1917 / 289 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Dec 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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wichtig! links Deutschland und Preußen haben si der Welt errungen, daß sie stol; und unabhangig s wenn sie sich nicht herabwürdigen wollen, s

und wir sind so, was wir ĩ

dürfnissen geworden sind.

ziehungen treten will, der muß uns

das nicht genehm, so mag er

wir das gleiche Wahl

Volk und Zeit eben

führung des gleichen

Wohl und Wehe unseres

gehen vor allem dahin, daß das gleiche Wahl

unseres Abgeordnetenhauses herbeiführen

Weiterentwickelung unseres Staatslebens

hitgt. (Sehr richtig! R

dem bisherigen Zustand

hauses erfolgen wird. Aber abgesehen davon, en

ordnetenhause als gleichberechtigt setzgebender Faktor nach

Verfassung auch in Zukunft das Herrenhaus abe dav

keine Furcht. Ich habe die feste Zuversicht, daß in der neuen

die für unser Vaterland nach Abschli nr k

Kreise unseres Volkes, die in den iege i

folgung weitgehendster radikaler Ideen si auptsächlich in negativer ; werden, in positiver Mitarbeit

mitzuschaffen und mitzuhelfen (Lachen rechts) an dem weiteren Ausbau

und an der weiteren gedeihlichen Fortentwicklung unseres inneren zreußi⸗

schen Staatslebens. Unruhe und Lachen rechts, Die gewaltigen, noch

nie in ählichem Maße dagewesenen Erschütterungen, die der Weltkrieg

nnserem ganzen Dasein hat zuteil werden lassen, die ihre ni

möglich gehaltenen wunderbaren Erstlingsfrüchte gezeitigt

Begeisterung der Augusttage der spat.

Folgen für unsere innere Entwicklung bleiben. e Meinungen über das, was in verschiedenen Fragen für un t gut und zweckmäßig ist, werden nicht verschwinden, sie werden auch in Zukunft auf einander pla und um ihre Durchsetzung miteinander ringen. Aber bleiben kann, bleiben 5 und bleiben wird meiner Ueberzeugung nach als dauernde Nachwirkung jene hell Iodernden Einheitsflamme die Ueberzeugung z alle Vo ile, alle Parteien dazu berufen sind, mitzuarbeiten an s einen gemeinsamen Vaterlandes. Keinem Volksteil und keiner? i, die in Kampf und Not für das Vaterland eingetreten, darf die Möglichkeit verwehrt werden, an dies. eit gleichmäßig teilzunehmen. (Bravo! links.) Durch freie E g wird die Lust und de an der pesitiven Mitarbeit bei allen gestärkt, durch positive Mitarbeit das Verant— Wortlichkeitsgefühl gehoben und die Arbeit selbst in praktisch brauch bare Bahnen gelenkt werden. . Grenʒenlosen Optimismus, so werden Sie diese meine Aus⸗ fubrungen ielleicht nennen. Sehr richtig rechts, Hört, hört! links.) Ja, meine Herren, ich gestehe es, ich bin Optimist in dem Sinne un in der Richtung, daß ich unverbrüchlich an den guten Geist glaube, der im preußischen Volke lebt, und daß ich daran glaube, daß dieser qute Geist trotz aller Differenzen der Parteien und Lehren, wie sie zutage treten und weiter zutage treten werden, sich durchsetzen und zum Heile des Vaterlandes wirksam sein wird. (Bravo! links. Schon . wir in der Geschichte unseres preußischen Volkes Augen⸗ e en arundstürzer das inne Sefü ö . n, di * g der Zeit gebieterisch gefordert wurden, ins Leben traten. Treffliche Männer, denen das Wohl des Vaterlandes heilig und ernst am Herzen lag, haben diesen Neuerungen gegenüber jedesmal die Befürchtung ausge— sprochen, daß damit die festen Grundlagen des preußischen Staates vernichtet, die Zukunft Preußens zerstört werde. So war es in der großen Zeit vor hundert Jahren, als in der Stein⸗Hardenbergschen Reform unter Beseitigung der Staatsomnipotenz die Selbstrerwal⸗ tung geschaffen, die Erbuntertänigkeit unsrer Landbevölkerung auf— gehoben, die bisherige Grundlage der gesamten Besitz- und Wirt⸗ schaftsverhältnisse mit einem Fedrstrich beseitigt und die Freiheit der Berufe eingeführt wurde; so war es in der Zeit, als Preußen auf— hörte, ein absoluter Staat zu sein und durch seine Verfassung in die Reihe der konstitutionellen Staaten eintrat; so war es, wenn auch in geringerem Maße, Anfang der 70er Jahre, als bei Einführung der Rreisort nung die gutsherrliche Polizeigewalt aufgehoben und Tas Virilstimmrecht der? ittergutsbesitzer beseitigt wurde. (Sehr gur bei der Fortschrittlichen Volkspartei.) ; Alle diese tiefgehenden Aenderungen, von denen das schlimmste für die Zukunft Preußens befürchtet wurde, haben im Endergebnis für den preußischen Staat dank der dem preußischen Volk inne— wohnenden gesunden Kräfte nicht zu seinem Schaden, sondern im Gegenteil zu seinem Nutzen, als wichtige Faktoren seiner weiteren ge⸗ deihlichen Entwicklung gewirkt. (Bravo! bei der Fortschrittlichen Volkẽpartei. Gerade dadurch und nur dadurch, daß Preußen im ent— scheidenden Augenblick entschlossen derartige Neuerungen einführte, die gebieterische Forderungen einer neuen Zeit darstellten, ist der ge⸗ waltige Aufstieg Preußens im Laufe der Zeiten ermöglicht und fest gegründet. (Sehr richtig! bei der Fortschrittlichen Volkspartei.) Unsre große Aufgabe an der Schwelle der neuen Zeit, die anders und besser werden muß als die alte Zeit mit ihrer Fülle gegenseitigen Mißtrauens und Uebelwollens weiter Kreise der Bevölkerung gegen— einander, ist es und muß es sein, alle Volksteile und alle Parteien zur positiven Mitarbeit und zur Freude am Staate heranzuziehen. Bravo! bei der Fortschrittlichen Volkspartei) Das ist aber nur möglich, wenn wit ihnen die Bahn eröffnen, in der gesetzlichen Ver— tretung des preußischen Volkes eine Zahl von Abgeordneten zu haben, die zu ihrer Stärke in angemessenem Verhältnis steht, wenn wir ein Wahlrecht schaffen, das allen grundsätzlich das gleiche Recht ge— währt. (Bravo! bei der Fortschrittlichen Volkspartei Weist man das zurück, so wird das alte Mißtrauen, die alte Verbitterung, der alte Haß, die an unsrer Volkskraft so lange gezehrt haben, weiter bestehen. (Sehr richtig! bei der Fortschrittlichen Volkspartei.) Will man diesem Feind unsrer Volkskraft energisch zu Leibe gehen und ihm den Garaus machen, so muß man sich entschlossen auf den Boden des gleichen Wahlrechts stellen. (Bravo! bei der Fortschrittlichen Volkspartei. Das hat die Staatsregierung mit ihrer Vorlage getan, und sie muß und wird sich darum auch mit allen ihr verfassungsmäßig zu Gebote stehenden Mitteln dafür einsetzen, daß das gleiche Wahl— zecht Gesetz wird. Lebhafter Beifall und Händeklatschen links)

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Auf Einzelheiten der Vorlage mochte ich jeßt nicht eingehen; es ick j im weiteren Verlaufe der Verhandlungen hier im

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griff „Landtag“ äußerlich kennzeichnet. Prüfung

einer Umgestaltung des einen Hauses wirft sich für jeden, der sein Augenmerk auf die Gesamtbedeutung des Landtages für unsern Staat richtet, naturgemäß auch die Frage der Zusammensetzüng und staatlichen Stellung des andern Hauses auf. Es ist verständlich,

ö; . J 5 . 10 * z ( SGressfina znr Maf z im Hinblick hierauf von vielen Seiten die Stellung zur Reform des 8

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scheidung über die Umgestaltung und die ndern Hauses abhängig gemacht wird. äß der Auffassung, daß die Reformen

Herrenhauses zweckmäßig zusammen zur 2 8 bi 3] 3

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Erledigung geb den. An dem Zweikammersystem als

solchem wird seitens der Staats—⸗ ierung unbedingt festgehalten. Wie in vielen andern Ländern, so es sich auch bei uns seit nunmehr schon über zwei Menschenaltern ßzut bewährt. Der große Vorzug dieses Systems liegt darin, daß reben die aus örtlichen Wahlen der gesamten Bevölkerung als solcher. hervorgehende eine Kammer noch ein zweiter Faktor der Gesetzgehung tritt, r auf anderer Grundlage errichtet ist und der die Beschlüsse der Wahlkammer nich einmal unter anderen Gesichtspunkten, die sich us seiner andersartigen Zusammensetzung ergeben, nachprüft. weine solche Nachprüfung unter einem neuen Gesichtswinkel gibt dere Gewähr dafür, daß das, was als gemeinsamer Beschluß kammern zutage tritt, dem Wohle des Staatsganzen im be⸗ sonde ren Maße entspricht. Die jahrzehntelange Geschichte des gedeih⸗ lichen Zusammenwirkens zwischen Abgeordnetenhaus und Herrenhaus hat hierfür nach Auffassung der Staatsregierung den vollgültigen Be⸗ weis erbracht. Differenzen wie die im letzten Jahr bei dem Diäten gesetz hervorgetretene sind so selten gewesen und erweisen sich eben durch das Aufsehen, das sie machen, als etwas so außergewöhnliches, daß sie sich geradezu als die Regel bestätigende Ausnahmen darstellen. wie es in allen Ländern mit einem Zweikammersystem ist, bei diesem Zusammenarbeiten derjenigen Kammer, die icht aus Wahlen der Bevölkerung hervorgegangen ist, in der Regel gegenüber der Wahlkammer, in der die jeweiligen Strömungen und Auffassungen des Tages und der Stunde rascher und lebhafter zum Ausdruck kommen, ein etwas zurückhaltender, mob erierender und tem— perierender Charakter innewohnt, so ist für den gleichmäßigen ordent— lichen und störungsfreien Gang der Staatsmaschine im ganzen ein solcher Regulator nach den in allen Staaten gemachten Erfahrungen etwas durchaus Nützliches. Notwendig allerdings ist, daß die der Wahl⸗ kammer koordinierte Kammer in ihrer Zusammensetzung den Bedürf— nissen der Zeit auch auf die Dauer voll entspricht, da sonst die Gefahr besteht, daß aus einem den gleichmäßigen Gang sichernden und regu— lie renden ein störender, retardierender Faktor wird, der bewirkt, daß die Staatsuhr nachgeht. Es muß deshalb dafür Sorge getragen werden, daß im Herrenhause alle diejenigen Kräfte und Tätigkeits⸗ gruppen entspreckend ihrer Bedeutung für das Ganze vertreten sind und zu Worte kommen, die in unserm Staatsorganismus und seinem öffentlichen Leben, insbesondere auch in wirtschaftlicher Hinsicht, sich als bestimmend und führend im Laufe der Entwicklung herausbilden. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus vollzieht sich unter dem Ge— sichtspunkt der politischen Paxteigruppierung und bringt deshalb die eben genannten Kräfte und die sie repräsentierenden Persönlichkeiten nicht in die vorderste Linie. Es gilt ich möchte hier einen Ausdruck der Naturwissenschaften gebrauchen die „Determinanten“ unseres öffentlichen Lebens, das sich außerhalb des Rahmens der eigentlichen politischen Parteien betätigt, zu erfassen und in einer den tatsächlichen Verhal missen entsprechenden Verteilung im Herrenhause zu vereinigen. Daß und warum die bestehende Zusammensetzung des Herrenhauses, so sehr sie sich auch zurzeit seiner Entstehung diesem Zwecke gerecht zu werden bemüht hat, unter den völlig veränderten heutigen Zeitver— hältnissen dieser Forderung nicht mehr entspricht, ist in der Begrün⸗ dung des Gesetzentwurfs über das Herrenhaus des näheren ausgeführt, so daß ich deshalb hier nicht noch einmal darauf einzugehen brauche. Aus dem Gesetzentwurf und seiner Begründung geht ferner auch bervor, in welcher Weise die Staatsregierung dem erstrebten Ziel gerecht zu werden wünscht. Vertretung der städtischen und ländlichen Selbst⸗ verwaltung und Vertretung der großen Herufsstände, das sind die Hauptkristall isationspunkte, um welche hetum die Neubildung des Herrenhauses erfolgen soll. Daß unsere gewaltig entwickelte und immer höherem Aufschwung entgegengehende Selbstverwaltung und unsere großen Berufsstände, die ihrer Bedeutung für unser öffentliches Leben entsprechend, meist schon öffenklich-rechtlich organisiert sind, und die in ihnen führenden Persönlichkeiten zu den hervorragendsten Deter— minanten unseres öffentlichen Lebens gehören, dürfte außer allem Zweifel stehen, ebenso wie dies bezüglich der Universitäten und tech⸗

nischen Hochschulen sowie der beiden christlichen Kirchen und ihrer

Vertreter als Determinanten unseres geistigen und geistlichen Lebenz der Fall sei f . V Intwurfe in Anknüpfung an die be— persönlichen erblich Berechtigten eine Anzahl geschlagen wird, die sich zwar nicht aus persönlich l aber aus von diesen persönlich Berechtigten aus ihre w zusammensetzt, so liegt hierin nicht lergiglich eine das geschichtlich Gewordene, fondern auch die An— Tats daß diese alteingesessenen Geschlechter ent— ckend ihre en, innigen Verbindung mit dem Werden und Wack sen preußischen Staates ̃ darauf fußehden wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung einen samen Faktor unseres öffentlichen Lebens bilden, dessen besondere Ver— tretung im Hertenhause durch ihre hervorragendsten, von ihnen aus ihrer Mitte präsentierten Vertreter gerechtfertigt erscheint.

Aehnlich liegt es mit der besonderen Vertretung des alten länd— lichen Grundbesitzes, die an Zahl stark vermindert und bezüglich der Vor⸗ aussetzungen lerheblich verändert, dafür aber auf das ganze Staatoͤgebiet ausgedehnt, in das neue Herrenhaus übernommen werden soll. Der mit dem Heimatboden durch Generationen fest verwachsene ländliche Grundbesitz ist für jeden Staat ein besonders wertvoller Faktor und gerade unter unseren preußischen Verhältnissen eine heute und für die Zukunft bedeutsam rminante des Staates und der Wirtschaft. Die Größe des alten Familie tation in di Kurie berechtigen soll, soll entsprechend der starken Ver—

Besitzgrößenverteilung und der wirtschaftlichen Bedeu—

esitzungen in den einzelnen Provinzen verschieden

Das Ganze ist so gedacht, daß nicht nur der so⸗

ite Latifundienbesitz, sondern auch der alte mittlere Besitz am

ntationsrecht beteili n soll. Und wie in Anknüpfung an ge⸗

tlich Gewordenes und unter Berücksichtigung jetziger und künftiger

Bedeutsamkeit für den alten größeren Grundbesitz, so ist aus gleichen

Gründen auch für die auf lange mit dem Werden des preußischen

Staates verbundene Entwicklung zurückblickenden größeren Städte eine

besondere Vertretung im Herrenhause vorgesehen, die herworgehen soll

aus Präsentation der Oberhäupter dieser Städte aus ihrer eigenen Mitte.

Neu angefügt ist diesen beiden historischen Kategorien der Vertreter

des größeren Grundbesitzes und der größeren Städte eine Kategorie von Vertretern aus den leitenden Persönlichkeiten unserer großen Handels⸗ und Industrieunternehmungen. In den Handelokammern herrschen naturgemäß der Zahl nach die mittleren und kleineren Betriebe vor. Die von den Handelskammern ausgehenden Präsentationen werden deshalb in erster Linie das zahlenmäßig in ihnen überwiegende Element be— rücksichtigen. Die großen, leitenden Persönlichkeiten unserer Industrie und unseres Handels werden bei diesen Präsentationen nicht in einer ihrer Bedeutung für unser öffentliches Leben entsprechenden Zahl Be⸗ rücksichtigung finden können. Diesem Mangel soll durch das in 8 3 Abs. 3 vorgesehene Präsentations recht abgeholfen werden, ein Prä- sentations recht, das übertragen werden soll auf vom König zu bestim⸗ mende Verbände, in denen diese Unternehmungen sich bereits jetzt zu⸗ sammengeschlossen haben. ö. Neben diesen gesetzlich festgelegten. durchgängig auf Grund don Präsentationen seitens der dazu vorgesehenen Präsentationskörper zu berufenden Mitgliedem soll, wie bisher eine Anzahl von Mitglie⸗ dern dem Herrenhause angehören, die der König ohne gesetzliche Bin— dung und ohne Präsentation aus freier Entschließung aus Aller— böchstem Vertrauen beruft. Diese Berufungen sind in erster Linie dazu bestimmt, Lücken in der Vertretung, der Berufe usw. auszu— füllen, da eine bis ins einzelnste gehende Spezialisierung der präsen⸗ tationsberechtigten Berufe im Gesetze selbst nicht durchführbar er— schien. Gedacht ist hierbei z. B. an den Rechtsanwalt, den praktischen Arzt, den freien Künstler, den Vertreter der Presse usw.; gedacht ist ferner an Vertreter der jüdischen Religionsgemeinschaft; gedacht ist vor allem auch an Vertreter der Arbeiterschaft, die ja über alle Be⸗ rufe verteilt ist und deren Stimme im Hinblick auf ihre Bedeutung in unserm öffentlichen Leben auch im Herrenhause zu Worte kommen muß. Auch solchen Männern aus an sich im Herrenhause bereits ver— tretenen Berufen, die wegen der geringen Anzahl der zu Präsentieren— den von den einzelnen Berufen usw. nicht haben präsentiert werden können, wird auf diese Weise, falls sie ihrer ganzen Eigenschaft nach zum Gesetzgeber besonders prädestiniert erscheinen, der Zutritt zum Herrenhause zu eröffnen sein.

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Ein wesentlicher Unterschied gegen den bisherigen Zustand liegt darin, daß die Zahl der aus Allerhöchstem Vertrauen zu berufenden Mitglieder künftig eine beschränkte sein wird. Die Staatsregierung hat diesen Vorschlag gemacht, um bei der weitgehenden inneren Aus— gestaltung, die das Abgeordnetenhaus in Zukunft erfahren wird, die selbständige Bedeutung des Herrenhauses als gleichwertigen Faktors unserer Gesetzgebung zu festigen und zu stärken. Bisher konnte der

Theorie nach seitens der Staatsregierung jedes Votum des Herren-.

hauses durch Ernennung einer entsprechenden Anzahl andersdenkender Mitglieder, durch den sogenannten Pairsschub, umgestoßen werden. Es lag darin gewissermaßen ein mögliches Korrektiv gegen die unserer modernen Entwichlung nicht laufend angefaßte Zusammensetzung des Herrenhauses. Wenn mir jetzt das Herrenhaus den Erfordernissen unserer heutigen Entwicklung entsprechend umgestalten, so würde es in gewissem Sinne ein Mißtrauen des Gesetzgebers zu seinem eigenen Werke, ein innerer Widerspruch sein, wenn wir zugleich mit der Re— form dieses Gesetzgebungsfaktors auch seine Wiederausschaltung vor— sehen würden. .

Neben einem auf breitester demokratischer Grundlage aus der ganzen Bevölkerung ohne Sonderung nach Berufs- und anderen Grup— pen frei gewähltes Abgeordnetenhaus, ein im wesentlichen auf berufs— ständischer Grundlage von den dazu berufenen Körperschaften aus ihrer eigenen Mitte durch Auslese der tüchtigsten Persönlichkeiten gebildetes Herrenhaus, beide Häuser in gleicher Weise in ihren Entschließungen unabhängig, selbständig und nicht beiseite schiebbar, das ist das Zeel, zu dessen Erreichung die Staatsregierung Ihnen die beiden Vorlagen gemacht hat. Es ist zweifellos, daß diese für Preußen überaus wich— tigen und einschneidenden Vorlagen von Ihnen ernster Prüfung unter⸗ zogen weiden. Die Staatsregierung ist selbstverständlich bereit, Ihnen bei dieser Prüfung mit den erforderlichen Erläuterungen und allen be⸗ schaffbaren Materialien an die Hand zu gehen, und sie erwartet zuver⸗ sichtlich, daß eine Einigung über das große Reformwerk sowohl mit diesem Hohen Hause wie auch mit dem Herrenhaufe zustande kommen wird. Solch eine Einigung kann natürlich auch eine Abänderung ein

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zelner in der Vorlage enthaltener Bestimmungen mit sich bringen. liunbedingt festhalten muß und wird die Staatsregierung aber, wie ich bereits ausgeführt habe, an der Durchführung des Prinzips des gleichen Wahlrechts als solchen Bravo links), das eben nun einmal den aus— schlaggebenden, wesentlichen Kernpunkt der Reform bildet.

Ich möchte jetzt schließen und Sie nur noch bitten, bei den weiteren Verhandlungen auch die folgenden Gedanken im Auge be— kalten zu wollen. Unsere Feinde und unsere Neider erhoffen die Niederlage unseres Vaterlandes in diesem Kriege nicht mehr von einem Siege auf dem Schlachtfelde, auch nicht von der Aushungerung, sondern von einem Zwiespalt zwischen Krone und Vaterland. (Be⸗ wegung rechts. Sehr richtig! links) Wie ihre mit ungezählten Millionenheeren und ungezählten Milliardenmwerten unternommenen pläne auf dem Schlachtfelde und im Wirtschaftskampfe an Deutsch— lands Kraft zunichte geworden sind, so sollen und werden auch ihre Spekulationen auf einen inneren Zwist an unserm Willen zu innerer Einigkeit zuschanden werden. Die in Ausführung der Allerhöchsten Gotschaft vom 11. Juli d. Is. erfolgte Vorlage über das gleiche Wahlrecht gibt unwiderlegliches Zeugnis dafür, daß Preußens Krone dem preußischen Volke das denkbar höchste Maß von Vertrauen schenkt. (Bravo! links) An diesem Vertrauensverhältnis werden alle Anschläge auf einen inneren Zwiespalt scheitern. (Bravo! links.) Bei Ihnen, meine Herren, liegt es jetzt, dieses Zeugnis des Ver— trauens durch Ihre Zustimmung zu dem vorliegenden großen Reform— werk auch Ihrerseits zu bekräftigen. (Gravo! links.)

Finanzminister Hergt:

Meine Herren! Als Schlußstein für den Aufbau des künftigen Landtages und der Beziehungen seiner beiden Häuser zu einander ist Ihnen ein dritter Gesetzentwurf vorgelegt, den ich zu vertreten die Ghre habe, der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Artikel 62 und 99 der Verfassungsurkunde. Schon äußerlich erscheint dieser Gesetzentwurf nach seinem Umfanze als der kleinste, und auch feinem Inhalte nach tritt er an Bedutung weit hinter die beiden anderen zurück. Er bringt keine großen Umwälzungen in unserm Verfassungs— leben, er beschränkt sich auf wenige Bestimmungen, die es vermeiden, resentliche Abweichungen von dem beste henden Rechtszustande zu bringen, die sich sogar größtenteils an das geliende ungeschriebene Recht anschließen. Und doch wohnt auch diesem Gesetzentwurf eine besondere Wichtigkeit inne. Diese Wichtigkeit liegt in der Materie selbst, die er behandelt, in dem politisch so bedeutfamen, so schwierigen und spröden Budgetrecht und in den Gedankengängen und Beweg— pründen, die zu den Vorschriften des Gesetzentwurfs als ihrem letzten Niederschlag geführt haben; und ich bitte, mich mit diesen Gedanken— gängen und Erwägungen etwas näher beschäftigen zu dürfen.

Der Absatz 1 des Entwurfs bringt eine Erweiterung der Zu— ständigkeit des Herrenhauses bei der Beratung des Staatshaushalts— eiais gegenüber dem Abgeordnetenhause und berührt so letzten Endes die Grundfragen des Zweikammersystems. Die preußische Verfassung eh dabon aus, daß jede der beiden Kammern ein selbständiger Faktor der Gesetznebung ist und keine die andere majorisieren kann. Aber sie räumt doch dem Abgeordnetenhause auf dem Gebiete der Finanz— fragen und Etatsfragen wichtige Vorrechte ein, und zwar ausgehend bon dem Gesichtäpunkt, daß der zweiten Kammer als einer reinen Wahllammer, als derjenigen Kammer, in der sich recht eigentlich die stenerzahlende Kraft des Volkes verkörpert, der überwiegende Ein—= fluß auf die finanzielle Gestaltung des Staatshaushalts gebühte. Deshelb bestimmt der Artikel 62, daß Finanzgesetzentwürfe und Staatshaushaltsetats zuerst der zweiten Kammer vorgelegt werden müssen, und das ist für diesen Gesetzen wurf das Wichtigste daß das Herrenhaus den Staatshaushaltsetat nur im ganzen ablehnen oder

im ganzen annehmen dürfe. Meine Herren, damit ist dem Herren⸗

hause jede Beschlußfassung zu einzelnen Pesitionen des Staats— baushalts versagt. Auf der andern Seite aber ist das Abgeordneten— haus in seinem Ausgabenbewilligungsrecht dem Herrenhause gegenüber fast völlig souverän.

Ich brauche Ihnen nicht näher auseinarderzusetzen Sie wissen kes ja selbst am besten zu würdigen —,, welches außerordentliche bolitische Instrument, welches Machtmittel Ihnen dadurch in die and gegeben ist, daß das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses dem Herrenhause gegenüber so bis zur äußersten Konsequenz durchgeführt s. Sie werden es aber um so mehr verständlich finden, wenn drüben im andern Hause diese Rechtsperminderung, das privilegium odiosum, wie man es genannt hat, als schiwer und drückend empfunden worden ist. Es handelt sich ja nicht bloß um eine Frage des Ansehens, es handelt sich nicht bloß darum, daß das Herrenhaus im einzelnen konkreten Fall mit seiner Meinung zurücktreten muß; nein, die Bestimmung des Artikels 62 muß auf die ganzen Etatsberatungen des Herrenhauses selbst seinen Einfluß ausüben. Denn wenn ich bei den einzelnen Positionen des Etats zwar mit raten kann, aber auf die Entscheidung keinen Einfluß habe, wenn ich zwar der Regierung gegenüber Resolutionen einbringen kann, aber dem andern Hause egenüber nicht zu Worte und noch viel weniger zur Geltung komme, dann, meine Herren, besteht doch die Gefahr, daß mein Interesse zur Sache und meine Arbeitsfreudigkeit darunter leiden. Es hat denn auch nicht an Versuchen beim Herrenhause gefehlt, sich dieser Verminderung tiner Rechte aus eigener Machtvollkommenheit zu entziehen. Aber kiese Versuche liegen weit zurück. Das Herrenhaus hat sich in der Zwischenzeit mit dem geltenden Rechtszuftande abgefunden und hat seine Ctatsberatungen so eingerichtet, wie es dem Artikel Ha entsprach; es hat dabei Entsagung und Zurückhaltung geübt. Aber mit dem zunehmenden Wachstum des Ctats und Sei der zunehmenden Be— deutung derjenigen Fragen, die im Etat niedergelegt sind, sind doch in neuerer Zeit wiederholt drüben im andern Hause Zweifel aufgetaucht, ob es bei dem geltenden Recht weiter verbleiben könne, und nachdem jetzt durch die Allerhöchste Botschaft kundgegeben war, daß das Ab— geordnetenhaus auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden würde, und daß auch die Zusammensetzung des Herrenhauses sich wesentlich Indern würde, hat sich drüben allgemein der Wunsch gezeigt, nunmehr doch auf dem Gebiete der Beteiligung des Herrenhauses bei den Etats beratungen eine Aenderung eintreten zu lassen. .

Es ist nicht zu verkennen, daß in der Tat der gegenwärtige Rechts zustand mit der Entwicklung, die die Verhältnisse in der Zwischenzeit it 1850 gefunden haben, und mit dem Zweck, den die Siaatsregierung mit der Cinbringung der Herrenhausvorlage verfolgt, nicht wohl tereinbar ist. Der Gesetzgeber von 1850 hatte einen Etat vor sich, der mit dem heutigen Etat nicht vergleichbar ist. Unendlich diele Aus⸗ Raben hat der Staat inzwischen neu übernommen und unendlich viele

tagen, die das Stagtsleben und das Volksleben in ihrem Innersten

berühren, sind durch den Etat gelöst worden, werden auch in Zukunft durch den Etat gelöst werden müssen. Wir stehen ja gerade jetzt vor einer Zeitepoche, wo die gewaltige Verschiebung aller Verhältnisse und aller Anschauungen auch auf den Staatshaushaltsetat nicht ohne wesentlichen Einfluß bleiben kann. Der Krieg hat uns gelehrt, unsere Begriffe über die Nützlichkeit und Notwendigkeit der Staatswirtschaft von Grund auf zu revidieren, und die Bedürfnisse, die infolge der durch den Krieg geschlagenen Wunden überall im Volke neu erwachsen sind, die Lasten, die dem Volke in Zukunft auferlegt werden müssen, werden notwendig dazu führen, daß mehr nach dera Staatshilfe und nach der staatlichen Mitarbeit gerufen wird. Es geht daraus schon ohne weiteres hervor, welche veränderte Bedeutung heute die Aus— schaltung des Herrenhauses bei den Etatsberatungen gegenüber der Zeit von 1850 gewonnen hat.

Aber, was die Hauptsache ist, wir werden durch die Herrenhaus— vorlage, die Ihnen zugegangen ist, im Herrenhause der Zukunft einen Kräftezuwachs erleben, den für die Etatsberatung auszunützen das Staatsinteresse und auch das wohlverstandene Volksinteresse gebieterisch erfordert. Der Schwerpunkt des preußischen Etats liegt in seinen kulturellen und in seinen wirtschaftlichen Abschnitten, und die Gesamt— gliederung des Volkes in sozialer und wirtschaftlicher Beziehun spiegelt sich in diesen Aschnitten des Etats wider. Alle die Bevölke= rungsteile, deren Lebensinteressen auf diesen Abschnitten des Etats beruhen, erwarten, daß ihre Angelegenheiten bei den parlamentarischen Verhandlungen mit derselben Sachkunde und demselben Interesse be— handelt werden, wie sie ihnen selbst zu eigen sind, am liebsten also von Vertretern ihres eigenen Berufes, ihres eigenen Standes. Und wo finden wir nun am besten solche Vertreter der Berufe und der Stände? In das Herrenhaus der Zukunft werden durch Präsentation einziehen Vertreter unserer großen Erwerbsstände und unserer Berufs⸗ stände, Vertreter der Selbstverwaltung, der Kirche, der kulturellen Institute. Und sie alle werden dorthin präsentiert und berufen werden unter dem Gesichtspunkt, daß man dis besonderen Erfahrungen, die sie in ihrem Berufe, in ihrem Amte gewonnen haben, nutzbar machen müßten zum Wohle des Staates.

Gewiß, es hat auch Persönlichkeiten dieser Art schon heute im Herrenhause gegeben, aber das waren doch nur einzelne Persönlich— keiten, die als führende Geister auf Grund Allerhöchsten Vertrauens dorthin berufen worden sind. Etwas anderes ist es, wenn nunmehr ganze Gruppen solcher Vertreter auf Grund von Präsentation ins Herrenhaus einziohen werden mit dem ausdrücklichen Auftrage, die Interessen ihrer Berufsgenossen, ihrer Standesgenossen, ihrer Amts⸗ genossen dort wahrzunehmen. Und wird nicht für sie gerade bei den Etatsberatungen ein reiches Arbeitsfeld sich ergeben? Denken Sie nur an die Etats der Betriebsderwaltungen, wo sich die Verkehrs— politik, die Arbeiterpolitäk, die Handels und Bankpolitik des Staates widerspiegeln, denken Sie an die Abschnitte über die gewerbliche Fortbildung, über die technische Ausbildung; worden da nicht die Ver⸗ treter von Industrie, von Handel und Gewerbe am besten zu Worte kommen? Und denken Sie weiter an alle dis Fäden, die sich im Etat zwischen Staat und Kommunen hin- und herziehen, an die zahllosen Zuschußfonds, die ausgebracht sind, damit daraus Zuwendungen an die Kommunalverbände erfolgen. Denken Sie an das gesamie Beamten⸗ und Angestelltenrecht, was ja analog wieder in den Kommunen sich wiederholt, meinen Sie nicht auch mit min, daß da die Vertreter der Selbstverwal tungen, die wir im zukünftigen Herrenhause finden, die gegebenen Personen sind, um ihre Erfahrungen auf diesem Gebiete kundzutun? Und alle diese Vertreter werden mit großem Eifer sich dieser Aufgabe widmen. Sie könnten ja auch einwenden, daß diese Gæauppen bei den Etatsberatungen des heutigen Etats schon zu Worte kommen. Aber ich habe schon hervorgehoben, daß es für das Maß der eigenen Arbeitsfreudigkeit etwas anderes üst, wenn man keine Aussicht hat, mitbestimmend bei den Etatsberatungen zu sein, oder wem man

zigstens eine Aussicht hat, seine Anschauungen zur Geltung zu bringen.

Alles das mußte uns veranlassen, eine Aenderung in dem bis⸗ herigen Zustand herbeizuführen. Es fragte sich nur, wieweit man mät dieser Aenderung gehen konnte. Das Extrem wäre gewesen, wenn auf der einen Seite das Herrenhaus bei sämtlichen Etatsposten zur Einzelbeschlußfassung zugelassen worden wäre, und wenn man auf der andern Seite, um einen Austrag zwischen den beiderseitigen Meinun⸗ gen zu bewirken, eine Durchzählung der Simmen oder eine gemein⸗ same Abstimmung beider Häuser eingeführt hätte. Aber die Regierung hat sich nicht dazu entschließen können, solche radikalen Maßnahmen zu treffen. Würden wir das Herrenhaus insgesamt zur Einzel— beuntung zulassen, so würde der parlamentarische Apparat ganz außer⸗ ordentlich kompliziert werden. Die Ressorts würden in einer Weise in Anspruch genommen, die Session in einer Weise belastet werden, daß letzten Endes die ganze Neuerung sich als technisch undurchführbar erweisen würde. Der Etat, bei dem es heute schon Schwierigkeiten bietet, ihn rechtzeitig fertigzustellen, würde in Zukunft kaum jemals mehr rechtzeitig fertiggestellt werden, und wir würden tzu dem budget⸗ losen Zustand als Dausrzustand kommen, won dem noch nachher zu reden ist. Meine Herten, es würden sich auch in zahllosen Fällen Meinungeverschiedenheiten und damit Reibungen und Auseinander⸗ setzungen zwischen den beiden Häusern des Landtags ergeben, die sicher icht im Interesse des Staates liegen. Wenn man dann gar noch dazu schreiten wollte, für diefe Fälle die Zwischenzählung oder die ge— meinsame Abstimmung heibeizuführen, dann würde das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses in einer ganz außerordentlichen Weise beein⸗ trächtigt werden, in einem Umfange, wie es durch die Entwicklung der Verhältnisse nach Meinung der Staatsregierung zweifellos nicht ge⸗ boten ist. Wir würden in allen diesen zahlreichen Fällen hier an Stelle des Zweikammersystems das Einkammersystem setzen. Die Staatsregierung ist der Meinung, daß an dem letzten Entscheidungs⸗ recht des Abgeordnetenhauses nichts geändert werden darf.

Aber in diesem Rahmen kann sehr wohl dem Herrenhaus eine vermehrte Einwirkung gegeben werden, und das soll geschehen durch die Zwischenverhandlungen, die hier verfassungsmäßig eingeführt werden. Auch sie waren nicht notwendig auf allen Gebieten des Etats. Es konnte sehr wohl dem Herrenhause zugemutet werden, daß es bei neuen und bei außerordentlichen Anforderungen im Etat gegen⸗ über der Ablehnung, die etwa im Abgeordnetenhause erfolgt wäre, mit seiner Meinung zurückträte, daß es insoweit bei den bisherigen Zu— ständigkeiten blieb. Anders liegt etz aber bei allen denjenigen Aus— gaben, die sich bereits im Ordinarium der früheren Staatshaushalte fanden, wo also bereits die drei gesetzgebenden Faktoren des Staates dahin übereingekommen waren, daß diese Ausgaben gerechtfertigt, zweckmäßig waren und als laufende im Etat aufgenommen werden

sollten. Wenn das Abgeordnetenhaus an solchen Ausgaben des Ca' in Zukunft etwa Aenderungen vornehmen sollte, dann ist es nicht mehr als recht und billig, wenn man dem Hertenhause eine gewisse Mitwirkung einräumt. Diese Mitwirkung soll erfolgen im Wege der Einführung eines Verständigungsverfahrens, wie es auch in den verschiedensten Verfassungen anderer Bundesstaaten üblich ist. Das Herrenhaus soll berechtigt sein, in solchen Fällen die betreffende Posi tion, die vom Abgeordnetenhause abgelehnt war, zurückzuperweisen. Es soll dann ein gemeinsamer Ausschuß gebildet werden, in dem eine Aussprache, eine Verständigung gesucht wird, und erst dann soll das Abgeordnetenhaus nochmals über die Position beschließen, allerdings dann endgültig beschließen. Meine Herren, es könnte eingewender werden, daß das ja vom Standpunkt des Herrenhauses aus doch recht wenig ist (sehr richtig! rechts,, indem das Ahgeordnetenhaus ja dann eigenwillig bei seiner Meinung beharren könnte. Aber, meine Herren, Sie wollen doch den Wert eines solchen Verständigungsverfahrens nicht unterschätzen. Es entspricht dem modernen Geist, und es zeugt dies von einer hohen moralischen Auffassung, daß Meinungsverschie⸗ denheiten und Streitigkeiten zwischen großen Interessengemeinschaften nicht im harten, selbstsüchtigen Kampfe, sondern im Wege einer Gini gung aus der Welt geschafft werden. Wir haben bei solchen Vei— ständigungsverfahren, wie sie auf zahlreichen Gebieten jetzt statt finden, dank des beiderseitigen Entgegenkommens, dank des Gemein— sinns, der bei solchen Verständigungen dann obzuwalten pflegt, doch immer die besten Erfahrungen gemacht. So gibt sich die Staats regierung auch der Hoffnung hin, daß es dank des beiderseitigen Ent⸗ gegenkommens und der Verständigung der beiden Häuser in Zukunft gelingen wird, solche Meinungsverschiedenheiten im Wege dieser Ver— ständigung aus der Welt zu schaffen.

Meine Herren, es gibt noch ein anderes Mittel, um wenigstens bei Teilen des Etats dem Herrenhause eine Einwirkung zu verschaffen. Die betreffende Etatsposition braucht nur aus dem Etat heraus— genommen und in Form eines Gesetzes vorgelegt zu werden, damit das Herrenhaus seine volle gesetzgeberische Rolle und Mitwirkung er— hielte. Es ist auch bisher schon der Wunsch des Herrenhauses wieder— holt gewesen, daß dieser Weg von der Staatsregierung eingeschlagen würde. Und nun, wo die großen Neuerungen in unserm Verfassungs⸗ leben eintreten sollen, da ist dieser Wunsch in vermehrtem Umfange wieder laut geworden. Man hat ihn dahin formuliert, daß bei grund⸗ legenden Aenderungen im Etat, bei organisatorischen Neuerungen, bei Ausgaben, die einen großen, neuen Finanzplan der Regierung ent halten, bei weittragenden, über den örtlichen Charakter hinausgehenden Unternehmungen, die den Staatshaushalt auf Jahre belasten, daz in allen diesen Fällen der Weg des Gesetzes statt des Etats beschritten würde. Man hat weiter den Wunsch geäußert, daß dies als eine Verpflichtung der Staatsregierung in die Verfassung aufgenommen würde. Nun, meine Herren, das letztere ist schlechterdings unmög— lich; es gibt keine Möglichkeit, eine Fassung für diese Verpflichtung der Staatsregierung zu finden, die nicht zu Streitigkeiten in jedem einzelnen Falle führen würde. Die Begriffe, was organisatorische Neuerung, was eine hochwichtige, grundlegende Aenderung ist, sind derartig unklar und in den Grenzen so flüssig, daß es niemals ge⸗ lingen wird, das in eine verfassungsrechtliche Vorschrift ordnungs⸗ gemäß zu fassen. Die Vorschrift würde entweder inhaltlos bleiben, oder sie würde zu Meinungsverschiedenheiten und Reibungen führen; und wenn die Staatsregierung, um diese abzuschwächen, etwa nun von vornherein in größerem Umfange den Weg der Gesetzgebung be⸗ schreiten würde, so würde das doch auf Kosten des Budgetrechts des Abgeordnetenhauses erfolgen. Aber in der Sache selbst ist der Ge— danke, der vom Herrenhause vorgebracht ist, allerdings berechtigt. Die Staatsregierung steht nicht an, feierlich zu erklären, daß sie gesonnen ist, in Zukunft solche wichtigen Posiitionen nicht durch den Etat dem Herrenhause entgegenzubringen und das Herrenhaus damit vor eine vollendete Tatsache zu stellen, sondern rechtzeitig außerhalb des Etats oder vorher, vor Einbringung des betreffenden Etats, dem Herren⸗ hause vorzulegen. Das braucht nicht in jedem Falle im Wege des Gesetzes zu geschehen; es gibt auch Möglichkeiten, durch Vorlage einen Denkschrift das Herrenhaus rechtzeitig zu beteiligen. Der gegebene Ort zu dieser Zusicherung wird die Verhandlung drüben im andern Hause sein. Hier wird es genügen, wenn die Königliche Staats⸗ regierung erklärt, daß sie eine solche Zusicherung abzugeben bereit ist.

Das war das, was zum ersten Absatz des Gesetzes zu sagen war. Bei den übrigen Absätzen kann ich mich kurz fassen.

Im zreiten Absatz des Artikels ist vorgesehen, daß Neueinstel⸗ lungen und Erhöhungen von Ausgabepositionen im Haushaltsetat vom Abgeordnetenhause nicht vorgenommen werden dürfen. Es sok also kein Amendementrecht beim Staatshaushaltsetat geben. Das ist ein Grundsatz, der schon längst in diesem hohen Hause aufrecht⸗ erhalten ist, wie ich mit besonderer Genugtuung feststellen kann. Dieser Grundsatz ist in Preußen ungeschriebenes Recht. Er gilt auch anderswo als ungeschriebenes Recht. Geschriebenes Recht ist er in den Verfassungen von Württemberg und Elsaß⸗Lothringen geworden, und es ist interessant, daß in dieser letzteren Verfassung, die im Jahre 1911, also erst in neuerer Zeit, Gesetz geworden ist, die Bestimmung durch den Reichstag selbst, aus der Reichstagskommission heraus, in das Gesetz gekommen ist, und der Reichstag sich damit zu der Richtig⸗ keit und Zweckmäßigkeit dieses Grundsatzes bekannt hat.

In der Tat ist eine ordnungsmäßige Finanzgebahrung, eine plan⸗ mäßige Disposition für die Finanzvemaltung und Stenigkeit und Ruhe im Staatshaushalt nicht denkbar, wenn es etwa möglich sein sollte, daß fortgesetzt Erhöhungen vom Parlament im Staatshaus⸗ haltsetat eingesetzt werden. Die Staatsregierung würde der Auf⸗ nahme dieser Erhöhung an und für sich ja vollkommen machtlos gegenüberstehen; denn sie kann, ähnlich wie das Herrenhaus, nur den Etat im ganzen ablehnen oder annehmen, also veröffentlichen. Sie könnte und würde allerdings geltend machen, daß solche Erhöhungen nicht bindend sind, daß der Etat nur eine Ermächtigung bedeutet, von der man im einzelnen Falle nicht Gebrauch machen darf. Aber auch nach der Richtung würden im einzelnen Falle die Verhältnisse stärker sein und die Staatsregierung nötigen können man denke nur daran, daß es sich um Ausgaben handelt, die Tausenden und aber Tausenden Bürgern zugute kommen —, sich diese Erhöhungen gefallen zu lassen. Das geht in einem ordnungsmäßigen Finanzwesen nicht an. Auch das Herrenhaus ist bei dieser Frage berührt; denn das Herrenhaus wird sich zur Not gefallen lassen können, daß die von dieser Staats regierung im Staatshaushalt selbst aufgenommenen Positionen vom Abgeorrnelenhause abgeündert werden; unerträalich aber muß en fan das Herrenhaus sein, wenn etwa Erhöhungen und nene Positignen min