1919 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Mar 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Als Pröfungestelle wird für die Erzeugungsaustalten in den Provinzen Ost und Westvreußen, Pommern, Brandenburg, Posen, Schlesien, Sachsen und Schleswig-Holstein das Hygienische Institut der Tierärztlichen Vochschule in Berlin, für alle übrigen das Institut für erperimentelle Therapie in Frantfurt am Main kestimmi.

Die (kosten der staallichen Prüfung einschließlich der dem Sach verständigen zu zablenden Vergütung fallen den Erzeugungeanstalten zur Last.

Bis auf weiteres ist an die Prüfungsstellen für jedes Liter der Gesamtmenge des von einer Anstalt gleichzeitig zur Prüfung ge— stellten gleichwertigen Serums eine Gebühr von 1 „0, mindestens aber eine Gebühr bon 100 M für die Gesamtpiüfung zu entrichten. Werden von einer Anstalt mehr als 290 Liter Serüm auf einmal zur Prüfung gestellt, so beträgt die Gebühr nur 0,27 „M für 1 Liter, mindestens aber 230 für die Gesamiprüfung.

.Die mit der Tjerärztlichen Hochschule in Berlin getroffenen be⸗ sonderen Vereinbarungen bleiben in Geltung. 86.

Die über diese Anordnung hinausgehenden Vorschriften der S5 77 85 meiner viehseuchenpolizeilichen Anordnung vom J. Mai 1917 über den Verkehr mit Vichseuchenerregern und über die Herstellung und Verwendung von Impfstoffen bleiben auch für Rot— laufserum unbershrt.

Die beamüieten Tierärzte sind ferner befugt, nach näherer An— ordnung der RNegierungspräfidenten von dem im Verkehre befindlichen Rotlausserum und von den Rotlaustulluren, die zur Impfung gegen Rotlauf der Schweine verwendet werden sollen, Proben zu Unter⸗ suchungszwecken zu, entnehmen. Zu diesem Zweck ist ihnen das Be— treten der Räumlichkeiten, in denen RKotlaufserum oder „ulturen feilgehalten oder aufbewahrt werden, sowie auch der Räumlichkeiten, in denen Rotlauftulturen hergestellt werden, während der üblichen Geschäftszeiten zu gestatten.

Notlaufserum, das über 1 Jahr alt ist, ist zu beschlagnahmen und außer Verkehr zu setzen.

4 * .

Bei Einfuhr von Rotlaufserum aus dem Auslande bleibt vor— behalten, das Untersuchungsverfahren von Fall zu Fall zu regeln. Bitz zur Entscheidung über die Einfuhrfähigkeit verbleibt das Serum im Gewahrsam der Zollbehörde.

3 . Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung unterliegen den Straf— vorschriften dez Ti des Vieh seuchengesetzes vom 26. Juni 1909 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 519).

59.

Diese Anordnung tritt sosöri in Kraft. Die viebseuchenpolizei⸗ liche Anprdnung vom 2tz. Februar 19517 (Reiche und Siaatsan zeiger Nr. 727) wird aufgehoben.

Berlin, den 12. Februar 1919.

Der Minister für Landwirtschaft, Tomänen und Forsten. J ä. Pr e srtch.

, . über die staatliche Prüfung des Rotlausserums. l. Entnahme der Serumproben für die Prüfung. 51.

. Die Entnahme der Serumprohen für die staatliche Prüfung hat in den Erzeugungsanstalten durch die von den Regierungs— präsidenten ernannten Sachverständigen zu geschehen.

2. Jede Anstalt hat die Serumproben mit einem Begleitschreiben nach dem Muster der Anlage A an die zuständige Prüfungsstelle zu senden. Auf den die Proben enthaltenden Gefäßen ist die im Be— aleitschreiben vermerkte Kontrollnummer des Serums anzugeben. Der Inhalt des Begleitschreibens ist von dem Sachverständirn auf seine

qt; . . rue 416 89 35 4 56 'ge * Richtigkeit zu prüfen. SDse Begleitschreiben sind von ihm gegenzu zeichnen.

8 2.

l. Wird das zu prüfende Serum in der Erzeugungsanstalt in verschiedenen Behältern auslbewahrt, und ist es nicht nachweislich von demselben Tiere bei einer Blutentnahme gewonnen, so hat der Sach— verständige zu untersuchen und nach Anhörung der Anstalt darüber zu entscheiden, ob und inwieweit nach Maßgabe einer in der Anfstalt eiwa angestellten Vorprüfung und der etwa vorgenommenen Mischungen verschiedenartiger Sera die Gleichwertigkeit der in den verschledenen Behältern aufbewahrten zu prüsenden Sera als nack— gewiesen anzusehen ist.

2. Bon jedem gleichwerligen Serum hat der Sachverständige Pler Proben zu je 5 Cem zu entnehmen. Ist das Serum in ver— schied knen Behälsern untergebracht, so ist die Probenentnahme so einzurichten, daß die Proben Serum aus allen Behältern enthalten.

.

Nach der Probenentnahme sind die die Proben enthaltenden Gefäße von den Sachverständigen zu plombieren. Ebenso sind die Behälter, in deyen sich das zu prüfende Serum befindet, mit einer Plombe zu verschließen. Die Behälter sind in einem von der Anst t zur Verfügung zu stellenden Raum unter Mitwirkung des Sach— verständigen aufzubewahren.

8 4.

Vor der Prebenentaahme hat die Anstalt dem Serum O5 vo Phenol zuzusetzen. Statt des Pbenols kann auch ein anderes geeignetes Kon serLierungnmitlel, z. B. Tritresol, zugesetzt wenden. Die zugesetzte Menge muß ausreichen, um die Haltbarmachung sicher⸗ zustellen (vergl. nachfolgenden 5 5 Abs. 5).

II. Verfahren bei der Prüfung des Serums. l. Die Piüfung des Serums zerfällt in die Fesistellung der Un— schädlichleit und die Feststellung der Wertigkeit des Serums. Unschä dlichkeit. 2. Ein Serum ist als unschädlich anzusehen. wenn es a, klar und frei von gröberen Verunreinigungen ist: bj mögltchst keimfrei ist, jedenfalls in 1 cem nicht mehr als log Keime und c) nicht mehr als 05 vo Phenol eder bei Anwendung eines anderen Krnservierungf mittels keine größere Zusaumenge entkält, als nach der Art des KReonserdierungs mittels bei Verwendung des Serums zur Impfung als unschädlich an— gesehen werden kann.

3. Die Prüfung zu a erfolgt durch makrostopische Besichtigung. Das Serum darf einen geringen Bodensatz zeigen, soll aher. a . längerem Stehen im übrigen tlar sein. Zeigt dat Serum bleibende allgemeine Tiübungen, so ist zu prüfen, ob die Trübungen als Zeichen der Zersetzung anzusehen sind. Bejahendenfalls ist das Serum . vernichten. Andernfalls sind die nötigen Anweisungen wegen Brau barmachung des Serums zu geben.

4. Die Prüfung auf Keüngehalt erfolgt nach den gebräuchlichen bakteriologischen Meihoden. Es sind mindestens je ! Agarrhrchen, 1 Traubenzucker Agarröhrchen und 2 Bouillon. Röhichen mit einer ab= gemessenen Stiummmenge,=— bel unverdächtigem Serum je 5 Tropfen zu impfen. Das Agagrröhrchen ist in Plaften autzugießen, von dem Traubenzu öhrchen werden Schütteltulturen in hoher Schicht angelegt. Nach 24 und 48 Stunden ist die Keimzahl auszuzählen. Völlige Keimfreiheit des Serums ist anzustreben. Sera mit mehr als 1650 Keimen in 1 cem sind zurückzmweisen.

5. Zur Prüfung des Phenolgehalts werden einer Maus von 13 8 Gewicht 5 Cem Serum unter die Haut gespritzt. 3 die

Maut keine oder mur unwesentliche Vergiftunggerscheinungen, so ist anzunehmen, daß die Menge des zugefügten Phenols das zulässige

Maß nicht übersteigt Sind dem Scrum andere AUntisertika zugesetzt, so ist je nach der Art des beigefsiaten Konservierungsmittels zu prüfen, ob die zugesetzte Menge einerseils fät die Impftiere unschäd- lich ist, andererseits zur Sicherstellung der Haltbarmachung des Serums ausreicht.

Wertigkeit.

6. Das Seiun muß mindestens 1090 Immunilätseinheiten

(Ir Er in einem cem enthalten. Das Serum ist als diesen An⸗ forderungen genügend anzusehen, wenn es in seiner Schutzwirkung nicht hinter der des Standardserums zurückbleibt. Als Standard⸗ serum ist ein Serum anzusehen, das in der Regel in det Menge von Ol cem eine Maus von 15 8 Gewicht gegen die eine Stunde später nachfolgende intraperitoneale Einspritzung von 0,01 cem einer 24 stündigen Bouillonkultur virulenter Rotlauferreger zu schützen vermag. 7. Die Virulenz der benutzten Kültur muß dabei mindestens so hich sein, daß nach Einspritzung der Kulturverdünnung von 1: 10909 bis 1: 36000 der Tod der Tiere an Rotlauf etwa nach 5—7 Tagen erfolgt.

8. Die Feststellung der Mindestvirulenz der Kultur wird an weißen Mäusen durch intraperitoneale Ginsprißung von Verdünnungen einer 24 stündigen Bouillonkuliur mit physiologischer Kochsalzlösung in der Weise vorgenommen, daß jeweils 3 Mäusen je 0, em von jeder Kulturverdüͤnnung, entsprechend der nachstehenden Uebersicht, eingespritzt werden. Es erhalten demnach: .

einer Kulturverdünnung 3 Mäuse jeweils Bouillonkultur isioo cem einer 24 stündigen je O, cem 1saoo . . . 1 ö, 6000 I . . 113900

.

/

230 2390

: 3090 900 3000 9000 30000

*. . 0000 . * 1090900 *

1 1 J I 1

90000 moboboo , . ö ö j . 30009 7. Der Serumprüfungsversüch ist in folgender Weise aus— zuführen:

Es werden zwei Prüfungsreihen angesetzt, eine mit Standard⸗ serum von 100 J. ls, das hei jeder Prüfung frisch'gelöst wird, und eine jweite init dem zu prüfenden Motlaufserum. .

Vr n ietem Serum erhalten je zwei (zusammen zwölf) Mäuse folgende Serummengen:

der Serumverdünnung Kochsalzlösung 005 —= 0,5 cem einer Mischung von! cem 1:50 4 1 6em CG, Sp Oo O, 908 05 1: 50 4 04 , 0,85 o/so 001 055 e 50 . 662 05 Sh o/o Gos 96 ; O Sho

10. Eine Stunde nach der Impjung mit Scrum erhalten die Möäuse zugleich juit zwei unbehandelten Kontrollinäusen i cem 24 stündiger Bouillon kultur virulenter Rotlauferreger in die Bauch höhle eingespritzt. Bei, regeh echtem Verlauf der Versuchsreiben müssen die Kontrolltiere in zweimal 24 Stunden, spätestens in drei⸗ mal 24 Stunden sterben. Außerdem müssen von den mit Standaid⸗ serum behandelten Tieren diejenigen, welche die kleineren Serum- mengen eingespritzt erbalten haben, mit einer Verzögerung von einigen Tagen eingehen, während die mit den größeren Mengen des Standard⸗ seruns Imeist von 001 cem an) behandelten Tiere leben bleiben sollen. Die eingegangenen Tiere werden zerlegt, um festzustellen, ob eiwa interkurtente Krankheiten als Teded⸗ urseche vorliegen. Tie Beobachtung der Versucht tiere dauert S Tage. Der Prüfungsabschluß findet am 9. Tage statt. Ist das zur Pritfung gestellte Rotlausserum ebenfalls 109 fach, so muß die zweite Ver suchsreihe einen der ersten Versuchsrelhe vollsteindig parallelen Verlauf zeigen. Sterben von dieser Reihe noch Tiere mit höheren Serun dosen als bei der eisten Prüfunggreihe, so ist der Prüfungæzversuch zu wiederholen. Falls auch jetzt Tiere mit höheren Serumgaben des zu prüfenden Serums als in der Prüfumnmgsreihe mit dem Standard⸗ serum sterben, so ist das Serum als nicht vollwertig zu bezeichnen.

11. Ueber den Verlauf der Prüfung ist eine genaue Aufzeichnung anzufertigen.

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III. Prũfungsergebnisse. 53 6.

1. Von dem Ausfall der Prüfung ist der rz eug un gan st t so fort durch Schreiben nach dem Muster der, Anlage, tz Nachricht zu geben. Ist das zu prüfende Serum zwar nicht tauglich, kann es aber durch eine besondere Behandlung hrauchbar gemacht werden, so ist in dem Begleitschreiben genau anzugeben, in welcher Weise die Brauch— barmachung zu erfolgen hat.

2. Abschrist des Schreibens ist dem Sachverständigen zu über— senden. .

8 41. .

1. Sernm, das sich bei der Prüfung schlechthin als untauglich erwie sen hat, ist unter Kontrolle des Sachverständigen zu vernichten. 2. Serum, daß nach dem Prüfungsergebnisse zwar zurzeit un— tauglich ist, aber brauchbar gemacht werden tann, ift jum Zwecke der Brauchbarmachnnsß in der Anstalt freizugeben, sofenn nicht ven der Anstalt die Brauchbarmachung abgelehnt wird. In letzterem Falle ist das Serum wie untaugliches zu vernichten. at de Sachverftändige in geeigneter Weise darüber zu wachen, daß die Brauchbarmachung in der vorgeschriebenen Weise erfolgt. Nach der Brauchbarmachunsl hat er eine nochmalige Prüfung des Serums nach den für die erste Prüfung bestimmten Megeln zu veranlassen.

3. Serum, daß sich als tauglich eiwiesen hat, ift zur Abgabe

freizugeben. Die Entfernung der Plomben von den Behältern. in

denen das Serum bis dahin aufbewahrt war (8 3), und die Abfüllung

in die Versandfläschchen darf nur unter Kontrolle des Sachverständigen

erfolgen. l . ö 4. Bei dem Versand und der Kennzeichnung der Gefäße, in denen das Rotlausserunn in den Verkehr gebracht werden soll, sind die Bestimmungen im 8 85 Abf. 2 meiner viehseuchenpolizeilichen Anordnung vom 1. Mai i912 (Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 105) zu beachten. Anferdein sind die Gefäße unter Aussicht des Sach— verständigen zu plombieren. Die Plombe hat als Zeichen der Pruͤ— fungsstelle auf der Seite einen Adler zu tragen. 338

Der Sachverständige, hat über jede Prüfung eine Aufzeichnung anzufertigen, aus der ersichtlich sind:

1. die Kontrollnummern des Serums ;

„die Nummern und die Fenn zeichnung der Pferde oder . Tiere, von denen das zur Prüfung gestellte Serum tammt, .

der Tag der Blutentnahme,

„die Menge des zur Prüfung angemeldeten Serums,

5. der Tag der Entnahme und der Absendung der Proben,

. der Tag des Eingangs des Bescheides der Prüfungsftelle und . Inhalt,

. der Tag der Abfüllung des Serums,

8. bei beanstandetem Serum dessen weitere Behandlung.

——

Die Forstkassenrendantenstelle für die Oberförsterelen Torfhaus, Alte nau, Clausthal, Schulenberg und Zellerfeld mit dem Amtssitz in Clausthal ist baldmöalichst zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 22. März 1919 eingehen.

Andernfalls hat der

Wohlfahrtspflege.

Die Nationalstiftung hat zur unterstütz ung. der Friegsbinterbltebenen außerordentliche Mitte bereitgestellt. Die andauernde Teuerung aller Lebengvewhält⸗ nisse hat mit Beendigung des Krieges eine weltere Verschärfung er= fahren und die ohnehin fraurlge Lage der Kriegshinterbliebenen noch ungünstiger gestaltet. Hinzu kommt noch, daß weite Rreise der Kriegshinterbltebenen die bisher die Familienunterstützung erhielten. mit dem plötzlichen Fortfall derselben vor die äußerste Notlage ger stellt werden. Die Nationalstiftung hielt es daher für ihre Pflicht. gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt der größten Not einzutreten und alles daran zu sttzen, den bedürftigen Hinterbliebenen über die jetzigen Jo außerordentlich schwierigen Zeiten hinweg zuhelfen. Dutch Beschluß des Präsidiums der National stiftung wutde der für dos laufende Unterhaltungsjahr freigegebene Betrag vorerst auf 35 Millionen Mark erhöht, und darüber hinas sollen einzelnen auch dann noch hiltsbedürftig bleibenden Landesausschüssen besondere, von Fall zu Fall zu bemessende Zuweisungen aus den noch verfügbaren Mitteln des Ausgleichsfen ds . werden. Die fe Beschlüsse treten als Notstandsmaßnahmen sofort in Kraft. Ferner sind in Anbetracht der gegenwärtigen Notlage auch aus den Sonder sltiftungen noch Mittel im Rahmen der für die einzelnen Sonde r⸗ stiftun gen gegebenen Zweckbestimmungen bereitgestellt, jo daß für das laufende Unterstützungöjahr der Gesamtbetrag der von der National- stiftung und den ihr angeschlossenen Sonderstiftungen bereitgestellten Unterstützungögelder rund 13 Millienen Mark, bei einem Stistungs⸗ vermögen von rund 167 Millionen Matk beträgt.

Bauwesen.

Die Arbeiten des Norxm engusschusses de n deutschen Industrie, der es sich zur Aufgabe g hat, kurch Schajfung ven Ginheitformen zur Pereinfcchung ber Petr ehe und zur erböhlen Ausnittzung der Rohstoffe und Arbeitskräfte hei. zutrasten, schieiten rüstig ponrärts. Es sind, wie im Zentralblatt der Bauverwaltung“ mnitgeteilt wird, bis jetzt 122 Entwürfe für (E inheitformen aufgestellt worden. Nachdem liber Lie wichtigen Fragen der Gewindesysteme, der einheitlichen e⸗ zugötemperdtur. und des einheitlichen Passungssystems, eine Finigung erzielt worden ijt, könnten in xascher Folge die Norm. blätter für Gewinde, Fasjungen, Schrauben nehst Zubehör und Gntrürfe für Niete und Transmissionsteisle veröffentlicht werden. Wertvolle Beiträge zur Verbilligung nnd Vereinfachung des Klein= hausbaueLz hat inzwischen auch der Fachanusschüß für das Bauwesen geliefert, der Normblatientwürfe für Holzbalkendecken, Fenster und Türen autfgestellt hat und nunmehr mit der Aufstellung von Norminen für Trevpen, Beschläge, Dachstühle, Grnnd⸗ risse, Schornsteine, Pflastersteine, Haus randöfen, Kanglisation: gegenstände. Tonrohren, Zementröhren beschäftigt ift. In Würdigung ber vom Normengusschuß für die Umstellung auf die Friedens fertigung geleisteten wichtigen Arbeit haben die Bebörden und in⸗ duftriellen Firmen durch Zuschüsse das Bestehen des Normenautz⸗ schusses füc absehbare Zeit gesichert. Es ist allerdings dringend er⸗ wänscht, daß dem Normenausschuß noch weitere Mittel zufließen, um die zahlreichen schwebenden Aufgaben einer baldigen Loösung zu⸗

führen zu können. Verkehrs wesen.

Für das von den polnischen Truppen besetzte preußische Gebiet ist vom 3. März ab der i , Postscheck, Nachnahmebrief⸗ und Postauftrags verkehr wieder zugelassen. .

Theater und Mn sil.

Im Opernhanse wird morgen, Mittwoch, als Festryor stellung für, die ostafrikanischen Schutztruppen Ver Freischütz?! mit den Bamen Dur, Sar und den ü Zadlowter, Knüpfer, Stock, Bronsgeest, Habich, und Trasa in den Hauptrollen aufgeführt. Masikalischer Leiter ist Dr. Fritz Stiedrn. Änfang 7 Uhr. : 2

Im Schauspielbause werden morgen „Die Kreuzel⸗ schreiber in der gewohnten Besetzung gegeben. Anfang 7 Ubr. Spielleiter ist Albert Patty. ö

Im Deutschen Theater sind zurzeit die Proben zu einer Neneinstudiernng von Gerhart Hauptmannt. Drama Der arme Heinrich‘ unter der Leitung von Felix Hollgender im Gange. Mit der Aufführung dieses Werkes sind elf Stücke Hqupt- manns dem Spielplan der Reinhardt⸗Bühnen einverleibt, und zwar: „Schluck und Jan“, „Die Ratten / Winterballade /, Kollege Trampkhon“, „Fubrinann Henschel“, „Rose Beind“. Hiichaet Kramer“, Der Hiberkelz',. Danneles Himmelfahrt“, 6 ö „Der arme Heinrich‘. PDiese Werke werden, ergänzt, durch en⸗ einftudierungen weiterer Stücke des Dichtertz, in der nächften Spiel⸗ zeit in Form eines Hauptmann-Iyllus dargestellt werden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Bellage =

Theater.

GHpernhang. (Unter den Linden.) Mitiwoch: 243. Karten- reservesaß. Der Dauen bezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst: 1nd Freipläte sind aufgehoben. Festvorstellung für die ojt⸗ afrikanisch Schutzttuxve: Der Freischütz. Romantische Oer in drei Abteilungen (um Teil, nach dem Volksmärchen Der Freischüßz') von F. Kind. Mußt, von Carl Maria von Weber.

busikalische Leitung: Dr. Fritz Stiedry. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 7 Uhr. .

Sthanspielhaus. (Am Gendarmenmarkt) Mittwoch: 64. Deuer⸗ bezugsvorstellung. Dienst. und Freiplätze sind aufgehoben. Die Kreuzelschreiber. Bauernkomötie mit Gesang in drei Akten tz Bilder) von Ludwig Anzengruber. Spielleitung: Albert Patry. nfang 7 Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 60. Dauerbezugsvorstellung. Fidelio. Oper in zwei Akten von Ludwiß ban Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treijschte. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. G65. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgeboben. Othello, der Mohr von Venedig. Lr eie in fünf Aufzügen von Shafespeare. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr. .

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Verantwortlicher Schtiftlel let: Direktor Dr. Ty t ol, Gbarlottenbura Verantwortsich für den Anzei il: Der Vorsteher der Geschäftsstelle ; Mdechn un gs rat R in Berlin. J Verlag der Geschäftsstelle ( Mengering in Berlin. A

Druck der Norddeuts den Rlchdrugerrt und Verlagganstaft. er n , n, ,, , mene n, ,

Sieben Beilagen seinschlichlich Börsenbellage und Waren zelchenbeilage Nr. 1535.

Erse Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

Aichtamtlich es

Deut sche Nationaluersammlung in Weimar.

19. Sitzung vom Montag, dem 3. März 1919, Vormittags 10 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)

Am Regierungstisch: die Reichsminister Dr. Preuß, Erz— berger und andere

Präsident Fehrenbach kee die Sitzung kurz nach 10/ Uhr mit folgender Ansprache, welche die Mitglieder des Hauses mit Ausnahme der U. Soz, stehend anhören:

Meine Damen und Herren! Gestern sind unfere Ostafrikaner rlich in die Reichshauptstadt eingezogen. Es ist der parlamen— in Vertretung des deutschen Volkes nicht vergönnt gewesen, sie randenburger Tor zu begrüßen. Dafür soll von hler aus der herzlichste Gruß sie in der deutschen Heimat willkommen heißen. (Allselige Zustimmung) Unerhört waren die Mührale und Strapasßen, mit denen sie lauge Jahre zu kämpfen gehabt haben. In in Glanze erscheinen die kriegerischen Taten, bie ste gegen eine Uebermacht von . vollhrächten. Ihre Rückkehr in die Deimat schildert die Kultur⸗ und Missionstätigkeit, welche deutsche Bürger in immer . Energie in fieberheißen Gestaden und in waldigen Wildnissen verrichtet haben; fie schildert auch den reschen Segen, den diese zipilisatorische Tätig— teit zum Besten eines hoffnungsreichen Landes verbreitet har; sie wird aber auch erzählen von der Dankbarkeit, welche die ein— heimische Bevölkerung der opferbereiten Wirksamkeit entgegenhrachte, und bon der Treue, mit der die einheimischen waffenfähigen Mann— schaften zu unseren deutschen Soldaten standen. (Lebhafter Beifall.) Ehre und Dank, unsterblicher Rühm dem Führer dieser tapferen Schar, dem General von Lettow⸗-Vorbeck und jedem einzelnen seiner Offlfiere, dem Gouperneur und seinen Beamten und der gesamten Teutschen Ansiedlerschaft von Ostafrika. In diesen Zeiten der Grausamkeiten haben auch unsere Feinde die Heldentafsen unserer Ostafrikaner gewürdigt und haben in anzuerkennender Ri terlichteit jbnen den ehrenvollen Abzug und die Rückkehr in die Heimat gestattet. Diese Gesinnung muß, wenn unser Glaube an die Menschheit nicht verloren gehen Iz sie aber auch beherrschen bei der Lösung der Schicksalsfrage des Friedensschlusses. Unserem schwerleidenden Volke r leuchtende Beispiel dieser tapferen Heldenschaar beweisen, wal fester Zusammenhang und treue Brüderlichkeit auch in den schlimnnsten Lagen zu leisten vermag. Sie haben sich zu Ebren der Ostaftlkaner von den Sitzen erhoben. Ich stelle dies fest. (Wieder— holter allseitiger, großer Beifall.) Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der ersten Vergtung des Verfassungsentwurfs. Reichsminister des Innern Dr. Preuß: Von den Rednern der heiden jozialdemokratfsch⸗n Fraktionen ist cine Verstärkung und Ver— mehrung der sozialpolitischen Bestimmungen des Verfassungsentwuris rn nscht, und es ist dabei getadelt worden, daß, soweit solche im Entwurs vorhanden seien, sie zu allgemein und unbeffimmt gefaßt seien. Aber die Verfassung kann sich auf Einzelheiten nicht einkassen, und ihre Aufgabe kann nur sein, die Zuständigkeit des Reichs für daß, was wir jetzt Sozialisierung nennen, in möglichst weitem Maße festzustellen. Dann ist die Stellung des Reichspräsidenten krit tert worden. Wenn der Präsident durch Auflöfung des Reichs 1g? von den genählten Abgeordneten an ihre Wähler Berufung einlesen kann, so kann andererseits der Reichstag durch einen Antrag auf Abberufung des Präsidenten im Wege der Volksabstimmung von diesem Erwäblten des Volkes Berufung an dessen Wähler ein— legen. Ich würde es für richtig halten, beide Bestimmungen auf— recht zu erhalten. Anderersctts ist getadest. worden, daß der Präsident strafrechtlich und staatsrechtlich nicht genũgend herauzgehnhen worden sei, es entspreche nicht der Würde des Reichthräsidenten, eventuell, für sträfrechtliche Handlungen verant— wortlich gemacht zu werden. Noch weniger entspricht es der Würde des Neichspräsidenten, strafrechtliche Handlungen zu begehen. (Sehr gat! Im übrigen: wir wollen und können keinen Pringäfis legibus solutus einführen, wir wollen vom Standpunkt der Demokratie aus die unbedingte Unterwerfung auch des Reichs— oberhgupts unter Recht und Gesetz restlos durchführen; in der Verantwortlichkeit dem Gesetz gegenüber soll tein Unter— ichled fein zwischen dem Reichsoberhaupt und dem geringsten Bürger. Im rige! hängt mit der Frage des Präfidenten noch eng zu— sammen die Frage der Präsidenten der Gliedstaaten. Darin kann man mit den Herren Rednern der Opposition der Rechten einig geben, wenn sie eine Verstärkung der Reichsmacht verlangen. In ihrem Lobe der früheren Verfassung muß ich ihnen allerdings wider— sprechen. Es ist ja rednerisch eine sehr vorteilhafte Simation, wenn die Vertreter des Alten hinweisen auf die Jahre des Glücks, der Macht und des Aufschwungs unter der alten Verfassung. Stehen denn aber jene Jahre des Glücks und des Aufschwungs in einem ursächlichen Zusammenhang mit der alten Verfassung. oder haben wir nicht vielmehr diesen Aufschwung nicht wegen dieser alten Verfassung, sondern notz ihrer erlebt? Ee richtig! links. Leb⸗ hafter Widerspruch rechls.) Die entscheidende Feuerprobe des Un—

*d4lncks hat der alte Zustand nicht bestanden. (Schr richtig! Üinks.) Und nicht an glücklichen Zuständen ist die Kraft einer Verfaffung zn hemessen, sondern an dem. was sie im Umglück, im Leid und im Niederbruch hält. (Sehr richtig! links.) Nach dem Zusammenbrrch war pie alte Versassung unhaltbar. Gewiß hat die militärische

und Verwaltungsmacht Preußens das Alte zusammengehalten: es war

eine Versicherung der Fürssen auf Gegenseitigkeit. Könnten wir denn, jelbst wenn wir wollten, das wiederherstellen? Nein. Die einzig mägliche tragbare Grundlage ist jetzt die demor mat iche Selbhst. bestimmung kes Volkes. Das Betenntnis der Redaer von der echten zu einer Stärkung des Reichs ist uns besonders wertvoll.

Allerdings haben mich die Worte des Abg. Dr. Heinze etwas an die

Politik der Nationalliberalen Partei in ihrer Blütezeit erinnert:

in der ersten vesung das volle Bekenntnis zu den Grundsätzen

des Liheralizmug, in der zweiten Lesung Erwägungen, daß auch die. konseivativen Gesichtepuntte von Bedeutung seien, und in der dritten Lesung im großen und ganzen Annahme der ton— serratiben Vorschläge. (Heiterkeit So stellt der Abg. Heinze guch an die Spitze den Vordersatz: Alles fär das Reich, dann kommen die Aber und zuletzt die Vewweigerung der wichligsten Dinge, die das Reich braucht. (Sehr richtig! links) Herr Heinze will die bescheidensten Normativbestimmungen für die Einzelstaaten streschen, wie z. B. die strenge Scheidung zwischen Finanzen des Reichä und der Gliedstaaten. Von anderen Schrot und Korn waren die

Ausführungen des Abg. von Delbrück. Ich muß ihm eigentlich dankbar

sein für das Lob meines ersten Entwurfs. Ich erlebe ja das

jetzt mehrfach, pielleicht sagt man: freundliche Leichenreden für eine tote Sache! Aber vielleicht sind etliche Grundgedanken dieses ersfen

Entwurfs ihrer fröhlichen Auferstehung näher, als man glaubt. Die

Reichsregierung müßte zunächst versuchen, in Uebereinstimmung mit

den Gliedstagten zu kommen. In den wichtigsten ssnlten

st diese ebereinstimmung erzielt worden, wie in den

Berlin, Dienstag den

organisatorisch wichtigsten Punkten über Reichstag, Reschs⸗ präsidenten und ,, , Der Abg. von Delbrück möchte eine Erste Kammer mit berufsständischer Vertretung haben. Wenn man für diese berussständische Vertretung auch die Arbeiterräte in die Verfassung aufnähme, würde sich vielleicht auch die Linke damit befreunden. Aber dem ganzen Gedanken der berufsständischen Ver—⸗ tretung stehen überwiegende Bedenken gegenüber. In mancher Be—⸗ ziehung würde ich auch heute noch ein Staatenhaus vorziehen; die in einem er , unvermeibliche Ausnahmebehandlung Preußens würde in einem Staatenhause weniger notwendig sein. Im ü könnten auch große Landesteile Preußens, wie Rheinland, Hessen, Hannover, ebenso wie Baden und Württemberg eine befondere Stimme erhalten, ohne daß dadurch eine Zerschlagung Preußens bedingt wäre. (Sehr richtig! Die Gliedstaaten legten aber ent— scheidenden Wert auf ihte Mitwirkung an der Verwaltung auch in beschließender Form, und so hätte neben dem Staatenhaus doch noch ein Reichsrat bestehen müssen. Demgegenüber sehe ich in dem Reichsrat ohne Staatenbaus das kleinere Uebel. (Sehr richtig! lbabefriedigend ist im wesentlichen nur die Aufrechterhaltung der Sonderrechte. Den Widerstand der Gliedstaaten gegen die Auf— hebung dieser Sonderrechte kann man von ihrem Standpunkte aus begreifen. Nachdem die Vertretungen der Gliedstaaten gezeigt haben, mit welcher Bravour sie an diesen Rechten festzuhalten ver— suchten, und nachdem sie jetzt einem nahezu geschlossenen Willen der Nationalversammlung gegenüberstehen, hoffe ich, daß nunmehr eine friedliche und freundschaftliche Vereinbarung zu erzielen sein wird im Sinne einer Vereinheitlichung der Reichsgewalt auf dem Gebiete des Milttär- und Verkehrswesens. Ueber die Stimmung der Nationalversammlung kann nach den Aeußerungen der big— herigen Redner nicht der geringste Zweifel sein, und die Regierung stimmt damit voll überein. Die Regierung hat bis zum äußersten versucht, durch Verhandlungen mit den Gliedstaaten eine Einigung herbeizuführen. Man hat der Regierung Schwäche vorge— worfen; das weitere Schicksal der Verfassung wind hoffentlich zeigen, wie stark eine demokratijche Regierung ist, wenn sie getragen wird von einer demokratischen, zur nationalen Einheit entschiossenen Volksvertretung. (Lebhafte Zustimmung.) Diesen Beweis durch den Abschluß des Verfassungswerkes zu erbringen, das ist eine Auf— gabe, deren Löfung die Not der Zeit neff schnell erfordert. Die Not zu bannen, geht über die Kraft jedes Einzelstaates, auch Preußens. Nur das einheitliche Reich wird die Gefahren bannen und über— winden, die nicht jedem Einzelstaat nur, sondern dem Reiche ins— gesamt drohen. Aber Eile tut not. (Beifall.)

Abg. Alpers (Welfe): Die Erkenntnis von der Gefährlichkeit des preußischen Zentralismus zeigt sich in wachsendem Maße auch in Norddeutschland. Der Ruf der Hamburger Handels und Schiffahrts⸗ kreiss Los von Berlin“ entsprang der Abneigung gegen den preußischen Zenzralismus, der vereinigt, was nicht zueinander paßt, und aueinanderreißt, was zusammengehört. Die Anhänger des Zentralismus n n daß die Eibe seit Jahrhunderten ein Grenzfluß gewesen ist. Hannover führt seit 50 Jahren einen Kampf ums Recht, und es müssen im Ausschuß Mittel und Wege gefunden werden, um eine Wiedergutmachung des kiefverletzten Rechtsgefübls der Hannoveraner zu erreichen. Nicht durch Vertrag, sondern nur durch Gewalt ist Hannover an Preußen gekettet. Daz ganze hannoversche Volk fordert eine Beseitigung des Unrechts von 1366. Wenn in Deutschland nur der Rechtsgedanle herrscht, dann wird auch das Mißtrauen, das in der Welt gegen Deutschland be— steht, verschwinden. Im neuen Deutschland muß es auch ein freies Hannover geben. Wir haben bei der Reichsregterung eine Volks— abstimmung beantragt und sind sicher, daß dabel sich eine gewaltige Mehrheit für das freie Hannover entschelden wird. Vereinzelter Beifall.)

Preußischer Justizminister Heine: Die bis zur Entscheidung durch die preußz sche Landesversammlung nur vorläufige preußische Regierung kandelt sicher mit der Zussimmung des überwiegenden Teiles des preußischen Voltes, wenn sie hier ein freudiges Be— kenntnis ür den Reichsgedanten und für den Ausbau des Reiches ablegt. Das Deutsche Reich ist unter preußischer Führung zustande gekommen, und Preußen würde sich selbft verleugnen, wenn es dem Reichsgedanken untreu werden wollte. (Zustimmung.) Wir verstehen unter der Einheit des Reiches nicht eine Unter— drückung der Stammeteigenarten der deutschen Landsmannschaften, wir wissen vielmehr, daß nationale Einheit nur möglich ift auf Grund kultureller Gemeinschaft, und wir verkennen die Be— deutung der kulturellen Sonderheit für das starke Leben eines Volkes durchaus nicht. Aber wir betonen mit besonderem Nachdruck daß das deutsche Volt bei allen Unterschieden in seinen Stammes— eigentümlichteiten eine gemeinschaftliche deutsche Kultur besitzt. Beifall. Darum hat das dentsche Volk das Recht auf Ginheit. Wenn der Gedanke der Einheit in der Verfassung zum Ausdruck kommen soll, so ist das nur ein Ausfluß des Geistes, in dem das ganze Verfassungswerk vollendet werden soll. Deutschland muß nach außen und nach innen festen Boden unter den Füßen bekommen. Diesen festen Boden aber gewinnt man nicht dadurch, daß mon das mas, im, deusschen Velke noch träftig und lebenevoll ist, zerstört (Sehr nichtig), daß man die größte Einheit, die es in Veutsch— land gibt, zerreißt. (Erneute Zusttmmung) Was der Vorredner sordert, kommt einer Zerstückelung Preußens gleich; diese aber ist unvereinbar mit der Befestigung eines einheitlichen und starken Neiches. (Vereinzelter Widerspruch. Die alien dynastischen. Sür den sind für heute kein Beweis mehr. (Sehr richtig! links.) Wir wollen nicht zurück schauen, sondern vorwärts. Preußen besitzt immerhin eine große einheitliche Verwaltungs- organisation, mag sie auch eines gründlichen Ausbaues bedürfen. Es hat Finanzen, die sich wieder erholen können, es hat ein Eisenbahn—⸗ system alles Kräfte, die, vernichtet, auch eine Schwächung Tes Reiches bedeuten würden. Wir Vertreter Preußens im Staatenausschuß haben stets den Einheitsgedanken vertreten und haben vor einer Ueberspannung der Sondenpünsche gewarnt. Preußen hat sich bereit ertlärt, daß sein Heer zum Reichsheer, seine Gisenbahnen zu Reichteisenbahnen gemacht werden, es hat die größten Zugeständnisse auf finanzbolitischem Gebiete gemacht. Preußen kann nun aber auch erwarten, daß es, nachdem es sich der Einheit des Meiches so weitgehend zur Verfügung gestellt hat, eine gleiche Bereitwilligkeit von anderen Seiten erfährt. (Sehr richtig! links,. Phantastische Pläne, die nicht aus dem Bedürfnis des ganzen vreußischen Volkes bervorgehen und die darauf hinaug— laufen müssen. Preußen zu zerstückeln, weil dieser oder jener Teil des Volts es bequemer findet, seine eigenen Wege zu geben, können wir nicht verantworten. (Sehr richtig! Unruhe bei den Welsen.) Das Reich, aufgebaut auf einem zerstückelten Preußen, wäre geschwächt, und Preußen selbst wäre nicht nur materiell, sondern vor allen Dingen auch moralisch geschwächt. (Sehr richtig! Der unglückliche . hat viel Anlaß zu Streit und Zwietracht und zu Eifersüchtelelen gegeben, aber über diese Wir— kungen des Krieges hinaus müssen wir den Weg zu einem einheit— lichen deutschen Geiste finden. (Beifall. Lassen Sie daher alles fallen, was die Reibungen und Feindschaften nur noch vermehren würde! (Sehr richtig! Es ist jeßt wirklich nicht die Jeit, daß wir uns in einem Bruderkampf gegenseltig zersleischen könnten. (Sehr richtig) Würde man Preußen zerreißen und seine Kräfte schwächen, lo wäre das das schlechteste Beispiel für die Ginheit Deutfchlands,

1919.

S wäre nicht ein Weg aufwärts, sondern abwärts, nicht ein Weg vorwärts, sondern zurück, ein Weg zum Untergang. Die preußische Regierung verspricht, alle ihre Kräfte in den Dienst des Einheits. . im Reich zu stellen. (Lebhafter Beifall bei der Mehrheit. nruhe.

Abg. Vogel⸗Nürnberg (Soz.): An die Tradition von 1848 läßt sich nicht anknüpfen, wenn eine neue Verfassung für das Deutsche Reich beschlossen werden soll. Damals haben wir eine bürgerliche Revolution gehabt, die jetzige ist eine proletarische. Sie ist der Be= freiungskampf der Arbeiterklasse. Die Ueberführung der Erfolge und Ziele der gewaltsamen Umwälzung in eine gesetzma ßige Ordnung stellt unt vor besondere Schwierigteiten, weil bisher ein Beispiel einer geiungenen sozialistischen Revolution nicht vorliegt. Aber min einen Schlage die ganze bestehende Gesellschaftsordnung umzukrempeln, ist unmöglich. So zialisierung kann nur schrittweise und nur für ganze Betriebs. zweige, nicht für einzelne Betriebe erfolgen. Die Durchführung er Sozialtsierung auf internationalem Wege, wie sie Eisner in einer seiner letzten Reden noch propagierte, ist ein zu unsicherer Fattor, als daß wir in unserem totalen wirtschaftlichen Nieder bruch und bei der Verarmung der ganzen Welt darauf unseren Neubau errichten könnten. ie gesamten Bodenschätze müssen umgehend in den Besitz des Staates übergeleitet werden, und zwar tann das ohne jede Entschädigung geschehen. (Hört, hört! rechts. Beifall bei den Soz.) Daß wertvollste Gut der Nation, die Urtzeitskraft, mutz unter den Schutz des Reichs gestellt werden. Nicht Arbeitszwang, sondern Arbeitspflicht, Sicherung eines ge⸗ wissen Ex stenzminimums und Erwerbs⸗ und Arbeitslosenfürsorge mitssen sichergestellt werden. Strate Einheit der Gesetzgebung ist erforderlich arf dem Gebiet des Bergbaues, aber auch insbesondere im Gefundheitswesen und im Schulwesen. Das Reichsgesundheite amt ist einflußlos geblieben, wesl es keine Exekutive hatte; das Reich muß selbsländig Erhebungen auf diesem Gebiete vornehmen dürfen. Gewisse Grundfragen auf dem Gebiete der Volksschule müssen durch das Reich geregelt werden. Ein Mindestmaß von guter Voltsschulbildung muß für jed 8 deutsche Kind sichergestellt fein. Nicht nur die Sorge für die schnlentlassene Jugend, sondern auch die Pflege und Erziehung der noch nicht schulpflichtigen Kinder muß auf eine reichsgesetzliche Grundlage gestellt werden. Auf dem Gebiete des Verkehrswesens, de, Wehrmacht und der Finanzen muß dem Reiche die Souveränität zustehen. Einheitlichkeit des Verkehrswesens und der Reichgeisen« bahnen halte ich auch im Interesse Bayerns trotz aller Vorzüge des bayerischen Eisenbahn. und Postwesens für richtig. (Hört! Hört!) Herr von Delbrück eiblickt in einer starken Stellung Preußeng die Kraft der Reichseinheit; wir glauben, daß rade in der Hegemonie Preußens die Ursache unaufbörlicher

eibungen lag, die zu der Unsruchtbarteit im Innern und dem Unglück in der äußeren Politik wesentlich beigetragen haben. (Sehr richtig! bei den Soz.) Bie partikularistischen Neigungen im Süden in Mittel- und Norddeutschland sind im e mie, dem Gefühl ent sprungen, daß den Einzelstaaten ihre Selbständigkeit nicht zugunsten eines einheitlichen Reichs, sondern zugunsten Preußens beschnitten würde. Durch das Treiben der Kriegsgesellschaften ist dieses Gefühl noch verstärkt worden. Wohin Las schließlich gefuhrt hat, zetgt das Beispiel von Bayern und Braunschweig, wo sich eine seltseme Vermischung raditaler Revolutionspolitik mit der ältesten, von jedem revolutionären Gedanten absolut unberührten Bürokratie berausg'obilret hat. Qb und wieweit zur Aussckaltung der Hege⸗ monie Prcußens eine Zerschlagung Preußens noiwendig sein wirt, hängt Lavon ab, welche entgültige Lösung die Fragen des Ver= kehre wesens, der Wehrmacht und des Finanzwesens finden werden, in denen bisher die Hegemonie Preußens am festesten verankert war. Unsere endgültige Stellungnabme zur Präsidentenfrage hängt davon ab, welche Befugnisse dem Präsidenten zugebilligt werden. Nach den Erfahrungen in England und Frankreich steben wir dieser Frage be= sonders ibritisch gegenüber. Die ganze Staaisgewalt, so helßt es in der Verfassung, liegt beim Volke. Machen Sie das Wort wahr, sorgen Sie dafür, daß Deutschland bald wieder eine führende Nation und ein hochgeachtetes Glied im Bunde freier Völker werde. (Beifall bei den Sozialdemotraten.)

Gegen 1 Uhr wird die Weiterberatung bis 4 Uhr aus⸗ gesetzt. .

Um 4 Uhr 20 Minuten werden die Verhandlungen wieder aufgenommen. 3

Abg. Dr. Beyerle (Christl. Voltsp.): Die bayerische Volks⸗ partei vertritt den Gedanten einer Weitergeltung des bundesstaat= lichen Charatters und einer Gewaltenverteilung zwischen Reich und Gliedftaaten. Wir wollen gegenüber den Unitarisierungsbestrebungen die berechtigten gliedstaatlichen Interessen gewahrt wissen. Der Unitarismus gipfelt heute in der Forderung. daß mit Beseitigung der Monarchien auch die Gliedstaaten fallen müssen. Diese Forderung setzt zu der ersten Revolution gegen die Fürsten und den Militarikmus eine zweite Revolution gegen die Einzelstaaten Das Ziel des Unitarisimus ist nicht erreichbar obne Zertrümmerung der einzelstaatlichen Staatsgewalt. Wir wollen nicht mittelalterliche Stammesherzogtümer wieder aufrichten, sondern dem heutigen sozialen Volkskörper ein Haus schaffen. Wer eine Land⸗ karte des neuen Deutschlands entwerfen will, darf sich nicht auf ein Minzip festlegen, Jondern Art und Stammverwandtschaft, landwirt- schaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge wollen dabei berück⸗ sichtigt werden. Der Bundesstaat entspricht dem Wesen des deutschen Voltes; er ist ein Hort hoher Kulturwerte. Die Annahme des vor— liegenden Verfassungsentwurfes würde , weiteren Ausdehnung der Reichsgewalt auf Kosten der Gliedstaaten das Tor öffnen. Die Revolutien hat so viele Trümmer geschaffen, daß man nicht ohne Not Tie festen Stützen noch umstürzen sollte, die für das Reich in den Gliedstaaten hesteben. (Sehr richtig)

Reichsminister Dr. Preuß: Niemand verkennt die kulturellen Lristungen der Einzelstaaten. Aber es ist doch eine deulsche Kultur! Die Großen von Weimar waren deutsche Kulturträger, nicht Träger einer Weimarer Kultur. Der Vorredner ist wie sch Staatsrechts⸗ lehrer; würde ich die von ihm begonnene Polemik fortsetzen, wir kämen überhaupt nicht zu Ende. (Heitere Zustimmung.)

Abg. Dr. Du eringer (Deutschnat. : Jnristisch und stagts⸗ rechtlich ist der Preußsche Entwurf einer Verfassung der deutschen Republik musterbaft. Aber er ist zu akademisch, zu weltfremd. Er übersieht die Bedeutung, die auch heute nach der Revolution die deuischen Mittelstaaten noch haben. Gegen etwaige Pläne der Zer= stückelung Preußens erheben wir schärfsten Ginspruch. (Beifall rechts.) Daher lehnen wir auch die Losreißungsbestrebungen der Hannoveraner ab. Zweifellos besteht in den Fraktionen eine unitarische Tenden;, schon weil sie sich aus Vertretern des ganzen Reichs zusammensetzen. Von der Reichsregierung hoben wir bis jetz! Schörferisches nicht viel gesehen. Wir treten für Erste Kammern in den Einzelstaaten ein. Unter allen Umständen halten wir fest an einem verfassungsmäßigen Schutz des religiösen Bekenntnisses, verlangen eine Sscherstellung Hrist lichen Kirche durch Aufnahme von Normativbestimmungen in der Verfa Eng, z

Abg. Dr. Schuecking (Dem): Das Verhältnis zwischen dem Reich und Preußen hat im Laufe der Jahrhunderte viel e n n, erfahren, Dem Zeitalter Preußen gegen das Reich folgte ina

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