1919 / 133 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Jun 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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wird, durch seine Fassurg in dem Leser den Eindruck erwecken, daß der General von Lettow für diese behaupteten Hand lungen persönlich verantwortlich sei. Die erhobenen Vor— würfe entbehren nach Mitteilungen von bernferer Seite jeder Begründung. Aus welchem Grunde die deutsche Kriegführung in Ostaftika, deren Nitterlichkeit von so berufenen Männern wie General Smuts und General von Deventer anerkannt ist, herabgesetzt werden soll, liegt auf der Hand. Gewisse Kreise fürchten, doß in Versallles eine Entscheidung in der Kolonjalfrage fallen könnte, die ihnen im höchsten Maße unerwünscht wäre. Um dieser Moͤglichleit wenigstens für Ostafrika vorzubeugen werden in letzter Stunde erneut Verleumdungen in die Welt gesetzt. Diese sländig wiederholte Methode, zur Erreichung polilsscher Ziele b-wußle Lügen zu verbreiten und die persönliche Ehre von Männern anzugreifen, die durch ihre Haltung die Achtung der Welt er— rungen haben, muß auf das schärfste gebrandmarkt werden.

Ueber die Zukunft der Rheinlande hat sich der Reiche⸗ kolonialminister Dr. Bell in seiner dreifachen Eigenschaft als Mitglied der Neichsregierung, altz Abgeordneter der dentschen und preußischen Nationalpersammlung und als Rhe nländer laut Bericht des, Wolffschen Telegraphenbüros“ u. a. folgender⸗ maßen geäußert:

Ueber die so kläglich gescheiterten wahnwitzigen Bestrebungen des Dr. Dorten und Genossen, eine vom Reiche unabhängige rheinische Reyublik zu gründen, brauche ich kein Wort zu perlieren, nachdem auch die Entente diese Machenschaften preisgegeben hat. Die Frage des zukünftigen Schicksals der Rheinprovinz muß von jedem Rhein— länder, ebenso wie von jedem anderen Deutschen, als eine rein inner— deutsche Angelegenheit betrachtet werden. Darum war es auch ein schwerer Fehler der beiden Abgeordneten, die inzwischen aus dem Parlament ausgeschieden sind, im vermeintlichen Interesse des Reichs auf eigene Faust über solche zu den Lebentz⸗ fragen des deutschen Volks gehörige nationale Angelegenhelten mit französischen Offizieren zu verhandeln. Die rheinische Bevölterung gehört zu den ältesten deuischen Stämmen. Kein Rheinländer, der noch einen Tropfen rheinischen und zugleich also terndeutschen Blutes in seinen Adern trägt, wird jemals an eine Lostrennung der Rhein. provinz von Deutschland denken. Nicht zu veiwechseln mit diesen Ldoslösungsbestrebungen vereinzelter erledigter Leute sind die in mannig— facher Foym seit dem Dezember 1918 aufgetauchten Pläne einer rheinischen oder rheinisch⸗westfälischen oder westdeutschen Republik. Die An⸗— hänger dieseß Gedankens wollen, soweit sie Beachtung verdienen, unter allen Umständen die Rheinlande dem Deutschen Reiche gesichert wissen, aber unter gleichzeitiger Trennung von Preußen. Ucher dieses ebenso schwierige wie bedeusungetvolle Problem sind natürlich sachliche Meinungeverschiedenheiten möglich. Unerläßliche Vorgussetzung bleibt aber, daß ihre Regelung erst nach dem Frieden schluß erfolgt, und zwar aunsschließlich durch die ver— fassungsgemäß zuständigen Organe. Ich versönlich stehe der Frage eines rheinischen Freistaatß in irgend welcher Form mit den größten Bedenken gegenüber. Diese gründen sich auf nationale und all⸗ gemein -politische, aber auch auf mirtschaftliche und finanzielle Er⸗ wagungen. Ein rhetnischer Freistaat, auch als unléshares Glied des Reichs. würde weder den Rheinlanden nech dem Deutschen Reich zum Glück gereichen. Dabei ist unter allen Umständen das Neichtz⸗ interesse voranzustellen und unter dieser Voraussetzung muß eine Lösung gefunden werden, die die Interessen der Rheinlande mit den Neickéßnteressen g4alücklich pereinies. Nas wird nach meiner Neberzeugung am besten dadurch gesche en, daß guf. der einen Seile die versdssungtischtliche Zustindigkeit des Reichs wesentlich erweitert und der Neicksgedante bis zur tunlichsten Alus— bildung einer Reichseinheit gefestigt, auf der anderen Seite aber in den einzelnen Reichsgebieten die Selbstverwaltung in perstärktem Umfange durchgeführt wird, besonders auch in den Rheinlanden und in Süddeutschland. Inzwischen wird es die Hauptsorge der Regierung sein, den begründeten Wünschen und Beschwerden der Nheinländer, namentlich bei Besetzung der Begmtenstellen, weiter durch Erleichte⸗ rung ihrer durch die gegnerische Besetzung immer unerträglicher wer— denden Lage und durch ausreichende Entschädigung im westesten Um— fange entgegenzukommen.

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Der in Weimar abgehaltene Parteitag der sozial— demokratischen Vartei Deutschlands hat gestern laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ solgende Ent⸗ schließung zur auswärtigen Politik einstimmig an⸗ genommen: .

Der Parteitag spricht seine Entrüstung über die Zumutung der Entente aus, dem deutschen Volke einen Gewaltfrieden aufzuzwingen, der die wirtschaftlichh und kulturelle Entwicklung des deutschen Volkes unterbindet und ein politisches Dasein Deutschlands unmög— lich macht. Diese Friedensbedingungen erklärt der Parteitag für un— vereinbar mit den Grundlagen der Wilsonschen Friedensbedingungen. Sie sind ebenso unveren ber mim den Richtlinien der internationalen Beschlüsse der R ien in Bern und Amsterdam. Insbesondere stellt er sich rückhaltlos auf ven Boden der Beschlüsse der inter⸗ nationalen Sozialistenkon ferenz, die im Februar d. J. in. Bern getagt, hat. Er begrüßt diese Tagung und den Geist, der sie beseelt hat, als ein hocherfreuliches Zeichen der Wiederanknüpfung der durch den Krieg, zerrissenen internationalen Beziehungen der Parteien deg sozialistischen Proletariats und der Ermöglichung ge— meinsamer Aktionen der sozialistischen Parteien für die großen Interessen des Völkerfriedens und des Befreiungskampfes der Arheier⸗· klasse. In bezug auf die allgemeinen Ursachen des Wellkrieges haben Ne Sozialisten der Länder der sogenannten Entente schon im Jahre 1915 folgende Erklärung vereinbart, der sich der Parteitag gern anschließt: .

Die Konferenz denkt nicht daran, die allgemeinen und tiefen Ursachen des europäischen Konflikteß zu verkennen, der das un— eheuerliche Produkt ist der Gegensätze, welche die kayitalistische 6er n. vereinen sowie der agressiven koloniglen und imperia—⸗ listischen Politik. die der internationgle Sozialismut,. nie unter— lassen hat zu bekämpfen und an der alle Regierungen ihr Teil der Verantwortlichkeit haben. Aber der Einfall der deutschen Armeen in Belgien und Frankreich bedroht die Existenz der Nationen und untergräbt den Glauben an Verträge.

In bezug auf die Feststellung der persönlichen Verantwortungen für den Ausbruch des Krieges und die Art der Kriegführung sordert der Parteitag der S. P. D. von der Negierung ein rücksichtsloses Vorgehen. ber Parteitag drückt die bestimmte Erwartung aus, daß Deutschlands Erklärung, die Bedingungen des Bundes zu unter⸗ zeichnen, für vollwertig angenommen, die deutsche Republik gleichzeitig mit den übrigen Nationen als gleichberechtigtes Mitglied in den Bund aufgenommen und hei, der Feststellung der Grenzen das Selbst— bestimmungsrecht der Einwohner gewahrt wird. Die deutsche Sozial⸗ demokratie ruft die Internationale zum Protest auf gegen den un— erhörtesten Gewaltfrieden der modernen Geschichte.

Za dieser Ensschließung wurden noch einige Zusätze an⸗ genommen, die im wesentlichen folgenden Inhalt haben:

Die Kriegsschäden der Hungerblockade müssen angerechnet werden. Deutschland ist bereit, die Schuldfrage international klären zu lassen, es lehnt aber ab, Deutsche vor ein ausländisches Gericht zu stellen. Deutschland protestiert gegen jede Einsetzung einer Freindherrschaft, wie sie aus der Tätigkeit der iniernationalen Kontrollkommission er— wachsen könnte, es pöiotestiert gegen jede Verfälschung des Selbst— bestimmungsrechts im Osten, Westen und Norden.

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Preußen.

Bei der schlesischen Uebergangsstation der Haller⸗ Transporte sind beunruhigende Nachrichten ein— getroffen über die Haltung der Polen. Es traten dort Transvortstodãungen ein. An Ort und Stelle wurde der Be⸗ ginn von Feindseligkeiten befürchtet. Wie „Wolffs Telegraphen⸗ büro“ meldet, werden die Nachrichten beschleunigt nachgeprüft. Im Falle von Verlttzungen der Traneportabmachungen durch die Polen werden die weiteren Trangporte nicht durchgeführt werden förnntr. Bieher sind aber sichexe Unterlagen für eine solche Maßnghme nicht gegeben. Die Transporte müssen da⸗ her weitergeführt werden, so sehr auch gerade diese unerhört drückende Bestnimmung unseretz Waffenstillstandsvertrages die Gemüter der Oldeuischen mit Sorge erfüllt. Wir müssen, nachdem so lange Gebuld geübt worden ist, bis zum Schlusse der laufenden Friedengverhandlnngen aue halten.

Wie die „Oppelner Nachrichten“ melden, ist auf der Strecke Groschowitz-Brockau das Gleis über einer Flulöffnung gesprengt worden. Ein Güterzug ist dert ent⸗ aleist. Die Lokomotive und fünfzehn Wagen stürzten die Böschung hinab und wurden schwer beschädigt. Die Strecke bleibt vorläufig gesperrt.

Der Abgeordnete für die preußische Landesversammlung und Gewerkschafte sekretär einer katholisch konsessionellen Arbeiter⸗ gruppe, Muziol, in Beuthen, fordert in einem Aufruf die oberschlesischen Arbeiter auf, nicht in einen Sympathie— streik wegen der Verhaftung oberschlesischer Polenführer ein⸗ zutreten. Er verurteilt die Verhaftungen und sagt in seinem Aufruf u. a., wenn auch die Verhaftejen und Verfolgten der katholischen Volkspartei politisch fern ständen, so werde sie sich der Beseitigung dieser Vergeltungs maßnahmen ausz grundsãätz⸗ lichen Erwägungen sicherlich annehmen. In einem weiteren Telegramm an den Ministerpräsidenten des preußischen Staates und das Generalkommando des 6. Armeekorps zu Breslau sagt Musiol:

„Die Maßnahmen gegen Polen haben große Erregung unter der oberschlesischen Bevölkerung, besonders der Arbeiterschaft, hervor⸗ gerufen. Sollen Streils und Unruhen rermieden werden, dann ist sofortige Aufhebung der Ausnahmebestimmung gegen Polen, Unter⸗ lassung der geplanten Verbaftungen, Freilassung der inhaftierten Polen und versöhnende Politet durchaus erforderlich.“

In einer amtlichen Erklärung wird hierzu laut Meldung des „Wolffichen Telegraphenbüros“ u. a. bemerkt:

Diese Auslassungen des Abgeordneten Musiol sind geeignet, den ungeheuren polnischen Ummehen im oberschlesischen Industziebezirk Vorschub zu leisten. Zu Verhaftungen wird und muß nur geschritten werden bei gemeinen Verbrechen und bei glattem Hochverrat. Bei den Verbhafteten liegt der wohlbegründete Verdacht vollendeter Spionage vor. Wollte die Regierung gegenüber dem Hechverrat und der Spionage die Zügel schleisen lassen, o würde sie Lirett pflicht⸗ vergessen handeln. Jedenfalls ist es geradezu unverständlich, wie der Abgeordnete Musiol eine Aftion angesichts des klaren Verbrechens des Hochverrats unternehmen fann, die nur auf eine Begünstigung des Polentums hinaueläuft.

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Der Korps-Soldasenrat des 8. Armeekorps hat, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ melvet, in einem Schreiben an den Reichtznäsibenten im Austrage aller 1heinischen Truppen⸗ teile, die seit der Besetzung der Rheinlande durch unsere Gegner in Osnabrück und Umgebung ihre zweite Heimat ge⸗ unden haben, schärfsten Protest gegen die Errichtung Einer Republit ber Rheinlande erhoben. Alle noch unter der Fahne stehenden Rheinländer sind der Ansicht, daß die Machenschaften in Mainz und Wiesbaden landesverrätert⸗ scher Natur sind und daß die Geschichte ein Beispiel größerer Ehrlosigleit wohl kaum aufzuweisen hahen wird.

VBahern.

Vom Standgericht München ist der ehemalige Student der Nationalökonomie Gustav Klingelhöfer aus Metz wegen Verbrechens des Hochverrats zu fünf Jahren sechs Monaten Festungshaft unter Annahme mildernder Um— stände verurteilt. Seine Frau, die der Beihilfe zum Verbrechen des Hochverrats angeklagt war, wurde wegen mangelnder Be— weise freigesprochen.

Oesterreich.

Die, deutsch-österreichische Regierung hat am 10. Juni in einer Note an die italienische Waffen⸗ stillstandskommission in Wien dem „Korrespondenzbüro“ zufolge darauf hingewiesen, daß de kriegerischen Handlungen zwischen den ischecho⸗slowatischen und den ungarischen Truppen einen für die Sicherheit Deutsch⸗Hesterreichs bedrohlichen Charakter angenommen hätten. Die militärischen Operationen näherten sich bedenklich den deuisch-österreichischen Grenzen. Angesichts dieser Tatsache sei die Gefahr nicht ausageschlossen, daß der eine oder andere der beiden Teile den Durchzug durch das deutsch⸗österreichische Gebiet zu erzwingen versuchen könnte. Die deutsch-österreichische Republik lege den größten Wert darauf, in diesem Streitfall strengste Neutralität zu be⸗ wahren. Um diese aber in jedem Falle aufrechterhalten zu können, müsse sie auch über militärische Machtmittel ver⸗ fügen. Aus diesem Grunde sel die deutich-österreichische Regierung zu ihrem Bedauern gegenwärtig nicht in der Lage, den auf Veranlassung der italienischen Wafsen⸗ stillstangskommission eingeleiteten Abbau der Volkswehr ortzusetzen und bis zu dem in Aussicht genommenen Zelt⸗ Funkt, dem 15. Juni, durchzuführen. Zum Schluß der Note bemerkt die deuisch-österreichische Regierung, daß sie der Frage des Abhaues der Volkéwehr von neuem nahetreten werde, sobald die Verhältnisse es gestatten würden.

Nach einer Meldung des Telegraphen-Korrespondenz⸗ büros“ haben die südslawischen Truppen dem Befehle des

Pariser Viererrata, das Klagenfurter Becken bis auf die

genau bezeichnete Linie zu räumen, keine Folge geleistet. Viel⸗ mehr versuchten die sübslawischen Vertreter die Kärntner Unter⸗ händler zur Unterzeichnung des Waffenstillstande vertrags zu zwingen, der die Stadt Klagensurt in südslawische Gewalt bringt. Inzwischen rücken die südslawischen Truppen am Nordufer des Wörther Sees vor und bedrohen die Städte St. Veit, Feldkirchen und Villach, ohne die Anwesenheit der italienischen Offiziere zu beachten. Die Kärntner Unterhändler

kehrten am 8. Juni Nachts aus Krainberg bezw. aus Laibach,

nachdein die Verhandlungen als ergebnislos abgebrochen waren, zurück. Die südstawischen Truppen begehen in den besetzten Ge⸗ bieten schwere Ausschreitangen und systematische Plünderungen.

Das „Molfssche Tele raphenbüro“ verbreitet folgenden Hilferuf der Ukrainer aus Lemberg: e

Das in Ostgalizien einrückende polnische Militär und die neu eingesetzten polnischen Verwaltungsbehörden führen gegen Ukrainer und Juden wilden Ausrottungskampf. Ueberall wurde das Stand— recht verhängt und militärische Snafabteilungen errichtet. Die in polnische Gefangenschaft geratenen ukrainischen Soldaten, auch Qfiiere, werden sofort gehängt, Kranke und Verwundete getötet. In Slädten und Dörfern werden die Angehörigen der ukrainischen Intelligenz, vor allem Gejstliche und Lehrer, massen haft verhaftet und zumeist stand— rechtlich sofort abgeurteilt. Das Erscheinen sämtlicher ukrainischer Zeitungen wurde untersagt. Die ukrainischen Eisenbahner und Post— bediensteten in Lemberg wurden verhaftet. Eine in ein Basilianer Kjoster in Zowkwa eingedrungene polnische Legionsabteilung verhaftete sämt— liche Mönche und steckie die Druckerei, Bibliothek und Kunstsamm⸗ lung in Brand. Die rituellen griechisch-katholischen Begräbnisse der Ukrainer sind verboten.

Großbritannien und Irland.

Die Irish Unionist Alliance hat, wie der „Telegraaf“ meldet, in einer vorgestern in Dublin abgehaltenen Vei⸗ sammlung gegen die Einmischung des amerikanischen Senats in die irische Frage, die eine rein innere Angelegen— heit sei, Einspruch erhoben.

Frankreich.

Der von der „Agence Havas“ veröffentlichte diplo— matische Bericht besagt u. a., daß die Modalitäten der Zulassung Deutschlandz zum Völkerbund noch nicht bestimmt worden sind. Die französischen Delegierten werden Einwürfe vorbringen, die sich dem unverzüglichen oder befristeten Eintreten Deuischlands in den Völkerbund widersetzen. Sohald Deutschland Mitglieꝰ des Bundes sein wird, wird es die gleichen wirtschaftlichen Vorteile bezüglich des Rohstoffs usw. genießen wie die anderen Mitgledex. Deutschland wird eine Frist von 6 bis 8 Tagen er halten, um seinen endgültigen Entfchluß bekanntzugzben. In dieser Frist sind die für die Kündigung des Waffenstillstands nöligen dri Tage enthalten. Wenn die deutsche Regierung die Unter⸗ zeichnung des Vertrags verweigern würde, würden die Truppen Fochs gleich am Tage nach Ablauf der Frist ihren Vormarsch beginnen. ;

Der Viererrat bereitet dem „New York Herald“ zufolge eine Benachrichtigung an den Admiral Kolt⸗ schak vor, in der er ihn davon in Kenntnls setzt, daß die Großmächte angesichts der letzten Entwicklungen in Rußland die dortige provisorische Regierung nicht anzuerkennen in der Lage seien. Diese Haltung des Viererrates sei darauf zurück zusühren, daß er die Antmort Koltschaks, namentlich betreffs der Einberufung einer konstituierenden Versammlung, für un⸗— genügend hält, und daß Kaltschak in den letzten Tagen eine Niederlage von den Bolschewisten beigebracht worden sei.

Die türkische Delegation zur Friedens konferenz ist geslern vormittag in Vaucresson eingetroffen.

Die in Paris eingetroffenen Vertreter amerika— nischer Jren, Walsh und Dunne, hatten obiger Quelle zu folge vorgestern eine Unterreduna mit dem Präsidenten Wilson, der ihnen erklärte, daß die amerikanische Friedens⸗ pelezation die Sache Irlands var der Friedens⸗ konferenz nicht offiziell zur Sprache bringen könne, daß sie aber wie bisher auch weiterhin alles tun werde, wes im Interesse Irlands geboten sei. Die Iren erklärten sich be—⸗ reit, nichts zu unternehmen, bis es sich entschieden habe, ob die amerikanische Friedenskommission dem Beschlußantrage des Senate, demzufolge die amerikanische Friedens kommission alles unternehmen soll, damit Valera, Griffes und Plunkett von der Pariser Konferenz verhört werden, Folge geben werde. Sei dies gesichert und werde die irische Republik von den Mächten anerkannt, dann sei das Werk der amerikanischen Iren zu Ende. Werde jedoch der Antrag des amerikanischen Senats verworfen, so werden die amerikanischen Iren mit ganzer Kraft darauf hinwirken, daß der Fall Irlands vor der gesamten Friedenskonferenz zur Sprache kommt.

In der vorgestrigen Kammersitzung stand die Inter pellation des Abgeordneten Kerguezec über die Kolitik der französischen Regierung im Orient auf der Tages— ordnung.

Laut Bericht des ‚Wolffschen Telegraphenbüros“ führte Kergueʒzec aus, daß die Autschüsse der Kammer die Regierung schon seit langem vor einer militärischen Intervention in. Rußland gewarnt hätten. Bereits im Jebruar habe der Kriegsmarineausschuß auf Grund zu— verlässiger Berichte gefordert, daß unnötig gewordene Schiffsein— heiten entwaffnet und ihre Befatzungen freigelassen würden. Statt dessen habe nian neue Schiffe ausgerüstet und sämtliche Offiziere und PMiatrosen auf ihren Posten belassen. Gewisse Matrosen hätten zweieinhalb Jahre lang teinen Urlaub gehabt. Erst als am 17. April auf französiscken Kriegsschiffen vor Odessa gemeutert wurde, habe man sich entschlossen, das Marineprogramm abzuändern, und am J. Juni sei erst die Entscheidung gefallen und ein neues Programm aufgestellt worden. Alle Schritte, die man vorher bei Clemenceau unternommen hätte, seien auf Versländnislosigkeit und Irenie ge⸗ stoßen. Es sei nicht verwunderlich, daß die Matrosen über die lange, ununterbrochene Dienstzeit verstunmt gewesen seien. Aber viel schlimmer als alles dieses hätten die unerhörten Zustände, welche unter den französischen Orienttruppen herrschten, auf Matiosen und Soldaten eingewirkt. Kerguezer erzählt sodann, was er auf seiner Kontrollreise im Orient gesehen hat. Aus dem Orient heimgekehrte Franzosen seien in Tarent in kläglichstem Zustand an— gelangt. In Korfu und Saloniti herrsche größtes Glend, Ent— mutigung und böchste Unzufriedenheit, bei den Mannschaften. Die hygienischen Zustände seien unbeschreiblich. Trotz der Tvphusepidemie an Bord eines Dampfers habe man französische Soldaten auf den Dampfer verladen. Die Lage der französischen Orientarmee selbe⸗ sei nicht besser als die Lage in den einzelnen Lagern. Die Ein— heiten seien überall zersplittert und schlecht versorgt. Die Zustände in der Krim seien unbeschreiblich. Man hätte die Krim mit zwei— oder dreitausend Mann halten können. Es war aber unter den ob⸗ wagltenden Verhältnissen unmöglich, der vordringenden Armee Gregoriew Widerstand zu leisten. Die Räumung Odessas sei in größter Unordnung und Verwirrung erfolgt. Die Meutereien auf den französischen Kriegsschiffen hatten keinen bolschewistischen Charakter Sie . auf allgemeine Neurose infolge, Ueberarbeitung und Ueberanstrengung der Mannschaften zurückzuführen. Offiziere seien nicht belästigt worden. Die Verantwortung für die Vorgänge trügen diejenigen, welche die Truppen nach Rußland geschickt hätten, ohne daß Hoffnung auf Sieg bestanden hätte. Es sei unverständlich, doß man gegen die Matrosen in Odessa unerbittlich vorgehen wolle, wahrend man die eigentlich Verantwortlichen nicht strafe. Fehler dürfe man nicht decken. Einer Regierung, die Frantreich durch ihre Unsähigkeit nach Sebastopol und Odessa geführt habe, dürfe man nicht Vertrauen schenken. Kerguezec erwähnte noch, daß auch

in Rumänien unhaltbare Zustände herrschten. Die von Frankreich

dort betriebene Politik nicht. Engländer und reichs zu setzen, inden Krafte. ü machen.

In der Besprechung der Interpallatlon erklärte der Abgeordnete Laf ont: Die frantösische Politik im Orient sei verbrecherisch. Von

den französischen M

getrieben worden. Der französische Soldat aber wollQe sich nicht zum Polizeispitzel hergeben. Aus welchem Rechte sesen franzöfische Truppen denn in Nüßland? i

werden? Das 21. 265. Infanterieregiment

schieren. Verbände von Genietruppen seien mit Waffen und Gepäck zu den Bolschewisten übergegangen. Der französische Soldat sei nicht feige, er sei bereit, für die gerechte Sache zu kämpfen und zu fallen,

nicht aber für eine unz die Ausschweifungen de

n,. 6 4 5 8 . h 7

Rußland müsse hon Frankreich geräumt werken. „Wir haben es satt“, erklãrte Lafont, „wir wollen uns nich reaktionärer Umtriebe machen lassen.“

Die Weiterberat vertagt.

Die Streiklage hat sich wieder zugespitzt. Die Pariser Morgenhlätter melden, daß der Verband der Bergleute beschlossen hat, am 16. Juni in ganz Frankreich

den Generalstreit

die Vorlage über die Einführung des Achtstundenia ĩ le C 1 h ntages in den Bergwerken mit Abänderungen angenommen hat, von denen

die Bergleute nichis

daß die achtstündige Arbeitszeit von der Einfahrt det ersten Bergmanns der ganzen Schicht an bis zur Ausfahrt des letzten Bergmanns der ganzen Schicht gerechnet werde, wie

die Kammer es in

Der Verband der Seelen e beschloß gleichfalls, am 16. Juni, den Generalstreik zu beginnen, falls hei n e, bis zu diesem Zeitpuntt nicht aänzlich Kewilligt sciern Der Verwaltungausschuß der G 6neè rale du Travail wendet sich in einem Aufruf an die Oeffentlichkeit, um ihr gegenüber die Arbeiterschaft

vor Verdächtigungen Die Lebensleurung

freiheit beschränken, und auf Schleichhandel zurückzuführen, und die

Regierung müsfe unbedt werde das Land in den

werden. Die Oeffentlichkest müsse wissen, daß Streiks nur Kund— gebungen allgemeiner Unzufriedenheit seien, an welchen die Regierung und, das Parlament jchustig eien. ; j handeln. Sei sie durch besendere Interessen gebunden? Besitze sie etwa keinerlei Auffaffung von dem allgemeinen Interesse? Werde sie der Unordnung und der Spekulation ft uern!? Die Confèdergtion stelle diese Tatsachen genan sog fest, wie sie die Veraniwortlichkeit der Regierung am drohenden Generalstreik der Bergleute sestfielle.

Nach Meldungen der Minister des Aen

meldeten Erklärung in der Kammer unter anderem noch: Die Sche! de sei talsächlich ein belgischer Fluß, da er aus—

schließlich belgischen Int freie Verfügung über de übung der Souperänit und den Kanal von

bänge auch von den Verbindungen mit den Rbein, und Mags—

gebieten ab, die durch

859 don Belgien losgeirennt, wurde, behindert würden. ie Lage von Holländisch-Limburg ermögliche einer durch Limburg gehenden dentschen Armee, die belgische Armee von ihrem Stützpunkt abzu⸗ schneiden. Hiergegen müßten Maßregela getroffen wercen. Er habe nicht versucht, eine Lösung dorzuschlagen, sondein nur zwei Fragen ge— stellt, mit dem Eisuchen, sie einer Kommission der Konferenz vorzu—

legen, und zwar, ob die

pon 1839 ins Leben gerufenen Verhältnisse genügend verteidigt werden

könne, und ob die Schel ausreichend verteidigt we

teidigung nicht auf den ganzen Lauf des Flusses stützen könnte.

Hymanz ersuchte,

in der holländischen Kammer noch keine stattgefunden habe und belgische Interessen w adurch geschädigt werden könnten.

Der finnische Minister des Auswärtigen Ehrnroth hat

durch Funkspruch auf

des Wolffschen Telegrophenbüros geamwortet:

Die bolschewistische

den bolschewistischen Horden verübten bestialischen Grausamkeiten hätten die finnische Jugend veranlaßt, ihr Leben für die Befreiung

der finnischen Völker in Truppen hätten unange truppen abgefeuert

versammlung mit Waffengewalt aufgelsst und Mitbürger lediglich wegen ihrer volitischen Ansichten festgenommen und gemordet habe,

habe kein Recht, im Na sprechen, sie vertrete

Ueberdrüssig, mit einer darin zu bessehen schei

richtige die finnische . die Räteregierung., daß sie sich für berechtigt halte, ohne vor

greifen, die notwendig erschienen, um die russische Räteregierung zur

Vernunft zu bringen. Der „Berlingele

zwischen Rußland

Ost grenze Kriegs

Schützengräben und ziehen immer mehr Truppen mit Artillerse an der Grenze zusammen. Sie fallen in Finnland ein und

brennen Dörfer niede

wiken die finnische Grenze, wurden a, von der Grenzwache

zurückgetrieben. Man

ruhr in Finnland hervorrufen wollen.

I

. Das „Reutersche Büro“ ersährt, daß bisher auf die

dem Emir, von Afghanistan vorgeschlagenen Waffen⸗ stillstandsbedingungen keine Antwort erfolgt ist; die Anzeichen mehren sich ständig, daß der Emir enge Beziehungen zu den russischen Bolschewisten aufnimmt.

Rumänien müsse jetzt mit ihnen verhandeln und Geschafte

entspreche dem Interesse Frankreichs durckaus

Ameiikaner suchten sich dort an Stelle Frank⸗ n sie erklärten, Frankreich fei am Ende seiner

ilitärs sei dort die reaktionärste Politik

land? Warum müsse Cherson geräumt Kolonialregiment in Archangelsk und das in Tiraspol hätten sich geweigert zu mar—

usammenhängende französische Politik oder für r französischen Offiztere oder Konsulatsagenten.

nicht zu Werkzeugen monarchistischer

ung der Interpellationen wurde auf heute

zu beginnen, weil die französische Kammer

wissen wollen. Die Bergleute verlangen,

der ersten Lesung angenommen hatte.

Confédération

zu verteidigen. Der Aufruf erklär: sei auf Kriegs maßnahmen, die die Handels⸗ ugt sfortge wirksame Abhilfe schaffen, sonst

Abgrund und zu Gewalttätigkeiten getrieben

Die Regierung wolle nicht

Belgien.

des, Wolffschen Telegraphenbürog“ sagte ßern Hymans in seiner bereits kurz ge⸗

eressen diene. Belgien verlange deshalb die n Fluß im Kriege und im Frieden nebst Aus— ätsrechte über die Schelde, ihre Gebiete Terneuzen. Die Wehljahrt Antwerpens

Limburg, das durch den Vertrag von

Maaglinie angesichts der durch die Verträge

de⸗Linie, die Hauptverteidigungslinie Belgiens, rden könne, wenn Belgien sich bei der Ber—

keine Aussprache zu eröfsnen, da auch

Finnland.

eine Note Tschitscherins laut Meldung Note sei wie gewöhnlich lügenhaft. Die von Rußland zu wagen. Die finnischen regulären

griffen nicht einen Schuß gegen die Räte⸗ Die Näteregierung, die die Natsonal—

men der russischen Arbeiter und Bauern zu den verabscheuungswürdigsten Despotismus. Megierung zu unterhan deln, deren Prinzip ne, das gegebene Wort zu brechen, benach—

erige Ankündigung die Maßnahmen zu er— Tidende“ zufolge herrscht tatsächlich

und Finnland an der finnischen zustand. Die Bolschewiken graben

. Pfingsten überschritten 500 Bolsche—⸗

glaubt, daß sie einen neuen roten Auf⸗

A flen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Verfassungtausschuß der deutschen National⸗ versamm lung ist nach einer Meldung von „W. T. B. auf

Montag, den 16. Jun einberufen worden.

i, 10 Uhr Vormittags, nach Weimar

Statistik und Bolkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die, Mehrheit des Fahrperfonals der Großen Berliner Straßenbahn hat sich, hiesigen Blättern zufolge, entgegen der Meldung des Berliner Organs der Unabhängigen „Die Freiheit! gestern dahin entschieden, daß die Arbeit aus Anlaß der Beerdigung der Leiche der Frau Rosa Luxemburg nicht ruhen soll. In der An⸗ gelegenbeit der Beiriebsruhe der Gisenbahner an Aas stan dstagen teilt das Ministerium der 5 ffentlichen Arbeiten durch . W. T. B.“ folgendes mit: Die Erklärung des Eisenbahnbeamtenbundeß und der Eisenbahndirektion Berlin über die Notwendigkeit, den Verkehr der Stadt., Ring und Vorortbahnen einzustellen, wenn sich Straßenbahnen, Omnibus und Untergrundbahnen an einem General⸗ streit beteiligen sollten, ist mißverstanden worden. Bei allen bis- herigen Berliner Generalstretks ift allein der Cfsenbahnverkehr innerhalb Groß Berlins aufrecht erhalten worden. Dies ist lediglich infolge des pflichttreuen Verhaltens der Beamten möglich gewesen, die eine erhebliche Mehrarbeit übernehmen mußten, weil auch die Mehrzahl der Eisenbahnarbeiter sich am Streik be“ teiligte. Hu diesen Mehrleistungen sind die Beamten auch künftig bereit. Aber infolge des Versagens aller anderen Verkehrsmittel wurden die Züge vom Publikum so gestürmt, daß schwere Gefährdungen unvermeid⸗ lich waren; vor allem wurden sogar die Lokomotiven innen und außen vom Publikum derart besetzt, daß die Führer die Streckensignale nicht mehr ausreichend beobachten und die Maschinen nicht mehr ungestört bedienen tonnten. Diese Zustände sind für die Beamten unerträglich, denen bei jedem Unfalle die strengen Strafen des Strafgesetz⸗ buches drohen. Diese Verantwortung kann ihnen niemand gbnehmen. Aus diesem Grunde hat die Verwaltung dem Wunsche ihrer Beamten, den Eisenbahnverkehr bei sinem st waigen Streik gelegentlich der Beerdigung der Rosa Luxemburg stillzule gen, stattgegeben. Es wäre falsch, deshalb anzunehmen, daß die Beamten sich am Streik be— teiligten; sie haben sich ausdrücklich bereit erklärt, während dieser Zeit an der Bedienung des Fernverkehrs und Gäterzugverkehrs mit⸗ zuarbeiten.

In Mem el sind, wie das, Memeler Dampfboot“ meldet, seit Dienstag sämtliche Hafenarbeiter ausständi g. Es handelt sich um einen sogenannten „wilden Streik“, der unter Bruch des erst vor sechs Wochen abgeschlossenen Tarifvertrags ohne Billigung der Gewerkschaften erfolgte. Die Arbeiter waren am Dienstag zur Arbeit erschienen, legten jedoch bald darauf, veranlaßt durch aus⸗ wärtige Aufwiegler, die von Schiff zu Schiff gingen, die Arbeit

niezer. Die Ausständigen verlangen Lohnerhöhungen. Wohlfahrtspflege.

die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen“

Die Kinder werden für sechs Wochen in Adelboden im Berner Oberland in einer Reihe zusammenliegender Heime unter— gebracht werden. Der Sonderzug wird am übernächsten Morgen in Luzern eintreffen. Für die Verpflegung unterwegs ist in jeder Beziehung Vorsorge getroften, und guch am Bestimmungsort ist für die Beköstigung in reichlichstem Maße gesorgt. Der Wirt besitzt eigene Landwirtschaft und größeren Viehbestand, so daß ihm Milch, Käse, Fett und Fleisch genügend zur Verfügung steht. Die Mahlzeiten sind im voraus festgelegt und reichlich bemessen; es wird z. B. jedes Kind täglich J Liter Milch und fünfmal in der Woche Fleisch erhalten. Für die Beaufsichtigung und das Begleitpersonal ist eben⸗ falls in gewissenhaftester Weise gesorgt. Die Leitung ist einer bereits praktisch erfahrenen Dame übertragen, und die Gruppenführer, zu denen Krankenpflegerinnen, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen, Lehrerinnen, Schwestern und Berufsvormünder gehören, find mit befonderer Sorgfalt ausgewählt. Die Trar porte werden an der Grenze von einem Vertreter der Zentralstelle, der in der Schweiz die Unterbringung der deutschen Kinder regelt, in Empfang genommen und bis an ihren Bestim— mungsort geleitet. Alle Bedingungen für einen glücklichen und er folgreichen Verlauf sind demnach geschaffen; möge den Kindern reich e Erholung zuteil werden.

Kunst und Wissenschaft.

Bei der in Stuttgart unter starker Teilnahme von Ver— tretern von Behörden, von Handel und Industrie aus dem ganzen Neiche abgehaltenen Tagung des Deutfchen Ausla'nd'ez. instituts wurde, wie W. T. B.“ meldet, zum Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats der Universitätsprofessor Geheimer Rat Dr. Götz⸗Leipzig gewählt, zu seinem Stellpertreter Professor Dr. Sauer Stuttgart, zu Schriftführern Prosessor Dr. Sapher Würzburg und Professor Dr. Maas Berlin. Nikolassee. Ausschuß und Ver— waltungsrat tagten unter ihrem Voisitzenden, dem Herzoge von Urach. Im Anschluß an die Tagungen sprachen vor geladenen Gästen in vertraulichen Ausführungen. die Geheimen Legationgräte Schüler und Professor Dr. Wiedenfeld Berlin über die Maß⸗ nahmen zur Förderung des Außenhandels in intereffanten Ausführungen, an die sich in den Räumen des Instituts im Neuen Schloß bei einem geselligen Beisammensein noch Besprechungen anschlossen. Nach der Tagung des Ausschusses sprach der Vorsitzende des Reichs⸗ wanderungsamts Geheimrat Dr. Jung-⸗-Berlin über die Aus— wanderungeftage. Der württembergische Kultusminister Heymann hetonte, die Auswanderung müsse auch durch Ueberwindung des engen Klassen standpunktes im Innern, der unsere Produktion behindere, möglichst eingeschränlt werden. An den Reichspraäͤsidenten Eber! und den Staats präsidenten Blos wurden Telegramme gesandt. Den Abschluß der Tagung bildete ein Vortragsabend, an dem Geheimer Rat Prof. Dr. Götz⸗-Leipzig über Kultur und Aus landdeutschtum, Piof. Dr. von Blum e-⸗Tübingen über Völkerbund und Auslanddeutschtum, Generalsekretär Dr. Werth eimer über Heimat und Aus landdeutschtum sprachen. Das Institut hat Ende Mai die ihm von der württem— bergischen Regierung in Würdigung seiner gemeinnützigen Arbeit im Nordflügel des Neuen Schlosses zur Verfügung gestellten Räume bezegen. So sind jetzt die sämtlichen Abteilungen des Instituts, Bibliothek, Archive, Aus kunst⸗ und Stellenvermittlung und Geschäfts— stelle zusammengelegt. Auch für die weitere Entwicklung des Instituts ist Spielraum gegeben. Die Anschrift (auch für die Anspruchnahme der Stellenvermittlung und für die Kartothek der Auslanddeutschen) lautet jetzt: Deutsches Auslandsinstitut, Stuttgart, Reues Schloß.

Literatur.

, Die russische Frübjabrsoffensive 1916. Unter Benutzung amtlicher Quellen bearbeitet von Dr. Walter Fler, Leutnant, der Reserve des Insanterieregsments 151. (Der große Krieg in Ginzeldarstellungen Heft 31) Verlag von Gerhard Stalling. Aldenburg i. Gr. (Preis 240 A) Nach dem deutschen Vormarsch durch Polen, und Litauen im Oktober 1955 war der Krieg im Osten wieder zum Stellungskampfe er⸗ starrt. Obwohl der Russe ein gewastiges Ländergeblet mit einem mächtigen Festungsgürtel eingebüßt und sehr empfindliche Verluste an Menschen und Material erlitten hatte, war es ihm doch Gelungen, die Masse seiner wieder und wieder geschlagenen Armeen zu retten. Unablässig war nach der vorliegenden Darstellung die russische Heeresleitung während des Winters bemüht, diefe Armeen wieder auszu— füllen und zu reorganisieren, um sich aus ihnen ein Werkzeug der Rache zu schmieden und den Feind von dem heiligen Boden Rußland zu vertreiben. Ihre Angriffsabsichten richteten sich egen die Armee

des Generalobersten von Eichhorn, und zwar gegen das XXI. Korps,

das unter dem Generalleutnant ven Hulier die Front zwischen dem

Wiszniewsee und det Komaila nördlich Postawy verteidigte. Es galt für. den russischen Hettführer, diese Front mit un⸗ widerstehlicher Wucht zu duichstoßen, um das wichtige Wilna zu gewinnen und das Aufrollen der von den Generalen von Scholtz und von Belom verteidigten Dünaburger und Rigaer Front zu ermöglichen. Packend schildert der Verfasser die furchtbaren Kämpfe und was der deutsche Musketier in den Sumpf⸗ gräben zwischen den Bächen in Nebeltagen und Fiostnächten an schweigsamem Heldentum leistete. Daß es gelang, dlesen gewaltigen Stoß abzuwehren, war in seiner Auswirkung ron grundlegender Be— deutung für die Gesamtkriegslage und ist eine Nuhmestat der an diesen Kämpfen beteiligten deutschen Führer und Truppen. Der durch Karten und Stizzen erläuterten Darstellung ist weiteste Verbreitung zu wünschen.

Gesundheitswesen, Tierlraukheiten und Absperrungs⸗ maßregeln. Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Deutsch-Ssterreich am 28. Mai 1919. (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)

ö. Schwein Rotlauf n . Rotz . e m m 2 seuche seuche) Schweine 5 Dahl p ver P ' * 11 4 Zabl der verseuchten 8 . 8 S8 85 63 * D * 2 65 * * 8 *. SI J 3 3 3 2 8 58 e , 11 2 1 5 713 9110 11Miederseneli—. , 1 1 22 . w 8 3 ö w 6883 ö 414 ö ... ——— 46 5 1 Oberssterreich ..... 11— —— 2 2 6 2 2 ..... —— 2 2 713 ‚. .. —— 4 4— 8 Salzburg.... ..... —— 33 85 / . 3 1112 ö 112 34 , / . 181 2 k 18 1 Tirol.... .... 3 6 1 11 1 1— 1 260 mn nne, ——1 2 858

„Die periodische Nachweisung über den Stand von Vieh seuchen sst für Ungarn seit dem 23. Juli und für Kroatien-Slavonien feit dem 17. Juli 1918 in der bisherigen Ausfertigung ungarsch⸗deutsch nicht eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die übrigen öster⸗ teichlschen Länder. Zusammen Gemeinden (Gehöfte):

Rotz 5 (8), Maul⸗ und Klauenseuche I (209), Schweinepest (Schweineseuche) 14 (16), Rotlauf der Schweine 28 (32).

Außerdem Pockenseuche der Schafe im Sperrgebiete Nr. 5 in 2 Gemeinden und 2 Gehöften.

Lungenseuche des Rindviehs und Beschälseuche der Zuchtpferde sind nicht aufgetreten.

Verkehrswesen.

Nach Riga werden gewöhnliche und eingeschriebene offene Briefsen dungen jeder Art und Zeitungen auf Gefahr des Ab- senderß zur Beförderung angenommen. Die Sendungen sind nach

den Sätzen des Weltpostverkehrs freizumachen.

ö Theater und Musik.

Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, ‚Martha“ mit den Damen Engell, Leisner und den Herren Hutt, Stock, Bachmann, Krasa in den Hauptrollen gegeben. Musikalischer Leiter ist Dr. Kail Besl. Anfang 7 Uhr.

Im Schauspielhause wird morgen „Coriolan“ in der be⸗ kannten Besetzung unter der Spielleitung Dr. Reinhard Brucks wiederholt. Anfang 7 Uhr.

Die Wiedereröffnung des Harzer Bergtheaters findet nach mehrjähriger Pause in diesem Sommer unter der Leitung des Potsdamer Dramaturgen Heinz Schwamborn staͤtt. Der Spiel plan, der ein Gradmesser der dramatischen Kunst unserer Tage sein soll, verzeichnet an Uraufführungen: Curt Hotzels „Albuin und Rosimund', Franz Herwigs „Herrn Karls Schwert“, Dr.

H. Lilienfeins Hildebrand“, Hermann Kiehnes „Pfalz⸗ graf, Richard Elsners „Frithjof. „Octavio“ und „Toten—⸗ sonntag“', Einst Wachlers Verjüngte Welt“, „Fahrenkrogs

„Schuld und Schicksal!. Hölderlins „Tod des Empedoklez“ und Ernsts -Brunhild“. An weiteren Ausführungen sind außerdem zu nennen: Shakespeares „Edelleute von Verona“, Eulenbergs „Alles um Liebe“, „Ritter Blaubart“, Gerhart Hauptmanns ‚„Versunkene Glocke“, „Schluck und Jau“, Richard von Kraliks „Rolands Knappen“, Ibsens „Fest auf Solhaug“, „‚Nordische Heerfahrt“, Kalidasas Urvasi', Wilbrandts „König Teja“, Goethes „Iphigenie“ fowie Schwänke von Hans Sachs. Auf der Innenbühne sfollen Schönagich— Farolaths „Pbilemon und Baucis“, Kleists „Zerbrochener Krug“, Gellerts „Sylvia“, Goethes „Geschwister“ und „Laune des Ver⸗ liebten! gespielt werden. Näheres über den Beginn der Vorstellungen usfw. wird durch das Büro des Harzer Bergtheaters noch bekannt— gegeben werden.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Berliner Stadt verordneten stand der Bericht des vorberatenden Ausschusses über die Vorlage, betreffend die ö e der Büro⸗ (Kanzlei⸗) Älfskräfte, die Erhöhung der laufenden Beihilfe an die städtichen Supernumerare und Zahlung einer Ent schuldungssumme an Begmte, Festangestellte und Lehrer auf der Tagesordnung. Der Ausschuß empfahl folgende Entschließung zur ÄAnnabme: Der am 30. April 1919 gefällte Schiedsspruch des Schlichtungs— ausschusses in der Gehaltsfrage der Bürohilsekräfte hat die fläbtischen Behörden in eine Zwangsiage gebracht, die in ihrer Konsequenz zu erheblicher finanzieller Belastung geführt und das Selbft' bestimmungsrecht der Stadt in Frage gestellt hat. Dieser Schiedsspruch hat aber guch zu einem Mißverhält⸗ nisse der Besoldungskerhältnisse zwischen Festangessellten und Vilfslräften geführt. ÜUm diese auszugleichen, ersucht die Versammlung den Magistrat: 1) mit tunlichster Beschleunigung eine Vorlage betr. die Neuordnung der Gehälter und Löhne der icr che Beamten, Lehrer, Angestellten und Arbeiter einzubringen, 2) hierbei laufende Teuerungszulagen für, die Dauer der wirtschaftlichen Notverhältnisse vorjzusehen, 3) eine Einigung über diese beiden Punkte mit den Vor— orten herbeisuführen. Ferner ersucht die Versammlung den Magistrat, die Bezüge der Supernumerare auf 200 46 monatlich zu erhöhen.“ Schließlich beantragte der Ausschuß; „Die Verfammlung wolle be⸗