1919 / 146 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Jul 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Tkealer untersten Preisen 1.50 bis 350 4 weder eiwas (2 bis 16 vH) fallen. Eine Abgabe von unge fähr 30 vo, wie sie bei einem Eintrittsgelde von 15 6 vorgefehen ist, oder gar von ungefähr 35. vH bei einem Eintritt elde on 0 M übersteigt die bisher üblichen Sätze. Es erscheint ader unbedenklich, Luxusausgaben in dieser Höhe zu einer besonders großen Abgabe heranzustehen.

Die Pauschsteuer wird, wie schon' oben gesagt, nach dem Flächenraum erhoben. Sie beträgt bei Thea tvorstellungen, Vari té⸗ usw. Voꝛste lungen, Lichtbildvorrührungen und Vollsbe— lustigungen je nach dem Flächeninhalt des Raumes, auf dem sie statt— finden, bis 50 J., bei Konzerten (**) 3 bis 30 1. Weiteres ec⸗ gibt sich aus dem § 16 des Eniwurfs. In 5 19 ist auch eine Be—⸗ steuerung des „Haliens“ von Schau. und Scherzautomaten und von Musikwerten an öffentlichen Srfen und Plätzen oder in Gast- und Schankwuütschaften ufw. vorgesehen. Die Steuer richtet sich hier nach der Höhe des Anschaffungspreises des betreffenden Nppa rates, und zwar siebt die Staffelung als niedrigsten Satz 025 fürn jeden angefangenen Betriebsmonat Eoei einem Anschaffungspreigs von 50 ej) und Tc (bti einem Anschaffungspreis von mehr als 3000 est) vor.

Der voraussichtliche Ertrag der Vergnügungssteuer ist nur wer zu schätzen, zumal da erhofft wird, daß die Vergnügungklust durch sie eine Verringerung erfährt. Immerbin mog man mindesten vit einem Aufkommen von 0 Millionen Mart rechnen, wovon dem Reich 30 Milltonen Mark bleiben wärden.

Urber die Verwendung des anderen Teiis trifft die Landes— regierung Bestimmung. Es ist dabet in erster Line an die Uebel— weisung an die Gemeinden (Gemeindeverbände) gedacht, damit die Schädigung ihrer Finauzen durch den Eingriff dez Reichs in ein im nesentuchen ihren bisher vorbehaltenes GebiFet ausgeglichen werde. Die Bundesregierungen werden daher au die Gemeinden den größten Teil der Hälfte des Vergi üngungesteusrertrages abg- ben. Den Bundee— staaten hleibt aber die Mäö,lichkeit, einen Teil für sich zurückzubehalten, um AÄAusfille zu decken, die ihnen durch den Fortfall von Landes. sieuern auf Lastbarkeiten entstehen. Mil G nekmigung Ter Lantez— 1eßierung tönren die Gemeinden und Eemeindeberbände für etz ene Rechnung Zuschläge zur Steuer erheben.

Bemerkt sei schließlich noch, daß der Entwurf e' nes Vergnügunge⸗ stenergesetzes eine Erhöhung des Zolls für entwickelt e tlme jur Vorführung beweglicher Lichtbilder (Kinofilme) von 200 ½ auf 1500 ι für 1 dz vorsieht. Es soll damit die nicht selten aus Sensatsons filmen bestebende Einf ihr in Voltstnteresse erlchwert werden. Zum gleichen Zwecke mad die zellfrcie Zu— lassurg entwickelter Filme zum vorüber gehrnden Gebrauch im Juland aufsgehoben.

Statistik und Volkswirtfchaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Austand der Berliner Eisenbahnbeamten und arbeiter dauert nech fort; der Stgdtbahn.,, Ringbahn- und Vorortverkehr ist vollständig eingestellt. Aus diesem Anlaß hat der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten gestern ein Beranntmachung erlaffen, die nach einer Meldung von W. T. B.“ wie folgt lautet:

„Den Wünschen der Eisenbahner folgend, stellt die Regierung wertvolle Auslandslebensmittel zu bedeutend herabgesetzten Preisen zur Verfügung, die einen Auswand von 15 Milliarden erfordern und dem gesamten Volke zugute kommen. Damit hat sie das Aeußerste getan, was nach Lage der Staatsfinanzen möglich ist. Sie wird' aber auch weiterhin ihtem Personal zu helfen bemüht bleiben, so⸗ weit die allgemeine Not des Volkes dies noch irgendwie er⸗ laubt. Die Demokratisierung der Eisenbahnverwaltung erfolgt in, voller NUebereinstimmung mit dem gesetzgeberischen Vor- geben im Reiche und den Anschauungen der Landesversammlung. Durch die Einführung der Betriebsräte auf Grund des Reichsgesetzes wird dem Personal ein weitgehendes Mitwirkungsrecht eingeräumt. Sämtliche Eisenbahnerorganisationen haben ausdrücklich erklärt, daß sie den gegenwärtigen Streik nicht billigen. Auch sonst haben weite Kreise des Personals wiederholt betont, daß die Arbeit wieder auf⸗ gengmmen würde, sobald der Streikerlaß des Reicht wehrministeriums, durch den sie sich in ihrer Arbeitsfreiheit beeinträchtigt fühiten, auf— geboben fei. Im Vertrauen auf diese Zuficherun gen ift der Erlaß aufgehoben worden. Trotzhlem wird Fer ir if fortgesetzt. Abgesehen davon, daß die Arbeiter große Lohnausfälle erleiden, daß die streikenden Beamten kraft Gesetzes ihres Dienfteinkommens für die Tage der Arbeitseinstellung verlustig gehen, sind die Folgen für die Allgemeinheit unabsehbar. Alle Zufuhr nach Berlin kommt wegen der Betriebseinstellung auf den Bahnhöfen ins Stocken. Fegen S000 Wagen allein. für Berlin find auf weiten Strecken unterwegs. zum Stilliegen gekommen. So müssen wertvolle Lebensmiütel zugrunde gehen, Vieh muß unterwegs verhungern, Fischsendungen müssen verderben. Der Streik würde aber auch verhindern, daß die vorbereitete Senkung der Lebens mittelpreise und die Verteilung der verbilligten Rationen allseitig und rechtzeitig durchgeführt werden können. Hlerdurch wird nicht nur die Ernährung der Millionen-Großstadt Berlin, sondern auch der gesamte Volkskörper aufs schwerste bedroht. Angesichts der furchtbaren Lage, in der sich der Staat infolge des unglücklichen Ausgangs des Krieges befindet, muß jetzt das Wirtschaftsleben unbedingt und mit allen Mitteln wieder in Gang gebracht werden, um das Land vor dem Zufammen⸗ hruch und die Bevölkerung vor weiterem Hunger zu bewahren? Schweren Herzens, aher im Bewußtsein Ter ernften, mir vor dem Bolke ob— liegenden Verantwortung sehe ich mich daher genötigt, nunmehr die Aujnahme des Betriebes mit äußerften Mitteln durchzusctzen. Die Beamienschaft ist sich zum allergrößten Teil ihrer Pflicht gegenüber dem Volksganzen bewußt und bestrebt, gemeinsam mit zahlreichen gleichgesinnten Arbeitern den Verkehr vor dem Erliegen zu bewahren. Alle diese Kreise der Beamten und ÄArbeiter werden ez n it mmir nicht nur als notwendig, sondern geradezu als eine Erleichterung des auf ihnen lastenden seelischen Bruckes empfinden, wenn ich nunmehr folgendes bestinme: Arbeiter, die nicht bis späte stens nner g dem 3. Fuli, ibren Dienst wieder aufnehmen, sind entlasfen. Ebenso erhalten Be⸗ am te, die nicht bis zu dem gleichen Tage ihren Dienft wieder auf⸗ nehmen, ihre Enttlafsung nach den disziplingrischen Bestim— mungen. Für die Sicherung der Arbeitsfreiheil ist Sorge getragen.“

Zum Ausstand der Angestellten und Arbeiter de Berliner Straßenbahnen sowie der Hoch- und Unter- grundbahn berichten die Tagesblätter, daß die Direktion der Großen Berliner Straßenbahn gestern bei einer Stsprechung mit einer klein ren Kemmission der Streikenden verfucht hat, die Strei⸗ kenden zu bewegen, wenigstens die Raketbefsrderun g durch die Straßenbghn fortzusetzen. Millionen Pakete sollen täglich im Auftrage der Post durch die Straßenbahn befördert werden, die vielfach dem Ver— derben ausgesetzte Lebensmittel enthalten. Die Sireklticn der Straßen⸗ bahn glaubte also im Intercsse der Allgemeinheit zu handeln, wenn sie den Streikenden vorschlig, die Paßt ibeförderung freizugeben. Die engere Kommission der Streikenden fagte dies auch anfänglich zu. Nach Rücksprache mit der Hauptstyeikleitung wurde jedoch erklärt, daß auch die Patetbesörderung nicht genehmigt“ werden könne.

Seit heute früh ist auch der Omnibusbetrieb in Berlin vollständig eingestellt. Gestern fanden Verhandlungen zwischen der Omnibusgesellischaft und ihren Angestellten statt. Die Gesellschaft hat; eine monatliche Zulage von 690 M bewilligt, die für zwei Monate rückwirkend gelten und außerdem für drei Monate im voraus gezahlt werden soll, so daß jeder Angestellte fofort in den Besitz von 00 eit, käme und ie Lohnerhöhung von 60 υ am J. Sttober praktisch in Erscheinung treten würde. Die Angestellten, die ursprünglich eine Wirtschaftsbeihife von 700 gefordert hatten,

ermäßigten diese Forderung auf 500 6. Die Omnibusgesellschaft erklärte aber, auch diese Summe nicht zahlen zu können, da sie schon seit Jahren mit Unterbilanz arbeite.

Infolge der Verhaftung des Geschäftsführers des „Allge« meinen Verbandes deutscher Bankbeamten“ Emonts berief diese Organisation, deren Angehörige nach Berichten der Tageshlätter fast ausschließlich subalterne Ange stellte von Banken sind, für Montag eine Versammlung ein, in der die unverzügliche Freilaffung des Verhafteten gefordert und für den Fall, daß diese nicht erfolge, ein Streik angedroht wurde. In der Deffentlichkeit, insbesondere in den Kreisen der Bank⸗— beamten, ist vielfach die irrige Annahme verbreitet, als ob die Verhaftung von Emonts auf seine Tätigkeit in der. wirtschaftlichen Bewegung der Bankangestellten zurück⸗ zuführen sei. Es ist sogar die Vermutung aufgetaucht, daß von der Arbeitgeberseite im Bankgewerbe auf die Verhaftung Emonts' hin— gewirkt worden sei, und es ist daran der schwere Vorwurf geknüpft worden, alg ob den Maßnahmen der Behörde dem Emonts gegenüber rabi—= talistische Motive zu Grunde lägen. Demgegenüber erklärt, wie W. TB“ berichtet, der Ersle Stagtsaziwalt beim Landgericht J in Berlin, daß die Verhaftung Emonts' mit seiner Tätigkeit in der Bankbeamten“ bewegung nicht das Geringste zu tun hat und die Bank— leitungen ihr vollständig fernstehen. Den Grund der Verhaftung bildete seine anderweitige, bei der Aushebung eines kommunistischen Büros festgestellte Tätigkeit im Dienfte der kommunistischen Bewegung für die Ausbreitung des Bolschewismus, für den Sturz der gegen⸗ wärtigen Regierung, die Einführung der Diktatur des Proletarl ats und, die Aufreizung der Massen zur Weltrevolution. Da diese Tätigkeit den Tatbestand verschiedener strafbarer Handlungen erfüllte, erging am 18. Juni 1919 eine Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht J, an das Polizespräsidium, in der dieses angewiesen wurde, Einonts sofort zu verhaften Und der Staals⸗ anwaltschaft vorzuführen. Diese Veifügung ist von der Kriminal— polizei am 37. Juni 1919 ausgeführt worden.

Der 14 tägige Ausstand in der Magdeburger Metall- industrie i nach einer Meldung von). W. T. B.“ für beendet erklärt worden. Am Donnerstag soll die Arbeit wieder aufgenommen werden. Die Forderungen der Ärbeiter sind zum Teil erfüllt worden.

Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Meldung des Amsterdamer „Telegraaf? aus Ton don ist die Lage in der Baumwollindustrie in Lancafhirs wieder bedrohlich geworden. Die Spinner bleiben bei ihrer ursprünglichen Forderung einer 463 stündigen Arbeite woche und setzen den Skreik fort Dadurch sind auch die Weber arbeitslos geworden.

Einer weiteren Meldung aus London zufolge hat der Nationale Verband der Seekeunte und Heizer, der dem Arbeiterdrelbund angehört, eine Entschließung gefaßt, in der der Grundsatz, die Streikwaffe zur Beeinflussung des Parla— ments zu benutzen, verworfen 1nd die Tellnohrne an' der zue Be— tätigung dieses Grundsatzes vorgeschlagenen Konferenz verweigert wird.

Kunft and Wissen schaft.

Die philo sophisch-historische Klasse der Preu⸗ ß ischen Akademie der Wissenschaften hielt am 15. Juni unter dem Vorsitz des Hin. Roethe eine Sitzung, in der Hr. Erd mann von, den Resustaten einer Untersuchung über „Berkeleys Philosophie im Lichte seines wissenschaftlichen Tagebuch“ ' berichtete. Die bisher unbeachtet gebliebenen Berichtigungen von Frasers Texten des von ihm so genannten Commonplace unt von Berkeley, die Theodor Lorenz schon 1902 gegeben hat, ebenso dessen Andeutungen über die Konsiitution des Tagebuchs (18605) sind von ihm 15915 privatim in dankenswerter Weise ergänzt worden. Daraufhin war es möglich, einen im wesentlichen gesicherten Text herzufteilen, aus dem Chaos der Fraserschen Veröffentlichungen einen geordneten, deutlich sortschreitenden Gedankenzusammenhang zu gewinnen, der einer künftigen Ausgabe des Tagebuchs als Grundlage zu dienen hat, und die Philosophie Berkeleys, die Bedingungen ihres Ür— sprungs und ihre historische Stellung neu zu beleuchten. Hr. von Harnack reichte eine Abhandlung ein: Ueber J. Korinth. I4, 32 f. und Röm. 16, 25 ff. nach der aͤltest n Ueberlieferung und der Marcionitischen Bibel. J. Kor. 14, 52 ff, ist mit der Marcionitischen Bibel und Ambꝛosiaster zu lesen: „Die Geister der Propheten sind den. Propheten unterwürfig; denn Fie find nicht aufsäͤssige, sondern friedfertige Geister, wie in allen Kirchen der Heiligen.“ (Also ist nicht Mu lesen:; denn Gott ist nicht ein Gott der Unsrdnung. sondern des Frieder s .). Röm. 16, 2h ff. ist höchstwahrscheinlich eine Mareionitische, katholisch überarbeiteie Doxologie. Oh ihr eine Paulinische Urform zugrunde liegt, läßt fin nicht mehr erkennen. Hr. Kuno Meyer legte ferner eine Abhandlung über den altirischen Totengott und die Toteninsel vor. Cs wird nachgewefen, daß die Iren sich eine Tech Duinn, „Haus Donns“ genannse Insel an der Südwestküste Irlands alt den Sitz des Totengottes Dong vorstellten, der zugleich, wie der gallische Dis pater und der indische Jama, als Staminet Vater galt.

Am gleichen Tage hielt auch die phy sikalisch⸗mathemagtische Klasse der Akademie unter dem Vorfitz des Hrn. Planck eine Sitzung. Hr, Korrens berichtete in ihrem Verlaufe über Vererbungsversuche mit buntblättrigen Sippen, J. Ga psesla Burg pastoris chlorina mid albovarit h ilisꝭ. Außer einer chlorina- Sippe wurde bei Cs psella Bursa päastoris auch eine weißbunt gescheckte IgGoOväriabilis-Sippe gefunden und seit 10 Jahren in eff gehalten. Bei ihr ist die Weir buntheit eine mendelnde, durch eine Anlage, ein Gen, bedingte Eigenschaft. Gleich⸗ zeitig zeigt aber die Selektion einen Erfolg, der nicht durch die Aus— wahl unter verschiedenen, durch Kreuzung vermischten Biotypen, sondern durch elne veränderliche EGrhan lee zu erklären ist. Als Ursache wird ein Krankheitszustand der Anlage angenommen, der schwankend stark und aus heilbar ist.

Literatur.

„Aus der Zeit‘ betitelt sich das soeben , Maiheft der Süddeutschen Monatshefte (Verlag München und Leipzig, Vierteliahrspreis fünf Markt). Das Heft enthält u. a. folgende Beiträge: Die Deutschen in Versailles« (. T. nach mündlichen Berichten) von Dr. Karl Alexander von Müller, Professor der Geschichte an der Universität München; „Die letzte Fahrt der deutschen Flotte“ von Oberleutnant z. See Fritz von Twardows ki; Was man von den Auslandsdeutschen hätte lernen können“; „Die Franzosen in Elsaß— Lothringen“ von einem elsaß⸗othringischen Mitarbeiter; „Die Tranzosen in Straßburg“, ein? Tagebuch! aus dem November und Deren bel 1918 von Alfred Walter Horst; Berichte bon elsässischen lusgewiesenen; „Von unserem Rückzug gus Frankreichs, Tagebuch von Dr. Max Dingler (hat den Rückzug mitgemacht); Bemerkungen zu Rollands Johann Christof von Dr. Josef Hofmiller; Worte ber der Beisetzung von Ott Erusius von Sr. Kénl Rupp⸗ recht; „Luthers Quellen“ von DYr. Sehastian Merkle, Professor der Kirchengeschichte an der Univerfität Würzburg; „Aus der Kopenhagener Zeit“ von Brockdorff⸗Rantzau; „Zur Entstehung der polnischen“ Armee Haller“ von Oberstlcutnant Otto Benkendorff; ‚Die Berliner und die Münchener Hofcper während des Krieges“; Ser Krieg der Wissenschaft gegen FReutschland“ (enthäst in Deutschland z. T. unbe⸗ kanntes Material) von Professer Dr. Georg Karo, erstem Sekretär des Deutschen ArchäYlogischen Instftuts in Athen.

erkehrdꝛuesen.

Wegen Stockung im Eisenbahnverkehr sind Pakete für Breslau von den Postanstalten vorläufig nicht anzunehmen.

Bei ber Ko on ial(wertzeichenstelle des Briespostamt in Berlin ist der Verkauf der Kolonialpostwertzeichen mit dem 28. Juni eingestellt worden.

Mannigfaltiges.

Der Deutsche Architektent gg, der am 27. Juni im Künstlerhause in Berlin tagte, gestaltete sich zu einer eindrucks⸗ vollen Kundgebung des ganzen deuischen , n, Aus allen Teilen Deutschlands waren zahlreiche Architekten., selbständige, beamtete und angestellte erschienen, um über die Sich rung des Bestehens zes ganzen Siandes und über seine Mitwirkung beim wirtschaftlichen Wiederaufbau unseres Vaterlandes zu be— raten. Nach Begrüßungbansprachen des Vorsitzenden des Arbeits⸗ ausschusses Geheimen Rats Professors Ebhardt und des Geheimen Rats Stübben namens des Berliner Architektenvereins sprach Dr. Ing. Albert Hofmann über den Gegenstand: „Der Architekt im Leben und Gesellschaft“ und legte an der Hand wertvoller, zeltgenössischer Aeußerungen dar, welche Bedeutung der Architektenstand in den vergangenen Kulturepochen gehabt und welches Ansehen er genossen hat. Projessor Peter Behrens behandelte die Wie dererhehung der Bau tun st zu befruchtender Bau⸗ gemeinschaft der Künste. Er betonte die engen Beziehungen wischen der Baukunst und den bildenden Künsten, denen ganze Zeitalter ibre hohe Blüte verdankt haben, die aber neuerdings zum Schaden, der ganzen Kultur vollständig rerlorengegangen seien. Eine Abhilfe wäre nur durch Neugestaltung des Ausbildungtwesenz möglich, die eine gemeinsame Vorhereitung des Nachwuchses und erst eine allmäh liche Trennung der Berufe als Baukünfiler, Maler oder Bildhauer bedinge. Der Geheime Rat Professor Bestelmeyer brachte in seinen anschließenden Ausführungen wertvolle Anregungen und praktische Vorschläge im einzelnen über die Erziehung des Architekten, die geradezu ein Programm darstellen. Der Atchitekt Paulsen behandelte sodann die Stellung des Archi⸗ tekten im Aufbau der neuen Ge sellschaft und der Architett Lotz die Stellung des Architekten hei den kommenden Bauaufgaben. Nach einer angeregien Autshrachs über die Notwendigkeit einer Arbeitsgemeinschaft. aller deutschen Architekten, bei der u. a. die Ausführungen des Architekten Norris München über den Architeftenrat Baverns besonders lebhaften Beifall fanden, wurde einhellig folgende Gut- sch hieß ung gefaßt: „Die heute versammelten deutschen Architekten, selbständige, beanmtete und angestellte, find einhellig der eberzeugung, daß nur eine einheitliche Verkretung ihres Standes in der Lage sein wird, die Interessen der deutschen Baukünstler iCn dem neuen Deutsch⸗ land erfolgreich und würdig zu vertreten und, am wirtsckaft— lichen. Wiederaufbau unseres Vaterlandes tatkräftige Mitarbeit zu leisten. In der Erkenntnis, daß der ganze Stand zurzeit

in seine tiefsten Lebensbedingungen erschüttert ist und andererscits

gerade der Architektensiand seiner technischen und wirtschaftlichen Be⸗ deutung entsprechend in erster Relhe an den kommenden Aufgaben mitzuwirken berufen ist, gründen die heute Versammelten Ren Deutschen Architektentag als eine dauernde Einrichtung und beaustragen und bevollmächtigen ihn zur Führung und Vertretung der gesamten Archi tekten schaft.. Durch Zusatz beschluß wurde noch die Beteiligung der . Verbände an den Arbeilsausschuß des Architektentages geregelt.

Hörde, l. Juli. (B. T. B.). Zu Unruhen, deren Ursache ie hohen Preise für Gemüfe und Sbft sind, kam es heute in Hörde, wo der Wochenmarkt abehallen wurde. Die Menge stürmte die Stände der Händler, die Waren wurden entwendet und zum Teil zerstört. Dann zog die Menge zu vielen Hunderten durch die Stadt, wo sie in mehrere Geschäfte eindrang Und die Waren zu Schleuderpreisen ver⸗ kaufte. Vor dem Nathaus sammelte sich eine große Menschenmenge an, an die ein Kommuniftenführer eine Ansprache hieit. Dle Unruhen dauern fort. Nachdem die hohen Preise von Gemüse und Abst in der Stadtverorduelensitzung von Hörde am 30. Juni zur Sprache gehracht worden waren, setzte die Polizei Höchsipreise fest, die ben Händlern nur einen verhalt nismaß ig geringen Vertienst ließen, doch konnte dies nicht verhindern, daß die seit langem bestehende Erbitterung über die hohen Preise heute zum Aus⸗ bruch kam.

Nr. 53 dez „Zentralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Minssterium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. Jun 1919 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Erlaß vom 27. Ma 1919, betreffend Mietwohnhlufer jür Beainte und Arbeiter. Dienst“ nachrichten. PJächtaintlichez: Petersburger Architekten zur Zeit Peters des Großen. Amerikanische technische Truppen in Frank⸗ reich . Dampffähren verbindung zwischen Schweden und England. = Vermischtes: Wettbewerbe für Entwürfe zu einem Verwaltungs⸗ gehaͤude der Sparkassengtrozentrale Hannover und für Arbeiten über den behördlichen Schutz des Ingenieurtitels in Deutschland. Berwafs verein höherer Staatsbaubeamten in Preußen. Prüfun der Blitz ableiteranlagen. Walchensee⸗Kraftwerk und Bayernwerk. Amttbezeichnungen bei der bayerischen Staatz eisen bahnverwaltung. Blitzschutz in Bayern. Brandunglück bei cinem Benzinlager. Schmeije rische Gesellichaft sür Ansiedlung auf dent Lande. =* Zwei⸗ räderiges Ei ischienen fahrzeug. Bücherschau.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

Familiennachtichten.

Verlobt: Frl. Johanna Schuster mit Hrn Konsistorialassessor Johannes Nedlich (Breslau). Frl. a von WM e . Hrn. Leutnant d. R. Günther Scheibler k Aue Godes⸗ berg a. Rh.). Gräfin Helene bon Bethusy⸗Huc mit Hrn. Rittmeister d. Res. Hubertus Graf von Garnier (Bankau⸗— Turawa). .

Verghelicht; Hr. Wolf Burgkhardt pon Diebitss mit Frl. Li Brauns (Stettin). ö. sch 3.

Ge st orben: Hr. Johann Georg von Ferber (Melz).

Verantwortlicher Schriftleiter: J. V. W eber in Berlin. 5

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, echnungsrat

engering in Berlin. ö . . Geschäftsstelle (Meng . ring) in Berlin. . Fünf Beilagen 71 leinschließlich Börsenbeilage) 7 51 und Erste, Zweite und Dritte Zentral andels register . Beilage. 7

mn Deutschen Reichsa

MM 146.

Deutsche Nationalversannulung in Weimar.

43. Sitzung vom 1. Juli 1919. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro“.)

Am Regierungstische der Reichsminister des Innern Dr. David u. a. ö

Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 3 Uhr E20 Minuten. . .

Auf der Tagesordnung stehen zunächst kleine An— frage

Abg. D. Mumm (D. Nat) fragt nach der Verwendung

bon Reichsgeldern für Parteizwecke, wie sie durch in, Versendung von roschüren, und sonstigen Drucksachen durch den Werbedienst der deutschen Republik und der Jenfrale für Heimat⸗ dienst erfolgt sei. Er fragt, ob die Regierung bereit sei, dieser miß— räuchlichen Propaganda endlich ein Ende zu machen und mitzuteilen, wieviel Reichsgelder für solche Zwecke verbraucht seien, sowie die schuldigen Beamten zur Rechenschaft zu ziehen und von ihnen Rück- erstattung der Veträge zu verlangen. .

Geheimer DMher vegierungsrat im Reichsministerium des Innern reiherr von Welser: Seit Anordnung der Liquidation des erbedienstes sind nach Angabe des Leiters neue Druckaufträge nicht

mehr erteilt worden. Eine Reihe von Druckaufträgen konnte aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. Soweit diefes ropaganda⸗ material unbedenklich erschien, wurde es vom Werbedienst noch ver— sandt. Seit mehreren Wochen ist aber jeder Versand endgül ig eingestellt orden. Die Liquidation des Werbedienstes ist nahezu ab geschloffen Die Abrechnung wird einer genauen Prüfung durch. einen Sachver⸗ ständigen unterzogen werden. Die von er Zentrale für Heimatdienst verbreitete Denkschrift Der Geist der neuen Volksgemesnschaft ist lediglich eine Privatarbeit, die den Entwärf eines Organisationsplanes enthält und zum Meinungsaustausch an fgzen soll. Auch aus Kreisen der politischen Richtung des Herrn Abg. Mumm sind dafür der entrale für Heimatdienft zahlreiche Anerkennungsschreiben zugegangen. tine Durchführung des Organfaltonsplanes ist selbstberständtich nach keingt Richtung erfolgt. Irgendwelche Geldmittel für? seine! Ven wirklichung sind nicht aufgewendet worden. . Abg. Erkelenz ö an, ob nicht die Truppen—⸗ üb ung sblä tze sowie die Bazacken auf ihnen mik ihren Einrichtungen für Ferienkolonien der Schüler, für Ferienheime Erwachsener, für Herbergen und ÜUnterkunfts räume der Wander- und Turnvereine berwendet werden könnten.

Dberstleutnant van den Bergh: Die Truppenübungsplãtze sind zurzeit zur Unterbringung der Reichswehrtruppen nötig, tgährend pie Lager zur Unterbringung der heimkehremen deutschen Kriegsgefangenen dienen sollen. Freiwerdende Lager werden dem Reich ba nil stetinm überwiesen. ö Atg. Mu m m stellt die Ergänzungsfrage, ob der Regierung hekannt sei, daß die Antwort in scefff, Viderfpruch ftehe nit den AMntwort 28 süheren Mini sterprästbenten Scheidemann, wonach der Werbedienst der deutschen Republik bereit seit Februar sich jeder Propaganda enhalten hahe, und ob die Regierung die heute nicht , wieviel Reichsgelder verwendet seien, später in der Oeffentlichkeit beantworten wolle.

Eine Antwort darauf erfolgt nicht.

A569. Frau Zietz . Soz) fragt was die Regierung zu tun gedenkt, um die gegen zahlresche Angehörige der U. S. P. D. in

Berlin, angeordnete sieberwachung ihrer Telephonanschlüsse durch die politische Polizei, die eine ungesetzliche und herabwürdigende Ein= schrän kung zes Telephongeheimneffes fei, zu beseitigen.

Ein Regierungsvertreter erteilt die Auskunft, daß das Telephongeheimnis nicht . werde. Bei Verhängung des Be— lagerungszustandes könne die Militärbehörde Anordnungen über die Aufhebung des Telephongeheimnisses in bestimmten Fällen ergehen lassen, und sie trage dann dafür die Verantwortung. (Cebh. Hört hört! bei den U. Soz.) „Abg. Frau Zietz . Soz,) stellt ferner eine Anfrage über die Notlage der Unfall-, Invali den- und Attersrent“ en infolge der Geldentwertüng und der Teuerung aller CLehunz.' bedürfnisse und wünscht Auskunft darüber, ob die Regierung eine Erhöhung der Bezüge eintreten lassen wird.

; Ein Regjerüngsvertreter berweist auf die vorliegenden heseßl ichen , dener, verfahren werden müͤffe, und kündigt einen ö über . an.

.. Abg. Frau Zietz . Sor) ftellt endlich eine Anfrage über die niedrige Unterstützung der Frauen und Kinder der Kriegsgefangenen.

Geheimer Ohberregierungsrat Freiherr von Welser derweist darauf, daß für den genannten Zweck bisher 3555 69 Mark auf⸗ gewandt worden seien. Gegenwärtig sei eine Erhöhung der Bezüge nicht angängig, in besonderen Fällen müßten sich die Betroffenen um Erhöhung ihrer Unterstützungssätze an die zuständigen Lieferungs⸗ verbände wenden.

Abg. Frau Behm (D. Nat.) stellt eine Anfrage darüber, daß Fwitänleuinant von Mücke, der Führer der Ayesha“, während eines Vortrages über seine rlebniffe bor Schülern im Zirkus Schumann in Frankfurt a. M. mißhandelt und zum Abbruch seines Vortrages gezwungen worden sei.

Geheimer Oberregierungsrat Freiherr von Welser teilt mit, daß, die Regierung noch nicht über ausreichende Unterlagen zur Nach— prüfung des Falles verfügt.

Abg. Kempkes (B. V) fragt nach einem Versuch des Mit⸗ gliedes der Nationalpersammlung Seyering, Regierungskommissars im Rheinlanze, die Stadtverwallung in Sberhaufen * Rheinlande zur Weiterhesoldung der dortigen Aibeiterratsmitglieder zu zwingen. Der QObeibürgermeister sei in diesem Zusammenhange sogar mit der Festnahme bedroht worden.

Geheimer Oberregierungsrgt Freiherr von Welser führt an, daß die Bestmmung über die Selbstregelung der AÄngelegenhbäst! bunt die neugewählten Gemeindevertretungen nicht ohne eibungen durch⸗ geführt worden sei. Deshalb habe der Reichs kommi . für einen gewissen Zeitraum das bisherige Verfahren zugelassen. Das sei zweck⸗ mäßig gewesen und werde von der Regierung gebilligt. Das Gerücht über . Feiheitsbeschränkung des Oberbürgermeisters sei nicht ernst zu nehmen.

Abg. Dr. Graf zu Dohna fragt nach der in Aussicht gestellten eichsgesetzlichen Regelung der Haftpflicht für Aufruhrschäden.

Geheimer Oberregierungsrat Freiherr von Welser teilt mit, daß Lin Gesetzentwurf über die durch die inneren Unruhen berursachten Schäden bereits in Staatenausschuß vorliege und voraussichtlich in einigen Tagen der Nationalperfammlung dorgelegt werden könne. ;

Hierauf folgt der Bericht des Reichshaushaltsausschusses über die Verordnung zur Beschaff ung von hand w'int schaftlichem Stedlungsland.

Der Ausschußberichterstatter Abg. Allekotte Gentr.) hat die

erordnung zu einem Gesetzentwurf umgearheitet, der in seinem § 1 bestimmt, daß dle , , flichtet sind, zur Schaffung neuer Ansiedlungen und zur Hebung befteße der Kleinbetriebe gemeinnützige Siedlungsunternehmungen zu bifden.

Provinzen und Staat müssen zur Förderung des

Erste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 2. Juli

. ö. Fehrenbach stellt fest, daß, nachdem die Kommission die Verordnung zu einem Gesetzentwurf umgearbeitet habe, eine Be⸗ ratung in drei Lesungen erforderlich sei.

Abg. Blum (Zentr): Ueber das Siedlungsgesetz könnte man passend die Parole schreiben: „Glücklich der Mann, der der Stadt entflohen“, und man kann wohl sagen, daß sich neuerdings in der Wert— schätzung des Bodens eine vollständige Wandlung der Anschauung voll— zogen hat. Statt von einer Landflucht, wie sie selt den siebziger Jahren i öh entwickelt hatte, kann man heute beinahe von einer Stabtflucht sprechen, und das ist im Interesse der Gesundung unseres Volfes nach der volkswirtschaftlichen wie nach der ethischen Seite hin sehr erfreulich. Immerhin wird man nicht annehmen dürfen, daß fich nun bie Um— wandlung Deutschl ands aus einem Industriestaat in einen Argrarstaat in zaschem Tempo vollziehen wird. Mean wird auch hier Gebuld hleben müssen. Die Frage, ob der Großbesitz oder der Kleinbesißz dorzuziehen

Fe ist. dahin zu beantworten, daß volkswirtschaftlich eine gesarnke

Mischung beider das Richtige und Zweckmäßige ist. Die Statik beweist, . im allgemeinen in den Unteren Stufen des Gesetzes der Eigenbetrieb, in den größeren dagegen die Pachtfläche gestiegen ist. Das ist eine durchaus ungesunde Entwicklung. Schon deshalb, weil der Enverb von Grundbesitz durch die Kapitalisten nicht immer im volks— wirtschaftlichen Interesse stattgefunden hat. Im Kriege ist ja namentlich der sogenannte „Küchenhof“ berühmt geworden, der nur dazu sienen sollte, den städtischen Haushalt mit landwirtschaftlichen Produkten zu versorgen. In jedem Kalle wird man sagen müssen, daß für die Sied— lungstätigkeit zunächst die Schaffung von Bauerngütern mittlerer Größe das Ziel sein muß. Denn dieses ist am besten in der Lage, sich den wechselnden Bedingungen der Erzeugung und des Absatzes, mit denen wir gerade für die nächste Zukunft rechnen müssen, anzupassen. Er— freulich ist die Tatsache, daß die meisten Bewerber um Land, soweit sich bis jetzt hat feststellen laffen können, aus den Kreisen der Kleinbe— mittelten, der Handwerker, der Kleingewerbetreibenden, der Verfiche— rungspflichtigen stammen; fie bieten ja auch die beste Gewähr, daß die Siek lungstätigkeit das Ziel erreicht, das sie sich gesteckt hat. Hier bietet sich namentlich den Städten, besonders denen, die sich in den letzten Jahren große Reserven don Grundeigentum zugelegt haben, ein weites

eld ersprießlicher Tätigkeit. Die Siedlungstätigkeit wird vor allen

ingen auch die Aufgabe haben, die Landarheiterfrage lösen zu helfen. Das ist um so notwendiger, als wir für die nächsten Jahrzehnte auf den Zugang ausländischer sogenannter Saifonarbeiter nicht mehr rechnen können. Mehr als je braucken wir auf dem Lande einen Stamm intelligenter und leistungsfähiger Arbeiter, der die Scholle liebt und der Freude hat an seiner Tätigkeit. Die Tatsache, daß das Bauen einstweilen und wohl auch noch für längere Zeit teuer ist, darf kein Grund sein, mit der Siedlungstätigkeit noch länger zu warten. Die Ersatzbauten haben sich troz mancher Mängel im allgemeinen bewährt und stellen sich so billig, daß die Rente der kleinen Siedlungen gesichert ist. Auch in den Städten besteht großer Gifer für die Er— richtung won Siedlungsbauten, aber man klagt fehr, daß die staatlichen Zuschüsse nicht ausreichen. Selhstverständlich muß der kleine Anlieger die nötige Schulung erhalten, damit er mit Nutzen seine Siedlung bebauen kann. Wanderschullehrer und Wanderhaushaltungslehrerinnen können die kleinen Siedler fach gemäß unterrichten. Gemeinden, Kreise ; Siedlungswesens zu⸗ jammniemwirken. Aher unter bürekratischer Verwaltung darf das Siedlungswesen nicht erstarren. Die Siedlung ist eine vol kẽwirtschaft⸗ liche Tat von, Bedeutung für das Landleben; sie wird helfen, uns über die (avere Zeit zu glücklichen Zeiten himwegzubringen. (Beifall.)

Abg. Schmidthals (Tem): Die Verteilung des Grund und Bodens ist eine alte Frage, die uns aber durch den Krieg deppest nahegebracht ist. In den Bezirken des Großgrundbesitzes hat die größte Abwanderung stattgefunden, weil die Leutz dort keine Existenz⸗ Repingungen fanden. In Schlesien stehen neben Güllern von 136 60 Morgen in den Händen eines Besißers einige 29 06h kleine Stellen, die nicht einmal 19 Morgen umfassen. Es müssen in der Landwirt⸗ schaft weniger Großbetriebe und mehr Kleinbetriebe geschaffen werden. Der Gréßbetrieb mag im Kriege vielleicht an Getreide und Kartoffeln mehr gesckaffen haben als der Kleinbetrieb; aber dieser leistet an sonstigen Erzeugnissen, wie Butter, Fett, Eier, Fleisch, auf derselben Fläche viel mehr als der Großbesitz, und nur die Reserven des kleinen Besitzgs haben uns durch die Kriegsjahre hindurckgebracht. 80 36 des Rinviehes und 890 3, der Schweine werden von feinen Besitzern g= Wächtet. Für einen etwaigen künftigen Krieg müssen wir uns große Reserden an Viehbestand anlegen. Vor allem wird die andwirtschaft⸗ liche Arbeit im Fleinen Betrieb viel sorgfältiger gemacht, als es im großen möglich ist. Der Kleinbetrieb schatft alis für die Gesanttheit mehr als der große. Wenn wir die breiten Maßssen der Arbeiter⸗ bevölkerung nicht wieder auf das Land hinausbringen, müssen sie aus⸗ wandern. Unser einziges Aktivum ist unsere Arbeitskraft und das, was in unseren Boden steckt. In die Arheitskraft muß wieder die nöhge Arbeitslust bineinkommen. Dieses Gesetz kann helfen, diese Aufgabe zu lösen. Zunächst müssen die ganz großen Besitzungen aufgeteilt perten und danach erst die mittleren, denn wir brauchen eine gesunde Mischung von großen und kleinen Betrieben. Zu den Stellen, die über die Ent. eignung zur Landbeschaffung zu entscheiden haben, wünschten wir die Hinzuziehung praktischer Landwirte. Die Bodenpreise sind ietzt allen⸗ i dings sehr hoch, aber man darf auch nicht zu ängstlich sein. Die Kreditfrage wird gelöst werden können, wenn die Siedlungsgesell⸗ schaften als Garanten auftyeten. Nicht bloß im Reich, sondern . Einzelstaat und jeder Provinz muß ein Kontroll aussckuß für die Durch⸗ führung des Siedlungsgesetzes eingesetzt werden. Zu beseitigen 3 die einzelstaatlichen Bestimmungen, wonach die Genzhmigung des Einzelstaates erforderlich ist, wenn ein anderer Einzelstaat in dessen Gebiet siedeln will. Hamburg ist z. B. stets von der preußis chen Re⸗ gierung abhängig, wenn es auf preußischem Gebiet eine Ansiedlung anlegen will. Der Erfolg der Siedlung ist eine Sache der Persön— lichkeit; wo ein Wille dahinter steckt, gelingt es, selbst aus elendem Sandboden gute Erträge zu erzielen. Wir müssen dahin arbeiten, daß das deutsche Volk wieder Lust und Liebe zur Arbeit bekommt, und wir glauben, daß dieses Gesetz ein Weg dazu ist. (Beifall bei den Demokraten.). . Abg. 9 ebe (Soz): Wir begrüßen dieses Gesetz, weil es end⸗

lich ein Versprechen erfüllt, das den Kriegsteilnehmern gegeben worden ist; Seit Jahren hat man ihnen gesggt: Ein Stück deutschen Landes soll in ihre Hand gegeben werden. Als besonderen Vorteil dieses Ge⸗ setzes und eine wesenkliche Verbesserung seiner alten Fassung betrachten wir die Tatfache, daß das Gesetz ausdrücklich die Vengrößerung kleiner Stellen vorsieht und nicht nur auf neue Siedlungen dringt. Für Oberschlesien spielt dieser Umstand eine besondere Rolle. Gerade in Kreisen ausgekaufter Bauern bestebt gegenwärtig eim starkes Be— dürfnis nach Entwicklung ihrer Wirtschaft. Als Vorteil betrachten wir es aich, daß kleine Bauern, mittlere Bauern und Lehrer bei der Ausführung des Gesetzes mitwirken und also die Entscheidungen nicht mehr der Bürokratie überlassen bleiben. Wir haben die befondere Bitte, daß die Siedlungegesellsckaften nach Fertigstellung des Gesetzes nun endlich mit Volldampf an zu arbeiten fangen und fich nicht mehr hinter fleinlichen Formbedenken derschanzen. Wir werden das Gesetz und -sämtliche Anträge annehmen. (Beifall.)

Di. Roesiche (D. nat. Vp): Wir haben uns für das Siedlungs⸗ wesen innner lebhaft interessiert. Herr von Wangenheim und andere unserer Parteifreunde haben bahnbrechend in ihm gewirkt. Die Er— folge könnten nach Lage der Dinge nicht so groß sein, weil nicht nur Hemmnisse Laren f r, sondern auch tatsaͤchlicher Ratur zu über-

nzeiger und Prenßischen Staatsanzeiger.

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winden waren. Von den beträchtl

ichen erzielten Erfolgen geht uns im wie alles verloren. Man steht dort geradezu vor

dem alles die deutsche Ansiedlung Erreichten. Um so motwendiger ist die Vermehrung zes Siedlungslandes; denn Eöt muß. Deutschland wieder mehr Agratstaat erden Durch das Gesetz erfüllen wir die Forderung des Mannes, den wir während des Krieges am meisten verehrt haben: Marschall Hindenburg. Leiter wird die Bedeutung des Gesetzes ans nicht recht erfaßt, bon denen war de sollen. Der Redner verweist auf die e nur ein Kommissar sitzt. (Lebhafte Es hat keiner Zweck, Siedlungslustigen Versp Ansiedler, die nicht durchhalten können, werden nicht zum Erfolge kommen. Siedlung soll zufriedene Menschen machen. Zufriedenheit ist d Grundlage für die Wiedererstarkung Deutfchlands Leider wird immer noch andauernd die Unzufriedenheit in agitatorischer Weise gefördert. Wir müssen wieder lernen, zufrieden zu sein. Nur dann bekommen wir wieder Ordnung. Bei der Gründung von Siedlungen ist darauf zu achten, daß die Rentabilität gesichert bleibt. Sonst bringen sie keine Vorteile, sondern Gefahren. Besonders schwierige Verhältnisse schaffen uns in dieser Hinsicht die hohen Baukosten— Die Regierung will die Lebensmittelversorgung durch 1. Milliarden im Ausland? gekaufter Lebensmittel bessern. Das ist auch ein Unternehmen, das die Zu⸗ friedenheit fördern soll. Das Gesd wäre ber besser oder mindestens TPensogut angewandt, wenn es in Form von Bau kostenzuschüssen für Ansiedlungen zur Verfügung gestellt würde. Der Landwirtschaft wird gerade in der nächsten Zukunft größte Bedeutung zuzumessen sein. Wir haben immer für den Gedanken gekämpft, daß Deutschland sich mög⸗ lichst selbst ernähren solle. Dafür haben wir Hohnlachen geerntet; der Krieg ist den Lachern von damals vermutlich eine bittere Lehre über die Richtigkeit unseres Standwunktes gewesen. Wenn wir ein starkes, selbständiges Deutschland haben wollen, ist die erste Be— dingung; die Hebung der Landwirischaft. Die ganze Kraft des Volkes sollte vücksichtslos für das Siedlungswesen eingesetzt werden. (Beifall rechts Undurchführbar freilsch ist, zas ganze Deutschland vom Boden⸗ see bis Memel bloß auf die Landwirtschaft zu stellen. eine Mischung der Produktion, freil Kapital darf nicht gesparrt werden. kommen hier in Betracht. Viehhaltung wichtig. freilich seiner Entwicklu wicht auf die großen S so auch der Os

Das Ge⸗

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werden. Berl ) dabei

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li Land kann Deutschland neue winnen. b Ich will desha außerordentlich wichtige Beratungen stgehglten wurde, als vorauszusehen war. Andere Kommissare en Streik in Berlin e einer Sie Haur t fehlt her

Für die Bauwirtschaf

Und, wie die Ve ! daß der große Mangel an Kohle ir abgestellt werde. Die T

wohnungskommission hatten daß diese die Er klärung abgab, daß sie ein k Kohle für die Bauwpirtschat nicht zur Verfügung stellen könre. Von insgesamt 18 050 Ziegeleien in ‚Deutschland haben zeitweise über 17609) stillgelegen. 9 liegen noch 16509 still, so daß nur 15090 arbeiten ÜUnd auch dies nur zum Teil imstande, ihre Wirtschaftsmöglichkeiten auszunutzen, so daß sie vielfach ihre Lieferungen nicht einhakter können. Dr. Roe sicke wies darguf hin, daß namentlich bei landwi schaftlichen Bauten auf Ersatzstoffe zurückgegriffen werden könne. Lehm als brauchbaren Ersatzstoff für Ziegel. und wir hatten ein verhältnismäßig durchaus befriedigend. Auch die TUößte Schwierigkeit liegt vielleicht in der Meich hat 500 Millionen für Woh Auf die Fr

dem Kriege in Deutschland etwa 200000 Wohnungen mit einem Kostengufwand von y, Milliarde debut worden. Heute haben sich die Baupreise um das Vierfache erböbt, an einzelnen Stellen noch mehr. r lliarden brauchen. Das

mitteln stehen abe

Zuschuß ist di

in größerer Mass dann werden wir mit den 500 Mil⸗ lionen bald zi

1 de aber fast keine. Das ist eine große Gefahr Nachher wird für das Land nichts mehr ü sein. enn die 509 Millionen verbraucht sind, vermag ich ni einzusehen, wie da verfahren werden foll. Ich möchte daher warnen, daß die Landwirte, wie es h wohl vielfach der Fall ist, mit ihren Bauten warten, bis wieder Ziegel zur Verfügung stehen. Von seiten

der beteiligten Stellen wird alles geschehen, um die Schwierigkeiten zu heseitigen oder wenigstens zu mildern, die sich d euer Ansiedlungen entgegenstellen. Sie sind aber fo groß, t⸗ gehenden Erwartungen, die in bezug auf die Sckaffung ne

ielfach an dieses Gesetz geknüpft werden, kaum i gehen werden. Abg. Du sche (D. Reine politischen schon seit Jahrzehnten für eine tatkräfffae Unterftüt de wesens eingetreten. Wir haben deshalb auch gern'd m mitgearbeit n die Stelle einer Verordrung ein neues Siedlungsgesetz zu stellen. Ich halte es für das wichtigste, möglickst viele neue Söredkunzen zu schaffen. Dabei sollte man möglichst auch die Kriegsbeschädigten und diejenigen berücksichtigen, die aus den uns jeßt verloren gehenden Ge bieten in das verkleinerte Deutschland zurückwandern. Um die Er⸗ richtung neuer Siedlungen zu erleichtern, sollte man sich entschließen,

aus den Staatswaldungen eliwas mehr Holz zur Verfügung zu stellen.

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