Soniakbemoktaten: Zufällig! Glauben Sie das? Dieser harmlofe Mensch! — ich sage ja: wo „zufällig“ Herr General Ludendoiff dazu gekommen sein fol! — gegen diesen die Bestimmüngen des Be—= lagerungszusfan kes anzurrenden. Was Noske tun wird, weiß ich
nicht; das ist nicht meines Amtes. Ich will aber auf etwas anderes
aufmerksam machen. Dieser Nationalbund deutscher Offiziere ist eine kleine, bedeutungelose Organisation, die nicht verwechselt werden darf mit dem Deutschen Offizistsbund, der solche peltischen Agtfatrnen grundsätzlich abgelehnt hat. Dieser Nationalbund deutschet Offiziere wird vielleicht dadurch charakterisiert, daß in ihm — und dag soll auch bei dieser Veranstaltung der Fall gewesen sein — der gentgsam bekannte frühere Rechtsanwalt Bredeteck, einst antifemitlschet Kän⸗ didat in Berlin, eine Rolle gespielt hat. Jedenfalls kann ich auch dicsem Hertn mir die dringenke Warnung qussprechen, euff ble (-hebersd der Regierung nicht allzu viel zu spekulieren. Wir wollen Frleben, wir wollen Ordnung und werden sie auftecht zu ethaälten wissen näch jeder Seite, woher auch die Stötungen kommen mögen. (Btaboh Det Herr Abg. Rosenfeld hat nun noch einige anbere Schmerzen gehabt. Er hat geftagt, watum wir den Adel noch nicht abgeschafft häthen. Meine Herren, wit haben in diefen Monaten gearbelbet Tag und Nacht. Es ist uns nicht gerade leicht gemacht, sondern er⸗ schwert worden durch das Treiben der Unabhhänglgen und ihrer Freunde. Was die uns füt Zelt gekostet haben, das wet den Sie alle ohne längere Auseinandersetzung bon mit sich denken können. Aber ich glaube wirklich, wir haben Wichtigeres zu tun. (Lebhafte Zu— stimmung Es gibt im Sttafgesetzbuch Einen 8 360 Nr. 8, danach wird mit Geldstrafe bis zu ganzen 159 Matk obet mit Haft der be— straft, der unbefugt eine Uniform, elne Amttklelbung, ein Amts—⸗ zeichen, elnen Orden oder ein Ehtenzeichen trägt oder Titel, Würden oder Adelsprädikate annimmt usrv. Die Verfolgung wegen bleset Bagatelldelikte hat, wie mit scheint, Überhaupt aufgehört; denn hier säuft jetzt alles in Uniform herum, wenn es einen Straßenraub be gehen will. (Lebhaftes Sehr guth Abet ich kann Herrn Abgeyrdneten Dr. Rosenfeld einen Tröst geben. Ich habe schon, als lch noch Justiz= minister war, die Absicht gehcht, der Reichsteglerung — die ist bafür zuständig, nicht Preußen — vorzuscklagen, diesen 8 360 Nt. 3 auf heben, sowelt et die unbefugte Führung von Melsprchs faten umter Strafe stellt. Für uns ist der ahlige Name ein Name wie jebet andere. Sehr richtig! bei den Shoziahdemokraten) Wir erkennen in beserders beborhigtes Recht des Adel an. Wenn nun dieser Paragraph abgeschafft ist, za schon vorhet, gebe ich dem Herti Abge⸗ otbne ten Nosenfeld die Zusicherung: er kann sich ruhrg von Rosenfeld nennen sstürmische Helterkeih; damit ist je denn der Wel abgeschafft Anhaltende stümnische Heiterkeüh. — Hier rief mir jemand eßwas von Antisemit u. Ich brrniche diesen Vomwärf nicht von init abgu—= reisen; aber es ist vielleicht Herrn Abesrdneben Rosenfelb micht be= kennt, daß es eine sehr vornehme Familie vom Roösenfelt gibt (ftüär= mische Heiterkeih. Ich bätie mir noch einge Wot ie allgemeiner NMnhur zu gestahten, sndem ich das übrige, nomentlich dez, was gegen einen verehrten Kollegen Haenisch gesagt ist, zurückstelle, damtt er
lbst darauf antworten kann. Da will ich aber doch eing heraus nehmen.
Der Herr Abgenrdnete Dr. Rosenfeld hat gesagl, Herr Haenisch wäre eine lächerliche Figur. Herr Haenisch wird auf diesen Vorwurf nicht antwotten wollen, ich abet, als sein Kollege ptotestiere dagegen und frage die Mitglieder dieses hohen Hauses, wie gewisse Ausfüh⸗ rungen dieses Herrn Rosenfeld hier auf sie gewirkt haben. (Sehr guth
Ich muß noch ein Wort über die Koalttiongpolitik sagen. Nach- dem das hohe Haus gewählt war, ergab sich dle Notwendigkeit einer Koalitionepolitik. Sie ergibt sich übtigeng nicht mut aus det Ver teilung der Mandate auf die berschiedenen Parteien, sondern nach
meiner Meimung auch nz der allgemeinen pollitischen Lage. Es wäre
mir wahrlich lieber gewesen, wenn man eine sozialdemoktatische Meht= heit in diesem Hause zehabt hätte; dunn hätte man zwelfellos eine einheitliche Politik treiben können, und auch die Herren, welche diese Politik für falsch hielten, hätten dann bie Möglichkeit gehabt, unsere Politik auf Her und Nieren zu prüfen. (Zutuf — Später auch einmal umgekehrt. Ich gebe Ihnen — das ist bas Wesen des Par, lamentarismus — nicht nur bas Recht, sondern ich vetlange bon einet Partei, daß sie danach strebt, einmal die Mehrheit zu werhen und selbst die Verantwortung füt die Politik zu übernehmen. (Sehr richtig!) Ich mißbillige fede Partel, die es darauf anlegt, beiseite zu stehen und bloß Kritik zu üben, die aber der Verantwettung aus bem Wige geht. Cebheffte Zustimmung)ͤ Will man aber eine solche posiltve Politik kreben, dann bleibt einem nichts sbtig, wenn man nicht alleln bie Mehrheit hat, als eine Koalttien füt die Politik zu suchen. (Sehr tichtigh
Warum ist ez denn nun nicht zu einer sozialdemokratischen Mehr heit in diesem Hohen Hause gektmmen? Wenn wir bald nach dem 9. November so, wie damals bie Volksbeauftragken es verhelßen hallen, die Nafionalpersammlung füt das Reich und damilt auch die Landesversammlung für Preußen gewählt hätten, ich kann Ihnen sagen dann hätten wir die sozlaldemokratische Mehrheit. Geb. kafle Zustimmung) Ich habe meinen Freunden bereltz Ende Novem her öffentlich erklärt: schiebt die Wahlen nicht auf; jeder Tag, um den wir sie, hinausschieben, kostet uns vielleicht hunderttausend Stimmen!, (Sehr nichtig) Wer hat denn die Wahl. hinter trichen, eis die Umcbhängigen? (Schr richtig! bel den Sozial. demoktalen) Etst haben die Männer der Unabhängigen in der Ne⸗ gierung die alsbaldige Wahl der Nationalbersammlung verheißen, dann begannen die mauftichtigen Quertreibereien, dann hleß ess Nur über meine Leiche geht der Weg zur Nationalversammlung! Dann hat man versucht, die Nattonglversammlung da man den Gedanken nicht Hotschlagen konnte, die in den April za verschicken. Grst alt wit dis Unabhäntzigen aus der Rrnlerung hindusgebracht hatten, konnten wit an bie Nernlrklichung der Pfllcht gehen, das Uolk um selne Kiberzengung ju deftagen. Aber dlese Herren wollten a nicht des Volk fratgzen, sendern sis wollten die Wyrannel einst kleinen Minderheik, Sehr richüg! bei den Sezialdemokralen) Eo ist ez gekommen, daß dis Desfnung und das Vertrauen, mit dem dag dentsche Volk unmittslat Röch der Rebotutlon der Soglalbemokratis gehen überffand, sich eiche scht fühlten. Golche Grwarkungen vertragen keln langes Zögern. e, er, Her, n. nicht elnpbkeln Ich klage bie Unabhängigen, dit Freunde beg Herrn ihn selber, det mit in der MReglerung war, an, daß fie datan schuld sind,
kraten) Besonders halte ich Herrn Hoffmann dag vor. Hert Hoff⸗ mann hat kene Ahnung dabon gebäcbt, daß, wenn es sich um die praktische Verwirklichung bon Ilelen handelt, man nach den vor⸗ handenen Mächtmitteln und nach det Wirkung auf die anderen Par= teien fragen muß, und daß es nicht genügt, den Mund recht weit aufzumachen. Die Forderungen des Herrn Hoffmann waren vielfach so, daß ich ste bon meinet lberzeugung aus fachlich nicht verworfen haben wurde,. Aber ich wußte, wie sie auf kiten sehr großen Teil des deutschen Volks wirken würden, und, Herr Hoffmann, wenn man auf dem Standpunkt det Demokraätkle steht, dann hat man die Stim— mung auch bet anderen Telle des Volkes zu berücksichtigen, mit kenen mem zufennhmen abel fen itß. Gercke Hert Hoffmann iöst nicht zum letzen daran schuld, daß wit keine sozlaldemokratische Mehthelt haben.
Meine Damen und Herten, die Kwalitionspolitik hat aber noch einen anderen und tieferen Grund. Wir sind zu der Koalitionspolitik getritben durch die Vane, in Fer sich ufer Vhterland, unfer Volk be⸗ findet. Wir haben jetzt die Aufgabe, so schnell wie möglich die emd⸗= gültige Verfassung Preußens festzustellen. zu tun, wa in bicfem preuß chen Lande und Wäeslk wicht die schasfe nde Arbeit herstellt. Wir haben, nachdem der Krieg eine Unsumme von Haß und Verbitte ng nicht hur dem Felnde gegenüber, sondern auch im eigenen Bolk erzeugt hat, die Aufgabe, einen einheitllchen Geist, einen einheitlichen Willen der Rettung erst herzuftellen. Keine Zeit ist ungeeigneter zu parteipolitischen Zänkereien, als gerade die gegen⸗ wärtige. (Seht richtig) Auch wenn meine Fraktion eine viel größere Zahl von Vertretern in diesem Hause hätte, würde ich mir erlaubt haben, ihr gu raten: Tretet den anderen Fraktionen nicht schroff gegen⸗ über, sondern sucht den Kreis derjenigen, die an der Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes mitarbeiten wollen, möglichst weit zu ziehen. So wird sich der Gedanke der Demokratie, der Freiheit am sichersten be= sestigen, und auf diesem Boden werden wir dann wirklich alle die Früchte pflücken, die ein noch so schönes Programm uns immer nur versprechen kann. (Seht richtig! bei der sozialdemoknatischen Partei)
Darum brauchen wit eine Politik der Zusammenarbeit der ber— schiedenen Pareien. Die innere Einheit des deutschen Volkes muß dokumentiert werden, gerade in Pteußen, wo die Gefahr vorliegt, wichtige Teile des Landes zu verlieren, am allerstärksten. Ich sollte meinen: in einer solchen Zeit des Hungers, des Glends, der Schande, der Gefahr, beraubt zu werden, da sollte sich das einheitliche Gefühl erheben, das sich einst bei unseren Vorfahren während der französischen Herrschäft erheben hat. (Sehr nichtig! bei der sogialdemok tat schen Partei) Eine solche Politik der Koalition, die das Verbindende be— tont, die die Parteien jetzt für bestimmte Jwecke zusammenfühtt, be⸗ deutet nicht den Verzicht auf die großen Endziele — bei keiner der Parteien. (Sehr richtig! bei der sozlaldemokratischen Partei. Weber wird das Zentrum auf seine Ziele verzichten, wenn es mit uns geht, noch verzichten wit auf die unserigen. Aber in diesen Monäten, die uns für unsere Arbei zu Gebote stehen, könhen wit so wie so nicht einen babylonischen Turm errichten, sondern nur eine begrenzte Arbeit leisten, nämlich die Herstellung der Verfassung, die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung, die Neueinrichtung der demokratischen Orga. nisation. Ucher diese Punkte sind die Parteien, welche sich hler gu⸗ sammengeschlossen haben, einig. Mag imn einzelnen Fällen diese oder jene Differenz sein, so glaube ich doch, die Nohlwendigkeit unseter Koalitionspolillk auf unsere Pflicht begründen zu müssen, unser Vater land wieder zu neuem Leben ju erwecken. Ich bitte daher von neuem alle Parteien dieses Hauses — — — (Zuruf von der sozialdemub⸗ kralischen Parlel: Alley) — Auch Sie, meine Herren, wenn Sie die nötige politische Einsichz dafür haben, — auch Sie, meine Herren. Arbeiten wir alle qusammen, damit unser Preußen, unser Deutschland nicht auseinanderfäͤllt, damit es nicht zu sehr erniedtigt with Er— spaten Sie uns, die wit hier wor dem preußiscken Volke, vor dem deutschen Volke stehen, das unerquickliche Schauspiel von Jänkereien, wie es diese Debatten sind! Arbeiten wit, aber machen wit nicht viele Worte! Das ist das Beste, was wir uns gegenseillg zurusen können. (Btaboh
Die ebenfalls schon , n, f. wiedergegebene Erklaͤ⸗ rung, zu der am Schluß der Sitzung der Finanzminister Dr. Südekum das Wort genommen hat, lautete wie folgt: Meine Damen und Hetren! Aus dem Hause heraus ist mir mit⸗ geteilt worden, daß meine Bemerkung über das Verhalten bon Offi= zieren und Heeresbenmten beim Rückzug der deutschen Truppen aus den besetzten Gebieten, welches ich in Gegensatz stellte zu ber Tätigkeit ein elner Soldatentäte, zu dem Mißverständnis geführt habe, als ob ich damit ein allgemeines Urteil, über alle Offiziere und Beamten hätte fällen wollen. Wer meinen Worten zugehört hat, kann diesem Mißverständnis nicht zum Opfer gefallen sein; denn ich habe, wie aus dem unverämberten stenographischen Bericht hervor geht, folgenbes gesagt: . Es haben dort Lenke von allen Ranggräden, Senke bon allem bolttlschen Glauben und von allen sonstigen Unterschieden im Leben big zum letzten Augenblick ihre Pflicht getan. Das steht unzweifelhaft fest. Es haben aber auch andere ihre Pflicht nicht getan.
Der Herr Kriegsnntster, der zn selnen Bebatern butch wichtige Besprechungen in Weimar unsern Verhandlungen entzogen betonen, daß ein gerichtliches Verfahrn gegen alle diejenigen ein geleibet worden ist, gegen die Vorwürfe der beyeichnelen Art er— hoben worden sind. Er behält sich sein abschließendes Urleil über die Fälle big jzu dem Augenblick vor, wo die Sache ausgetragen ist. Er würde aber auch, wie ich selbst getan habe, diese Gelegenheit be=
nutzt haben, um alle pflichttreuen Offiziere und Mannschaften unseres frü Heeres gegen den mißverständlichen Verdacht zu
schützen, als ob nicht auch in jenen schweren und schwarzen T unseres Valerlandes beulsches Pflichlbewußtsein, ehrenhafles * nehmen und gewissenhafte Diensterfüllung a finden gewesen wären.
Nach dieset Richtigstellung muß ich Ihre Aufmerksamkeit noch füt zei Minuten in Anspruch nehmen, um mich mil Herrn Dr. Nlosen feld auzeinankerzusetzen. Herr Ot. Rosenfeld hat mir mehrfach dle Ehre ber Erwähnung in feinen Auäfül' rungen zůtell wetden lasfen, in drei Fällen in einer solchen Weise, daß mindestens die Gefaßt demagoglscher Verwertung seiner Ausführungen in der Oeffentlichkeit dorllegen würde, wenn ich nicht sofort darauf anb
wenn nicht elne einhetltliche sonigldemoktatische Mehrbeit in diesem
Wit haben weiter alles
— Die erste betrifft seine Ausführungen über vie Bestenernng der
Bezüge, die den Arbeitslosen zugebilligt werden. Er hat angeknüpft an melne Worte bon gestern, daß ich füt die ehrbaren, guten Männer, die heute beim besten Willen keine Arbeit finden können, die Unter— stützung nicht für zu hoch, in vielen Fällen für zu niedrig erachte, und sagte: „der Minister, der das sagt, tritt gleichzeitig dafür ein, daß die Arbeitslosen von diesen ihren Bezügen auch noch Steuern entrichten müssen“ Melne Herten, der Abgeordnete Dr, Rosenfeld ist doch wirklich in der Lage, sich davon zu überzeugen, daß das burchaus dem Gesetz entspricht und daß mit keinerlei Handhabe zur Verfügung steht und stand, um eine sfolche Besteuerung hintan— zuhalten. Der S 8 des Einkommenfteuergesetzes macht die Hebungem aus öffentlichen und anderen Rechten steuerpflichtig als eine Quelle des Einkommens, und Arbeitslosenunterstützungen sind ausdrücklich nicht als Armenunterstützungen, sondern als Berechtigungen im Slnne des Einkommensteuergesetzes aufgebaut worden. Genau so sind übrigens z. B. Alters⸗ und Invalidententen ebenfalls der Ein— kommenbesteuerung unterworfen, wenn sonst für die Zensiten die Voraussetzungen der Vesteuerung gegeben sind. Man wird nicht sagen können, daß das erst von gestern und heute so ist. Die ganze Sache unterliegt der Zuständigkeit des Reichs, und das Reich, das die Arbelfélesenunterstützung eingeführt hat, hätte z. B. wle bei den Krankenkassenunterstützungen durch ein besonderes Gefetz auch an ordnen können, daß Arbeitslosenunterstützungen steuerfrel sind. Mir selbst war keine Handhabe geboten. (Zuruf bei der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei) — Nein, Preußen konnte natlitlich nicht allein vorgehen. Aber nun, verehrte Mitglieder von den UnQ— abhängigen Sozialbemokraten, wollen Sie, bitte, auch folgenden sach= lichen Einwand erwägen wir häben höute in Berlin eine Arbeits losenunterstützung von J M6, zu der die Juschläge füt Frauen und Kinder hinzuksmmen. Das kann Bettäge von 18 oder mehr Mark uasmachen. Nun gibt es in Berlin sehr viele Arbeiter, bie in Arbeit stehen und alle Kräfte tüchtig tegen, und die doch nicht 12 6 Lohn empfangen. (Sehr gut! im JZenttum) Die sind steuetpflichtig und müssen auch steuetpflichtig sein, weil wir jeden einzelnen, der tragfähige Schultern hat, mitheranziehen müssen zu den Lasten des Staates. Mit welchem Rechte sollte ich dann einen Arbeikslofen, der diesen Betrag begzleht, steuerfrel lassen, auf der anderen Seite aber dem Arbeiter, der kräftig arbeitet und dem es um keinen Deut besser geht, die Steuern töicht erlassen (Sehr richtigh, wozu ich gar kein möralisches und juristisches Recht habe?
Wenn Sle die Sache von diesem Gesichtspunkte aus anfehen, werden Sie nicht leugnen können, daß für mich keine Handhabe und auch keine Veranlassung zu einem anderen Verhalten vorlag. (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Veranlassung sehrh — Selbstverständlich, Herr Abgeordneter Hoffmann, ich habe Ihnen ja gestern gesagt, daß ich denen, die mit Recht die Arbeitslosenunter⸗ stützung in Anspruch nehmen, die, obschon sie sich ehrlich um Arbeit bemühen, keine finden können, gern meht gönne, weil auch ich welß, wie schwer sie im Leben zu kämpfen haben. Aber wie gesagt, der der arbeitet, und keinen höheren Lohn hat, darf nicht schlecher be— handelt werden. Darauf komme ich noch zu sprechen.
Nun sagt Herr Dt. Rosenfeld, es sei überhaupt ein Unrecht, Leute mit 36000 Matk Einkommen zu bestenern, und wörtlich sagte er: »Die Unabhängige Sozialdemokratie muß verlangen, daß die Besteuerung von Leuten mit einem Einkommen von 30090 Mark ab aufhört!“ — Ja, Hert Dr. Rosenfesld, Sie m üssen das viel—⸗ leicht verlangen; das gebe ich zu. (Heiterkeit) Aber dadurch, daß Sie es verlangen „müssen“, witd dieser Wunsch noch nicht berechtigt (Zuruf von den Unabhängigen Sorialdemokraten: In Ihren eigenen Reihen ist Stimmung dafürh, und zweltens kommt für mich entscheidend in Frage, daß die Einkommensgrenze von WM Mark doch ganz veyschieden ist, wenn ich die verschiedenen Kreise unseres Volkes ins Auge fasse. (Sehr guth Ein Arbeiter in Berlin mit Familie, det 3000 Mark Ginkommen hat, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Hungerleidet. Das leugne ich gar nicht. Ein anderer Jensit mit 3000 Mark steuerbatem Einkommen auf dem Lande kann eine höchst angenehme Existenz führen. (Sehr richtigh Infolgedessen wärde also eine allgemelne Anordnüng oder ein Gesetz, daß alle Einkommen, sagen wir bis zu 3000 Mark, steuerfrei bleiben sollten, nur den Schein der Gerechtigkeit haben; in der höchsten Gerechtigkeit wärde es die höchste Ungerechtigkeit gleichzeitig ein- schließen. (Sehr richtig) Also muß das vorbehalten bleiben der gemelnsamen Arbeit, zu der Sie ja eingeladen sind, zu det wir bereits in der nächsten Stunde uns zusammenfinden werden. (Zuruf von ben Unabhängigen Sozialdemokraten: Dann ist es zu spät) — Um 8 Uhr ist es zu spät? — Da sind wir in der Budgetkommission. (Zuruf von ben Unabhängigen Sozialdemokraten: Am 1. April be— ginnt das neue Steuerjahtl) — Selbstverständlich! Aber, da diese hohe Versamrlung, die über die Steuergesetz' zu befinden haben wird, nicht früher zusammengetreten ist, so konnte ich ihr auch nicht früher ein Gesetz unterbreiten. .
Nun sagte Herr Dr. Nosenfeld weiter, daß das. Existenr minimum, das bieher in der Steuergesetzgebung enthalten ist, von 900 Mark, natürlich nicht aufrechterhalten werden könne. Das wird auch von der Regierung zugestanden; denn der sinkende Geldwert in den letzten Jahren muß eine Veränderung der Grenze nach sich ziehen. Es wird sich bei der Neuordnung unserer Steuern im Heibst dazu Gelegenheit bieten, und diese Gelegenheit soll nicht ungenutzt vor übergehen. Wit werden dann über die Höhe des freigulassenden Existenzminimums mit uns sprechen lassen und bei jener Gelegenheit auch zu prüfen haben, ob man überhaupt eine solche Existenn minimumsgrenze für das gange Land alle Stände gleichmäßig Nun, meine sehr berehtien Amwesenden, gestatten Sie zum Schlusse noch ein elnzlges Wort. Einer der jüngeren Herten aus den Neihen der Unabhänglgen Sozialdemokraten machte mit den Vor wurf, daß ich Als Sozialdemokrat“, wie er wohl damit andeuten wollte, mit so wenig Verständnis für die Lage bet minderbemittelten Valksschichben über diese Frage gesprochen hätte. Ich habe wohl soviel Jahre meines Lebens an Steuerfragen und besonders an die Frage der gerechten Besteuerung gewandt, wie er — sagen wir — die Schule bezogen hat, muß also eine Belehrung von seiner Seite zurückweisen. (Abg. Adolf Hoffmann: Alter schützt vor Torheit nichty — So alt wie Sie, bin ich noch gar nicht! (Große Heiterkeit) Es ist keine Torheit, meine verehrten Anwesenden, sondern es ist ein ⸗ fach der Ausdruck einer unerbittlichen Tatsache, wenn ich sage, daß
wortete. Ich sehe mich deshalh genötigt, einige kurze Bemerkungen
win alle, aber auch wirklich bis zu dem letzten, uns davon überzeugt
Deser, Fischbeck, Steger wa kum.
belten und derell sein müssen, füt ben Dienst in der Gesamtheit unser Scherflein beizutragen. Lebhafte Zustimmung) Die Steuern sollen
gerechter gestaltet werden; sie sollen sogialer gestaltet werden. Aber,
meine Herren, steuerfrei wird in Zukunft niemand mehr bleiben können, und wenn Sie es scharf, ganz genau ansehen werden Sie selbst zugestehen müssen: das sollte auch keiner bleiben! (Sehr richtigh Wenn der Grundsatz wirklich durchgeführt würde, daß „nach seinen Kräften“ der einzelne zu den Leistungen des Staates herangozogen wird so wird auf den einen sehr viel, auf den andern sehr wenig treffen. (Zuruf) Sie fragen, ob sich die Einziehungskosten lehnen? Das kommt darauf an, ob man Methoden finden kann — ich glaube solche Methoden bereits gefunden zu haben — die gestatten, auch die kleinen Beträge einzusammeln, ohne daß hohe Einziehungs⸗ kosten damit veiknüpft wären; das wäre also eine rein praklische Frage, Hert Abgeordneter Adolf Hoffmann. Anderseils müssen wir uns, wie gesagt, an den Gedanken gewöhnen, daß die Steuern nach der Leistungsfähigkeit auf alle umgelegt werden. Den einen wird das sehr schwer, den andern um so leichter treffen, aber steuer⸗ pflichtig muß in einem Staat, der jedem seinet Angehörigen ohne Unterschied des Geschlechts vom 20. Lebensjahre an das Wahlrecht gibt, jeder sein. (Sehr richtig) Anders können die Geschäfte diefes Staate nicht geführt werden, und ich werde mich sehr freuen, wenn ich bei ker Durchführung dieser Gedanken auch auf Ihre Unterstützung rechnen kann. Beifall.)
—— —
12. Sitzung vom VN. Maͤrz. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro)
Am Regierungstische die Minister Hirsch, Braun, d und Dr. Süde⸗
Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 1 Uhr.
„Sine förmliche Anfrage des Abgeordneßen Dr. Reinecke Zentr, über verstärkten polizeilichen Schutz gegen räuberische eberfälle auf dem Lande wird, wie der Ministerpräsiden Hürsch erklärt, in den nächsten Tagen beantwortet werden. Es folgt die erste Lesung des Ent wurfseines Ge⸗— setzes über die Umlegung von Grundstücken in Cöln. Staats kommissat für das Wohnungswesen Scheidt weist auf die. Wohnungsnot hin, die vor allem Furch die unlerbliebene Bau— lätigkeit herporgerufen sei. 3 Cöln seien die Verhältnisse besonders schlecht, da es sich um eine Festung handle und der innere Teil der Stadt stark verbaut fei. Eine Herab'
bronung soll angestrebt ; Es wird Wert gelegt auf mehr Freiffäche, gar ce n ö
Der Gesetzentwurf wird in erster und dann auch in zweiter Lesung angenommen.
Darauf wird die Aussprache über das Re⸗ gierung sprog ram m fortgesetzt. Landwirtschaftzminister Staun; Meine Damen und Herren! Die Nenner sämklicher Parteien, die bigher in der Debatte gesprochen baben, haben in dem landwirtschaftlichen Teil des vom Minister= präsidenten kundoagebnen Regierungsprwogwammz nicht wesen ilichas ge= babt. Selbst Hert von Kardorff, der es wahrlich an Opposilion nicht fohlen ließ, hat an diesem Teil des Programms wesentlich nichtg be— krittelt. Allerdings hat er gesagt, es hebe sehr lange gehauert, biz die Herten — damit meinte er wehl die Mitgliedet det Regierung — die Bedeutung der Landwirtschaft erkannt hätten. (guruf) Es ist nicht sehr wahr, Hert von Kardorff, sondern ein Irrfum! Ich kann das wohl für alle Mitglichet der Regierung und auch füt alle Par. teien dieses Hauses erkläten, daß sie die wirtschaf liche Bedeutung der Landtyrhschaft stets erkinnt und fät ihre Förkerung enfsprechend eingetrefen sinb. Allerdings sind sie dabei verschlckene Wege gegangen.
D'ese verschichenen Wehe werden wir rielleicht auch in Jukunft noch gehen müssen. Um Ihnen das an einem einfachen Beispiel klar zu machen, möchte ich daran erinnern, daß Herr von Krrdorff es war, der im Februar 1917 hier in seiner frischfröhlichen Art in den Saal rief: Zahlen Sie 8 Mark für den Jentner Kartoffeln, und bie Landwirte liefern, so viel Ste haben wollen! (Hört, hört! bei den Sozicnldemok vaten) Diese einseitige Belonum des agrarpolitischen Interessenstandpankte hat den Gegensatz zwischen der ländlichen Be— völkerung und der großen Masse der städtischen Bevölkerung herbor⸗ gerufen und forbzesetzt bertieft, (Sehr richtig! bei den Sozialdermo—« kraten) Diese Art des agrarpolitischen Interessenstandyunkts hat auch mit die Stimmung erzeugt, die sich in den Novembertagen des vorigen Jahres so gewallsam Luft machte. (Sehr richtig! bei den So aldemok naten. Wiberspruch recht)
Es ist dber das nicht allein, sondern der Umstand, daß ein ganz kleiner Bruchteil des landwirtschafllichen Betufestandes feine wirt. schaf tliche Stellung dazu mißbraucht hatte, um politische Macht ansprüche bei uns in Preußen geltend zu machen und durchzusetzen, hat weiker dazu. beigetragen, einen unüberbtückbaren Gegerfah zwischen diesem Teil der ländlichen Bevölkerung und einem grohen Tell der städtischen Bevölkerung heworzurufen. Das muß jetzt andert werden! Ich hoffe, daß es auch anders wird, und kaß die Herren um Herrn von Karkorff auch einsehen, daß sie das Inberesse der Lontwirtschaft nur sachgemäß wahrnehmen köhnen, wenn sie ihre Politik anters einstellen. Die Landwirtschaft darf nicht meht f⸗ objekt parteipolitiscker Streitigkeiten sein! (Jebhafte Zustimmung bei den Sozaldemokratken und recht] — Seht richtig, Hert von
Kardorff! Deshalb bedauere ich es und verurteile es auf das schärfste,
wenn jeh noch Tagungen von Qamdwirtschaftskammern felbst von deren berufenen Orhanen dann benutzt werden, um plittscke Kumbd= gebungen gegenrepolutionärer Art in die Welt zu setzen. (Hört, hört bei den Soz aldemok raten) . Ich will hler nicht unterlassen mn erklären; Sollte sich ein det artiger Mißbrauch dieser rein wirtsaftlichen Betufsvertretungen wie ; derholen so werde ich mit allen mit zu Gebote stehenden Mitteln dagegen einschteiten. (Brawol bei den Sog astemekraten. Jurufe uttd Unrmrke techts) Meine Herren, es kann mut zum Nachteil det Land; wirtsckaft, unt Hemmung ihtet Förderung tuscklahen, wenn ihre wirtschaftlicken Vertretung körpersckaften z Tummehplätzen monat ⸗ chischer und agrarkenserbaftber Besttebungen gemacht werden. (Seht richt! ej den Soz aldemokraten] ö Mit hroucken jetzt in der kritiscken Katze, in ber wär withschaftich stehen, alle Kräfte die in ker Lantmirtschaft wirken elelchbiel welcher Wel kanschauung sie huldigen, glelchpiel welchet Patteirlchtung sie angehören (fehr wahr! bei den Sogialdemokraten und rechte), um Vie große entsckeidende Aufgabe, die der Landwirksckaft bei der Erneuerung unse res Qirtschaftolebens gestellt ist, nun Wehle uneres Landes und
unferes Wolkeg m lösen. Ich babe diese Aufgabe, die die Lanbwirt. sckaft bei dem Wiederaufbau unseres Wirtschaftslebens fu läösen hat, mit Vorbedacht eine entscheidende Aufgabe genannt. Denn nach dem Niederbruch unse rer Industrie ist di eLandwirkschaft vorerst die Hauph=
*
Nut, was wit aus dem heimischen Boden herausholen, nur, was wir
turch ihn erzeugen kennen, das allein bereichert unsere Wirtschaft und
; ̃ . aut verdient. macht uns wicker wirtsckaftlich selbstärbig. Jede Tonne Lebensmittel
mehr, die wir auf heimischem Boden erzeugen, ermöglicht ez ung, mehr
der Rohsteffe aus dem Auslande einzuführen, die unsere Industrie zu
ihrem Wicherausbau nolmendig braucht. Sehr nichtig! links)
Aber, meine Herren und Damen, auch der Verlust an heimischem Boden, der uns in der Ost, und Nort mark droht, zwingt uns, der derbaebenen Fläche durch intensive Wirtschaft so diel wie möglich ab— zugewinnen, zwingt uns, durch Kultbierung unserer Moor, und Ded= landflächen, die mehr als bisher fotclerk werden muß, füt die land. wirtscheftlicke Nutzung Neuland zu schaffen. Wit stehen da vor sehr sckreren Aufgaben, bor schweren Aufgaben in einem Zustande wirtschaftlicken Niedergangs, wie ihn kaum noch je ein Land erlebt hat. Dekhalb kann nur unsere Tevise sein: Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit, arbeiten und nicht verzwefeln! (Zuruf rechts) — Meine Herren, ich sage es allen, Ihnen, den Herren, die um mich stehen, und auch den Herren auf det anderen Seile. Es gilt für alle, die jetzt nicht arbeiten, sondern nur genießen, und die gibt es nicht nut auf einer Seite, sondern die gibt es auf verschiebenen Seiten. (Guruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Noskegarde) Wenn ich jetzt sehe, wieviele Kreise det Bevölkerung dahinleben, wenn ich jetzt sehe, wie man gierig nach den Lebensmitlelschiffen ausschaut, die nach meiner Auffassung viel zu markischreierisch angekündigt werden und Hoffnungen erwecken, die nachher nicht befriedigt werden können (Sehr richtig), wenn man sieht, wie nach einer Pressenotiz kürnlich in Hamburg unterernährte Kinder einer englischen odet amerikanischen Kommission vorgeführt wurden, dann kommt das Gefühl tiefster Scham über einen, und dann empfindet man erst recht, in welche Tiefe moralischen und körperlichen Clends ung dieser Krieg geführt hat. (Zuruf rechts: Die Revolution) Meine Herren, ohne Krieg hätte es keine Revolution gegeben. Deshalb ist der Krieg das vrimaͤre. (Andauernde Unruhe) Ich möchte dabei aber auch heworheben: Diese Erscheinungen sind nicht neueren Datums. Wer sich in den letzten Kriegsjahren umsehen konnte, der hat gesehen, wie der Vergnügungs⸗« taumel die weitesten Kreise schon in den letzten Kriegsjahren erfaßt hatte, besonder die Kreise, die so überaus viel im Kriege verdienten. (Gurufe links: Kriegsgewinnler! Gegenrufe rechts: Mumnibions« arbeiter) Meine Herren, es gibt nicht nut Munitionsarbeiter, die im Kriege verdient haben, die nur ihren Lohn füt ihre Arbeil be—⸗ kommen haben, es gibt auch Leute, die nicht gearbeitet und doch sehr viel mehr verdient haben. (Seht richtig Angesicht dieser Et ⸗ scheinungen möchte ich von dieser Stelle aus nut noch einmal hinaug— rufen: Wir sind durch den Krieg bitterarm geworden! Aber wir wollen ö Beltelpon erscheinen. Nicht betteln, fondern arbeiben, das sst jetzt unsere Pflicht für alle Kreise det Bevölkerung. (Sehr richtig! Seht wahrh
Nun hat Herr von Kardorff gestern gemeint, auf der Landwirt schaft laste die Verärgerung, die hervorgerufen sei Lurch die Kber— treibung der Zwangswirtschaft. Meine Herren, eine gewisse Ver- ärgerung lagert auf allen Berufskreisen, nicht nur auf der Landwirt⸗ schaft; aber nicht nur diese hat Unlaß, berärger! M sein. nicht nur sie produziert und arbeitet unter erschwerenden Verhãltnissen. Auch diese anderen Berufe müssen unter erschwerenden Umständen arbeiten, obne daß sie zurückgreifen können auf vier fette Jahre, die doch zweifellos der Landwirtschaft während der Kriegszeit beschieden ge⸗ wesen sind. (Jurufe rechts: Abet nicht allen Landwirten! Mit Anker schieo) Meine Herren, mit Unterschied, bin und het. Jedenfalls wird es niemand, der objektiv zu urteilen gewohnt ist, abstreiten, daß die Landwirtschaft während der Kriegszeit der einzige Erwerbs weig wat, der restlos fast in allen seinen Gliedern gut verdient hat. (Sehr gut! bei den Sozialdemoktaten) Es hat natürllch auch in einzelnen Zweigen der Industrie Kreise gegeben, die gut verdient haben. Aber die Landwirtschaft hat in allen ihten Zweigen gut verdient. Das zu bestreiten, heißt eben den Gegensatz noch mehr vertiefen, den ich schon im Eingang meiner Ausführungen bedauert habe. Das ist eine Tatsache und wird bon jedem objektiv Denkenben zugegeben. (Widet spruch rechts.)
Wenn Sie das bestreiten wollen, dam werde ich Ihnen einige Zahlen geben, die das schlagend beweisen. Es ist eine allgemeine
Auffassung, daß eine staatliche Verwallung nicht so lukrativ wir-
schaflek wie der Pribatunlernehmer. (Seht gutt rechts) — Sie sagen: Seht gutt Es mag dahingestellt fein, ob das richtig ist. Das voraus geschickt, will ich Ihnen einmal darlegen, welche Ergebnisse die land. wirtschaftliche Verwaltung bei der Selt rtschafturg von Domänen im Jahre 1917 — darüber liegen mit die Resullate vor — erzielt hat. Es handelt sich um 10 Domänen in Ostpreußen, die dutch den
Russeneinfall zum Teil zerstört und in der Wirtschaft sehr herunter⸗
gekommen waren, von den Pächtern aufgegeben und deshalb von der Domänen berwaltung administriert werden mußten. Diese 19 Do⸗ mänen mit incgesamt S239 Hekbar wurden unter schwierigen Vethält. nissen bewirlschaftet; die Wirlschaftz. und Wohngebäude waren zum Teil zerstört und mußten erst wieder aufgebaut, zum Teil durch Nob— behelfbauten ersetz werden. Gleichwohl sst im Jahre 1917 auf diesen 10 Demänen ein Reingewinn von so 600 4 ergtelt worden. (Juruf rechts. Wurde auch Viehzucht getrieben?) — Daz weiß ich im ein selnen nicht. Was hat das damit auch zu kund (Widerspruch und Lachen vechts) Ich habe n dem Administrator das Verttauen, daß er seire Wirtschaft so geführt hat, wie sie vorher geflhtt wurde, und wie es den dortigen Vethaͤltnissen entsprech. Wenn er wegen des Russeneinfalls keine ausreichenden Stallungen mehr gehabt hat, dann wäre er ein Narr Jewesen, wenn er dann noch . ge⸗ trieben hätte. Mit solchen Cimpürfen könnten Sie das Refultt nicht aus der Well schaffen. Wenn man von dem Gewinn die Pacht ab. zieht, die diese 190 Pächtet gezahlt beben, urd die inggefamt sährkich 145 00 betrug — so viel hätte der Staat bekommen, wenk er nicht selbst gewittschaftet batte — wenn man weilet 8 R Zinsen füt das Invenbarkapitat mit 76 M 46 uhnd weitkt die Kosten der Gesamtabministration mit 53 09 „ ebgieht, so bleibt immet noch ein Nettogewinn von ge O0 4, den der Staat mehr autz den Domänen erziell bat, als wenn die Bewirtschaflung wie früher burch die Pächter weiter fott—= gesetzs worden wäre. (Hört, hört! bei den Solialdemokraten. Wenn
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selbst hei diesen Wirtschaften, die unter so erschwerenden und ungün stigen Verhältnissen fortgesetzt werden mußten solche Ergebnisse erzielt werden, wenn dies sogar bei einer Betriebsweise der Fall ist,
aft vor He wo die Verwaltung durch Beamte ausgeführt wird, was Sie selbst kraflquelle füt den Wiederaufbau unseres gesamten Wirtschaf is loben.
nicht für rationell halten, dann werden Sie zugeben, daß ich das Recht habe, zu sagen: die Landwirtschaft hat in den Kriegsjahren Sehr richtigl bei den Sezialdemokraten. Es unter liegt keinem Zweifel, daß ebenso wie in den letzten Kriegsjahren auch jetzt noch die Landwirtschaft unter sehr erschwerten Verhältnissen produzieren muß; ja, die Schwierigkeiten für die Betriebsführung haben sich nach Beendigung der Feindsellgkeiten noch vermehrt. Der Landmirtschaft stehen heute nicht einmal so viel künstliche und son stige Düngemittel zut Verfügung wie im letzten Kriegssahre. (Zuruf rechts: Infolge der Streiks — Das ist nicht nur infolge der Streiks so gekommen — darquf komme ich auch noch zu sprechen — sondern es ist erstens darauf zurückzuführen, daß unser Viehstand erheblich zurückgegangen ist, daß nicht mehr so viel kierischer Dünger vorhanden ist wie früher, und daß er auch an Qualität erheblich ge. litten hat. Dann aber ist die bedauerliche Talsache zu konstatieren. daß auch diejenigen Düngemittel, die wir uns vielleicht noch in aus. giebigem Maße schaffen könnten, nicht in dem Maße geschaffen werden, wie das die technische Möglichkeit zuläßt. Und das ist ein⸗ mal darauf zurückzuführen, daß der Kohlenmangel keine hinreichende Produktion ermöglichte. — Worauf dieser Kohlenmangel in den letzten Monaten zurückzuführen ist, ist schon bei anderen Gelegen heiten genügend erörtert worden. (Zurufe rechts) — Allerdings die Streiks, und dann auch der Rückgang der Produktion in den Be— trieben, wo gearbeitet wird. . ĩ
Aber auch dadurch, daß in den letzten Monaten befonderg durch Streiks auch die künstlichen Düngersabriken lahmgelegt wurden, sind viele Landwirte in die allergrößte Verlegenheit gekommen. Gerage jetzt, in der Zeit, wo die Bestellungsa beiten im Gange sind, wo det Acker bearbelket wird, wo es nohnrendig ist, ihm känftliche Düngemittel zu geben, da legte der Streik die Stickstoffcbrtken, die Kaliwerke in Mitteldeutschland lahm und unkeiband den Verkehe, so daß die Lanbwirte, die auf die Zufuhr der Düngemittel warten, in größter Vermeiflung waren. Sie standen bor der Frage, ihre Arbeit in den Boden zu stecken, die ihnen später infolge ungenügender Düngung en bweder nur den halben odet gar den Visttellobn bringen würde, oder ihn unbearbeitet zu lassen. (Zurufe rechts) — Das ist sehr richtig: infolge des frlvolen Streiks, den ich ebensy wie Sie auf das allerschärfste vorurteile. Wenn bel der Etörtetung diser Streiks vor einigen Tagen bon der äußersten Linken gerufen wurde: es wird noch nicht genug gestteikt., fe möchte ich dazu er⸗ klären: dieser Ausruf lattet in seiner Auswirkung: es wird noch nicht genug gebungert. (Sehr richtig) Auf diesen Standpunkt, meine Herten, kann sich nur eine Partei stellen (Jutufe bei den Um = abhängen Sh ielkemrkraten: Sczislistert boch! — Jechen end große Unnuhe) — kann sich mur eine Partei stellen, die zu bet Werhekraft ihrer Politik kein Vertmuen hat und deshalb ihre ganze Hoffnung auf die Hungerqualen unseres Volkeß setzt. Tebhafle Zustimmung recht, in Jentrum, bei den Deutsckdemoktaten und Sgialdemo- kraben)
Meine Damen und Herren, es ist im Jusammenhang mil den Streiks der Arbeiter auch der Gedanke des Streiks der Landwirte in bie Deffentlichkeit erörtert wotden. Ich bedaure dag unnd hoffe daß in den lantwirtsckaftlichen Berufskreisen diese Mee keinen Beben gewinnt (Rufe rechts: Im Gegenbeil h, detz die Lanbwitte sich det Mücht bewußt bleiben, die der Bestz det Bodens ihnen aut ⸗˖ erlegt. Sehr richtig) Im Gegenteil, wir müssen etzs; won ben Land witten verlangen, daß sie doppelte Anstrengungen daran setzen, die Schäden, die uns der Krieg, incbesondere auch det Landftrtschaft zugefügt hat, zu beheben. Ich bedaure es auck, wenn Landa beitet ju Streiks aufgefordert werden; allerdings bedaure ich es auch — ba. zu komme ich auch noch — wenn einzelne unbersfändige Abel gebet, die die neue Zeit noch nicht begriffen haben und, wie es vor. gekommen ist, Landarbeitsrn berechtigten Anlaß geben, die Arbeit niederzulegen Jedenfalls wird bei dieser schweten Aufgabe, die den Landwirten gestellt ist, die Staatsregierung alleüz daran fehzen, sie nach jcder Nichtung zu fördern uẽn Staabsmittel bereitzustellen, die noswendig sind, um den Landwirten das wissenschaftliche un; ech. nische Rüstzeug zu geben, ihrer Aufgaben soweit wie möglich ge recht zu werden.
Meine Damen und Herren, ich komme in dem Zusammenhang auch auf die Arbeikterf tage. Sie ist zurzeit eine der wichtigsten Betriebsfragen in det Lanzwirtschaft. In den letzten Friedengfahren war die deulsche Landwirtschaft auf etwa . Million ausländischo Arbeiler eingestellt, während der Kriegsjahre hat sie sich mit Gefan. genen weitergeholfen; außerdm hat der Krieg gerade in der landwirt- schaftlichen Bevölkerung sehr schwere, fühlbare Lücken gerissen. Daher sind jetzt tatsächlich die ausreichenden Arbeitskräfte füt eine intenstwe Wirtschaft auf dem Lande nicht vorhanden. Eg muß deshalb alles getan werden, um det Landwirtschaft die nötigen Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Das kann ohne Rückgriff auf auslaändische Arbeitsktäfte geschehen, weil infolge des Darn iederliegens der Industrie im Lande genug Arbeitskräfte vorhanden sind. Eg kommt lediglich darauf an, diese inländischen Arbeitskräfte von ihrer industriellen Tätigkert sachgemäß auf die landwirtschaftliche Tätigkeit umgustellen. Daber muß der Ruf: „Hinaus aufs Land!“ in der Deffentlichkeit noch sehr vlel nachdrücklicher erklingen als bisher.
Es ist nicht zu verkennen, daß sich bei det Hösung diefer Aufgabe gewisst Schwierigkeiten ergeben. Es handelt sich bei den Industtie⸗ atbeltern oft um solche, die mit laͤndlichen Verhältnissen gar nicht ver ktaut sind; vilfach handelt es sich um Arbelter, die in det Industrie eine qualifizierte Arbeit verrichtet haben, die nur auf dlese eingestellt sind und nun, wenn sie an schwere Landarbeit berangeben, fürchten, dauernd lbtet höhet qualifizierten industriellen Atbeit entzogen zu wetben. Diese Aibeiter entscksießen sich zur Uebetnahme von Lantarbeit mäst
nicht, solange noch die leiseste Hoffnung besteht, daß es ibnen gelingt,
in ihrem alten Erwerbezweige wieder Arbeit zu finden. Aber, meine Herren wenn es uns nut gelingt, alle diejenigen Industriearbeitet, die auf dem Lande geboren sind und dort auch nut als Kinder gelebt haben und demnach nicht völlig unvertraut mit ländlichen Verhältnissen sind, aufg dend zu bringen, dann würde der Landwirtschaft schon einn fehr große Schat von Arbeitskräften zuströmen. . . Auch nach dieser Richtung hat es Schwierigkelten gegeben. Durch dit Verordnungen, die von der Reichsregierung erlassen worden sind, ist schon manches geschehen, um den Arbeitern den Umzug nach dem
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