scher Beifall), wenn es eine selche F gibt, so ist es eine rein deutsche Frage. (Erneute lebhafte Zustimmung.) Die Entente kämpft für den Erwerb österreichisch-ungarischer Gebietsteile durch Italien. Wenn man in Italien dafür die schönen Worte von den heiligen Aspirationen, von dem heiligen Egoismus erfunden hat, so wird das Verlangen nach Annexionen damit nicht beseitigt. (Sehr gut.) Sie kämpft für die Abtretung von Palästina, Syrien und Arabien vom türkischen Reiche. Insbesondere auf die türkischen Gebietsteile hat England sein Augenmerk gerichtet, es hat plötzlich sein Herz für die Araber entdeckt und hofft durch den Vorspann der Araber, viel⸗ leicht durch Schaffung eines von englischer Herrschaft abhängigen Schutzstaates, dem englischen Reiche neue Gebietsteile anzugliedern. Daß die kolonialen Kriegsziele Englands auf Mehrung und Ab— rundung des gewaltigen englischen Besitzes, namentlich in Afrika, gerichtet sind, ist von englischen Staatsmännern wiederholt aus— gesprochen worden.
Und angesichts dieser durch und durch aggressiven, auf Aneignung fremder Gebiete gerichteten Politik wagen es die Staatsmänner der Entente noch immer, das militaristische, imperialistische, autokratische Deutschland als den Störenfried hinzustellen, der im Interesse des Weltfriedens in die engsten Schranken verwiesen, wenn nicht ver— nichtet werden müsse. Durch ein System von Lüge und Verleumdung sind sie unausgesetzt bemüht, wie die eigenen Völker so auch die neu— tralen Staaten gegen die Mittelmächte aufzuhetzen, insbesondere auch diese letzteren mit dem Gespenst einer Neutralitätsverletzung von seiten Deutschlands zu schrecken. Gegenüber einem Intrigenspiel, wie es neuerdings wieder in der Schweiz betrieben wird, ergreife ich die Gelegenheit, vor aller Welt zu erklären, daß wir nie einen Augen— blick daran gedacht haben, noch daran denken werden, die schweizerische Neutralität anzutasten. (Sehr wahr! rechts) Wir wissen uns der Schweiz gegenüber nicht nur durch die Grundsätze des Völkerrechts, sondern durch die jahrhundertealten freundschaftlichen Beziehungen enge verpflichtet. (Bravo) Der Schweiz wie den übrigen neutralen Staaten, Holland, den skandinavischen Ländern und dem durch seine geographische Lage besonderen Schwierigkeiten ausgesetzten Spanien, nicht minder auch den noch nicht in den Krieg eingetretenen außer⸗ europäischen Ländern zollen wir die Hochachtung und Dankbarkeit für die mannhafte Haltung, mit der sie allen Anfechtungen und Be— drückungen zum Trotze die Neutralität bewahren. (Allseitiges Bravo Die Welt sehnt sich nach Frieden (sehr richtig! links, sie hat keinen anderen Wunsch, als daß die Leiden des Krieges, unter denen sie seufzt, ein Ende finden, aber die Regierungen der feindlichen Staaten wissen immer aufs neue die Kriegsfurie innerhalb ihrer Be— völkerung aufzupeitschen. Fortsetzung des Krieges bis zum äußersten, das war, soviel davon verlautet hat, die jüngst von der Konferenz in Versailles ausgegebene Parole, und in den Reden des englischen Pre—⸗ mierminister findet sie immer wieder ein lautes Echo. Daneben haben sich allerdings in England neuerdings auch andere Stimmen hören lassen. Neben der Rede Walter Runcimans, der ich gleich zu Anfang gedacht habe, ist neuerdings noch eine ähnlich gerichtete, vielleicht noch versöhnlichere, aber außerparlamentarische Aeußerung Lord Milners bekannt geworden. Man kann nur wünschen, daß solche Stimmen sich mehren, daß die unzweifelhaft auch in den Ententeländern vorhandenen friedlichen Strömungen sich durchsetzen. Denn die Welt steht jetzt vor der größten schicksalsschweren Ent— scheidung: Entweder die Feinde entschließen sich, Frieden zu machen — unter welchen Voraussetzungen wir bereit sein würden, in Verhand— lungen einzutreten, wissen sie — oder aber sie meinen, den ver— brecherischen Wahnsinn des Eroberungskrieges weiter fortsetzen zu sollen, dann werden unsere herrlichen Truppen unter ihren genialen Führern weiterkämpfen. Daß und in welchem Umfange wir dazu gerüstet sind, ist auch den Feinden zur Genüge be— kannt, und unser braves bewunderungswürdiges Volk wird weiter aus— harren; aber das Blut der Gefallenen, die Qual der Verstümmelten, alle Not und alles Leid der Völker wird über die Häupter derer kommen, die sich hartnäckig weigern, den Stimmen der Vernunft und der Menschlichkeit Gehör zu geben. (Lebhafter Beifall auf allen Seiten)
Stellvertreter des Reichskanzlers, Wirklicher Geheimer Rat von Payer:
Meine Herren! Die übliche offizielle Vorstellung in meiner jetzigen amtlichen Eigenschaft, denke ich, werden Sie mir wohl er⸗ lassen. Wer wie ich diesem hohen Hause 35 Jahre lang als Mitglied angehört hat und unmittelbar aus Ihren Reihen heraus in die Re— gierung berufen worden ist, der kann Ihnen nicht wie ein Fremder gegenübertreten. (Sehr richtig! links und im Zentrum.) Umgekehrt betrachte ich es als einen wichtigen Bestandteil meiner jetzigen ver⸗ antwortungsreichen Aufgabe, gestützt auf diese meine langjährige Tätigkeit im Hause, einem vertrauensvollen und reibungslosen Zu⸗ sammenwirken zwischen Volksvertretung und Regierung die Wege zu cbnen. (Bravo!) Meine Bitte an Sie, meine Herren, geht dahin, die Herren wollen, damit dieses Ziel erreicht werden kann, das persönliche Wohlwollen und Vertrauen, dessen ich mich in Ihrer Mitte so viel⸗ fach erfreuen durfte, mir auch in meiner jetzigen Stellung bewahren. (Bravo! und Sehr richtig!
Meine Herren, heute im vierten Jahre des Krieges kann es für die deutsche innere Politik, über die ich sprechen möchte, nur einen Gesichtspunkt geben: das ist die Zusammenfassung aller Kräfte im Reich, um es durch bürgerliche Einigkeit, Arbeit und Opferwilligkeit unseren siegreichen Heeren zu ermöglichen und zu erleichtern, ihre schwere Aufgabe zu erfüllen. Zu diesem Zwecke muß beseitigt werden, was an trennenden Hindernissen heute noch zwischen den verschiedenen Bevölkerungskreisen liegt. (Sehr gut! links.) Den Grund zu dieser Politik hat bei Beginn des Krieges, gestützt auf die Kaiserlichen Worte vom 4. August 1914, voll großzügigen Vertrauens in das ganze deutsche Volk der frühere Reichskanzler Herr von Bethmann Hollweg gelegt. (Bravo! links) Ihm gebührt dafür für immer — man kann das nicht oft genug wiederholen — der Dank des deutschen Volkes. (Bravo! links) Er und seine Nachfolger sind dieser Losung unentwegt treu geblieben. In der ersten Zeit des Krieges ist das Wort des Kaisers: „Ich kenne keine Parteien mehr“, ist der Burg⸗ friede so gut wie allgemein beachtet worden. Dieser Selbstdisziplin des Volkes ist es mit zu verdanken, daß wir damals dem ungestümen und unerwarteten Anprall unserer zahlreichen Feinde standhalten konnten, und daß wir heute in nach allen Richtungen gesicherter Stellung der weiteren Entwicklung der Dinge entgegensehen können. Damals hielt der Gedanke, daß gleichen Pflichten die gleichen Rechte entsprechen müssen, seinen Ein—
zug in Deutschland. Bedauerlicher aber verständlicherweise hat manches Vorkommen der späteren Jahre in diese Stimmung Bresche gelegt. Der Burgfriede wurde von manchen Seiten als durch— löchert leichten Herzens in den Winkel gestellt. Aber in seiner weit überwiegenden Mehrzahl stand das deutsche Volk doch unter dem Zeichen der Einigkeit und des Zusammenhaltens, und es wird auch so lange unter diesem Zeichen stehen, bis der Friede gesichert ist, den wir brauchen und erhalten werden. (Bravo! links) Ohne Opfer seitens der einzelnen geht es dabei nicht ab. Es ist einleuchtend, daß denen, die wirtschaftlich schwächer sind als die anderen, und denen deshalb das Durchhalten schwerer fällt, diese anderen mit dem aus— helfen müssen, was sie selbst voraus haben. Verständlich ist auch, daß die große Masse der Bevölkerung, je schwerer die Opfer und Lasten des Krieges auf ihr liegen, um so mehr auch von dem Streben nach politischer Bewegungsfreiheit, nach politischer Macht und nach Einfluß auf die Regierung beherrscht wird. Es gibt keine Macht auf Erden, die diesen Gedanken und dieses Streben wieder auszumerzen imstande wäre. (Leb⸗ hafte Zustimmung im Zentrum, links und bei den Sozialdemokraten.)
Die verbündeten Regierungen haben, manchen Gesichtspunkt auf— gebend, an dem sie früher festgehalten haben, von Anfang an nach beiden Richtungen dieser Bewegung Rechnung getragen. Sie waren sich ihrer Pflicht bewußt, von Reichs wegen für eine stete wachsende, aber auch immer notwendigere Fürsorge für die Angehörigen und Hinterbliebenen der einbe⸗ rufenen Krieger einzutreten. Sie haben durch die Herab⸗ setzung der Altersgrenze für den Bezug der Altersrente manche Not gemildert, und sie haben sich nicht auf diese materiellen Fragen allein beschränkt, sie haben, den freiheitlichen Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragend, durch Abänderung des Vereinsgesetzes, durch die Novelle zum Militär⸗ strafgesetzbuch und durch das Schutzhaftgesetz sich der Freiheit und des persönlichen Rechts der einzelnen Staatsbürger an— genommen. Die verbündeten Regierungen sind gewillt, wie die Herren aus unseren Vorlagen sehen, auf diesem Wege weiter zu schreiten. (Bravo links.)
Dem hohen Hause ist der Entwurf eines Arbeitskammer⸗ gesetzes zugegangen, der, wie wir hoffen, lange Kämpfe auf diesem politischen und sozialen Gebiete befriedigend schlichten wird.
Der Entwurf eines Gesetzes über die Neueinteilung der Wahl kreise zum Reichstage soll Ungleichheiten und Rechts—⸗ verkümmerungen, die schwer empfunden wurden, ein Ende bereiten. Er soll zugleich die Probe auf die Durchführbarkeit der Verhält⸗ niswahl in Großem abgeben. (Bravo links.)
Der Entwurf, betreffend die Aufhebung des § 153 der Gewerbeordnung soll auf einem heiß umstrittenen Gebiete Frieden schaffen.
Die Entwürfe der Gesetze zur Bekämpfung der Ge⸗ schlechts krankheiten und gegen die Verhinderung der Geburten sollen schwere, allseitig anerkannte soziale Mißstände aus der Welt schaffen.
Kommen wird noch eine Bundesratsverordnung gegen die Preistreiberei.
An dem ernstlichen Willen der Reichsleitung, nicht etwa bloß
die Stimmung zu halten, sondern berechtigten Wünschen des Volkes
Rechnung zu tragen, kann daher niemand zweifeln, mindestens nicht mit Recht! (Bravo links.)
Das Vorhaben der Reichsleitung und der verbündeten Re— gierungen, auf dem Gebiete der Volkswohlfahrt alles erforderliche zu leisten, erschöpft sich aber mit diesen Vorlagen nicht. Die Beratungen im Schoße der Reichsregierung haben zurzeit namentlich noch das weite Gebiet der Wohnungsfürsorge ins Auge gefaßt (Bravo links und im Zentrum), an welche nach der Heimkehr unserer Krieger und nach Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit zweifellos hohe Anforderungen werden gestellt werden. (Sehr richtig! links.) Es darf als eines der besten Zeichen für unsere wirtschaftliche Kraft einer— seits, aber auch für den sozialen Sinn der besser gestellten gesell— schaftlichen Schichten andererseits angesehen werden, daß heute schon vielfach auf Gemeinnützigkeit aufgebaute Organisationen weitgehend mit den Gemeinden wetteifern, auf diesem Gebiete namentlich im Interesse der Arbeiterschaft und des so schwer geschädigten Mittel- standes zu leisten, was immer möglich ist. Den Ansprüchen, die ge⸗ stellt worden werden und heute schon gestellt werden, in auch nur annäherndem Umfange zu genügen, werden aber weder die gemein— nützigen Organisationen, noch werden es die Gemeinden imstande sein (Sehr richtig! links und im Zentrum) es werden auch staatliche Mittel zu Hilfe genommen werden müssen. (Gustimmung links.) Für diese Mittel aufzukommen, ist zweifellos Pflicht der Einzel⸗ staaten, nicht des Reiches. Die Reichsleitung verkennt aber nicht, daß die erforderlichen Leistungen wenigstens zurzeit und zum Teil über die Kräfte der Einzelstaaten hinausgehen können, und sie ist bereit, im Interesse der bedürftigen Bevölkerung auch ihrerseits ohne allzu ängstliche Kompetenzprüfung mitzuwirken. (Sehr gut! links) Sie ist willens, den Nächstbeteiligten, den Gemeinden und Einzelstaaten, nicht bloß ihre organisatorische Beihilfe zuteil werden zu lassen, sondern sie auch finanziell zu unterstützen. (Bravo! bei den Nationalliberalen und links) Sie hofft, damit der Gesundheit und der Zufriedenheit der Bevölkerung einen ernstlichen Dienst zu er⸗ weisen.
Auch die Einzelstaaten sind sich des Gebots der Stunde und des Wandels der Dinge bewußt. (Beifall links. Das hervor— ragendste Beispiel ist die Einbringung eines Gesetzes über die Ab⸗ änderung des Wahlrechts zum Abgeordnetenhaus in Preußen, die, von Jahr zu Jahr dringlicher geworden und dringlicher geheischt, jetzt alle Gemüter im Reich aufs heftigste erregt. (Sehr richtig! links Meine Herren, nichts liegt mir ferner als die Absicht, mich in die Angelegenheiten des Bundesstaates Preußen ein⸗ mischen zu wollen. Cachen und Zurufe rechts) Es kann aber doch niemand sich der Einsicht verschließen, daß die Frage, ob für das preußische Abgeordnetenhaus ein dem Reichstagswahlrecht gleiches oder ein dem Reichstagswahlrecht entgegengesetztes Wahlrecht besteht, schon wegen der starken Einwirkung des Staates Preußen auf die Gesetz⸗ gebung und Verwaltung des Reiches (Sehr richtig! links) tief in die Verhältnisse des Meiches eingreift. (Bravo! in der Mitte und links.) Deshalb können auch Erwägungen über diese Frage nicht aus den poli⸗ tischen Erörterungen des Reichstags ferngehalten werden. u⸗ stimmung links — Bewegung rechts), wie ja auch die Frage des preußi⸗
schen Wahlrechts in der Streikbewegung der letzten Wochen, oh diese sich nicht auf Preußen beschränkte, eine sehr wesentliche heel zespielt het. Sehr richt gn links. — Ju use ze is) fentliche fal:
Die Reichsregierung, meine Herren, wird sich in vieser Frage s aus bundesstaatlichen Rücksichten zurückhalten, wenn . . Lage und der Stimmung im Reiche entsprechend auss wärn der
h ö ; . ; ; ᷓ ste be grüßen würde, wenn die Königlich preußische Regierung ihre Ab
r lt ; di ö re Ubsicht verwirklichen und den harten Streit beendigen könnte. Beifall lint⸗
Die Reichsleitung steht dabei durchaus auf dem Bon 9 jüngsten Erklärungen des Herrn Reichskanzlers und pre sge Ministerpräsidenten gegenüber dem Präsidenten des pteußischen Al. ö ordnetenhauses und des Herrn preußischen Staats minist . Innern, die sich beide unbedingt dafür eingesetzt haben, 6. Standpunkt der Kaiserlichen Botschaft vom 11. Juli 1917 unverändert festgehalten und dementsprechend die Reform durchgeführt menen müsse. Eebhaftes Bravo links.)
Die Reform schien auf gutem Wege zu sein, bis sie vor wenige Tagen durch den bekannten Beschluß der Mehrheit des Ausschusses a ein totes Gleis wenigstens anscheinend gekommen ist, ein Gleit auf dem zu dem notwendigen Ziele zu gelangen wohl als unmöglich erachtet werden muß. (Sehr wahr! links) Was nun? Alle staatsrechtlichen Möglichkeiten, die denkbar sind werden jetzt in der Oeffentlichkeit mit Eifer; so diskutiert, wi nn der Entwurf schon endgültig gescheitert wäre. Ich kann nicht an- nehmen, daß es an dem ist. Im parlamentarischen Leben ist schon mancher Entwurf mindestens ebenso gefährdet gewesen (Sehr wahr links), als dieser uns hier beschäftigende, und ist doch noch glücklich unter Dach gekommen. (Zurufe rechts) Ich kann meinerseits an die Möglichkeit nicht glauben, daß diejenigen Parteien, in deren Hand nun die Entscheidung liegt, sich der Einsicht verschließen werden, was sie in dieser kritischen Stunde der Allgemeinheit schuldig sind. 0Ceb. haftes Bravo links.) Sie werden auch jeden Verdacht weit von sich weisen, als ob es auf eine doch schlechterdings unerträgliche Ver— schleppung der Frage abgesehen wäre. Ueber das zu erwartende Re— sultat der weiteren Verhandlungen kann heute wohl niemand ein unfehlbares Urteil haben. Aber Schlüsse lassen sich aus bekannten Tatsachen und Verhältnissen immerhin ziehen. Wenn es Sie inter— essiert, meine persönliche Meinung kennen zu lernen (Zurufe) so möchtz ich sie dahin zusammenfassen: nach meiner festen Ueberzeugung bestebt die Gewißheit, daß das im Entwurf vorgesehene Wahlrecht für Preußen kommt; es besteht die begründete Hoffnung, daß es auch bald kommt. (Bravoh .
Lassen Sie mich auf meine früheren Aeußerungen zurückgreifen und an diese wieder anknüpfen. In dem Maße, wie die verbündeten Regierungen sich zu Trägern einer neuen, den neuen Verhältnissen ent⸗ sprechenden Politik machten, ist ihnen auch das Vertrauen der Be— völkerung und der Volksvertretung zugewachsen. Reichstag und Reichsregierung sind sich im Laufe der Jahre nähergetreten und haben versucht, einander besser zu verstehen (Sehr richtig. Daraus und aus der gebieterischen Forderung, nach außen hin die Einheit zu zeigen, ist dann der Wunsch nach einem möglichst einmütigen Zusammenwirken beider Faktoren erwachsen. Diesem auch einen greifbaren Ausdruck zu geben, ist viel staatsrechtliches Kopfzerbrechen aufgewendet worden, und es ist wohl ein Beweis dafür, daß wir, das Volk der Denker, wie man uns nannte, im Kriege doch recht praktisch handeln gelernt haben, wenn schließlich an Stelle aller staatsrechtlichen Formen eine rein prak⸗ tische Lösung gewählt wurde. (Sehr richtig) Das reibungslose In sammenarbeiten soll einfach ohne staatsrechtliche Neukonstruktionen, und ohne an Schlagworten hängen zu bleiben, dadurch erreicht werden, daß man im Wege der Verständigung durch Aufnahme einzelne, deh Vertrauen ihrer Kollegen genießender Parlamentarier aus dem Reichs= tage und aus dem preußischen Landtage in die Reichsregierung und in die preußische Regierung das gegenseitige Vertrauen zwischen Re= gierung und Volksvertretung zu stärken, der gemeinsamen Politik festere Unterlagen zu bereiten und die Führung der Geschäfte zu er leichtern versucht. Wie dieser Versuch, an dem ich aktiva und passiv beteiligt bin Geiterkeith, ausfallen wird, läßt ih selbstverständlich noch nicht übersehen. (Sehr gut! rechts. — Heiler keit) Ich glaube, wir können es abwarten. (Sehr richtigh
Soll diese Entwicklung Früchte tragen, so setzt sie allerdings guten
Willen auf allen Seiten voraus. (Sehr gut Ohne ihn ist die wr
ständigung, um die es sich doch in der Hauptsache handelt, nicht mög— lich. Ist aber der gute Wille vorhanden, wovon ich überzeugt bin. s kann dem Reiche, seiner Regierung und seiner Volksvertretung vil Arbeit und Sorge, viel Verdruß und Kampf erspart und für di Kraft des Deutschen Reiches in seiner Gesamtheit eine wesentlich Stärkung gewonnen werden. (Sehr wahr) Die Hoffnung ist. soneit wie ich die Dinge übersehen kann, berechtigt, daß diese Kriegs— schöpfung den Krieg überdauern wird. (Bravoh
Leider wird, je länger der Krieg dauert, das Bild von Ge— schlossenheit, Opferwilligkeit und gegenseitigem Vertrauen durch Hr wegungen von beiden Extremen etwas getrübt (Sehr wahr!), wem auch nicht in dem Maße, daß daraus Bedenken für unsere Zulunt entstehen könnten. (Sehr guth ⸗ =
Die am meisten ins Auge fallende Erscheinung ist der von der äußersten Linken vor einigen Wochen ins Leben gerufene, wenn . bald wieder zur Ruhe gekommene Streik. Vom Standpunkte der Allgemeinheit aus muß erm aufs tiefste beklagt und verurteilt werden. (Sehr richtig) Traurig genug, daß man iet darüber streitet, wer ihn veranlaßt habe: die eigenen Volkegenosen oder das feindliche Ausland. Er hat vielleicht, namentlich was ö Wirkung in Kriegsbetrieben anbelangt, nicht in dem Maße , als zunächst befürchtet wurde; geschadet hat er aber doch, schon dadurch daß er die Hoffnung unserer Feinde auf unseren politischen und wirt⸗ schaftlichen Zusammenbruch aufs höchste gesteigert und dadurch 1 Aussichten auf Frieden beeinträchtigt hat. (Sehr richtigh . kann wissen, ob er nicht den Krieg ganz direkt verlängert hat. Ci. neute Zustimmung) Er hat viele Arbeiter und Angestellte— 1 eder nicht Floß die Streiklustigen — in wirtschaftliche Schrienh keiten gebracht, er hat Opfer an Menschenleben und an wi, gekostet, und wenn der Schaden nicht größer geworden ist als . . wurde, so ist das nicht das Verdienst derjenigen, die den Stten egonnen haben. (Sehr richtig! ; kö sche
Es haben denn auch . k nl und die soßiabenet a Partei ihre Beteiligung an dem Streik abgelehnt. Es war ein 6 daß sie sich dann, wenigstens teilweise, doch demselben ,, J haben, wie sie uns erklärt haben, um die Bewegung in . halten, um Schlimmeres zu verhüten. Sicher ist, daß sie da
die Bewegung, die sie selbst als zweckwidrig und schädlich ansahen, ver— stärkt haben. Zweifelhaft bleibt, was sie mit ihrer beabsichtigten Ein— wirkung erzielt haben. Dazu waren sie wohl zu schwach vertreten. Umstände anderer Art, wesentlich wohl die Besonnenheit und die Ent— schlossen heit des obrigkeitlichen Eingreifens (Sehr richtig), die Aus⸗ sichtslosigkeit, Ernüchterung und Mangel an Geld haben wohl mehr der Bewegung ein Ende bereitet. (Erneute Zustimmung.)
Zweifellos wird, meine Herren, sich über diesen Streik im Hause eine große Debatte entspinnen. Ihr vorzugreifen, liegt nicht in meiner Absicht; ich beschränke mich auf einige Bemerkungen.
Die Zwecke, die durch diesen Streik verfolgt wurden, werden wohl verschiedenartig gewesen sein. Ich möchte bezweifeln, daß irgend jemand ernstlich geglaubt hat, daß auf dieses Signal hin sich auch nur das in Fabriken beschäftigte deutsche Volk erheben, das doch immerhin recht erträgliche Joch seiner Regierungen abwerfen und Arm in Arm mit den sogenannten Proletariern aller Länder das Deutsche Reich mit dem Idealregiment der Bolschewiki beglücken würde. (Sehr guth Und weiter, wenn bezweckt werden sollte, die Bewegung zugunsten der Ein— führung des Reichstagswahlrechts in Preußen durch den Streik zu stärken, so möchte ich umgekehrt annehmen, daß nichts so das Zustande⸗ kommen dieses Gesetzes gefährdet hat als eben dieser Streik (Sehr richtig) durch die Art, wie er von den Gegnern dieses Wahlrechts politisch ausgenutzt worden ist. (Erneute Zustimmung.) Ebenso wenig einleuchtend ist der Gedanke, durch den Streik die Ernährungs— schwierigkeiten zu beheben. Als Demonstration gedacht, mußte er in dieser Richtung ohne Wirkung bleiben, weil eine Demonstration nur dann einen Sinn haben könnte, wenn es an gutem Willen in der Leitung der betreffenden Organisation fehlen würde. Es ist auch schwer, sich vorzustellen, wie in den Fragen des Belage rungezustandes, der Schutzhaft, der Zensur usw. durch einen Streik eine Besserung herbeigeführt werden sollte, sei es im Wege der beschleunigten In— anspruchnahme der Gesetzgebung, sei es im Wege eines Drucks auf die Haltung der Militärbehörden.
Endlich witd behauptet, daß der Streik der baldigen Herbeiführung des Friedens zu dienen geeignet gewesen wäre. Das würde aber doch voraussetzen, daß auch die entsprechenden radikalen Parteien in anderen Ländern sich anschließen und auf ihren Kriegs- und Vernichtungswillen verzichten würden. (Sehr richtig) Und dann müßten dieselben noch stark genug sein, die Macht in ihren Ländern an sich zu reißen. (Sehr richtig h
Nirgends hat sich dieser Wille und diese Macht gezeigt. (Sehr richtig) Umgekehrt drängt sich unabweisbar der naheliegende Ge— danke auf, daß die Möglichkeit eines Friedens um so weiter abrückt, je mehr die Gegner an innere tiefgreifende Kämpfe bei uns glauben.
Soviel vom Streik! Wer ihn zu verantworten hat, mag das mit seinem Gewissen ausmachen. Sicherlich hat er weder der Sache des Vaterlandes noch seines Volkes damit einen Dienst geleistet. (Lebhafte Zustimmung.)
Aber auch außerhalb der Reihen der Streikenden wird gegen das Gebot des Zusammenhaltens schwer gesündigt (Sehr richtig! links, nicht bloß von links, sondern auch von rechts. (Sehr richtig! links.) Niemandem ist, seitdem die Erörterung der Kriegsziele freigegeben ist, das Recht verwehrt, seine Meinung über diese und über den Inhalt des künftigen Friedens öffentlich, auszusprechen und auch dafür zu agitieren. Daß dieses Aussprechen für jeden, der das Wohl des Vaterlandes im Auge hat, seine Grenze findet in der Rücksicht auf eben dieses Wohl und damit auf den Umstand, daß jedes öffentliche Wort in unserer ernsten Zeit auf das In und Ausland von vielleicht weitgreifender Einwirkung sein kann, das ist so selbstverständlich,
daß es eigentlich nicht notwendig sein sollte, das hier noch auszu⸗
sprechen. (Sehr richtig! links Und doch, wie wenig wird diese Rückficht geübt! (Sehr wahr! links) Hier von rechts, wie dort von links glaubt man dadurch seiner Politik Kraft geben zu können, daß man denjenigen, die anderer Meinung sind, den guten Glauben und die Vaterlandsliebe abspricht und so ihre Gründe zu entwerten sucht. (Sehr richtig! in der Mitte. — Lebhafte erregte Zurufe rechts.) Wenn sich die äußerste Rechte und die Linke hier gegenseitig zur Be⸗ stätigung dieser meiner Worte (Sehr gut! in der Mitte und links) anklagen möchten, so habe ich nichts dagegen einzuwenden. (Sehr gut! in der Mitte und links. — Erneute lebhafte Zurufe rechts. — Glocke des Präsiden ten.)
Die eigene Meinung wird in starkem Selbstbewußtsein für so unfehlbar erachtet, daß nur Charakterfehler des Gegners noch dessen abweichende Meinung erklären könnten. Es ist peinlich, daß diese Ge⸗ wohnheit früherer Jahrzehnte jetzt in den Zeiten, in denen wir uns fester denn je aneinander anschließen sollten, wieder aus der Rüst⸗ kammer hervorgeholt wird. (Andauernde lebhafte Zurufe rechts. — Glocke des Präsidenten.)
Es unterliegt keinem Zweifel, daß unsere Gegner immer wieder Kraft zu weiterem Widerstand aus solchen falschen Zeugnissen schöpfen. (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und links Daß es nur ein kleinet Bruchteil der deutschen Bevölkerung ist, der sich auf diesen Boden stellt, wird von unseren Feinden nicht weiter beachtet, und das ist erklärlich, weil auch Minderheiten — wir wissen das — bei geschickter Arbeit sich den Schein größerer Bedeutung geben können, als sie in Wirklichkeit haben. (Sehr gut! und Zustimmung
in der Mitte und links. — Unruhe rechts.)
So haben unsere Feinde die Wahl, ob sie ihre Pfeile gegen uns dem Köcher der äußersten Linken oder der äußersten Rechten ent— nehmen wollen (Sehr gut! links), und sie fragen dabei nicht lange um Erlaubnis, ob es dann dem Betreffenden auch so angenehm ist. (Sehr gut! links Es wäre für unsere Brüder an der Front wie für uns zu Hause viel, viel besser, wenn man nicht immer wieder die Herzen mit der bangen Sorge erfüllte, daß die Interessen des Vater⸗ landes in höchster Gefahr seien, wenn nicht nach dem Willen einer Minderheit regiert würde (Sehr richtig), und es muß schwer schaden, wenn hier in- Berlin öffentlich unter dem brausenden Beifall einer tausendköpfigen Menge in der letzten Woche Schlagworte wie das von der niederträchtigen Friedensresolution des Reichstags geprägt werden (Unruhe und Zurufe rechts) und vor der Phantasie der er— vegten Zuhörer das Bild des ersehnten Reichskanzlers heraufbe— schworen wird (Sehr richtig! links), auf den geschossen wird, und der auch schießt. (Große Unruhe und erregte Zurufe rechts]) Sich: selbst im Zügel zu halten, deutsche Dissiplin zu zeigen, ist, was dem gegenüber verlangt werden muß (Bravo links. — Zurufe rechts), und wer diese Disziplin nicht üben kann, wo er auch stehen möge, der veiwirkt das Recht, sich über andere als Richter aufzu⸗ werfen. (Lebhafte Zustimmung links)
. w, n . ü We, , m . .
Meine Herren, lassen Sie mich noch einige Einzelheiten er— wähnen! Heiße Kämpfe werden sich wieder über die Fragen der Zensur, der Schutzhaft und des Belageru ngszu⸗ st andes entfachen. Sie schen hier einzuleiten, liegt mir fern. Ich möchte nur einen mehr praktischen Gesichtspunkt berühren. Auf eine grundsätzliche Regelung der Frage, die eine vollständige Umänderung der bestehenden Gesetzgebung zur Voraussetzung hätte, während der Dauer des Krieges kann heute meines Erachtens nicht mehr gerechnet werden. Immer von neuem aber kommen neue Fälle, neue Erregungen und neue Beschwerden, die geprüft werden müssen und denen abge⸗ bolfen werden soll. Wäre es — möchte ich fragen — bei dieser Sach lage nicht auch hier wieder am besten, sich darauf zu beschränken, prak— tische Lösungen zu versuchen, die unter allem staatrechtlichen Vorbehalt den Beteiligten und der Allgemeinheit wenigstens so rasch und so gründlich helfen würden, wie es heute auf dem Boden der bestehenden Gesetzgebung möglich ist? Alle bisherigen Auseinandersetzungen, so scharf sie oft geklungen haben, haben, praktisch betrachtet, fast immer mit einem teilweisen Näherkommen geendet. Ich möchte hoffen, daß ein solches, wenn man in der Hauptsache auf praktischem Boden bleibt, bald und nicht zu eng bemessen wieder gefunden werden könnte. Das Nähere müssen die weiteren Verhandlungen ergeben. Im wesentlichen hat sich, wenn ich recht verstanden habe, ja auch Ihr Ausschuß auf einen ähnlichen praktischen Boden bereits gestellt.
Daß neue Steuern kommen, wird keinen Menschen über⸗ raschen. So hart sie drücken mögen, ist es doch richtiger, den Etat mit Ihrer Hilfe im Gleichgewicht zu halten, als einem Grundsatz zu huldigen, der ohnedies allmählich sich breit zu machen beginnt, daß, wenn man schon so viele Schulden habe, es auf einige hundert Mil— lionen mehr oder weniger nicht mehr ankomme. (Zurufe. Man braucht kein Pedant zu sein, um die Gefahren zu erkennen, die in dieser ver⸗ lockenden Logik liegen.
Die Vorlagen im einzelnen unterstehen noch der Entschließung des Bundesrats. Dann wird der Herr Schatzsekretär in der Lage sein, sie Ihnen vorzulegen. Erspart bleiben sie Ihnen nicht.
Auch die Ernährungsfragen werden ohne Zweifel in den Beratungen des hohen Hauses wieder eine große Rolle spielen. Nichts ist menschlich begreiflicher, als daß die Klagen nicht aufhören. Bei unseren Feinden wie in den neutralen Ländern können wir ja von Tag zu Tag mehr und mehr dieselbe Erscheinung beobachten, und es kann ja im allgemeinen auch nicht bestritten werden, daß die Zu— stände auf dem Gebiete des Ernährungswesens bei uns auch vielfach noch unbefriedigende sind. Die Beschwerden über die mangelhafte Art der Verteilung werden ja dadurch verstärkt, daß Erzeuger wie Ver— braucher keineswegs immer das ihrige tun, um einen gerechten Aus— gleich herbeizuführen. Glücklicherweise sind bei uns die Klagen über die Verteilung des Brots, das man ja doch als das Rückgrat unserer Volksernährung ansehen muß, mit der Verbesserung der Organisation mehr und mehr zurückgegangen. Angesichts so mancher Entbehrungen, die uns die Verhältnisse auferlegen, freue ich mich, wenigstens die be— ruhigende Erklärung abgeben zu können, daß eine Verkürzung unserer Brotration zurzeit nicht in Aussicht ge— nommen wird. (Bravo) Daran muß aber auch sofort die dringende Mahnung an die Erzeuger und Verbraucher geknüpft werden, daß sie diese Ankündigung nicht etwa als Anlaß be— nutzen, ihre Pflichten gegen das Vaterland auf die leichte Achsel zu nehmen. Jede Versündigung des einzelnen auf diesem Ge— biete muß die Allgemeinheit entgelten. Die Hoffnung, von außen her bald Getreide zu bekommen, berechtigt weder die Interessenten, noch die Reichsorgane, die gehofften Mengen als bereits geliefert in die Rechnung einzustellen. Die Zeit dazu wird später kommen. Hoffentlich kommt sie bald.
Weithin verbreitet, und nicht bloß in Interessenkreisen, ist die Befürchtung — um auch das noch zu berühren — daß die Organi⸗ sationen für die Beschaffung und Verteilung von Lebensmitteln und Rohstoffen und ähnliche, Zwangssyndikaten und Monopolen gleichende Einrichtungen in Industrie und Handel über die Dauer des Krieges hinaus vielleicht für immer von Reichs wegen auf Kosten der Freiheit und Selbständigkeit der einzelnen aufrechterhalten werden. Der Ge— danke wirkt um so beängstigender, als bei derartigen, vielfach aus eiligen Improvisationen herauswachsenden Gesellschaften schon bei der Bildung Fehler fast unvermeidlich sind, wie auch ihre Geschäftsführung notwendig manchen Mangel zeigen muß. Es ist auch nicht zu verkennen, daß in den Kreisen derer, die an dem Zustandekommen dieser Organi⸗ sationen mitgewirkt haben oder die in ihnen tätig und deshalb vielleicht geneigt sind, ihren Wert zu überschätzen, aber auch darüber hinaus in Kreisen, die aus ihren allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen An— schauungen heraus dem Bestehen solcher mehr oder weniger staatlichen Organisationen freundlich gegenüberstehen, für den Gedanken einer solchen Fortdauer Stimmung gemacht wird. Der Standpunkt der Reichsleitung ist das nicht. (Bravoh
Die Reichsleitung denkt nicht daran, Organisationen, die wohl für den Krieg notwendig, aber auch für ihn geschaffen sind, zu ver— ewigen. (Lebhafter Beifall links Sie würde es für falsch halten, an der wertvollsten Unterlage unseres wirtschaftlichen Lebens, an der Bewegungsfreiheit und Initiative des Einzelnen, zugunsten eines ge— wissen Staatssozialismus zu rütteln. (Lebhafter Beifall links und im Zentrumh Je mehr sie sich aber von dieser allgemeinen Stellung— nahme leiten läßt, um so mehr hält sie sich auch für verpflichtet, andererseits auf das Gute und Nützliche hinzuweisen, das diese Organisationen während des Krieges geschaffen haben. Ruhigere und objektivere Zeiten werden ihre Verdienste einmal besser erkennen lassen, als das jetzt vielfach der Fall ist. Ich möchte nur an unsere Getreideversorgung erinnern. Diesen Gesellschaften — und das möchte ich bitten auch noch anführen zu dürfen — solange sie noch nicht entbehrt werden können, das Leben zu erleichtern und nicht zu er— schweren, das liegt doch sicherlich im wohlverstandenen allgemeinen Interesse. (Sehr richtig! lins) Und auch das muß schon jetzt hervor— gehoben werden, daß alle diese Organisationen nicht bei Ablauf des Krieges, wenn auch an deren dauernden Bestand nicht gedacht wird, mit einem Schlage beseitigt werden können. Kürzer oder länger — das ist nicht zu vermeiden — werden die meisten noch bis zur weiteren Regelung der Verhältnisse fortgesetzt werden müssen. Die sachgemäße und praktische Mitwirkung von Handel und Industrie bei dieser Regelung wird dieselbe wesentlich erleichtern, und es ist des— halb deren Interesse, daran mitzuarbeiten. Sie werden es dann auch weitgehend in der Hand haben, dafür zu sorgen, daß die Auf⸗ lösungsßfrist nicht zu reichlich bemessen werde. (Sehr gut! links.)
laube dem Zusammenhalt Erscheinungen hier öffer
zeugung öffentlich gerügt werden müssen, weil si dienen. (Stürmische Zurufe und Unruhe f links, Jahre der schwersten Kämpfe und Entbehrungen hinter uns, und vergleichsweise kurz ist dagegen der menschlichen Vor— aussicht nach die Spanne Zeit, die uns noch vom Frieden tre wird. ines könnte uns einigkeit hinter der Front. Zentrum. Stürmische Zurufe rechts. — Glocke des Präsidenten.)
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Führern schuldig (Aha! und Zurufe rechts), ohne Ansehen der Person auf allen Seiten das zurückzustellen, was uns trennt (lebhaftes Sehr richtig auf allen des Hauses. Stürmische Zurufe rechts. Zurufe links), und geschlossen wie ein Mann hinter ste zu treten. (Stürmischer, langanhaltender Beifall links und im Zentrum. Zischen und Zurufe rechts. Wiederholtes lebhaftes Bravorufen und Händeklatschen links. Zischen und Pfuirufe rechts. Große Unruhe. Glocke des Präsidenten.)
Vizepräsident Dr. Paasche: Das Händeklatschen und auch das Pfuirufen entspricht der Würde des Hauses nicht. Neue Zurufe rechts, Rufe links: Das ist die Vater— landsparteih Ich bitte auch die vielen störenden Zwi— schenrufe, die namentlich von der Rechten ausgingen, zu unter— lassen. — Ich schlage vor, die nächste Sitzung morgen um 11 Uhr abzuhalten.
Die Abgg. Freiherr von Gamp (D. Fraktion) und Prinz zu Schoenaich-Carolath (nl) schlagen als Sitzungsbeginn 1 Uhr vor. .
Abg. Graf von Westarp (k.): Ich schlage vor, die Sitzung um 2 Uhr beginnen zu lassen, damit wir genügend Zeit haben, den Wortlaut der herausfordernden Rede zu stu— dieren, die wir eben gehört haben. (Lauter Beifall rechts, Widerspruch links.)
Bei der Abstimmung wird der Vorschlag des Abg. Grafen von Westarp gegen die Stimmen der Deutschkonservativen ab— gelehnt. (Händeklatschen und Zurufe links.)
Schluß 433 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr (Fortsetzung der allgemeinen Aussprache über den Etah.
Iich lamtliches.
Oesterreich⸗Ungarn. Als Bevollmächtigter Oesterreich⸗Ungerns bei den bevor⸗ siehenden Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk hat sich der Botschafter von Merey dorthin begeben. Als Vertreter des
Armeeoberkommandos bei den Verhandlungen funglert wieder der Feldmarschalleumant Csicseries von Bacsany.
— Die österreichische Regierung hat r neuerlich im s
Abgeordnetenhause den Gesetzeutwurf, betreffend die Ab⸗ änderung des allgemeinen Berggesetzes, eingebracht. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitleilt, soll durch die neue Berggesetznovelle das Recht der Aufsuchung und Gewinnung von Kohle dem Staate norhehalten werden, dem es überlassen bleibt, dieses Recht auf Zeit und Entgelt an andere Personen zu übertragen. Ferner wird dem Staate ein Einlõsungsrecht bezüglich der dem Besitzer entzogenen oder von ihm auf— gelassenen Bergwerke eingeräumt, wenn in solchen Bergwerken das Vorhandensein von Kohle nachgewiesen ist.
Großbritannien und Irland.
Nach einer Reutermeldung befürwortet die Denkschrift über die Kriegsziele, die die sozialistische und Arbeitertagung der Verbündeten in London angenommen hat, die Gründung eines Völkerbundes, unter dessen Kontrolle die Völker ihr Selbsthestimmungsrecht ausüben sollen. Der Bund werde das Schiedsgerichtsverfahren durchfetzen. Dle Denkschrift verlangt die Unterdrückung der geheimen Diplomalle und Verhinderung aller neuen Rüstungen sowie Verstaatlichung aller Rüͤstungsindustrien. Die Satzungen des Völkerbundes müssen einen Teil der Frledensbedingungen bilden. Die allererste Friedensbedingung sei die vollständige Enischädigung Belgiens und seine Wiederherstellung als unabhängiger souveräner Staat. Die Denkschrift erklärt, die Elsaß-Loih⸗ ringische Frage sei keine Frage terrilolen Ausgleichs, sondern die des Rechts. Seine Lösung sei für einen gerechten und dauernden Frieden unentbehrlich. Der neue Friedensvertrag werde anerkennen, daß Deutschland durch die Kriegserklärung von 1914 den Frankfurter Frieden gebrochen habe. Diese An⸗ erkennung vorausgesetzt, könne Frankreich zustimmen, daß die elsaßslothringische Bevölkerung über ihre Wünsche befragt werde. Der Friede werde durch den Völkerbund verbürgt werden. Die Denk⸗ schrist unterstüzt den Anspruch der italienischen Bevölkerung in Oesterreich⸗Uugarn, mit Itallen vereint zu werden. Vielleicht würden Vorkehrungen notwendig sein, um die legitimen Inter⸗ essen des italienischen Volkes in dem benachbarten Meere zu sichern, dagegen verurteilt die Denkschrift die Ziele des italie ni⸗ schen Imperialismus. Die Beziehungen zwischen Italien und den Südslawen an der östlichen Ädriaküste müßten auf die Grund⸗ sätze der Billigkeit und Versöhnung begründet werden. Die Slawen, die innerhalb der künftigen Grenzen Italiens lebten, und die Italiener auf slawischem Gebiet müßten gegenseitia Bürg⸗ schaflen für volle Freiheit der Selbstverwaltung erhalten. Serbien, Montenegro, Rumänien und Albanien müßten von den feind lichen Truppen geräumt werden. Wo immer eine Bevölkerung der gleichen Rasse und Sprache vereint zu werden verlange, solle es geschehen. Alle diese Völker müßten volle Freiheit haben, über ihre Geschicke zu bestimmen. Die Tagung schlägi einen Bund aller Balkanvölker vor. Polen muß wieder her— gestellt werden in Einheit und Unabhängigkeit mit freiem Zu⸗ gang zum Meere. Dle Tagung fordert für die Juden (ller Länder die gleichen Rechte mit den Angehörigen jeder Nali on. Palästina solle zu einem Freistaat unter internationaler Garantie ge⸗ macht werden. Arabien, Armenien und Mesopotamlen dür ften keinesfalls wieder unter türkische Herrschaft kommen. Wenn diefe Gebiete nicht selbst über ihr Schickfal entscheiden könn en, so sollen sie von einer Kommission unter dem Rölkerbunde regiert werden. Die Dardanellen sollen neutralisiert und unter die Kontrolle des Völkerbundes gestellt werden. Die Tagung