laufe des Gespräches haben die hessischen Herren den bereits in der
Deffentlichkeit erörterten Plan der Gründung eines großhessischen
Freistaates erwähnt. (Aha! rechts) General Mangin scheint das bahin aufgefaßt zu haben, daß Hessen die Unterstützung der fran— zösischen Besatzung für diese Pläne wünschte. Herr Ministerpräsident Ulrich und Herr Justizminister von Brentano erklären mit Be— mtheit, daß ihnen eine solche Absicht ferngelegen hätte. Nachdem die preußische Staatsregierung von dieser Unterredung, die am 28. Juni stattgefunden hat, am 8. Juli Kenntnis erlangt batte, hat sie sofort bei der hessischen Regierung Verwahrung dagegen erhoben daß eine solche Frage überhaupt vor dem General Mangin
erörtert worden ist (fehr guth, und sie hat bei der Reichsregierung
kine Besprechung dieser Angelegenheit unter Zuziehung von Ver— tretern Hessens und der anderen durch diese Pläne betroffenen Hundesstaaten, also Bayerns, Badens und Oldenburgs, beantragt. Die Besprechung hat in Weimar am 14. Juli stattgefunden. Inzwischen hatte die preußische Regierung durch die hessische Regie. tung Aöschrift des Berichtes erhalten, den die hessische Regierung unter dem 30. Juni an den Herrn Reichspräsidenten gerichtet hatte, sowie den auf dem Umwege über das Reichsministerium des Aeußern Leleiteten und. deshalb verspäteten Bericht des preußischen Gesandten in Darmstadt vom 2. Juli.
Bei den Verhandlungen am 14. Juli haben die Vertreter der pteußischen Regierung sich zwar davon überzeugt, daß bei den hessischen Herren nicht die Absicht bestanden hat, die Hilfe der französischen Besatzung für die Losreißung preußischer Gebietsteile in Anspruch zu nehmen, sie haben aber mit voller Entschiedenheit zum Ausdruck ge⸗ bracht, daß sie bereits die bloße Erörterung solcher Pläne vor dem französischen General mindestens für einen schweren Mißgriff halten. (Sehr richtig) Auch der Reichsministerpräsident hat bei dieser Be⸗ sprechung den Wunsch geäußert, daß solche Fragen nicht wieder vor ben Augen der Ententebesatzung berührt werden möchten.
Meine Damen und Herren, die Reichsregierung hat, wie bei diesen Erörterungen zweifelsfrei festgestellt worden ist, von den Be⸗ sprechungen der hessischen Minister mit dem General Mangin vorher keine Kenntnis gehabt. (Hört, hört) Sie hat, nachdem sie diese erhalten hatte, durch den Reichsminister des Aeußern dem preußischen Ministerpräsidenten mündlich Kenntnis gegeben. Die Verzögerung des Einlaufs des schriftlichen Berichtes erklärt sich durch die Trennung ber Regierung zwischen Weimar und Berlin und durch andere Zufälle.
Die preußische Regierung steht auch jetzt noch auf ihrem bereits früher der Landesversammlung kundgegebenen Standpunkt, daß Ab⸗ trennungen von preußischen Gebietsteilen an jeder Stelle gefährlich für die Einheit Deutsch⸗ lands und schädlich für die Kraft und Leistungs⸗ fähigkeit Preußens und des gesamten Reiches sind (Sehr richtig), und daß sie ganz besonders verhängnis⸗ doll werden müssen, wenn sie an den an die Be⸗ satzungszone grenzenden Gebieten geplant werden. (Sehr richtig) Die Vorgänge bei der Gründung der Dortenschen rheinischen Republik, ebenso wie das Verhalten des Generals Mangin bei dem Gespräch mit den hessischen Ministern beweisen, daß den Franzosen nichts erwünschter wäre als eine Schwächung Preußens durch Abtrennung preußischer Gebietsteile und eine Bildung von kleineren Randstaaten auf Kosten Preußens, die, wenn, sie auch formell dorläufig noch beim Reiche bleiben, in den Franzosen die Hoffnung auß einen künftigen Anschluß an das französische Herrschaftsgebiet erwecken können. (Sehr richtigh . . Der Glaube, durch den sich die Befürworter dieser Pläne leiten lassen, der offenbar auch den hessischen Herren Mitgliedern vorge⸗ schwebt hat, und der auch von einem Mitgliede des Reichskabinetts geäußert wurde, daß nämlich die westrheinische Bevölkerung Hessens ihren deutschen Charakter den französischen Verlockungen gegenüber besser erhalten würde, wenn sie ein Teil eines möglichst groß gedachten techtsrheinischen hessischen Freistaates wäre, ist nach Ansicht der preußischen Regierung trügerisch. (Sehr richtigh
Die preußische Regierung vertraut auf die deutsche Gesinnung der gesamten linksrheinischen Bevölkerung und auf ihre Anhänglich⸗ keit an das Reich. Sie glaubt nicht, daß Reichsangehörige, die überhaupt den Verführungskünsten von französischer Seite zugänglich und die bereit sind, ihr Deutschtum aufzugeben, davon dadurch ab⸗ gehalten werden könnten, daß der Freistaat Hessen auf Kosten an⸗ deret Bundesstaaten, insbesondere Preußens, vergrößert würde. (Sehr richtig!) .
Die preußische Regierung sieht vielmehr in der Förderung solcher Pläne die Gefahr, daß die bisher auf dem linken Rheinufer betriebenen Ab⸗ splitterungsbestrebungen auch auf das rechte hün⸗ übergetragen werden, und daß die Ablösung von Preußen nur der erste Schritt zu einer Ablösung vom Reiche werden könnte. (Sehr richtigh
Die preußische Staatsregierung bittet die Landesversammlung, einmütig gegen solche gefährlichen Bestrebungen Stellung zu nehmen und die Regierung bei deren Bekämpfung zu unterstützen. (Bravo!)
Abg. Dr. Ritter (D. Nat.): In den Rheinlanden scheint doch talsächlich ein sehr starker Nährboden für diese Absonderungs⸗ bestrebungen vorhanden zu sein. Der Redner des Zentrums hat sich zwar dagegen erklärt, dann aber eine große Rede dafür ehalten. Wenn wir uns jetzt immer wieder mit diesen uner—= reulichen Dingen zu beschäftigen haben, so liegt das haupt— ächlich an der unglaublichen ,. im jetzigen
reußen. Hätten wir noch ein wirkliches Regiment wie früber. fo kbätte kein Mensch daran gedacht. Wir in Hessen sind nach 1866 durch die Entwicklung aus Mußpreußen begeisterte Preußen ge⸗ worden. Nur ein starkes Preußen kann die Wacht am Rhein halten. , Sie nicht das einzige, was Preußen noch als einen pliden Staat zusammenhalten kann, erschüttern Sie nicht den festen, durch lange Tradition zusammengeschweißten Beamtenkörper! Abg. Weber (Soz.): Wir verurteilen den Schritt Ulrichs. Wir wissen, daß das Zentrum sich an den Abtrennungk bestrehungen effrig betelligt. Die Aufteilung Deutschlands darf keine Parkei⸗ frage werden, sie geht das ganze deutsche Volk an. Unsere artei hat in Hessen-Nassgu diesen Bestrebungen die schärsste Absage zuteil werden lassen. Die rklärungen, die das zentrum hier im Hause abgibt, stimmen mit dem Verhalten 53 Partei im Westen nicht übereln. Diejenigen Kollegen haben doch nicht so ganz unrecht, die uns sagen; Wer sich in die Hände des entrums begibt, der ist verloren. (Lebhaftes Hört, kört! und große , . im ganzen Hause. Die Regierung wird ja wissen, wie weit sie gehen kann. Auch bei, uns gibt es eine Grenze, wo wir
sagen müssen: Regiert Ihr alleine, uns ist der Geschmack am Re⸗
fi verdorben. Fluchwürdig ist die Agitation der Zentrume⸗
hänger im Rheingebiet.
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Abg. Jan sen (Dem) tritt dem Zentrumgredner mit großer Schärse entgegen. Vas Verhalten Ulrichs verurteilen wir. Was die Zentrumsanhänger in den Rbeinlanden treiben, ist Landesverrat. Die heutige Erklärung der Reglerung genügt mir nicht. Das Zentrum verfolgt allemal elne auß ere Praxis, hat aber jtets dasselbe Ziel, möglichst viel Konzessionen für sich herauszuholen. Für heute ist die Sache erledigt. Aus der Republik wird nichts.
Abg. Ludwig (N. Soz.): Schon im Maͤrz ist das Zentrum gekennzeichnet worden als verantwortlich für diese Abtrennungs- ö heute hat es das zugegeben, Herr Bergmann hat offen er— lärt, die Zentrumsleute in ibrer Mehrheit würden diesen Weg gehen. Die Herren sind schon längst erkannt, sie sind die schwarzen Spartakisten. (Große Heiterkeit, Tie Geschichte hat festgestellt, daß Sie (ugch rechts; zu den berufmãßtigen Hoch und Landesverrätern gehören (Großer Lärm rechts. Vöze— Präsident Dr. Porsch ruft den Redner zur Ordnung.) Sehen Sie sich doch in der Geschichte um, wie nach 18065 die aller— untertänigsten Huldigungsadressen aus Ihren Reihen an den großen Napoleon ergingen. (Große Unruhe rechts. Die Mitglieder der Deutschnationalen und der Deutschen Vollspartei verlassen den Saal Wenn der Feind ins Land kommt, sind Sie die ersten, die sich ihm an den Hals werfen. (Stürmischer Widerspruch rechts. Großer Lärm; Vizepräsident Dr Pox sch ruft den Nedner für diese schwere Beleidigung zum zweiten Male zur Ordnung.)
IUbg. Dr. Kalle (S. V.): Man fucht fystematisch im Westen für die Lostrennung zu werben. Die Lage ist sehr ernst. In dem Vorgehen des hessischen Ministerpraͤsidenten mössen wir geradezu einen findlichen Akt gegen Preußen erblicken. (Sehr richtig) Es gibt kein Moment, womit man eine Verkleinerung Preußens recht—⸗ fertigen könnte.
Abg. Bergmann (Zentr.): Mit unserm Eintritt in die Re—⸗ gierung haben wir ein sehr schweres Opfer gebracht. und wir haben es gebracht im wohlverstandenen Interesse unseres Vaterlandes. Das Zentrum hat offiziell vor Bestrebungen zut Verselbständigung der Rheinlande gewarnt, weil sie die Gefahr sozialer Unruhen und sogar die Gefahr des Bürgerkrieges in sich bergen. Mehr konnte das Zentrum doch nicht tun. Auch im Zentrum hat die Zahl der An— n. des Einbeitsstaates ständig zugenommen, und auch ich gehöre zu diesen.
Die Erörterung wird durch die Annahme eines Schluß⸗ antrags beendet.
Schluß gegen 7 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag, 12 Uhr pünktlich. (Haushaltzplan für das Ministerium des Innern.) Voraussichtlich wird morgen auch noch eine Abend⸗ sitzung stattfinden.
Statiftik und VBoltstwirtscha ft.
Arbeitsstreitigkeiten.
Aus Stettin berichtet WB. T. B.“ Das Gewerkschaftskartell, der Wahlverein der sozialdemokratischen und die Parieivereine der un— abhängigen sozig demokratischen Partei riefen zum Generalgusstand für die Zeit auf, bis folgende Forderungen erfüllt sind; 1) Aufbebung des Belagerungszustandes in Pommern, ?) Entlassung aller während des Belagerungszustandes inhaftierten Gefangenen und Niederschlagung aller daraus resultierenden Strasperfolgungen, 3) Abberufung des Generals von Oven, 4) Anerkennung der Arbeiterräte. Ohne deren Zustim⸗ mung sollen militärische Maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung nicht getroffen werden können. Infolge dieser Aufforderung sind gestern früh die Arbeiter aller Betriebe in Stettin in den Aus- stand getreten. Die Straßen bahnen verkehren nicht. Das Gas- werk, Wgsserwerk und das Elektrizität gwerk sind geschlossen. Der Verkehr im Hafen ruht voliständig. In einer gestern ab⸗ . Versammlung der Eisenbgahner ron Stettin wurde eschlossen, sich dem Generalstreik anzuschließen und einen Aktions- ausschuß einzusetzen, der das Nötige veranlassen soll. Es sollen nur einige Lebensmitteltrangporte fortgeführt werden, dagegen soll der Gürer⸗ und Personenverkehr aufhören. — Der ausgebrochene General⸗ ausstand stellt sich als, eine Ueberrumpelung der Arbeiter durch die unabhängige Sozialdemokratie dar. Eine gestern nachmittag abgehaltene Versammlung des Aktionsausschusses der Mehrheitsfozialisten, an der Veitreter aller Gewerk schaften telnahmen, beschloß, daß in den Gas⸗, Wasser und Elek— trizitatswerken die Arbeit sofort wseder aufgenommen, im übr gen aber der Streik fortaesetzt werden solle, bs eine auf den heutigen Vormittag inberusene Versammlung der Vertrauensleute des Wahl— vereins weiteres beschließen werde. Die Zeitungsverleger haben be— schlosten, die Ze tungen vorläufig nicht erscheinen zu lassen. Der Oberipräsident und der Zentralarbeiterrat der Provinz Pammern haben sich telegraphisch au die Ministerien gewandt und um Aus— hebung des Belagerungszustand s über Pommern gebeten.
Zwecks Abwehr des Generalausstands haben die Bürgerräte von Stettin und Stra!lsund, wo gleichfalls der Generalstreik ausgebrochen ist, zum Gegenstreik der Bürger⸗ schaft aufgefordert. In Stralsund ist darauf gestern mittag das gesamte Bürgertum in den Abwehrstreit ge⸗ treten. Alle Geschäfte, behördlichen Büros und Verkehrsanstalten sind geschlossen.
Einer weiteren Meldung von W. T. B.“ aus Stralsund zufolge haben bezüglich des Ausstands der Landarbetter gesiern vormittag neue Verhandlungen zwischen dem Arbeiterverband und dem Pommerschen Landbund begonnen. Der Landarbeiterstreik im Lgndkreise Franzburg ist im Rückgang begriffen, da das Militär, das die Güter besetzt hält, die Arbeiter zur Wiederaufnahme der Arbeit anhält. Die Wiederaufnahme der Arbeit war dringend geboten, da die Rübenernte in Gefahr geriet, völlig zu verderben. Gefahr besteht auch für Wintergerste und Zuckerrüben. Von dem auf den Gütern eingerichteten Ausschuß des Landarbeiter verbandes wurden 15 Mitglieder verhaftet und nach Greifswald weiter transportiert.
Wie das genannte Büro berichtet, hat die preußische Staatsregierung gestern beschlossen, die Unterstaatssekretäre Dr. Mever vom Minister un des Innern und Kreczinski vom Kriegsministerium über Stertin nach Stralsund ais Kommissare mit weitestgehenden Vollmachten sofort zu senden, um an Ort und Stelle in Stralsund die Ursachen des Landarbeiter⸗ streiks zu prüfen und nach Möglichkeit Abhilfe zu schaffen. Nach Prüfung der Verhältnisse sind die Kommissare in die Lage versetzt worden, den Belagerungszustand über Stralsund eventuell aufzuheben und den Arbeitszwang zu beseitigen.
Nach einer Meldung der „Schweizerischen Depeschenagentur“ aus Zürich hat gestern eine Versammlung von Delegierten des schwei⸗ zerischen G u 59 ruckervereins den Vermittlungsporschlag des schreizerischen Volkswirt schäftahehärtementg, die Arbeitszeit der Maschinensetzer auf 44 Stunden in der Woche herabzusetzen, an— genommen. Da auch der Typogr iphenbund dem Vermittlungsvorschlaa zugestimmt hat, dürfte die Arbeit im schweizerischen Bucht ruckgewerbe sofort im vollen Umfange wieder aufgenommen werden
Aus London berichtet dag Reutersche Büro“, daß infolge eines Streiks bei e ,, Eisenbahngesellichaft, der North-Eastern-Eisenbahn, der Eisenbahnverkehr Nord- englands still steht. Die Leitung des Eisenbahnerverbandes ist gestern von London nach Neweastle abgereist, um einen Ver⸗ uff i werf i zu machen. — Ferner haben 160 009 Berg— arbeiter von West Porkshire vorgestern abend infolge des Abbruchs der Verhanblungen, die mit den Bergwerksbesitzern über die Entscheidung der Kohkenkommission geführt wurden, die Arbeit niedergelegt.
dicht
Zum Aussland der Hafenarbeiter in New Pork meldet bas Amsten damer Pressebüro ‚Rad o“, der S keiär de! Stemannß⸗ ve bandes habe er lätt, daß die Aus ändigen gegen die Annabme dit Schiedsspruchs ves Sch ffahrtzamt 5 gestimmt hätte, und aß auch die Stewgrds und Mastrosen sich ibnen anschließ n wollten. I 060 big 150 Mann scien im Ausstand. 400 Schiffe
lägen im New Yorker Hafen still.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Ab sperrangẽ⸗ maßregeln.
Die „Times“ meldet, daß die Grippe auf Mauritius heftig wütet. In den letzten zwei Monaten sind ungefähr 400 Menschen täglich daran gestorben.
VerkehrSõwesen.
Vom 18. d. Mtg. ab wird der allgemeine Fern sprechpęr⸗ kehr mit Dänemark in demselben Umfange und zu denselben
Gebühren wie vor dem Kriege wie deraufgenommen. — —
eft 6 (1919) der Zeitschrift für Kleinbahnen“, . . im preußischen Ministerlum der öffentlichen Arbeiten, zugleich . des Vereins deutscher Straßenbahn, und Kleinbahn⸗ verwallungen (Verlag von Julius Springer, Berlin), erschien mit folgendem Inhalt: „Die selbsttätige Signalanlage der Berliner Hoch, und Untergrundbahn nebst einigen Vorläufern. vom Geh. Baurat Dr. Ing. G. Kemmann, mit zahlreichen Abbildungen und mehreren Tafeln (Forts.) ; „Das neue italienische Gesetz uber Privat. bahnen, Straßen- und Kleinbahnen und Automobilunternehmungen vom 9. Mai 1912, Nr. 1447. — Gesetzgebung: Italien; Königliche Verordnung vom 3. Mai 1912, Nr. 1447, betreffend Genehmigung des einheitlichen Textes der gesetzlichen Bestimmungen über die den Privatunterneb mungen konzessionierten Eisenbahnen, Straßen⸗ und Kleinbahnen mit mechanischer Zugkraft und Automobil.. — Rechtsprechung: Erkenntnis des Reichsgerichts, VII. Senats, vom II. April 1916, beir. die Versteuerung eines Betrieb züberlassungz⸗ vertrags als Pa rwwertrag. — Kleine M tteilungen: Neuere Pläne, Vorarbeiten, Genehmigungen, Betriebseröffnungen und Betriebs- änderungen von Kleinbahnen; Die. Schmalspurbab nen Deutschlands im Jahre 1917; Der 31. Geschäftsbericht der Pensiongk. sse, für Beanite deutscher Privateisenbahnen. — Bücherschau, Zeitschriften⸗ schat. — Mitteilungen des Vere ns deutscher Straßenbahn⸗ und Kleinbahnverwaltungen: Normenaut sckuß der deutschen Industrie; Straßeubahn. und Kleinbahnberufsgenossenschaft; Die Unfälle aut deulschen & raßenbahnen im Jahre 1918; Patentbericht (mit 5 Ab⸗ bildungen); Auszüge aus Geschäftsberichten. .
Mannigfaltiges.
Gestern vormittag entstand Blättermeldungen zufolge guf dem Grundstück der Deutschen Werkhüttengesellschaft in Hohenschön« bausen ein Brand in einem der mit Munition ge⸗ füllten Schuppen, er bald darauf unter furchtbarem Getöse in die Luft flog und auch die in einem zweiten, dabei befindlichen Schuppen lagernde Munition, zur Entzündung brachte. Infolge der außerordenilich star ken Erplasion, wurden die Fensterscheiben in weitem Um kreise zertrümmert. Die Lage, war so gefährlich, daß außer der Ottgfeuer wehr auch die von Lichtenberg und Welßensee zu Hilfe gerufen werden mußten, die aber nichts weiter tun konnten, als ein Ueber, springen des Feuers auf in der Nähe liegende Fabrikgebäude und auf andere Schuppen zu verhindern. Menschen dürften nach den bit herigen Meldungen nicht zu Schaden gekommen seln.
In der Treptow⸗Sternwarte finden demnächst folgente öffentliche, gemeinverständliche Filmporträge statt: Sonnabend, 19. Juli, 5 Uhr: Vom Monte Rosa zur afrikanischen Küste“. Sonntag. 20. Juli, 3 Uhr: „Japan, Land und Leute“ (farbige Licht⸗ bilder und Filme); 5 Uhr: „Bilder aus dem Harz, Thüringen und dem Riesengebirge“; 7 Uhr: „Fine Reise zum Südpol und ein Blick ins Weltall. Montag, 21. Juli, z Uhr; „An den Ufern des Rhein.“ Dienstag, 22. Juli, 7 Uhr: Bewohnbarkeit der Welten“ Eicht⸗ bilder). Mittwoch, 23. Juli, 75 Uhr: „Photographie in natürlichen Farben“ (Lichtbildervortrag von Herrn Dozent Jens Lützen). Mit dem großen Fernrohr werden jetzt am Tage die Venus, am Abend Fixsterne und Sternhaufen im Herkules gezeigt. Kleinere Fernrohre . zur Beobachtung anderer Himmelskörper losltenlos zur Ver⸗ ägung.
Dortmund, 16. Jult. (W. T. B.) Regie rungstruppen und Sscherheitswehr haben gestern Abend eine entgegen einem Verbot ab—⸗ gebaltene Spartalistenversammlun g gesprengt. 198 Männer und eine Frau wurden verhaftet. .
Toulon, 16. Juli. (Havas. Waldbrände in der Nähe von Borm es, die eingedämmt zu sein schienen, sind wieder aufgeflammt. Es sind bereits größe Waldstreden zerstört, eiwa 800 090 fn sollen eingeaschert sein. Das ganze Tal von Sauvedonne ist in Gefahr. Es wurden Truppen in die gesährdeten Gegenden gesandt. In Toulon wird ein Vetachement zusammengestellt, um für die Lösch⸗ arbeiten verwendet zu werden. Bis jetzt sind drei Soldaten bei den Löscharbeiten ums Leben gekommen.
Valparaiso, 16. Juli. (Havaß.) An der Küste wütete während zweier Tage ein heftiger Sturm. Ok deutschen Dampfer „Tanis“, „Sarah“ und „Gotha, die Dampfer Toro“ und „Don Carlos“, ein Schleppdampfer, drei deutsche Segler, mebrere Pentons und Hunderte ven Leichterschiffen und kleinen Booten sind gesunken. Der Schaden wird auf 260 Millionen Pesetas gesckätzt. Bis heute zählt man 87 Ertrunkene, doch glaubt man, daß mehr als doppelt so viel umgekommen sind. Der Sturm hat sich gelegt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)
Familiennachrichten.
Ge 4. ö . . ö. Herrn, und 3 . 363 Charles S an, (Danzig). — Frau Irmgard von Müller⸗Kertorf, ge zn Haring (C hiserin Are mg ; ö
Veraniwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenbura,
Veran twortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher de äftsst Rechnungsrat Mengering in ö .
ö ö 9. , (Mengering) in Berlin. * ruck der Norddeutschen Buchdruckerei ; Hefen r ne. * ,, 4 Vier Beilagen ö.
(einschließlich Börsenbeil ae! *. und Erste. Jweite und Dritte Zentral. Handelsteaister⸗Beilane 8
sowie ein Sachverzeichnis zum Deut . und Preustischen 3 msn n n,, 23 S0. Juni 18919.
Wert des Antrages einzugehen, bitte ich, den
andere Strafe angedroht wird.
Neichsanzeiger nnd
Grste Seisage
Berlin, Donnerstag, den 17. Zul
Deut sche Nationalversannnlung in Weimar. 58. Sitzung, 16. Juli 1919. . (Bericht von Wolffs Telegraphischem Büro.) Am Regiexungstisch: die Reichsminister Dr. David Und Dr. Bell sowie der Kommissar der Reichsregierung
.
n,
Dr. Per. e u ß.
g 1 Fehrenbach eröffnet die Sitzung gegen 10 Uhr. ö r
Das Haus setzt die Beratung über den Verfassungs⸗ entwurf fort.
Es liegt ein Antrag der Abgg. Auer (Soz) und Genossen auf Einführung eines Artikels 1132 vor, der be⸗ stimmt:; „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“
Mit der Beratung dieses Artikels verbindet der Präsi⸗ dent die Beratung über einen Antrag der Abgg. Agnes (U. Soz.) und Gen. zum Artikel 115 mit demselben Inhalt.
Abg. Dr, Sinzheimer (Soz) führt aus: Die Abschaffung ker Tobesstrafe ist eine alte Forderung freiheitlicher und xeligiöser
Der Einwand, ihre Erfüllung gehöre nicht in die Ver—
Parteien. . . ist hinfällig, weil sie auch schon in der 1848 er Verfassung
aufgestellt war; der helichte Einwand, die . Mörder sollten if der Abschaffung der Todesstrafe vorangehen, ist nicht stichhaltig, za es Aufgabe des Staates ist, die Mißachtung des hee e el, zu beseitigen; er muß den Grundsatz praktisch vertreten, daß das en chen loben an sich unverletzbar ist. Man hat gesagt, die Ab— schaffung der Todesstrafe widerspreche der Velksstimmung. Das ist . sie entspricht höchstens nicht der Stimmung kleiner Kreise bes Volkes; heute ist der richtige Augenblick für die Verwirklichung per alten, Forderung gekommen; nehmen Sie deshalb unseren Antrag an. Beifall.) 6. Regie zungskommissar Dr. Preuß; Ohne auf den materiellen e Anlage ein. ' ben Lrtitel üher Ach fung ker Todesstrafe nicht in die Verfassung aufzunehmen. Ueber die Todesstrafe wird entschieden werden müssen bei der unbedingt not— wendigen Reform des Strafrechts. Ich glaube, daß die Entscheidung über die Todes strafe zweifellos im Sinne der Antragsteller erfolgen swird. Wir dürken aber der Spezialgesetzgebung nicht vorggreifen; nur in diesem Sinne trete ich für die Ablehnung des Antrages ein. J Dr. Du en D g. DR; Du erän ger (D. Nat.): Die Behauptung, daß die Gelehrten und die. Wislenschaft sich über die Frage 3 ., ist voll kommen unrichtig Die besten Theoretiker und re er so auch die Strafrechtskommission, haben sich in wiederholten Gutachten für die Beibehaltung der Todesstrafe ausgesprochen. . Hört!) Die Abgeordnete Frau Pfuelf hat nicht die genügende kriminalistische Er⸗ sahrung, um in der Sache mitsprechen zu können. Sentimentilitäten Entscheiden nicht; die Frage gehört auch nicht in die Verfaffung. An— schtinend sind die Anträge doch nur aus pgrteitattischen Gründen heftellt worden, Die Verfassung ist aber nicht 3a für eine einzelne Nartei, nicht ö die Sozialdemokraten oder Demo 2. sondern für zas deutsche Volk, und dessen überwiegende Mehrteit it gegen den Dntrgg. (Beifall rechts, Unruke nud Lärm kfinks, Jurnf: Scharfrichter =. Abg. D. Dr. Tah (. V5: Der Antrag ist zweifellos von Reglis mus eingegeben, aber Ort und Zeit für ihn sind nicht richtig tewählt. (UnBsuhe links,) Auch ret Reichs kommisfar erkannte an, aß die Verfassung nicht der richtig: Srt fei; der Anfpruch eines sihweren Verbrechers nicht mit dem Tode bestraft zu werden, gehört ech wohl nicht zu den Grundrechten eines Volkeß,. (Sehr nchtzg! äcchts. — Lärm link. Zuruf: eines humanen Velkess Auch der Heitpunkt ist verfehlt. Die Frage muß im Zufamrrenbang mit der Reform des Strafrechts gelöst werden. Der Fehler des heutigen Rechts, und er gibt den eigentlichen einzigen Einwand, fit die Ün— ieilbarkeit der Todesstrafe, daß neben ihr nicht noch wahlweife eine der ig . (Andauernder Lärm links. Der räsident bittet um Ruhen) Nicht bloß Juristen, sondern auch erste Namen unseres geistigen Lebens halten die Todesstrafe für unemt— ehrlich; wenn ein Menrsch nicht das Récht hat, einem anderen tas Eben zu nehmen, so hab es doch der Stag zur Aufvechterhastang seiner Sicherheit. Auch der heullge Staat macht ungeniert von diesem secht Gebrauch. (Lärm links) Die Abschaffunn der Tobesstrafe ist Cine im. Strom der Geschichte stehende Kin turfrage, und wenn ie Mehrheit des deutschen Volkes dafür ist, müßte erst zugestinmt orrden. So aber ist der ricktige Zertrunkt die Reform des Shraf— ichts; bei hr wollen wir Gründe und Gegengründe sachlich abwägen. In. der heutigen Zeit ist, wie immer nach einem Kriege, die Krimi— nalitzst gestiegen, da kann der Staat. gegen eine bestimmte Gæatiung on Verbrechen auf diese Macht nicht verzichten. (Sehr richtig;
Abg. Dr. Cohn (U. Ser): Die Abschaffung der Todesstrafe sit nicht eine Frage der Rechtspolitik, sontern cine Kultunfrage Allerersten Ranges. Die Einwendungen bewegten sich in den Gleifen tr gewöhnlicen Diskussionen auf Juristentagen und in der Wissen— schaft. Was wir beantragen, ist An Teil der Buße, die das Volk ih auferlegen muß in einer andern Wertschätzung des menschlichen Keßeng:; in höchstem Maße handelt es sich um eine moraliscke und hiolitiscke Frage; wir wollen Abwehr der Gewalt, Abwehr des . Schutz von Menschenleben gegen Cie Tedesstrafe.
Ur, Abg. Hg ußm ann (Dem ): Wir werden, unn die Verfassung icht noch weiter zu belasten, diefen wie alle neuen Anträge ablehnen. Ich bin von jeher ein übermeugter Anhänger der Abfchaffung der Tedesstrafe und werde ez bleiben. Sie ist eine Krlturfraze, gehört Eiter nicht in die Verfaffung, die nur Tie Grundlage für den Staat säldet, der dann an die Löfung der Kulturfragen herangehen soll. S* ist sie eine der wichtigsten Fragen bei der Reform des Slraf⸗ iechts; die Entscheidung wird abhängen ven dem Stand der Kultur, den das Volk dann erreicht haben wird. Diejenigen haben nicht
rechts; Lärm links.)
Bas Recht. die Abschaffung der Todekstrafe zu verlangen, kie fork=
Letzt an Tie Gewalt appellieren und die Handgrawaie für Tas beste Mittel erklären. (Lärm links) Auch diesenigen nicht, dir Geiseln rsckieften lassen oder Offiziere, die ihre Pflicht kun, beim Scrrimmen Hatschießen unt ertränken. (Lärm links. — Sehr richligh . Die Frage Eöuft in demokratischen Sinne celöst werden, näm ick; wie denkt das FHzölf darüber? In ruhsger Zeit nian das Vo) darübe;: eytsche ren, als über eine Kulturfrage, in dem Sinne, wie ich es wünsche. Aber in der heutigen Verwirrung, bei den Todesänasten, die so viele durck= gemgcht haben, könnte die Mehrheit dech auf einem am enen Stand— hunkt stehen und empfinden, daß die Festlegung der Frage in der Verfassung nicht das Richtige war und über ihre eigenen Emwpfin—⸗ dungen hinwegaing. So kann die Frage nur im Zusammenhang it der schwebenden Reform des ganzen Strafrechts gelöst werden. (Beifasl; bei der äußersten LiZnken Bnruke vnd Lärm) Abg. Frau Toni Pfüuelf (Ser): Gemiß bin ich r, Tueringer an kriminalistiscker Erfahrung nicht gewachsen. Aber Wese Frarr darf nicht pom jursstischen, sondern sie muß em reinen Men slicheitsstandvunkt aus beurieilt werden (Beifsll links) Dh Dr. Koeltz ck (D. Nat.): Grihlenge ntente sprecken Für die Abschoffung der Todesstrafe, denn sie ist aranstg und. sckCuerlich, ber es gibt nun einma. Verbrechen. die nur dapurch gesühnt werden können, daß der Verbrecher das Leßle, was (er hat, hergibt, sein Teken. Die Juristen sind in ihrer Mehrzahl für Beibehaktung der *
Herrn
*
24 1 —
enschenleben
äldemokraten:
g lebt in schwerer Angst
um das, was noch konnnen kann, und sie rechnet darauf daß wir nicht
zus Gesetz und, Verfassung hergusstteickegz was alz / letztes geeignet
sst, die Brutalität ünd Westialstät des Wentcken . Schranken, zu
Beifall rechts, Unruhe, Lärmen und Pfuirufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)
Damit schließt die Besprechung. Persönlich bemerkt , . Abg. Due ringer (D. Nat.: Der Abgeonbnete Pr. Cohn hat mich vorhin fortgesetzt als „Herr wen Duüeringer“ bezeichnet. Nach der Verfassung darf der Adel nickt mehr benlkhen
221 *21 61.
rden, und ich err. Dr. Cohn nicht
igen Vorwurf daraus
kann die Erhebung in den Welsstand durh annehmen. — Der Frau Pfuelf habe ich * machen wollen, daß sie als Frau zu de sondern ich habe ihr ihre Jugend zum Ver kur Heiterkeit. — Nach dem Parlamentsasfhan
alt. — Unruhe und Zurufe bei den Un zhhängigen Sozialdemokraten: Machen Sie diese ernste Sache doch wicht, zur Komödie l? Ich meine ihre Jugend und Unerfahrenheit in krümjralistiicken Ringen.
Abg. Dr. Cohn (Ü. Soz. Die Argumente, die Herr Dr. Dueringer vorgebracht hat, aten so mittelalterlich, daß ich unbedingt annehmen mußte, daz er aus einer altadligen Familie stamme. (Heiterkeit) Im übrigen war feine Bemerkung recht witzig, und ich habe volles Verständnis für einen guten Witz, aber ich bedauere, daß er ihn bei dieser Gelegenheit gemacht hat, und daß er durch seine Witzelei diese ernste Debatte auf ein so niedriges Niveau h. gedrückt hat. (Beifall bei den Unabhängigen Sczialdemokraten)
Der sogzialdemokratische Antrag auf Aufhebung der Todesstrafe wird hierauf in namentlicher Abstim⸗ mung bei zwei Stimmenthaltungen mit 154 gegen 129 Stimmen abgelehnt. .
Artikel 117 spricht das Recht der freien Meinungs— äußerung aus und bestimmt dann weiter:
Cine Zensur findet nicht statt, doch können für Lichispiele durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden. Auch sind zur Bekämpfüng der Schund⸗ und Schmutzliteratur sowie zum Schutze der Jugend und bei öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen gesetzliche Maßnahmen zulässig.
Ein Antrag der Abgg. Nuschke und Gen. (Dem) will die Möglichkeit einer Filmzensür dadurch beseitigen, daß er nur gesetzliche Maßnahmen „zum Schutze der Jugend gegen Schund und Schmutz in Wort, Schrift und Bild, sowie bei öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Licht—
spielen“ zulassen will.
Ein Antrag der Abgg. Agnes und Gen. (U. Soz.) will gleichfalls die Möglichkeit einer Filmzenjur rf, wissen und im übrigen posttiv bestinnnen, daß „6ᷣ , Schaustellungen und Darbietungen , Lichtspiele für die Jugend durch Gesetz aug schließlich gemeinnützigen Veranstaltungen von Vereinen, Körperschaften und Behörden vorbehalten werden können“. ᷣ
Abg. Dr. Koéeltzsch (D. Nat) schildert die verheerenden Wirkungen der Schundliteratur in sittlicher und finanzieller Be⸗ ziehung um spricht sich für den . aus. .
Abg., Nu sch ?? (Dem ):; Mein Antrag will den letzten Rest der Zensur, nämlich die Möglichkeit einer n , beseitigen und damit die 36 entlasten. Zur Bekämpfüng der Ent⸗ artungen der . nicht nur, sondern auch der Kabaretts und gewisser großstädtischer Presseerzeugnisse, die zum Teil einen direkt
ornographischen Charakter haben, reichen die bestehenden Gesetze voll⸗ ommen aus. Beifall) . ö.
Abg. Koenen (l. Soz): Die Zensur ist ein Ueberbleibsel aus dem Obrigkeitsstaat und darf auch nicht in der Form der. Film— kensur nieder aufleben. Im übrigen sind die Auswüchse der Licht⸗ spiele nichts als Auswüchse unserer kapitalistischen Wirtschaftsweise, deren Nutznießer sich jetzt darauf werfen, aus dem moralischen Nieder⸗ gang des Volkes, der durch den Krieg veranlaßt worden ist, blut— saugerisch neue Kriegsgewinne zu ziehen. Dies n Unwesen wollen wir dadurch ein Ende machen, daß wir öffentlichen Körperschaften das Recht und die Pflicht geben, das Lichthiltwesen in die Hand zu nehmen. Im übrigen muß ich⸗mich wundern 6 Herr Dr. Preuß kein Bedenken dagegen hat, die Frage der Filmjensur hier in der Verfassung zu regeln, während er ich . sen gewandt hat, eine so wichtige Frage; wie die Frage der . in die Versajssung 4aufzunthmen. Es handelt sich bei unserm Antrage um eine positive Maßregel 3 der Jugenderziehnng, und wenn dieses , auch nuür einen Funken von Verständnis für diese wichtige Frage hat, so muß es diesem Antrage zustimmen. (Beifall bei den Un⸗ abhängigen Sozialdemokraten.) 3 w
Präsident Fehrenbach; Das ist eine Bemerkung, die ich für meinen Teil nicht ruhig hinnehmen kann, die ich vielmehr ent— schieden zurückweisen muß. ebhaftes Bra no) .
Regierungskommissar Dr. Preuß: Der Vorwurf des Abge— erdneten Koenen, daß ich mich nicht gegen diesen Teil des Entwurfs gewendet habe, trifft mich nicht. Ich habe hen pornherein erklärt, daß es fich empfehle, die Grundrechte in der vörli genden Fassung anku— nehmen. Ich habe mich aber dagegen gewandt, daß der Entwurf noch mit Neuanträgen belastet werden soll. 1 ;
Abg. Obe rfohren (D. Nat.): Den Abgeordneten Koenen fehlt jeder Funken von Verständnis und. Legik, wenn er glaubt, daß die Zensur der Lichtspiele, bermeidbar sei. Der Menschheit ganzer Jammer faßt einen an, wenn man bedenkt, was derm deuischen Volke durch die Filmimustrie für seine Erholungsstunden geboten wird. Ein unend— licher Strom don Schmutz ergießt fich aus den Kinos über unsere Jugend und muß alles Anstandsgefühl vernichten. Nun ist Line Art Ehrengericht der Filmleute vorgeschlagen werden. Diese Personen haben seit dem 9. Nedember wahrlich Zeit genug gehabt, zu beweisen, daß ihnen die Reinigung des Lichtspiels am Herzen liegt, das ganze Gegenteil ist der Fall gewesen. Ohne Filmzensur geht es nicht. (Leb—⸗ hafter Beifall rechts.) .
Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Der Präsident hat zwar eine Be⸗ merkung des Abg. Koenen gegen das Haus über Mangel an Ver— ständnis zurückgewiesen, sich aber nicht veranlaßt gefühlt, die gleiche Bemerkung, als sie durch den Abgeordneten Oberfehren gegen meinen Parleifreund Koenen fiel, zu rügen. (Unruhe.)
Präsident Fehrenbach lunterhrechend): Ich macke Spe darauf gufmerksam, doß es eiwas anderes ist, ob ein soscker Vorwurf gegen das ganze Haus oder gegen einen einzelnen Mann gericktet wird.
Beifall.
Abg. Dr. Cæ hn (U. Soz): Dieser einzelne Mann war eben
ein unabhängiger Sozialdemokrat. (Andauernde Unruhe.) Präsident Fehrenbach: Ich muß mich mit aller Entschieden⸗ heit gegen den in der Bemerkung des Abg. Cohn liegenden Vorwurf
age gesprocken hat,
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Abg. Haußmann (Dem): Der Antrag der Unabhängigen ist an sich vernünftig, aber in die Verfassung gehört er nicht. Er ift vielmehr ein Beispiel für die Entartung der Antragstellung, din jeden Maßstab vermissen läßt für das, was in das Grundgesetz gehört, und das, was der Sondergesetzgebung zugewiesen werden muß. (Ceb⸗ hafter Beifall. Die Mehrheit meiner Freunde wird der Fassung bes Entwurfes zustimmen. Zu den Ausführungen des Abg. Eohn weise ich darauf hin, daß es stets mein Bestreben gewesen ist, auf eine rasche Erledigung des Verfassungswerkes hinzudrängen. Auch ber Abg Haase hat für die Plenumberatungen Unterstützung einen würdigen und raschen Erledigung zugesagt. Er versxrach, daß die Unabhängigen zur Vermeidung einer nnerwünschten Belaftung' des Plenums nur wenige Anträge über Hauptpunkte wieder aufnehmen würden. Das Gegenteil ist eingetreten. Die agitatorische Betätigung der Unghhängigen bedeutet einen Schaden für das ganze Gesetzgebungs⸗ werk. (zebhafter Beifall. Lärniender Wiberspruch der Unabkängigen) . MPräsident des Reichs ministeriums Bauer; In der ihm eigen tümlichen Art hat der Abg. Cohn mir Informaltonen vorgetragen, ohne sie nachzuprüfen. Seine Ausführungen über den Korruptisng⸗ fonds des Reichspräsidenten entbehren jeder Grundlage. Der Reichs— Päsident verfügt über einen Repräsentationsfonds von 506 009 6. Selhft. der Abg., Cohn muß zugeben, daß er davon nicht die Film⸗ ndustrie unterstützen kann. Aus dem Hilfsleistungsfonds der Reicht fanzlei wird lediglich eine Informationsstelle über den Film unter halten, die monatlich 400 M kostet. Auch mit diesen 100 , das muß elbst der Abgeordnete Cohn zugeben, ist eine Unterstützung den Filmindustrie schwer möglich. (Heiterkeit und Beifall.
Abg. Dr. Cohn (U. Soz ); Das Filmdezernat der Reichs. kanzlei ist mit einem dus der Filmindustrie geholten Beamten be= setzt. Daraus daif man wohl auf Beziehungen der Reichskanzlez zu der Filmindustrie schließen. Die Fümstelle hat natürlich keine andere Aufgabe, als die Filmvorführungen im Regierungssinne zu beeinflussen. (Lebhafter Widerspruch. Andauernde Schlußrufe) Ju En Aufführungen des Abgeordneten Haußmann bemerke ich, daß Ha ihm schon die richtige Antwort erteilen wird; Haußmanns Angaben sind unwahr. (Große Unruhe)
Ag. Haußmann (Dem.): Meine Ausführungen entsprechen den Tatsachen, und ich weise es als unerhört zurück, daß der Abgeoks= nete Cohn sie als unwahr bezeichnet hat. (Beifall..
Abg. Kractzig (Soz);: Ich kann die Richtigkeit der Fest⸗ stellungen des Abgeordneten Haußmann bestätigen. t
Abg. Geyer (U. Soz.): Der Abgeordnete Haußmann hat meine
Fraktion apostrophiert, daß uns hier agitatorische Beweggründe lei=
teten. (Minutenlanges sehr richtig) Auch wenn Sie noch so sehr brüllen, weise ich diesen Angriff zurück. Wir sind in ernster Arbét bemüht, (langandauernde lärmende Unterbrechungen). — Wir haben
hier zahlreiche Reden gehört, die nicht gehört werden durften, win
werden uns von der Schulmeisterei Haußmanns nicht beeinftussen lassen. (Andauernde Unruhe) 6 Ein Regierungsvgeęrtreter macht noch einige Angaben über die Filmstelle in der Reichskanzlei und hebt hervor, daß man dort einen ehemaligen Angestellten der Tilmindustrie zugezogen hat, weil er von der Sache eiwas versteht. (Beifall.) ö
Der Art. 117 wird sodann unter Ablehnung sämtlicher Abänderungsanträge in der Fassung des Entwurfs ange—⸗ nommen.
Ueber den zweiten Abschnitt der Grundrechte, der das Gemeinschaftsleben behandelt, berichtet Abg. Dr. Beyerle (Zentr... . ᷣ
Artikel 118 stellt die Ehe als Grundlage des deutschen Familienlebens unter den Schutz der Verfassung und erklärt die Gesundung, Reinerhaltung und soziale Förderung der Familie für eine Aufgabe der Bevölkerungspolitik des Staates und der Gemeinde. Kinderreiche Familien haben Anspruch auf aus⸗ gleichende Fürsorge.
Nach Artikel 119 ist die Erziehung des Nachwuchses Pflicht und Recht der Eltern, über deren Betätigung die staatliche Ge— meinschaft wacht.
Abg. Dr. Lu p pe (Dem.) beantragt eine Fassung, in
der die Worte „als Grundlage des deutschen Familienlebeng“
und die Bezugnahme auf die Bevölkerungspolitik fortgelassen ist und außerdem der Mutterschaft Anspruch auf den Schutz des Staates gegeben wird. Eine ähnliche Fassung beantragen auch die Sozialdemokraten Frau Juüchacz u. Gen., die ferner dem unehelichen Kinde das gleiche Recht auf Unterhalt. Erziehung
und Erbe an Vater und Mutter geben wollen, wie den ehelichen
Kindern. Abg. Dr. ELuppe (Dem) beantragt als Zusatz zu Artikel Ulg⸗ 94 Den unehelichen Kindern sind Lurch die Gesetzebung die gleichen Bedingungen für ihre leiblicke, seclische und gesellschaftliche Entwick- lung zu schaffen wie den ebelicken Kindern. = Die Unabhängigen Sozialdemokraten Frau Zietz u. Gen. beantragen: : Das uneheliche Kind trägt den Namen des Vaters und steht de ehelichen Kinde gleich. Die Mutter des unehelichen Kindes ha