1917 / 291 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Dec 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Praxis erfahren. r rerwirrt hatte, zerstört, und seine Witwe wandte sich vergeblich an die

Parlamentsbericht.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 103. Sitzung vom 7. Dezember 1917, vormittags

(Bericht von Wolffs Telegraphen⸗Büro.) der die erste Beratung Wahlen zum e Zusammensetzung des Herrenhauses und die Abänderung der Artikels und g9 der Verfassungsurkunde fort gesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Abg von Rede fortfahrend: Der Vizepräsident des hat sich auch auf eine Anzahl von Aeußerungen mit denen dar— werden soll, wie Fürst Bismarck Klassenwahlrecht dachte. Ich verweise den Herrn Vizepräsidenten des Staatsministeriums auf eine Aeußerung des früheren Abg. Dr. Friel berg, daß man mit Zitaten sehr viel odsr nichts beweisen kann. lich ist zu entgegnen, daß Fürst Bismarck nach 1866 vor allen die Sorge hatte, daß gewisse Teile des liberalen Bürgertums ihn an seinem Werk hindern könnten, vor 1870 hatte er noch die weitere Sorge, daß der Partikularismus der deutschen Fürsten Werk gefährden möchte; es ist nichts natürlicher, als daß er . das Schwergewicht der staatserhaltenden Kräfte besser gesichert sah bei der breiten Masss der Arbeiterbevölkerung, namentlich der Bauern, als in gewissen Kreisen der städtischen Intelligenz. Daß das eine Täuschung war, daß die Entwicklung anders lief, hat niemand klarer erkannt als Bismarck selbst; nach dieser Richtumg sollten seine Aeuße—⸗ ungen ergänzt werden durch solche aus den Zeiten, wo er die ab— geklärten Anschauungen seines Landlebens in seinen „Gedanken und Erinnerungen“ niederlegte. Ich verweise da auf Kapitel 21 und andere Stellen, die zu den früheren völlig im Gegensatz stehen, wo es als ein Vorzug hingestellt wird, daß Preußen vor allem von jeder schmach⸗— vollen Verbindung mit der Demokratie freigehalten worden ist. (Hört, hört! rechts) Ich führe weiter eine liberale l Finanzminister Miquel sagte 1867, das allge—⸗ sei das beste Kampfmittel gegen den Jahre später äußerte er zum Fürsten meine Wahlrecht sei unmöglich, die Wahlen lechtere Elemente in den Reichstag. Professor Heinrich von Sxybel hat ausgesprochen, daß dem modernen Liberalis⸗ mus kein gefährlicherer Krankheitsstoff eingeflößt werden kann als diese Sorge von Idealismus, die sich in der Forderung des all⸗ gemeinen Wahlrechts ausdrückte. Ich könnte diese Zeugnisse beliebig vermehren, so auch aus dem Verhandlungen des Frankfurter Parla— ments von 1849. Es ist das große Verdienst des deutschen Liberalis—⸗ mus, daß er es zuwege gebracht hat, zwischen der Seylla unh Charyb— dis der Zwangsgewalt des Staates einen Mittelweg gefunden zu haben, durch den es gelungen ist, eine sehr weitgehende Freiheit zu verbürgen; dieses Verdienst soll ihm nicht vergessen werden. Um so mehr bitte ich die Liberalen, sich der Gefahren bewußt zu sein, die sich ergeben, wenn der demofkratische Grunbgedanke in ihre Kreise eindringt, wongch das Individuum nicht befreit, sondern durch die Massen beherrscht werden soll. Wenn ich die heutige Fortschritts⸗ partei und ihre Aeußerungen mit Eugen Richters berühmtem Buch über den „Zukunftsstaat“ vergleiche, so scheint mir der Weg, den diese Partei genommen hat, ein sehr gefährlicher zu sein. Gewiß war die Haltung meiner Freunde zur Wahlreform früher anders als heute. Aber auch wir nehmen für uns das gute Recht in Anspruch, aus der Entwicklung zu lernen und den Zeitpunkt zu bestimmen, den wir für die Aenderung des Wahlrechts für geeignet halten. Ich glaube, daß eine spätere Zeit die Verschiebung der Verabschiedung der Vorlage der konsenvativen Partei nicht als eine Schuld, sondern als ein Ver— dienst anrechnen soll. Durch diese Vorlgge sollen wie im Reichstage die bürgerlichen Parteien die gleiche Macht erhalten. Es entsteht dann die Gegenfrage, ob die Vorlage das geeignete Mittel ist, um dieses Ziel zu erreichen. Man muß sich fragen, ob das Vertrauen, das diese Vorlage durchzieht, in jeder Beziehung gerechtfertigt ist. Man muß sich auch fragen, ob nach der Rede, die Herr Ströbel hier ge— hallen hat, und angesichts der Tatsache, daß doch nicht unerhebliche Teile des Volkes hinter ihm stehen, der vorgeschlagene Weg der richtige ist. Man könnte diese Sachen nicht allzu tragisch nehmen. Aber ich möchte üben sie doch nicht so mit einer leichten Handbewegung hinweggehen, wie es früher üblich war. Es entwickeln sich da leicht im Lande Anschauungen über ein falsches Stärkeverhältnis der Par— teien. Es ist Herrn Ströbol anscheinend völlig unmöglich, national . denken. Seine Partei ist ja im gewissen Sinne international. Aber sich hien gewissermaßen als Anwalt des Auslandes hinzustellen, das geht denn doch zu weit. Das Vertrauen des Auslandes kann nach ihm nur durch die Demokratisierung Deutschlands er— rungen, werden. Im Ggegensatze dazu hat der Redner der fortschrittlichen Partei dagegen scharfen Einspruch erhoben.

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Wie das Ausland unsere Demokragtisierung fordert, das zeigen ja soeben wieder erst die ganz unverschämten AÄngriffe Wilsons. (Leb— hafte Pfuirufe) Dieser Wilson, dessen Privatleben eigentlich niedriger gehängt zu werden verdiente, wagt es, unsere preußischen Einrichtungen und unsere Krone in unerhörker Weise zu beschimpfen. Früher dachte Herr Wilson über Preußen ganz anders, wo er es als Tas Land mit den vollkommensten Verwaltungseinrichtungen hin— stellte, Unser Militarismus soll diesen Krieg verschuldet haben. Aber hat Herr Ströbel die letzten Wochen geschlafen? Hat er nicht die Geheimdokumente gelesen, die seine Parteifreunde in Rußland veröffentlicht haben? Der preußische Militarismus hat es uns erst ermöglicht, diesen Krieg zu überstehen. Mit einem solchen Manne, der solche Begriffsverwirung konstrujert und sagt, preußisches Wesen müsse vollständig beseitigt werden, kann man eigentlich ernsthaft kaum streiten. (Sehr richtig Unsere Friedenssehnsucht ist ebenso groß wie die der anderen. Auch wir sehen unsere Lieben und unsere Kinder nicht aus Sport bluten und sterben. Das Blut unserer alten Familien wird stromweise vergossen. Wenn wir aber einem schlechten Frieden widersprechen, so tun wir es nicht aus selbstsüchtigen Gesichts—⸗ punkten heraus, sondern aus der Pflicht, die uns zwingt, das eigene Gut und Blut hinter den großen Bedürfnissen unseres Volkes und nicht in letzter Linie unserer Arbeiter zurückzustellen. (Sehr richtig! vechts.). Wenn auf das glorreiche Beispiel der russischen Revolution hingewiesen wird, so verschwindet dieses beim näheren Hinsehen. Tolstoi mußte am eigenen Leibe den Unterschied zwischen Theorie und Sein Gut wurde von den Bauern, deren Köpfe er

demokratischen Machthaber. Dieses haufenweise Morden, dieses Er—

n schießen pflichtbewußter Offiziere durch ihre Soldaten, glauben Sie,

daß diese Glorie irgend jemand von uns reizen könnte? Das russische Beispiel wird weiten Kreisen unseres Volkes zu denken geben, wohin die Reise geht. Herr Ströbel und leider auch Herr Pachnicke machten der lonservativen Partei den Vorwurf, sie be⸗ herrsche noch heute den Staat. Soweit ich mich entsinne, regiert bei uns in Preußen der König. Wenn die konservative Partei und die Junker geherrscht hätten, so wäre heute manches anders. Die Junker

haben gelernt, im preußischen Staate nicht zu herrschen, sondern zu dienen. mit dem Blute der preußischen Junker geschrieben. Ihnen verdanken wir die Grundlage Preußens, —̃ Junkern stand, bestand zum großen Teil nicht aus- Landeskindern.

Die Geschichte der großen Kriege des großen Friedrich ist

und das Heer, das damals unter den,

Und weiter- haben die Junker auch später gelernt, ihrem Staate zu dienen.

Es sind doch eine ganze Reihe respektabler Staatsmänner

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Mitglieder des Volkes?

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mäßigem Frmessen die Ucberzeugung haben, daß der Weg, den die Krone auf den Rat ihrer Naigeber einscklägt, gefährlich ist und dieser Weg zum Untergang von Krone und Land führen muß. (Sehr währ! rechts) Der Abgeordnete Pachnicke hat das Wort pon den „sonderbaren Royalisten“ geprägt. Uns ist es mit, unserem Royalis⸗ mus peinlich ernst; wir schen die Treue zum König nicht darin, Ja und Amen zu sagen, sondern der Krone nach bestem Wissen und Ge⸗ wissen zu dienen mit allem was wix haben, mit Gut und Blut, aber nicht mit unserer Ueberzeugung, wenn es sich um das Wohl der Krone selbst handelt. Cebhafte Zustimmung rechts) Wir, sehen die Frage ebensowenig wie Abgeordneter Pachnicke vom parteipoliti⸗ schen, sondern vem stagtepolitischen Gesichtspunkt an. Wir erkennen an, daß das Wahlrecht reformbedürftig ist in, einer Periode der ungeheuerkichsten Verschiebungen, wo große Vermögen sich ansammeln, andererseits aber mancker Vaterlanpsverteidiger sein Vermögen ver⸗ soren hat. Da kann sich das Wahlrecht nicht auf Steuerleistung und Bermögen aufbauen. Es gibt noch andere nicht minder wichtige Staatsleistungen des Staatsbürgers, die Anspruch auf gleiche Be⸗ handlung in der Gesetzgebung gewähren. Infolge dieses Krieges muß Tas Wahlrecht des Abgeordnelenhauses eine Anderung im modernen Sinne erfahren. Das Reichstagswahlrecht hat keinen demokratischen, sondern gerade einen plutokratischen Charakter, denn Has Kapital spielt dabei eine ausschlaggebende Rolle. Ebenso herrschen in Frankreich bei den Wahlen unbedingt die Großkapitalisten, die sich die. Abge⸗ ordneten kaufen. In dem Buche eines französischen Sozialisten „La démoeratie et les financiers“ wird geschildert, wie sich das Großkapital dank dem allgemeinen Stimmrecht der Wähler be⸗ mächtigt hat und hinter pen Kulissen wirkt. Auch in Amerika haben die Wähler nichts zu sagen, die großen Kapitalassoziationen, die Trusts beherrschen die beiden großen Parteien der Republikaner und der Demokraten. (Sehr richtig! rechts) Amerika ist dadurch das Land der schlimmsten Korruptionen geworden. Edxebhafte Zustimmung rechts) Ein solches Land wagt Abgeordneter Ströbel uns als Muster zu empfehlen. Große Geldsummen sind notwendig, um die Wahlmafchine in Gang zu bringen. Die sozialdemokratische Partei⸗ flasse ist nicht die ärmste, sondern vielleicht die wohlhabendste im Deutschen Reich, und sie hat es verstanden, trotz ihrer liberalistischen Theorien alle Schliche des Kapitals zu beobachten. (Sehr richtig! rechts Das preußische Dreiklassenwahlrecht das war für meine Freunde ausschlaggebend war bei der alten Vermögensverteilung in Preußen geradezu ein Hort des Mittelstandes. (Sehr richtig! rechts.) Fach einer offiziellen Wahlstatistik von 1966 in der „Nouddeutschen Allgemeinen Zeitung“ gaben in der II. Abteilung in 95 3 aller Urmahlbezirke die mittleren Einkommen unbedingt den Ausschlag. (Hört, hört! rechts) Das Dreiklassenwahlrecht ist, also kein pluto— kratisches, sondern verschafft dem Mittelstand eine Vertretung. Richtig ist eins: ein homogenes Wahlrecht im Reiche und in Preußen würde die Macht des Reichstages gegenüber der Regierung ganz außer⸗ ordentlich stärken. (Sehr richtig! rechts) Umgekehrt schwächt diese Gleichartigkeit die Stellung der Reichsregierung ganz ungeheuer, wenn sie nicht im preußischen Landtage einen gewissen, Rückhalt in ihrem Widerstande finden würde. Also die Homogenität ist für die Demo⸗ kratie ein Vorteil, für die Reichsregierung ein Nachteil. Diesen Vorteil erkannte Bebel sehr wohl, in dem er das Wort prägte: Haben wir Preußen, dann haben wir alles. (Zustimmung.) Ist denn die Gleichförmigkeit, objektiv betrachtet, etwas Gutes, hat nicht vielmehr die Mannigfaltigkeit der politischen Erscheinungen viel größere Vor⸗ züge? Ranke hat in dem Widerstreit der Kräfte den historischen Fortschritt erkannt. Die Uniformität im politischen Leben ist gleich⸗ bedeutend mit Tod. Gerade der Kampf erzeugt im Leben den Fort— schritt. Durch diesen Kampf wind die Persönlichkeit wertieft, das Gmpfindungsleben verstärkt. Gleichmacherei ist Unkultur. Das Naumannsche Wort von dem Kulturwahlrecht trifft auf das jetzt vorgeschlagene Wahlrecht nicht zu. Nicht in der Unifizierung, son— dern in der Differenzierung und in der Anpassung des Staatsrechts an die Kulturnotwendigkeiten liegt die Entwicklung und der Fort— schritt. Was die Vorlage selbst betrifft, so nimmt die Begründung Bezug auf, die Tüchtigkeit des Volkes und seine Fähigkeit zur Mit— arbeit an den Staatsgeschäften und fordert Vertrauen zu ihm. Der Abgeordnete Lohmann hat gestern schon darauf hingewlesen, daß die Folgerungen aus diesem Vextrauen nicht so gezogen werden müssen, wie es die Vorlage tut. Nicht alle Schichten des Volkes haben gleiches Verständnis für politische Dinge. Die Parteien und vielleicht uch die Regierung haben in dieser Beziehung ein kurzes Gedächtnis. Ich, Crinner Sie daran, daß vor wenigen Tagen der freisinnige Vexichterstatter über die Ernährungsfragen auf die erschreckende Zu— nahme der Krinninalitat und die Abnahme des Verantwortungs⸗ Fefühls in weiten Schichten des Volkes hingewicsen hat. Die Herren Sozialdemohrgten haben mit Fug und Recht wiederholt das nieder⸗ trächtige Gelbahren der Kriegswucherer gegeißelt. Sind das nicht alles , Sollen die alle dasselbe Wahlrecht. haben? Weiter heißt es in der Begründung, 2. gleichen politischen Leistungen auch gleiche politische Rechte entsprechen müffen. An sich ein sehr

richtiger Gedanke; aber herrschen nicht in den Leistungen die größten Differenzen? Sollen wir die pflichttreuen Schichten mit demselben Maße messen, wie je nes die wenig ode re nichts getan haben? * (Sehr richtig!“ rechté) Geyade den Grundsatz, daß gleicken politischen Leistungen gleiche politische Rechte entsprechen müssen, führt nicht zum gleichen, sondern zum ungleichen Wahlltechkt. 1

der Vorlage zeigt ein warmes Herz und ein Kefes Verständnis für ethische Gedankengänge, aber leider einen Mangel an politischem

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Staats sekretãre.

Verständnis. (Cebhafte Zustimmung rechts) Der grenzenlofe Opti⸗

Sendergrt. Ve deutsche Kultur beruht nicht Teil auf der Verschiedenartigkeit der deutschen Stämme.

mismus des Ministens des Innern führt allzu leicht zu Experimenten, und diese können wir im Interesse des preußischen Vaterlandes Deu tschlanes nicht mitmachen. (Lebhafte Zustimmung rechts.)

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politischen Freure halten es angesichts der cußerordentlichen C ren der gegenwärtigen Situation für geboten, rückhaltlose Krit: Dem Reilckstagswahlrecht zu üben. Gegen die Einführung diefes lrechts in Preußen sprechen alle Erfahrungen und auch rein „clitische Erwägungen. Dieses Wahlrecht entspricht fFeinss wens r Zufamenfetzung des Volkes. Die gewerblichen Kreise sind im Reickstege auch nicht annähernd richtig vertreten, wähmrend Schrift⸗ sieller und Redakteure, Rechtsanwälte usw. unverhältnismäßig stark vertreten sind. Vor allen Dingen, und das ist ausschlaggebend, ist das Reichstagswahlrecht das ungerechteste Wahlrecht, das überhaupt gefurden werden kann. Lebhafte Zustimmung rechts) Es ist ein einfeitiges Mehnheitsrecht, die, rücksichtslose Vergewaltigung der Minderheiten. Lassalle hat bereits erklärt, das allgemeine Wahlrecht sst dar Grundstein, auf welchem der sozialdemokratische Staat auf— gebaut und auf welches gestützt die gegenwärtige staatliche und soziale Welt aus den Angeln gehcben werden soll. Daran hält die Sozial⸗ demokratie noch fest in ihrem Klassenkampf, und dieser Standpunkt zeigt, was wir von der Herrschaft den Massen zu erwarten haben Wir würden eine furchtbare Vergewaltigung aller Minderheiten im Volke erleben, einen Klassenstaat schlimmster Artz mit Zuchthaus. charaktey. (Lebhafte Zustimmung rechts) Die Sozialdemokratie will zu gestandenenmgßen mit dem allgemeinen und geheimen Wahlrecht die Klassenherrschaft des Proletariats in Deutschland aufrichten. (Zu— stimmung.)

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Dagegen haben nicht nur wir, sondern andere Bundes⸗ staaten schwere Bedenken, z. B. Sachsen. Zahlen beweisen. 1898 er⸗ gaben die Wahlen in Sachsen 54 R aller abgegebenen Stimmen, da— gegen hatte sie 2 von 23 Manbaten erreicht. Das Reichstagswahl⸗ recht führt zu den schlimmsten Auswüchsen der Ungerechtigkeit. Die großen Städte sind nicht durch das intelligente Bürgertum, dem sie ihre Blüte verdanken, sondenn ganz einseitig durch die Sozialdemo⸗ kratie vertreten. Alle großen, alle führenden Geister werden durch dieses Wahlrecht in die große Masse heruntergedrückt und ver— schwinden. Und wie denken denn unsere großen Geister über die Majorität? Ich verweise auf das bekannte Schillersche Wort, ich zitiere Goethe: „Nichts ist widerwärtiger als die Majorität.“ Das allgemeine Wahlrecht steht im Widerspruch mit allen Erfahrungen, die wir als Menschen auf religiösem Gebiet und in der wissenschaft⸗ lichen Erkenntnis gemacht haben. Die religiöse Ueberzeugung lehrt uns im Gegensgtz zu der verhängnisvollen naturrechtlichen Theorie von J. J. Rousseau, daß die Menschen nicht gleich, sondern ungleich zusammengesetzt sind; die Aufgabe der Lebensführung ist es, das Böse im Menschen zu untendrücken, das gelingt beim Einzelnen in verschiedenem Maße, führt also zur Ungleichheit. Sämtliche Erkennt⸗ nisse den modernen Wissenschaft weisen zwingend darauf hin, daß di Menschen nicht ursprünglich gleich und nur durch die Geschichte und den Staat verdorben sind, daß sie vielmehr von Anfang an differen⸗ ziert gewesen sind und im Laufe der Geschichte noch mehr differenziert worden sind. Das gleiche Wahlrecht kann nimmermehr als ein Fort⸗ schritt, sondenn muß als ein Rückschritt aufgefaßt. werden, der geeignet ist, alle Kulturerrungenschaften, alle Freiheit des Geistés und ker Kirche zu vennichten, indem sie den Menschen in die nackte Zwang gewalt des Staates, be⸗ herrscht von der einseitigen Herrschaft der Massen, zurückführt. Und welche Gestaltung der Dinge“ würde sich realpolitisch ergeben, wenn das gleiche Wahlrecht in Preußen eingeführt wird? Man siehi in den Kreisen der Anhänger des gleichen Wahlrechts den über⸗ wiegenden Einfluß der Sozialdemokratie für ungefährlich an, weil dagegen genügende Kautelen vorhanden seien. Ich fürchte das Gegen- teil. Die Sozialdemokratie denkt nicht an Versöhnung, sie denkt nu an Klassenkampf; jede von den edelsten und reinsten Motiven diktierte Auffassung wird durch den Gang der Dinge nicht gerechtfertigt werden. Die Statistik gibt einen Anhalt dafür, wie sich mit dem Reichstags⸗ wahlrecht die Zusammensetzung des preußischen Abgeordnetenhauses gestalten wird. Es läßt sich berechnen, daß statt zehn Sozial⸗ demokraten hundertvierundvierzig, statt zwölf Polen fuͤnfunddreißig hier sitzen werden, daß die Nationalliberalen und Konservativen ganz wesentlich geschwächt werden, daß die Majorität völlig von den Sozialdemokraten beherrscht werden würde. Die nähere Darlegung

befindet sich in einer von meiner Partei ausgearbeiteten .

die wir gern zur Verfügung stellen. Die preußische Steuerpoliti war bisher beherrscht von dem Grundsatz ausgleichender Gerechtigkeit; die direkten Steuern werden nach der Leistungsfähigkeit aufgelegt. In Frankreich hat man es bekanntlich immer noch nicht zu einer einiger— maßen brauchbaren Einkommensteuer gebracht. Kommen 144 ode vielleicht sogar 200 Soezialdemokraten in dieses Haus, so ist es damit vorbei; man wird die Henne schlachten, die die goldenen Eier legt. Wohin das führt, sehen Sie heute an Rußland; die dortige Ent⸗ wicklung wird uns däfür in den nächsten Jahren noch recht lehrreiche Beispiele liefern. In einer Welt, wo die Zahl unbedingt herrscht, wird die preußische Landbevölkerung unbedingt der städtischen Massen⸗ herrschaft ausgeliefert sein, ein Durchhalten wie in diesem Kriege würde mit einem solchen Landtage nicht mehr möglich sein, unerträg⸗ liche Lasten würden auf den Großgrundbesitz gelegt werden. (Zuruf des Abg. Adolf Hoffmann: Diese Angst um das Portemonnaie.) Der preußische Großgrundbesitz darf neben seinen politischen auch wirt⸗ schaftliche Verdienste in Anspruch nehmen, er hat große Mengen von Vorräten für die Volksernährung in diesem Kriege bereitgestellt, er hat die ländliche Produktion in dreißig Jahren verdoppelt. Bisher ist ist es möglich gewesen, eine einheitliche Kirchen⸗ und Schulpolitik im Interesse von Kirche, Schule und Staat gleichermaßen zu treiben. Unter dem gleichen Wahlrecht wird die Aufrechterhaltung der kon⸗ fessionellen Volksschule ein Ding der Unmöglichkeit sein. Die preußische Volksschule hat nicht sowohl auf eine große Menge von totem Wissensballast, als auf die sittliche und religiöse Erziehung den Hauptwert gelegt und uns damit die Männer geschaffen, die sich diesem Kriege 9 sehr bewähren; sie hat weiter verstanden in puncto Wissen einen Rekord zu erreichen, der alle Welt schlägt; in Deutsch⸗ land wird pro Kopf 13 4, in England nur 8, in Frankreich nur 7 6 aufgewendet, in Deutschland zählen die Analphabeten auf 10 000 Köpfe nur zwei, in England 100, in Frankreich 330. (Hört, hört! rechts) Was der Haß der Demokratie gègen die Religion bewirkt, haben wir in Frankreich erlebt. Die großen Vemrdienste des 3 in den roßen Städten erkennen wir ohne weiteres an. Wir würden im Interesse unseres besitzenden Bürgertums es auf das tiesste beklagen, wenn als Folge der Demokratisierung des Landtagswahlrechts auch das Kommunalwahlrecht denselben Weg gehen würde, Wir fürchten, daß infolge einer Radikalisierung des Landtages auch die Monarchie leiden würde. Der Herrscher würde angesichts einer demokratischen Landtagsmehrheit mehr als im Reichstage schweren Konflikten aus— gesetzt sein, die Monarchie würde bei uns leicht zu einem Schatten⸗ königtum herabsinken. Das ist unserer Ueberzeugung nach unerträg—⸗ lich. (Lebhafter Beifall rechts) Unsere Partei, ebenso wie alle an⸗ deren, bis tief in die Linke hinein, sind eng verknüpft mit dem König⸗ tum, das wir nicht der Undankbarkeit der Sozialdemokratie überlassen . Unter dem gleichen Wahlrecht soll unsere Wehrkraft fester undiert sein. Wer so argumentiert, übersieht die grundsäßzliche Feind⸗ schaft der Sozialdemokratie gegenüber unserer Heeresverfassung. Es wird auch übersehen, daß die Erfolge des Reichstags in dieser Be⸗ ziehung nur erreicht wurden durch die Mehrheit der Mandate und nicht der Wähler. Wie es in der äußeren Politik aussehen würde, das kann man ja nach den Worten des Abg. Ströbel ermessen.

leben nun einmal in einer Welt der harten Tatsachen.

Gegner wünschen uns zu unterdrücken und selber zu h

Unter sozialdemokratischer Leitun würde Deutschland Sklapen der Völker, besonders Amerikas, werden. Auch

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Gefahr für die Bundesstaaten . in Betracht gezogen werden.

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In dem Augenblicke, wo Preußen der Temokratie ausgeliefert wird,

einmal: Haben wir Preußen, dann haben wir alles. geht für die anderen Bundesstagten jeder Halt verloren. Diese haben in der Sonderart, Preußens ein starkes Bollwerk ihrer eigenen um unwesentlichen Es ware

vermessen, wenn wir hier an Bismarcks weisen Grundfaͤtzen rütteln

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Aög. Hir sch (Soz): Die Verherrlichung des Junkertums, der Angriff auf die Sozialdemokratie und der Vorstoß gegen das Reichs— tagäwahlrecht zeigen, wie schwach die Position der Konservativen im

Augenblicke ist.

Die Behauptung, daß das gleiche

Wahlrecht der

Krone abgepreßt worden sei, ist durch die gestrigen Erklärungen des Viepräsidenten des Staatsministeriums, wonach die Gewährung des gleichen Wahlrechts der ausdrückliche Wille der Krone sei, ein für

alemal beseitigt.

Haben Sie (zu den Konservativen) kein Gefühl für

die komische Wirkung, wenn Sie glauben, die Krone gegen sich selbst n Schutz nehmen zu müssen? Gerade weil das Reichstagswahlrecht die Minderheiten unvertreten läßt, fordern wir die Einführung des Prrportionalwahlrechts. Davon will aber Herr von der Osten nichts wisn. Es ist unrichtig, daß wir die Aufrichtung der Klassenherr—

schat, des Proletariats wünschen.

Wir sind gegen jede Klassenherr—

bart, Leider sind die Aussichten für die Durchführung des gleichen

N 6.

Wohlechts nach dem, was wir gestern von den

Parteien gehört haben,

seht gering. Wenn es der Geschicklichkeit der Regierung nicht gelingt,

äinen Umschwung herbeizuführen, so ist das Voahlteform überhaupt gescheitert.

König unmöglich bieten. Ein würde

vieder P Preuße ve geschaltet.

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unterschreiben und de zwischen Krone im Auslande

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ahlrecht kann der Kriegsteilnehmern und Parlament

erhöhen.

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ausge⸗ gleichen

Das auf die

Idealisten hin, die nur dem Staate dienen und sich niemals be— reichern wollen. Aber jetzt wollen sie die Lebensmittelpreise noch immer höher haben, weil die Landwirte sonst nicht produzieren könn⸗ ten. Diese Agitation besteht, seitdem die Schutzzollpolitik inauguriert ist. Der Krieg hat gezeigt, ö wir vierzig Jahre hindurch den Derren die Zölle umsonst gezahlt haben. Tatsachlich haben die Junker niemals dem Staate gedient, sondern den Staat beherrscht, sie beherrschen ihn noch heute. Herr v. d. Dsten hat nur die Kriege unter Friedrich dem Großen erwähnt. Aber in dem Kriege zu Anfang des vorigen Jahrhunderts haben sich die Junker nicht rühmlich verhalten. Uebrigens kommt es bei der Beurteilung der Junker Richt auf die Tätigkeit des einzelnen, sondern der ganzen Klasse an. Jetzt gilt es nicht nur das Dreiklafsenwahlspystem abzuschaffen, son— dern auch ein von Grund aus anderes Wahlsystem in Preußen ein— zuführen. Der Abg. v. d. Osten erblickt in dieser Wahl reform eine Einschränkung der Rechte der Krone! Quis tulerit Gracchos de seditione querentes? Die Verfassung stellt auch die Entlassung der Minister als ein Kronrecht hin; dieses Recht der Entlassung aber haben Sie (rechts) stets für sich in Anspruch genommen ich brauche ja nur an die Entlassung des Herrn von Bethmann Hollweg, an die Broschüre von Junius Alters, an die Adlonversammlung zu erinnern. Ihre Ministerstürzerei ist doch auch nicht erst von gestern und heute. Herr von Heydebrand meint, wir seien mit der Vorlage auf dem Wege zum parlamentarischen System. Ich wünsche das, und es ist ja möglich, aber die Einführung eines demokratischen Wahlrechts ist noch keines— wegs ein Schritt zum Parlamentarismus. Die Geschichte lehrt, daß die Gefahr gewaltsamer Umwälzungen viel größer ist, wenn die Forde⸗= rungen der Demokratie nicht rechtzeitig erfüllt werden, das lehrt uns die jüngste Geschichte mit nicht mißzuwerstehender Deutlichkeit. Ueber den Wert der uns gemachten Vorlagen weiche ich von der Auffassung des Abg. Ströbel ah. Die Vorlage bringt das direkte und geheime Wahlrecht und das Prinzip der Gleichheit. Dagegen legt sie der all— gemeinen Wahl eine Reihe von Einschränkungen auf. Sie erhöht die Wahlrechtsmündigkeit von 24 auf 25 Jahre, sie setzt eine dreijährige Staatsangehörigkeit voraus, sie verlängert die Dauer der Ansässigkeit in der Gemeinde von einem halben auf ein ganzes Jahr. Alle diese Einschränkungen erscheinen uns durchaus unzulässig. Wie will man rechtfertigen, daß ein Wähler, der zehn Jahre in Berlin gewohnt hat, das Wahlrecht verliert, wenn er nach Friedenau zieht, sobald die Wahl erfolgt, wenn er noch nicht ein Jahr in Friedenau wohnhaft war? Was sollen die heimkehrenden Krieger sagen, wenn sie genötigt, einen anderen Wohnsitz zu wählen, unter ähnlichen Voraussetzungen ihr Wahlrecht nicht ausüben können? Dann hätten sie den Dank des Vaterlandes durch den Verlust des Wahlrechts erhalten! Diese Be⸗ stimmungen müssen beseitigt werden. Ein PRirektes Ausnahme recht gegen Berlin ist die Vorschrift, daß man ein Jahr lang in demselben Wahlbezirk gewohnt haben muß, denn in ganz Preußen ist nur die Gemeinde Berlin in mehrere Wahlbezirke geteilt. Wir Sozial⸗ demokraten verlangen das allgemeine, geheime, direkte und gleiche Wahlrecht für alle über 20 Jahre alten Personen beider Geschlechter. Gerade in der heutigen Zeit erscheint uns die Erfüllung dieser Forderung unerläßlich. Den Frauen darf das Wahlrecht nicht weiter vorenthalten werden; alles, was die Begründung für die Gewährung des aktiven Reichstagswahlrechts überhaupt anführt, trifft in gleichem Maße auch auf die Frauen zu. Wenn es nach dem Kriege gilt, das Verheerte, Zerstörte, Verwüstete wieder aufzubauen, dann werden die Frauen in ganz eminentem Maße zur Mitwirkung berufen sein. Es muß ganze Arbeit gemacht werden. Ein wirklich gleiches Wahlrecht werden wir ja auch bei underänderter Annahme der Vorlage nicht haben, denn die ö ungerechte, den Großgrundbesitz begünstigende Wahlkreis⸗ einteilung will die Regierung ja bestehen lassen, obwohl Preußen sich in den sechzig Jahren aus einem Agrar⸗ in einen Industriestaat ver⸗ wandelt hat. Die kleine Korrektur, daß automatisch jeden Wahlkreis ein Abgeordneter mehr vertritt, wenn der, Zuwachs der Bevölkerung 0 0h Seelen erreicht, ist absolut ungenügend. Die Vorlage zur Reform der Zusammensetzung des Herrenhauses kann un nicht im geringften befriedigen. Wir stehen auf dem Standpunkt der Be⸗ seitigung des Zweikammersystems. Will man das Herrenhaus bei⸗ behalten, dann muß es eine ganz andere Zusammensetzung als jetzt und als es die Vorlage will, erhalten. Vor allem müssen die Arbeiter eine Vertretung durch das Gefetz erhalten. Die Berufung des einen oder des anderen Arbeiters aus königlichem Vertrauen hat keine Bedeutung. Die Vorschläge, die schließlich hinsichtlich der Etatsvechte beider Häuser von der Regierung gemacht werden, vermindern das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses so, daß wir uns damit bedenklich dem Zustande nähern würden, der in Ocsterreich durch den berüchtigten S 1 geschaffen ist. Daß die drei Vorlagen in einem unlösbaren inneren Zusammenhang staͤnden, wird durchaus zu Unrecht behauptet; früher ist bei den Wahlrechtsanträgen nie von einer gleichzeitigen Reform der usammensetzung des anderen Hauses die Rede gewesen. Jetzt plötzlich foll diese gleichzeitige gemeinsame Aktion eine Conditio sine qua non sein. Her r das Haus gar die Verkoppelung der drei, Vorlagen. so wächst die Gefahr, daß die dringendste Reform, die Reform des Wahlrechts, überhaupt nicht zustande kommt. Es muß aber ganze und schnelle Arbeit gemacht werden. Die Herren Konserpativen aber wollen überaus gründliche Beratung; am liebsten wäre es ihnen, wenn wir erst nach Beendigung des Krieges an die Lösung der Frage hexangingen, wie Ts ja auch die Dentsche Vaterlandspartei als Ziel verfolgt. Die Taktik ist nun zu durchsichtig; nach dem Krigge sind so gemalt Ausgaben zu lösen, daß die verfassungs rechtlichen Fragen ohne woiterez in den Hintergrund treten müssen. Darum muß das Verfa urg; werk noch vor Beenksgung des Krieges und vor dem Ende der Lagislatur⸗ periode durchleführt werden. Bittenste Klage muß ich auch darüber führen, daß ums moch immer die Abhaltung von Versammlungen un⸗ möglich gemacht wird. Hier muß gleichas Recht herrschen. Waß man den Konservativen und ider Vat rlandspartei erlaubt, mu auch uns gestattet fein. Die Vaterlandspartei will sich zwar ni jt um innerpolitische Fragen kümmern, das tut aber eingestandenermaßen ihre Tochtzergesellsckaft, der Bund der Kaisen treuen, der sogar um Ucherfendung von Material zur Bekämpfung der Sbzialdemokratie büttet und fich dabei der Unterstützung der Behörden erfreut. Hoffent⸗ lich macht diefen der Minister des Innern den Standpunkt klar. Bei den früheren Vorschlägen handelte os sich um eine rein deutsche Angelegenheit. Heute handelt es sich um das Ansehen Preußens und Dentschlands vor der Welt. Ich glaube selbst nicht, daß eine Demo— krasjfierung Deutschlands unsere Feinde heute zum Frieden geneñgter mächle. Aber mit welcher Schadenfreude würden sie guf. uns herab, sehen, wenn es den Wahlrechtsfeinden gelänge, die Vorlage zu Fall zu bringen. Die Regierung darf es dazu nicht kommen lassen, nach⸗ dem sie sich auf daz gleiche Wahlrecht festgelegt hat. Den Faustschlag ins Gesicht. en eine Ablehnung bedeuten würde, darf sie nicht hin⸗ nehmen! Scheitert die Reform, dann gibt es für die Regierung nur den Weg über dem Reichstag. Die Regierung darf erst den Kriegs⸗ teilnchmern nicht zumuten, noch, einmal nach, dem alten System wählen zu missen.ů Es handelt sich hier um einen Kampf zwischen der Krone und der Regierung auf den einen und den Konservativen und dar Schwerindustrie auf, der, anderen Seite. Die Anhänger der Regierung haben die Pflicht, hier die Krone vor einer Niederlage zu bewahren. ; . ; ö Abg. Dr. Schiffere r (nl): Ich stehe nicht unter dem Ein- druck, aks ob man sich bisher immer, der ganzen Verantwortung der Aufgabe bewußt geworden ist. Die Haltung der konservativen Partei in früheren Jahren ist daran nicht ganz schuldlos, trotzdem ich ihr daraus keinen Vorwurf machen will, daß sie nicht auf dem alten Standpunkt stehen geblieben j. In Uehereinstimmung mit anderen Rednern möchte ich aber feststellen, daß dieser ganzen r unter einem parteipolitischen Gesichtswönkel nicht beizukommen ist Die Aufgaben, die uns hier gestellt werden, ö. so eminenter Natur und stellen sich den größten nationglen Aufgaben Preußens an die Seite, und sle sind für die Zukunft Preußen so entscheidend, daß sich daraus schon ergibt, daß man den Partei standpunkt nicht ibera guf⸗ rechterhaften kann. Es hat sich arg elbst 6 prüfen, ob mit der An. nahme diefer Vorlage eine emste Gefahr eien oder für das Reich vorhanden ist. Die Verhandlungen haben deshalb guch ge⸗ zeigt, daß auch innerhalb der . Parteien hierüber verschiedene Auffassungen vorhanden sind. s gilt namentlich von den Mittel⸗

Pluralwahlrechts gehört dahin.

Abgeordnetenhauses in hohem Maße unterschätzt.

die sich über dis

parteien. Aber auch unter den anderen Parteie . ehen Zweifel, was

Vorlone ein einheitliches Urteil gebildet haben, be eventuell anstelle der Regierungsvorlage zu setz Wie im Hause ist auch draußen im Lande die Stimmung. Dort erheben sich wichtige Stimmen, an denen die Regierung nicht wird achtlos vorübengehen können. Es ist von der allergrößten Bedeutung für die kulturelle pelitische und wirtschaftliche Eniwicklang, wie sich die einzelnen kul tu⸗ rellen und wirtschaftlichen Gruppen zu dieser Frage stelle n. Auf jeden Fall ist man überall der Ueberzeugung, daß das Wahlrecht ge⸗ ändert werden muß. Ob die Entwicklung, die unter der Einwirkung des Krieges vor sich gegangen ist, nützlich oder schädlich ist, darüber jetzt Betrachtungen anzustellen, hat keinen besonderen Wert. Meine Parteifreunde haben den Wunsch und den Vorsatz, in ehrlicher ge⸗ wissenhafter Arbeit zusammen mit den Parteien und der Regierung für den Staat die glücklichste Lsung zu finden. Wie der Minister des Innern . hervorhob, läßt sich ein Wahlrecht nicht legisch begründen. Man hat immer nur zu untersuchen, wie es wirtschaftlich, kulturell, sozial und politisch dem Wohle des einzelnen entspricht. Ist dies vorhanden, dann wird auch die Treue und die Begeisterung zum Staate vorhanden sein, von den der Minister des Innern sprach. egt man diesen Gedanken den Erwägungen über das Wahlrecht zu— gründe, dann wärd man die Frage vorlegen müssen, ob tatsächlich ein auf der Grundlage dos gleichen Wahlrechtes aufgebautes Wahlsystem diese Bedingung erfüllt. Der Minister gab selbst zu, daß dadurch sich eine starke Radikalisierung des Hauses ergibt. Es fragt sich un, ob man damit der Eigenart des Bundesstaates gerecht werden kann, der nach seiner Größe und nach seinem Verdienste um die Entwicklung des Deutschen Reiches einen Anspruch auf Entgegen kommen hat. Wir dürfen nicht vergessen, daß diese Dinge auch für die Gestaltung unserer ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse auch im Reiche von Bedeutung sind. Die preußischen Bundesratsstimmen können nach keiner anderen Richtung hin instruiert werden, als wie es der Mehrheit dieses Hauses entspricht. Wenn wir diesen Krieg so durchgehalten haben wie bisher, wenn wir unser Volk, wenn auch mit Einschränkungen, so ernähren konnten, wie es jetzt der Fall ist, dann verdanken wir dies letzten Endes der Wirt⸗ schaftsüpolitik, die der Mehrheit im Volke entspricht. Von der größten Bedeutung ist die Radikalisierung des Abgeordneten⸗ hauses auch für die Zukunft des deutschen Ostens. EEebhafte Zu⸗ stimmung) Meine gesamten politischen Freunde sind der Meinung, daß den Interessen der Deutschen im Osten auch fernerhin die größte Aufmerksamkeit zugewendet werden muß (Erneute Zustimmung), denn es handelt sich hier nicht nur um preußische, sondern um deutsche In⸗ teressen. Das ist auch von süddeutscher Seite anerkannt worden; ich erinnere nur an die bekannte Rede unseres verstorbenen Kollegen Hieber. Der Minister des Innern ist von einem grenzenlosen Opti⸗ mismus beseelt. Auch ich halte einen gesunden Optimismus im politi⸗ schen Leben für durchaus am Platze. Wenn er aber auf das Herrenhaus hinweist, so fragt es sich doch, ob ein Oberhaus auf die Dauer einem radikalen Abgeordnetenhause Widerstand leisten kann. (Sehr richtigh Wir werden alle diese Fragen in der Kommission eingehend zu prüfen haben. Das gilt auch von demjenigen Teil meiner Freunde, die der Vorlage grundsätzlich freundlich gegenüberstehen. Auch die Frage des w. ts Ich will nicht untersuchen, ob ein Unterschied zwischen diesem und dem Reichstagswahlrecht vorliegt. Liegt kein Unterschied vor oder nur ein sehr geringer, dann könnte die Staatsregierung ihren Widerspruch gegen das Pluralwahlrecht nicht gufrechterhalten, (Heiterkeit und Zurufe ) Ich bin ja der Auffa fung daß ein Unterschied da ist. Die berufsständige Vertretung hat ja manches Bestechende für sich. Es sind aber auch schon verfassungs⸗ rechtliche und technische Bedenken dagegen angeführt worden; auch diese Frage wird die Kommission beschäftigen müssen. Hätte das Dreiklassen⸗ wahlrecht wirklich die günstigen Folgen, die Herr b. d. Osten ausgemalt hat, so wäre es nicht zu verstehen, daß der Mittelstand sich in so ge⸗ ringem Umfange an den Landtagswahlen beteiligt. Die Leistungen der preußischen Junker verkennen meine politischen Freunde keines⸗ wegs. Ich hätte nur gewünscht, daß in diesem Augenblick gleichzeitig herporgehoben worden wäre, daß in dem jetzigen Kriege auch die mili⸗ tärischen Führer unse res Volkes, die Offiziere, zum großen Teil den breitesten Volksschichten entnommen sind und sehr Gutes geleistet haben. Der Abgeordnete Hirsch, dessen Ausführungen sich sehr wohl tuend von denen des Abgeordneten Ströbel abhoben, hat doch die Leistungen des t l Ich erinnere nur an die grundlegenden Reformen auf dem Gebiete der Steuergesetz⸗ gebung, der Schule, der Landeskultur, der Eisenbahnen. Wenn uns auch manches nicht befriedigt hat, manches verbesserungsbedürftig ist, so stehen doch die Leistungen des Abgeordnetenhauses in vielfacher Be⸗ ziehung turmhoch über den Leistungen anderer Staaten, die dem Ab⸗ geordneten Hirsch nahestehen. (JZustimmung.) Ohne Schutzpolitik hätten wir in diesem Kriege nicht durchhalten können. (Erneute Zustimmung.) Uebrigens handelt, es sich dabei nur um eine Zweckmäßigkeitsfräge. Würde das Abgeordnetenhaus radikalisiert, dann würde die äußerste Linke noch ganz andere Forderungen stellen als jetzt. Was das Herren- haus betrifft, so wünsche ich, daß auch die Arbeiterschaft dort eine Vertretung haben muß, nicht durch Berufung, sondern durch Präsentation auf Grund des Gesetzes. Wir wünschen, daß die drei Gesetze miteinander verkoppelt und durch ein Mantelgesetz verbunden werden (Hört, hörth, weil alle diese Dinge einen starken organischen Zusam menhang zeigen. Gustimmung.) Auch ich bin der Meinung, daß es sich hier nur um eine preußische Angelegenheit handelt, die von den gesetzgebenden Faktoren Preußens zu erledigen ist. Auf das Ausland brauchen wir dabei keine Rücksicht zu nehmen; wir müssen unser Haus so einrichten, wie es uns paßt. Wilsons unverschämte Aeuße⸗ rungen sind schon gekennzeichnet worden. Es war interessant, daß wir die Rede Ströbels an demselben Tage hörten, als wir die Rede Wilsons lasen. Die Aeußerungen des Uebersozialisten Ströbel waren auf den Geist des Beschützers des angloamerikanischen Ueberkapitals gestimmt. (Sehr guth Es wäre eine gerechte Strafe für Wilson, wenn Herr Ströbel ungefährdete Ueberfahrt nach Amerika erhielte. (Heiterkeit) Ueber auswärtige Fragen lege ich mir natürlich die äußerste Zurück⸗ haltung auf. Meine gesamten politischen Freunde erblicken in der Friedensresolution vom 17. Juli nicht die Gewähr für die befriedi⸗ gende Lösung der Friedensfragen. Wir fordern einen Frieden, der die erforderlichen Sicherheiten gibt gegen die Wiederholung eines solchen Krieges und der unsere nationale und kulturelle Weiterentwicklung in völliger Unabhängigkeit von anderen Staaten sichert. Diese Forderung steht durchaus im Widerspruch mit der Forderung nach einem baldigen Frieden. Will man aber diesen, so muß man nicht fortwährend vom Frieden reden. Die Friedenssehnsucht wird vom Feinde als Schwäche angesehen. Gustimmung. Diese Auf⸗ fassung reicht weit hinein in die Kreise der Sozialdemokratie, wie ein Aufsatz des jüngst gefallenen Rudolf Franke beweist. Wir wollen einen deutschen Frieden und unterschreiben dankbar die Worte des NMeämnzsterpräsidenken, der sagte, wir wollen keinen Frieden, der nicht die deutschen Grenzen und den preußischen Staat sichert. Ein solcher Friede liegt auch im Interesse der deutschen Arbeiterschaft. Dieser haben wir im Kriege sehr viel zu verdanken. Daraus erwächst fün uns die Pflicht, beim Frieden auch ihre Interessen mit wahrzunehmen. Zuruf bei den Soz.: Gleiches Werle th Deshalb verwerfen wir auch die Scheidemannsche Formel. Wir wollen Preußen und Deutschland auch in Zukunft fortentwickeln. (Beifall.)

Darauf wird um 4 Uhr die Fortsetzung der Beratung auß Montag 11 Uhr vertagt.

Literatur.

Ru dolf Eucken hat von seiner wertvollen, weitverbreiteten Schrift Der Sinn und Wert des Lebens eine neue, fünfte Auflage erschelnen lafsen (Verlag ven Quelle und Meyer in Leipzig;

eb. 4, 90), zu der ihm der Weltkrieg Veranlassung bot. Die er chütternden Eindrücke und Erfahrungen dieses gewaltigen Erlebnisses baben die in der Schrift vertretenen Grundanschauungen in ihrem Ver⸗ fasser zwar nicht erschüttert, sie ihm vielmehr bestätigt, sie haben aber die