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Bekanntmachung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 663) habe ich dem Schankwirt Josef Gollenia in Berlin Schöneberg, Bahnstr. 5/6, durch Verfügung vom heutgen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen edar fs wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.
Berlin, den 1. August 1918. Landetpolizeiamt beim Staats kommissar für Volksernährung. J : Dr. F al ch
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Bekanntmachung.
Wegen Unzuverlässigkeit und Verstoßes gegen die Bestimmungen der Reichsstelle für Schuhversorgung vom 27. März 1918 ist dem Schuhmachermeister Wladislaus Mlynek, Piasten⸗ straße Nr. 37, jeglicher Handel mit Schuhw garen unter; sagt worden. — Vie Kosten der Bekanntmachung sind von Mlynek zu tragen.
Breslau, den 24. Juli 1919.
Der Polizeipräsident. J. V.:
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Mohrenberg.
Bekanntmachung.
Den Viehhändlern und Schlachtern Moses und Walter Sauer aus Wehdeen ist wegen Unzuverlässigkeit die Ausübung des Schlachte reigewerbes und der Verkauf von Fleisch und Fleischwaren aller Art sowie der Handel mit Vieh bis auf weiteres untersagt. Gleichzeitig wird fest⸗ gesetzt, daß die von der Anordnung Betroffenen die Kosten der Ver⸗— öffentlichung zu tragen haben.
Lübbecke, den 26. Juli 1919.
Der Landrat. J. A.: Klug.
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Bekanntmachung.
Dem Metzgermeister Moritz Heumann in Selm Bei— fang ist auf Grund der Bundetratsverordnung vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) und der hierzu ergangenen Aus. führungsanweisung vom 27. September 1915 der Handel mät Lebensmitteln jeglicher Art, insbesondere mit Fleisch— waren, wegen Unzuverlässigkeit un tersagt worden.
Lüdinghausen, den 28. Juli 1919. Der Landrat. J. V.: van Husen, Regierungsreferendar.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 31 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 11777 das Gesetz über das Bürger- und Gemeinde⸗ recht der Frauen und die weitere Durchführung der Gemeinde— wahlen, vom 15 Jali 1919.
Berlin, den 2. August 1919.
Gesetzsammlungasamt. Krüer.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Für den Reichsrat (Staatenausschuß), in dem Preußen 24 Stimmen hat, sind, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, die zehn Minister, die bisherigen stellvertretenden Mitglieder des Staatenausschusses und fünf Beamte des Handels⸗ minssteriums zu preußischen Mitgliedern ernannt worden.
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Zur Ausführung der Bestimmungen des Friedensvertrags über die Entschädigungen an die Alliierten ist durch Erlaß des Reichspräsidenten vom 31. Juli d. J. eine Deutsche Krieg slastenkommission gebildet worben. Zu ihrem Vorsitzenden ist der Abteilungsleiter im Reichsfinanz⸗ ministerium Herr Bergmann unter Ernennung zum Unter⸗ staatssekretär, zum Stellvertreter des Vorsitzenden der Unter⸗ staatgsekretär im Reichsfiganzministerium Herr Dr. Schroeder berufen worden. Die Kommission hat die Aufgabe, die Ver— handlungen mit der interalliierten Wiedergutmachung kommission unter Beteiligung des Auswärtigen Amts zu führen und die Tätigkeit der beteiligten deutschen Behörden für die Ent⸗ schädigungsleistungen zusammenzufassen. Sie hbesteht aus Vertretern der beteiligten Zentralbehörden (des Reichs⸗ finanzministeriums des Auswärtigen Amts, des Reichs— wirtschaftsministeriums, des Reichsarbeitsministeriums und des des Reichsschatzministeriums) Ferner sollen eine Anzahl von wirtschaftlichen Sachoerständigen als Mitglieder berufen werden. Die Kommission soll keine eigene Tätigkeit als Behörde ausüben und hat daher auch keine eigenen Beamten. Sie soll vielmehr ein sachgemäßes Zusammenwirken der ver— schiedenen beteiligten Behörden, deren Zuständigkeit durch ihre Bildung nicht berührt wird, erleichtern und sichern.
Am 31. Juli 1919 fand im Reichswirtschaftsministerium eine Besprechung über die Ergrelfung von Maßnahmen gegen die Stillegung von Betrieben durch Unternehmer wegen angeblicher Unproduktivität statt, zu der die zu⸗ ständigen Reichs⸗ und preußischen Ministerien, die Mitglieder des Staatenausschusses, ferner der Deutsche Industrie⸗ und Handelstag, die Arbeitsgemeinschaft der industriellen Arbeit⸗ geber und Arbeitnehmer, die drei großen Gewerkschaftsorganisa⸗ tionen und der Reichsverband der deutschen Industrie geladen waren. Der Zweck der Zusammenkunft war dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge Material über die angedeutete Frage herbeiführen und über event. vorzunehmende Schrltte dagegen zu beraten. Beschlüsse sollten nicht gefaßt werden. Man war sich darüber einig, daß Stillegungen durch Unternehmer wegen an⸗ geblicher Unproduktivität (sogen. Unternehmersabotage) wohl nur in den seltensten Fällen vorkämen. Dort, wo sie einträten, müßte sofort energisch ei igegriffen wer den. Eine weitere Auf⸗ klärung der Frage sür die einzelnen Wirtschaftsgebiete erschien jedoch wünschenswert. Daher wurden folgende Fragen auf⸗ gestellt, die den geladenen Ressorts und Organlsationen zur Beantwortung vorgelegt werden sollen:
1) Ist dort von erfolgten oder beabsichtigten Stillegungen von Betrieben etwas bekannt?
2) Welche Gründe werden hiersür angegeben?
3) Welche Gegenmaßnahmen gegen dle Stillegungen, wenn sie ebne zwingende Gründe erfolgen, werden vorgeschlagen? Welche Schritte sollen bei glaubwürdigem Nachweis ihrer Notwendigkeit dutch die Behörden oden durch die Arbeitsgemeinschaft der industriellen! Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergriffen werden?
4) Welche Erfahrungen liegen über den Rückgang der Arbeits- leistung vor? Welche Gründe werden dafür angenommen, waz kann zu ihrer Behebung geschehen?
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In einigen Zeitungen ist mitgeteilt worden, daß in der Sitzung vom 24. Juli 1919 des Volkswirtschaftlichen Aus— schusses der Nationalversammlung von „sehr bedenklichen Ge schäftspraktiken der Reichs⸗Textil⸗Akt.Ges“ gesprochen worden sei. Da dies den Anschein haben könnte, als ob der Reichs— Textil-Akt.⸗Ges. damit unlautere Handlungen vorgeworfen würden, wird von offizieller Seite durch „Wolffs Telegraphen⸗ büro“ mitgeteilt, daß die im Volkswirtschaftlichen Ausschuß ab⸗ gegebenen Erklärungen durchaus nicht in diesem Sinne ge— halten waren, sondern daß lediglich ein umständliches Geschäfls⸗ gebaren der Reichs⸗-Textil⸗Akt. Ges. gerügt wurde. Eg ist auch ausdrücklich vom Vertreter des mit der Beaufsichtigung der Reichs-Textil⸗Att-Ges. beauftragten Reichswirtschaftsministe⸗ riums zu Protokoll gegeben worden, daß die persönliche Un⸗ antastbarkeit der Direktoren der Reichs-Textil-Akt. Ges. über jeden Zweifel erhaben sei.
Die Reichsbekleidungs stelle stellt für Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene, rückkehrende Krieger, Beamte, Privat— angestellte, kinderreiche Familien uswp. den Kommunal⸗ verbänden Stoffe durch Vermittlung des ortsansässigen Kleinhandels zur Verfügung. Diese Textilien können auf Grund von Berechtigungsscheinen bezogen werden, deren Aus⸗ stellung beim zuständigen Kommunalverband zu beantragen ist.
Die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin-Wilmersdorf teilt mit, daß sie das Grund⸗ stücksbeleihungs geshäft wieder aufgenommen hat und auch Anträge auf hypothekarische Beleihung von Gütern wieder entgegennimmt. Solche Anträge können entweder durch die hierfür zugelassenen Vermittler oder unmittelbar von den Grundstückgeigentümern selbst an die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, Abteilung III, Berlin⸗Wilmersdorf, Branden⸗ burgische Straße 16, gerichtet werden.
Preuszen.
Zur Abstimmung in Nord- und Mittel-Schleswig sst nach dem Friedensvertrag unter anderem jede Person ohne Unterschied des Geschlechts berufen, die in dem Ab⸗ stimmungsgebiet geboren tst, einerlei, wo sie jetzt wohnt, sofern sie am Tage des Inkrafttretens des Vertrages das 20. Lebene jahr vollendet hat. Diese Personen sollen am Ge⸗ burtsorte abstimmen. Es handelt sich darum, die außerhalb des Abstimmungsgebiets verstreut wobnenden Stimmberechtigten rechtjeitig zu ermitteln und auf die Bedeutung der Abstimmung hinzuweifen. Der Deutsche Ausschuß für Schleswig in Flensburg (Nordhofenden 20) bereitet die Sammlung der stimmberechtigten Deutschen vor und wird allen freie Reise zur Abstimmung ermöglichen. Sofortige Meldung bei dem genannten Ausschuß ist Ehrenpflicht jedes stimmberechtigten Deutschen.
Zur Erleichterung sind in verschledenen Städten Zentralen des Ausschusses eingerichtet, z. B in Husum, Schleswig, Kiel und Hamburg. Auf die in Berlin C. 2 (Burastraße a0), Zimmer 53 / 64, Fernspr. Norden 9027, eingerichtete Geschäfts⸗ stelle des Deutschen Ausschusses für Schleswig, die Meldungen der Stimmberechtigten entgegennimmt und jede Auskunft erteilt, wird besonders hingewiesen. Es wird dringend gebeten, bei der Auffindung der Stimmberechtigten mitzuhelfen und bekannte Adressen anzugeben.
Sach sen.
Die Sächsische Regierung hat laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ zum Reichsrat folgende ünf Mitglieder ernannt: den Ministerpräsidenten Dr. Gradnauer, den Minister des Innern und Stellvertreter des Ministerpräsidenten Uh lig, den Arbeitgminister He 1dt, den Finanzminister Nitzsche, den Wirtschaftsminister Schwarz. Als ständiger Stellvertreter und zugleich als stimmfühtender Stellvertreter der Vertreter Sachsens ist er⸗ nannt der sächsische Gesandte in Berlin Staatsminister a. D.
Dr. Koch.
Ungarn.
Die provlsorische Regierung hat beschlossen, das durch die Regierung Karolyt herausgegebene Wahlrechtsgesetz nahezu unverändert aufrechtzuerhalten und die Wahlen für die verfassunggebende Nationaloersammlung unverzüglich auszuschreiben, sowie ferner das hinsichtlich der Autonomie der deutschen Nation herausgegebene Volktz⸗ gesetz und die auf die Rechtsstellung der deutschen Nation be⸗ züglichen Verordnungen der Räterepublik aufrechtzuerhalten.
Wie „Esti Nepszava“, das offizielle Organ der ungarischen Sozialistenpartei, meldet, hat die provisorische Regierung ent⸗ sprechend dem Prinzip der Demokratie vorbereitende Schritte getan, um sich aus Vertretern der außerhalb der Arbeiter⸗ klassen stehenden Parteien des Landes zu ergänzen, damit auf diese Weise sämtliche Schichten des Volkes an den Regierungsarbeiten teilnehmen, bis die ganze Be— völkerung im Wege der Ausübong des allgemeinen Wahlrechts ihre politische Ueberzeugung kundgeben kann.
— Laut Meldungen des „Ungarischen Korrespondenzbüros“ sind die rumänischen Truppen bis zur Gemarkung von Budapest vorgedrungen. Hler erschienen der Kriege—⸗ minister Haubrich und der Bürgermeister Harrer, die mit dem Kommandanten der rumänischen Truppen, General Rurescu, in Verhandlungen eintraten. Letzterer erklärte, er habe Befehl, den Vormarsch nur his zur Grenze des Budapester Stadt—
ebiets fortzusetzen. Zur Hesetzung der Stadt habe er keinen Hef erhalten. In die Angelegenheit der Aufrechterhaltung der Ordnung von Budapest werde er sich nicht einmengen. Dies sei die Aufgabe der ungarischen Reglerung. Bezüglich der Einquartierung der bis vor Budapest vorgedrungenen rumänischen Soldaten wurde vereinbart, daß die Regierung nicht auf Grund der Besetzung, sondern auf Grund des Gast⸗ rechts den rumänischen Soldaten die an der Peripherle der Hauptstadt gelegene Kavalleriekaserne zut Verfügung stellt. Ein Funfspruch des „Wiener Korr.⸗-Büäros“ aus Rudapest
meldet, die Berxichterstatter der großen enghischen und ameri⸗
kanischen Blätter hätten nach Paris berichtet, daß die rumänischen Truppen die Telephonlinien durchschneiden und die Eisenbahnlinien bei Budapest unterbrechen, ungarische Automobile mit Lebensmitteln ausplündern, mit Kanonen die Häuser beschießen und in den östlichen Vororlen von Budapest rauben und plündern. Die Bevölkerung, die vollständig nuhig gewesen, sei sehr erregt, und der Kriegsminister Haubrich lehne jede Verantwortung für eiwa eintretende Zusammenstöße ab. Die ungarischen Soldaten in Budapest würden weggeschleppt. Die Lage sei sehr kritisch, Blutoergießen wahrscheinlich. Der Einzug der rumänischen Hauptstreitkräfte solle nach Möalichkeit ver⸗ hindert werden. Obgleich Oberstleutnant Romanelli persönlich dem rumänischen Divisionskommandanten den Befehl Clemenceautz eingehändigt hätte, dauere der Einmarsch an, und der rumänische Kommandierende habe Romanelli mitgeteilt, er werde im Innern von Budapest weitere Befehle abwarten.
Großbritannien und Irland.
Der Oberste Wirtschaftsrat beriet in einer Sitzung in London über die Schwierigkeiten der gesicherten Versorgung Europas mit hinreichenden Mengen Kohle, Lebens mitteln und Rohmaterialien. Der Rat beschloß im Hinblick auf den äußersten Ernst der Kohlenlage, die verschiedenen Regierungen auf die unbedingte Notwendigkeit vermehrter Erzeugung und ver⸗ minderten Verbrauchs aufmerksam zu machen.
— Im Unterhaus erklärte auf eine Anfrage über den Polizeistreik der Staatesekretär des Innein Shortt, daß die Lage sich nicht wesentlich verändert habe. Der Streik sei eine Meuterei gegen die dem Publikum geschuldete Pflicht, und die Regierung werde sich auf kein Kompromiß mit den Ausständigen einlassen. Die entlassenen Leute würden nicht wieder eingestellt werden.
Frankreich.
Der Oberste Rat der Alliierten hielt gestern nach⸗ mittag eine Sitzung ab, in der er sich mit der Lage in Ungarn und dem bulgarischen Friedensvertrag be— schäftigte. Die interalliierte Kommission zur Prüfung der bulgarischen Vollmachten tagte Vormittags unter dem Vorsitz von Jules Cambon und erklärte die Vollmachten der bulgarischen Friedensdelegierten für gültig.
Die bulgarische Delegation hat dem Sekretariat der Friedenskonferenz eine Note über Westthrazien überreicht, in der an Hand verschiedener geographischer und ethnographischer Erwägungen nachgewiesen wird, daß Thrazien nicht an Griechen⸗ land fallen dürfe.
— Der „Temps“ veröffentlicht den Text einer am 16. Juni zwischn Wilson, Clemenceau und Lloyd George ge⸗ troffenen Abmachung, die wörtlich, wie folgt, lautet:
Die alliierten und assoziierten Mächte haben noch nicht darauf bestanden zu erklären, daß die Pesatzungsperiode bis zur voll⸗ ständigen Erfüllung der Wiedergutmachungsklauseln dauere, weil ste glaubten, daß Deutschland verpflichtet werden müßte, alle Beweise seines guten Willens und alle notwendigen Garantien vor der Be— endigung der Periode von 15 Jahren zu geben. Da die durch die Besatzung notwendigen Ausgaben eine entsprechende Ver minderung der für die Wiedergutmachung zur Verfügung stehenden Summe nach sich ziehen müssen, haben die alliterten und assoziterten Regierungen durch Artikel 431 des Friedensvertrags festgesetzt, daß, wenn nach Beendigung der 15 Jahre Deutschland den Verpflich⸗ tungen nachgekommen ist, die ihm der Friedensvertrag auferlegt, die Bejatzungstruppen sofort zurückgezogen werden. Wenn Deutschland zu einem früheren Termin den Beweis seines guten Willens und die erforderlichen Garantien gegeben hat, um die Ausführung dieser Verpflichtungen sicher zu stellen, werden die daran interessierten alliierten und assoziierten Mächte bereit sein, unter sich ein Ab⸗ kommen zu treffen, um der Besatzungsperiode früher ein Ende zu machen. Für jetzt und die Zukunft sind die Mächte, um die Lallen für die Wiedergutmachung zu vermindern, bereit, zuzugestehen, daß, sobald sie davon überjeugt werden, die Summe, die Deutschland fur die Unterhaltung des Besatzungsheeres auszugeben hat, die Summe von E40 Millionen Goldmark nicht übersteigen wird. Dieses Ab⸗ kommen fann modifiziert werden, sobald die allüerten und assoziierten Regierungen der Ansicht sind, daß eine derartige Abänderung not— wendig ist.
— Dem „Temps“ zufolge sollen die Senatswahlen am 14. Dezember sltattfinden. Nach einer Erklärung Clemenceaus gegenüber dem Vorsitzenden des Hauehalts⸗ ausschusses wurden die Kammerwahlen auf den 26. Ok⸗ tober festgesetzt.
Rußland.
Laut Meldung des „Pressebüros Radio“ befindet sich Kolt⸗ schats Heer in vollem Rückzug. Die Regierung Koltschak bereitet ihre Uebersiedlung von Omsk nach Irkutsk vor. Die Bolschewisten machen auch im Norden Fortschritte.
Niederlande.
Der Internationale Gewerkschaftskongreß in Amsterdam ist am Sonnabend geschlossen worden. lÜleher die vom Kongreß gefaßten Entschließungen berichtet „Wolfftz Telegraphenbüro“ wie folgt:
Eine von der Zweiten Kommission dem Kongreß unterbreitete Entschließung besagt, daß der Internationale Gewerkschafts tongreß in Amsterdam die Paragraphrn der Arbeitergesetzgebung, die in den Friedensvertrag aufgenommen wurden, nicht als Ausdrack der Forderungen der Arbeiterklasse aller Länder anerkennen könne. Im einzelnen werden die Unterschiede, die zwischen den Paragraphen des Arbeiterabkommens im Friedensper⸗ trag und dem von den internationalen Gewerkschaftsorgant— sationen gebilligten Berner Programm vom Februar 1919 bestehen, dargelegt. Diese Unterschiede betreffen 1) die Arbeit von Kindern und Jugendlichen, 2) Frauenarbeit, 3) den achtstündigen Arbeitstag, 4) die Herabsetzung der wöchentlichen ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 35 Stunden auf 24 Stunden im Friedens vertrag, 5) Heimindustrie, 6) das Vereinsrecht, 7) Arbeit von Aus- ländern, wobei bemerkt wird, daß der Friedensvertrag über die von der Berner Konferenz geforderte Aufhebung der die Ein— wanderung verbietenden Bedingungen schweigt. Zu, den Unterschieden, die zwischen den Paragraphen des Arbeiter- ablommens im Friedene vertrag und dem von den internationalen Gewerkschaftsorganisationen gebilligten Berner Programm vom Februar 1919 bestehen, kommt als S8. Punkt, der besprochen wurde, die Frage des Mindestlohns, 9) wird bemerkt, daß der Friedensvertrag die Forderungen der Arbeiter bezuglich der Be⸗ kämpfung der Erwerbslosigkeit und in der Frage der Arbeitsversiche⸗ rung nicht erwähnt. Es wird darauf hingewiesen, daß im Friedens vertrage nichts Neues von wirklicher Bedeutung enthalten ist, und daß ohne ein internationales Arbeiter echt der Völkerbund kraftlos und der Friede unvollkommen ist.ͥ, Die Resolution schließt: Au=— gesichts der Tatsache, daß die Arbeiterklasse ihre Forderungen selbst festslellte, bekräftigt der internationale Kongreß von Amsterdam das Berner Programm und ruft alle nationalen Arbeiterbewegungen
auf, dasselbe vollständig und unmittelbar zu verwmklichen,
Bei der Abstimmung wurde die Entschließung der Kommission mit 31 Stimmen gegen eine Entschließung Gompers, die 20 Stimmen erhielt, angenommen.
Dem Kongreß wurde ferner folgende Ent schließung zur Konferenz von Washington unterbreitet: Die Konferenz des Internationalen Gewerkschaftsbundes, die sich aus den Vertretern Deutschlands, Englanzs, Oesterreichs, Belgiens, Dänemarks, Frank. reichs, Spaniens, Hollands, Luxemburgs, Norwegens, Schwedens, der Schweiz und der Tschecho Slowakei zusammensetzt, gibt ihrem tiefsten Bedauern darüber Ausdruck, daß das Arbeitsprogramm so gut wie in einem Punkte den in Bein im Februar 1519 durch die gewerkschaftlichen Organisationen der hauptsächlichsten Lander Europas aufgest ten For⸗ derungen entspricht. Sie gibt jedoch zu, daß diefes Programm die Grund⸗ lage eines Bundes werden könnte, der nicht nur ein Bund der Mdeglerungen, sondern ein Bund der Völker ist. Aus diesem Grunde erklärt sie sich bereit, der Konferenz, die in Washington stattfinden soll, ihre Mitarbeit zu verlethen. unter der Bedingung 1) daß zur Konferenz Als gleichberechtigte Teilnehmer eingeladen und zugelassen werden die Vertreter der Gewerkschaftsbewegung aller Länder ohne irgend⸗ welche Ausnahmen, 27) daß als Vertreter der Arbeiterschaft die von den dem Internationalen Gewerkschaftsbunde angehörenden Landes⸗ zentralen bekanntgegebenen Delegierten anerkannt werden. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, so werden die bei der heutigen Konferenz vertretenen gewerkschaftlichen Landesverbände verpflichtet sein, an der Washingtoner Konferenz sich nicht zu beteiligen. Die Internationale Konferenz in Amsterdam erklärt des weiteren, daß in diesem Falle ihre Desegterten die Pflicht haben, energisch einzutreten dafür; I) daß das Berner Programm als das Arbeitsabkommen angenommen werden soll, 2) daß in den Delegationen eines jeden Landes die Vertretung der Regierung nur aus einem Mitglied bestehe, wie das für die Arbeiter und die . nehmer der Fall ist, 3) daß die Beschlüsse der Konferenz gültig sind, wenn sie mit absoluter Mehrheit gefaßt werden, das heißt: eine Stimme mehr als die Hälste und nicht mit Zweidrittelmehrheit. Die Internationale Gewerkschaftskonferenz erklärt, daß diese Be⸗ Hife für alle in Amsterdam vertretenen Landesberbände bindend eien.
Weiter beriet der Kongreß die Entschließungen der von ihm ein— gesetzten Kommissionen. Die erste handelt pon der Blockade. Die Kommission ersucht den Kongreß, die von den alliierten Ländern gegen Rußland und Ungarn organisierte Blockade zu verurteilen und erklärt, daß es die Pflicht der Landeszentralen sei, in ihren Ländern auf eine möglichst rasche Aufhebung dieser Blockade einzuwirken. Ferner ist die Kommission der Ansicht, daß es eine der ersten Pflichten des Büros der neuen Internationale sei, eine UÜnterfuchung der Ge— werkschaftsbewegung in Nußland einzuleiten, damit die Landeszentralen sich über die Mittel, mit denen der russischen Gewerkschaftsbewegung geholfen werden könne, unterrichten können. Der ersse Teil dieser Ent⸗ schließung. wurde mit allen gegen die Stimmen der Amerikaner, der zweite Teil einstimmig angenommen.
Die zweite Entschließung handelt von der So zialisierung. Die Kommission ersucht den Kongreß, zu erklären, daß es notwendig sei, auf die Sozialisierung der Produktionsmitter hinzuwirken. Die Gewerkschaften seien dafür die gegebenen Organe. Deshalb beauf⸗ trage der Kongreß das Büro, alle Insormatsonen über die bisherigen Sozialisierungsversuche zu jsammeln, und das Er ebnis den ange⸗ schlossenen Landeszentralen mitzuteilen. Die Kommission ersucht den Tongreß. ferner, zu bedenken, daß das allgemeine Wohl durch Sozialisierung der Produktionsmittel nur bei einer normalen, orga⸗ nisierten und allmählich entwickelten Produktion gesichert werde. Nur dann sel die Sozialisierung zweckinäßig und möglich. Die Ent— schließung wurde mit allen Stimmen bis auf die der Amerikaner und der niederländijchen Syndikalisten angenommen.
Die dritte Enischließung handelt vom Völkerbund. Der Internationale Gewerkschaftekongreß von 1919 erklärt, daß der Völker⸗ bund auf dem Willen und der Mitwirkung aller Bölker begründet sein müsse. Es dürfe nicht mehr vorkommen, daß die Völker mit Gewalt ihre Sonderbestrebungen verfolgen. Der Völkerbund müsse zu (iner Yechtegemeinschaft nis gebaut werden, die von dem Druck der einzelnen Regierungen befreit sei. Der Uchergang zum Friedenszustand müsse auf dem Wege der allgemeinen Abrüstung geschehen, und die Freiheit der Völker müsse, ausschließlich durch die Mittel beschützt werden, die dem intern. tionalen Gerichtshof zur Durchführung seiner Re— schlüsse zur Verfügung stehen. Ber Völkerbund müsse über gesetz⸗ gebende und richterliche Macht verfügen, die aber von einander ge⸗ trennt sein müßten. Der Internationale Gewerkschaftskongreß spricht die Ciwartung aus, daß die gesetzgebende Körperschaft des Völker— bundes aus allgemeinen Wahlen unter den Völkern hervorgehen werde, Die Tätigkeit des Völkerbundes dürfe nicht auf das politische Gebiet beschränkt bleiben, sondern müffe sich! auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen der Völter unter einander erstrecken. . Die wüttschaftli e Aufgabe des Völkerbundes sel, die Arbeitskraft der Völker zu stärken, die Bildung und Beschützung der Arbe ter zu fördern, die Arbeit rationell und wissenschaftlich zu organisieren und die inter— nationale Verteilung der nötigen Rohstoffe sowie die inter— nationale Regelung des Geldwesens und des Verkehr durchzuführen. Der Internationale Gewertschaftskongreß erklärt. daß die arbeitende Klasse sich, wenn sie verhüten will, daß der Völkerbund Mittelpunkt der Reattion und Unterdrückung werde, international organisie ren müsse, Uum zu einer solchen Macht zu gelangen, daß sie eine wirkfame Organisation zur Kontrolle üher den Völkeibund wird. Dlese Ent— schließung wurde mit allen Stimmen gegen die der Amerkkaner, der deutschen Syndikalisten und der niederländischen Syndikalisten an—
genommen. Schweden.
Der außerordentliche Reichstag wurde gestern vom König mit einer Thronrede eröffnet, in der dem, Wolffschen Telegraphenbüro“ zufoige zuerst an bie bedeutende Umbildung her Ersten Kammer durch das de mokratisierte kommunale Stimmrecht erinnert wurde. Die Rede spricht die Hoffnung aus, daß die nach den Grundsätzen unserer Zelt reformierte Eiste Kammer ihren Platz in der Volksvertretung Schwedens erfüllen merde. Der Uebergang von den außerordentlichen Verhältnissen der Kriegszeit in die normale Lage des Wirt— shaftelebens und der Gesellschaflsarbeit hätte die Einberufung des Reichstags notwendig gemacht. Wenn der Friedensvertrag von Versailles ratifiziert sei und der Völkerbund damit in Kraft trete, werde die wichtige Frage der Stellung Schwedens gegen⸗ über dleser neuen internalionalen Organisation dem Reichstag
vorgelegt werden. SEchiweiz.
Der Bundesrat hat gestern in zwei außero dentlichen Sitzungen den Text der Botschaft, betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund, beh indelt und der „Schweizerischen Depeschenagentur“ zufolge einstimmig be—⸗ schlossen, bei den eidgenössischen Räten den Beiteitt in Form eines Zusatzartikels zur Bundesverfassung zu beantragen.
Amerika.
. Nach einer Radiomeldung aus Washington hat das Repräsentantenhaus eine Zollvorlage angenommen, die hohe Schutzzölle für Chemikallen und Glaswaren vorsieht und Glaswaren für Laboratoriumzwecke, Porzellanwaren, chirurgische Inssrumente und chemische Instrumente mit einem Zoll von 60 vH ihres Wertes und optische Gläser mit einem Zoll von 45 vy ihres Wertes belegt.
Die Brasilianische Regierung hat dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge die in Brasilien wohnenden Deut⸗
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schen ermächtigt, wieder Finanzgeschäfte zu betreiben und Wertsendungen ins Ausland zu schicken. Damit ist der Zustand vor dem Kriege wiederhergestellt.
Statistik nud Bolkswirtschaft.
Der Viehbestand in den einzelnen Provinzen des preußischen Staates im Jahre 1913 und feine Entwickhung während des Krieges bis Ende ihgls.
In einer Veröffentlichung über den Viehstand und seine Ent— wicklung in Preußen und den einzelnen Provinzen, die in Nr. 24 I9I9) „ der „Statistischen Korrespondenz“ enthalten ist, teilt das Statistische Landesamt die Vlehmengen der verschiedenen Gattungen im Staat und die Größe des Anteils der Pferde, Rinder, Schweine— und Schafbestände der einzelnen Provinzen an den Staafssummen nach den Dezemberzählungen der Jahre 1914 bis 1918 mit und ver— gleicht sie mit den Verhältnissen von 1913. Die Anfangs- und End= zahlen der fünfjährigen Entwicklung, die vor dem Kriege, a m 1. Dezember 1913 und die nach Eintritt des Waffenstillstands, am 4 Dezember 1ͤ1913 ermittelten Zahlen mögen im folgenden ., Zusammenstellung wiedergegeben werden. Es wurden gezählt:
pferde Rindvieh ; Schafe Schweine
2
tau⸗ 1
send Stück
Staat tau⸗ Provinzen send Stück
tau⸗ send Stück
summe
vH der Staatssumme vH der 5
taat võ der Staatssumm
— —
. ls Böen; = Iliz9l . 6 gh Pro⸗
vinzen:
l
1337 750 h 6, 0j 999 ) 394 65 9,51 . 913 270 8.8 D b, N27 Des Westpreußen i n 564 — Stadtkreis 913 45 1, Berlin.. 918 23 080 9 0. Branden⸗ 913 315 9, 906 7 475 bor olg 231 9M 782 7.8 442 z 913 245 7,00 862 7 714 Pommern - 15s 3 ge, ss 6, söz 913 302 90 939 7,3 247 Posen -=. J I 65 3 e, e, . ; . 131 345 10,6 55113 186 Schlesien . 3 267 16, r n, . 913 224 69 82916 567 Sachsen . 1513 JI 96 S6 Cie Le. Schles wig⸗ 1913 2098 6, . 155 Holstein. 918 71 6,0 S874 8,16 173 Dannorer. 1 . , , Westfale 3 175 38 721 6u 132 Westfalen . 147 55, 6 ; 735 146 4,03 Hessen⸗ 1913 89 248 623 50s 152 30, Nassau. .. I 1918 60 2,30 5 187 5, is Rhein⸗ 11913 216 6 es 100 24362 provinz. . 119181 172 65,9, . 124 3,2 60 13 h, 2 O, is 49,7 O00 3,8 CO, 10 Hohenzollern s 1918 3, s O, is! 49, a O, a0 7 0, 10 Die amtliche Veröffentlichung zeigt den Viebreichtum jeder Provinz und läßt ertennen, daß innerhalb der Kriegszeit eine wesent« liche Veränderung der Reihenfolge Ter Provinzanteile nicht einge⸗ reten ist. Der gesamte Viehbestand im Staate ist von 1913 auf 1918 sehr erheblich zurückgegangen. Die Verminderung spiegelt sich auch in den einzelnen Provinzen mehr oder weniger gleichmäßig wieder. Diese Gleichmäßigkeit beruht hauptsächlich darauf, daß der Staat im Interesse der Fleischversorgung der Bevölkerung und der haushälterischen Verteilung der Futtermittel die Viehbewirtschaftung n die Hand genommen hat. Ostpreußen weist im Gegensatz zu den anderen Proyinzen schon zwischen 19135 und 1914 einen auffälligen Rückgang Jämtlicher Bestandszahsen und eine ihm entsprechende Verminderung seines Anteils guf; diese Verringerung erklärt fich aber daraus, daß infolge des Russeneinfalls die Vorbereitung und Ausführung der Dezemberzählung 1914 in 9 Kreisen Ostpreußens unterbleiben mußte. Die durch die Zählung vom 4. Dezember 1918 nachgewiesene erhebliche Vergrößerung des gesamten Pferdebestandes im Staate hängt damit zusammen, daß infoͤlge des Waffenstillftandes ein Teil der freigewordenen Militärpferde dem Wirtschafts leben wieder, zugeführt wurde. Im einzelnen zeigt sich zunächst in bezug auf diese Viehgattung, daß Ostpreußen und Schlesten, wie vor dem Kriege, so auch 1918 die pferdereichsten Provinzen des Staates sind; Ostpreußen steht bei einem fast gleichgebliebenen Anteil von 16, vH der gesamten Pferdemenge mit 413 495 gegen 505 908 im Fliedensjahre 1913 an der Spitze der Provinzen. Schlesien mit rund 6? 000 gegen 345 009 — 10 vp an zweiter Stelle. Diefe beiden Drobinzen allein vereinigen in sich somit mehr als den vierten Teil der Staatssumme. Brandenburg mit einem Anteil von 9,3 vy, Posen mit 9, Hannoper mit 8, und Westpreußen mit 8. vH — das war die Reihenfolge im Jahre 1913; 1918 haben nur Brandenburg und Posen ihre Stelle bertauscht, im, übrigen sind die Anteile fast dieselben ge— blieben. Schleswig- Holstein besitzt mit 6, vH einen drk lis af z geringen Anteil. Zahlt man die vier . Ost, und West⸗ preußen, Posen und Schlesien zusammen, fo findet man, daß auf fie allein 1918 1183735 Pferde oder rund 45 vH, alf beinahe die Hälfte der Staatsmenge, entfallen. Hieraus ersieht man, welche Ein⸗ buße Meußen dadurch erleidet, daß fast die ganze ö sowie große Teile der übrigen drei Provinzen nach den riedensbedingungen abgetrennt werden. ö. Der Rindviehbestand des Staates war infolge des kurz nach Kriegsgusbruch erlassenen Verbots der Schlachtung von Kälbern unter 70 Eg und von noch nicht 7 Jahre gltem weiblichen Rind- vieh am 1. Dezember 1914 nicht unbekrächtlich höher als am J. De— zember 1913. Die schlechte Futterernte des Jahres 1915, die un⸗ genügende Belieferung des Schweinemarkts und die erhöhte Rinder— abschlachtung brachten aber die Zahl der Rinder im Laufe des Jahres 1915 stark zum Sinken Im Folgenden Jahre hat fich der Rinder— bestand, teil dant der Einführung der öffentlichen Viehbewirt— schaftung, teils durch die bessere Futtermittelernte von 1916, wie die Zählung vom J. Dezember 19165 erweist, wieder gehoben. Infolge der, zeitweisen Bewilligung der doppelten Fleischration für die Be— völkerung verminderte sich jedoch nach jenem vorübergehenden Steigen der Rindoiehbestand im Jahre 1917 und sank noch weiter im folgenden Jahre 1918 fehr erheblich, da der abgemagerfe Zustand der Tiere, einen stärkeren Eingriff durch Abschlachtungen bedingte. Diese Verhältnisse traten im Rindbtehbestand aller Provinzen mehr oder weniger hn e in Erscheinung. Den größten Anteil an dem gesamten Rindviehbestand des Stgates besitzt Schlesien mit 1342 567 (im Jahre 1913 mit 1 650 948) Stück — 13.5 vH, Ostpreußen steht mit einem Anteil von 19 vH (999 236) hinter Hannober mit 113. vH, und hinter der Rheinprovinz mit 105, vH an vierter, Schleswig -Holstein mit 8,5 vo an fünfter Stelle. Die Proyinz Posen, die mit 7. vH des gesamten Rindviehbestandes am J. Pe— zember 1913 an sechster Stelle gestanden hatte, rückte zum 4. De⸗ zember 1918 mit 6. vH an den achten Platz. Westpreußen mit 386 vH steht noch weiter unten, nämlich hinter Westfalen und Sachsen an elfter Stelle.
Sfr 913 506 15.66
Am geringsten waren im ganzen gegenüber dem Stande des Vorkriegsjahres (J. Dezember 1513) die Veränderungen den Schafbestandes, da dieser in der zweiten Hälfte der Kriegszeit im Interesse der Wollgewinnung rach Möglichkeit geschont wurde, Der Schasbestand des Staates, der in den Jahren 1913 bis 1917 gefallen war, nahm im Jahre 1918 wieder zu, ging in manchen Provinzen sogar über den Stand der Vorkriegszeit hinaus. Das Bild, das die einzelnen Provinzen ia dieser Beziehung zeigen, ist recht verschieden. In den verhältnismäßig schafarmen Previnzen Schleswig⸗Volstein. Westfalen, Hessen⸗Nassau und Rheinprovinz erholte sich der Schasbestand in den Jahren 1916 und 1917, in den übrigen, zum überwiegenden Teile reich mit Schafen besetzten Provinzen, namentlich in Pommern, Sachsen und Hannover trat die Erholung erst im Jahre 1517 bezw. 1918 ein. Mit Auft⸗ nahme der Provinz Sachsen war bei den westlichen Provinzen der Schafbestand am 4. Dezember 1918 höher als im Friedensjahre 1913. Diese Provinzen mit Einschluß der Provinz Ostpreußen zeigten dem entsprechend auch hinsichtlich der Höhe ibres Anteils an dem gesamten preußischen Schafbestande am 4. Dezember 1913 einen höheren Stand als am 1. Dezember 1913. Eine nennenswerte Verschiebung in der Größenfolge dieser Anteile ist am 4. Dezember 1918 gegenüber dem Stande vom 1. Dezember 1913 nur bei Hessen⸗-Nassau und Schlesien eingetreten: Hessen⸗Nassau ist von der 10. auf die 8., Schlesien dagegen von der früheren 8. auf die 16 Stelle gerückt. Die Anteile der Provinzen Westpreußen und Posen an dem gesamten preutzischen Schafbestand betrugen am 1. Dezember 1913 Y und 666 vH, am 4. Dezember 1818 aber 8,5 und 6,36 vo. Diese beiden Provinzen besitzen mit Ostpreußen und Schlesien im ganzen rund 25 vy des gesamten Schafbestandes des Staates.
Der Rückgang des Schweinebestandes des Staates während der Kriegszeit weist die höchste Ziffer auf. Sie beträgt, wenn man dem Jahre 1813 das Jahr 18918 gegenüberstellt, 6,2 vH. In folge zahlreicher Abschlachtungen im Frühiahr 1915 verminderte sich der Schweinebestand schon zum 1. Dezember 1915 gegenüber dem gleichen Zeitpunkte des Vorjahres um rund 6 Millionen Stück. Eine Verminderung in ähnlichem Umfange (um 45 Millionen Stück trat nach 1916 infolge weiterer Abschlachtungen während des Jahres 191 ein, weil die Schwierigkeiten der Erhaltung des Viehbestandes bei der Knappheit der Kartoffelvorräte und der Getreide⸗ und Futtermittel vorräte sich stark zugespitzt hatten. Die Entwicklung des Schweine bestandes im ersten Kriegsjahre war in den einzelnen Provinzen sehr verschieden; zugenommen hatte er in den Schweinemastprovinzjen Hannover und Westfalen sowie in Sachsen, Brandenburg, West— preußen und Hessen⸗Nassau. Im Jahre 1915 trat aber ein allgemeines Sinken ein. Dieses Sinken setzte sich in den Provinzen Branden burg, Sachsen, Schleswig-⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau im Jahre 1916 fort, während die übrigen Propinzen eine geringe Er— holung zeigten. Das Jahr 1917 brachte wieder ein allgemeines Sinken, auf das im Jahre 1918 nur in den Provinjen Hannover, Westfalen, Schleswig Holstein und in Ostpreußen ein leichtes Wiederanwachsen des Bestandes folgte. Der Ankeil an der Gesamtschweinehaltung des Staates sank zwischen 1913 und 1918 nur in Hannover und Schleswig-Holstein, hier aber sehr erheblich, nämlich von 18,, auf 135, vH bezw. von 9,6 auf 4 vH. Bei Schleswig⸗Holstein lagen ähnliche Verhältnisse vor wie bei dem ebenfalls auf überseeische Futtermittel angewiesenen benach- barten Dänemark, das seinen Schweinebestand im Jahre 1918 auf den 5. Teil der Vorkriegszeit ermäßigt hat. Während bei der Zäblung vom 1. Dezember 1913 Schleswig-Holstein hinsichtlich seinet Anteils an dem gesamten preußischen Schweinebestande an 2. Stelle aller Provinzen gestanden hatte, rückte es nach der Zählung vom 4. Dezember 1918 auf den 12. Platz. Der ÄUnteil der Provinzen Posen und Westpreußen betrug am 4. Dezember 1918 9,2 beiw.
6,6 vH gegen 7,s bezw. 5, vo im Vorkriegsjahre 1913.
Ueber die Lage des deutschen Arbeitsmarktes im Monat Juni 1919
berichtet das vom Statistischen Reichsamt herausgegebene Reicht. arbeitsblatt' in seinem Juliheft: .
Die leichte Besserung der Wirtschaftslage im Mai hat im Be richtsmonat nicht angehalten. Alle dem Statistischen Reichsamt ju= gegangenen Berichte klagen über großen Kohlenmangel. Bie im rheinisch-westfälischꝛn Kohlensyndikat vereinigten Zechen förderten nach vorläufiger Feststellung im Juni arbeitstäglich nur 223 000 t Steinkoßlen gegen 231 000 t im Vormonat und 344758 t im Juni 1918. Ein jeder Arbeitstag brachte also durchschnittlich einen Aug— fall von rund 120 000 t gegen die gleiche Zeit des Vorjahres. Da die Zahl der Arbeitstage im Funt infolge der Pf ing üfelertage nur 3 betrug, so hat die Gesamtförderung voraussichtlich die Höbe des Bormonatß (95, Mill. t) nicht erreicht. Der Rückgang beträgt in den ersten fünf Monaten d. J. im Ruhrgebiet und in Ober schlesien fast 24 Mill. t.
Neben dem scarken Rückgang ver Kohlenförderung weist auch die sonstige Produktionsstatistik Deutschlands große Minderbeträge auf. In den ersten fünf Monaten d. J. fiel gegen die gleiche Vorjahrtz= zit die Roheisenerzeugung um 1,6 auf 250 Mill. t, die Stahlerzeuguna um 25 auf 2. Mill. t und die Erieugung der deut schen Walzwerke (ohne Halbzeug) um 1, auf L, 1 Mill. t. An der Mindererzeugung war der Mal d. J. mst 34744 Roheisen, 13 337 4 Stahl und scgs z15 Mill. t Walzwerkserzeugnissen beteiligt. Diese Mengen sind kurchweg höher als die fünfmonatigen Durchschnitte, obgleich die Erzeugung sich im Mal gegen den April vermehrt hatte.
Der Versand des Stahlwerksverbandes in A-Produkten erreichte im Juni mit 115 836 nicht ganz die Höhe des Vormonat (II6 688 t). Gegenüber dem Juni 1918 blieb er um rund 100000 t zurück.
Neben dem Rückgang der Erzeugung spielen die Verkehrs schwierigkeiten, Streiks und andauernde Lohn erhöhungen nach wie vor eine verhängnisvolle Rolse.
Unter diesen Umständen lagen die meisten Gewerbe- zweige darnieder. Die Hüttenindustrie konnte aus Mangel an Kohle, gebranntem Kalk und Eisenerzen keine weiteren Hochöfen in Betrieb nehmen, die Stahlwerke waren aus Mangel an Kohle und Roheisen und die Walzwerke aus Mangel an Kohle und Ha bjeug nicht imstande, ihre Betriebsanlagen voll auszunutzen. Von 18905 deutschen Ziegele en lagen im Berichtsmonat hauptsächlich infolge Kohlenmangels 16500 still. Von den Zementwerken arbeitete aus gleicher Uisache nur die Hälfte. Die drin end nötige Bautätigkeit konnte trotz der günstigen Jahreszeit wegen des großen Mangels an Baustoffen nicht in dem gewünschten Umfang einsetzen. Das Spinn⸗ stoff gewerbe, die Gummi⸗ und Tabakindustrie, die alle auf die Ein⸗ fuhr ausländischer Rohstoffe angewiesen sind, konnten infolge der andauernden Blockade nur in verschwindend kleinem Maße arbeiten. Aus Mangel an Nachfrage lagen die Papiergarn. und Gewebe— berstellung und die zahlreichen Ersatzindusiren der Nährmittelbranche völlig darnieder.
Gut ging es eigentlich nur der Lurxusindu strie, ob es sich nun, um die Herstellung kosibarer Wagen und Karosserien, feiner Möbel, Parkerts, Spiegel oder Schmuckgegenstände handelte. Auch in Oefen, Herden, Herdplatten und Kochgeschirren herrschte infolge der i , Unterbrechung der Erzeugung sehr lebhafte Nachfrage. Etwas gebessert hat sich infolge des warmen Wetters die Lage der süddentschen Brauereien und der Eis und Kälte indu rie.
Der Arbeitsmarkt hat mit dem Einsetzen der Ernte? arbeiten eine geringe Entlastung erfahren. Alle vorwiegend land⸗ wirtschaftlichen Gegenden Deutschlandg, vor allem Offpreußen, West— preußen, Pommern, Meck.enburg, Schleswig- Holstein melden nach den Berichten der Arbestenachwel l berh nde einen großen Mangel an Landarbeitern einschließlich der weib ichen Hausangestellten. Auch im Bergbau fehlt es sehr an Untertagearbeitern, wie überhaupt gelernte Arbeitskräfte in allen Etwerbszweigen, mit Ausnahme des Handels, sehr gesucht werden.
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