lerten Mächte, daß die durch den Krieg entfesselten Leidenschaften so⸗ bald wie möglich erlöschen und daß alle Nationen an dem Wohlstande teilhaben, der aus dem Verkehr entsteht, wo jeder ehrlich den Wünschen des anderen entgegenkommt. Sie wünschen, daß Deutschland wie die anderen Nationen diesen Wohlstand genieße; aber ein beträchtlicher Teil wird für viele Jahre dazu dienen müssen, bei den Nachbarn die Schäden wieder gut zu machen, die Deutschland verursacht hat. Um ihre Absichten klarer zu stellen, haben die alliierten und assoziierten Mächte eine Anzahl der finanziellen und wirtschaftlichen Klauseln des Vertrages verändert; aber die Grundsätze, auf denen der Vertrag be— ruht, werden nicht berührt.
V. Die deutsche Delegation befindet sich in großem Irrtum über den die Wiedergutmachungen betreffenden Vorschlag des Friedensvertrages. Dieser Vorschlag begrenzt die von Deutschland zahlbare Summe auf den Betrag, der sich klar und deutlich rechtfertigt aus den Bestimmungen des Waffenstillstandsvertrages, soweit er den der Zivilbevölkerung der Alliierten durch den Angriff (agression) Deutschlands zugefügten Schaden betrifft. Er bedeutet keineswegs eine Cinmischung der Wiedergutmachungskommission in die inneren Verhältnisse Deutschlands, so wie es ihm die deutsche Denkschrift unterschiebt.
Er bezweckt, den beiden Teilen die Bezahlung der Wiedergut⸗ machungen, welche Deutschland obliegen, so leicht wie möglich zu machen; so muß er aufgefaßt werden. Die alliierten und assoziierten Mächte sind infolgedeffen nicht geneigt, eine Aenderung vorzunehmen.
Aber sie erkennen wie die deutsche Delegation die Vorteile an, sobald wie möglich die bestimmte Summe zu kennen, welche Deutsch⸗ land zahlen muß und welche für die Alliierten annehmbar ist. Es ist nicht möglich, diese Summe heut festzusetzen, denn das Ausmaß des Schadens und die Kosten der Wiedergutmachung haben noch nicht fest— gesetzt werden können. Infolgedessen willigen die alliierten und asso⸗
zierten Mächte ein, Deutschland alle notwendigen und vernünftigen Erleichterungen zu gewähren, um ihm zu gestatten, sich ein Gesamtbild von den Verwüstungen und Schäden zu machen, und innerhalb 4 Mo⸗ naten vom Tage der Zeichnung des Vertrages Vorschläge für die Rege⸗ lung der Ansprüche zu unterbreiten, die jeder der Kategorien von Schäden entsprechen, für die es verantwortlich ist. Wenn man inner— halb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages zu einem Uebereinkommen gelangen kann, so wird die genaue pekuniäre Ver— antwortlichkeit Deutschlands auf diese Weise festgestellt werden. Wenn eine Vereinbarung in dieser Zeit nicht zustande kommt, so wird die durch den Vertrag vorgesehene Regelung in Kraft treten.
VI. Die alliierten und assozüierten Mächte haben den Wunsch der deutschen Delegation, Deutschland sofort in den Völkerbund aufzunehmen, sorgfältig geprüft. Sie können diesem Wunsche nicht beitreten.
Die deutsche Revolution ist bis zu den letzten Augenblicken des Krieges hingézogen worden. Bis jetzt haben die allijerten und assoziierten Mächte keine Garantie dafür, daß diese Revolution einen dauerhaften Wechsel bedeutet. Bei dem augenblicklichen Stande der internationalen öffentlichen Meinung ist es unmöglich, von den freien Nationen der Welt zu erwarten, daß . sich sosort und auf gleichem Fuße mit denjenigen vereinigen, die ihnen so schweres Unrecht getan haben. Jeder Versuch, dieses Resultat vorzeitig zu erreichen, würde die von allen erhoffte Beruhigung verzögern, anstatt zu beschleunigen. Aber die alliierten und assoziierten Mächte glauben, daß, wenn das deutsche Volk durch die Tat seinen Wunsch, den Friedensbedingungen zu genügen, zeigt und auf immer auf die aggressive Politik, welche ihm den Rest der Welt entfremdet hat und welche der Grund des Krieges gewesen ist, verzichtet, und wenn es seine Umwandlung in ein Volk, mit dem man in guter Nachbarschaft und in gutem Einver⸗ nehmen leben kann, beweist, dann wird die Erinnerung an die letzten Jahre sich schnell auswischen, und es wird möglich sein, in einer nicht fernen Zukunft den Völkerbund durch Aufnahme Deutschlands zu ergänzen. Die alliierten und gssoziierten Mächte wünschen auf⸗ richtig, daß dem so sein möge. Sie glauben, daß die Zukunft der Menschheit von der engeren freundschaftlichen Zusammenarbeit aller Nationen abhängt, um die internationalen Fragen zu regeln und alles das zu begünstigen, was das Wohl und den Nutzen der Menschheit berührt. Aber hauptsächlich von der Haltung des deutschen Volkes selbst wird es abhängen, das Datum seines Eintritts in den Völker— bund in größere Nähe zu rücken.
VII. Im Laufe der Erörterung der wirtschaftlichen Bestimmungen und an anderer Stelle hat die deutsche Delegation ihre Anklagen gegen die von den alliierten und assoziierten Regierungen auferlegte
zlockade erneuert. Die Blockade ist und war stets eine recht—
mäßige und anerkannte Kriegsmaßnahme; ihre Ausführung hat sich in den hHerschiedenen Epochen jeweils den Veränderungen des inter⸗ nationglen Verkehrs angepaßt.
Wenn die alliierten und assoziierten Mächte Deutschland eine Blockade von ungewohnter Strenge auferlegt haben, die sie sich ständig bemüht haben, den Prinzipien des internationalen Rechtes anzupassen, so geschah es infolge des verbrecherischen Charakters des von Deutsch— land unternommenen Krieges und zer barbarischen Methoden, die es im Laufe dieses Krieges angewandt hat.
Andrerseits haben es die alliierten und assozijerten Mächte nicht für nötig gehalten, die Behauptungen der deutschen Note Pünkt für Punkt zu erwidern. Die Tatsache, daß dergestalt einige Bemerkungen mit Schweigen übergangen sind, bedeutet nicht, daß sie zugestanden sind oder den Gegenstand späterer Erörterungen bilden können.
VIII. Zum Schluß müssen die allijörten und assoziierten Mächte flar feststellen, daß diese Note und die ihm beigefügte Denkschrift ihr letztes Wort bedeuten. Sie haben die deutschen Vorschläge und Gegenvorschläge mit Sorgfalt und ernster Aufmerksamkeit geprüft; sie habn auf Grund dieser Prüfung bedeutende Konzessionen in der prak⸗ tischen Anwendung gewährt.
Was aber die Grundlinien angeht, so beharren sie bei dem Ver⸗ trage. Sie glauben, daß dieser Vertrag nicht nur eine gerechte Rege⸗ lung des großen Krieges darstellt, sordern auch die Grundlage schafft, auf der die Völker Europas auf dem Fuße der Freundschaft und Gleich⸗ heit miteinander leben können. Gleichzeitig schafft der Vertrag das not⸗ wendige Organ, um auf friedliche Weise alle internationalen Probleme auf dem Wege der Besprechung und Verständigung zu regeln und die Mittel zu finden, die Regelung des Jahres 1919 selbst von Zeit zu Zeit abzuändern, indem es sie neuen Tatsachen und neuen Verhältnissen anpaßt, je nachdem sie vorliegen werden. Die Regelung beruht allerdings nicht auf einer allgemeinen Absosution für die Ereignisse der Jahre 1914
bis 1918, denn sonst wäre es nicht ein Friede der Gerechtigkeit. Aber
sie stellt einen aufrichtigen und durchdachten Versuch dar zur Herbei— führung „jener Herrschaft des Rechtes, die auf der Zustimmung der
Beherrschten berüht und durch Fie organisierte Meinung der Menschheit
gestützt wird“, die als Grundlage für den Frieden vereinbart worden ist. Als ein solcher muß er in der heute vorliegenden Formulierung angenommen oder abgelehnt werden. Infolgedessen erwarten die ver⸗ bündeten und assozierten Mächte von der deutschen Delegation inner⸗ halb von fünf Tagen, vom Tage der gegenwärtigen Mitteilung gerechnet, eine Erklärung, die ihnen zu erkennen gibt, daß sie bereit ist, den Vertrag, so wie er heute ist, zu unterzeichnen. Falls die deutsche Delegation innerhalb der angegöbenen Frist- erklärt, daß sie bereit ist, den Vertrag so, wie er heute ist, zu unterzeichnen, so werden die Dis⸗ positionen für die sofortige Unterzeichnung des Friedens in Versailles getroffen werden. Mangels einer solchen Erklärung stellt die gegenwärtige Miktellung die Ankündigung dar, die in Artikel 2 der Konbention vom 165. Februar 1919 vorgesehen ist, durch die der am II. November 1918 abgeschlossene und durch die Konventionen vom 153. Dezember 1918 und 16. Januar 99 verlängerte Waffenstil!⸗ stand weiter verlängert wurde. Es wird infolgedessen der gedachte Waffenstillstand beendet werden, und die verbündeten und assoziierten Mächte werben diejenigen Maßnahmen ergreifen, die sie für notwendig erachten werden, um ihre Bedingungen aufzuerlegen. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Varsicherung meiner aus— gezeichneten Hachachtung. ; GECElemenceau.
Nich lamtliches
Württemberg.
Der Landtag hat laut Meldung des Wolffschen Telegraphen⸗ büros am 13. Juni mit allen Stimmen, auch denen der Unab⸗ hängigen sozialistischen Partei, beschlossen, das württembergische Staateministerium möge bei der Reichsregierung beantragen, an der Ablehnung des Artikels 353 der Friedensbedingungen, betreffend den künftigen Rhein⸗Donau Kanal, festzuhalten und unter allen Umständen die Mitwirkung Württem⸗ beras an der Entscheidung über die Verbindung der beider Flüsse zu sichern. Begründet ist dieses Vorgehen in dem An⸗ sinnen unserer Feinde, den Bau des Rhein⸗Donau⸗Kanals auf deutsche Koasten nach den Plänen der Entente verlangen zu können und den fertigen Kanal sodann unter Verletzung der Gebietshoheit der Gesetzgebung und Verwaltung der inter⸗ nationalen Rheinschiffahrtskommission zu unterstellen.
Desterreich.
Der deuisch⸗österreichische Staatskanzler Renner hat nach einer Meldung des Telegraphen⸗Korrespondenzbüros der Friedeng— konferenz eine Note übersandt, durch die eine von der Abord⸗ nung der deutschen Sudetenländer ausgearbeitete Den k— schrift vorgelegt und eingeleitet wird. Die von den Vertretern der deutschen Gebiete in Böhmen, Mähren und Schlesien an den Kongreß gerichtete Denkschrift tut, das Unrecht dar, das burch die vorgeschlagenen Friebensbedingungen 3!“ Millionen Deutsch⸗Oesterreichern droht.
Die Begleitnote setzt auseinander, wie schwer das Unrecht ist, das die Entente an Rm deutschen Volke der Sudetenländer und an den Deutschen Oesterreichs begeht, indem sie, was Deutsche und Tschechen betcifft, zwei zu unaufhörlicher gegenseitiger Feindschaft ver— urteilte Kleinstaaten und damit einen Kriegsherd im Herzen Europas schafft, der für die Welt und ihre soziale Reborganisierung vielleicht noch verhängnisvoller werden kann als der Kriegsherd des Ballag. Diese Ueberzeugung vor allem hat der deutsch-österreichischen Bevölkerung die Parole nahegebracht: ‚„Heraus aus diesem brennenden Hause und Anschluß an dat Mutterland!“ Es wird in der Antwort daran erinnert, daß hier ein zweites doppelt so großes Elsaß⸗Loth— ringen geschaffen werden soll, das noch dazu nicht im Kiege, sondern im Zustande der Wehrlosigkeit annektiert wurde. Diese Herrschaft kann von der einen Nation niemals ertragen, von der anderen niemals wirklich ausgeübt werden und der neue Stand der Dinge ist für den Friedrn noch bedrohlicher als der alte. In der Antwort wird ferner ausgeführt, daß gergde dieses Vorgehen der Nachbarstaaten die Alpendeuifthen in den Zustand der, Hilflosigkeit und Lehensunfähigkeit versetzt hat, weil es ste ihrer wichtigsten In— dustrien und des Ursprungsgebiets ihrer wichtigste⸗ Naturprodukte be⸗ raubfe. Die gesamte Friedensdelegation ist daher mit den Verfassern der Denkschrift durchaus eines Sinnes, wenn sie die Wiederbefreinng der deutschen Gebiete in den Sudetenländern fordert und verlangt, daß je ein konstitnierender Landtag sür Deutsch⸗Böhmen und das Sudetenland nach Abzug der ischecho⸗slomakischen Truppen frei ge— wählt wird und über das Schicksal dieser Länder souperän entscheidet.
Die in der Note erwähnte Denkschrift der Vertreter der deutschen Sudetenländer unterjucht weiter die Grundlagen des Friedens und siellt fest, daß die Bedingungen betreffend die Einverleibung deutsch-österreichischer Gebiete in den ischechischen Staat im Wider⸗ spruch z den von der Entente selbstvertündeten Grundsätzen stehen. Zur Veranschaulichung der Größe der geplanten Vergewaltigung bringt die Dentschrift ausführliche statistische und eihnographische Belege und schließt: Von der Ueberzeugung ausgehend, daß die Friedenskonferenz die Aufgabe hat, auf dem Boden der ehemaligen Monarchie alle,. genau umschriebenen nationalen Ansprüche zu he⸗ sriedigen, ohne neue oder fortdauernde alte Elemente der Zwietracht und der ⸗Gegensätze einzuführen, welche geeignet wären, den Frieden zu stören, stellt die Denkschrift feierlich fest, daß der vorliegende Ver— tragsentwurf dem souperänen Willen der Sudetendeutschen absolut widerspricht und von ihnen als schweistes Unrecht empfunden wird. Sie beantiggt, die staarliche Zugehörigkeit der deuischen Sudeten gebiete durch Volksabstimmung zu entscheiden.“
Außer der Note über die Sudetenländer hat der Staats⸗ sekretär Dr. Renner der Friedengkonferenz eine weitere Note mit einer ausführlichen Denkschritt über die sonstigen Gebietsfragen Deutsch-Oesterreichs überreicht. Während die Denkschrift die Abgrenzung jedes einzelnen Landes be—⸗ handelt, faßt die Note das Staatsgebiet im ganzen zusammen.
Die Note beweist, daß die vorgeschlagene Nordgrenze nicht den Grenzen der Sprachen und Rassen folge, da sonst, der deutsche Böhmerwaldgau, Deutschböhmen und Deutschsüdmähren Deutsch⸗ Oesterreich zufallen müßten, daß sie aber auch den Rechts— grundsatz der histerischen« Grenzen verletzt, indem da und bort wichtige Stücke Niederösterreichs abgetrennt werden. Es werden darum für den Fall. daß nicht alle. Sudetendeutschen ihren frei gewählten Entschluß, dem deutsch-österreichischen Staate anzugehören, durchsetzen künnen, die Gebjete des deutschen Böhmerwaldgaues, Veuischsübböhmens und Deutschsüdmährens gefordert. Bei der Erörterung der Ost grenze wird dar— auf hingewiesen, daß der Plan, das Westufer der March, als Grenze anzunehmen, dem sonstigen Bestreben der Ententemächte, Verkehrswege mehreren Völkern zugleich zugänglich zu ingchen, wider⸗ spricht und Deutsch-Oesterreich von der Maich ausschließt. Die Leithagrenze, die längst zu einer bloß adininistrativen Scheide⸗ Unie geworden war, soll nun Auslandsgrenze werden, obwohl sie nur eine starke Kanonenschußweite von Wien,, eine Flintenschuß⸗ weite von Wiener Neustadt verläuft. Wien wurde stets aus Westungarn mit Milch und Fett und leisch versorgt, ebenso Graz. Der Entwurf stelle nun eine Verkehrsschranke wieder her, die etwa zur Zeit der Entdeckung Amerikas gefallen war. Deutsch⸗-Oesterreich habe einen geyographischen, nationalen und wirtschaftlichen Auspruch auf dag von Deutschen, besiedelte west⸗ ungarische Gebiet. Trotzdem lehne Deutsch⸗Oesterreich jede willkür⸗ liche Annexion ab, weil es wie im ganzen, so hier im einzelnen seine Sache ausschließlich auf das nationale Selbsthestimmungsrecht stelle. Es wird darum gefordert, daß diese Gebiete durch freie Volke gbstimmung selbst entscheiden sollen, ob sie zu Deutsch Oesterreich kommen sollen. . r ) ; zu und legt dar, daß Deutsch⸗Oesterreich quch im Süden kein einziges Dorf auf Grund eines geschichtlichen Vorwandes oder mit den Mitteln der Gewalt in Ansprüch genommen hat. Es hat. auch die zahlreichen jenseits des geschlossenen. Sprachgebigtes lebenden Minderheiten dem italienischen und dem südslapischen Staate unter⸗ stellt. Pafür halte Deutsch-⸗Oesterreich es nicht für unbillig, wenn im Interesse einer natürlichen geographischen. Angrenzung und im Interesse der Aufrechterhaltung großer Verkehrslinien geringe Minderheiten der Nachbarvölter, darunter nicht eine einzige Stadt mit mehr als 3900 Einwohnern, zu Deutsch-⸗Oesterreich kommen, zumal diese ladinischen und südslavischen Landesminderheiten sich unswerdeutig zu Deutsch— Desterreich bekannt haben. Hier ist ein Plebiszit gerechtfertigt, das die Mehrheit nach geographischen Gebietseinheiten zur Geltung bringt. Es wird in der Note nachgewiesen, daß die beim Reschen⸗Scheidegg ent⸗ lang der oberen Entsch, dem Gisack und der Drau im Pustertal ver— laufende wichtigste Verkehrslinie der Ostalpen zu jwei Drittel an die, füdlichen Nachbarn kommen soll, obwohl sie als Ganzes be— trachtet zu neun Zehntel von Deutschen bemohnt ist. Das Interesse Europas würde unbedingt erfordern, daß diese Talfurche einschließlich ihres südlichen Bergkammes, also bis zum Grade der Kara— wanken und des Bachergebirges als Einheit aufgefaßt und
Die Note wendet sich sodann der Südgrenze,
unter die Verwaltung des Ostalpenstaates Deutsch⸗Oesterreich ge⸗ stellt werde. Deutsch-Oesterreich hat trotzdem diese Gebiete nicht ganz in Ansrruch genommen, erwartef aber auch hier, daß der Wille des Volkes selbft durch Plebiszit der Vernunft und Zweck⸗ mäßigkeit zum Siege verhelfe. Die Note erinnert in den Schluß⸗ worten die Entente an die große Verantwortung, die ihr erwächst, wenn sie durch die Unterstellung von Millionen Deutsch⸗Oesterreichern unter fremde Hörigkeit unvermeidlichen Haß sät, und spricht die Hoffnung aus, daß der Friedenskongreß den in der Denischrift im einzelnen angeführten Anregungen Folge geben werde.
Der Denkschrift sind Sonderbeilagen angeschlossen, von denen je eine Südtirol, Kärnten, Steiermark und Westungarn betrifft.
Dem deutsch⸗österreichischen Staats amt des Aeußern ist dem „Korrespondenzbüro“ zufolge offiziell mit⸗ geteilt worden, daß das italienische Oberkommando dem Auf⸗ schub der Verminderung der Volkswehr zustimmt.
— Am Sonntag vormittag hat in Wien vor dem Rathause eine Versammlung der Kommunisten stattgesunden, deren Teilnehmer, ungefähr 6000, zum Parlament zogen, wo sich eine Abordnung zum Staatstz sekretär des Innern hegah, und dann zum Polizeigefängnis, um die Freilassung der dort inhaftierten Kommunistenführer durchzusetzen. Hierbei kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der von den Kommunisten aufgehetzten Volksmengen und der Polizei, in deren Verlauf auf Seiten der Demonstranten 14 Personen getötet und 80 verletzt wurden.
Ungarn.
Der Volkabeguftragte des Aeußern Bela Kuhn hat dem „Ungarischen Korrespondenzbüro“ zufolge von dem russischen . Tschitscherin nachslehenden Funkspruch er—
alten:
Mit Rücksicht darauf, daß beinahe in allen Ländern unsere Mit— bürger keinerlei Schutz seitens irgend einer Vertretung besitzen und überhaupt jedes Schutzes beraubt sind, haben wir die Ausländer in dieselbe Lage versetzt und gewähren ihnen keinen Schutz mehr mit Ausnahme der Bürger jener Länder, die unseren Hürgern Schutz ge⸗ währen. Eine Ausnahme machen wir für Irländer, Aegypter und die Angehörigen der anderen unterdrückten Nationalitäten der Entente.
— Die erste Tagung des Landeskongresses der Arbeiter-, Soldaten⸗- und Bauernräte Ungarns wurde am 15. Zuni feierlich in dem Budapester Stadttheater eröffnet. Der Präsident der Räteregierung, Alexander Garbai, er— klärte in der Eröffnungsrede, das Proletariat, das zur Heir⸗ schaft gelangt sei, übe mit der wiktatur gegenwärtig eine Klassenherrschaft aus, die aber bloß elne Uebergangtzerscheinung ser und die Abschaffung jeglichen Klassenunterschiedes bezwecke, Den Kapitalismus könne man nie mehr zurückbringen. Hierauf folgten die Begrüßungsansprachen der ausländischen Gäste.
Dem Armeeoberkommandanten Boehm wurden große Opa— tionen bereitet, als er im Namen der Roten Armee den ersten
Sowjetkongreß begrüßte. Dem „Ungarischen Korrespondenzbüro“ zu⸗
folge erklärte er, über die Rote Armee habe er nur so viel zum berichten, daß es außer der russischen Roten Armee auf der ganzen Welt kein disziplinierteres, selbstbewußteres und kampfbereiteres Heer gebe als die ungaärische Rote Armée. Die internationale Gegenrevolution erachte die Zeit für gekommen, die ungarische Räterepublik anzugreifen. Rumänen, Tschechen, Neger und Zulukaffern hätten sich im Namen der Kultur verbündet, um die Kultur der Arbeiterschaft in den Staub zu treten. An diesem Kampfe auf Leben und Tod werde jeder
Proletgrier teilnehmen und den Angriff zurückschlagen. Zu stürmischen Kundgebungen kam es ferner, als der Volts—
beauftragte für Auswärtiges, Bela Khun, die Rednertribüne betrat. Er feierte die Proletarierrevolution und appellierte in erster Reihe an das französische Proletariat.
In der Sitzung der Sowjets am 16. Juni warf der Volksheauftraatée für Finanzen Eugen Varga obiger Quelle zufolge einen Rückb ick auf die bisher auf wirtschaftlichem Ge⸗ bieie geleistete Arbeit.
Gegenwärtig stehen 8090 Finanzinstitute samt Filialen unter staallicher Verwaltung. In diesen hätten sich eiwa acht Milliarden Nominalanlethen und vielleicht noch mehr Wertpapiere befunden, die vom Staat beschlagnahmt worden seien. Dies scheine eine ungheure Summe, in Wirklichkeit aber habe dies nur negative Bedeutung. Sie bestehe darin, daß die Kapitalisten verhindert worden seien, über das Geld nach Belieben zu verfügen. Die Sozialisierung des Großgrundbesitzes sei formell zwar durchgeführt, in Wirklichkeit jedoch nicht, da sich die alten Besitzer vielerorts noch auf den bisherigen Plätzen befänden. Die Ursache liege darin, daß die Feldarbeiter noch nicht das not⸗ wendige Arbeiterselbstbewußtsein besäßen. Ueber sieben Millionen Katastraljoch seien sozialisiert und mehr als 100009 Aibeiter arbeiteten bereits. Die Lahmlegung des Handels sei notwendig, da Ungarn unter Blockade stehe und kein Rohmaterial vom Ausland hereinbekomme. Wenn weiter gewirtschaftet und erreicht werden sollte, daß das noch vorhandene Material nicht der Bourgeoisie, sondern den Proletariern zugute komme, habe, der Handel stillgelegt werden müssen. Dies habe zur Bürotrgtie geführt, aber es habe nicht anders gehandelt werden köanen. Die Mängel auf dem Gebiet der Soziali⸗ sierung seien in erster Reihe darauf zurückzuführen, daß die Betriebs⸗ kommissäre und die kontrollierenden Arbeiterräte ihre Aufgabe miß⸗ verständen. Der Gegensatz zwischen geistigen und physischen Arbeitern müsse unbedingt beseitigt werden, ohne fachlich gebildete Arbeitskräfte sei jede Produktion unmöglich. In der neu geschaffenen Bürokratie gebe es zweifellos sehr viele Leute, die nicht dorthin gehörten. Die er— probten Führer der Gewerkschaften müßten zur Mitarbeit herangezogen werden. Die bisherigen Ergebnisse der Produktion eien leider als schlecht zu bezeichnen, so sei die individuelle Produktion im Kohlenbergbau um 10 bis 38 vy gegenüber dem Anfang dieses Jahres und um 50 vo im Verhältnis zur individuellen Produktion im Frieden zurückgegangen. Auch in der Maschinenindustrie sei der Jtückgang sehr bedeutend. Die Ursachen seien das Ah bdren der kapitalistischen Arbeitsdisziplin, die Aufhebung der Akkord⸗ löhne und der Umstand, daß der Arbeiter sich noch nicht zu dem
kommunistischen Selbstbewaßtsein durchgerungen habe, daß jeder so viel
arbeiten müsse als er könne, obwohl er nicht mehr bekomme als ein
anderer. Diesem Umstand müsse entweder durch Einführung von
Prämien oder durch Rückkehr zum Akkordsystem abgeholfen werden. — Wie das „Ungarische Telegraphen⸗Korrespondenzbüro“
meldet, haben die Tschechen unter der Einwirkung ihrer
Niederlage das Sarofer und Zemplener Komitat ganz sowle den nördlichen Teil des Unger-Komitats geräumt.
Großbritannien und Irland.
Anläßlich einer in der Albert Hall in London abge⸗ haltenen Versammlung hat der Vorsitzende der Vereinigung für den Völkerbund Lord Robert Cecil, wie der „Nieuwe Rotterdamfche Courant“ meldet, folgenden Brief des Präsi⸗ denten Wilson erhalten:
Die Unterzeichnung der Uebereinkunft bezüglich des Völkerbundes ist die erste formelle Handlung, die zur Gründung eines tätigen Ver— bandes von Nationen dient. Es liegt im Lebensinteresse heutiger und zukünftiger Generationen, daß sie ihn begreisen und stützen, und zwar mehr nach dem Geiste als nach dem Buchstaben. Eine nicht gut unterrichtete öffentliche Meinung bei den Völkern, die die Uebereinkunft mit unterzeichnet haben, würde eine
dauernde Bedrohung für den Weltfrieden bilden. Das Werk der Wiedergeburt des Geistes und des Willens der assozsierten Bölker muß unternommen und unermüdlich fortgesetzt werden, damit alle sehen, wie groß die Macht des Bundes zur Förderung der Einigkeit und des internationalen Zufammenwirkens auf dem Wege des Fort— schritts ist. Die heutige Gelegenheit steht in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel da. Ich glaube zu wissen, daß die britische Vereinigung jür den Völkerbund ihr Möglichstes tut, um diesen unter den Völkern der britischen Inseln und der überseeischen Gebiete zu fördern. Ich vertraue darauf, daß ihre Arbeit fruchtbar sein und den Eifer der Schwestervereinigungen in
allen assoziierten Ländern anspornen wind. Der Friede kann nur
— *
durch die fortdauernde Arbeit und, die wohlbewußte Unterstützung
gerechter Uebereinkünfte, die freiwillig eingegangen worden sind, ge—
sichert werden. Es gibt keine edlere und dringendere Arbeit.
Frankre ich.
Am Montagnachmittag fand im Hotel des Reservoirs in Versallles die Neberreichung der Antwort der alliierten und assoziierten Mächte auf die deutschen Gegen— vorschläge statt. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, ib erreichte der Generalsekreiär der Friedens konferenz
Dutasig in Begleitung des Botschaftsattaches d' Arnavon dem Ministerialdirektor Simons und dem Legationsrat Freiherrn von Lerner die Dolumente, nämlich: erstens den Begleilbrief, zweitens die Antwort der alliierten und assoztierten Mächte auf die Bemerkungen der deutschen Friedens delegation über die Friedensbedingungen, drittens eine Abmachung über die Verwaltung der besetzten Gebiete Deutschlands und viertens ein Exemplar der ursprüngllchen Fassung des Friedens— entwurfs der alliierten und assoziierten Mächte. in dem die Abänderungen mit roter Tinte eingefügt sind. Der Generalsekrelär Dutasta erklärte, er überreiche hier⸗ mit die endagülligen Bedingungen der alliserten und assoziierten Mächte. Die deutsche Weleggtion solle in einer Frist von fünf Tagen, vom Zeitpunkt der Ueberreichung an gerechnet, eiklären, ob sie gewilli sei, den Friedensvertrag zu unterzeichnen oder nicht. Der Mininerialdirektor Simons erwiderte im Namen der denschen Friedens delegalign und der deutschen Re⸗ gierung in Weimar, die Frist von fünf Tagen sei zu kurz bemessen. Im Auftrage des Reichsministers des Autz—- wärtigen Grafen Brockdorff-⸗Rantzau erkläre er, die deutsche Regierung und die deutsche Friedensdelegation behielte sich vor, eine Verlängerung der Frist zu verlangen. Herr Dutasta ent— legnete, er werde den allüierten und assoziierten Regierungen von dieser Erklärung Kenntnis geben. Kurz vor9g Uhr kam Dutasta nochmals nach Versailles und teilt: dem Ministeria l direktor Simons mit, die alliierten und assoziierten Regierungen hätten sich bereit⸗ erklärt, die Frist um 48 Stunden zu verlängern. Im Namen der Neutschen Friedensdelegation antworsefe Ministerialdirekter Simons, die Frist einzuhalten, jedoch werde erst die deutsche Regie nung in der Lage sein, einen endgültigen Entschluß zu fassen, und sie werde den alliierten und assoziserten Regierungen mitteilen, ob die Frist von ?7 Tagen eingehalten werden kann.
Die Mitglieder der deutschen Friedensdelegation, Reichs⸗ minister des Auswärtigen Graf Brockdorff⸗Rantzau, Neichsminister Landsberg, Reichs postminister Giesberts, Vrofessor Dr. Schücking und Dr. Melchior, sind Montag abend in Begleitung einer greßen Anzahl Sachver⸗ sändiger von Veisailleß nach Weimar ahgerelst, um dort selbst mit der deutichen Regierung und der deutschen National⸗ versammlung über die Antwort der alliierten und assoiterten Mächte auf die deutschen Gegenvorschläge zu beraten und Ke— schluß zu fassen. Bei der Abreise kam es von seiten der Bevölke⸗ rung von Versailles zu starken deutschfeindlichen Kundgebungen. Auf der Fahrt vom Hotel des Reservolrs zum Bahnhof wurden aus der Menschenmenge heraus nach einzelnen Autos Steine geworfen, durch die das Mitglied der Delegation Dr. Melchior, Oberstleutt ant non ylonder und Professor Dr. Meyer verletzt wurden. Gegen diese Zwischenfälle bei der Abfahrt der Mitglieder der deutschen Friedensbelegation hat der Reichs— minister des Auswärtigen Graf Rantzau den schärfsten Ginspruch eingelegt.
— Der Oberste Rat hat dem „Echo de Paris“ zufolge nachstehendes Telegramm an den Admiral Koltschaät gerichtet:
Die alliierten und assoziierten Mächte bestätigen den Empfang der Antwort Koltschaks auf ihre Note vom 26. Mai und freuen sich über den Ton dieser Antwort, welche mit den Vorschlägen der Alliierten übereinzustimmen und alle befriedigenden Versicherungen für die Freiheit, Seibstregierung und den Frieden des russischen Volkes und seinen Nachbarn zu enihalten scheint. Sie sind demnach gewillt, Admiral Koltschak und seinen Assoziierten die versprochene Unterstützung zu geben.
Die Bedinaungen der Alliierten, die Koltschak nunmehr als bindend anerkannt hat und die ihm in der Note vom 26. Mai übermittelt worden sind, umfassen acht Punkte, darunter die Einberufung einer Konstituante, hervorgen angen autz freier und geheimer Abstimmung, respektive die Einberufung der Konstituante von 1917, falls die Ordnung noch nicht soweit wieder hergestellt sein solltee, um Wahlen vorzunehmen, sobald Kalischak bis Moskau vorgedrungen ist. Im Innern darf das alte Regime nicht wieder hergestellt werden, bürger— liche und religiöse Freiheit muß gewährleistet werden. An⸗ erkennung der Unabhängigkeit Finnlands und Polens Schieds⸗ gericht des Völkerbundes in der Grenzfrage, gleiche Lösung für bie Heziehungen Rußlands zu Estland, Liauen und den kaukasischen Gebieten, die als selbsländige Staaten anerkannt werden müssen, sowie Anerkennung der Verpflichtungen Ruß— lands hinsichtlich der Nationalschuld sind weitere Bedingungen. Nach der „Agence Havas“ handelt es sich nicht ohne weiteres um die Anerkennung Keltschaks im offiziellen Sinne des Wortes, da er nur in Sibirien eine Autorität ausübt, doch würde ihm dlese Anerkennung der Alliierten unbestreitbar ein moralisches Prestige verschaffen und ihm gleichzeitig materielle Hilfe bringen, deren Wert sich bald bemerkbar machen würde.
— Die Kammer setzte die Besprechung der Inter⸗ pellation über die Polttik in Rußland fort.
„Laut Bericht der „Agence Haas“ widmete Gou de der Tapfer⸗ eit der Matrosen warme Werte. Er erklaͤrte, daß die Zwischen⸗ sälle, die sich auf der Schwanzmeerflotte ereignet hätten, keinerlei revolutionären Charakter trügen. Die Matrofen wollten nur nach Frankreich zurückkehren und hätten es an dem schuldsgen Respekt dor den Offizieren nie fehlen lassen. Der Redner verlangte zum Schluß, man solle die Matrosen in keiner Weise bestrasen. CEhappedelgine machte zahlreiche Angaben über die Zusfände der 1ussischen Bevölkerung, von der er versichert, 84 sie mehr und mehr ans dem Bolschewismus herautkomme. Der Redner wieg auf die Veibetätigkeit hin, die die Deutschen in der Ukraine gemacht hätten. Es wäre für Rußland eine sehr ungünstige Handlung, wenn man es
Achtstundentages für Bergwerke habe, die Regierung den General— vielleicht sogar die Seeleute zum Solidaritätsstreik zu veranlassen.
würde man 100 Millionen Russen im Innern abschließen. Der Redner schloß. „Herr Minister! Sie sagten 6 n. das Bündnis mit Rußland sei nie gebrochen worden. Wiederholen Sie dieses Wort! Es würde viele Hoffnungen wiederbeleben und piele Zweifel zerstören. Gach in erklärte, die Vergänge in Odessa seien durch denlsches Geld organisiert. Die Zwischen alle seien lediglich die logische Folge der unheilvollen persönlichen Politik Pig len Die französischen Soldaten im Orient seien infolge schlechter Verpflegung und Kleidung und der allgemeinen Stimmung zu jeder Offen ive gegen die russischen Repolutionäre unfähig und wohl kaum in der Lage, auch nur eine Defensive durchzuführen. (Heftige Zwischenrufe im Jentrum und auf der Nechten.) Von der Tribüne des Publikums herab rief ein kriegs verstümmelter Offizier Gachin zu, er sei ein Hetzer und Feig⸗ ling. Leider kämen solche Leute wie Gachin nicht vor ein Kriegs gerlcht. Die Nechte klatschte flürmischen Beifall. Der Sfftzier wurde aus dem Sitzungesaal entfernt. Cach in fuhr fort, er hoffe, daß dem Versprechen gemäß keine Strafmaßnahmen gegen die Matrosen ergriffen würden und daß alle französischen Soldaten aus Rußland zurückgerufen würden. Sie hätten dort nichts mehr zu tun. In langer Rede versuchte dann der Marine— minister Levygues den Nachweis zu führen, daß der Kampf gegen die Bolschewisten einen Kampf gegen den Feind bedeute. Die Bolschewisten seien nicht die Freunde, Frankreichs. Durch Den Frieden mit Rußland habe Deutschland 1 200 000 Soldaten von der Ostfront auf die Westfront werfen und eine ungeheure Offen⸗ sive im Jahre 1918 gusführen können. Leygues gab sodann eine Schilderung der Vorgänge vor Odessa, welche mit der Schilderung Kerguezeck im allgemeinen übereinstimmt. Gewiß habe der Führer der Kriegsschiffe den Delegierten der Matrosen er! klärt, er werde, falls die Ordnung wiederkehre, bemüht sein, Straf⸗ freiheit zu erwirken. Dies sei am 26. April gewesen. Aber am 21, April scten neue Handlungen von Diszipliniosigkeit vor— gekommen. Auf die wiederholte Frage, ob er gegen die Matrosen vorgehen wende, antwortete Leygues nicht, sondern erging sich in Aus— führungen über die bolschewistische revolutionäre Propaganda und den unangenehmen Eindruck, welcher durch die Zwischenfälle im Ausland erweckt sei. Zum Schluß erklärte Leygues, die Mannszucht müsse erhalten bleiben. Nach ihm versuchten Raffin⸗Dugens und Tissier, die Nachsicht des Marineministers durch Verlesen von Soldaten- und Matrosenbriefen mit Schilderungen ihrer Leiden zu gewinnen. Leygues blieb stumm. Die Erör terung wurde auf Dienzz⸗ tag vertagt. — Ueber die weitere Entwicklung der Streiklage in Paris und den Provinzen berichtet „Wolffs Telegraphenbüro“: Nach einer Meldung des „Populaire“ fanden am 14. d. M. in Paris die ersten 1nteralliierten Konferenzen siatt, die
Parteien im Hinblick auf die Vorbereitung einer Arbeiterkund— gebung zugunsten er Amnestie und der Demobilmachung und zum Protest gegen jede Interventiont politik in Rußland einkerufen waren. Italienijche Delegierte, darunter de Ambris, waren am Donnerstag bereits in Paris eingetroffen. Die englischen Trades Unions und die englische Arbeiteipartei sewie die belgischen Organisatjonen waren nicht vertreten.
. Wie der. Matin“ berichtet, haben die französis chen Gewerkschaftler bei ihrer Besprechung mit den italienischen (He werkschaftsführern am Sonnabend beschlossen, die Vertündung des Generalstreiks zu ver— schieben, bis auch die englischen Gewertschaften in dieser Frage Be— schluß gefaßt hätten. Eine franzöfischitalienische Delegation wird in allernächster Zeit den englischen Gewertschaflen die gefaßten Be— schlüsse üher einen internationalen Ganeralstreik zur Kenninis bringen. In einer parallelen Konferenz französischer und n iir sozialistischer Parteiführer wurden dieselben Beschlüsse gefaßt.
Der allgemeine Ausstand der Arbeiter der städtischen Verkehrseinrichtungen und Transportarbeiter in Paris, der seit dem 3. Juni andauerte, wurde nach einer Unter— redung des Ministerpräsidenten Clemenceau mit einer Abordnung der Ausständigen beigelegt; die Arbeit wurde am 16. Junt wieder aufgenommen. Doch haben trotz des förmlichen Versprechens Clemenceaus, daß keinerlei Strafmaßnahmen gegen Streikende durch— geführt würden, die Untergrundhahn⸗ und die Straßenbahngesellschaft in Paris sich geweigert, 250 Strelkende wieder einzustellen. Der Arbeits minister fucht diesen Zwischenfall durch Vermittlung bei⸗ zulegen.
Zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern der Petro— leum⸗ und Oelbranche ist am Sonnabend im Arbeits ministerium gleichfalls ein Uebereinkommen unterzeichnet worder, durch das auch der Streik dieser Arbeiter beendet wurde. Dagegen nahm am Montag ein Streik der Bergarbeiter in Frankreich seinen Anfang. Wie die Pariser Morgenzeitungen vom 17. Juni melden, hat der Kongreß der Bergarbeiter⸗ gewerkschaften der Vorddepartements beschlossen, seine Forderungen dem Schiedsspruche der Regierung zu unterbreiten. Diese. Bergarbeitergewerkschaften hatten sich erst in jüngster Zeit dem allgemeinen Bergarbeiterverbande angeschlossen. In den übrigen , ,,, Frankreichs dauert der Streik fert. Die Eisenbahner, Seeleute und Hafen arbeiter behalten sich ihr weiteres Verhalten vor. Jouhaux er— klärte, durch die Haltung der Bergleute Nordfrankreichs werde der Streik im übrigen Frankreich nicht beeinflußt werden. Das Kartell der Arbeiterverbaͤnde trat gestern zu einer Konferenz zufammen, um die Lage von neuem zu besprechen und eventuell einen Solidaritäts— streik mit den Bergleuten zu beschließen.
Vor Beginn des Bergarbeiterstreiks veröffentlichle die Con— f6dération eg n srale du travail eine ernste War nung, in der es heißt: Die Kohlenförderung werde in ganz * 3160 P . 1213 h . Frankreich stillstehen, und Solidaritätsstreiks drohten auszu— brechen. Die Schuld und die Verantwortlichkeit der NYie— gierung nehme. täglich zu. Sie habe zur Beilegung der Streiks nichts getan, nur Einschüchterungs. und Ge— waltmaßnahmen ergriffen. Der Appell der Confédération zur wirksamen Bekämpfung der Lebensmittelteuerung sei ungehört verhallt. Die Confédération erkenne die Berechtigung der Forde—⸗ rungen der Bergleute an. Es handle sich nicht um einen politischen Streik. Mit ihrer katastrephalen Wirtschafts⸗ und Industriepolitik infolge ihrer Unnachgiebigkeit in Einzelfragen bei der Vyrlage des
streik, herausgefordert und drohe Brennstoffmangel herqufzubeschwören,
Die Confédératiyn werde die Oeffentlichteit auf dem laufenden halten und das Allgemeininteresse des Landes nicht übersehen und aus diesem Geiste heraus alles tun, um die Streiks zu unterstützen.
NMußland. 26
Nach Meldungen der französischen Presse ist der General Judenitsch von allen Truppenführern gi . dierender aller gegen Petersburg operierenden Truppen anerkannt worden. Man beabsichtigt, einen Aufruf an alle früheren rusnschen Offiziere zu erlassen, worin diese aufgesordert werden, an den , . gegen die Bolschewlki und an dem Aufbau eines neuen Rußlands teilzunehmen.
Die „Daily Mail“ meldet, daß die Festung Kronstadt in Brand steht. Einige Forts und 7 bolschewistische Kriegs⸗ schiffe haben die weiße Flagge gehißt. Nach ker „Times“ setzte die Uebergabe des dicht bel Kronstadt gelegenen Forts Krasnaja Gorkg dag . Korps in den Stand, rasch nach Peterhof vorzurücken. Der Auf⸗ marsch entwickelt sich in breiter Front günstig. Die bolschewi⸗ stischen Truppen bei Krasnoje Sselo haben am Sonnabend ge⸗
der Ukraine und der baltischen Probinzen berauben würde. Dadurch
von den Arbeitergewerkschaften und sozialistisfchen
Italien.
Der in Rom eingetroffene Ministerpräsident Orlando
erstatlete dem „Corriere della Sera. zufolge Bericht über hie Verhandlungen der italienischen Delegatign in Paris im Augenblick seiner Abreise. Danach ist Wilson, Lloyd George und Clemenceau erklärt worden, daß Ilallen nach dem Scheitern des Tardieuschen Kompromissesg nunmehr auf der vollständigen Durchführung des Londoner Perlrages bestehen müsse.
= Die Kammer ist zur Entgegennahme der Berichte über die Fries densverhandlungen auf den 19. Juni einberufen worden. — — Die Streiklage hat sich weiler verschärft. Wie, Wg ffs Telegrephenhürs“ berichtet, ruht in Gen ug das gesamte öffent⸗ liche Leben; in Turin kam es am 13. . M zu Straßen kämpfen zwischen Arbeitern und der bewaffneten Macht. Besonders starfe Unruhen werden aus allen ligurischen Industriestädten gemeldet, die sich in Sympathiekundgebungen für Sowjet 8ußern. In Rom dauert der Generalstreik fort. Der Streik der Lehrer— schaft hat sich üer ganz Italien ausgebreitet. Die Verhandlungen zwischen der Regierung und dem Pon, und Telegranhen⸗ personal wurden abgebrochen. Beim Justizministerium haben alle Beamten ihre Demifsion eingereicht. Aus Spezia, Carrara und anderen Orten werden ebenfalls Ausstäude ge⸗ meldet. Der „Aranti' schildert die Lage folgendermaßen: MAgitatignen, Streiks in fast ganz Italien, Sperren, Konflikte, Tote und Verwur dete, das ist das Bild unseres Landeg. Tie Lebensmittelpreie steigen zu schwindelnder Höhe, Rohstoffe fehlen, die Arbeits möglichkelt schmindet. Das Elend wächst ia Italien überall. Jede Berufeklasse befindet sich in farchtbarster Gärung. Das Schicksal wind seinen Lauf nehmen. Was jetzt zu bemerken ist, sind die ersten Stromwirbel.“ Der Verband der Arbeiterkammern hat die Parole ausgegeben, augenblicklich noch keinen Generalstreik zu veranstalten, weil in allernächsler Zeit der Generalstreit in allen Verbandsländern gleichzeitig erklärt werden soll.
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Belgien.
Der Parlamentsausschuß für auswärtige An— gelegenheiten ist am 12. Juni mit dem Ausschuß für wirt⸗ schaftliche Angelegenheiten zusammengetreten, um über die Zollunion mit Luxemburg und die Scheldefrage zu beraten. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ berichtet, traten mehrere Teilnehmer der Sitzung für die Zollunion ein und die Mehrzahl beschränfte sich auf dieses Ziel, obwohl einige Te— nutierte mit der Absicht hervortraten, einge noch engere Ver— bindung mit Luxemburg herzustellen. Hinsichtlich der Schelde⸗ frage wurde der Wunsch ausgedrückt, daß die belgischen De⸗ legierten in Paris mit den Mitgliedern der Kommiffion in ständiger Fühlung bleiben.
Schmelz.
Der Bundesrgt und die deutsche Regie rung haben am 13. Juni, wie Wolffs Telegraphenbüro meldet. das Ab⸗ kommen über den Aus fuhrverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland rafffiziert.
a. Nach demselben erteilt Deutschland Ausfuhrbewilligungen für
1) Kohlen (Ruhrprodukte) 50 090 Tonnen monatlich gemäß dem Vertrage, der in Basel am J. Mai 1919 zwischen Ter Reheinischen Kohlengesellschaft und der Reedereigesellschart in Mülheim an der ubr und der Schweizerischen Kohlengesellschaft in Basel abge—⸗ schlossen worden ist.
2 Linksrheinische Braunkkohlenbriketts. 12 990 Tonnen monatlich unter der Voraussetzung, daß die alliierten und assoziierten Regierungen die Beförderung ermöglichen. Deutschland wird, soweit es die Ver— haltnisse, insbesondere die Benutzung des Rheins und der rechts— rheinischen Bahnen gestarten, alles irgendmöaliche tun, um über die angegebenen Mengen hinaus Ausfuhrbewilligungen für Kohlen zu er— teilen. Es wird in dem ernsten Bestreben, die Schweiz mit Koble zu versorgen, das mögliche tun, um die Lieferanten zur Lieferung an⸗ ler, 26 . . .
1 Fisen und Stahl. Deutschland verpflichtet sich, den schweize⸗ rischen Wünschen bezüglich Versorgung mit Eifen und 8646 ö besondere durch Erteilung der Ausfuhrbewilligung im Rahmen des Möglichen nachzukommen.
4) Kalisalz, 20. oder 39 prozentiges. 250 Wagen monatlich.
) Thomasmebl, 125 Wagen monatlich.
6) Rohzucker als Erfatz für aus der Schweiz zu beziehende kon⸗ densierte Milch und Schokolade. Für die Dauer des Abkommens 250 Wagen monatlich.
b. Die Schweiz erteilt Ausfuhrbewilligungen über
1) Mischerzeugnisse. 50 Wagen ingnaitlich. um! Frische Milch für Lieferung nach Möglichkeit im bisherigen
ng.
3) Vollreis. 25 Wagen monatlich.
) Schekolade oder Kakaopulver. 15 Wagen monatlich. Frucht und andere Kongserven (Fleischkonserven ausgeschlossen). 70 . a n.
) Rindvieh für die Dauer des Abkom! iach Möglichkeit bi n e 0 , f mmens nach Möglichkeit bis 1 7) . ij , . des , Stück. Rind⸗
ieh und Ziegen sind vorgesehen für Lieserun inner dee g Fer 9g f ferung im Herbst (beginnend
e. Die vorgesehenen Austauschmengen verstehen sich per Wagen und je netto 10 900 Kilo. Die beiden vertragschließenden Teile sichern sich möglichst rasche und reibungslose Erledigung bel der Er⸗ teilung der Ausfuhrbewilligungen zu. Sollte entgegen der Ab— machung eine Steckung in der Ausführ eintreten, fo sst der dadurch betroffene vertragschließende Teil berechtigt, seinerseits mit seinen
— n , ,. dorhergegangener Anzeige entsprechend zurückzuhalten.
d. Dieses Abkommen über den Ausfuhrverkehr läuft vom J. Juni bis 309. Nobember 1919, doch hat, jeder Teil das Recht, mit ein⸗ monatiger Frist jederzeit zu kündigen. Dieses Abkommen wäöd in zwe Exemplaren ausgefertigt und von den Delegierten des Deutschen Reichs und des Schweizerischen Bundesrats unterzeichnet. Es unter⸗ liegt der Ratifikation durch die beiden Regierungen.
Amerika.
Der amerikgnische Senat hat eine Vorlage angenommen, in der den amerlkanischen Schiffswerften gestaltet wird, ohne besondere Erlaubnis Schiffe für Rechnung des Auslandes zu bauen. Einer Radiomeldung zufolge führke die vom Senat vorgenommene n, bezüglich dei Veröffentlichung des Frieden gvert ages zu einer allgemeinen Erörterung der Finanz⸗ lage Europa zin der die großen Bankiers alle darm über⸗ 3. daß i d ef lch, ara f sich in einem Chaos. befindet, und daß Amerika helfend einspringen müsfe, wenn eine verzweifelte Lage vermieden werden soll. Die Bankiers billigten im allgemeinen den Plan, einen Ausschuß der führenden Finanzleute und antiers in ganz Amerika zu organisteren und die europäischen Geldmärkte zur Uebernahme der amerikanischen
meutert und sich der angreifenden Armee angeschlossen.
Schuldverschreibungen zu festigen.