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jenen Zustand dauernder Kriegsbedrohtheit gefördert, unter welchem
an Serbien zu stellenden
kEusfien stehenden Sinne müssen wir feststellen: Es gab in Europa
sie also bei einem Angriff auf den
Man kann nach unserer Ansicht grundsätzlich nicht in der Art, wie es der gegnerische Kommissionsbericht tut, die Frage einer Krie fan (eg: durch Aufzählung von formellen Anläfsen löfen, welche einen bestehenden Zustand politis Ker Hochspannung in einen Krieg hinübeigleiten ließen. Neben der völligen und erstaunlichen Irrtümlichkeit der Darstellung der Einzeltatsachen liegt darin der grundsätzliche Fehler des ganzen Verfahrens. Man wird vielmehr die Fragen aufwerfen müssen:
IL). Welche Regierungen hatten in der Vergangenheit am meisten
Guropa vor dem Kriege jahrelang gelitten hat? Ferner und im Zu⸗ sammenhange damit:
2 Welche Regierungen haben politische und wirtschaft— liche Interessen verfolgt, welche nur durch einen Krieg verwirklicht werden konnten?
Was zunächst die zweite Frage anlangt, so können wir die Be⸗ merkung nicht unterdrücken, daß künftig für die Antwort darauf wohl auch die Friedensbedingungen, vor allem diejenigen wirt⸗ rf. olitischer und territorialer Art, weiche jetzt zur Diskussion stehen, als Beweismaterial dienen werden, wenn auf ihnen be
Kreise einerseits und diejenigen der deutschen sozialistischen und bürgerlichen Demokratie andererschts vor dem Kriege außerordentlich nahe. Eine Einflußnahme jener Kreise im Sinne eines friedlichen Ausgleichs mit Deuischland war jedoch dadurch verhindert, daß Frank- teich durch das feste Bündnis an die Polit des Zarismus gekettet war. Die Französische Regierung hat, wie die Dokumente ergeben, bei Gelegenheiten, welche Rußland im einen Konflikt mit Deutschland bringen konnten, keine Ratschläge gegeben, welche Rußland von seiner riedensfeindlichen Haltung grundsätz lich abbringen, mehrfach aber 6 welche es darin ermutigen muß ten. So hatte der Botschafter Iswolski durch das Herrn Poingars vorher vorgelesene Tele⸗ gramm Jh vom 17. bzw. 18. Nobembler 1912 dem Minister Sasanow mitgeteilt, der franzsiche Ministerpraͤsident erachte . den Fall einer Unterstützung Oesterreichs durch Deutschland im Balkankonflikt den Bündnisfall für gegeben. Am E25. Febnuar 1913 teilte der Botschafter Benckendorf seiner Regierung mit: Von allen Mächten sei seinem Eindruck nach Frankreich die einzige, die einen Krieg ohne Bedauern sehen würde. 1914 erklärte schon an 24. Juli, also vor Abbruch der w Beziehungen, der französische Botschafter der Russischen Regierung, 5 Frankreith, abgesehen von nachdrücklicher diplomatischer ken irn nötigenfalls alle durch das Bündnis mit
a, de, mn n. Rußland bedingten Verpflichtungen erfüllen würde.
Bei dieser Sachlage ist es durchaus unmöglich, aus dem Um⸗
Ru bei für die iilung! Hroblems entscheidenden ; 9 , h. Fi beiden für, die Beurteilung des Problems entscheiden stande, daß der Krieg gegen Frankreich militärisch offensiv geführt
Puntten aber ist das folgende zu sagen:
Die , dent sche Regierung hat nach un serer Ansicht schwere Fehler begangen, welche allerdings in durchaus anderer Richtung liegen, als in derjenigen, in welcher ein Teil der öffentlichen Meinung unserer Gegner sie sfucht. Sie liegen insbesondere ganz und gar nicht in der Richtung (iner „Prämeditierung“ eines Krieges mit einer der gegnerischen Mächte seilens ig, eines politisch verantwortlichen veutschen Stagtsmannes. Eine solche Politik hätte auch innerhalb des deutschen Volkes keinen Rückhalt gefunden. Es ist einer der be— klagenswertesten Fehler eines Teiles der öffentlichen Meinung des Auslandes, die verwerflichen und verantwortungslosen Aeußerungen (iner kleinen Gruppe chaupinistischer Literaten als Ausdruck der Gesinnung des deutschen Volkes zu behandeln, während leider weit größere Kreise anderer Länder in ihren Aeußerungen mindestens in gleichem Maße dem Chauvinismus huldigten.
Die wirklichen Fehler der deutschen Politik lagen weit zurück. Der 1914 im Amt befindliche deutsche Reichskanzler hatte eine politische Erbschaft übernommen, welche seinen rückhältlos aufrichtigen Versuch, die internationale Lage zu entspannen, von vornherein fast zur Aus— ichts osigkeit verurteilte, oder dafür doch ein solches Maß staatsmänni⸗ scher Kunst und vor ellem Entschlußkraft verlangte, wie er sie teils nicht befaß, teils unter den Verhälinissen der damaligen deutschen Staats— ordnung nicht zur Geltung bringen konnte. Es ist ein über⸗ aus schwerer Irrtum, moralische Schuld da zu suchen, wo in Wahr— heit Nervosität, Schwäche gegenüber dem lärmenden Auftreten der oben bezeichneten kleinen, aber rücksichtslosen Gruppe, endlich, man⸗ elnde ö 1 schnellen und eindeutigen Entschlüssen in schweren agen Unheil . ließen. Ueber die letzten, dem Kriegsausbruch vorausgehenden Jeiträume der deutschen Diplomatie wird eine mehr— bänzige, in mehrmonatlicher AtGit hergestellte Publikation der Akten erschöpfende Auskunft gehen. Jeder aber, der die Instruktionen des Reichskanzlerg aus der letzten Zeit vor dem Kriegsausbruch liest, wird dem vorstehenden Urteil beipflichten müssen. Die deutsche
egierung hielt zunächst auf Grund, der Darlegungen dez iener Kabinetts eine österreichische militärische Expedition nach Serbien für im Interesse der Sicherung des Friedens unvermeid⸗ lich. Sie glaubte, das damit verbundene Risiko eines Eingreifens Rußlands mit . Fehn für ihre eigene Bundespflicht auf ö) nehmen zu müssen. Sie hat bezüglich der Art der von Oesterrei orderungen dem Bundesgenossen zunächst ganz freie Hand gelassen. Sie hat dann, als auf das Ultimatum Eine Antwort erfolgte, welche ihr selbst als genügend erschien, um jene Expedition dennoch zu unterlassen, diese ihre Ansicht war nach Wien mitgeteilt. Aber sie hat, offen— . in allzu großem Vertrauen 26 die damalige eitung der dortigen Außenpolitik, nicht so fort, 1 erst am Tage darauf; dann allerdings it der denkbar äußersten Energie, die letzten Kon— quenzen: die Androhung der Versagung der Bundes⸗— ilfe, ge 6, Ob freilich bei einem noch schnelleren Ver— ahren ein Weltkrieg vermieden worden wäre, ist nicht sicher. Denn bezüglich der Verantwortlichkeit in dem jetzt hier zur Dis⸗—
ünter den Greßmächten jedenfalls eine deren planmäß ig viele Jahre vor dem Kriege verfolgten Ziele sich ausschließlich durch einen ö. erreichen Lie ßen, und welche daher auf diesen bewußt hingearbeitet hat: den Tussischen Zarismus in Verbindung mit jenen sehr einflußreichen Kreisen Rußlands, welche in dessen Politik hineingezogen waren. Die schon einmal zitierten, zum Teil noch unbekannten Dokumente, insbesondere ker Brief Sasgndws gn den Gefandten Hartwig in Belgrad, beweisen, daß die rufsische Regierung durch Instruktionen an ihre Vertreter in Belgrad und andere Mittel Serbien planmäßig auf den Weg der Eroberung guf Kosten des Territorialbestandes Oester— veich⸗Ungarns, auf dessen Gebiet Serbiens verheißenes Land“ liege, hingeleitet und ein gemeinsames kriegerisches Vorgehen ü diesem agressi⸗
ven Zwecke in Aussicht genommen hatte. Wie nach Ueberzeugung der
Unterzeichneten vollkommen evident ist, hat ßie dies nicht aus uneigen⸗
nütziger Freundschaft u Serbien getan, sondern deshalb, weil sie im eigenen Intereffe die Zertrümmerung Oesterreich-⸗Ungarns als Poli⸗ tisches Ziel konsequent verfolgte. Sie war dabei ferner und vor allem bon dem Bestreben geleitet, jedes Hemmnis für ihre eigene Ausdehnung auf dem Balkan und ee, ,, für die Eroberung der Meerengen zu beseitigen. Daß sie die gewaltsame Aneignung nicht nur des Bos⸗ porus, sondern auch der Dardanellen planmäßig verfolgt und vorbereitet hat, ergeben die Dokumente. Dabei war ihr genau bekannt, daß es in utschland weder in der Regierung, noch innerhalb der Nation irgend jemanden gab, der einen Krieg mit Rußland fürzwünschenswert gehalten ätte, dessen Aussichten allgemein, auch, wie feststeht, von seiten der militärischen Autoritäten, dußerst skeptisch beurteilt wurden und von welchen im Falle des Erfolges niemand irgend einen greifbaren Vorteil erhoffte. Sie wußte andererseits aber auch, daß Deutschland der Dongu⸗ monarchie durch geschichtliche Bande Bündnis und Verwandtschaft großer Teile der österreichischen Bev l kerung verbunden war, und daß Bestand jener Monarchie auch dem militärischen Widerstand Deutschlands begegnen werde. Sie hat für ihre Zwecke daher das 1893 geschlossene und 1912 durch eine arinekonvention erweiterte Kriegsbündnis mit Frankreich und Hie weiter geschaffenen Verbindungen dazu benutzt, in einem ihr günstig scheinenden Momente den Mechanismus der Entente. in ewegungzu setzen und ihre Freunde in den längst beabsichtigten Krieg mithineinzuziehen. An die sem Punkte liegt die wirkliche Ursache der Entstehung des Welgtkrieges.
Wir betrachten es als ein teils durch Schicksal, teils
aber durch Fehler unserer politischen Leitung herbeigeführtes schweres r en Deu tsch⸗ lands, daß es durch den unvermeidlichen ensatz gegen den
Zarismus auch mit Ländern in Gegen säße und schließlich in friegerische Verwicklungen geriet, denen es durch starke Ge⸗ meinschaft nach unserer möglich war. Gz muß freilich nachdtücklich betont werden, daß die französische Regierung vor dem Kriege bie Absicht einer Wiedererlangung von ö Lothringen niemals rückhaltlos aufgegeben hatte, daß diese Absicht nur durch Krieg zu verwirklichen war, und daß kein sicheres Mittel anzugeben ist, durch welches mit der letzten fra
Ueberzeugung eine Verständigung
nzöstschen Regierung vor dem Kriege eine Verständigung über die
istiger Interessen verbunden war und mit welchen
werden mußte, ihn auch polttisch als einen Angriffskrieg Deutschlands gegen Frankreich hinzustellen. Frankreich war an den Zarismus fest⸗ ebunden. ĩ . Was England anlangt, so kann hier nicht erschöpfend unter⸗ sucht werden, welche Schritte in der Bergangenheit die Regierungen hätten tun oder unterlassen sollen, um das unzweifelhaft beiderseits vorhandene, höchst verhängnisvolle wechselseitige Mißtrauen zu zer— streuen. Die englische Regierung hat oft erklärt, daß sie von der öffentlichen Meinung ihres Landes in ihrem Vexhalten abhängig sei. In der öffentlichen Meinung Englanüs aber gab es eine sehr starke Strömung, welche darauf ausging, jede Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich zu hintertzreiben. Wir verweisen auf die bekannten Worte des Herrn Lloyd Geonge aus dem Jahre 1908, welche sich dagegen wenden mußten. Nur insolge dieses gegenseitigen Miß⸗ trauen ist im Jahre 1912 die einigendk Formel zwischen dem Reichs— kanzler von Bethmann Hollweg und Herrn Haldane nicht gefunden worden und hier liegt auch der letzte Gun, weshalk es der Teuts hen Regierung 1914 unmöglich schien, den Kunferenzvorschlag des englischen Außenministers anzunehmen. Wir gehen unsererseits ohne weiteres zu, daß nicht die Tat sache, wohl aber der schließliche Umfang und der Geist des dentschen Flottenbaues in den letzten Jahren in Güäglagnd Mißtrauen erregen konnten. Da dies gegenseitige Miß— trauen zweifellos einer der Hauptgründe der gespannten Lage Europas war, so halten wir es für bedauerlich, daß kein Weg zu seiner Be— seitigung gefunden wurde. Wir hätten daher sowohl e in an⸗ deres Verhalten Deutsichlands gelegentlich der Haager Friedenskonferenzen, wie gelegentlich der Aus— sprache über die deutschen Flottenbaupläue, gewünscht. Anderer⸗ seits müssen wir es beklagen, daß durch baͤkannte und oft zitierte Auf— sätze englischer Zeitschriften, durch das Tyeiben und den Einfluß der WVNortheliffe⸗Preffe, durch Akte wie die Ablahnung der Kodifikation des Seerechtes im englischen Oberhaus in Deutschland schweres Miß—⸗ trauen genährt wurde. Auch hier ist es erfreulich, daß durch einen sehr tüchtigen amerikanischen Schriftstellter (Veblen, Theory of business enterprise 1914) die in einzelnen Kreisen aller Länder be— stehende nach unserer Ansicht völlig irrtümviche Theorie von der anQ geblichen Naturnotwendigkeit eines Handelskrieges eine gewichtige Unterstützung erhielt. So trieben sich die natignalistischen Agitationen der verschiedenen Länder gegenseitig in die Höhe. Angesichts dessen müssen wir es ganz besonders beklagen, daß durch die jetzt vox—⸗ gelegten Friedensbedingungen die von uns bekämpfte Ansicht: daß der Krieg von englischer Seite als ein Mittel zur Niederwerfung eines lästigen Konkur— renten vorbereitet und durchgeführt worden sei, voraussichtlich für alle Zukunft in der deutschen öffentlichen Meinung befestigt perden wird.. Für die Lage Deutschlands in dem Jahrzehnt vor dem Kriege war und blieb aber entscheidend, daß dieses Land in einem Zeitalter, welches noch kein Mittel zur Vermeidung von Kriegen kannte, einer kriegerischen Auseinandersetzung mät dem schein⸗ bar unerschütterlich festste henden Zarismus durch kein ehrenhaftes Mittel entgehen konnte ohne Preisgabe nicht nur un ferer Vert ragstre ue, fon—⸗ denn guchunserer eigenen nationalen Unabhäpmgig⸗ keit. Das einzige Mittel wäre unter den da maligen Verhältnissfen eine ganz feste und bindende Ver⸗ einbarung mit England gewesen, welche beiden Teilen Vertrauen eingeflößt und sowoh Deutschland als Frankreich vor jedem Angriffskrieg geschützt hätte. Wir müssen den re, erwarten. daß eine solche Vereinbarung durch einen englischen Minister bei der öffentlichen Meinung Englands in den letzten Jahren vor dem Krieg
Wir wiederholen, daß wir jeden etzoa noch nach— weisbaren Schritt einer englischen Regierung auf diesem Wege als wertdoll anerkennen und jedes etwaige Ausweichen einer Deutschen Re— gierung vor solchen Möglichkeiten fü einen. Fehler halten würden.
Der Jarismus, mit weschem eine wirkliche Verständigung voll— kommen ausgeschlosfen war, bildete das furchtbarste System der Ver— knechlung von Menschen und Völkern, welches — bis zu diesem jetzt vorgelegten Friedensbertrage — jemals ersonnen worden ist. Nur als Verteidigungs krieg gegen, den Zarismus hat 1914 das deutsche Volk, wie mit Recht namentlich die gesamte Sozialdemokrgtie damals erklärt hat, den Kampf einmütig und entschlossen aufgenommen. Auch heute, wo Deutschlands militärische Macht für immer vernichtet ist, halten wir diesen Ubwehrkrieg für unvermeidlih. Mit dem Augenblͤck, in welchem das Ziel der Niedenwerfung der zaristi⸗ chen Macht erreicht war, wurde der Krieg sinnlos. Win würden seine Fortsetzung als einen Frevel der früheren Regierung bezeichnen, sobald uns zwei⸗ fel sfrei⸗ nach gewiesem würde, daß die Gegner bereit gewesen wären, einen Faieden ohne Sieger und ohne Besiegte auf der Grundlage der Achtung der gegenfeitigen Ehre mit uns zu schließ en. Dafür fehlt bis beute der Beweis. Die Friedensbedingungen, welche dem Volke des auf demokratischer Grundlage erneuerten Deutschland im Gegensatz zu fe erlihen Verheißungen gestellt worden sind, sprechen leider eine so schlimme Sprache für das Gegenteil, daß wenn an ihnen festgehalten wird, es keinerlei Mittel gebem wird, diesen Beweis jemals glaubhaft zu erbringen.
Versailles, den 27. Mai 1919.
Hans Delbrück. Marx Weber. Max Graf Montgelas. Albrecht Mendel ssohn⸗Bartholdy.
feststellen mußten.
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Prenszische Landes ver sammlung. 28. Sitzung vom 2. Junl 1919. J (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro“ ) Am Reglerungetisch; die Minister Hirsch, Haenisch, Oeser und Stegerwald. n, n . : 4 . Dr. Frentzel eröffnet die Sitzung um 1 2 J 1 z j ; n * . 6 Grund eines Berichts des Ausschusses für Wahl—⸗ prüfungen über bie Wahl im Wahlkreise Hannover⸗ Hildesheim⸗Lüneburg nimmt das Haus einen Antrag auf
noch durchzusetzen war, gegenüber jenen Tendenzen, welche wir oben.
Dann folgt die Beratung eines Gesetzentwurfs über Erweiterung der Befugnisse des westpreußischen Provinzialausschusses. Angesichts der am 7. Mai ühen⸗ reichten Friedensbedingungen kann sich sür den Provinz;a⸗ verband der Prooinz Westpreußen jederzeit die Notwendigkeit ergeben, unverzüglich Beschlüsse über Angelegenheiten zu fassen, die durch die Provinzialordnung dem Provinziallandtag vor⸗ behalten find. Durch das Gesetz wird der westpreußische Pro⸗ vinzialausschuß zur Beschlußfassung darüber ermächtigt.
Der Gesetzentwuif wird in erster und zweiter Lesung ohne Aussprache angenommen. .
Das Haus setzt nunmehr die Beratung der förmlichen Anfrage der Deutschnationalen uns der Deutschen Volkspartei über die Zerrüttung des Trans port⸗
wesens fort. )
Abg. Kop scch (Dem): Die Erhöhung der Güter- und Personen⸗ tarife wird von der Bevölkerung als außerordentlich schädigend empfunden. Gerade die Minderbemittelten, die in Ausübung ihres Berufes retsen müssen, empfinden die Fahrtverteuerung recht schmerzlich. Die Strelklust hat die ungesunden Verhältnisse im Eisenbahnwesen verhängnievoll ver= stärkl. Die Arbeiter stellen bei ihren Lohnforderungen immer Vergleiche mit den Bessergestellten an; sie sollten endlich einmal denken, daß zahlreiche Lerzte, Assessoren, andere Gruppen der geistigen Arbeiter, ferner viele Beamte sich jetzt erheblich schlechter stehen als die Arbeiter. Namentlich ven den Eisenbahnqrbertern muß verlangt werden, daß sie ihr persönliches Interesse nicht andauernd höher stellen als das der Gefgmtheit. Die wiitschafz liche Not ist nur eine Entschuldigung der Streiks, die nicht als Billigung ge— deutet werden darf. Die vom Minister zur Hebung der Arbeits, freudigkeit verlangte Senkung der Lebens mittelnreise kann doch nicht durch Streiks erzielt werden, sondern nur durch fleißige Arbeit. Bei ihren Maßnahmen muß die Eisenbahnverwaltung überlegen, ob sie auch durch⸗ fuhrbar sind, solche Verfügungen, wie die über den Fahrterlaubnis⸗ schein, die doch nur umgangen werden, untergraben die Achtung vor dem Gesetz. In Zusanimenhang damit steht auch der schmerzliche Verlust der Achtung vor dem Staatsgut, auf den die außergrdentlich schlechte Beschaffenheit der Wageneinrichtungen zurückzuführen ist. Dem Vandalißmus in Len Bahnen muß durch vermehrte Aufsicht und Kontrolle gesteuert werden. Der Redner fordert ferner richtige Kurg⸗ bü cher, strenge Duichführrng der Nachzahlungspflicht bei unerlaubter Benutzung höherer Wagenklassen und Vermehrung der Schnellzůge. Die von dem Minister in Autsicht gestellte Berbesserung des Ver⸗ kehrs unserer Eisenbahnen erscheint durchaus fragwürdig, wenn die in den Friedensbedingungen der Entente enthaltenen Vorschriften un⸗ verändert bleiben. Auch daraus geht hervor, daß diene Bedingungen undurchführbar und damit unannehmbar sind. Wenn in unserem Beamtenpersonal der gute alte Geist bei Arbeitern und Angestellten hie und da nicht mehr in fiüherem Umfange vorhanden ist, so liegt das daran, das während des Krieges Elemente hei der Berwaltung Aufnahme gefunden haben, für welche die Gefamtheit der Beamten zu Unrecht verantwortlich gemacht wird. Auch muß die große Not— lage der Beamten als Entschuldigung angesehen merden. Hoffentlich bleibt der vom ganzen Hause unterstützke Appell des Ministers an das Eisenbahnpersonal nicht vergebens.
Abg. Dr. Kähüler-Greifswald (D. Nat.): Ich widerstehe den Versuchung, eine Etatsrede zu halten (sehr richtig! rechts), und komme auf die zur Verhandlung stehende Anfrage zurück. Wir haben in der Eisenbahn verwaltung jetzt angefangen, vom Kapital zu leben, und können nicht einmal mehr aus den eigenen Einnahmen die laufenden Ausgaben bestreiten Man ist mit den Lohnerhöhungen zu umfangreich und zu schnell vorgegangen. Die Wainung des Ministers ver weiteren Lohnforderungen kann nur dankbar brgrüßt werden. Alle 6 Kriegs und Teuerungszulagen sind ja bloß Schulden, die wir aufgenommen und aus der künftigen produktiven Arbeit wieder zu bezahlen haben. An den Abbau dieser Lobnerhöhnngen muß so kald wie möglich gegangen werden. Größte Sparsamkeit muß herrschen. Das imn den Eisenbahnen steckende Kapital muß möglichst intensiv ausgenutzt werden. Für die angekündigten Verbesserungen im Per⸗ sonen⸗ und Güterverkehr können wir nur dankbar sein. Ist bei der Feststellung der Waffenstillstandsbedingungen die preußische Gissn= „bahnberwaltung überhaupt beteiligt geweserd? Und wie verteilen sich die Opfer aur die preußische Eisenbahnyverwgltung und die übrigen dentschen bunbesstaatlichen Verwaltungen? Mats sollte den Handel mit leichtverderblichen Nahrungsmitieln endlich freigeben, damit würde eine Unzahl von Hamstereisenbahnfahrten aus der Welt ge⸗ schafft. Gegen die Verschmutzung nicht nur der Eisenbahnwagen, sondern auch der Bahnhöfe, sollte mit aller Energie eingeschritten werden; an Arbeitskräften kann es doch nicht fehlen. Unter dem Mangel an Transportmitteln leidet besonders die Landwirtschaft, be⸗ sonders im Osten Für das Eisenbahnpersonal würde ein besonderes Verkehrsarbeiterrecht zu schaffen sein. Die alten Fisenhahner hahen selbst den dringenden Wunsch, daß aus ihren Reihen die unehrlichen Elemente mit allen Mitteln ausgeschieden werden; aber sie stehen leider unter einem sehr starken Druck. Die Verwaltung hat durchaus die Möglichkeit, das Zusammengrbeiten mit diesen ruhigen Elementen zu fördern. Daß das Trinkgeld ein Mittel geworden wäre, im Eisenbahnverkehr Ordnung zu schaffen, dürfte doch nicht so allgemein behauptet werden können. Die gute alte Zeit, in der das Reisen eine Annehmlichkeit war, kann und wird wiederkommen, wenn das Personal sich auf die alte Pflichtauffassung zurückbesinnt. Die Arbelt in den Werkstätten muß noch ganz anders zur Ausnutzung aller Arbeitskräfte und Arbeitsmittel herausgebildet werden. Die Ab— schaffung der Akkordarbeit halte ich für einen volkswirtschaftlichen Fehler. Abg. Schmedding (entr.): Die glückliche Zeit der Eisen⸗ bahnüberschüsse, die jährlich durchschnittlich 300 Millionen betrugen, ist leider vorbei. Je mehr die Ueberschüsse ausblelben, um so schärfer muß der Staat die Steuerschraube anziehen. Und schon jetzt konnte man in dieser Beziehung sagen: Höher geht? nimmer. Preußen be— findet sich mit seinem Eisenbahnwesen in einer verzweifelten Lage. Und doch ist an der Forderung des Wiederaufbaus der Eisen⸗ bahnen als an der hauptsächlichsten Voraussetzung für die Wieder⸗ belebung des gesamten Wirtschaftslebens nicht borbeizukommen. Es kann jetzt nur darguf ankommen, die Mittel und Wege ausfindig zu machen, um eine Besserung herbeizuführen. Zu diesem Zweck beantrage ich die Ueberweisung der zu der Anfrage gestellten Anträge an den Haus haltsausschuß.
Abg. Mehrhof (U. Soz.) Man lamentiert wieder über dis hohen Lohnforderungen und die Streikandrohungen der Eisenbahner. Cine gesunde Lohnpolitik treibt man nur, wenn man die richtigen Voraussetzungenz dafür schafft, und die bestehen in einer gesunden Ernährungspolitik. Mit der Ernährung ist es in den letzten Mo⸗ naten noch schlimmer geworden, und zu energischer Abhilfe geschieht kaum etwaß. Wenn, wie heute in Thüringen, Kommunalverbände dazu übergehen müssen, im Schleichhandel Kartoffeln für 35 „S den Zentner zu erwerben, so lange kann man die Arbeiter nicht auf— fordern, von weiteren Lohnforderungen abzulassen. Der Fahr⸗ erlaubnisschein ist in unerhörter Weise von den Nutznießern und Förderern des Schleichhandels ausgebeutet worden, man Hat ganze Waggons Kaffee, Kakao, Schnaps, fogar von Süden nach Norden verschoben. Die zerschlagenen Fensterscheiben, das abgeschnittene und gestohlene Lederzeug usw;, das alles sind die Folgen der Demorali⸗ ation, die der Weltkrieg, dieses furchtbarste Verbrechen an der Menschheit, verursacht hat. Die verschiedenen Wagenklassen sollte man doch heute im Zeitalter der Demokratie endlich aufheben.
Minister der öffentlichen Arbeiten Oeser: Meine Damen unn Herten! Wenn Sie den vorliegenden Antrag dem Hauptausschuß überweisen, entheben Sie mich der Notwendigkeit, auf die vorgebrachten Gingelheiten einzugehen; ich werde vmmn garn vem Ranptrusschu
. Dagegen stanpen sich die Anfichte kö
& ülti gteitserklärung der Wahl ohne Grörterung an.
köede und Antwort stehenn. n n
6 3 5 ö 4 ö . .
(
Die vorgebrachten Bünsche werden soꝛgfältig geprüft werden, u ich glaube, ich werde eine Reihe davon erfüllen können.
Schon sind wir in der Prüfung wegen des Verkehrs nach dem Riese ngebirge und nach verschiedenen anderen Badeorten be— griffen. Wenn wir die notwendigen Lokomotiven bekommen, werden
wir bereit sein, sie so schnell wie möglich einzufühten. (Bravo)
Was die Fahrterlaubnisscheine anbelangt, so haben wir
den anderen bundesstaatlichen Verwaltungen Mitteilung von unser
Absicht gemacht, sie aufzuheben, und ich rechne damit, daß si — t, sie aufzuheben, mne damit, daß sie auch in anderen bundesstaatlichen Verwaltungen so bald wie möglich aufgehoben
werden.
Eine Vermehrung der Schalter ist zur Bequemlichkeit des
Publikums bereits angeordnet.
Erlaubnisscheine wird das besser werden. Nun, meine Damen und Herren, sind von zweien der Herre
Redner auch Bemerkungen über die Waffenstillstandsbedingungen und
über die Friedenebedingungen gemacht worden. Was die Friedens
bedingungen anbelangt, so sind fie verschiedener Natur. Ein
Teil bon ihnen, ich leugne es nicht, würde, wenn sie im Sinne de Wifonschen Punkte auf vol le Gegen seitigkeit abgestell werden, für uns erträglich sein; ein anderer Teil aber, der in die Selb ständigkeit des Eisenbahmwesens außerordentlich rücksichtsslos eingreift
beitig und nachdrücklich unterrichtet worden. ¶ Bravo h
- Meine Damen und Herren, was nun die bekannten Bedingungen über das rollende Material in dem Waffenstill standsvertra z Nbetrifft, so möchte ich darüber nicht schweigen, damit nicht aus meinem Schweigen ein falscher Rückschluß auf die Haltung des damaligen Ninisters der öffentlichen Arbeiten gezogen werden könnte. So viel ich feststellen konnte, ist in den wilden und verworrenen Tagen, in denen der Waffenstillstand abgeschlossen werden mußte, mündlich vom Auswärtigen Amt ein Teil der Waffenstillstandebedingungen, die sich
auf meine Verwaltung bezogen, bei uns mitgeteilt worden. Es ist
bei den Verhandlungen im Walde vom Compisgne ein Vertreter des
Eisen bahnministeriums und überhaupt ein sachverständiger Vertreter des Eisenbahnwefsens nicht anwesend gewesen. (Hört, hört) Es ist ven militarischer Seite versucht worden, einen Vertreter des Feld⸗ isenbahnchels dorthin gu baingen; es gelang aber nicht, weil die Verhandlungen mit einer außerordentlichen Schnelligkeit durchgeführt werden mußten. Ich nehme nicht an — Ihr Hört, hört könnte darauf schließen lasfen — daß etwa eine absichtliche Zurückfetzung meines Minister ums vorgekommen wäre, sondern es lag im Zwange der Verhältnisse, die stärker waren als der Wille des Einzelnen. Nicht derhehlen kann und darf ich, daß allerdings durch das Fehlen eines derartigen sachwerständigen Beirats die Bedingungen nicht fo prchisiert wurden, als sie sonst wahrscheinlich präzisiert worden wären, daß infolge⸗ dessen die Feinde an uns Anforderungen stellen konnten, auf die man in diesem Maße nicht vorbereitet war, daß incbesondere, mie Sie wissen, das beste tadel loseste, schwerste, leistungsfähigste Materlal Kwon ung verlangt worden ist. Wir mußten darauf eingehen, weil in der Formulierung der Waffenstillstandsbedingungen irgendein Schutz nicht vorhanden war. ö ö .
Dann hat der Abgeordnete Kaehler außerdem die Frage an mich gerichtet, in welchem Verhältnis die Leistungen der preußischen Ber⸗ waltung zu denen der anderen einzelstaatlichen Verwaltungen stehen. Meine Damen und Herren, die Anforderungen der Feinde an das Material waten derart, daß bei den Lokomotivenlieferungen in det Haupt⸗ sache Preußen in Betracht kommen mußte; die Lieferungen der anderen bundeestaatlichen Eisenbahnberwaltungen wurden großenteils zurück gewiesen. Es haben damals in der Kriegsbetriebsleitung, der Ver= tretung der bundesstagtlichen Eisenbahwemnaltungen, die hier in' Berlin in meinem Ministerium vorhanden ist, um die Fragen des Kriegebetriebes zu regeln, über den Anteil jeder bundesstaatlichen Ver⸗ waltung ganz genaue Verhandlungem stattgefunden. Man hat mit einiger Mühe einen Schlüssel für die Verteilung gefunden. Diese Verteilung hat sich aber nicht als durchführbar enwiesen, nachdem die Praxis ergab, daß die einzelstaatlichem Lokomotiven nicht den An⸗ Forderungen der Feinde entsprachen. Wir mußten etwas mehr liefern, als uns zuge kommen wäre; dafür ist aber von Sachsen und Württem⸗ berg ein Teil der Lokomotiben der preußischen Venwaltung zur Ver⸗ fügung gestellt worden. Es waten dies allerdings leichtere Lokomotiven als die, die wir hergegeben haben. Es ist damit natürlich elne betriebliche Schwächung Preußens verbunden gewesen, nicht aber auch eine finanzielle Schwächung, nachdem im Friedenbertrage ausge sprochen worden ist, daß dieses Material bezahlt werden muß. Wir haben unsere Forderungen schon vor einiger Zeit an das Reich gestellt.
Ich möchte bei der Gelegenheit noch erwähnen, daß vielfach in der Oeffentlichkeit dabon gesprochen worden ist, es sei uns ein erheblicher Teil der an Frankreich gelieferten schweren Lokomotiven zurückgegeben worden. Das ist nicht der Fall. Wir haben bisher keine Lokomotiven zurückbekommen, es ist aber die Rede davon, daß nun, wo die Lokomotiven bezahlt werden sollen, ein Teil wieder Deutschland zur Verfügung gestellt werden könne. Es ist zunächst von 20MM und dann don 1000 Lokomotiven gesprochen worden. In den Verhältnissen, in denen wir uns betrieblich befinden, würde ein. Zuschuß von 1009 Lokomotiven für uns natürlich sehr nennenswert sein. Aber, meine Damen und Herren, das glaube ich auch in Ihrem Namen erklären zu können, daß wir, wenn von Frankreich Lokomotiven zurückgeliefert werden, dann verlangen müssen, daß sie unter den— selben Bedingungen zurückgegeben werden, unter denen sie hergegeben worden sind (Sehr richtigh, daß wir also genau zu prüfen haben, ob die Lokomotiven auch noch wirklich betriebsfähig sind oder nicht (Sehr richtigh; denn mit Lokomotiven, die inzwischen etwa zuschanden gefahren sind, ist uns nicht gedient. Wir werden also diese Bedingun- gen zu stellen, im übrigen aber abzuwarten haben, was geschieht. Bravo h) . . w werden die Anträge dem Haus haltsausschuß über⸗ Auf, der Tagesordnung steht ferner die Beratung v fünf i ,. . ,,, . 9. ü g. eweg (gentr) beantragt, sie dem Ausschu gen l hm, Lugschuß för
Bravo!)
ie — Sie wird nicht in dem vermuteten Umfange notwendig werden, weil ja die Fahrterlaubnisscheine und die Notwemigkeit, ste zu prüfen, eine außerordentliche schwerfallige Ab⸗ fertigung des Publikums herbeigeführt hatte; mit der Aufhebung dieser
(D. V. über ein Monopol von Schulbüchern. Abg. Dr. Boelitz (D. V):
er der Schulbücher beabsichtige legerkreisen erhebliche Beunruhigng hervorgernfen.
lichung und Verbilligung der Lehrtü ĩ — . ligung Fer Lehrbücher gewesen ; ö. wurde disher das ,,, ö 1 r g nage ,. Hinsicht keln Grund zu einer 5 Verlasis⸗ und Buchha ĩ . anls-⸗ und Buchhändlerwesent, wie
wirtschaftlichen Bedenken ge
schaft bervorge angen un 24 el erreicht. * gen und hat gerade dadmm
konnte nur auf Koften des Inhalt und der B
müßte der Staat auf Buch schmuck“ Papier und andere
land. In Norwegen und in der
kö Schweiz hat sie sich m
besondere
. preußischen und der deutschen Geschichte vorherrschen wurde.
¶NMinister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Hänisch: Neine Damen und Herren! Auf die letzten Bemerkungen des Herrn Vorred ners, die sich mit dem Inhalt der gegebenenfalls zu monopoli⸗ sie renden Schulbücher beschäftigten, möchte ich heute nicht eingehen um nicht den Anlaß zu einer neuen großzügigen politischen Debatte zu geben. Das scheint mir bei der Geschäftslage des Hauses nicht zweckmäßig, besonders da vorhin der Wunsch geäußert worden ist, heute am Schluß der Tagesordnung auch noch die eben zu rückgestellten hoch⸗ wichtigen Lebensmittelfragen in Angriff zu nehmen. Ich beschranke mich deshalb für jetzt auf eine ganz kurze Bemerkung allgemeiner Natur. J Meine Herren, der Gedanke, das ganze Schulbücherwesen zu monopolisieren und dadurch den kapitalistischen Privatunter⸗ nehmern ihre Gewinne zugunsten der Gesamtheit zu nehmen, ist ge⸗ rade für mich als Sozialisten natürlich sehr sympathisch; er ist durch⸗ aus gesund und ernster Erwägung wert. Aber ich kann auf der an⸗ deren Seite leider nicht verkennen, daß sich zurzeit der Verwirk— lichung dieses sehr gesunden und guten Gedankens noch eine Reihe ernster Hemmnisse in den Weg stellen. Bei der Organisation des Büchetmarktes vor allen Dingen aber auch bei der augenblicklichen Organisation des Behördenapparates selb st, einet Organi⸗ sation, die, so dringend notwendig sie natürlich ist, beim besten Willen nicht von heut auf morgen von Grund aus zu ändetn ist, liegt tat⸗ sächlich die Gefahr vor, daß eine sofortige Monopolisterung des ganzen Schulbüchetwesens eine sehr starke Bürokratisierung mit sich bringen würde (Seht richtig! rechts) auf Kosten des freien geistigen Wettbewerbs Dadurch könnte unter Umständen der Wert der Schul⸗ bücher, wie die Dinge heute liegen, nicht gesteigert, sondern herab⸗ gedrückt werden. (Sehr richtigi rechts)
Meine Herren, es kommt aber noch ein anderes Moment hinzu. Der Unterrichtsverwaltung würden durch eine sofort durchzuführende Monopolisierung der Schulbücher so ernste und mit so schwerer Ver— antwortung belastete Aufgaben entstehen, daß sie — ich muß es offen gestehen — in diesem Augenblick, bei der jetzigen Organisation des Be⸗ hördenapparates, noch nicht in der Lage ist — ich betone ausdrücklich: 10 ch nicht in der Lage ist — diese neuen Aufgaben zu übernehmen. In der Unterrichts verwaltung stehen mir für die große, außerordent— lich veittragende Aufgabe, das ganze Schulbücherwesen für Preußen im Unter ichtsministerium zu monopolisieren, in diesem Augenblick eine genügende Zahl pädagogischer Fachleute als ständige Mitarbeiter leider nicht zur Verfügung. Denn nach einem kurzen Ueberschlag, meine Damen und Herren, würde ich füt diesen Zweck mindestens ein Dutzend neuer vortragender Räte gebrauchen. (Heiterkeit) Ich muß es zu meinem Leidwesen bezweifeln, ob der Herr Finanzminister
gewillt und in der Lage wäre, mir jetzt eine so große Anzahl neuer vortragender Räte zu bewilligen.
Für die Kontrolle der Lehrbücher ist bisher schon da⸗ durch gesorgt worden, daß vor ihrer Einführung die Genehmigung der Unterrichtsverwaltung eingeholt werden muß. Ich stehe selbst— derständlich dafür ein, daß diese Kontrolle mit besonderem Nach druck weitergeführt werden wird und daß ungeeignete Lehrbücher nicht zur Einführung in die Schulen gelangen dürfen. Auch wird die Unterrichtéverwaltung nach Kräften bestrebt fein, darch Ver— waltungsmaßnahmen einem all starken .
diesem Gebiete entgegenzuwirken. .
. Im übrigen hat, glaube ich, der Herr Vorredner eben schon er⸗ wähnt, daß in meinem Ministerium augenblicklich Vorbereitungen dazu getroffen werden, einen freien Ausschuß hervorragender Pädagogen und Schulmänner aller Richtungen zu— sammenzuberufen, der eine gründliche Durchprüfung aller bisher in Preußen gebrauchten Schulbücher ins Werk setzen soll. Es sind Schul⸗ männer aller pädagogischer Richtungen, aller religiösen und politischen Bekenntnisse für diese Arbeit in Aussicht genommen. Augenblicklich werden in meinem Ministerium Richtlinien aufgestellt, nach denen sich diese sehr notwendige Sichtung und Neuordnung unseres ganzen . bisherigen Schulbücherwesens vollziehen soll. Es ist natürlich dringend notwendig, den geänderten Zeitverhältnissen entsprechend, sehr viele Stoffe, die bisher in unseren Schulbüchern einen breiten Raum ein⸗ nahmen, ausgumerzen, andere Stoffe einzuführen, vielfach auch auf einen ganz neuen Geist hinzuwirken. Ich versichere Sie, daß diese außerordentlich wichtige Arbeit mit größter Beschleuni⸗ gung ins Werk gesetzt werden soll, und ich erhoffe davon eine wesent— liche Bereicherung und Besserung unseres ganzen Schulbücherwesens. (Zuruf: Im nächsten Jahrhundert — Nein, in den nächsten Mo⸗ naten! Guruf: Der Ausschuß stirbt ja darüber hin) — Der Aus- schuß stirbt nicht darüber hin, er tritt so bals wie möglich zusammen, und ich hoffe, meins Damen und Herren, daß ich schon im Laufe dieses Jem mers Ihnen über die Tätizkeit des Aupschusses von bieser Sell=
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Abg. 59e. Im Berliner Ta eblatt
eine Nachricht, daß die Regierung eine weitgehende . Sie hat in Buchhändler und Ver . Als die Absichten der Regierung soll Ler Wunsch nach e i in. Ig Deutsch⸗ billigste Lehrbuch ge⸗ schweren le sich als
, m,. 6 u lie en kann. Den. Bed gGesellen sich die Bedenken der Päd— = Das Lebrbüch ist aus dem freien ,,, einer e ,
und einen so hohen Star beabsichtigte Vereinheitlichung und D ,
geführt werden; ahgeseben davon ist eine He r n n.,
Staat gar niht einnial so ficher; zur Erzielung von Ersparnissen
heiten verminderten Wert legen. Die Erfahrungen in en,
Ländern verbieten eine Nachahmung der Mon opolisiernng in Twen t
Nirgends ist das Buch schlechter ĩ
; 2 hlechter als in?
das Monopol besteht und von der Lehrerschaft deln f i ne, i , . Gefahr der monopolisterten Bücher erblicken zahlreiche ist vom Standpunkt meiner Vewaltung aus unannehmbar. Von hertz ,,,, ,
diesem unserem Standpunkt aus sind die zuständigen Instanzen recht⸗ w fa m e e , ses her
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sch f * h si 1 V h . ĩ A 9 8 9 h 91
Abg. Wildermann (Zentr.) wendet sich gegen die Menopoli⸗
Dann folgt eine förmliche An 1636 6 Abg. Or Go elt 6 ,, nicht Erwerbz“, sondern Bildungsanstalten
Erfahrungen sprechen gegen die Monepolsierung, und . Erfahrung anderer Länder nicht , , , an, . 29 werden gerade mit den Lehrbüchern gute Geschäfte gemacht. . ewinn dient dann aber zur Derausgae wissenschaftlicher Werke, . ö nen nichts verdient wird. er Staat wird etwaige Ueberschüsse , d. Derausgabe wertvoller wisschschaftlicher Werke bert ned! er, g *, ändern ist aber daß Neuauflagenper fahren mancher . G en anreden Neuauflagen. deren Anschaffung dann ,. n den Eltern aufgezwungen wurde, sind ein (. eee , i. Ebelstand. Im Nauten des Zeuträms habe sch — 1 tele Erklärung abzugeben, daß das Zentrums mit alser Entschiedenheit eig Büchermonopol bekämpfen wörd.
9 i. =. ,. ei der (Soz.): An den Ausführungen . . ö itz ist uns aufgefallen, daß er sich ausgerechnet gegen . , rüderung wendet und daraus auf Schwaͤchlichkeit un eres H. schließen wil. Wir meinen, daß sich gerade die Kraft eines . . . nicht überzeugender kundiun kann alg in der Veglüc. rg anderer Völker und der Förderung von Tendenzen, die . . ,, . hervorrufen. Wenn der Minister meint, daß er . ö. 3 , n, mit dem ihm zur Verfügung stehenden büro⸗ . 9. e, n,, nicht durchführen kann, fo muß möglichst 1 ö. mwmandlung in eine mit dem Leben zusammenhängende f altung vor genommen werden. (Der Kultusminister Hänisch nickt 9. , Alle 6. das Lehrbüchermonopol vorgebrachten Ein= n . , tichhallig. Die Mannigfaltigkeit braucht nicht * bir eiden, Die Schweiz ist doch geradezu ein Beispiel da—⸗ y 1 . Don derbednrfnisse berücksichtigt werden können. . er Abg. Boelitz sich von einer etwaigen Ablehnung des ö vdnopolgedankens eine „Beruhigung“ des Volkes verspricht, so ist as denn doch nicht das Volk, das wir vertreten. Gewiß ist uns für n m, das Beste gerade gut genug. Aber das NRizcan der z ,., braucht doch nicht zu sigken, wenn ihre Herstellung unter 1 staatlich Beauftragte vorgenommen wird. lie Schwetzer Schulbü lrebhaf Beif bei de g gi , , er sind gut. (Lebhafter Beifall bei den
Abg. Adolph Hoffmann (u. Soz.): Vom Buchhandel wird jetzt ein schamloser Wucher getrieben. Man will die Schulbücher so wie sie sind beibehalten, weil man die Geschichtssälschung und die Hohenzollern legende auftzcht erhalten will. Herr Rur minister. s meißen Sie ein paar Dutzend Geheimräte heraus und stellen Sie dafür Sachverständige und Pädagogen ein.
Abg. Rippel (D. Nat.): Im Almanach des Hauses sind zwei Buchhändler berzeichnet: Herr Hoffmann und ich. Ich bedaure daher, daß et so heftige und unberechtigte Angriffe gegen den Buch- handel gerichtet hat. So piel Sätze, so viel Unrichtigteiten. Die Sb gta dem otra en wollen eine Knebelung und Bürokcatisierung des 3 . 28. Gedankenfreiheit! Versehlt ist die Zersplitterung ; zulbücherwesens und die starke Bevorzugun zer net große ö. s zugung einzerner großer Abg. Frau Posehlmann (D. V.): Seh i in i Abg. Frau In; Vi): Sehr beruhigt bin ich weil Hern, Voffmann auch in Zukunft in der Schulbücherfrage 34 Sachverständige zuziehen will. Damit schaltet er sich also selber aus.
enn die Reglerung wechselt? Wir find ge Monopol
H ir gen dieses Monopol. Das deuische Schulbuch soll sein das beste Schulbuch der Wert 6. der Ehrlichkeit der Heber zeugung, in der Verwertung der wisseuschaft⸗ lichen Erkenntnis, in der Mustergültigkeit seiner Ausstattung. (Beifall)
Abg. Degenhardt (Dem.): Auch in dieser Frage muß Frei⸗ heit in weitestem Umfange oberstes Prinzip sein. 3 ö . davor, die von dem Meinister angetündigte Kommfssion aus Mi- gliedern aller Fraktionen zusammenzusetzen. Dies ist keine Frage der volitischen raktionen, jondern eine Frage der pädagogijchen Wissenschaft, auß die wir in Deutschland' stol; find. Möge der
inister neue Richtlinien für die Pädagogik herausgeben, die uns seit 1308 sehlen. Möge er damit befruchtend wirken auf die Lehrer, ie et an der Heranbildung des künstigen Geschiechts zu arbeiten Abg. Adolph Hoffmann (li. Soz.) setzt sich mit dem Ab Rippel über die Interessen des Verlagsbuchhandels ö 26 bemerkt: Es ist doch unbegreiflich, wie noch im Frieden bergeste llte : erke, die damals 4 40 kosteten, während des Krieges im Pteise auf 13— 16 46 steigen konnten. Die Denkschrift aus meiner Ministerzeit ist wie alles übrige, was damals aus dem Kultusministertum hervor- ging, Kollektivarbeit gewesen, und wenn sich darin der Satz sindet, daß der Unterricht von jeder Bevormundung befreit sein soll, so ist auch Herr Hagnisch damals damit völlig einverstanden gewesen. Und es ist ihm auch Ernst damit gewesen, nar daß er nachher von anderen Leuten zurückgedrängt worden ist. Wenn Fran Poehlmann meint, ich hätt. mich selber ausgeschaltet, indem ich Sachverftändige berief, se geböre ich nicht zu den Menschen, die alles zu verstehen glauben; ein Minister muß sich vor allem informieren, und ich habe die Genugtuung gehabt, Autoritäten zu sprechen zu bekommen, die bei meinen Vorgängern im Ministerium vergeblich sich bemüht haben, vorgelassen zu werden. In die Kommission müssen auch nach meiner Auffassung Fachleute berufen werden. Der Vorredner ver, langt neue Richtlinien fär die Pädagogik. Richtlinien von Haenisch unter Assistenz von Herrn Waldermann, wie werden diese wohl aus⸗= sehen? (Große Heiterkeit links..
Damit ist die Besprechung erledigt
Nächste Sitzung: Dienstag, 12 Uhr (le! Steuervor lagen, . (Kleine Anfragen,
Schluß 4 Uhr.
Parlantentarische Nachrichten.
Der Verfassungzauzichuß der Deutschen National— versammlung hat, wie W. T. B.“ . den Ar⸗ tikel über die Einführung des Rätesystems in pie Verfassung mit geringfügigen ö nach den Vorschlägen der Re⸗ gierung angenommen und damit die erste Beratung des Ver— . abgeschlossen. Heute wird die zweite Lesung
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Nr. 18 des Zentralblattz für das De Sen tzra! ut d ö herausgegeben im Reichsministerium des Innern am ö 3 5 Inhalt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Weitere Cinfiegelungs⸗ 6 1. . n, n. uin Schrij s Cr rl chen ufw. benin ö . ach de üUßland. —= Aenderung des Verzeichniss der auf Grund des § 6 der Branntweinsteuer 8 k ? ö Befreiungsord
, des e , n, kö . *
t lten. — Militärwesen: Berichtigun ekannt⸗ . über Ausführungsbestimmungen . Gier er ö gag von Leistungen für die feindlichen Heere im besetzten Reichs. gebiet und über die vereinfachte Abschätzung bon Kriegsleistungen für das deutsche Heer vom 2. März 1915.
(Heiterkeit rechts,. Was wird aus den monopolisierten Schulbüchern,