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Bekanntmachung. ; Auf Grund des S 71 der Reichsgetreideordnung für die Einte 1918 vom 29. Mai 1918 und der dazu erlassenen Ausführungs⸗ anweisung vom 12. Juni 1918 sowie der Bundesrats verordnung vom 23. September 1915. Fetreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel (REBl. S. 603), baben wir das Geschäft des Bäckermeisters Karl Köster in Dortmund, Noid—⸗ straße 20, wegen Herstellung und Verkau's von Kuchen bis auf weiteres geschlossen und dem Genannten die Herstellung und den Verkauf von Backwaren sowie den Handel mit Lebensmitteln aller Art wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbeiieb um tersagt. Die Untersagung wirkt für das Reichsgebiet. — Die Kosten der amtlichen Bekanntmachung dieser Vertügung im Reichsanzeiger und im amtlichen Kreisblatt sind von dem Betroffenen zu tragen. Dortmund, den 25. Juni 1919.
Lebensmittelpolizeiamt. J. A.: Sch warz.
Bekanntmachung.
Auf Grund der S5 1 und 2 der Verordnung des Reichskanzlers vom 23. September 1915. (Reichs⸗Gesetzbl. S. 606) und der ministeriellen Ausführungsbestimmung vom 27. September 1915 wird dem Gasthofbesitzer Abin Tas lerin Hain der Betrieb der Gastwirtschaft in dem Gasthof Goldene Aussicht“ in Hain vom 27. d. M. ab auf die Dauer von drei Monaten untersggt. — Kosten, welche durch diese Verfügung und ihre Veröffentlichung entstehen, hat A. Tasler zu tragen.
Hirschberg, den 26. Juni 1919.
Der Landrat. J. V.: Teichgraeber.
B e annthmachu nn Dem Metzgermeister Anton Höing in Herbern ist auf Grund der Bundesraté verordnung vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) und der hierzu ergangenen Ausführungsanweisung vom 27. September 1915 der Handel mit Lebensmiteln jeg-⸗ licher Art, inebesondere mit Fleischwaren, wegen Un—
zuverlässigkeit untersagt worden. Lüdinghausen, den 23. Juni 1919. Giaf von Westphalen.
Der Landrat.
Aichtamltliches.
Deutsches Reich.
Die Mehrzahl der Mitglieder der deuischen Kom— mission in Spaa hat gestern abend die Stadt verlassen und kehrt nach Berlin zurück wo die Hauptabwicklung der Geschäfte vor sich gehen soll. Nur der Generalmajor Freiherr von Hammerstein, der Vorsitzende der deutschen Kommission, bleibt noch mit einigen Beamten zur Erledigung der Geschäste in Spaa zurück.
Die vorläufige Weitersührung der sich aus der bisherigen Täsiakeit der Waffenstillstande kommission in Spag ergebenden Arbeittn werden die in Frankfurt a M. und Wiesbaden bestehenden deutschen und allüerten Unterkommissionen übernehmen.
Der Aus schuß der Deutsch⸗Oesterreicher im Deutschen Reiche teiltmit: Sämtliche Angehörigen der früheren österreichischen Monarchie hatten bisher die gleichen Pässe, aus welchen nicht ersichtlich ist, welchen der neu entstandenen Nationalstaaten der Jahaber angehört. Es hat sich deshalb als notwendig er⸗ wiesen, den Deutsch⸗Oesterreichern eigene Ausweise auszustellen, und der Ausschuß der Deutsch-Oesterreicher im Reiche, Berlin-Charlottenbura (Kanisttaße 162), ist von der deutsch⸗österreichischen Regierung damit betraut worden, den im Deutschen Reiche lebenden Deutsch-Oesterreichern auf Verlangen solche Ausweise auszustellen.
Diese Ausweise gelten innerhalb des Deutschen Reichs und Deutsch⸗Oesterreichs als vollgültiges Legilimationspapier, ersetzen aber nicht bei Reisen ins Ausland den Reisepaß. Die Ausweise verlieren ihre Gültigkeit bei einer allgemeinen amtlichen Regelung des dentsch-österreichischen Paßwesens. Ansuchen um Ausstellung dieser Ausweise sind mittels Post⸗ karte an obigen Aueschuß einzusenden. Die Ansuchen müssen genau: Name, Stand, Adresse enthalten. Auf Grund bieser Ansuchen werden den Antragstellern die erforderlichen Formulare zugesandt.
Preuszen.
Der Oberbefehlshaber Noske hat laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ nachstehendes Verbot des Waffenderkaufs erlassen:
Besondere Vorkommnisse veranlassen mich, im Einveiständnis mit dem preußischen Handelsminssterium, auf grund des § 9d des Gesetzes über den Belagerungszustand allen in den unter Belagerungs— zustand stehenden Gebieten gelegenen Waffen- und Munitionsfabriten jowie Zwischenbändlern und Verkaussstellen jeglichen Verkauf von Waffen, Munition und Sprengmitteln zu untersagen. Zuwider⸗ handlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft, falls die bestehenden Gesetze keine höhere Strafe androhen. Ausnahmen unterliegen meiner besonderen Genehmigung. Ich mache die Polizei⸗ behörden für die Ueberwachung und Durchführung des Verbots ver— antwortlich und weise insbesondere auf scharfe Kontrolle der Verkehrs— mittel hin.
Der Parlamentarische Aktionsausschuß Nord hat am 28. Juni im Landeshause zu Danzig eine Sitzung ab— gehalten, in der dem Wolffschen Telegraphenbüro zufolge be⸗ schlossen wunde, bei der Ratifizierung des Friedens eine feier— liche Rechts verwahrung gegen die Vergewaltigung des Ostens einzulegen. Zu diesem Zwecke sollen die Ab⸗ geordneten der Gebieie, für die der parlamentarische Aktions— ausschuß Nord gebildet ist, noch Berlin zu einer Gesamttagung berufen werden. Der Aktionsausschuß ist der Ansicht, daß die Be⸗ völkerung des Ostens mit dem Spruch der Nationalversammlung sich abfinden muß. Jadem aber die Bepäölkerung die drückenden Pflichten des Gewaltfriedens auf sich nimmt. mird sie andererseits die ihr verbliebenen Rech'e mit aller Entschiedenheit wahren. Insbesondere muß daran festgehalten werden, daß bis zum Inkrafttreten des Friedens bie voheitsrechte in den Ostgebieten dem Deutschen Reiche verbleihen. Bis zu diesem Zei punkte werden sie auch gegen jeden gewaltsamen Uebergriff geschützt werden. An die in den Abstlmmungsbezirten woh— nenden Deutschen richtet der Aktionsausschuß die dringende Bitte, ihr Volkstum hochzuhalten und sich bei der Stimmabgahe weder durch Drohungen noch durch Lockungen
beirren zu lessen. Mögen sie noch wie vor treu zur deutschen Volksgemelnschost siehen. Enst kommt der Tag, da ein ge⸗ rechter Richterspruch der Westgeschichte das Unrecht von Ver⸗ sailles wieder gutmachen wird.
Der Kommunistenführer Herfurth, längerer Zeit ein Schutzhaftbefehl vorlag, ist nach einer Meldung des „Woiffschen Telegraphenbüros“ gestern fest— genommen worden.
gegen den seit
Bayern.
Das Standgericht beim Landge icht in Aschaffenburg hat den Tagelöhner Wilhelm Jost, den Glasmacher Seufert und den Sergeanten Scheuenmann, sämtlich Mitglieder der U. S. P, wegen Beihilfe zum Hochverrat zu je 1'½ Jahren Festung verurteilt, weil sie zu Beginn des Monats April in Lohr am Main mit Militärgewalt die Räte⸗ republik aue gerufen hatten. Ein vierter Angeklagter, der nicht erschienen war, hat sich noch Mißlingen des Putsches, dessen Führer er war, der Reaierung als Spitzel gegen die eigene Partei angeboten und für seine Dienste 700 S6 erhalten.
Oe sterreich.
Die Reichskonferenz der Arbeiterräte Deutsch— Oesterreichs trat gestern vormittag in Wien im Sitzungs⸗ saale des ehemaligen Abgeordnetenhauses zusammen. Der Vor⸗ sitzende Friedrich Adler richtete in seiner Eröffnungsrede Grüße an die auf dem Boden des Klassenkampfes stehenden Arbeiter aller Länder und begrüßte sodann die Vertreter des Zentralrates der deutschen Arbeiterräse Knoblauch und Schimmel. Hierauf gab er eine Darstellung der Entwicklung der Arbeiterräte Deutsch⸗Oesterreichs. Er erinnerte an die Stellungnahme des Reiche vollzugsausschusses gegen das Verlangen, auch in Wien angesichts der Münchener Ereignisse zur Ausrufung der Räte⸗ diktatur zu schreiten. „Unser Widerstand hatte den Erfolg“, sagte Adler, „daß wir nicht in die bedauerliche Niederlage des Münchener Proletariats hineingezogen wurden. Jede Nieder lage des Proletariats in anderen Ländern und umgekehrt auch jeder Sieg muß eine Rückwirkung auf die unmittelbar an⸗ grenzenden Länder haben.“ Bei Erstattung der Berichte der einzelnen Länder wurde der steierische Delegierte, der schaife Angrifse gegen die Kommunisten richtete, von diesen durch leb⸗ hafte Zwischenrufe unterbrochen, bis die Kommun sten schließlich den Saal verließen.
Jafolge des gewalttätigen Vorgehens der süd⸗ slawischen Truppen in Südsteiermart und Kärnten ist die deuisch⸗österreichische Friedensdelegation wiederholt an den Obersten Rat der ollüerten und assoziierten Mächte heran getreten. Nunmehr hat die Friedensdelegation durch die Wiener Regierung von einem Telegramme des Obersten Rates Kenntnis erlangt, wonach die südslawische Be— satzungszone sich bis knapp an die Tore Klagenfurts er⸗ strecken soll. Wie das Korrespondenzbüro mitteilt, hat die deutsch österreichtsche Friedene delegation gegen diese Demarkat ons⸗ linie, die eine stete Bedrohung der Landeshapptstadt darstellt, eingewendet, daß hiermit die regelmäßige Lebens— mittelversorgung in Frage gestellt, die Stadt von ihrem Elek⸗ frizitätswer k: und Wasserreservoir getrennt und das Lavanttal vom Verkehr mit den übrigen Teilen Kärntens abaeschnitten wäre. Der letzte Protest der deuisch-österreichischen Friedens delegation betrifft das gewalttätige Vorgehen der südjlawischen Hesatzungstruppen. Die Friedensdelegation hat neuerdings der Erwartung und dem Vertrauen Auediuck gegeben, daß die Anforderungen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit durch das tatkräftige Einschreiten der Großmächte werden zur Geltung gebracht werden.
Großbritannien und Irland.
Dem Premierminister Lloyd George wurde gestern beim Betreten des Unterhauses eine große Ovation gebracht. Laut Bericht des Reuterschen Büros erklärte Lloyd George, der Frieden svertrag sei der umfassendste, weitestgehende Ver— trag, der jemals abgeschlossen sei, was die Zahl und die Macht der davon betroffenen Nationen, die Verschiedenheit der in Betracht kommenden Interessen, die Größe der in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete und die darin verkörperien vielversprechenden neuen Versuche betrefse, die den ganzen Charakter der Dinge in der Welt ändern und dem Schicksal der Menschheit eine neue Richtung geben können. Der Premierminister sagte, er werde am Donnerstag einen Gesetzentwurf einbringen, um die Regierung in Siand zu setzen, die Bestimmungen des Vertrags zu verwirklichen und werde eine Erklärung über den Vertrag und die Methode für seine Turchführung abgeben. Hierauf fragte der Abgeordnete Bottomley, ob irgendwelche Schritle bei den holländischen Bebörden getan worden seien, um ein Entkommen des früheren deutschen Kaisers zu verhindern. Der Unter— saatssekretär im Auswärtigen Amt, Harmsworth, erwiderte, die allüerten Regierungen hätten durch ihren Vertreter im Haag der niederländischen Regierung die Notwendigkeit vor⸗ gehalten, die entsprechenden Schritte zu tun, um eine Abreise des früheren Kaisers aus Holland zu verhindern. In Erwide— rung einer weiteren Anfrage ertlärte Harmsworth, daß keine Verhandlungen bezüglich des früheren Kaisers mit den Nieder⸗ eingeleitet worden seien.
Wie der parlamentarische Berichterstatter des sozialistischen „Daily Herald“ berichtet, trat Sir Edward Carson in der Sitzung des parlamentarischen Kohlen⸗ komitees im Unterhause am 25. Juni dafür ein, daß man die Regierung nicht im Zweifel darüber lassen dürfe, daß die englischen Industrien, und zwar nicht nur die Kohlen⸗ industrie, die Nationalisierung der Kohlenbergwerke innerhalb und außerhalb des Parlaments bekämpfen würden.
Noch der „Times“ erklärte ber belgische Arbeitersührer Camille Huhsmans auf der Arbeiterkonferenz in Southport, es werde keinen Frieden geben, solange Groß— britannien das Recht habe, Kolonien zu besitzen, und andere Länder dieses Recht nicht hätten, solange die Polen Deutsch⸗ landz das Recht hätten, sich an Polen anzuschließen, und die Deutschen Oesterreichs sich nicht an Deutschland anschließen dürften, solange eine zeitliche Besetzung verschleierte Annexion bedeute, wie bei der Besetzung des Saarbeckentz, und solange man sordere, daß Deutschland bezahle, ohne daß ihm die Möglichkeit zur Arbeit gegeben werde.
Frankreich.
Der Präsident Wilson ist gestern von Brest nach New York abgefahren. ö.
— Der Rat der Zehn wird sich nach dem, 6 künftig wie folgt zusammensetzen: Füc Frank eich ichen 49 Clemenceau, für Amerika Lansing und Oberst House, R England Balfour, Lord Milner und Vonar Land, Fit, te Tititoni und wahrscheinlich Marconi, für Japan Makino und Chinda. . — Der Präsident der Friedenskommission Elemen cegu hat am 28. Juri ein Schreiben an die, türkisch⸗ Delegation gerichtet, in dem er mitteilt, daß die alliierten und assozlierten Mächte der tärkischen Delegation für di . Frit dens konferenz unterbreiteten Mitteilungen dankten. Diese Mitteilungen seien sorgfältig erwogen woꝛ den. Da sie le doch internationale Fragen aufwürfen und eine sofortige eschluß⸗ fassung leider unmöglich sei, seien die alllierten und assoziierten Mächte in der Anschauung, daß eine Verzögerung unvermendlich sei, der Ansicht, daß durch die Verlängerung des Aufenthalts der Delegation in Paris zurzeit nichts gewonnen werde. Die alltierten und assozüierten Regierungen würden jedoch uucht versäumen, sich sofort mit der üürkischen Regierung zu weile rem Gedanken zustausch in Verbindung zu setzen, und versprächen sich davon günstige Ergebnisse.
— Der „Matin“ teilt mit, daß der Sozialist en hund des Selnedeparte ments, der Sonntag tagte, mit 6800 Stimmen bei 10 Stimmenthaltangen eine Entschließung angenommen habe, in der erklärt wird, daß die Sozialisten
in der Kammer gegen den Friedensvertrag stimmen
sollen. Eine andere Enischließung erklärt, daß die sozialistischen Delegierten am 14. Juli nicht den Slegesfeiern beiwohnen sollen Der 14. Juli' sei für die Sozialisten Frankreichs ein
Trauertag. paghland uszland.
Der lettische Ministerpräsident Needra hat sich unter dem Schuß der Amerikaner zu dem englischen General Gough in Libau begeben, um mit ihm in Verhandlungen zu treten.
Wie, Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, haben die Esten seit dem 27. sieben Mal vergeblich die Jaegelstel lung an⸗ gegriffen. Die Bolschewisten haben unter Benutzung dieses Bruderzwistes zwischen Esten und Letten von Lievenhof an der Düng ben Votmarsch auf Kreuzburg angetreten und sind einige Kilometer vorgedrungen.
— Der „Daily Chronicle“ meldet, daß die Armee des Generals Denikin auf einer Front von 890 Meilen zwischen dem Kaspischen Meer und der Krim an allen Stellen Fortschritte macht. Die Bolschewisten haben Bjelgorod, etwa 60 Meilen nördlich Charkow, geräumt. Der Fall von Charkow steht unmittelbar bevor. Wie verlautet, ist auch der Ostteil von Zarizin von den Truppen Denikins eingenommen worden. Der linke Flügel Denitins hat Pawlograd erreicht und der Vormarsch dieses Flügels bedroht die Verbindung der Bolschewisten mit der Krim. Die Bolschewisten haben Feo⸗ dosia in aller Eile geräumt.
Italien.
Nach Pressemeldungen hat der Ministerrat am letzten Sonnabend die Erhöhung der Einfuhr wichtiger Bedarfsarlifel und bessere Autznützung der staatlichen Vorräte erörtert, um angesichts der Spekulasion auf diesem Wege einer weiteren künßlichen Preissteigerung zu begegnen. Auch fol Hie Aufhehung der Zensur einstimmig beschiossen worzen sesn. Ferner wurde der Schatzminlster mit der Ausarbeitung ein L
allgemeinen Progressivsteuerreformnlanes hersant, ; tk,
fand ein Gedankenaustausch über die Wahlreform sta eren Entwurf alsbald der Kammer vorgelegt werden soll, die zwischen dem 9. und 15. Juli eröffnet wird.
Portugal.
Das neue Kabinett setzt sich nach der „Agence Havos“ wie folgt zusammen: Präsident und Inneres: Sa Chardoso, Justiz: Lopez Chardoso, Finonzen: Rego Chaves, Krieg: Dominiko Perez, Marine: Gunha, Unterricht und öffentliche Arbeiten: Oliveira, Handel: Ernesto Novarro, Landwirt⸗ schaft: Lima Alvez.
Belgien.
Die Erörterung der Scheldefrage wird nun, nachdem der Friede unterzeichnet ist, in den nationalistischen Blättern wieder aufgenommen und unter starken Ausfällen gegen Holland fortgeführt, obwohl sich das Land nur wenig für den Gegenstand interessiert.
Dänemark.
Der dertsche Gesandte Freiherr von Neurath ist nach dreitägigem dienstlichen Aufenthalt in Berlin gestern nach
Kopenhagen zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗
schaft wieder übernommen.
— Ueber die Ernennung des früheren deuischen Reichs⸗ togsabgeordneten Hanfsen zum dänischen Minister für Schles⸗ wig hat der Ministerpräsident Zahle dem „Wolffschen Tele⸗ graphenbüro“ zufolge in einer Rede mitgeteilt, daß zur Vor⸗ bereisung der Vereinigung detsz dänischen Teiles von Schleswig mit Dänemark ein Mittelpunkt für diese Arbeiten geschaffen werden mußte. Der neue Minister werbe sich die en Angelegenheiten ganz widmen, an den Ministerberatungen und Reichstag verhandlungen entscheidend Anteil nehmen und sich im Namen der Nordschleswiger gegenüber dem dänischen Volke von der Rednerbühne des Reichstags aussprechen können. Er werde die Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark bis zu Ende bearbeiten, gleichviel, welche Regierung am Ruder sei.
Der Minister sür Schleswig, Hanssen, äußert sich in seinem Organ „Heimdal“ in Apemade über seine Aufgaben unter anderem, wie folgt:
Sollten sich die letzien Nachrichten aus Paris bestätigen, dann kann die Ratifizierung des Friedensvertrages Ende Juli eiwartet werden. Spätestens Tage nach der Ratifizierung wird die Abstimmung in der ersten Zone von Schleswig vorgenommen werden. Wenn alles gut geht, ist es nicht aus⸗ geschlossen, daß diese Frist noch etwas abgelürzt wird. Sobald das Abstimmungsergebnis veröffentlicht ist, bat Dänemark be⸗ kanntlich das Recht, Schleswig mit seinen Militär. und Zivil behörden zu besetzen. Unter den Aufgaben, di s
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die in Schleswig zu lösen sind, steht in erster Reihe die Regelung der Valutafrage, bie dein dänischen Staat Millionen kesten wird, von der die Existenz vieler Nordschleswiger abhängig ist. Viele bestehende Gesetze müssen sofort außer Kraft gesetzt werden, neue, die aus ber alten Zeit in die neue hinüberfühten follen, ausgearbeitet sein damit sie soforß
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der Kleinverkaulspreise verhältnismäßig an; sie
verkaufspreis mehr als 1,20 4S½ für das Stück benägt.
in Kraft treten können, und auch Personenftagen werden zur Ent— scheidung diängen. So harren Tausende von Aufgaben ihrer Lösu Lösung.
Türkei.
Nach einer amtlichen Meldung cus Konslantincyel hat sich, wie die „Times“ berichtet, Mustafa Kemal Poscha, Befehle haher einer Heeresgruppe und unlängst zum Inspekieur der analolischen Heere ernannt, an die Spitze einer gegen
die zentrale Regierung gerichteten Aufstandsbewe⸗ gung gestellt. In seiner Prokiamation sordert er das Volk auf, sich zur Verteidigung des Landes zusemmen⸗
zuschließen. Sein Hauptquartier befindet sich in Amasia und sein Einfluß erstreckt sich über das gesamte Vilajet Brussa bis zur griechsschen Besetzungszu ne. Der Kommandant des 17. Armeekorps hat sich die ser Bewegung angeschlossen. Eine Sonder kommission ist von Konstantinepel nach Anatolien ge— sandt worden, um die dortige Bevölkerung zu beruhigen. Die türkische Regierung hat Mustasa Kemal Pascha aufgefordert. nach Konstantinopel zu kommen. Er het sich jedoch geweigert, der Aufforderung Folge zu leisten.
Finnland.
Der firnländlsche Generalstab ist vach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ in den Besitz eines Angriffs⸗ plans gelangt, der eine Eroberung des südlichen Finn⸗ lands mit den Städten Wiborg und Helsingfors durch eine Streitmacht von 25 000 Mann vorsieht und mit der Unzuver⸗ lässigkeit der regulären finnischen Truppen rechnet.
Einer weiteren Meldung des genannten Büros zufolge entwickeln die Bolschewisten eine gesteigerte Tätigkeit. Südlich des Finnischen Meerbusens fiel Krasnaja Gorko erneut in ihre Hände. Am Systerheck, wo sie Verstärkungen erhielten, wurden zwei Versuche, Brücken uber den Fluß zu schlagen, durch finnländisches Feuer vereiselt. Am nördlichen Ladoganfer erschienen 7 bolschewistische Fahrzeuge vor Vitele (). Ausgebotete Mannschafien besetzten den Ort und schnitten dadurch die iückwärtige Verbindung des Olonetzer Freikorps ab.
Amerika.
Noch einer Meldung der „Times“ aus Washinaton geht aus der vom amerikaniichen Handelsomt veröffentlichten Statistik hervor, doß der Anteil der britischen Schiffe am Warenverkehr dauernd abnimmt, während der Anteil der amer ki ischen Schiffe ständig im Wachsen begriffen ist und wahrscheinmlich bald an erster Stelle stehen wird.
Parlamentarische Nachrichten.
Von den der Deutschen Nationalversamm lung zu⸗ gegangenen neuen Steueryorlagen die wichtigsten Bestimmungen der Entwürse eines Tabak⸗ steuergesetzes und eines Gesetzes zur Abänderung des Zucker— , e. nebst dem Wesentlichsten aus den Begründungen wieder.
Entwurf eines Tabaksteuergesetzes.
Der Entwurf eines Tabalsteuergesetzes sieht eine neuerliche Belastung der Tabakerzeugnisse vor, obwohl bereits während des Krieges eine solche durch das Gesetz vom 12. Juni 1916 über Erhöhung der Tabak— abgaben eingetreten ist. Bei Beratung dieses Gesetzes im Reichstage hatte der damalige Staatssekretär des Reichsschatzmts der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß eine weitere Belastung des Tabaks nicht erforderlich sein werde. Eine bestimmte Zusicherung könnte er indes in dieser Hinsicht mit Rücksicht auf zwingende Verhältnisse, die etwa die Zukunft bringen könnte, nicht geben. Solche zwingende Verhältnisse sind inzwischen eingetreten.
Die Belastungssähigkeit des Tabaks kann durch die bisherigen Gesetze noch nicht als erschöp't gelten. Sie hat sich im Kriege als weit höher erwiesen als früber angenommen weiden sonnte. Obwohl nämlich die Kleinverkaufspreise für Tabakerzeugnisse um ein Vielfaches gestiepen sind, blieb die Nachsrage äußerst rega. Auch haben tabak— ähnliche Waren zu verhältnismäßig hohen Preisen steigenden Abjatz gefunden. Im vorliegenden Entwurf ist eme völlige Neuge⸗— staltung der Tabakbesteuerung in der Richtung vor— geschlagen, daß von allen Tabaterzeugnissen eine nach ihren Klein— verkauftpreisen abgestufte Verbrauchsabgabe unter Ver— wendung von Steuerzeichen erhoben werden soll. Die Besteurrung des inländischen Rohtabaks soll beseitigt und vom ausländischen Roh— tabak soll unter Aufhebung des Wertzollzuschlages lediglich ein Gewichtezoll in der Höhe erhoben werden, wie es zum Schutze des heimischen Tabakbaues notwendig ist. Dieser Schutzzoll ist auf 130 AS für 1 Doppelzentner bemessen und stellt eine erbebliche Er— höhung des bisherigen Zollschutzes für den inländischen. Tabak dar. Die Zollsätze für Tabakrippen und Tabaklaugen sollen mit Röcksicht auf die Bedürfnisse der Heisteller von Mauchiabak und Kautabat auf 50 S. und 89 6 ermäßigt werden. Ber den fertigen Tabakerzeug⸗ nissen soll der Eingangezoll für feingeschnittenen Rauchtabak und Zigaretten auf 4500 , für anderen Rauchtabak auf 1500 (6 und für Zigarren auf 2009 S6 erhöht werden. Neoen dem Eingangs zoll sollen dee Eczeugnisse die Verbrauck sabgahe in gleicher Weise wie die im Inlande hergestellten Tabaterzeugnisse zu entrchten haben.
Die Verbrauchsabgabesätze für Zigarnen sind jür die billigeren Zigarren niedriger bemessen und sseigen mit der Höhe ü bewegen sich in 22 Abstujungen zwiscken 8 Ss suͤr 1600 Stück und 500 „66 für 1000 Stück. Der Sag von 8 e sür 1000 Stück; rifft Zigarren, deren Kleinvertauhprert 8 3 oder weniger für das Stück beträgt, der Satz von 500 M sür 1000 Stück soll Zigarren treffen, deren Klein—⸗ Beläuft sich der Preis auf 120 6, so beträgt die Abgabe 380 S6 für 1600 Stück oder 31,5 v. H. des Kleinverkaufe preises, während bei den Zigarren, die mit 8 3 verkauft werden, der Abgabesatz sich auf 10 v. H. be— rechnet. Die Herstellung der billigeren Zigarten ist außerdem durch den Wegfall der Steuer für inländischen Rohtabat er eichteit.
Bei den Zigaretten soll der durch das Gesetz vom 12. Juni 1916 eingeführte Kriegsausschlag mit der Zigarettensteuer vereinigt werden und darüber hinaus eine Abacbenerbhöhung um etwa 8 v. H. der Kleinverkausspreise eintreten. Die Abgabesätze für igaretten bewegen sich in 11 Abstufungen zwischen 10 ½ für 10900 Stück (bei Zigaretten bis zu 3 5 das Stück) und 140 S für 1000 Stück (bei Zigaretten von über 25 „ das Stück).
Für Zigarren und Zigaretten sind seste Preisklassen vorgeschen, um einem ungesunden Wettbewerb im Kleinhandel vor— zubeugen. ᷣ
Für feingeschnittenen Rauchtabak bewegen sich die Steuersätze zwischen 3 „ ö 1k und 60 υς i sür 1 kg, und zwar kommt der niedrisste Satz bei e nem Kleinvertaufsspreise bis zu 1060. das Kilogiamm und der höchste Satz bei einem Kleinverkausspreise von über 80 ½ das Kilogramm zur Anwendung. Die Steuetsätze für Pfeifentabak (grob geschnittenen Rauchtabat) sollen sich von 1 M bis 9 ½ für das Kilogramm bewegen. Kautabat und Schnupf— tabak sollen in G bezw. ? Abstusungen mit 20 v. H. des Klein— verkaufspreises belastet weiden.
geben wir im folgenden
l
Für Zigarettenpapier, mit Ausnahme des zur gewerb— lichen Verarbeitung bestimmten, beträgt die Steuer 10 M für 10090 Zigaretfenrüllen.
ATabakersat stoffe dürsen bei der Heistellurg von Tabalerꝛeug⸗ nissen sowie von Waren, die chne Mitperwendung von Tahak as Grjatz für Tabaterjeugnisse in den Handel gebracht werden (tabaf— ähnliche Waren), nur nach näherer Bestimmung des Staatenausschusses verw ntet werden. Bei allen Erzeugnissen, die ganz oder zum Teil aus Egatzstaffen hergestellt sind, ist dies auf den Packungen in einer dem Vtibraucher erkennbaren Weise arzugeben. Die Abgabe für Tataler az tu f beträgt 100 S für 1 Doppelzentner, taͤbakähnliche Wartn sind wie Tabakerzeugnisse zu versteuern.
Die vorstehenden Ricktl nien für die vorgeschlagene Besteuerung zeigen, daß die durch die Finan,lage des Reiches gebotene starte Er— böhung der Tabakabgaben in der Folge im wesentlichen ei dem lleber— gang des Erzeugnisses an den Werbrau er wirksam werden joll. Wollte man aber einen stark eihöhten Eitrag — bei den nicht zigaretten steuerpflichtigen Erzeugnissen — aus dir Tabaibesteuerung schon auf der Grundlase der jetzt bestehenden Rohstoffabgaben erreichen, so müßte man diese Abgalen mindestens verdoppeln. Ver Gewichtszoll une die überwie end noch dem Gewichte des inländischen Tataks zur Erhebung gelangende Tabalsteuer leiden i des an dem Mangel, daß hierbei Güte und Vern endbarteit des Tabaks nicht entsprechend berödsichtigt werden. Durch die Einsührung des Wertzollzusa Lligs au ausländische Tabak blätser ist in dieser Hinsicht zwar ein gewisser Ausgleich geschaffen worden, der aber des halb als ungenügend erschemen muß, well er nur den Wert des NRohstoffs, nicht aber den der sertigen Erzeugnisse im vollen Umfang tüfft. Im allgemeinen wüd der Wert des zur Lei— stellung nicht zigarettensteueipflichtiger Eizeugnisse veiwendeleg Noh— tabats nicht mehr als 20 oo ihres Kemnvertaufepreises betragen. Daraus folgt, daß auch der Wertzollzuschlag auf Rohtabak nur eine unvollkommene Besteuerung der Tabalerzeugnisse nach ihrem schließ⸗ lichen Werte bilden kann. Die Ronbstoffbesteuerung hat aber noch den weiteren Nachteil, daß sie bereits bim Beginne der Heistellung der Ware einsetzt. Sie verlangt dadurch von dem zur Veraus— lagung der Steuer veipflichteten Hersteller einen erhöhten AWuf— wand für Zinsen, der in Verbindung mit den sonstigen notwendigen und üblichen Aufschlägen des Verarbeiters und Händlers die Waie dem Verbraucher ohne Nutzen für das Steuerauftommen perttuert. Diese Erwägungen drangen dazu, bei der ge— bot'nen erheblichen Erhöhung der Tahakabgaben de Aogaben— erhetung tunlichst nahe an den Zeitpunkt zu verlegen, in dem das Erzeugnis an den Veibraucher übergeht. Zu diesem Zwecke konnte entweder die Herstellung der Tabakerzeugnisse oder der Zwischenhandel damit ausschließlich vom Reiche übernommen werden, oder aber (was tatsächlich auch geschehen soll) die Erhebung der Abgaben von den fertigen Tabakerzeugnissen erfo gen. Gegen die ersterwähnie Möglichkeit pricht, daß ein freies Gewerbe sich dem wechselnzen Geschmacke der Verbraucher rascher anpassen und au den Verbrauch mehr anregend wirken kann, als ein außerhald jeden Wettbewerbs stehender Staats— betrieb, zumal wenn er aus Gründen der Betriebsveréinsachung zu einer Vercinheitlichung der Sorten seiner Erzeugnisse schreiten sollte. Dte llebernahme der Zigarrenheistellung duich das Reich müßte, wenn sie den beabsichtigten geldlichen Erfolg ohne allzu große Verteuerung
der Erzeugnisse haben soll, zweifellos zu einer Zusammenlegung vieler
Betriebe führen. Hierdurch träte auch eine Minderung der Arbeits- gelegenheil ein, die unter den Legenwärtigen Verhalinissen besonders untnwünscht s in muß. Geringere Bedenken dürsten gegen eine Ver— siaatlichung der Zigarettenherstellung bestehen, da hier wegen der aus— gedehnten Verwendung von Maschinen weniger Arbeiter in Frage fommen, und der größte Teil der Herstellung in den Händen verhältnis mäßig weniger Großbetriebe liegt. Die Stillegung zahlreicher Klein— und Mittelbetriebe wäre aber auch hier kaum vermeidbar. Der er— hebliche Aufwand, der für die Ablösung der Betriebseintichtungen und für Entschädigungen dem Reiche zur Last fiele, drängt jedoch zur Prüfung der Frage, ob aus einer Veistäatlichung der Zigarettenherstellung so erhebliche Mehreinnahmen gegenüber der jetzigen Besteuerungsart zu erwarten wären, daß dieser Auswand und die wutschaft ichen Folgen sich rechtfertigen ließen. Hierfür kommt in Benacht, daß der Verbrauch an Zigaretten zweisellos ungüänstig beeinflußt würde, falls lediglich die Herstellung dieser, nicht aber auch gleichzettig die der übrigen Tabakerzeugnisse ver staatlicht werden würde. Dagegen zeigt die bisherige Entwicklung der Zigarettensteuer, daß auch im Wege der Besteuerung sich ein sehr erheblicher Einnahmebetrag aus der Zigatette erzielen läßt.
Die U bernahme des Zwischenhandels mit Tabakerzeugnissen durch das Reich würde wesentlich geringere Aufwendungen erfordern, auch rascher und leichter einzurichten sein als ein Herstellun s⸗ monopol. Sie könnte sich aber in der Hauptsache nur als eine Besteuerung in der Form darstellen, daß die von den Herstellern übernommenen Erzeugnisse zu einem erhöhten Preise an den Kleinhandel abgegeben würden. Ein Teil der Einnahmen könnte hierbei allerdings durch entsprechende Abminderung tes Hersteller⸗ und Händlernutzenßz gewonnen werdin. Die während des Krieges bei einem Teile des Kleinbandels mit Tabakerzeugnissen zutage getretenen unerfreulichen Erscheinungen legen sogar den Gedanken nahe, diesen für die Folge durch staatliche Maßnahmen entgegenzuwirken. Solche Maßnabmen dürsten aber nur dann im Wege der Steuergesetzgebung zu treffen sein, wenn hiervon ein ent sprechender geldlicher Erfolg zu erwarten und eine andere Möglichkeit zur Abhilfe nicht gegeben ist. Hinsichtlich des Ertrags eines Zwischen⸗ handelt monovols mit Tabakerzeugnissen ist aber zu beräcksichugen, daß es sich hier nicht wie beim Branntwein um ein einheitliches Erzeugnis handelt, sondern um Waren ven sehr perschiedener Beschaffenheit, durch deren Uebernahme dem Reiche namentlich bei sinkenzem Ver— brauch ein nicht unerhebliches Risiko erwachsen kann.
Zu erwähnen wäre noch die Uebernahme des Rohtabalhandels durch das Reich. Hierbei könnten Mehreinnahmen ohne wellere Be— lastung des Verbrauchs, d. i. ohne Erhöhung der bisherigen Spannung zwischen den Einkaufs, und Verfaufspreisen des Rohtabaks daourch erzielt werden, daß das Reich die b sher vom Rohtabakhandel ge— machten Gen inne jür sich in Anspruch nimmt und diese durch Erspar— nisse b im Einkauf im großen und bei den Geschästsunkosten erhöht. Bei Berücksichtigung der zu leistenden Entschädigungen nird sich hiraus allein jedoch ein dem jetzigen Geldbedarf des Yeeichs entsprechender Mehrertrag nicht erzielen lassen. Es müßte daher eine Eihöhung der Vertaufäpreise für Rohtabak intreten. Ties äme r nyessen lediglich emer Besteuerung des inländischen und ausländischen Rob iabats nach seinem Werte gleich. Abresehen von den bereits erörterten Bedenten, die bei einer starken Abgabenerhöhung gegen die Beibehaltung der Rohstoffbelastung überhaupt bestehen, sprech en gegen die Uebernahme des Rohtabakhandels durch das Reich auch die Schwierigkesten der Durchführung und die schweren Nachteile, die sich hieraus für die beteiligten Erwerbgkteise ergeben.
Erscheint nach vorstehenden Ausführungen, namentlich im gegen— wärtigen Zeipunkt, weder die Uebernahme der Herstellung von Tabakerzeugnissen noch die des Zwischenhande s damit oder des Handels mit Rohtabaf durch das Reich empfehlenswert, so bleibt nur übrig, die Besteuerung der fertigen Tabakerzeug⸗ nisse elbst in Aut sicht u nehmen. Diese foll, wie bereits erwähnt, auf Grund der Kleinverkausepreise unter Verwendung von Steuerieichen erfolgen und nicht, we in den Gesrtzentwürfen von 1893 und 1895 vorgeschlagen war, nach Art ener ülmsatzsteuer vom Lerste lerpreis ( Rechnungswertsteuer. Die Ei— heburg der Abgabe auf der letzteren Grundlage würde dei dem An— reiz, den dite in Aussicht genommene erhebliche Abgabenerhöhung zu vinterziehungen bieten iann, lästige Ucberwachungemannahmen er— sordern und trotzdem nicht die gleiche Sicherheit für das Steuer aufkommen bieten wie die Verwendung von Steuerzeichen. Dies würde redlichen Herstellérn zum Nachteil gereichen und Gelegenheit zu Preisunterbietungen bilden, die auch fär den Kleinhandel un⸗— erwünscht sein müssen. Der Verbraucher endlich ist bei der Ver— wendung von Steuerzeichen, aus denen der jeweilige Kleinverlauls— pieis der Tabakerzeugnisse zu ersehen ist, vor einer Uebervorteilung
dieslem
wird, da in der Kleinverfausspreise in das Belieben des Händlers
würde die im Gesetzentwurf auf 1 Zigarre eine Belastung
1 1 Dedf uten. rzu tritt
2 Be⸗ aus chen gelegten (gingangszolle, din bei den nur aus solchen Tabaken hergestellten Zigarren rund 0,01 AM beträgt. Da die Herstellung der billigeren gr Mitverwendung inländischen Tabaks erfolgt, der künftig keiner Steuer unterliegen soll, kommt bei diesen Zig nren neben der Verbrauchs- abgabe eine Belastung mit Eingangszoll fur Rohtabak nur in geringem Umfang in Frage. Die beatsichtigte Belastung der Zigarren kann nicht als unerträglich bezeichnet werden, sie dürste viesmehr die Möglichkeit offen lassen. Zigarren in den für der Massenverbrauch in Betracht kommenden Preislagen in ausreichender Menge herzustellen und damit auch den l
arren unter
Inter ssen der zahl
Rechnung
reichen im Zeigarrengewerbe beschästigten Arbener
tracen. Auf (ine Zigarette würde eine durchschnutliche Belastung mit Verbrauchéabgabe von 0 026 S fallen, die sich bei den nur aus ausländischen Tabaken hergestellten Zigaretten um den Eingangszoll
sür den verwenteten Rohtabak auf etwa G 02?7 S erhöhsf. Gegen über der Zigarre dürfte hiernach die Belastung der Zigareite so boch bemessen sein, daß der ersteren ein gewisser Schutz gegen den stets anwachlenden Wetibewerb der Zigarette gegtben ist. Die Zigaiet!e selbst vermag, wie die Ersahrungen aus Anlaß der Ab, abenerböhung durch das Gesetz vom 12. Junt 1916 gezeigt haben, auch eine hohe Belastung zu eitragen, so daß von den vortgesch agenen Steuersätzen e ne über din beabsichtigten Zweck hinauegehende Verbrauche« einschränkung nicht zu erwarten sein dürfte.
Ter Gesamtertrag aus den im Entwurfe vorgeschlagenen Abgabe sätzen wird mit rund 750 9000 000 MS schätzungsweise ver⸗
anschlagt. Bi der Schätzung mußte die Entwicklung des Tabak— gewerbes während des Krieges außer Betracht bleiben, weil diese
außergewöhnlich war. Der Veibrauch von Tabakerzeugnissen stien während des Krieges zunäckst sehr erheblich, wurde dann aber durch die zunehmende Knappheit an Robstoffen ungünstig beeinflußt. Die Ertragsbertchnung geht daher von den Verhälinissen, wie sie vor dem Kriege bestanden, aus und nimmt hierbet wegen der Ungewißheit über die künstige Wirtschaftslage bei den Zigarren einen Veibrauchs— rückgang von etwa 15 v. O. an; bei den Zigaretten ist von der im Jahre 1913 veist-uerien Menge ausgegangen und mit einer Zunahme um 15 v. H. gerechnet worden.
Gegenüber den nach den bisherigen Abgabesätzen sich berechnenden Einnahmen würde sich aus der Ertraͤgeberechnung zum Entwuif eine Mehreinahme von 305 000 000 „½ und gegenüber den in den Haushaltepian für das Rechnungsjahr 1918 eingestelllen Einnahmen an Tabafahgaben eine Mehreinnahme von 450 000 000 „S ergeben. Der Kleinverkaufswert der in der Ertragsberechnung angenommenen Mengen an Tabakerz'ugnissen berechnet sich auf insgesamt 2 459 577 125 ; biervon würde die geschätzte Roheinnahme mit rund 800 000 000 s eiwa 30 v. H. betragen.
In den 8§ 2 bis 5 des Gesetzentwurfs wird bestimmt:
§ 2. Befreiung von der Steuer und dem Ver⸗ packungszwange. Labaterzeugnisse, die im Herstellungsbetrieb, in Tabaksteueriagern (5 44) oder im Zollgewahrsam zur Vornahme von Untersuchungen verwendet, oder die unter Steueraassicht aus⸗ gesübrt, vergäallt oder vrnichiet worsen sind, sowie Muster von jabaksteuerpflichtigen Erjeugnissen, deren Verwendung zum Geausse durch beiontere Vorkehrungen unmöglich gemackt ist, bleiben von der Steuer (5 5) und dem Berpackungszwange (5 14) vesreit.
§5 3. Verwendung und Besteuerung von Tabak⸗ ersatzstoffen. 1) Tabakersatznoffe dürsen bei der Herstellung von Tabaferzeugnissen sowie von Waren, die ohne Mitverwendung von Tabaf berenel sind und als Ersatz für Tabakerzeugnisse in den
Handel gebracht werden sollen (tabakähnliche Waren), nur nach näherer Besummung des Staatenausschu ßes verwendet werden.
2 Tabakersatzstoffe unterljegen nach näberer Bestimmung des Staaten⸗ ausschusses eirer Abgab- von 100 Æ sür einen Doppel zentger u ver= arbeitungsreisem Zustand. 3) Der Staaie naussckuß tann Vorschruten über den Hagdel mit Tabakersatzstoffen erlassen. 4) Bei Erzeugnissen, die aus Tabakersatzstoffen allein oder aus Tabak unter Mitperwendung von Ersatzstoffen hergestellt sind, ist dies nach näherer Bestimmang des Staatenaueschusses auf den Packungen in einer dem Verbraucher erkennbaren Weise aniugeben.
§ 4. Tabakähnliche Waren. wie Labakerieuanisse zu versteuern.
§S 5. Höhe der Steuer. Zigarren im Kleinverkaufepreise
1) bis zu 8 5 das Stück..
Tabakähnliche Waren sind Die Tabaksteuer beträgt für
8 „S für tausend Stäck,
2) , , ren ee ,,, ö . 3) ' 12 ö. * / 16 . è— . 4) p. 18 *. . *. 25 *. *. *. ö. 5) 0 13 * *. . 33 r. * . . 6 s 20 n. *. * 10 n . * K 69 . 25 *. 3 *. 29 * , * 2 2 8 J . 9) 61 89 1 n. 2 88 1 n, 1 67 1 169) . 40 0. 1 p. 104 10 . p. K 11) JJ —4—
Der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung
des Zuckersteuergesetzes.
Im Hinblick auf die dringliche Notwendigkeit, Ordnung in die Reichs finanzen zu bringen und insbesondere den erhöhten Finanzbedarf zu decken, darf die Möglichkeit, den Zuckerverbrauch steuerlich stärker als bisher zu belasten, nicht ungenutzt bleiben. Die im Zuckersteuer⸗ gesetz vom 6. Januar 1903 vorgesehene Steuer von 14 für 100 kg Reingewicht soll infolgedessen nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Zuckersteuergesetzes auf 30 Æ erhöht werden.
Ungesickts der Sieigerung, die der Preis des Zuckers während der Kriegszeit ersahren bat, könnte eine steuerliche Belastung dieses wichtigen Konsumartikels als bedenklich erscheinen; eine genaue Ueber- lesung muß jedoch gerade wegen der Preisste gerung zu dem Resuliat ühren, daß eine Verteuerung des Keeinhandelspreises um 8 für daz Psund, wie sie els Folged * Steuererhöhung eintreten lönnte, fur den Verbrauch von voerhalintsmäßig geringer Bedeutung ist. Das ergibt sich ohne weiteres, wenn man beachtet, daß der Fabrikpreis für einen Doppelzentner Rohzucker 88 0 Rendement, der im Durchschnitt des Betriebejahres S IB14 sich auf 18,10 M blies,
inzwischen etwa 57 M erreicht hat. In der gleichen Zeit ist der
Preis für gemahlenen Melis 1 von 23,14 S (aueschließlich Steuer) auf etwa 73 „ gestiegen. Bon einer Erhöhung des Kleinhantels⸗ preises um 8 5 durste mithin kein Rückgang des Verbrauchs zu be⸗— jürchten sein, zumal wenn die von tiner Ordnung der Reichsfinanzen und einer Wi derbelebung der Volkswirtschast zu erhoffende allge— meine Preigsenkung zur Wahrheit wird..
Bei S4ätzuag des von der Steuererhöhung zu erwartenden Mebrertrags kann der Verbrauch wahrend der Kriegsjahre nicht zu— grunde gelegt werden, weil die verbrauchssteigernden Ursachen — Fenn— mangel und stärkere Verwendung für Heereszwecke — künftig in Fort— fall kommen werden. Wenn bei dem Wegsall dieser Ursachen und bei hochbleibenden Preisen auch mit einem gewissen Verbruchsrück⸗ gange geiechnet werden muß, lo kann doch angenommen werden, daß ein Rückgang unter den Friedensperbrauch nicht eintreten wird.
In den letzten fünf Betriebsjahren 1908,09 bis 1912.13, für die die Verbrauchszahlen veröffentlicht sind, hat der Jahresverbrauch durchschnittlich 11,7. Millionen Doppelzentner betragen. Leat man diese Zahl zugrunde, so läßt die Steuererhöhung auf 30 Æ eine Reinmehreinnahme von 180 Millionen Mark erwarten.