1919 / 142 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jun 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Statistik un Heber die Lage des deut schen Arbeitsmarkiz

Volkswirtschaft.

im Monat Mai logg berichtet das vom Statistischen Reichsamte herausgegebene Reiche⸗ aubeit hlatt in seinem Juniheft: ö den cetalsst wer e game gegangenen Berichte lassen Einen, s wirtschaftliche Lage im Mat ein nicht ganz so trübes Kild bietet wie im Vormonat. Der belebende Einfluß des Frühjabrs ist, wie im März, erneut bervorgetreten. Nach den Fesiste lungen von 34 Fachverbänden, die für 3362514 Mitglieder be⸗ richteten, betrug die Arbeits losenzaßi' nde Mai *I26 15 . 3. vB. Im Ayril hatten 33 Fachverbände über eine Aibeits— ,,, , . v5 berichtet „Lie Arbeitslosigkeit ist demnach gegen den Vonnongt we entlich zurückgegangen. Auch im Vergleich mit den Wintermonaten, in denen ie Fachverbände unter ibren Mit. gliedern (ine durchschaittliche Arbeitslosigkeit von 51 bis 6, vH festgestellt hatten, ergibt fich eine wescntliche Besserung. Zieht man dagegen den Mai des Vorjahrs und der beiden lezten Friedens iahre zum Vergleich heran, jo ergibt schon der beschräntte Beobachtungs kreis der Fachverbände den Ernst der Lage; im Hai , sig unter ihren Mitgliedern eine Arbeits losigkeit 26. * 6 vp, im Nai 1913 eine solche von 2.5 vH und im Mai n,. Elche won ́ zn pO. Die im Vergleich hiermit bedeutende

rbeits osigkeit des Berichtsmonats würde noch schärfer hervortreten, wenn viele Betri be nicht äußerst. kurze Äibeiteschichten eingeführi hätten, die ein Durchhalten des Arbeiterstammes ermöglichen. Der ndauennde Rohstoff. und Kohlenmangel schsießt' ja ohne⸗ hin in den, meisten. Fällen inen? vollen Beirleb aus. Die, Verkehreschwierigkeiten konnen durch erhöhte Wagen. gestellung etwas gemildert werden. Hohe Löhne und Festebungskosten in Verbindung mit geringen Abfatz möglichkeiten be⸗ stehen weiter fort. Auch lassen die von Zeit zu Zeit gaushrechenden Kommunistenaufstände, Streits und Lohn bewegungen das Wirtschafta— leben dorläufig nicht zur Ruhe kommen. Am haärtesten lastet auf ihm aber die Unsicherheit der politischen und wütschaftlichen Lage des deutschen Volkes, dessen Erwartungen durch die überaus harten Friedensbedingungen der Entente grausam enttäuscht worden sind.

„In den einzelnen Gewerbegruppen ist der Auftraggeingang teil. weise wesentlich zurückgegangen. Die Hanptindustriezweige befinden sich daher noch in der gleichen ungünstigen wirtschaftlichen Lage wie im Vormonat; neben der Metallindustrie und dem Handels⸗ gewerbe sowie der Industrie der Steine uns Erden (Ziegeleien) zeigen das Bau- und befonders das Spinnstoff⸗ gewerbe ein wenig erfreuliches Bild. Im Baugewerbe mußte vielfach die Bautätigkeit aus Mangel an Rohstoffen eingestellt

werden. Trotz größerer Zuweisungen von Arpeitskrästen in andere Berufsmweige, herrscht auf dem KRaumarkt weiter eine bedeutende Arbeitslosigkeit. Auch das Spinnstoffgewerbe leidet sehr welentlich unter Rohstoffmangel, der immer bedrob— liche Formen annimmt; die Heereslieferungen sind ein— gestellt, und neue Aufträge für Militäͤrtuche werben nicht mehr erteilt; außerdem ist in der Papiergarn⸗

industrie eine immer schärfere rückläufige Bewegung zu erkennen. Aus verschiedenen Gebieten der Wollinduftrie ist bekannt geworden daß in kurzer Zeit mit einem vollständigen Stillstand aller Betriebe gerechnet werden muß, wenn nicht eine Besserung auf Lem Rohstoff— warlt eintreten sollte. Falls die Befürchtungen fich erfüllen, würden neue Arbeiterentlassungen unvermeidlich sein.

Nach den Nachweisungen der Krankenkassen standen am 1. Juni 1919 im Vergleich mit dem Stande zu Anfang Mat ins— gflamt 20h 529 oder 3 vH. mehr Mitglieder in Beschäftigung. An der Steigerung der Anzahl der Mitglieder ist das männliche Ge schlecht mit 153 194 oder 3, vH und das weibliche mit 56 375 oder 2 vH beteiligt. Wie bereits früher hervorgehoben worden ist, läßt jedoch die Entwicklung der Zahl der beschäfligten Kassenmit⸗ glieder zurzeit keinen Räckschluß auf die Bewegung des tatsächlichen Beschãftigungsstandes zu, da die Arbeitslosen zum Teil unter den Pflichtmikgliedern mitgezählt werden.

Die Statistik der Arbeitsnachweise laßt erkennen, daß im Verichttzmongt die Zahl der Arbeitsuchenden, bezogen auf die Zahl der offenen Stellen, heim männlichen Geschlecht nicht unwesentlich , , beim weiblichen bingegen unverändert geblieben ist. Im Mai amen auf 100 offene Stellen bei den männlichen Personen 169 (im Vormonat 155) Mbeitsuchende, weiblichen Geschlecht wiederum 149. . ö

. Die Berichte der Zentralauskunfts stellen der Arbeitsnachweise zeigen, daß in der Landwirtschaft und im Bergbau nach wie nor eine große Nachfrage nach Arbeitskräften vorhanden ist, der, zumal im Bergbau, nur ein geringes Angebot gegenübersteht. In der Landwirtschaft ist namentlich ein Uebeifluß an Beamten zu be— merken, während ein großer Mangel an geübten Knechsen und Mägden besleht, der auch durch die Ueberführung von großstäͤdtischen Arbeits. losen nicht beseitigt werden kann, weil diese nur in beschränktem Maße verwendungsfähig sind. Außerdem wird der Zufluß aus dem Westen und aus anderen Bezirken immer geringer. Die Rückver⸗ mittlung von ehemaligen Landarbeiterfamilien fcheitert vielfach an dem Mangel geeigneter Wohnungen.

Auf dem Arbeitsmarkt für welbliche Angestellte werden weiterhin in großem Umfang 2 für die Land, und Haus⸗ wirtschaft gesucht. Die Zahl der arbeitfuchenden kaufmännischen und Bürohilfékräfte ist nech in Steigen. Gegen Ende des Monats hat sich teilweise eine leichte Besserung durch größere Vermittlungen von Haut, und Dienstrersonal ergeben.

Der. Arbeitsmaikt für kaufmännische Angesteltte weist auch im Berichts monat nech eine Giwerbslosigkeit von erheb- lichem Umfang auf.

Dem Gesamtüberblich läßt das „Reichtarbeitsblati? eine aus— führliche Wiedergabe von Ber chten über Beschäftigung, Arbeite losig⸗ keit, Arbeilsnachwess usw. folgen. Das Heft enthält weiter Fort- setzungen einer Arbeit über die geschichtliche Entwicklung des ÜchtQ— Jundengrbeitstags somie einer Zusammenstellung über ausländische Arbeits löhne. .

beim

Zur Arbeiterbewegung.

Im Ministerium der öffentlichen Arbeiten begannen, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern nachmittag in Gegenwart des preußischen Ministerpräsidenten Hirsch und fast aller preußischen Minister die Verhandlungen zwischen der CGisenbahnbehsrde und Vertretern des Deutschen Eisenbahner— pe nbande 8. Der Eisenbahnminister Oeser gab in längeren Ausführungen ein Bild von den finanztellen Nöten der preußischen Eisenbahn, die zu einem völligen Chaos führen müßten, wenn man die neuen Forderungen bewilligte. Gegen 71 Uhr Abends ereignete sich ein Zwischenfall, der zu einer Unterbrechung der Sitzung führte. Mehrere Eisenbahner erschienen im Ministerium und tellten mit, daß soeben durch Militär Mitglieder der Bezirksleitung des Deutschen Eisenbabnerverbandes in dem Bezirksbürso des Verbandes, das sich neben dem Gewertschaftshause am Engelufer befindet, verhastet und in einem Auto mitgenommen worden seien. Der àriegsminister Reinhardt entfernte sich Jofort mit cinem der Eisenbahner, um sich über die Verhaftungen Gewißheit und Aufklärung zu verschaffen. Die Eisenbahner drohten, daß sie, falls ihre Bezirksleiter nicht inner— balb einiger Stunden freigelsssen seien, den Ausstand obne Räcksicht auf die Verhandlungen erll nen würden. Wie hiesige Morgen. blätter melden, sollten die Verhandlungen, die, ohne cine Entscheidung herbeizuführen, bis in die Nacht fortgesetzt wurden, heute mittag wieder aufgenommen werden. Der Ausstand der Eisen bahn“ arbeiter ist ziemlich allgemein, während die Ei erbet be g nien zum größten Teil noch ibren Dienst versehen. Cin allgemeiner

Zum Ausst and der Aushilfskräfte im Post⸗ und Telegravhendtenst teilt die Oberpostdirektion Berlin „W. T. B. zufolge RNachstehendes mit: Die Zeitung »Freibeit“ von gestern morgen meldet, daß am Mittwoch das Aushilfspersonal des Feinsprechamis Lichtenberg sich dem Streik an— geschlossen habe und daß bei dem Fernsprechamt Zentrum Telephonistinnender Siemen s-SchuckertWerke als Streikbrecher eingestellt worden seien. Beide Nachrichten sind falsch. Ferner erzählt dle genannte Zeitung, daß beim Amt „Wilhelm“ Reichswehr⸗Freiwillige als Streitbrecher verwendet würden. Das trifft ebenfalls nicht zu. Allerdings sind vor— übergebend die von einem Regiment behufs Sicherstellung der militä— rischen Anschlüsse zum Amt entsandten 10 Soldaten verwendet, dies ist aber sofort nach Bekanntwerden von rer Obexpostdirektion abge— stellt worden. Für den Betrieb auf den Fernsprechämtern steht aus— seichend Persona! zur Verfügung. Der Zustrom aus freiwilligen Meldungen und die Räckkebr streikender Aushilfskräfte wächst. Die noch im Streik Besinolichen sind aufgefordert worden, ihren Dienst sofort, spätestens am 28. d. M. früh, aufzunehmen, widrigenfalls sie entlassen sind.

Der „Schlesischen Zeitung‘ zufolge dauert der Eisenbahner⸗ ausstand in Breslau an. Nach den Zugeständnissen bezüglich des Nätesystems werden nunmehr Lohnforderungen in die erste Reihe gestellt. Außerdem erklärten sich die Eisenbahner mit den Forde— rungen der Breslauer Melallarbeiter solidarisch.

Ueber die Ausstandslage im oberschlesischen Kohlengebiet berichtet W. T. B.“, daß sämtliche ober⸗ sJchlesische Grubenam Mittwoch im Allgemeinausstand gewesen sind, gestern aber wieder die Anbeit aufgenommen haben. Nur noch 20 vy der Belegschaft der „Heinrich Glück Grube“ sind im Ausstand.

Nach einer von W. T. B.“ wiedergegebenen Meldung des Populaireb, haben die Telegraphisten des Haupt⸗ telegraphenamts in Paris gestern, Vormittags 9 Uhr, die Arbeit niedergelegt. Sie verlangen sofortige Erhöhung der Gehälter und haben beschlossen, mit dem Verband der Postbeamten und -Agenten sowie mit Deputierten durch eine Abordnung Fühlung nehmen zu lassen.

Wohlfahrt flege. Der Beirat der Nationalstiftung rbie Hinter⸗

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bligbenen ber im Kriege, Gefallenen hat am

14. Juni unter dem Vorsitz des Ministers des Innern Heine

eine Sitzung abgehalten, in ter der Beschluß des Prä- sidiums vom Juni, die Satzung den veränderten poli⸗ lischen Verhältnissen entsprechend umzugestalten, gebilligt und vorgeschlagen wurde, die vom Praͤsidium berests eingesetzte Kommissien jzur Satzungsänderung durch Mitglieder des Bei- rats zu ergänzen. Dieser Kemmission soll insbesondere auch die Aufgabe obliegen, die Aufnahme von Vertretern der

Hinterbliebenen in die leitenden Organe ror— zubereiten. Der Tätigkeits- und Rechnungsbericht wurde genehmigt und dem Vorschlage zugestimmt, einen weiteren Betrag von 13 Milrio nen Mark für Unterstützungszwecke zur Verfügung zu stellen.

Am 16. Juni bielt der Hauptausschuß der National⸗ stiftung seine Jahret sizung ab, und es wurde in dieser in Ueberein— stimmung mit dem Präsidialbeschluß vom 4. Juni beschlossen, die

Satzung den veränderten politischen Verhältnissen entsprechend umjugejtallen und insbesondere die Zuwahl von Vertretern der Hinterbliebenen in die leitenden Organe vorzube⸗

reiten. Ferner wurke der Plan, der Verteilung der den einzelnen Lanbetausschüssen im kommenden Rechnungsjahr zu überweisenden Mittel genehmigt, und es wurde hierbei auch die in außergewöhnlichem Maße anwachsende Notlage berücksichtigt. Ins— gesamt sind alsdann aus Mitteln der Stiftung 54 Mil⸗ lionen für Unterstützungszwecke bewilligt.

Am 17. Juni hielt auch der Hreußische Landesgusschuß der Nationalstiftung unter dem Vorsitz des Unterstaatssekretärs Dr. Freund seine Jahres sitzung ab, in der die Verteilung der Mittel auf die Provinzialausschüsse gemäß dem vom Präsidium vorgelegten Verteilungsplan bescklossen murde. Außerdem wurde dem Beschluß des Präsidiums zugestünmt, nach dem die Satzung den veränderten politischen Verhältnifsen entsprechend umgestaltet und insbesondere die Zuwahl von Vertretern der Hinterbliebenen in die leitenden Organe vorbereitet werden soll.

Theater und Mnsik.

Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, „Der Rosen— kavalier“, mit den Damen Hafgren⸗Waag, Denera, Hansa, Birken⸗ ström, von Scheele Müller und den Herren Bohnen, Habich, Sommer, van de Sande, Krasa,. Henke, Phllipp und Funck besetzt, unter der Leitung von Dr. Fritz Stiedry aufgeführt. Anfang 65 Uhr. Im Schauspielhause wird morgen „Minna von Barnhelm“ in der bekannten Besetzung unter der Spielleitung Albert Patrys gegeben. Anfang 7 Uhr.

HMannig faltiges.

Gestern abend kam es, wie hiesige Blätter melden, im Norden Berlins wieder zu Ruhestörungen. Da Ansammlungen in der Invalidenstraße neue Plünderungen befürchten ließen, schritten Regierungstruppen ein, die sogar gezwungen waren, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, wodurch zwei Personen getötet und vier verletzt wurden. Plünderungsversuche in der Prinzenallee wurden durch rechtieitiges Eingreifen von Polizeibeamten vereitelt. Erst gegen 11 Uhr Nachts trat wieder Rube ein. Außertem ist über Lebens mittelunruhen in Schöneberg und Friedenau zu herichten, die gestern nach— mittag zu Plünderungen einiger Läden führten. Da die Polizei allein der Menge gegenüber machtlos war, wurde die Einwohner wehr alarmiert und zu deren Unterstützung auch Militär her— beigerufen. Es gelang dann, bis gegen Mitternacht Ruhe zu schaffen.

In der gestrigen Sitzung der Berliner Stadtver⸗ ordneten wurden dien euge wählten Stadträte Seckelsohn, Kunze und Dr. Ballod ohne besondere Feierlichkeit eingeführt. Ein An— trag der mehrheltssozialistischen Fraktion, die freiwerdenden Rektor-⸗ stellen so lange unbesetzt zu lassen, bis die Frage der kollegialen Schulleitung gesetzlich geregelt ist, wurde nach längerer Aussprache angenommen. Ein anderer Antrag über die Errichtung städtischer KrankenschwesternstatioWnen wurde einer gemischten Deputation des Magistrats und der Stadtverordneten zur Vorberatung überwiesen.

In der Treptower Sternwarte finden in den nächsten Tagen folgende kinematographische und Lichtbildervorträge slatt: Sonnabend, Nachmittags 5 Uhr: ‚Das Berner Oberland“; Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: ‚Europöäische und exotische Jagden“, Hs Uhr: „Im Lande der Schwarzen“ (Deutscher Sudanfilm), Abends 7 ühr: „Christoph Kolumbus“; Dienstag, Abends 7 Uhr: „Die Sternbilder und praktische Anleitung zu ihrer Auffindung“ (Vortrag mit Licht— bildern von Direktor Dr. Archenhold). Mit dem großen Fernrohr werden jetzt am Tage die Venus und die Sonne, am Abend der Gaturn und später Fixsterne gezeigt. Kleinere Fernrohre stehen zur Beobachtung anderer Himmelskörper koflenlos zur Verfügung.

Gisenbahnerausstand ist aber nach Lage der Dinge nicht auggeschlossen.

In der ver—

gekommen. Nachdem sich Menschenmassen auf dem Markt angesammelt hatien, hauptsächlich Jugendliche in Alter von 18 20 Jahren, wurde zur

(W. T. B.)

Landsberg (Warthe), 26. Juni. Unruben

gangenen Nacht ist es bier zu schweren

Vlünderung des Proviantamts aufgebetzt. Die Menge zog darauf zu dem jensenss der Warthe gelegenen Proviantamt, ent— waff nete den Posten, schlug die Türen ein und begann das Proviant, amt zu plündern. Die aufgebotene Polizei und Feuerwehr waren machtlos. Eine Abteilunz des Feldartillerieregiments Nr. 54 mußte bald die Waffen strecken. Das gan ze Proviantamt wurde ausgeplündert. Der Schaden beträgt weit über eine halbe Million. In den Morgenstunden zog die Menge dann zu den Bahn— bögen, die von der Stadt zur Lebensmittelausgabe und zu Lebens— müteiniederlagen verwandt werden. Auch dort wurde eingebrochen und geplündert. Buttervorräte, Schmalz und Fett wurden geraubt. Heute vormittag ist die Plünderung im Proviantamt noch in vollem Gange. Hafer wird wagenweise weggefahren. Das gesamte Leder—⸗ zeng ist geraubt. Militärische Hilfe konnte bisher noch nicht herangebolt werden. Die Bäckereien sind heute früh von der Menge gestürmt worden, so daß Landsberg Mittags ohne Brot ist. Für die Nachtstunden sind weitere schwere Unruhen zu erwarten.

Landsberg (Warthe), 27. Juni. Obwohl gestern gegen Mittag den Plünderungen im Probiantamt durch Einschreiten einer Abteilung des Feldartillerieregiments 54 ein Ende gemacht worden wan, dauerte die Erregung im Laufe des Tages an. Es wurde eine Einwohnerwehr gebildet, an der sich die organisierte Arbeiterschaft, Mehrheitssozialisten und Unabhängige beteiligten. Im Laufe des Abends kam es zu Ruhestörungen auf dem Marktplatz, die in Schießereien ausarteten. Ein Mitglied der Einwohnerwehr wurde erschossen, andere verletzt. Später wurde ein großes Konfektionsgeschäft, die Filiale der Berliner Firma Vandsburger, vollständig ausgeplündert und die Ladeneinrichtung zertrümmert. K83

München, 26. Jun, R. e,, sozialist Eduard Schmidt, Schriftleiter der, Münchener Post“, ist donk der Umerststzung der U. S. P. mit 25 von 49 gültigen Stimmen zum Ersten Bürgermeister gewählt worden.

Aeronautisches Ob servatorium. Lindenberg, Kreis Beeskow. 23. Juni 1919. Drachenaufstieg von 5 bis Vorm.

k Relatipe Wind Seehöhe Luftdruck Temperatur O3 Fenchtig. Geschwind. oben unten J Richtung Selund. K . Netter 15 536 iss 83 Ses 38 509 . J 10066 . WSS i 1500 s 6. 860 WSB 10 2066 555 0,4 265 Wes 10 og 563 31 30 Wös 1 990 bes 531 30 Ws 13 3609 9 21 55 S d zobß665 465 —12,9 1066 Wzs 16 4500 35 11,1 109 Ws 17 50900 403 —144 y. WzS 13

Bewöldt. Inversion zwischen 4000 und 40890 m von 1290 auf 90.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Gpernhaus. (Uͤncer den Linden.) Sonnabend: 164. Dauer- bezugsvorstellung. Dienst- und Freiplätze sind aufgehoben. Der Rosenkavalier. Komödie, für Musik in drei Akten von Hugo von Hofmannsthal. Musik von Richard Strauß. Musikalische Leitung: Dr. Fritz Stiedry. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 63 Uhr.

chan spielhnns. (Im Gendarmenmarkt.) Sonnab.: 177. Dauer⸗

bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Treiplätze sind aufgehoben. Minna von Barnheln: oder Das Soldatenglitck. Lustspiel in fünf . von Lessing. Spielleitung: Albert Patry. Anfang Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 165. Dauerbezugsvorstellung. Diensl⸗

und Freiplätze sind aufgehoben. Der Troubaddur. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienischen des Salvatore Camerano. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Nachmittags: 23 a. Kartenreservesatz. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. 23. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Minuan von VBarnhelm. Anfang 2 Uhr. Ahends: 178. Dauer— bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Coriolan. Historisched Drama in fünf Aufzügen (14

Verwandlungen) don Willlam Shakespeare. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Annaluise Jordan mit Hrn. Predigtamtskandidaten, Lcutnant d. R. Julius Matz (Wittenberg, Bez. Halle Königs —« berg Pr.). Frl. Hildegard Stoip mit Hrn. Gerichtsassessor, Oberleutnant d. R. Siegfried von Schaewen (Berlin).

Gestorben: Hr. Oberjägermeister, Kammerherr, Oberstleutnant z. D Henning von Arnim (Hennersdorf b. Kamenz i. S.).

Hr. Stabsarzt Dr. Kart Pietsch (Schweidnitz, Schlef.). Frau

Camilla von Heyden, geb. won Neumann -⸗-Cosel' (Leistenow) Frau

Minka Freifrau von Brandenstein, geb. von Arnim (Niendorf).

Verantwortlicher Schriftleiter: J. V. Weber in Berlin. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle(Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. Sieben Beilagen

lelnschlleßlich Börsenbellage und Warenzeichenbeilage Nr. 48 Aund B)

und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister ˖ Beilage. Der gestrigen Ausgabe lag die Nr. 25 der Inhaltsangabe

.

au Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers bei.

Erste Beilage

un Deutschen Neichsanzeiger und Breußischen Staatsanzeiger.

. . 142.

Berlin, Freitag, den 27. Ini

8238

Prenszische Landesversammlung. 34. Sitzung vom 25. Juni 1919.

Nachtrag.

Die im Bericht über diese Sitzung (in Nr. 141 des „Deutschen Reichs- und Preußischen Staatsanzeigers“, erste Beilagej auszugsweise wiedergegebene Rede, die bei der Be⸗ sprechung der förmlichen Anfrage und der Anträge über die Stellung der Preußischen Regierung undder Landesversammlung zur Unterzeichnung des Friedensvertrags der Minister des Innern Heine gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Ueber die von den Mehrheitsparteien eingebrachte Tagesordnung hat sich schon Herr Ministerpräsident Hirsch ausge⸗ lassen. Inzwischen ist die Tagesordnung 492 eingegangen, worin ein Zusatz gefordert wind: „die Ablehnung des Friedens durch die deutsche Regierung war daher geboten“. Herr Abgeordneter Herold hat bereits mit voller Klarheit in einer unwidersprechlichen Weise nachgewiesen, daß dieser Satz juristisch etwas Unmögliches enthält. Den Frieden ablehnen konnte nur die Reichsregierung. Soweit aber ge— meint war, daß die preußische Regierung ihren Einfluß ausüben sollte für die Nichtannahme des Friedens, hat sie es getan; das steht in der Tagesordnung der Mehrheitsparteien. (Widerspruch rechts Herr Ministerpräsident Hirsch hat Ihnen auseinandergesetzt, was wir

(Zurufe rechts) Nun brauchen wir uns weiß Gott um dieses Wort nicht zu streiten, nur möchte ich dem Herrn Abgeordneten von Kraus

e die Frage vorlegen: welchem Zweck soll es denn dienen, daß dieser Satz eingeschoben wird, wo kein Mensch zweifelt, daß wir gegen die An— ff

nahme gesprochen haben, wo das sogar der Grund des Angrif

2 8ð96 8 Tes v LY

Es hieß: war geboten Verzeihung, Sie verstehen mich nicht. Im perfassungemäßigen Sinne konnte die preußische Regierung nicht ab— lehnen, denn das ging über ihre Befugnisse; soweit sie es konnte, hat sie es aber getan. (Zuruf bei den Deutschnationalen) Sie wollen diesen Zusatz hineinbringen, um nach seiner Ablehnung einen Anlaß zu haben, gegen das Vertrauenspotum zu stimmen. (Sehr richtigh Dies Recht haben Sie auch ohnedies. Ich gehöre nicht zu denen, die nicht gern auch Vertrauen hätten bei Männern anderer Parteien. Ich werde mich immer freuen, wenn ich Vertrauen für meine Arbeit, für meine Leistungen finde, wo immer es sei. Hier aber, wo es sich um eine politische Aktion handelt, bin ich vollkommen zufrieden, wenn die Regierung das Vertrauen der drei Mehrheiteparteien hat, die sie eingesetzs haben. Da muß ich die Unterstützung durch die anderen Herren nicht so hoch einschätzen, daß ich darauf Rücksicht nehmen könnte. Nun aber, Herr von Kraufe, und auch Sie, meine Herren (nach vechts) haben sich durch Zwischenrufe dagegen verwahrt, daß Sie in dieser Notstunde des Vaterlandes an Ihre parteipelitischen Interessen dächten, was Herr Herold Ihnen mit aller Entschiedenheit ins Gesicht geschleudert hat. Ich bedauere, Ihnen nichts anderes sagen zu können als Herr Herold. (Sehr richtig! im Zentrum.) Es ist beklagenswert, daß diese Stunde uns nicht einig und geschlossen findet. (Sehr gut! im Zentrum) Herrn Hoffmann je auß meiner Seite zu finden, habe ich nicht erwarten können. Herrn Hoffmanns Vertrauenserklärung könnte mir nur durch ein Versehen zukommen. Mit Herrn Hoff— mann streite ich über Fragen dieser Art überhaupt nicht. Ich kann nur wiederholen, was ich seinerzeit in einer etwas erregten und dramalischen Szene in diesem Hause ausgesprochen habe. Aus diesen Verhandlungen um einen besseren Frieden konnte nichts werden, weil die Freunde des Herrn Hoffmann uns an die Feinde verraten haben. (Lebhefte Zustimmung rechts und im Zentrum.) Noch einmal zu Ihnen, meine Herren! (ach rechts) Sie haben sich dagegen vewahrt, parteipolitische Ziele zu verfolgen, und ich habe schon gesagt, wie sehr ich es begrüßt hätte, wenn uns der heutige Tag alle einig gefunden hätte. Sie haben gegen die Regierung pole— misiert Ihr gutes Recht. Aber die Art, wie Sie polemisiert haben, Sie nämlich, Herr von Kardorff, beweist, daß Ihnen tatsächlich nicht daran liegt, das deulsche Volk zu positiver Arbeit zu einigen. (Wider— spruch bei den Deutschnationalen Zuruf: Unerhört! Wie könren Sie, meine Herren, es wagen, der Regierung des Herrn Hirsch und mir zu sagen, wir hätten kein Verständnis für die Sorgen des DOstens gehabt! Guruf ds Abgeordneten Dalmer: Sie haben uns in Königsberg betrogen!) (Glocke des Präsidenten.) Wir und die anderen Minister, die in Weimar gewesen sind, haben immer wieder mit den Abgeordneten und Behörden des Ostens ver— handelt. Wir haben uns bei der Reichsregierung bis zum letzten Augenblick dafür eingesetzt, daß diesem Frieden nicht zugestimmt würde, und nun wagen Sie uns zu sagen, wir hätten kein Verständnis für die Interessen hes Ostens gehabt. Meine Herren, es ist wahr, ich habe in Königsberg und anderen Orten gesagt, wir lassen euch nicht im Stich, und es ist wahr: als sich die Reichsregierung auf den entgegengesetzten Standpunkt stellte, habe ich gefagt, daraus ziehe ich die Konsequenz (hört, hörth, nicht in der Regierung bleiben zu wollen. Ich habe heute einen Brief vom Reichsverband Ostschutz erhalten, worin es heißt: Der Herr Minister Heine hat. sich durch seine klare und be— stimmte Haltung in den Ostfragen das Zutrauen der deutschen Bewohner unseres Ostens errungen und darf ihres Dankes gewiß sein. Wir bitten Ew. Exzellenz nämlich den Herrn Ministerpräsidenten

sehr ergebenst, Ihren ganzen Einfluß dahin geltend zu machen, daß

gerade in der jetzigen schweren und kritischen Zeit der Herr Minister

Heine nicht aus der Staatsregie rung ausscheidet. (Unruhe links.) Meine Herren, was ich zu tun habe, entscheide ich; aber das sage ich Ihnen: ich glaube, daß die Herren vom Reichsverband Ostschutz nicht weniger wissen, wer Verständnis für die Sorgen des Ostens hat, als Sie. (Sehr richtig) Aus diesem Grunde habe ich das angeführt, aus keinem anderen Grunde. Glauben Sie mir: nach diesen Erleb⸗ bissen hier noch zu stehen, mit Ihnen Kacht rechts] und mit Herrn

. Weise sagen

Hoffmann zu debattieren, das gehört nicht zu den Freuden des Lebens. (Sehr richtig) Ueberhaupt: nach dem, was wir erlebt haben, was uns in diesen Tagen zugefügt worden ist, noch zu leben, noch dem Vater⸗ lande zu dienen, das ist etwas so Fürchterliches, daß keiner, daß kein späteres Geschlecht uns darum beneiden kann, Eebhafte Zustimmung Zurufe links.) Ich will hier nicht parteipolitische Verteidigungs⸗ und Anklagereden halten, aber ich möchte doch einen Mann von der Bildung und der geistigen Kapazität des Herrn von Kardorff bitten, uns hier nicht mit solchen Geschichten zu kommen wie mit der angeb— lichen Rede des Herrn Vater aus Magdeburg (Sehr richtig! links), mit der Räubergeschichte, daß der Herr Vater die Fahnenflüchtigen mit Geld an die Front geschickt habe, um dort das Heer zu zermürben. (Unruhe.) Ich zweifele nicht daran, daß Vater das gesagt hat; er hat noch mehr dummes Zeug gesagt. (Heiterkeit) Glauben Sie denn, daß

das wahr ist? Glauben Sie, daß ein Fahnenflüchtiger freiwillig an 6. .

die Front geht mit einem Auftrage des Herrn Vater, ermürben? Nein, diese elende Gesellschaft blieb fein ie konnte, und schimpfte; das war ihre Tätigkeit. Der Herr Vater st Mitglied des äußersten Unabhängigen sozialdeme⸗ kratischen Partei. Was wir während des Krieges getan haben, um die Liebe des Volkes zum Vaterlande zu wecken und zu erhalten, um die Widerstandskraft unseres Volkes zu stählen, um seinen Zusammenhalt aufrecht zu erhalten, ; zu können getan, so weit es uns möglich war. (Sehr richtig! links) Wir wellen uns heute nicht gegenseitig unsere Ver⸗ dienste und unsere Schuld vorklagen und vorhalten. Der Augenblick ist wirklich zu ernst dazu. Lassen Sie uns endlich einmal den alten Streit, wer die Schuld an der Niederlage trägt, einsargen. Aber, bi überlegen Sie: wenn das wirklich wahr wäre, was der Herr Vater renommiert hat glauben Sie denn im Ernst, daß seine Emis

stande gewesen wären, die Armee so zu zermürben, wie es leider ge⸗ schehen ist, wenn nicht in den inneren Verhältnissen des

8

Heeres bereits ; ) 3 ; 1 s z . 8 5 2 eine Zerrüttung eingetreten gewesen wäre, die solchen Agenten das Herz

k Flügels der

der Leute geöffnet hätte? (Sehr richtig! im Zentrum.) Ich will hier

nicht untersuchen, woran das lag; ich will heute nicht anklagen.

ich will etwas anderes, was uns heute wieder naheliegt, berühren. Es ist wahr: wir hätten das deutsche Volk auch in dieser äußersten

Stunde vielleicht zu einer Haltung bekommen, die anders gewesen wäre.

ers 2 . wSiins ct 5 24 ö ö 20 sy * V ö Ich hätte es gewünscht, daß man noch ein Letztes versucht hätte. Warum 66 2 mn, 35 8 251 232 . w 1 ist es nicht geglückt? Weil das Volk nicht mehr an sich selber glaubte, J .

N 16

mehr, warum hoffte es nicht mehr, warum setzte das Volk jeder in

Aussicht gestellten Erwartung auf Hilfe einen Zweifel, ein Nein ent⸗

gegen? Weil es vier Jahre lang aus einer Hoffnung in die andere

getrieben worden ist. (Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten:

Belogen worden ist! Ach, lassen Sie doch Ihre knotigen Aus— 5

drücke! (Heiterkeit. Lebhafter Beifall. Andauernde lebhafte Zu⸗ rufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Das sagt der Mann, der

3 5 0 3 V * v3 Sgron Dy tern ikt 3 9 f * à hom W Zuhälterredner! Einen größeren Knoten gibt es garnicht als den Zu— hälterredner! Glocke des Präsidenten.)

; , . e w Vizepräsident Dr. Porsch: Es wird mir von den Schrift—

führern mitgeteilt, daß der Abg. Ad. Hoffmann „Zuhälter!“ ge—⸗ rufen hat.

Abg. Ad. Hoffmann: „knotig“ gesprochen hatte.

Vizepräsident Dr. Porsch ruft den Abg. Ad. Hoffmann zur Ordnung.

Minister des Innern Heine (ortfahrend): Meine Herren von der Rechten, ich muß noch ein Wort an Sie richten. Herr Abgeord⸗ neter von Kardorff sagte: seine Partei führt den Kampf für Freiheit auf der Basis von Ordnung und Recht. Meine Herren, wenn Sie diesen Kampf führen wollen und wenn Sie ihn führen wollen, ohne nach be⸗ rühmtem Muster dazu zu denken: „wie wir ihn auffassen“, wenn Sie ihn wirklich ehrlich und wahr führen wollen, dann bitte ich Sie: unterstützen Sie die Regierung, denn Sie können ganz sicher sein: wenn die Grund⸗ lage, auf der die Regierung steht, wenn die Mehrheit untergraben wird, so würden Sie bei uns im deutschen Volk nicht Ordnung, nicht Recht, nicht Freiheit Haben. (Sehr gut! Wir wollen aber in einen Zustand unseres Vaterlandes und unseres Volkes hinein, der es uns ermöglicht, wieder aufzusteigen. Wir haben den Glauben nicht verloren, aber aller Glaube hilft uns nichts ohne die Tat, und wenn das deutsche Volk bei allem guten Glauben nicht das Laster ablegt, das es zugrunde gerichtet hat, daß es sich gegenseitig angreift, diese Uneinigkeit, dieses Herum⸗

Erst nachdem der Minister von

wühlen im Dreck der Vergangenheit (sehr richtig), während uns die

Arbeit des Tages notwendig ist, dann werden wir keinen Aufstieg er⸗ leben. Darum bitte ich Sie alle: vergessen Sie nicht trotz des Ab⸗ geordneten Hoffinann daß die Stunde, in der wir sind, nicht nur bitter, sondern auch weihevoll ist. Wir haben uns zu weihen dem Dienste unseres unglücklichen Vaterlandes und der Arbeit an seiner Zukunft, und wir müssen über das hinweg, was wir erlebt haben. Wenn alle diejenigen, die wirklich ihr Vaterland lieben, einig sind, dann kommen wir über die Nat, die uns vom äußeren Feinde dreht, hinaus. Alles Andere, was von innen geschieht an Jämmerlichkeit der Gesinnung, an Feigheit und an Unterwürfigkeit vor dem Feinde und an Egoismus und Begehrlichkeit, kann uns nichts mehr antun, wenn wir anderen die Kraft und den Willen haben. (Lebhaftes Bravo)

35. Sitzung vom 26. Juni 1919. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.) Am Ministertisch der Ministerprästdenl Hirsch und der Minister für Landwirtschaft usw. Braun. Präsident Leinert eröffnet die Sitzung um 12 Uhr 20 Minuten. . ; . J Es wird zunächst die Besprechung der förmlichen Anfrage der Abgg. Adolf Hoffmann und Genossen (u. Soz.) über die Stellung der Preußischen Staats⸗ regäerung und der Landesversammlung zur Unterzeichnung des Friedensvertrages fort⸗ gesetzt. ee

Hierzu liegt der Antrag der Abgg. Gräf (Soz.),

Dr. Porsch Zentr.), Dr. Friedberg (Dem) und Ge⸗ nossen vor: . beschließen: Die

Die preußische Landesversammlung wolle be n; 3 Landesversammlung ist mit dem ganzen Volke einig in der schärfsten Verurteilung des uns aufgezwungenen, allem Rechtsgefühl hohn⸗

sprechenden Friedens, der unser Volk in der schlimmsten Weise ver— 1

gewaltigt. Die Breußische Staatsregierung hat diesen Standpunkt gleichfalls zum Ausdruck gebracht. Die Landesversammlung spricht der Staatsregierung ihr Vertrauen aus. .

Dazu haben die unabhängigen Sozialdemo⸗

kraten beantragt, hinter dem ersten Satze folgenden

denden Stunde ein Eintreten der

II nterzoichrn doe nee men r pr an Unterzeichnung des nr edensdertrages

Preuf

,, geboten.

1 X ? * . 8a w 3 ** 7 9 Von den De utschnatio nalen und der Deut chen Volkspartei ist beantragt, an derselben Stelle folgen⸗

den Satz einzuschieben: , „Das Eintreten der Preußischen Staatsregierung für die lehnung des Friedens war daher geboten.“ Die unabhängigen Sozialdemokraten he⸗ antragen außerdem, das Vertrauensvotum aus dem An⸗ ssen und dem⸗ gemäß den zweiten und dritten Satz zu streichen. Ueber den von ihnen zum Antrag Gräf beantragten Zusatz soll namentlich abgestimmt werden. ? 9 13

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Abg. Bartels ten Verurteilung dieses uns c sich meine Partei on se unsere Haltunk teht ung vor dem Kriege

3s auf dem Standpunkt als der Krieg dennoch zuwenden und unser

Smeüarr fg 1 Wir sind deshalb

Die Alldeutschen ;

nd während des 3 Völkerfriedens

72 . 83 * WMö'srr und die Vaterlands;z len ihrer Wut ver- le t verlangt, daß Scheide⸗

L 57 . 53 1 6

] au] 6E . r Alldeutschen und der ei hätten wir den Verständigungs⸗ rieden bekommen. Widerspruch rechts) Es ist be⸗ zeichnend, daß gerade diese Seite jetzt die heftigsten Angriffe auf die ien haben kein Recht dazu, denn durch

ihre frivole Vabanquepolitik haben sie min diese traurige

Rogigrir 1 0 cMiese Mwarkoron Regierung richtet. Diese Varteien h 1 . 1.

LEIL * bUli Lage gebracht. (Erneuter stürmischer i ch rechts.) Her von Kardorff hat gestern besonderen Nachdruck den Ehrenpunkt gelegt; das Richtige ist ihm darauf schon von General Deimling er⸗ widert worden. Ueber die Notwendigkeit der Unterzeichnung diefes sogenannten Friedencvertrages war auch in meiner Fraktion Meinungs⸗

5 d orvr 12 1 2 hat angesichts der andernfalls un⸗

; s das kleinere Uehel

verschiedenhest, die Mehrheit aber . vermeidlichen Katastrophe die Unter l angesehen. Die V rtung für diese Unter j ab Eachen rechts) und übertragen sie auf die, die an dem Zusammen⸗

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Agitationsrede gehalten. Nicht die Angst vor der Straße oder vor den Unabhängigen diktiert unsere Politik, sondern das Gefühl der Verantwortlichkeit. Der Friede, den wir jetzt annehmen sollen, ist auch nicht eine Konseqi

ienz der Revolution, denn der militärische Zusammenbruch war schon vorher da. Das hat ja auch Herr von Kardorff selbst zugegeben. Wenn aus diesen Gründen die Dissen⸗ tierenden aus der Reichsregierung ausscheiden, so ist das verständlich; für die Preußische Staatsregi azu kein Anlaß vor. Die beantragten Zusätze zur Resoli ien wir ab, schon weil über den Friedensvertrag selbst die Nation

g 1 5 6.

bedingungen getroffen. völkerung werden uns entrissen (Zuruf rechts: Das ist Ihre Ver⸗ söhnungspolitik!', Provinzen, die volkswirtschaftlich für Preußen von allerhöchstem Werte sind. Aber wir müssen uns mit diesen harten Tatsachen abfinden und geben die Hoffnung, daß über kurz oder lang die Wiedervereinigung kommen wird, nicht auf. (Lebhafter Beifall.) Wir hoffen, daß unferen Stammesgenossen drüben in der Aufrecht erhaltung ihres nationalen Volkstums nicht die gleichen Schwierig- keiten gemacht werden, wie sie den Polen bei uns gemacht worden sind. (Zurufe rechts: Abwarten! Entwürdigend ist es, uns zur schriftlichen Anerkennung der Schuld am Kriege zu zwingen. Diese Schuld trifft alle Teile, auch wir sind von Mitschuld nicht frei, aber wir müssen darauf bestehen, daß zur Feststellung der geschichtlichen Wahrheit allUl'e geöffnet werden. Die Auslieferung den Schuldigen ist ein unerhörter Gewaltakt, wie er noch nie vom Siegen dem Unterlegenen auferlegt worden ist. Der nach außen beendete Krieg darf nicht im Innern durch eine Putschpolitik fortgesetzt werden. Derartige Absichten bestehen von rechts wie von links. Die Herr⸗ schaft an der Minderheit, gleichviel ob von der Rechten oder von der ußersten Linken, könnte uns nur in ein Chaos stärzen, deshalb billigen wir durchaus, wenn der Gewalt Gewalt entgegengesetzt wird. Wir wollen die Weiterentwicklung fördern, aber nur auf dem Boden der Demokratie, und so lehnen wir auch die Räterepublik ab.

Präsident Leinert stellt fest, daß sich im Sitzungssaale Per— sonen befinden, die nicht Abgeordnete sind. (Lebhaftes Hört, hörth Er erklärt dies für durchaus unzulässig. .

Abg. Prelle (Welfe)h: Wo sind Treu und Glauben geblieben, wenn wir unsere Führer an den Feind ausliefern? Unsere Feinde haben von langer Hand diesen Krieg vorbereitet, um uns in diese politische und wirtschaftliche Ohnmacht zu stoßen. Wir glauben aber trotzdem an die Zukunft des deutschen Volkes. Gegenüber Ver⸗ leumdungen erkläre ich im Namen der deutsch⸗hannoverschen Partei, daß wir keine Unterhändler im Auslande haben, daß wir mit keiner ausländischen Macht verhandeln oder verhandelt haßen und daß wir die Selbständigkeit Hannovers nicht von ausländischer Hilfe erwarten. Dannoder soll ein freier deutscher Gliedstaat sein im freien festgefüglen Deutschland. ö

Ein Schlußantrag wird angenommen. (Lebhafte Ent⸗ rüstungsrufe rechts und Zurufe: Das ist die demokratische Frei⸗ heit! Gelächter links.)

Es wird abgestimmt. Der erste Teil des Antrags Gräf— Porsch-Friedberg, wonach die Landesversammlung mit dem ganzen Volle einig ist in der schärfsten Verurteilung des gufge⸗ zwungenen Friedens, der unser Volk in der schlimmsten Weise vergewaltigt, gelangt ohne Widerspruch zur Annahme. .

Ueber den Antrag der Deutschnationalen, wonach das Ein⸗ treten der preußischen Regierung für die Ablehnung des Friedens geboten war, wird namentlich abgestimmt.

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Er wird mit 21 gegen 58 Stimmen der Rechten bei 8 Enthaltungen abgelehnt.

n. namentlich abgestimmt wird über den Antzag der Unabhängigen, wonach dag Eintreten der preußeischen Res