbe Meile lange Kartoffelpolonaise! fand in Kingston stait, wo 14009 Pfund Kartosffeln in Einzelmengen von sechs Pfund zu zehn Schilling angebosen wurden. Von 5000 erschlenenen Personen erhielten Tausende nichts.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Königliche Schanspiele. Freitag: Opernhaus. 124. Abonne- mentsvorstellung. Dlenst · und Freiplätze sind aufgehoben. Der fliegende Holländer. Romantische Oper in drei Atten von Richard Wagner. Mustkalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Suedry. Regte: Herr Oberregisseur Droescher. Chöre: Herr Professor Rudel. Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaug. 126. Abonnementsvorstellung. Der neue Rerr. Scha ispiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Szene gesetzt von Heirn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Opernhaug. 125. Abonnementevorstellung. Der Troubadour. Oper in vier Aufzügen von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienischen des Salvatore Camerano. Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaus. 127. Abonnementsvorstellung. Kyritz⸗Pyritz. At⸗Berliger Posse mit Gesang und Tanz in drei Aufzügen (5 Bilder) von H. Wilken und D. Justinugs,. Mustk von Gustap Michaelis. Musikalische Leitung: Herr Schmalstich. Inszenierung: Herr Regisseur Dr. Biuck. Ansang 743 Uhr.

Familiennachrichten.

Verebellcht: Hr. Hauptmann Balthasar von Aulock mit Frl. Brigitte von Pini iz und Gaffron (Mühnitz).

Geboren: Ein Sobn: Hrn. Grafen Bernstorff , Hin. Major von Hellermann (Charlottenburg) Hin. Ritter⸗ gutzbesttzer Albrecht (Grüben O. X). Hin. Amtsgerichts rat Kullmann (Breslau). Eine Lochter: Hrn. Hauptmann Viersemenzel (Graude nz).

Gestorben: Hr. Pastor em. Ottomar Bock (Groß Gandern). A Stift dame Berta. Giaäͤfin von der Schulenburg a. d. H. Wolfsburg (Fulda). Ehrenstiftßtdame Anna Freiin von

Willssen (Dessau).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Cbarlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedition, Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Expedition Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilbelmstraße 32.

Vier Beilagen sowie die L449. Ausgabe der Dent schen Ger lustlisten,

* *.

Glocke des

Erste Beilage

zum Deutschen NReichtzanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger

3 HEI.

Varlamentsbericht.) Denutscher Reichstag. 1 Nachtrag.

Die Rede des Staatssekretärs des Innern, Staatsministers Dr. Helfferich in der 101. Sitzung des Reichstags, die Vegen verspäteten Eingangs des Stenogramms am folgenden Tage nicht mitgeteilt werden konnte, lautet wie folgt:

Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Cohn nötigen mich zu einer kurzen Erwiderung. Der Herr Abgeordnete Cohn hat zu verschiedenen Malen die Frage gestellt, wie das Ausland diese und jene Dinge bei uns ansieht, unsere „militärisch⸗autokratische Herrschaft“ usw. Ich weiß nicht ob der Herr Abgeordnete Cohn sich die Frage vorgelegt hat, was das Ausland zu seiner Rede sagen wird. (Sehr gut! rechts.) Ich glaube, dasjenige, was das Ausland zu seiner Rede sagen wird, wird dem Herrn Abgeordneten Cohn nicht zur Ehre und dem deutschen Vaterlande nicht zum Vorteil ge—

reichen. (Lebhafter Beifall rechts, im Zentrum und links. Un— ruhe und Zurufe bei den U. S.) Sie müssen es ja besser wissen;

ich bin überzeugt, daß Ihr Vaterlandsgefühl so viel besser ist als das meinige, daß Sie das besser beurteilen können als ich.

Meine Herren, was für ein Bild muß das Ausland von den Verhältnissen bei uns gewinnen, wenn der Herr Abgeordnete Cohn hier Geschichtchen erzählt, wie die, der Unterstaatssekretär Wahn— schaffe habe eine Anzahl Arbeiter nach der Reichskanzlei eingeladen, und dann seien die Arbeiter verhaftet worden. Herr Abgeordneter ohn, wissen Sie, wie die Sache liegt? Ich nehme an, daß Sie barüber unterrichtet sind. Erstens hat der Herr Unterstaatssekretär Wahnschaffe überhaupt keine Arbeiter nach der Reichskanzlei ein— geladen. Es ist richtig, daß er in den aufgeregten Tagen des Streiks von einer Deputation ohne seine Aufforderung besucht worden ist. Zweitens: es ist möglich, daß von diesen Arbeitern einige verhaftet worden sind. Ich weiß es nicht. Jedenfalls weiß ich, daß sie nicht auf Veranlassung des Herrn Wahnschaffe verhaftet worden sind, und daß auch Herr Wahnschaffe nicht weiß, ob und welche von den Leuten, die bei ihm waren, verhaftet worden sind. (Zuruf von den U. S.) Alle? Gut, dann sind sie aber gewiß nicht wegen des Besuchs in der Reichskanzlei verhaftet worden. Ich muß annehmen, daß es sich um die Rädelsführer bei dem Streik gehandelt hat, und zwar nicht bei dem Streik des ersten Tages, sondern bei dem Streik, der in einer bestimmten Munitionsfabrik weiter geschürt wurde. Und da ssage ich: von Gottes und Rechts wegen sind die Leute verhaftet worden. (Sehr richtig! rechts, im Zentrum und bei den National⸗ liberalen. Unruhe und Zurufe bei den U. S.) Rechts wegen! (Unruhe und lebhafte Zurufe bei den U. S.) Meine Herten, wenn Sie es wollen, sage ich es zum dritten Mal: von Gottes und Rechts wegen! (Unruhe bei den U. S.)

Meine Herren, wir haben gegenüber dem Streik, glaube ich, ein gwoößes Maß von Ruhe und Gebduld gezeigt. (3uruf rechts) Wir haben das nicht gu bereuen. Es ist doch schließlich gelungen, daß in einem oder zwei Tagen die Leute, die mißleitet, in falscher Erregung ihre Arbeit verlassen haben, bis auf wenige Ausnahmen, zu ihrer Arbeit wieder zurückgeführt worden sind, ohne daß ein Schutzmann überhaupt nur den Säbel hat zu ziehen brauchen. Wenn aber dann Kräfte am Werk waren, die verhindern wollten, daß die Leute an ihre Arbeit für unsere Truppen draußen zunüchkehren, und wenn diese Leute dann hochgenommen wurden, so hat da das Oberkommando in den Marken, das die Verhaftung veranlaßt hat, nichts getan, als seine Pflicht und Schuldigkeit. (Sehr richtig! rechts.)

Wenn der Herr Abgeordnete Cohn versucht, der Festnahme einiger Rädelsführer eine Wendung zu geben, daß der unbefangene Zuhörer sich dabei eine Räubergeschichte denken muß, daß der Herr Unterstaats⸗ sekretär Wahnschaffe Leute zu sich auf die Reichskanzlei einläbt und sie dann verhaften läßt ich weiß nicht, ob er dem deutschen Vater— lande damit nützt. (Sehr richtig! rechts. Zuruf v. d. U. S.) Weiter hat der Herr Abgeordnete Cohn geglaubt, nicht darauf ver— zichten können, Ausführungen, die er schon in der Kommission über den Herrn Reichskanzler gemacht hat, auch hier wiederzugeben. Das Persönliche ist eine Sache für sich. Wenn aber der Herr Abgeordnete Cohn gesagt hat, unsere Truppen kämpfen nicht für des Vaterlandes Wehl, sie sind das Opfer einer unglücklichen Regierung, so heißt das in dem Zusammenhang seiner übrigen Ausführungen, daß unsere Re⸗ gierung am Krieg schuld ist. Jeder, der die Rede des Herr Abge⸗ ordneten Cohn mit angehört hat, wird diesen Eindruck aus seiner Rede gewonnen haben müssen. (Zuruf von den U. S.) Sie bestätigen: „mindestens mitschuldig“, und das halten Sie wohl für vaterländisch und patriotisch! (Zuruf von den U. S.) In einem Augenblick, in dem unsere Soldaten draußen diesem Ansturm unserer Feinde entgegen⸗ sehen und entgegentreten und ihr Bllut fürs Vaterland einsetzen, glauben Sie Ihre eigene Regierung der Mitschuld an dem Krieg be— zichtigen zu dürfen und glauben damit dem Vaterland einen Dienst tu leisten. Außerhalb bieses Hauses würde ich für ein solches Verhalten eine Bezeichnung haben, die mir in diesem Hause nicht gestattet ist. (Sehr richtig! rechts) Der Herr Abgeordnete Cohn hat für seine Anschulbigung nicht den Schatten eines Beweises beigebracht, und er kann nicht beigebracht werden. Gurufe von den U. S. Präsidenten. Er hat sogar, indem er den Herrn Reichskanzler angriff, das Gegenteil von dem gesagt, was aus dieser seiner Anschuldigung herausklingt. Er hat behauptet, der Herr Reichskanzler sei ich weiß nicht, ob er das Wort Schwächlling ge⸗ braucht hat, aber es kam in der Sache darauf hinaus ein Schwäch⸗ ling, der sich hinter die oberste Heeresleitung verkrieche, der sich won ber obersten Heeresleitung den Willen diktieren lasse. Er hat gesagi, der Herr Reichskanzler habe den Krieg nicht gewollt. Das ist wohl das einzige gutressende Wort, das ich in den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Cohn gehört habe. (Sehr richtig) Der Herr Reichs= kanzler hat in der Tat den Krieg nicht gewollt, und wenn es trotz⸗=

) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatoͤsetretãre.

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Von Gottes und

Berlin, Donnerstag, den 10. Mai

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dem zum Krieg gekommen ist, dann war es nicht unsere oberste Heeres⸗ leitung, sondern die Gegner, die den Krieg herausbeschworen haben, und an die können Sie sich halten, Herr Abgeordneter Cohn! Ich wüßte nicht, wen hier in Deutschland Sie mit Recht beschuldigen wollen, daß er diesen Krieg veranlaßt eder miweranlaßt habe. Bis zum letzten Augenblick dey Herr Reichskanzler hat das oft genug dargestellt, es ist aktenmäßig —, bis Fun letzten Augenblick ist bei uns von allen Seiten das Aeußerste getan worden, um diesen Krieg zu vermeiden, bis zur Grenze der äußersten Möglichkeit, bis zur Grenze dessen, was für die Verteidigung unseres Vaterlandes über— haupt noch erträglich war. (Lebhafte Zustimmung.)

Ind dann der U⸗-Bootkrieg! Wenn Sie glaubten, hier den Herrn Reichskanzler angreifen und sagen zu können, der Herr Reichs⸗ kanzler habe auch hier gegen seine Ueberzeugung sich anderer Meinung unterworfen, so erwidere ich: der Herr Reichskangler hat sich von An— fang an auf den Standpunkt gestellt, daß er die politische Verant— wortung für das Einsetzen dieses Kriegsmittels, das politische Folgen von großer Tragweite in Aussicht stelle, übernimmt und trägt auf sein Gewissen hin. Er hat in Verhandlungen vor dem Hauptaus— schuß, deren Einzelheiten ich hier nicht entwickeln will, zum Ausdruck gebracht, daß er, solange er nicht die Ueberzeugung gewonnen hat, daß uns der U⸗-Bootkrieg einem siegreichen Ende näher bringt, nicht dafür zu haben ist, und diesen Widerstand hat er geleistet, bis die Situation sich so gestaltet hatte, daß der Herr Reichskanzler glaubte, die Verantwortung übernehmen zu können. Das stelle ich fest gegenüber der Anschuldigung, daß der Herr Reichskanzler gegen sein Gewissen sich einem fremden Diktat gefügt habe.

Weiter! Wenn alle diese Dinge im Auslande unsere Sache und damit unsere Truppen schädigen müssen, so steht es nicht besser mit dem, was Herr Abgeordneter Cohn über den Streik ausgeführt hat. Ich denke, unsere Arbeiter draußen sind vernünftig. Wenn sie es nicht wären, wenn sie sich durch das, was Herr Abgeordneter Cohn vorhin ausgeführt hat, beeinflussen ließen, so wäre das höchst bedauerlich; denn die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Cohn über den Streik und die Berechtigung des Streiks können nicht anders wirken als eine Aufreizung zum Streik. (Sehr richtig) Herr Abgeordneter Cohn hat gesagt, die Arbeiter seien allein berufen, darüber zu entscheiden, ob ein Streik stattfinden soll oder nicht. Nein, heute hat kein Mensch die Entscheidung über sein Schicksal, über das, was er zu tun hat oder nicht, die Arbeiter ebensowenig wie der Soldat, wie Sie alle, wie ich. (Lebhafte Zustimmung.) Wir alle stehen im Dienste des Vaterlandes; keiner hat aus Gründen seiner Person das Recht, zu entscheiden, was er in vaterländischen Dingen zu tun und zu lassen hat.

Herr Abgeordneter Cohn hat weiter gesagt: wenn die streikenden Arbeiter sich an ihn oder an seine Freunde wenden, dann vertrete er selbstverständlich ihre Sache. Sie halten es also für selbstver⸗ ständlich, daß Sie die Arbeiter beim Streiken unterstützen. Damit handeln Sie gegen Ihre vaterländische Schuldigkeit. Wenn die Ar— beiter sich in solchen Fällen an Sie wenden, so ist es Ihre Schuldigkeit, die Leute zu beruhigen (Sehr richtig rechts), sie aufzuklären und ihnen gut zuzureden. Das haben Sie nicht getan, Herr Abgevrdneter Cohn. (Zuruf von den U. S. und von rechts) Das Gegenteil will ich nicht behaupten. Ich weiß davon nichts. ordnete Cohn das Recht für sich in Anspwuch genommen, die Albejter, die streiken und auf diese Weise unsern Truppen in den Rücken fallen, in diesem Tun zu bestärken und zu unterstützen. (Zurufe von den u. S. Glocke des Präsidenten) Wenn es Phantasien wären, würde sich niemand mehr freuen als ich; aber es war leider traurige Wirk— lichkeit, was wir hier erlebt haben. ECebhafte Zustimmung rechts.)

Schließlich hat der Herr Abgeordnete Cohn auch wieder die Er— nährungefrage aufgeworfen. Ich weiß ja: die Ernährungsschwierig⸗ keiten, in denen wir uns infolge des Wirtschaftskrieges, des Hunger— krieges, den England heraufbeschworen hat, befinden, lasten schwer auf uns, aber nicht nur auf uns, sondern auf allen Völkern. Der Hunger— krieg, den England heraufbeschworen hat, ist ein so ungeheuerliches Verbrechen, wie es die Welt noch nicht gesehen hat, ich hoffe, daß wir nahe an der Zeit sind, wo der Urheber dieses Hungerkrieges noch viel schwerer leiden wird, als es bei unserem eigenen Volke der Fall ist. (Bravo rechts) Aber Herr Abgeordneter Cohn hat diese Not, in der sich unsey Volk befindet, dazu benutzt, um sie für seine politischen Zwecke auszumünzen. Er hat wieder mit dem Gedanken operiert: Streik Brot Frieden. Das steht für ihn alles im Zusammen⸗ hang miteinander. Nein, der Friede, den Sie mit solchen Reden her— beiführen wollen, bringt unserem Volk kein Brot. (Lebhafte Zu— stimmung rechts lebhafter Widerspruch bei den U. S.) Der Friede, der unserem Volke das Brot bringen soll, der Friede, den wir erst noch erkämpfen müssen, das ist nicht der Friede, den Sie uns bringen können. Sehen Sie die Angriffe im Westen! Die Hunderttausende vonn Engländern und Franzosen, die täglich gegen unsere braven Truppen anstürmen sind das Leute, mit denen wir heute Frieden schließen können? Glaubt jemand ernstlich, daß der Friedensschluß heute eine Frage der Bedingungen ist? Nein, er ist eine Frage des Siegeswillens, und der Siegeswillen ist bei den anderen noch nichk gebrochen. Einen Frieden, wie wir ihn wollen und brauchen, verschaffen Sie uns mit Ihren Reden nicht! und der Frieden, den Sie möchten, der bedeutet nicht Brot, sondern Hunger für unser Volk. Gebhafte Zustimmung rechts, im Zentrum und links. Zurufe bei den U. S.) Er bedeutet nicht Freiheit, sondern er bedeutet Knechtschaft. (Erneute Zustimmung.) Tas spreche ich nicht aus, sondern das sind die Worte unserer Feinde. Lesen Sie nur ihre Reden und Zeitungen! Der Herr Abgeordnete Haase schüttelt mit dem Kopf. Ich weiß, die Zeitungen, die Ihnen konvenieren, verdienen Kredit, aber die anderen, die Ihnen nicht kon— venieren das existiert nicht! (Zurufe von den U. S.) Ich wieder⸗ hole: Sie brauchen nur die ausländische Presse zu lesen, Sie finden darin keinen anderen Frieden als einen solchen, der unser deutsches Volk in Sklaverei und Knechtschaft führen will. (Zuruf von den U. S.) Ich habe neulich im Ausschuß einen Artikel des französischen Senators Humbert verlesen, der ungefäht ich habe das Blatt nicht hier mit den Worten schließt: zu Sklaven müssen wir diese Rasse

Jedenfalls hat der Herr Abge⸗

von Stlaven machen, die von der Weltberrschaft träumte! So

sieht der Friede aus, den die Feinde uns gönnen und geben wollen. Nur ein solcher Frieden kann durch die Reden des Abgeordneten Cohn gefördert werden, ein Frieden, wie ihn das deutsche Volk nicht haben will und nicht vertragen kann. Eebhafter Beifall rechts, im Zentrunn, bei den Nationalliberalen und links. Widerspruch bei den U. S.)

104. Sitzung vom Mittwoch, 9. Mai, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Am Bundesratstische: der Staatsminister, Staatssekretär des Reichsschatzzamts Graf von Roedern, der Staatssekre— tär des Reichskolonialamts Dr. Solf und der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Capelle.

Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 21M Uhr 211 .

Die zweite Lesung des Reichshaushaltsplanes für 1917 wird fortgesetzt mit dem Etat für die Verwaltung der Kaiserlichen Marine. Der Hauytausschuß be— antragt, den Etat unverändert zu bewilligen und folgende Reso⸗ lution anzunehmen: „den Reichskanzler zu ersuchen, dafür zu sorgen, daß den Kommandanten der Luftschiffe Tafel⸗ und Messegelder wie den Kommandanten der U-Boote, Torpedo⸗— boote, Vorpostenboote und sonstiger Hilfsschiffe bezahlt werden, und diese Bestimmung rückwirkende Kraft erhält“.

Der Referent Abg. Dr. Pfleger Gentr.) spricht namens des Ausschusses der deutschen Marine die rückhaltlose Anerkennung und den größten Dank für ihre heldenhaften Leistungen aus; diese An erkennung und Lieser Dank gebührt ebenso der Führung wie den Mannschaften. Ebenso gedenkt er mit gleicher Anerkennung der den Kämpfen zum Opfer gefallenen Angehörigen der Marine. Die See— schlacht am Skagerak habe die englische Flotte des Nimbus der Un—= besiegbarkeit entkleidet. Die U⸗Bootbeute des April werde sich auf nicht, weniger als 1,1 Millionen Tonnen belaufen. Mit der zuver—⸗ sichtlichen Hoffnung auf die Herbeiführung eines baldigen siegreichen Friedens begleite die Volkspertretung auch in Zukunft die Betätigung unserer Seestreitkräfte. (Beifall) Der Referent geht sodann auf die Kommissionsverhandlungen ein, die zu der Resolution geführt haben und gibt einen Ueberblick über die Erörterungen der Gehalts- und Lohnfragen der Angestellten und Arbeiter auf den Kaiserlichen Werften.

Staatssekretär des Reichsmarineamts von Capelle—:

Meine Herren! Ich möchte der hohen Reichshaushaltskommission wie dem Herrn Referenten den tiefempfundenen Dank der Marine für die anerkennenden Worte aussprechen, die er den Unterseebooten und den übrigen Streitkräften der Marine gewidmet bat. Ich möchte auch besonders dafür danken, daß er die Unterseebootskommandanten erwähnt hat, die auf dem Felde der Ehre gefallen sind. Es wir uns ein neuer Ansporn sein, die Eiwartungen, die das gange deutsche Volk heute auf seine Unterseeboote setzt, zu erfüllen. Cebhaftes Brawoh

Meine Herren, voller Begeisterung sind die Unterseeboote an die große Aufgabe herangegangen, Schulter an Schulter mit unserer sieg⸗ reichen Armee in die Entscheidung einzugreifen, um ben Schlußakt dieses gewaltigen VWölkerkrieges herbeizuführen. Ich kann hier die Versicherung abgeben, daß die Unterseeboote bis zum Ende durchhalten werden. (Bravo) Es ist alles vorhanden, was dazu erforderlich ist: (erneutes Braävoh Unterseeboote, ein geschultes Personal, Torpedos.

Minen, Brennstoff und alles, was sonst noch dazu gehört. (Wieder⸗ holtes Bravoh Und nicht nur das, meine Herren, im ganzen

deutschen Vaterlande regen sich Tausende und aber Tausende von Händen, immer neue Unterseeboote und neues Material, Torpedos und Minen zu schaffen (lebhaftes Bravo); und nicht nur die Zahl der Unterseeboote steigt, sie werden auch qualitativ immer besser. (Bravo) Es werden immer bessere Typen fertig und eine immer größere Leistungsfähigkeit und Seeausdauer erzielt werden. (Bravo!) In der Marine selber drängen die Offiziere, Unteroffiziere und Mann— schaften zum Dienst auf den Unterseebooten. (Bravoh

Natürlich, meine Herren, treten auch Verluste ein. Die Abwehr⸗ mittel der Gegner nehmen quantitativ und qualitativ zu. Aber, meine Herren, ein Radikalmittel gegen die Unterseeboote gibt es nicht. In England eist man jetzt ja so weit, daß man sagt: wir müssen die Stütz⸗ punkte der Unterseeboote ausräuchern, das ist das einzigste Mittel, der Unterseeboote Herr zu werden. Mögen sie nur kommen! (Braboh Mögen sie nur den Versuch wagen, sie werden auf Granit beißen. Lebhaftes Bravo)

Aber auch unsere Unterseeboote nehmen, nachdem ihnen der unge⸗ hemmte U⸗Bootkrieg eröffnet ist, nachdem die Kriegführung ihrer Eigenart angepaßt ist, in ihrer Leistungsfähigkeit dauernd zu. Sie sammeln immer größere Erfahrungen, sie erhalten bessere Bewaffnung, bessere Ausrüstung. Meine Herren, im englischen Parlament wird viel geredet; entscheidend ist die Tatsache der dauernd zunehmenden Monatserfolge lsehr richtig), eine Zunahme, wie wir sie selbst an— fänglich kaum erwartet haben.

Die Angaben der feindlichen Presse über die Zahl der verlorenen U-Boote sind falsch. Unsere Verluste sind gering, viel geringer als wir es selber erwartet haben. (Bravo)h Dabei werden die Verhält- nisse auch bezüglich des Wetters der Sommermonate immer besser, die Tage werden länger und die stürmische Jahreszeit hört auf. Alle neuen Besatzungen, die mit neuen U-Booten herausfahren, sind von dem Bewußtsein gehoben, daß es jetzt ums Ganze geht (Bravoh, und drei Monate Kriegserfahrung, wie ich heute morgen in der Haus— haltskommission ausführen durfte, sind mehr wert als drei Jahre Friedensarbeit. Nach einer einzigen Fahrtunternehmung kommen die Boote zurück, und die Besatzungen sind ausgebildete Unterseeboot— mannschaften, die allen Anforderungen gewachsen sind. (Bravoh

Meine Herren, wir hatten erwartet, daß wir durchschnittlich eine Monatsbeute haben würden von etwa h00 009 Tonnen. Das sind für die ersten drei Monate 1,8 Millionen Tonnen. In Wirklichkeit

beträgt das Ergebnis, wenn ich die drei Monate zusammenzäble, 2.8 Millionen Tonnen (Bravoh, das sind 95 8. mehr, als wir vorher erwartet und unseren Entschließungen zugrunde gelegt hatten (Bravoh, rund eine Million Registertonnen, rund 500 Schiffe mehr. Im ganzen sind bis jetzt versenkt worden in den drei Monaten 1325

Schiffe.

(Hört, hört) Wie lange das so weiter gehen wird, meine

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