F
2 .
weer. /
5 48.
Die Steuerstelle setzt die Steuer fest und erteilt dem Steuer⸗ hflichtigen einen Besch. id.
Im Falle des 5 37 Abs. ? Satz 2 kann nach Abschluß eines Kalenderjahrs für den gesamten Umfang des abgelaufenen Jahres Oder bei vorheriger Einstellung des Uniernebmens näch der ECinstellung für den Umfang des verflossenen Teiles des Jahres eine Nachveran— lagung vorgenommen werden.
41
§ 41.
Die Steuer ist innerhalb zweier Wochen nach der Bekanntgabe des Bescheids zu entrichten. In den Fällen des 5 37 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 ist auf Antrag die Zahlung in gleichen Halbjahrs« oder Vierteljahrsteilen zu gestatten.
Wird die Steuer nicht innerhalb dreier Monate nach Schluß des Steuerabschnitts gezahlt, so sind neben der Steuer Zinsen in Vöhe von fünf vom Hungert, vom Ablauf dieser Frist gerechnet, zu entrichten; diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn der geschuldete Steuerbetrag eintausend Mark nicht überschrettet.
. . § 42.
. In den Fällen des 5 16 Nr. 3, 8 22 Nr. 4, 5 28 Abs. 1 Nr. 4 säuft die Frist des 3 35 von dem Eintritt der Steuerpflicht ab. In der Erklärung ist die Art des Gegenstandes und die Höhe des Entgelts anzugeben.
„Kann der Erwerber über die Höhe des Entgelts kelne aus— reichenden Aufklärungen geben, so findet 5 40 Abf. 2 und 3 An— wendung; der Schätzung ist der gemeine Wert des Gegenstandes zu— grundezulegen. Unter der gleichen Voraussetzung kann der Reichs⸗ siskus nach näherer Bestimmung des Staatenausschusses den Gegen— stand zu dem vom Eiwerber angegebenen Entgelt oder, wenn der Erwerber die Angabe verweigert, zum gemeinen Werte übernehmen. Mit Erlaß des Bescheids, in dem die Steueistelle die Uebernahme erklärt, in der Gezenstand für den Reichsfiskus beschlagnahmt; die Veschlagna me hat die Wirkung eines Veräußerungsperbots. Das Eigen um geht auf den Reichefiskus über, sobald der Bescheid un— anfechtbar geworden ist.
Ist die Steuerstelle nicht gleichzeitig für die Zollabfertigung zu⸗ ständig, so hat die Zollstelle, welche die Gegenstände zum freien Ber— lehre des Inlandes abfertigt, der Steuerstelle von dem Eingang der Gegenstände unverzüglich Kenntnis zu geben; sie kann von demjenigen, der den Gegenstand ins Inland einbringt, Sicherstellung des Steuer⸗ betrags in seiner voraussichtlichen Höhe verlangen. In die Zoll— quittung ist ein Hinweis auszunehmen, daß der Gegenstand umsatz—⸗ steuerpflichtig ist und die Steuerstelle zur Ueberwachung der Steuer— entrichtung benachrichtigt wird.
. § 43.
In den Fällen des § 28 Abs. 1 Nr. 3 und des § 30 Abs. 2 ist die Steuer vom Lieferer oder sonstigen Leistungsveryflichteten zu dem Empfangsbekenntnis über die Zahlung zu entrichten. Er ist ver— pflichtet, ein schriftliches Empfangsbekenntnis binnen zwei Wochen nach dem Empfange der Zahlung zu erteilen. Bei Teilzablungen ist für jede Teilzahlung ein Empfangsbekenntnis zu erteilen und dazu die entsprechende Steuer ju entrichten. Das Empfangobelenntnis muß den Namen des Lieferers oder sonstigen Leistungsveipflichteten, den Gegenstand nach seiner handelsüblichen Bezeichnung, den Betrag des Entgelts, den Tag der Zahlung und den Steuerbetrag enthalten.
Die Steuer wird entrichtet, indem zu der Bescheinigung Vor— drucke, die vor dem Gebrauch abgestempelt sind, oder Stempel⸗ malten nach näberer Anordnung des Stagtenausschufses verwendet werden. Das Reichssinanzministerium bestimmt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Steuer ohne Verwendung von Stempel⸗ zeichen entrichtet werden lann. ,
Ist die Steuer von dem Lieferer oder dem sonstigen Leistungs—⸗ verpflichteten nicht entrichtet worden, so hat der Empfänger des Empfangsbekenntnisses binnen jwei Wochen nach dem Tage des GEnipfanges und sedenfalls vor der weiteren Aushändigung des Gmpfangsbekenntnisses die Steuer durch Verstempelung (Abs. 2) des Empfangsbetenntnisses zu entrichten. Erhält derjenige, der das Gatgelt entrichtet hat, kein Emvfangsbekenntnis, so hat er der Steuerstelle innerhalb eines Monats nach ver Zahlung des Entgelts hierypo! Mitteilung zu machen. Die Mitteilung muß die im Abs. 1 für das Empfangsbekenntnis vorgeschriebenen Angaben enthalten; zu ihr ist die Steuer in der im Abs. ? bezeichneten Art zu entrichten.
Nimmt im Falle des § 28 Abs. 1 Nr. 3 der Erwerber Sieuer⸗ hefreiung nach 5 28 Abs. 2 für sich in Anspruch, so hat er die im §z 15 Abs. ? in Verbindung mit 5 27 Abs. 2 vorgeschriebene Be⸗ scheinigung dem Lieferer vorzulegen; dieser hat auf dem Empfangs⸗ bekenntnisse Namen und Wohnort des Erwerbeis unter Angabe der Bescheinigung zu vermerken und eine Abschrift des Empfangsbekennt— nlsses als Ausweis gegenüber der Steuerstelle zurückzubehalten.
Wer aus einem unter 5 28 Abs. 1 Nr. 3 oder auch 5 30 Abs. 2 fallenden Umsatzgeschäfie zahlungepflichtig ist, kann gegenüber der Klage auf Entrichtung des Entgelts den Einwand der Tilgung nur geltend machen, wenn er nachweist, daß die Steuer für die Lieferung oder die soustige Leistung entrichtet worden ist oder die Lieferung nach 3 28 Abs. 2 in Verbindung mit der Vorschrift des Abf. steuersrei war.
Die Vorschriften der 88 12. 40 bis 42 finden auf die Be⸗ steuerung gemäß Abs. 1 bis 3 keine Anwendung. An ihre Sielle treten die entsprechenden Vorschriften des Reichsstempelgesetzes vom 3. Juli 1913 (Yteichs⸗Gesetzbl. S. 639).
§ 44.
Wer in einer Druckschrift, die zur Verbreitung bestimmt ist, Verkaufsangebote von Gegenständen der im 5 28 Abs. 1 Nr. 3 be—⸗ zeichneten Art macht, ohne in dem Angebole seinen Namen und seine Wohnung anzugeben, hat Namen und Wohnung dem Verleger der Druckschrift gleichzeitig mit der Erteilung des Auftrags mitzuteilen.
Der Verleger der Druckschrift darf Veräffentlichungsaufträge der im Abs. 1 genannten Art nur annehmen, wenn ihm von dem Auf— traggeber Name und Wohnung mitgeteilt werden.
Ist ein Verleger nicht vorhanden, so tritt an seine Stelle der Vrucker der Druckschrift.
Der Verleger der Druckschrift oder im Falle des Abs. 3 der Drucker hat nach näherer Bestimmung des Staatenausschusses der Steuerstelle, in deren Bezirke die Druckschrift erscheint, das Ver— kaufsangebote ohne Namens- und Wohnungsangabe enthaltende Stück der Druckschrift unmittelbar nach seiner Ausgabe abzu— 36 und dabei Namen und Wohnung der Auftraggeber zu be— zeichnen.
Die Steuerstelle hat unverzüglich diejenigen Steuerstellen zu benachrichtigen, die für den Wohnort der Auftraggeber zuständig sind.
§ 45.
Auf die Entrichtung der Steuer im Falle des § 28 Abs. 1 Nr. 5 finden, wenn der Steuerpflichtige kein Unternehmer ist, die Vor schriften des z 42 entsprechende Anwendung.
F 42 Abf. 2 gilt auch, wenn der Steuerpflichtige ein Unter nehmer ist.
6.
§ 46.
Zuständig für die Veranlagung der Steuer ist diejenige Steuer- stelle, in deren Bezirk das Unternehmen betrieben wird.
In den Fällen des 5 1 Nr. 3, wenn der Versteigerer kein Unternehmer ist, der 5 16 Nr. 3, 5 22 Nr. 4. 8 28 Abs. 1 Nr. 3 bis 5, 30 Abs. 2 ist die Steuerstelle des Wohnsitzes oder Aufent⸗ halts des Steuerpflichtigen zuständig.
VIII. Straf-, Ueber gangs und Schlußvorschriften.
§ 47. . Die Hinterziehung der Umsatzsteuer wird mit einer Geldstrafe Bis zum zwanzlafachen Betrage der hinterzogenen Steuer oder mit Gefängnis bestraft. ö k ö Die gleiche Strafe hat veiwükt, wer die im § 15 bezeichnete Bescheinigung vorlegt, obgleich er die Gegenstände nicht zur gewerb⸗ lichen Wiederveräußerung zu benutzen beabsichtigt oder, wenn er die
nach wissen mußte, daß die Gegenstände nicht zur gewerblichen Weiter⸗ e, . bestimmt waren. .
er den Vorschriften des § 45 Abs. 1 bis 4 zuwiderhandelt, wird mit einer Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft.
Die Fesisetzung einer Ordnungssteafe unterbleibt bei Unterlassung der Aufzeichnungen (6 35) und bej nicht ordungsmäßiger Aufzeichnung, wenn die Zuwiderhandlungen aus Gründen, die in der Person des Verpflichteten oder in der Art seines Geschäftsbetriebs liegen, ent⸗ schuldbar erscheinen. 56
Bundesstaaten, Gemeinden und Gemeindeverbände dürfen von Unternehmen, die vorwiegend notwendige Lebensmittel vertreiben, Steuern vom Umsatz dieser Gegenstände nicht erheben.
§ 49.
35 des Weinsteuergesetzes am 26. Jull 1918 (Reichs⸗Gesetzbl.
S. 831) enthält folgenden Abs. 4: . Wird Wein an einen Verbraucher abgegeben und ist der Lieferer nach 5 14 des Umsatzsteuergesetzes erhöht umsatzsteuerpflichtig, so ermäßigt sich der steuerpflichtige Wert des Weins um fünf vom Hundert. 8 50.
Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetze erläßt das
Reichsfinanzministerium mit Zustimmung des Reichsrats. 8 51.
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1920 in Kraft. Als erstes Kalenderjahr im Sinne des § 37 gilt das Kalenderjahr 1920.
Mit Ablauf des 31. Dezember 1919 tritt das Umsatzsteuergesetz vom 26. Juli 1918 (Reichs-Gejetzbl. S. T9) außer Kraft, un beschadet der Duichführung des Erhebungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Dezember 1919.
Sind für Leistungen aus Verträgen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen sind, Entgelte nach diesem Zeitpunkt zu entrichten, so ist der Abnehmer mangels abweichender Vereinbarung verpflichtet, dem Lieferer einen Zuschlag zum Entgelt in Höhe der auf die Leistung entfallenden Steuer zu leisten. Dabei ist jedoch der Betrag abzuziehen, der bei einer Weitergeltung des Umsatzsteuergesetzes vom 26. Jult 1918 auf das Entgelt entfallen wäre, es sei denn, daß der Vertrag unter 5 42 Abs. 6 des genannten Gesetzes fällt. Der Preiszuschlag bildet teinen Grund zur Vertragsaufhebung.
Statistlk und BDolkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten.
Der Ausstand der Hotel, und Gasthausanage⸗ stellten in Frankfurt a. M. wurde W. T. B.“ zufolge estern auf Beschluß einer Massenversammlung der Streikenden für endet erklärt. Es kam zwischen Arbeitnehmern und Gastwirten zu einer Einigung. Für das reisende Publitum hestehen also in bezug auf Verpflegung und Unterfunft in Frankfurt a. M. keinerlei Schwierig—⸗ keiten mehr. Jede Streikgefahr ist durch die neuen Abmachungen
gen n
Nach einer von W. T. B.“ wiedergegebenen Meldung der Kasseler Allgemeinen Zeitung“ waren am Montag bei vielen großen Gütern des Casseler Bezirks die Landarbeiter in den Ausstand eingetreten, weil nicht alle ihte Forderungen bewilligt worden waren. Neue Verhandlungen über gewisse Forde⸗
worden und wergen fortgesetzt. Soweit das genannte Blatt unter⸗ richtet ist, wurde gestern die Arbeit überall wieder auf⸗ genommen.
Laut von W. T. B.“ übermlttelter Meldung des „Nieuwe Rotterdamsche Cgorant“ aus London befinden sich dort gegen⸗ wärtig 1664 Poktzisten im Ausstand. Ihre Zahl vermehrt sich jedoch von Tag zu Tag. Der Ausstand der wMa⸗ schinisten und Heizer auf der Londoner Süd,; west. Bahn hatte zur Folge, daß auf dem Bahnhof, Nine Elms von h00 Lokomotiven nur 30 im Dienst gemeldet werden konnten. Es liegen Anzeichen für eine Ausdehnung des Streits vor, der schon auf die City und Süd- Londoner Elektrische Eisen⸗ bahn übergegriffen hat. Dies bedeutet eine große Verlegenheit für die Leute, die von den Vorstädten nach der City uu gelangen wünschen. — In Liverpo—!l ist der Montag ruhig verlaufen. Im Mersey sind ein Schlachtschiff und zwei Zerstörer angekommen, um die Funkstationen und andere wichtige Punkte zu schützen. In der Stadt sind weitere 60 000 Mann Militär eingetroffen, und die Be⸗ hörden hoffen, die Ordnung aufrechterhalten zu können. Wie die „Times“ aus Liperpool meldet, ist in dem Streik der Poli- zisten eine Wendung eingetreten. Zahlreiche Ausständige hätten die Behörden ersucht, sie wieder einzustellen, und erklärt, . ie durch Einschüchterung zum Ausstand gezwungen worden seien. Anderer . drohe in Liverpool ein Ausstand des Eisen—
ahnpersonals, der 260000 Mitalieder des Eisenbahner— verbandes umfasse und zur Folge haben dürfte, daß Liverpool von der übrigen Welt vollkommen abgeschnitten würde. Der Straßenbahnverkehr in Liverpool liegt still. Das Schlachtschiff „Valiant“ liegt dicht beim Zentrum der Stadt vor Anker. Wäbrend der Plünderungen wurden Klaviere aus den Häsern geschleppt und wurde auf den Straßen getanzt. Nach einer Reutermeldung wurde auf einer Versammlung der Gisenbahner in Liverpool eine Entichließ ung angenommen, den Voll. ugsausschuß des Natio⸗ nalen Verbandes der Eisenbahner aufzufordern, die ausständigen Polizisten zu unterstützen. Die Versammlung erklärte sich zugunsten der direklen Aktion im Falle, daß die Antwort des Vollzugs⸗ ausschusses nicht befriedigend ausfallen sollte. — In Manche star haben sich die Schutzleute gegen die Dienstverweigerung ausgesprochen. — Nach einer weiteren Reutermeldung hat der nördliche Berg arbeiterverband beschlossen, in den Bezirken Midloihian und Eastlothian in Schottland wegen Lohnforderungen den allge⸗ meinen Ausstand zu erklären. In Staffordshire sind einige Schächte unter Wasser.
Der Ausstand im Hafen von le Havre ist, wie W. T. B.“ erfährt, beendet. Die Arbeit wurde am Montag wieder aufgenommen.
Nach einer Meldung der Schweizerischen Depeschenggentur“ aus Zürich hat eine weitere Delegiertenversammlung der Arbeiter« union Zürich mit 183 gegen 53 Stimmen beschlossen, den Generalausstand abzubrechen. Die Arbeit sollte gestern vormittag wieder aufgenommen werden.
Ener Meldung der „Agence Havas“ aus Lissabon zufolge, ist der Aus st and der Eisenbahner vollständig gescheitert. Die ih verkehren wieder.
ine von W. T. B.“ übermittelte Reutermeldung aus Washington besagt, daß die organisterte Arbeiter⸗ schaft in einer Adresse eiklärt, das amrrikanische Volt fordere, daß die Arbeiter in der Leitung der Eisenbahnen vertreten seten, und daß das private Kapital aus den Eisenbahnen herausgezogen werde. Sie schlügen jedoch vor, daß jeder berechtigten Verpflichtung gegenüber dem Kapital nachgekommen werde. Der stellvertretende Präsident der Abteilung „Eisenbahner“ des amertka⸗ nischen Arbeiterbundes Jewell erklärte, die Ablehnung dieser Forde rung bedeute den Generalstreik der Eisenbahner.
Mannigfaltiges. ᷣ Der uk rainische Oberleutnant Nikolaus, der am
26. Juli aus dem polnischen Barackenlager Stralkowo
Göegenstände für fremde Rechnung erwarb, wußte oder den Umfländen j bei Wreschen (Prov. Posen) ent flohen ist, teilt dem ‚W. T. B.“
derungen, auf denen die Arkeiter ,. sind aufgenommen
äber bie Zustände 1m Lager und - über die Behandlung bt deutfchen Gefangenen folgendes mit: Das Lager beherbergt egenwärtig etwa 10 060 Insassen, außer deutschen und ukrainischen Glen ner. und Mannschaften auch internierte Zivilbevöllerung, darunter Frauen und Kinder, Lehrer, Geistliche aus der Provinz Posen und Schlesien, Ukrainer, Weißrussen, Litauer usw. Am 25. Funi ist der Oberleutnant N. mit einem Transpoꝛt von über 600 ukrainischen Gefangenen aus Ostgalizien von Lemberg ins Lager gekommen, Schon unterwegs sind 6? infolge von Gntkräftung und Mißhandlungen gestorben, 210 mußten heim Eintreffen am Bestimmungsort ins Krankenbaus übergeführt werden. An dem Tage, als er ins Lager kam, sah der Oberleutnant, wie ein Soldat vorn Grenzschutz eingebracht wurde, auf den etwa 15 Bewachungsmannschaften' mit ihren aus Telephondraht geflochtenen Peitfchen einschlug en. Am nächsten Tage erfuhr N., daß der Soldat infolge der Mißhandlungen gestorben sei. Em deut scher Hufarenoffizier wurde geohrfeigt und geprügelt, so daß sein ganzer Körper Wunden gufwies. Der Ädjutant des Lagerkommandanten, der pol⸗ nische Leutnant Malinowèe ki, entblödet sich nicht, bei der Mißhandlung der deutschen Gefangenen hilfreiche Hand zu leisten, indem er diesen, während sie blutig geschlagen werden, den Tuß auf den Nacken setzt oder ihnen“ den Revoloer vorhält. Die schon stark ab= genützten Baracken des Lagers bieten gegen die Einflüfse der Witterung nur mangelhaften Schutz. Die Verpflegung der Infaffen ist völlig unzureichend. Früh und Abenes erhalten sie schwarzen Kaffte und einmal täglich einen Gerstenbrei mit kleinen Fleischstücken. Die Bekleidung der Gefangenen, die man schon auf dem Tranport ausraubt, so daß sie nur das Notwendigste mithringen, ist sebr schlecht. Unter diesen Umständen leiden im Lager eiwa 3060 Perfonen an Unterle bötyphus, Hungertyphus, Grippe und anderen Krankheiten; dabet fehlt es zumeist an ärztlicher Behandlung. Die Wachtposten schießen, besonders Nachts, in die Baracken, so daß durchschnittlich in jeder Nacht 5 bis 5 Personen verwundet werden, die bei dem Mangel an ärztlicher Behandlung und Pflege ste ben. Offiziere und Mannschaften sind im allgemeinen m Lager getrennt untergebracht, nur die deutschen Gefangenen nicht. Bie Ukrainer werden schon schlecht behandelt, aber die Deutschen noch viel schlechter, so faßte N. sein Urteil in wenize Worte 31⸗ sammen. Bie polnische sozialistische Zeitung „Robotnik.! vom 16. Juli hat über die Zustände im Lager unter der Ueberschrift Die Hölle von Stralkowo“ berichtet.
Das neue Verkehrsflugzeug der A. E. G. erreichte, wie . W. T, B.“ berichtet, ani 30 Juli bei einem offiziellen Ab⸗ nahmeflug mit acht Personen an Bord die Höhe von 6100 Meter und stellts kamit einen neuen Weltrekord auf. Die Führung des Flugzeugs hatte der bekannte Flug⸗ zeugführer Ingenieur Paul Schwandt. Den internationalen Ver einbarungen und Vorschristen entsprechend, wirkten als Flugprüfer Dherstleutnant Siegert. Geschäfts führer des deutschen Luftfahrerverbandg, Piofessor Sühring, Ohservaror an der Stemmwarte Potsdam, Dr. Hoff, Mitarbeiter an der Deutschen Versuchsanstalt juͤr Luftfahrt. Das neue A. E. G. Verkehrs, Flugzeug ist mit zwei 260 ES. Mercedes motoren und Konpressoranlage ausgerüstet. Die Maschine hat eine Spannweite von 27 Meter und gleicht im allgemeinen den be⸗— reils bei der Deutschen Luft⸗Reederei im Betrieb befindlichen Groß- flugzeugen. Die Bedeutung der großen Steigfähigkeit liegt in der dadurch gegebenen Mönlichkeit, auf welten Luftreisen große Gebirgs—« züge in einn. ohne Umwege und Zeitverlust zu überfliegen.
Laut Mitteilungen russischer Zeitungen gehen die großen Städte Rußlands dem Winter vollkommen ohne He . ꝛ mittelvorräte entgegen. Moskau soll über keinen Kubtk⸗ meter Holz mehr versügen. Eine Jeltung empfieblt, die Waldungen am Moskwaflusse abzuholzen und nach Motkau zu flößen und alle Forsten in der Umgebung Moskaus zu Brennholz zu machen. In Petersburg werden a- Mangel an Heizmaterial die Holzhäuser niedergerlssen und das Material an die Bevölkerung verkauft. Im Mai sollten auf dem Wasserwege 41 9690 Kubikfaden Hol in Peters—⸗ burg eintreffen, doch sind nur 7500 Faden eingetroffen. Der Preis für Holz beträgt zurzeit 421 Rubel für 16 Faden, das ist die gegen. wärtige Norm für eine Wohnung auf den Zeitraum von 3 Monaten.
(W. T. B.)
Mailand, 5. August. (W. T. B.) Nach Meldung des Secolo“ kam es in Triest zu schweren Zusammenstößen zwischen Carabinieri und einer Volksmenge, wobei infolge von Schüssen auf beiden Seiten mehrere Opfer fielen. Ur— sache und Zusammenbang gehen aus der Meldung nicht klar hervor. Die Arbeiterschaft setze zum Einspruch einen intägigen Generalstreik ins Werk. Die Schule und die Vereinslokale der ö sowie die Redaktionsräume des slovenischen und italienischen Sozialisten blattes wurden während der Unruhen angegriffen.
Rotterdam, 5. August. (B. T. B.) Heute ist der Dampfer „Sicilian“ aus Montreal mit 841 aus Kanada ausgewiesenen Deutschen an Boro in Rotterdam ein getroffen.
Am sterdam, 5. August. (W. T. B.) Laut „Telegraaf“ meldet der Korrespondent der Times“ in Warschau furchtbare Einzel⸗ beiten üher große Judenprogrome in der Ukraine. Die gegen die kommunistischen Kominissare Erbitterten nahmen den Umstand, daß eine Anzahl Kommissare Juden sind, zum Anlaß, unter der jüdischen Bevölkerung zu morden und zu plündern. Sie tragen Binden mit der Aufjchrift Tod den Juden‘, „Rettet Rußland“. In Schitomir sollen 1200 Juden, in Kasatin 600, in Felszuin (? 900, in Fastow und Berditschew 2000 Juden ermordet worden sein.
London, 5. August. (W. T. B.) Das „Reutersche Büro“ meldet aus Raritan (New Jers' y), daß bei einer Exvplosion im dortigen Arsenal der Vereinigten Staaten 12 Personengetönet und zahlreiche verletzt worden sind.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Familie nnachrichten.
Verlobt: Frl. Margarete Kanzow mit Hrn. Oberarzt Dr. Emil Heymann (Charlottenburg-⸗Berlin).
Verehelicht. Hr. Pastor Paul Brutschke mit Frl. Lotte Klee (Berli ⸗Oberschöneweide). .
Gest ö . Frau Margarete von Eschwege, geb. Kammerlch (Baden⸗ Baden).
Verantwortlicher Schriftleiter: Mrektor Dr. Ty ro l. Charlotte nburd-,
Veraniwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstell. Rechnungsrat Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Menagaering) in Berlin. * Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt.! Berlin. Wilbelmsttahe 32. . Drei Beilagen leinschließlich Börsenbeilage) k — und Erste und Zweite Zentral-⸗Handelsregi ster⸗Beilagt ** sowie die Inhaltsangabe Nr. 31 zu Sir. 5 des öffentlichen Anzeigers.
Erste Beilage
zum Denutschen Reichsanzeiger ud Preußischen Staatsanzeiger.
M 17G.
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— 1 ·
Alchtamtliches.
Sayern.
Der Schiffe koch und Metzger Alois Lindner, der unter dem Verdacht verfolgt wird, den Abgeordneten Osel und den Major Jahrein im bayerischen Landtag erschossen und den ehemaligen Staatsminister Auer schwer verletzt zu haben, ist nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ am Abead des 4. Angust beim Ueberschreiten der Grenze aus Ungarn in Sommerein verhaftet worden. Lindner, der bei der Fes nahme einen Selbssmordverluch unternahm, ist ge— ständig, auch auf den Abgeordneten Auer, in dem er einen Gegenrevolutionär vermutete, einen Revolverschuß abgefeuert zu haben. Er hat in den letzien Zeiten in Bubapest bei der Roten Garde gedient. Nach dem Zusammenbruch der Räte⸗ regierung hielt er die Zeit für gekommen, sich in Sicherheit zu bringen.
Ungarn.
Nach einer Meldung des „Ungarischen Korrespondenz⸗ büros“ hat der Chef der Budapester Mission, Oberstleutnant Romanelli, am 3. August eine Note an die ungarische Re⸗ gierung gerichtet, in der er mit Rücklsicht darauf, daß der neuen ungarsschen Regierung zur Sicherung der Ruhe und öffentlichen Ordnung jetzt die rumänischen Truppen zur Ver— a n ständen, verlangt: 1) Die ungarische Armee auf die m Waffenstillstandavertrag vom 135. November 1918 fest⸗ gesetzte Stärke zu bringen und in entsprechenden Friedensstand⸗ orten unterzubringen, 2) die Zivilbevölkerung der Hauptstadt und des ganzen Landeg zur Abgabe aller Schußwaffen, außer Jagdgewehren, von Munition, Handgranaten und Spreng⸗ mitteln aufzufordern, und 38) die Umgestaltung und Entwaffnung der Roten Armee ehestens in Angriff zu nehmen.
— „Eine Verordnung der Regierung hebt alle Ein⸗ schränkungen der Preßfreiheit seit dem 21. März 1919 auf und sührt wieder volle Preßfreiheit ein. Eine weitere Verordnung beseitigt alle Verfügungen über Staatsanwalt—
schaften und Gerichte seit dem 21. März 1919 und setzt deren frühere Organisation und Personal wieder ein.
— Der „Ungarischen Post“ zufolge bewahrheiten sich die Gerüchte über Ausschreitungen des rumänischen Mi— litärs. Die rumänischen Solhaten verübten in Vororten von Budapest viele Gewalttaten. Sie gebrauchen beim geringsten n n nnen Schußwaffen. In Zuglo, einem von Arbeltern ewohnten Viertel, sperrte rumänisches Militär um 8 Uhr abends die Hauptstraße ab. Die Arbeiter, die um diese Zeit aus den Fabriken nach Hause gehen wollten, wurden nicht durchgelass en. Als einige Arbeiter versuchten, die Hauptstraße zu übersch reiten, wurden sie durch Gewehrschüsse gelölet. Die Zahl der Toten konnte nicht festgestellt werden, da die Ru⸗ mänen niemanden zu den Leichen ließen.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhaus wurden gestern drei Anfragen an die Negierung gerichtet. In Erwiderung auf die erste Anfrage , der Minister Sonar Law dem „Reuterschen Büro“ zufolge:
Jeder Versuch, die Entscheidung über politische Fragen, die das ganze Land angehen, durch Mittel, wie den Generalstreik der Kohlenbergleute, Eisenbahner und Transport arbeiter, zu erzwin en, würde im Falle des Gelingens das Ende der demokratischen kon titutionellen Regierung in England bedeuten. Deshalb werde es Pflicht der Regierung sein, solchem Versuch mit . ihr zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln Widerstand entgegen—
en.
Auf, die beiden anderen Anfragen sagte der Unter staats⸗ sekrelär im Auswärtigen Amt Harmsworth: Die Erklärungen Erzbergers in Weimar, betreffend n Friedensangebot, das die Alliierten Deutschland im August 1917 gemacht haben af. seien keine genaue Darstellung der Latsachen. Hamm ẽèworth schilderte die Vorgange im einzelnen und sagte, es sei klar, daß die brittsche Regierung zu jener Zeit keine Angebote gemacht habe.
Es weide keine Blockade gegen irgend einen Teil von Rußland ausgeübt. Hie' tatsächllchen Zustände aber, die durch die. aggressiven Maßnahmen der Sowietpartei in Ruß land gegen die Teile des früheren ruffischen Reiches, die die So wjet⸗ berrscaft nicht anerkennen wollten, verurfacht seien, machten cs trotz, dem tatsächlich unmöglich, das Warensendungen daß Innere . lands erreichten.
Frankreich.
Der Oberste Nat der Alliierten hat bestimmt, daß die interallijerte Militärmissien in Berlin bei den beginnenden deutsch⸗polnischen Verhandlungen die alllierten Regierungen vertrete. Vorgestern beschäftigte sich der Oberste Rat in Anwesenheit des Marschalls 39 eingehend mit der unggrischen Frage und im Anschlid aran mit der Frage der Aalandsinseln. Anwesend waren von schwedischer Seite die schwedischen Gesandten in Paris und London.
— Nach dem „Temps“ hielten gestern vormittag die alliierten und die deutschen Delegierten eine Sitzung ab, um über die Lieferung von Vieh zu verhandeln. Am Nachmittag hatten die deutschen und die alliierten Delegierten über den Wie deraufhau verhandelt und alle Fragen hinsichtlich des Baumaterials und des Barackensystems durchgesprochen.
— Der deuisch⸗österrelchische Staatssekretär Dr. Renner Überreicht heute der Friedenskonferenz die österreichische Antwort auf den Friedens vertragsentwurf und ver— läßt dann auf acht Tage St. Germaln, mit ihm der größte Teil der Delegation.
— Der Ministerpräsident Clem enceau, der zuerst auf sofortiger Durchher atung des Friedens vertrags im Plenum der Kammer bestand, hat in einer Unterredung mit dem Vor—⸗ sitzenden und dem Generalberichterstatter des Friedensaus⸗ schusses der Kammer, Viviani und Barthou, erklärt, daß er sich dem Beschluß der Kammer fügen wolle, die Erörterung erst nach einer kurzen Ferienpause zu beginnen.
. a. ö , ;
= Berlin, Mittwoch. den 6. Angust
In der Kammer begann gestern die Aussprache über das Gesetz, betreffend Verwertung und Nutzbarmachung sequestrierter Güter feindlicher Untertanen. Ein⸗— getzangen ist ein Gesetzeniwurf, der einen Kredit von 185 Milllonen Frantz für den Wiederaufbau der fran— zösischen Handelsflotte fordert.
— Der Friedens ausschuß der Kammer trat gestern nachmittag zusammen und hörte den Bericht des General⸗ berichterstatters Barth ou. Nach dem „Temps“ umfaßt der Bericht etwa fünfzig Druckseiten und empfiehlt, obzwar mit einigen Vorbehalten, die Ratifizierung des Friedensvertrages. Der Berichterstatter habe sich bemüht, die Aus führunga garanklen zu benennen, die nach seiner Ansicht die Regierung verlangen müsse. In besonders interessanter Weise habe er sich über die Schuldfrage geäußert und die Verantwortlichkeiten für den Krieg festgestelst.
Rußland.
Nach sowjet⸗-russischen Zeitungen stehen die Sowjet⸗ truppen 20 Werst südlich von Plestau, 10 Werst nördlich von Jamburg, 16 Werst östlich von Wileika, 30 Werst wesilich von Charkow. Onega ist von ihnen erobert, Werchne⸗Urals? bedroht. Wie die „Times“ meldet, wurde nach einem draht⸗ losen bolschewistischen Communiqué Onega von den englischen Truppen zurückerobert.
Laut Mitteilungen der Petersburger „Prawda“ hat die die Reichs kontrolle der Sowjetrepublik eine Verfügung getroffen, wonach die Bezirksomsets verpflichtet sind, alle bei ihnen be— findlichen Wertpapiere und Gegenstände aus Edel— metall unverzüglich in der Volke bank bezw. deren Abteilungen abzuliefern. Am 1. Juli läuft der Termin für Eingaben und Klagen, betreffend die für ungültig erklärten Wertpapiere, ab. Alle Abteilungen der Volksbank und die Sparkassen haben die Weisung erhalten, alle bei ihnen hinterlegten Wertpapiere zu vernichten. Italien.
Auf eine Anfrage im parlamentarischen Friedens⸗ ausschuß, ob ein bereits abgeschlossenes oder gevlantes poli⸗ tisches Bündnis mit Frankreich, England oder Amerika die sofortige Ratifizierung des Versailler Vertrages notwendig mache, erklärte der Ministerpräsident Nitti es gäbe keine derartige e n Die baldige Ratifizierung bedeute nur einen freundschaftlichen Akt gegenüber den Verbündeten. Nitti sprach den Wunsch aus, daß Deutschland, Deutsch-Oesterreich und Bulgarien bald in den Völkerbund aufgenommen werden. Nur noch die Sozialisten stellten sich der Ratifizierung entgegen.
Dänemark.
Nachdem die dänische Regierung ebenso wie die Regierungen von Schweden und Norwegen vor kurzem die Regierung Eberts in Deutschland anerkannt haben, ist, wie, Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, der bisherige deutsche Gesandte Freiherr von Neurath vorgestern vom Kön ig zur Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens empfangen worden.
— Der Finanzminister hat gestern im Folkething eine
Vorlage, betreffend Aufnahme einer 5prozentigen in⸗
ländischen Anleihe von 120 Millionen Kronen eingebracht. Zweck der Anleihe ist, die mit der Wiedervereinigung Nord⸗ schleswigs verbundenen Ausgaben zu decken. Die Anleihe trägt den Namen „Wiedervereinigungsanleihe“.
SDchweiz.
Die zur Beratung der allgemeinen internatlonalen Politik von der Internationalen Sozialistenkonferenz in Luzern ernannte erste Kommission besprach laut Bericht der „Schweizerischen Depeschenagentur“ vorgestern zunächst die Lage der Kriegsgefangenen.
Der deutsche Mehrheitssozialist Wels gab eine ausführliche Darstellung der Lage der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich und beklagte sich darüber, daß deren Lage fich mit dem Waffen stillstand verschlechtert habe. Er bat die französischen Sozialisten, alles zu tun, um die Rückkehr der Gefangenen zu beschleunigen, und dafür zu sorgen, daß ihr Los erleichtert werde, sobald einmal der Friedensvertrag ratifiziert sei und sie als freie Arbeiter bei den Wieerherstellungsarbeiten in, den zerstörten Gebieten Nord- srankreichs tätig seien. Wels sprach auch von den russischen Gefangenen, die sich noch in Deutschland befinden, und betonte, daß es die Entente sei, die Deutschland verhindere, die Ge— fangenen nach Rußland zurückkehren zu lassen. Man müsse sogar befürchten, daß die Entente die Gefangenen den reaktlonären Generglen Denikin und Koltschak in die Arme treiben wolle. In langer Aug⸗ sprache, an der Verjreter fast aller anwesenden Nationen teilnahmen, brachten die französischen Sozialisten Renaudel und. Lon guet zuin Ausdruck, daß die französischen Sozialisten in dieser Hinsicht alles tun würden, was in ihrer Macht flebe. Es wurde schließlich eine Unterkommisston ernannt, die die Lage der Kriegsgefangenen in den verschiedenen Ländern untersuchen und der Vollversammlung eine Entschließung unterbreiten soll. Die erste Kommission ernannte einen siebengliedrigen Ausschuß, der eine Entschließung, betreffend den Friedensbertrag, den Völkerbund und alle bamit zusammenhängenden Fragen, ausarbeiten soll.
Darauf wurde über die Stellungnahme der zwelten Inter⸗ nationale zur Revolution und der Methode des Bossche⸗ wismus beraltn. In ausführlichen Reden setzten Hilfer⸗ ding, Wels, Eduard Bernstein und Vandervelde ihre Ansichten augeinander. Die Kommission wird in einer Nacht⸗ sitzung die Aussprache zu Ende sühren.
Die zwelte Kommission, die sich mit dem Wiederaufbau der Internationale zu beschäftigen hat, nahm eine Er— klärung über die Grundsätze an, genehmigte die neuen Statuten, die dem großen im Februar 1920 stattfinden den allgemeinen Sozialistenkongreß in Genf unterbreitet werden sollen, und stimmte einer Entschließung Henderson zu, die verlangt, daß zu gleicher Zeit mit dem Kongreß im Februar auch eine Ver⸗ einigung von parlamentarischen Vertretern der Arbelter⸗ und Sozia⸗ listenpartelen einberufen werden soll. Die Kommission beschloß ferner, in jedem Land vom 1. September ab periodische Ver⸗ öffentlichung zu veranstalten zu dem Zweck, über die Parteien der anderen Länder zu unterrichten, und den großen inter⸗ nationalen Kongreß in Genf auf Grund der in Lujern auf⸗ gestellten propisorischen Statuten eröffnen, und zwar mit folgen⸗
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der Tagesordnung: I) Statuten. 2) Frage der Verantwort⸗ lichkeiten. 3) Internationale Politik (Demokratie und Diktatur, Sczlalisierung und Arbeitergesetzgebung). 4) Organisation der
Presse. Türkei.
Der Minister des Innern hat die Verhaftung und Ueber⸗ führung von Mustafa Kemal Pascha und Neuf Bei angeordnet, die beschuldigt werden, die Jseparatistischen Strömungen begünstigt und separatistische Kongresse einberufen, serner im Gebiete von Syrien und Erzerum bewaffnete Banden organi⸗ siert zu haben.
Amerika.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Büros“ hat der amerikanische Kriegssekretär Baker dem Kongreß einen Gesetzent wurf unterbreitet, der ein Friedensheer von 510090 Mann und eine dreimonatige militärische Uebungaspflicht für alle 19 Jahre alten Männer vorsieht.
Verkehrswesen.
Zur Ausreise in das von den Polen besetzte Gebzet ist die Genehmigung des für den Wohnsitz oder siändigen Aufenthaltsort des Antragstellers zuständigen General⸗ kommandos notwendig. Die polnische Einreiseerlaubnis muß sich jeder selbst durch Vermittlung des polnischen Konsulats Kerlin, Potsdamer Straße 62, beschaffen. Die Bestim mung, doß Wehrpflichtigen die Augreise nicht gestattet ist, ist auf— gehoden worden.
Die dänischen Vertretungen in Oesterreich, in der Schweiz und in den Niederlanden sind angewitsen, Pässe mit Durchreisesichtoermerk nach Dänem art nur dann zu visieren, wenn eine Rescheinigung der zuständigen deutschen Behörde in dem Paß aufgenommen worden ist, daß einer späteren Wiederdurchreise durch Deutschland keine Bedenken entgegenstehen. Dieser Vermerk gilt nur für die deutsche Paß⸗ stelle in Dänemark, damit diese ohne weitere Rückfragen einen Durchreisesichtvermerk zur Rückkehr in das Herkunstsland aus⸗ stellen kann. Als Sichtvermerk ist dieser Vermert nicht anzusehen. Er berechtigt also nicht zur Ueberschreitung der Grenze bei einer späteren Wiedereinrelse, vielmehr muß der Reisende vor der Abreise sich einen neuen ordnungsmäßigen Durchreisesichtwvermerk von der zuständigen deutschen Paßstelle verschaffen.
Bezüglich der Wiederaufnahme der Postverbindung mit Deutschland wird in einer Note an die Pariser Blätter mitgeteilt, daß die von Frankreich nach Deutsch⸗ land aufgegebenen Korrespondenzen eine bettächtliche Verzögerung erleiden werden, da die . außerordentlich scharf gehandhabt wird. Geld⸗ oder Geldsendungen irgend⸗ welcher Art sind verboten. Dagegen ist völlige Freiheit für Sendungen von Zeitungen und Propagandaschriften gewähr⸗ leistet. Die Posttarife sind dieselben wie var dem Kriege.
Pakete aus England, die von dortigen Bewohnern an ihre Verwandten und Freunde in Deutschland gesandt und diesen bereits angemeldet worhen sind, haben vielfach ihren Be⸗ stimmungsort noch nicht erreicht. Die Folge davon ist, daß beim Deutschen Roten Kreuz die Anfragen nach dem Ver⸗ bleib dieser Sendungen sich häufen. Dazu ist zu bemerken, daß die Pakete in der Regel waggonweise an pie in Berlin tätige Abteilung des Britischen Roten Kreuzes gerichtet sind und daß das Deutsche Rote Kreuz mit deren Uebermittlung nicht befaßt ist. Anfragen sind zu richten an die Deutsche Wohl⸗ fahrtsstelle, Monbijou⸗Piatz 3.
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„Fortan werden gewöhnliche Briefe und Post karten geschäftlicher und persönlicher Natur nach allen Ländern außer Rußland, den Balkanstaaten und der asiatischen Türkei auf Gefahr des Absenders zur Beförderung angenommen. Wo schon ein Postverkehr in weiterem Umfange besteht, wie mit den benachharten neutralen Staaten und Italien, tritt selbstverständlich eine Beschränkung nicht ein. Sendungen nach Eisaß-Lothringen unterliegen den Gehührensätzen des Weltpostvertrags.
Von jetzt an sind auf Gefahr des Absenders gewöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen jeder Art und Zeitungen nach ganz Lettland zugelassen.
Vom 10. August an wird der Verkaufspreis der Antwort— scheine für das Ausland auf 85 3 für das Stück erhöht.
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Sandel nud Gewerbe.
Der Reichswirtschaftsminister Schmidt hat im Zu⸗ sammenhange mit der bevorstehenden amtlichen Not igrung der festverzinslichen Wertpapiere, wie „W. T. G meldet, nunmehr die noch bestehenden Beschrãn lungen der Notierung von Wertpapierpreisen mit Wirkung vom 10. August ab aufgeheben. Somit sind die während des Krieges verord⸗ neten Beschränkungen in der Mitteilung von Wertpapierpreisen und Devisenkursen aufgehoben, ohne Unterschied, ob es sich um Kurse handelt, die an der Börse amtlich fesigestellt werden, oder lum nicht. zugelassene Wertpapiere. Für diese ar, Frage sind von jetzt ab also wieder aug⸗ chlietzlich die Bestimmungen des Börsengesetzes maß⸗ gebend. Um Mißverständnisse zu vermeiden, wiro in diesem ,,, darauf hingewiesen, daß die Vorschriften des Reicht finanzministeriums über die Ueberlassung autz⸗ ländischer Wertpapiere an das Reich hiervon nicht berührt werden. Durch diese Vorschriften ist bekanntlich der Handel mit den vom Nelchsfinanzministexium damals im einzelnen N. Wertpapieren verboten. Dleses Verbot bleibt estehen.