1919 / 91 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Apr 1919 18:00:01 GMT) scan diff

bereit erklärt habe, für die es aber eine bestimmte Angabe wünsche. Das Gesuch wird an den Obersten Kriegsrat nach Versailles geleitet.

Nach dem diplomatischen Situations bericht hatten die fünf Minister der auswärtigen Angelegenheiten am 17. d. M., Nochmittags, eine Zusammenkunft, in der der Text angenommen wurde, der die politische Ordnung Belgiens regelt auf der Grundlage der Aufhebung des Ver⸗

trags von 1839, der die immerwährende Neutralität vorsah. Die Kommission nahm ferner allgemeine Bestimmungen in Betreff der arktischen und antarktischen Gebiete an und er— örterte die Schaffung eines Seeprisengerichtshofz. Schließlich befaßte sich der Autschuß mit der Abfassung des Vertragt⸗ artikels, der dem Kriegszustand ein Ende setzt.

Die Alliierten haben die Maßnahmen noch nicht erörtert. die im Falle einer Nichtunterzeichnung des Vertrages durch Deuschland zu treffen sein würden. Indessen werden die mili⸗ tärischen Fachleute beauftragt, unter der Leitung des Marschalls Foch für diesen Fall Berichte auszuarbeiten.

Die Kammer hat gestern die Gesetzesvorlage über den Achtstundentag angenommen. Ueber den Verlauf der Sitzung, in der der Reglerung, wie kurz gemeldet, ein Ver—⸗ 1 erteilt wur de, berichtet die „Agence Havas“ wie olgt:

Auf eine Anfrage erklärte der Minister des Aeußern, Pichon, daß die Friedenspräliminarien dem Parlament zur Rati— fizierung vorgelegt werden sollen, sobald sie die Unterschrift aller Ver⸗ tragsschließenden tragen. Im Grunde genommen ergebe sich immer wieder dieselbe Frage, die Frage des Vertrauens in die Unterhändler bezw. in die Regierung. „Die Kammer hat uns Vertrauen be—

wahrt“, fuhr Pichon fort. „Diese Feststellung ist wichtig. Wenn sie der Regierung weiterhin Vertrauen schenkt, so wird diese bestrebt sein, die Mätglieder des Parlaments nach Möglichkeit zu unterrichten. Die Verhandlungen, die täglich fortgesetzt werden, stehen vor Dem Abschluß. Es ist wahrscheinlich, daß der Feind in den nächsten Tagen eingeladen werden wird, die von den Alliierten auf— gestellten Bedingungen anzunehmen.“ Franklin Bouillon, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, beklagte das Schweigen der Regierung und stellte mit Bedauern fest, daß insbesondere die Polenfrage anscheinend nicht in der wünschenswerten Weise geregelt werde. Ohne ein starkes Polen mit Danzig sei ein dauernder Friede in Europa nicht mög⸗ lich. Der Redner kritisierte das Ausbleiben von Nachrichten über die Lage in Rußland, Mitteleuropa und im Orient und schloß mit der Bemerkung, daß weder er noch seine Freunde der Regierung Vertrauen weiterhin schenken könnten. Sodann betrat Pichon wieder die Tribüne, beantragte eine öffentliche Besprechung und stellte die Vertrauensfrage, indem er erklärte, daß, wenn in einem verbündeten Parlament unzeitgemäße Erklärungen gemacht würden, die französische Kammer ihrerseits weitere Auf⸗— schlüsse verlan en dürfe. Sie könne jederzeit diese Besprechung wieder aufnehmen. Ein Antrag des Sozialisten Jean Bon auf Einbe— rufung der Kammer zu einer geheimen Sitzung wurde daraufhin ab— gelehnt und eine Vertagung mit 394 gegen 128 Stimmen verworfen. Bei der Abstimmung wurde der Regierung mit 360 gegen 166 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.

Nach dem „Temps“ hat die Confédsration gé- néörale du Lravail nunmehr grundsätzlich die Ab⸗ haltung der Maifeier beschlossen. In Paris und im Seine departement werden in allen Bezirken unn al g Versammlungen abgehalten werden, in denen eine gleich⸗ lautende Tagesordnung zur Abstimmung kommen wird, in der u. a. die gänzliche Amnestie für alle politischen Gefangenen, Nichtintervention in Rußland, die Ab⸗ schoffung der Zensur und des Belagerungszustands und ver⸗ fassungsmäßige Garantien und Freiheiten verlangt werden. Da die gonfédération générale du Travail nicht viel Zeit hat, in der Provinz Propaganda zu betreiben, hat sie die Abhaltung von Maifeiern in der Provinz aufgegeben.

Belgien.

Die Kammer hat dem, Reuterschen Büro“ zufolge ein⸗ timmig einen Antrag angenommen, in dem gegen die

ahl von Genf als Sitz des Völkerbundes Ein— spruch erhoben wird. Außerdem wird in dem Antrag volle Entschädigung gefordert. Die Kammer vertagte sich bis zum 7. Mai.

Luxenburg.

In der Kammer erklärte vorgestern der Staatsminister Reuter einer „Havas-Reutermeldung“ zufolge, er habe ein Telegramm des luxemburgischen Geschäftsträgers in Brüssel erhalten, worin gebeten wird, die Volksavbstim mung zu vertagen. Nähere Aufklärungen würden folgen. Außerdem habe der amerikanische General Smith, der als Delegierter der Friedenskonf-⸗renz und speziell des Viererrats von der Regierung empfangen worden sei, im Namen der Friedens⸗ konferenz ersucht, jedes Referendum über politische und wirtschaftliche Fragen bis nach der Unterzeichnung des Vrältminarfriedens vertrages aufzuschieben. Der Minister Reuter bat daher die Kammer, die Erörterung über das e ,. zu vertagen, und die Kammer beschloß in diesem

nne.

Schweden.

. Das Blatt „Socialdemokraten“ veröffentlicht einen Auf⸗ ruf, den die Kommission bei der Berner Kon⸗ ferenz zum 1. Mai an die Arbeiter der ganzen Welt richtet und der die Forderungen der Internationale zu⸗ jammenfaßt. Darin heißt es: Private Interessen verschwören sich mit dem Militarismus, um einen kapitalistischen Frieden zustandezubringen und durch Aufrecht⸗ erhaltung des internationalen Mißtrauens und der internationalen Un— e , , die alte Ordnung mit stehenden Heeren, gewaltigen Rüstungen und Krieg beibehalten zu können. Diese Politik müssen die Arbester bekämpfen. Die Regierungen, die vom Kriege nichts 6e. Lernt haken, erstreben eine heilige Allianz. Wir dagegen arbeiten für den Völkerbund, der auf dem Gedanken der Brüderschaft fußt. Wir hestreiten jedem Sieger das Recht, den Nationalitäten ein neues Joch aufzuerlegen. Wir proklamieren das Selbsthestimuungsrecht als un⸗ eräußerlich. Wir widersetzen uns allen Annexionen, welche die Freiheit der Völker vergewaltigen. Dem Kriege muß eine um⸗ Tassende Enteignung der großen Kriegsvermögen folgen. damit das stattonalvermögen, das jetzt in den Händen des privaten Kapitalismus Ut, für nationale Zwecke berwendet werden kann.

Der Aufruf ist unterzeichnet von Branting und Huysmans.

Schweiz. Nach einer Meldung der , ,,, ,. Deyeschen⸗ Agentur“ hat der Bundesrat die derzeitige deutsche Re⸗

gierung amtlich anerkannt und ebenso den gegenwärtigen dñplomatischen Vertreter Müller.

Finnland.

Der Reichsverweser hat die neue ,, be⸗ stätigt, die laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ aus folgenden Mitgliedern besteht: Chef des Staatsrats: Kaarlo Castren, Auswärtiges bis auf weiteres: Enckel, Stellvertreter: Ehrnroth, Justiz: Soeders holm, Finanzen: August Ram say, Inneres: Voß-⸗Schrader, Lebens mittel: Collan, Verkehrswesen: Erkko, Unter⸗ richt: Soininen, Landwirtschaft: Kallio, bei— geordnet Haal, Krieg: Wallden, Handel: Vennola, Soziales: Alkio. Ohne Portefeuille gehört der Regierung an Luopa Jaervi. Die Mehrzahl der Minister haben bereits der bisherigen Regierung angehört; von den neuen sind vier Mitglieder der Agrarpartei. Die Regierung besteht nunmehr überwiegend aus Angehörigen der bürgerlichen Linken, genießt aber auch das Vertrauen der weiter rechts stehenden Gruppen.

Aten.

Die Lage in Aegypten ist dem „Reuterschen Büro“ zufolge äußerlich ruhig, doch werden neue Unruhen be⸗ fürchtet. Die 26. Division aus der Dobrudscha ist daher als Verstärkung nach Aegypten unterwegs.

Etatistik und Volkswirtschaft.

Der Viehstand Preußens nach Abbruch des Welt- krieges im Vergleich mit dem Bestande in den Vorjahren und zu Anfang des Krieges.

Vergleichende Uebersichten über die Ergebnisse der in den Jahren 1914 bis 1918 ausgeführten Viehzählungen, die das preußische Statistische Landesamt jetzt in der Stat. Korr. veröffentlicht, geben ein Bild der n ,, Viehbestandes in Preußen vom Beginn bis nach Abbruch des Weltkrieges, daß auch für den Kenner der Verhältnisse nicht ohne Interesse sein dürfte.

Am 1. Juni 1917, d. h. nach fast 3 Jahren kriegswirtschaftlicher Abgeschlossenheit und Selbstbehauptung, zeigte sich die Viehwirtschaft Preußens mit Ausnahme der Schwelnehaltung der reinen Menge nach noch in einer verhältnismäßig befriedigenden Lage. Die Haupt viehgattung, das Rindvieh, wies zu dieser Zeit eine Stück- zahl von 127 Millionen auf, die kaum nennenswert von der am 1. Dezember 1914 (12. Millionen) abwich. Das Rindvieh konnte auf dieser Höhe bis dahin allerdings in der Hauptsache nur dadurch erhalten werden, daß der Fleischgenuß der Bevölkerung im Wege der öffentlichen Regelung auf etwa den sechsten Teil des Verbrauchs im Frieden eingeschränkt wurde. Andererseits aber war schon bis-Juni 1917 bei dem dauernden Mangel an Kraft— futter und infolge der futterarmen Durchwinterung 1916,17 die Er— giebigkeit der Rinder erheblich gesunken. So betrug das Durch⸗— schnittsgewicht der Ninder im Frühjahr 1917 nur 191 kg gegen 214 Eg im Oktober 1916, während in der Friedenszeit das durch- schnittliche Gewicht der Ochsen 330, daz der Bullen 310 und das der Kühe 240 kg war (vergl. Beiträge zur Kriegswirtschaft, herausgegeben vom Kriegs Reichs)ernährungsamt, Heft 17—19, S. 19.

Der Schweineh estand, die zweite Quelle der Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch und Fett, war schon im Juni 1917 als Folge des Eingriffs im Frühjahr 1915 sehr empfindlich gelichtet. Er zählle am 1. Juni 1917 mit rund 9 Millionen Stück nur noch die Hälfte der Menge, die im Juni 1914 vorhanden war.

Dagegen wies wieder die Zahl der Schafe, deren am 1. Juni 1917 4, Millionen gezählt wurden, einen befriedigenden, und zwar höheren Stand auf als in den letzten Friedensjahren. Desgleschen hefand sich in einem gedeihlichen Zustand der Entwicklung die . Kaninchen- und Geflügelzucht, die bel der

leischknappheit und den sonstigen Erschwernissen der Befriedigung des Lebensbedarfs besonders in weiten Kreisen der Stadtbevölkerung und in der Umgebung der Städte teils zur Selbstversorgung, teils aus Erwerbsgründen eine ansehnliche Verbreitung gefunden hatte 96. . und Staatsanzeiger“, Jahrgang 1918, Nr. 172 un ;

Im Jahre 1917 verschlechterte sich die allgemeine wirtschaftliche Lage wesentlich. Die Getreide- und Futtermittelernte fiel 1917 un- günstig aus, ähnlich wie im Vorjahr, die Kartgffelernte war mäßig, und die Schwierigkeiten der Ernährung der Bevölkerung wie der Erhaltung des Viehstands spitzten sich noch empfindlicher zu. Gegen Ende dieses Jahres wurden erneut Maßnghmen zur weiteren Ver— minderung des Schweinebestands durchgeführt, um die Kartoffelver⸗ sorgung der Bevölkerung zu sichern und die Gefahr einer heimlichen Veifütterung von Getreide an Schweine zu verhüten. Infolqedessen sank die Schweinezahl bis zu dem Zeitpunkt der nächsten Viehzählung, dem 1. März 1918, auf den tiefsten Stand von 3 Millionen Stück; eine weitere Verminderung war nicht möglich, ohne den Wiederaufbau der Schweinezucht für die Zukunft zu untergraben. Zur hausbälterischen Bewirtschaftung der knappen Futtermittelernte mußte ferner auch das Futter für die Arbeits- und Zuchttiere rationiert werden. In der zweiten Hälfte des Jahres 1918 wurde der Fleisch— verbrauch aus den öffentlich bewirtschafteien Viehbeständen (Rindern, Schweinen und Schafen) noch weiter eingeschränkt. Wie sich die Viehhaltung unter diesen Verhältnissen in der Folgezeit bis zum Ab— schluß des Krieges entwickelt hat, das zeigen die nachstehenden Zahlen.

Nach dem vorläufigen Ergebnis der am 4 Dezember 1918 aus geführten Viebzshlung betrug der Rindviehbestand in Preußen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz 10 Millionen (9 9658 876) Stück. Der Ernährungszustand und damit das Gewicht des Viehs war er⸗ heblich gesunken; zur Deckung selbst des 1918 noch weiter ein⸗ geschraͤnkten Fleischverbrauchs mußte daher eine größere Anzahl ven Rindern abgeschlachtet werden, als es bei den früheren, etwas höheren Fleischrationen nötig gewesen war, und so verlor der Rindviehbestand in dem letzten Jahr allein, d. h, zwischen Dezember 1917 und Dezember 1918, über 13 Million Stück oder 134 vo, während im voran— gegangenen Jahre (von Dezember 1916 bis dahin 1917) der Abgang nur 620 000 Stück oder 5e vH betragen hatte. Für den ganzen Zeitraum des Krieges beziffert sich der Rückgang des Rindviehbestandes auf rund 3 Millionen Stück oder 22 vy. Die Zahl der Kühe allein (am 4. Dezember 1918 rund 5h87 000 gegen G 554 000 am 1. De- zember 1914) hat sich in dieser Zeit zum Schaden der ohnehin spär⸗ lichen Milch⸗ und Butterversorgung der Bevölkerung um rund 1. Million Stück (rund 15 vH) vermindert, und von den Arbeits- tieren aus der Gruppe der Ochsen, Stiere und Bullen hat die Land—⸗ wirtschaft über den dritten Teil (am 4. Dezember 1918 546 000 gegen 821 000 am 1. Dezember 1914) verloren.

Nach der reinen Zahl der Pferde, die am 4. Dezember 1918 in einer Anzahl von 25 Millionen Stück 100 006 Stück mehr als am 1. Dezember 1914 vorhanden waren, bietet äh durch diese Zunahme erfreulicherweise der geschwächten Landwirtschaft ein teil⸗ weiser Ersatz für den Abgang der Ninderspanntiere. Doch bleibt zu beachten, daß auch ihre Leistungsfähigkeit durch den Futtermangel stark heruntergesetzt ist.

Der Schweinebestand ist infolge der starken Eingriffe in den Jahren 1915 und 1917 auf weniger als :; seines Friedensstandes

96, er zählte am 4. Dezember 1918 nicht ganz 7 Millionen

6 988 591) Stück gegenüber 17, Millionen im Dezember des ersten Kriegsjahres. .

Bei den Schafen ist der Rückgang verhältnismäßig nicht hoch. Ihr Bestand am 4. Dezember 1918 beziffert sich auf 9 Millionen Stück und ist nur um 182 000 oder 3.5 vH niedriger als im De⸗

offenbar zur Gewinnung von Wolle geschont worden war und daln

von Dezember 1917 bis dahin 1918 um 7 vH zugenommen hahh Von der Kleintierhaltung. die der öffentlichen Bewirtschastum nicht unterworfen ist, hat sich in den Notjahren des Kren besonders die Ziegenzucht außerordentlich stark entwickelt. J Zahl der Ziegen ist trotz der nicht unerheblichen Abschlachtungen su 1914 ständig gewachsen, sodaß sie am 4. Dezember 1915 2, Million Stück gegen 2,2 Milllonen am 1. Dezember 1914 betrug; sie .

also um 25 vH. gestiegen. ; Von den ührigen Zuschußquellen zur spärlichen Kriegskost z . die Kaninchen haltung eine überraschem

Enten, und Perlhühner) rund 38 vH. Aehnlich der Ziegen, und Kaninchenhaltung hat sich zwar die Geflügelzuch in der Kriegszeit nicht unerheblich ausgedehnt, allein dieser Jug setzte die Knappheit des Futters, ein Ziel. Die natürliche Ven mehrung reichte bei dem gesunkenen allgemeinen Lebensunterha namentlich der Stadtbevölkerung zur Deckung des Bedarfs nicht auß und die umfangreichen Abschlachkungen griffen pon Jahr zu Jahr de Stamm immer mehr an. So verminderte sich der Geflügelbestan von Dezember 1916 zu Dezember 1917 von 4056 Millionen auf h) also um 3,s Millionen oder 9. vo, und im ie t r enn, Jaht d. h. bis zum 4. Dezember 1918, ist dieser Grundstock noch weite um rund 5. Millionen oder 13,4 vH geringer geworden.

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Zur Arbeiterbewegung. Einigungsverhandlungen, die gestern über die Bel. legung des Angestelltenausstands in der Berlinen Metallindu strie unter dem Vorsttz des Reichsarbeitz— ministers Bauer fffibt worden sind, haben, wie W. T. B= berichtet, bis um 1 Uhr Nachts gedauert. Es ist gelungen ein Ergebnis zu erzielen, das die sofertige Beilegung de Ausstands: gewiß erscheinen läßt. Es ist, zwischen den Pu, teien eine. Ergänzung des vom Schlichtungsausschuß ch fällten Schiedsspruchs vereinbart worden, die den Angestellten em ö Mitwirkung bei allen Fragen des Dienstverhältnisses, be onders hei Einstellung, Kündigung und Entlassung von Angestellte sichert. Die Entscheidung über den Abbtuch des Ausstands wird von aussichtlich in der sär den morgigen Sonntag einberufenen Obmänner versammlung fallen. Auch eine Erweiterte Kommissionder Bankleitungen und der, Bankbeam ten hielt gesten Sondeꝛberatungen ab, die indes, wie hiesige Blätter melden, noch zu kelnen Ziel führten, so daß der Schlichtungsausschuß, der Mittags zufammen— trat, seinen Spruch noch nicht fällen konnie. Er machte verschiedene Vermittlungsvorschläge und vertagte sich schließlich auf heute vor— mittag. Trotz der Schwierigkeiten hofft man heute zu einer Ginigumn zu kommen. Der Angestelltenausstand im Einzel handel wurde gestern nach mehrstündigen Beratungen vor dem Vollzugsrat beendet. ; J ö

In den Kreisen der Berliner Gastwirtsgehilfen ist, wie der „Berliner Lokalanzeiger⸗ mitteilt, eine neue Auß— stands bewegung im Gange. Es wird fofortige Anerkennun des Tarifs, der nach ursprünglicher Vereinbarung erst am 18 Ma fertiggestellt sein sollte, und Ab iösung des Trinkgelder auch in den Bierwirtschaften verlangt. Bei den Gastwirten hesteht keine Neigung, diesem Verlangen stattzugeben, zumal da sich die Vertreter der Gehilfen mit einer einstweiligen Regelung ein verstanden erklärt hatten, die unter Beibehaltung des Trinkgeld eing Erhöhung des Monatslohns von 110 auf 175 M vorsah und bis zur Fertigstellung des neuen Tarifs Geltung haben sollte. Heute vor mittag sollte eine Versammlung der Gastwirsegehilfen darüber be schließen, ob der Ausstand verkündet werden soll oder nicht.

ob ooo Bergarbeiter haben, wie W. T. B. meldet, bi zum 16. d. M. im Ruhrgebiet bie Arbeit wieder a uf⸗ genommen. In den drei Schichten betrug die Zahl der Aut, ständigen 232762 gegen 246 916 am 15. d. M. In der Frühschich am Donnerstag hat die Zahl der Ausständigen wieder un 10000 abgenommen. Ausständig waren 107 958 Benny leute gegen 117944 am Tage vorher. Mehr als . . der Belegschaften hat die Arbeit wieder aufgenommen. Insgesamt wird auf 59 Schächten wieder voll gearbeitet. Die Presseabteilung des Reichskommissars teilt mit: Am Donnergtag den 17. April, waren auf insgesamt 59 Schachtanlagen mindestenß 90 vH der Arbeiterschaft angesahren. Auf neun Zechen wurde die Arbeit neu aufgenommen. Von der Morgenschicht feierten 49,32 vH, von der Mittagschicht 67.49 vSH. Die Iehliiffe⸗ gt in der Morgenschicht gegen den voraufgegangenen Tag eine Abnahme um 8,45 v5 für den ganzen Ruhrbezirk.— In der Nähe der Zeche ‚Präsident“ bei 564 . sind dit Arbeitswilligen von den ausständigen Bergleuten belästigt worden. Um die ,, . zu schützen, wurde die Zeche sPräsident“' von Regierungstruppen befetz t. Vamit sind die ersten Regierungstruppen in die Stadt Bochum selbst ein. gerückt. In Mülheim (Ruhr) wurden auf Veranlassung del Untersuchungsrichters am Donnerstag 13 Spartakisten wegen Aufruhrß und Landfriedensbruchs verhaftet, die während der Bottroper Kämpfe eine führende Rolle gespielt haben.

In einer am Mittwoch in Düsseldorf abgehaltenen Ver— sammlung der Straßenbahner wurde „W. T. B.“ zufolge eine Entschließung angenommen, die sich gegen sparta, kistische Verhetzung wendet. Die Straßenbahner, die sih nicht am Generalaußstand beteiligt haben, beauftragten den Leiten des Straßenbahnerverbandes, eine Bezahlung der Ausstandstagt und ein regelrechtes Tarifverhältnis sowie elne Ruhegehalfk— ordnung von der Stadt zu erwirken. Der Straßen ahn⸗ verkehr wurde . in vollem Umfange wieder auf— genommen. Am Mittwochnachmittag fand die Beisetzung von zwei in der ver dn Woche gefallenen . osoldaten statt, Nach den he abgeschlossenen amtlichen Ermittelungen find be den Unruhen in Düsseldorf während der letzten Woche 356 Zivilisten ö und 95 verwundet worden. Die Regierungstruppen hatten vier Tote und siebzehn Verwundete.

In Cöln ist man nach der von ‚W. T. B. übermittelten Meldung dortiger Blätter in dem Ausstand der Angesterrten bei den Eintgungsverhandlungen zwischen den Arbeit⸗ gebern und Angestelltenverbänden unter dem Vorsitz des Reg(e⸗ rungspräßidenten zu einer Einigung gelangt. Die Arbeitgeber haben in eng auf Gehaltserhöhungen und Er— höhung der wirtschaftlichen Beihilfe weitere Zugeständnisse gemacht Eine allgemeine Versammlung der ausständigen Angestellten nahm

estern vormittag Stellung zu dem Einigungsvorschlag. Nach längerer lussprache wurde er nahezu einstimmig angenommen und beschlossen, die Tätigkeit in den Betrieben fofort wieder? auf—

jember 1914. Dies ist darauf zurückzuführen, daß er seit 1917!

zunehmen.

Rothauser als Diomedes und Hertha Wolff als Asteria

9j , Louis

In Hannover ist, wie W. T. B. mitteilt, das Per sonal' der dortigen Zeitun 3 n wegen Lohnstreitigkeiten in den Aus— st and getreten. Die Zeitungen sind daher gestern und heute nicht erschienen.

Wie die Breslauer Zeitung“ meldet, haben die zu— sammenberufenen, erreichbaren Mitglieder des Aufsichtsratf der Bismarckhütte“ bes chlossen, nachdem die Arbeiterschaft den Generaldirektor Three und den Di rertor Möhren abgesetzt hat, den Vorstand zu ersuchen, alles für eine unmittel⸗ bare Schließung der Werke vorzubereiten, da sie sich unter diesen Umständen gegenüber den von ihnen vertretenen Interessen außer Stande sähen, die Verantwortung für einen weiteren Betrieb der Werke zu tragen. Aus Hindenburg kommt die Nachricht, daß entsprechend der Sympathigausstandskundgebung der Kom mu nisten die, Graf Franz-Grube * und die Wolf⸗ ganggrube ausständig waren. Auf der Donnersmark⸗ Grube, wurde dagegen gearbeitet. Die Kleophas⸗ grube r ist noch ausständig.

In Leipzig haben, wie W. T. B. erfährt, die Straßen bahnangestellten am Mittwoch beschlossen, zur Durchsetzung . 6 nicht erfüllten Lohnforderungen sofort in den Ausstand zu treten.

In Chemnitz haben, W. T. B. zufolge, die Bankange⸗ stellten mit Rücksicht auf das über Sachsen verhängte Standrecht am 17. d. M. die Arbeit wieder aufgenommen.

Die ausständigen Angestellten der Maggiwerke in Singen haben, wie dem W. T. B.“ telegraphiert wird, nach⸗ dem die Einigun sverhandlungen zur Erfüllung eines Teils der For— derungen der Ausständigen geführt haben, die Arbeit am Donners tag wieder aufgenommen.

Theater und Musik.

Volksbühne (Theater am Bülowplatz).

Als dritte Berliner Bühne hat im Verlauf weniger Jahre die Volksbühne den kühnen Versuch unternommen, Heinrich von Kleists Trauerspiel Penthesilea“ in seinen Spielplan aufzunehmen. Das geschah am Donnerstag in einer von Dr. Paul Legband mit möglichst geringem äußeren Auf- wand in Szene gesetzten Aufführung, der eine dreiaktige Einteilung des Werts zu Grunde lag. Mit Recht war wohl der ungenannte Dramaturg hauptsächlich darauf bedacht gewesen, das Wort des Dichters möglichst ungekürzt in seiner ganzen feurigen Schönheit erstrahlen zu lassen und der Spielleiter seinerseits darauf, durch sparsamen Szenenwechsel diese Absicht zu fördern. Inshe⸗ sondere vermied er bei dem Rosenfest alle Ausstattungskünste in der richtigen Erkenntnis, daß das Kleistsche Trauerspiel durchaus, auch in den geruhsameren Kontrastszenen auf einer über das Mensch⸗ liche hinausgehobenen Basis vor sich gehen muß, um seine volle Wirkung auszuüben. Auf sehr beachtenswerter künstlerischer Höhe stand auch die Darstellung. In Mary Dietrich besitzt die Volksbühne eine nahezu ideale Vertreterin der Titelrolle. Man sah sie schon vor mehreren Jahren im Deutschen Theater als Penthesilea, Ihre Leistung hat »sich seitdem geklärt und vertieft; ohne etwas von ihrer Ursprünglichkeit einzubüßen. Ihre gertenschlanke, eschmeidige Gestalt befähigt sie schon äußerlich dafür, die Amazonenkönigin glaubhaft zu verkörpern. Herrn Stahl— Nachbaurs Achill war kraftvoll und männlich und verfiel auch in der Liebesszene niemals in tenorhafte Süßlichkeit. Von tiefer Innerlich⸗ keit getragen war die Prothoe Johanna Hofers. Adele Sandrock als eindrucksvolle Oberpriesterin, Rudolf Lettinger als Odysseus, ire nd no unter den anderen zahlreichen, durchweg guten Darstellern besonders hervorzuheben. Die Aufführung fand starken Beifall.

Im Opernhause wird morgen (erster Osterfeiertag) Nach- mittags 2 Uhr ‚Hänsel und Gretel“, wit den Damen Sax, Birken⸗ ström. Goetze, von Scheele⸗Müller und Herrn Bachmann besetzt, gegeben, anschließend folgen „Tanzbil der“ mit dem gesamten n , n, Abends 7 Uhr wird das Musikmärchen „Königskinder“ mit den Damen Arlöt de Padilla, Goetze, Birkenström, von Scheele⸗Müller und den Herren Kirchhoff, Schlusnus, Stock, Henke, Bachmann, Krasa und Funck in den Hauptrollen aufgeführt. Musikalischer Leiter ist der Generalmusikdirektor Blech. Für den zweiten Osterfeiertag ist „Aida“ mit den Damen Kemp, Teisner und den Herren Jadlowker, Schwarz, Knüpfer, van de Sande und Funck in den Hauptrollen angesetzt, Mufikalischer Leiter ist der Generalmusik⸗ direkkor Blech. Anfang 7 Uhr.

Im Schauspielhguse geht morgen, Sonntag, Nach⸗ mittags 2 Uhr- als 11. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen „Kabale und Liebe“, Abends 7 Uhr das Lustspiel „Die Journalisten“ in Szene. Spielleiter ist Albert Patry. Am 2. Osterfeiertag (Montag) werden als 12. Volksvorstelung zu ermäßiglen Preisen (Anfang 2 Uhr) „Die Journalisten', Abends 7 Uhr „Die Kreuzel⸗ schreiber' gegeben. Spielleiter ist Albert Patty.

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Konzerte.

Zu den bedeutungevollsten Musikabenden dieses Konzertwinters gehörte die Aufführung von Verdis Requiem in letzten der von Selmar Meyrowitz mit dem Philharmonischen Orche st er veranstalteten Könzerte. Es bleibt ein besonderes Ver— dienst dieses Dirigenten, auf das geniale Werk, das man in. Berlin lange nicht mehr gehört hat, mit Nachdruck wieder hingewiesen zu haben. Die Verdische Totenmesse weicht musikalisch von gleichartigen Werken deutscher Komponisten weit ab; sie ist sinnlicher und sinnfälliger als unsere Kirchenmusik, ohne jedoch darum äußerlich oder minder tief empfunden genannt werden zu dürfen. Der Trauer um den Tod des ihm befreundeten Dichters Manzoni hat Verdi in der ihm eigenen musikalischen Sprache Ausdruck gegeben, die nicht ergrübelt noch erkünstelt ist, sondern unmittelbar aus dem Gefühl entspringt und darum auch einen tiefen Eindruck auf den Hörer ausübt. Eine Fülle von Melodien strömt ihm daraus entgegen, die zu dem schönsten gehören, was Verdi geschaffen hat. Die tonmalerisch eindringlich geschilderten Schrecknisse des „Dies iras“ mit den an „Aida“ gemahnenden Posaunen des jüngsten Ge⸗ richts, unterbrochen und gemildert durch die flehenden Töne des Soloquartetts und seiner herrlich bedachten Einzelstimmen, haften in der Erinnerung. Das liebliche „Domine Jesus, das Sanctus das „àgnus Dei, das „Lux aeternz“ sind weitere Etappen auf dem Wege zu dem von Verdi der Messe aus eigener Machtvoll⸗ kommenheit hinzugefügten „Liber men für Sopransolo und Chor, mit dem sie ergrejfend ausklingt. Die Aufführung konnte sehr hohe Ansprüche befriedigen. Selmar Meyrowitz hatte sich mit großer Liebe in das Werk versenkt und beherrschte alle Einzelheiten vollkommen, ohne dabei die große Linie des Ganzen außer acht zu lassen. Als zuverlässig und tüchtig bewährte h der Kittelsche Chor, und Barbara Kemp, Sigrid Hoff mann -⸗Onegin sowie Robert Hutt waren erlesene Solisten, denen sich (an Stelle des erkrankten Bronsgeest) Wilhelm Gutt— mann (Baß) als tüchtige Hilfskraft hinzugesellte. Man darf nach dieser künstlerlschen Tat hoffen, daß die Meyrowitz⸗Konzerte im nächsten Winter 1 werden. Im Schubertsaal ließ sich die Bläser⸗Kammermusik⸗Vereinigung der Staats und National⸗Kapelle bören. Die Herren Hendrik de Vxies (Flöte) Gottfried Schreiber (Sboe), Woldem ar Ton rad inette ; cheiwein (Fagott), Georg Böttcher aldhorn) leisten auf ihren , ,, ausgezeichnetes; für den verhinderten Pianisten Max

aal traten die Komponisten Max l

Laurischkus und Paul Juon ein. Ein Trio für Oboe, Hort und Klavier von Laurischkus bringt ganz hübsche Einfälle, der lang⸗ same Satz bricht aber zu plötzlich und unbegründet ab, auch ermüdet die gleiche Tonfarbe doch hald. Dagegen machten die drolligen „Klänge aus Lithauen“ für Flöte, Obee, Klarinette, Fagott und Horn desselben Verfassers den Zuhörern große Freude; es sind das auch fesselnde Tonbilder bon eigenem Klangreiz. Auch Paul Juons Diver timento für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Klavier sprach durch vornehme Haltung und gute Arbelt an. Tie mitwirkende Sängerin ist mit ihrem Gesangsstudium wohl noch nicht ganz fertig, Stimme und Vortrag lassen noch recht viel zu wünschen übrig. Mit ge⸗ wohnter künstlerischer Reife und Abgellärtheit spielte einige Tage

vorher Anton Hekking in demselben Saal Vidsloncell⸗ konzerte von Lale, Eckert und d'Albert, und namentlich im letzteren entfaltete er seine ganze technische Meister⸗

schaft und seine hervorragende Phrasierungskunst. Drei Werke von Brahms bildeten die Vortragsfolge des IV. Kammer— musikabends des Fiedemann-Quartetts in der . akademie. In dem Trio in A⸗Moll wirkte Paul Rembt (Waldhorn) und in dem Klavierguartett in A-Dur Leonid Kreutzer mit. Die hervorragenden Leistungen der Künstlervereinigung sind wiederholt. hier gewürdigt worden. Auch diesmal war wieder die Sicherheit, mit der sie sich in den Geist und Stil Brahmsscher Werke versenkten, erfreulich. Hanni Voigt, die im Beethovensgal Klavier spielte, ist eine Planistin, in deren Spiel sich gute Technik und teilweise auch ein sehr schöner Anschlag vereinen. Nach ihrer Wiedergabe der Es-Dur⸗-Sonate zu urteilen, ist ihr aber das Verständnis für Beethoben noch nicht aufgegangen. Die nötige Größe und Tiefe der Auffgssung mangelte hier. Brahms liegt ihr schon näher. Leider aber neigte sie auch hier dazu, alles rein sachlich ohne eigenes Gepräge zu spielen. Dagegen ist Oeinz Lohmann (Bech⸗ stein fag l ein feiner und tüchtiger Künstler. Daß er einen genre Abend der modernen Klaviermusik widmete, war dahei esonders anzuerkennen, wenn auch die Aufgabe nicht dankbar war. Außer bei Werken von Mare Dowell und teilweis von Debussy erfuhr man, wie armselig zusammengesucht auch die Musik Schönbergs und Korngolds ist. Wer einen Aus⸗ spruch wie: „Die Welt ist der nach außen gekehrte Innenmensch“ zum Gegenstand eines Musikstücks machen will, wie es Schönberg tut, verkennt das Wesen der Musik. Florence Behrendt 9 im Klindworth-⸗Scharwentgsagl mit hübscher Sopran⸗ timme, die aber im Forte infolge falscher Tonbildung versggt, Lieder von Robert Franz und Kurt von Wolfurt, letztere zum ersten Male. Diese muten wie reine Modulationsstudien an, ruhelos geht es von einer Tonart in die andere, kein Stillstand, kein Ausruhen, bis man abgehetzt vor einem plötzlichen Schluß Halt macht. Hans von Schulmann wirkte mit uünd spielte Liszts Dante⸗Fantasie und Brahms' Händelvariationen. Daß diese ziemlich lange dauern, weiß man, aber so lang sind sie den Zuhörern wohl selten vor⸗ gekommen, das machte die trockene und nüchterne Spielweise des Interpreten. Er spielt laut und leise, wie Brahms es vorgeschrieben hat, greift meistens die richtigen Tasten und glaubt, damit seine Pflicht getan zu haben. Trockene Verstandesmenschen werden damit wohl auch zufrieden sein, andere Zuhörer werden aber der Meinung sein, daß man auch zwischen den Zeilen lesen, und aus jedem Spiel eine Seele sprechen muß. Elisabeth van Endert zeigte an ihrem letzten Liederabend im Beethovensaal ihre vornehme Vortragskunst an Liedern von Schubert, H. Wolf und R. Strauß. Sie weiß vor allem durch das von Natur bevorzugte Kopf⸗ register besondere Retze zu entfalten und erzielte durch dis anmutige, von stillem Humor durchtränkte Art ihres Vortrags („Elfenlied“ von H. Wolf) stürmischen Beifall. Ella Bibo, die im Bech⸗ steinsaal sang, ist im Konzertsaal fehl am Ort“. Ihre Be⸗

gabung, ihre Stimme und ihr Vortrag weisen sie auf das Operetten⸗

fach hin, in dem sie Bedeutendes leisten könnte. Im Blüthner⸗ saal hörte man nach langer Pause den Baritonisten Richard Koennecke wieder, dem man in früheren Jahren so manchen

genußreichen Liederabend zu verdanken hatte. Die Stimme des Künstlers, deren. vortreffliche Schulung man immer hatte, strahlt noch im alten Glanze,

zu rühmen ö. r Vortrag und musikalische Auffassung erscheinen gegen früher geklärt und vertieft. Sein Programm führte von Beethoven (An die ferne Geliebte“), über Schubert, Schumann und Brahms zu Richard Strauß und in seinem letzten Teil zu Hans Hermanns interessantem Zyklus „Sinnsprüche des Omar Khajjam“, für dessen Lebensweisheit und Humor dem Künstler immer der rechte Ausdruck zu Gebote stand. Es war ein Ehrenabend für den Sänger, der »solang in unserem Kreis gejehlt“. Seine feinfühlige und anschmieg⸗ same Begleiterin war Ceci Preuß.

Mannigfaltiges.

Im , Theater der Urania“ wird der Prosessor Dr. Schwahn seinen Lichtbilderoortrag „Die Geschichte der welt“ am morgigen Sonntag, am Mittwoch und am Sonnabend wiederholen. Am Dienstag und Donnergttag hält Fräulein Emma Kottmann ihren Vortrag „Das schöne Schwaben⸗ land“, und am Montag und Freitag kommt der Vortrag Der Vier⸗ waldstãttersee und der Gotthard! wiederholt. Außerdem wird am Dienstag um 4 Uhr und am Mittwoch und Freitag um 6 Uhr der Vortrag „Tier und Mensch in der Wildnis“ und am Donners tag der Vortrag Lebensbilder aus der Welt des Mikrostops. zu kleinen Preisen gehalten werden. Im Hörsaal finden ngchstehende Vorträge statt: Sonntag, Montag, Donnerstag und Sonnabend Die Schönheit der deutschen Landschaft“. Donnerstag, Direktor Franz Goerke: „Von Thorn bis Danzig, unser Weichselgebiet und die polnische Gefahr“.

Beuthen, O. S, 17. April. (W. T. B.) In Koch lowitz kam es gestern zu wüsten Ausschreitungen. Etwa a0 Mann erschienen vor dem Gemeindehaus und verlangten mehr Lebens mittel, besonders Kartoffelliefetung. Da dies nicht möglich war, rotteten sich gegen 3000 Personen zusammen und begannen einen Raub, und Plünderungszug durch den Ort. Mehrere Geschäfte wurden gänzlich ausgeplündert. Gemeindevorräte an Bekleidungsstücken im Werte von 70 000 M wurden entwendet.

Halle, 19. April. (W. T. B.) Die Eisenbahndirektion Halüle macht durch un , bekannt: Da die Kohlennot immer größer geworden ist, können am Sonntag, den 20. und Montag, den 21. April, Vormittags, überhaupt keine Personenzüge gefahren werden. Fahrterlaubnisscheine und Fahrtarten für Sonntag und Montag, den 20. und 21. April, werden deshalb überhaupt nicht ausgestellt. Für heute, Sonnabend, kann die Fahrterlaubnis nur bei dringenden, glaubhaft nachgewiesenen Fällen erteilt werden, da die wenigen abzulassenden Züge vollständig überfüllt sein werden und keine Gewähr für die Mitfahrt weiterer Reisender gegeben werden kann.

Bremerhaven, 18. April. (W. T. 6 Der a meri⸗ kanische Lebensmittel dampfer „The Lambzg-, welcher in Nordenham bereits 1800 Tonnen seiner Ladung gelöscht hat und hier im Kaiserhafen vertäut wurde, wird hier vollständig entlöscht werden. Der Dampfer, der Weizenmehl, Bohnen, Erbsen, kondensierte Milch, Speck und Schmalz geladen hat, entkält noch über 6000 Tonnen Lebensmittel. Für diesen Dampfer wie für alle . in Bremerhaven eintreffenden ist die Löscharbeit durch die esonnenheit der Arbeiterverbände unbedingt gewaͤhrleistet.

Hamburg, 17. April. (W. E. B.) 200 deutsche Soldaten, die im Orient, im Schwarzen Meergebiet und im Kaukausus gekämpft haben, sind von Nikolajew unter Führung des Hauptmanns Lindner hier eingetroffen.

Wien, 18. April. (LB. T. B.) Ueber schwere Lug schreitungen, die sich gestem bor dem Parlaments geb dude ereigneten, wird dem „Korr. Büro' gemeldet: Eine Versamm⸗ lung von etwa 06 Arbeits losen batte sich vor dem Rathause jusammengefunden, eine andere aus zu rüchgekehrten Sol daten und Invaliden bestehende Versanmlung fand im Prater statt. Pede Tersammlungen zogen vor das Parlament, wo sie sich trafen. Abordnungen begaben sich in das Parlaments⸗ gebäude, um ihre Wünsche dem Staatskanzler Dr. Renner vorzutragen. Von der Negierung war zu dieser Zeit niemand anwesend. Der Staatskanzler Dr. Renner wurde aus einer Sitzung det Kabinetts⸗ rats geholt. Er begab sich ins Parlament, wo er die Wünsche der Ab⸗ ordnüngen entgeennahm“ und sodann zur Sitzung des Kabinetts wieder zurückkehrte. Während die Abordnungen der Arbeitslosen und Invaliden beim Staatskanzler verhandelten, versuchte die bor dem Parlament versammelte Menge in das Gebäude einzu- dringen. Da die Tore verschlossen waren, entstand eine große Erregung. Zahlreiche Personen begaben sich auf die Südseite des Parlaments und warfen die Fenster ein. Schließlich ge= lang es einigen, das Tor zu sprengen, doch wurden sie durch Polizisten am Eindringen verhindert. Aus unaufgekllärter Ursache fielen einige Schüsse, worauf sich zwischen der Menge und der Polizei eine Lebhafte Schießerei entwickelte, durch welche vier Wachleute und eine Frau getötet wurden; außerdem sind 17 Wachleute schwer und 23 leicht verletzt. Gegen Abend trafen starke Abteilungen von Volkswehren ein, die das parlamentsgebäude besetzten. Die Schießerei dauerte bis in die Abendstunden, ohne daß ihr Zweck erkennbar war. Um 9 Uhr abends sperrte die Volkswehr die Farlamentstore ab, worauf sich die Vollgmenge verlief. Die Beamtenschaft hat das Parlament nicht berlassen. In der Wohnung eines Beamten des Parlaments ist Feuer ausgebrochen, daz die ganze Inneneinrichtung der Wohnung zerstörte. Um 11 Uhr nachts wurde gemeldet, daß in der Umgebung des Parla⸗ ments Ruhe herrschte. Auf Besehl des Landes be ehlsbabers ist die Volkswehr eingezogen. leber den Empfang der Abordnungen der heimgekehrten Fnvaliden und der Arbeitslesen durch den Staatskanzler Renner wird berichtet; Namens der Arbeitslofen wurde dem Staatskanzler ein Ent schlie ßung überreicht, in der sofortige Arbeitsmöglichkeit, und eine Arbeitslosen⸗ unterstützung von mindestens 25 Kronen täglich, ein einmaliger An⸗ schaffungsbeitrag von 1909 Kronen sowie eine Erhöhung der Brot— ration auf täglich 0 Dekagramm für den Kopf verlangt wird. Der Staatskanzler betonte, die Staatsregierung kenne keine größere Sorge, als Brot und Arbeit zu schaffen. Die eingesetzte Arbeitslosenkommission befasse sich gegenwärtig damit, sämtliche irgendwie möglichen und denkbaren Pläne von Regierungsbauten sofort in Angriff zu nehmen. Durch Arbeitslosenunterstützung könne die Arbeitslosenfrage nicht endgültig gelöst werden. Die Arbeits- losenfrage sei in erster Linie eine Kohlenfrage, und die Regierung sei bemüht, selbst von der Entente Kohlen zu bekommen, obwohl sie sehr teuer seien. Weiter werde man Aꝛbeitslose bestimmten Betrieben zuteilen, indem die Arbeit anders eingeteilt und die Arbeitszeit ver⸗ kürzt werden solle. Was die Geldfrage anbelange, so fönne er keinen Betrag angeben, er werde, soviel in seiner Kraft stehe, für die Armen tun. Sodann wurde die Abordnung der Heimgekehrten empfangen. deren Forderungen si auf Auszahlung eines Reisepauschalz von 200 Kr, Gewährung eines Zu schusses von 60) Kr. für etwaige in der Gefangenschaft verminderte Werte und Gewährung einer einmaligen Abfertigung von 1000 Kr. beziehen. Der Staatskanzler versicherke die Abordnung der wärmsten Sympathie der Regierung und erklärte, er werde im Kabinettßrat die Lage der Heimgekehrten darlegen und dafür Sorge nagen, daß die Beschlüsse des Kabinettsrats dem Reichsverbande ehe⸗ maliger Kriegsgefangenen zur Kenntnis gebracht würden. Die ver⸗ langte Errichtung eines Amtes für Kriegsgefangenenangelegenheiten werde in acht Tagen erfolgen.

Die Vertreter der englischen Lebensmittelkom⸗ misfion erhielten gestern spät abends den Bericht des Staatskanzlers Ei Renner über die unglücklichen Ereignisse vor dem Parlament. Dr. Renner versicherte, daß der Vorfall ohne politische Bedeutung sei, daß die Polizei die Lage beherrsche und daß keine Wiederholung der Unruhen vorkommen dürfte. Infolge dieser Versicherung haben die beiden englischen Vertreter ihre Regierung dringend gebeten, die Lebensmittelsendungen 6 ju verringern. Der Wlener Polizeipräsident äußert sich im Neuen Tag“ dahin, daß sich die gestrigen Unruhen als ein seit geraumer Zeit vor⸗ bereiteter Put schversuch der Kom munisten darstellen, bei dem der Einfluß ungarischer Kommu nisten erwiesen sei. Der Verfuch sei mißglückt. Die Ruhe werde höchstwahrscheinlich nicht mehr gestört werden. Die Haltung der Volkswehr sei durchaus zufriedenst ellend gewesen.

Paris, 18. April. (W. T. B), In Crisse ereignete sich einer Reutermeldung zufolge ein Eisenbabnungluck. Ein nach Brest fahrender ame rikanischer Truppenzug fuhr in einen französischen Urlauberzug binein. Es wurden 23 Tote geborgen, wovon 16 Amerikaner; 15 Veiwundete wurden

ins Krankenhaus gebracht.

Cherbourg, 18. pril. (W. T. B.) Bon acht deutschen Unterseebooten, die von England nach Cher⸗ bonrg geschleppt wurden, ist, wie Reuters Büro. erfährt. ein einziges angekommen. Die an deren gingen im Sturm verloren.

Handel und Gewerbe. Heute fällt der Börsenverkehr aus.

Nach dem Jahresbericht der Anglo⸗Continentalen vormals Ohlendorff'schen) Guano⸗Werke in Dam⸗ burg für 19138 vermochte die unter Zwangsverwaltung stehende Zweig⸗ niederlassung in Antwerpen keinen Abschluß zu liefern. Ihre Leiter haben als Deutsche das Land verlassen müssen. Die Gesellschaft war des halb genötigt, bei Aufstellung der Bilanz, soweit neuere Zahlen nicht vorlagen, auf den vorjährigen Abschluß dieser Zweigniederlassung zurückzugreifen. Die Werte der Londoner Zweigniederlassung wurden unverändert, wie schon seit Jahren, in die Bilanz aufgenommen. Abschreibungen größeren Umfangs unterbliehen; die eigenen Wert papiere erscheinen zu den Kursen vom 31. Dezember 18918 in der Bilanz; der Verlust gegenüber ihrem Buchwert wurde vom Gewinn abgesetzt. Die Beteiligung der Gesellschaft an den Bayerischen Stickstoff⸗Werken hat sich dadurch, daß diese Gesellschaft ihr Kapital erhöhte, vergrößert. Zur Verteilung an die Aktionäre gelangen 8 vY.

Die Bremer Vulkan Schiffbau Maschinen⸗ fabrik schlägt laut W. T. B.“ vor, 12 vH für die Aktie zu vertellen. ;

Die Goldausbeute in Trans vaal betrug laut Meldung des „W. T. B.“ im März 1919: 712379 Unzen im Werte von 3 085 992 Pfund Sterling gegen 636 728 Unzen im Werte von 2704 647 Pfund Sterling. . ñ

Saag, 16. April. (W. T. B.) Dem „Korrespondenz⸗Büro' zufolge dt das Interalllierte Handelskemitee im Haag mit, daß fortan, um Deutschland in die Lage zu setzen, in neutralen Ländern für den Einkauf von Lebensmitteln Kredit zu erhalten, keine Firma in einem neutralen Lande durch Setzung auf die ö. Liste bestraft werden wird, wenn sie (innerhalb der be—⸗ stimmten Grenzen) Lebensmittel nach Deutschland ausführt, Deutsch⸗ land für den Ankauf von Lebensmitteln Kredit gewäbrt oder Waren, deren Ausfuhr aus Deutschland die assoziierten Regierungen bewilligt

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