Schicksal der deutschen Handelsflotte, wie es sich aus den Ver—⸗ handlungen in Trier, Spaa, Brüssel und ersailles ergeben bat, ist eingehend in den wichtigsten Einzelheiten dargelegt. Der deutschen Funkentelegraphie im Welttriege wird in einem reich illustrierten Aufsatze von fachmännischer Seite gedacht. Die Lohnbewegung der Seeleute im Jahre 1918/19 eingehend der Syndikus des Bremer Reedervereins Th. Kränzlin. Mit der bremischen Binnenwasserstraßenpolitik befaßt sich ein Aufsatz von Syndikus Michelau. Die Vertreibung der Deutschen aus China schildert Kapitän B. Plaschke auf Grund seiner eigenen Erfahrungen. Der zweite Teil des empfehlenswerten Jahrbuchs enthält Angaben aus dem Lloydhetriebe während des letzten Jahres, erner eine Darstellung der Entwicklung des technischen Betriebes des e , Lloyds in Bremerhaven in den Jahren 1869 —1919, eine Schilterung der Expedition nach Oesel und Finnland mit zahl⸗ reichen Abbildungen sowie einen eingehenden Bericht über die letzte
Betätigung und die Ablieferung der Lloydflotte an die Enten temächte.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Die Verkäufe von Pferden aus Anlaß der Ver minderung des Heeres — und zwar sowohl von dienst— unbrauchbaren als auch von anderen, sobald solche freigegeben werden — richten sich von jetzt ab nach folgenden Gesichtspunkten: Eine Ver⸗ steigerung findet nicht mehr statt. Die von der Heeres verwaltung zum Verkauf bestimmten Pferde werden zu Abschäßzungspreisen ab⸗ egeben. Sie sind zu diesem Zweck den Landwirtschafts⸗ r,, zur Verteilung an wirklich pferde⸗ bedürftige Landwirte zu übergeben. Von diesen sind Kriegsbeschädigte, Hinterbliebene von im Felde Gebliebenen, ferner solche Personen, die mit staatlicher Unterstuͤtzung angesiedelt werden sollen, oder auch Personen, denen bereits Pferde leihweise haben überlassen werden müssen, zuerst zu berücksichtigen. In dringenden Fällen geben die Landwirtschaftskammern Pferde auch an andere Gewerbetreibende ab, außerdem an Personen, die im Dienste der Allgemeinheit tätig sind, wenn ihnen zur Ausübung ihres Berufs andere Nerkehrsmittel fehlen. Pferdehändler sind nach wie vor ausgeschlossen. Die Zulassung zu den Vertäufen, die möglichst da, wo sich die Pferde befinden, vorzunehmen sind, wird nicht mehr von dem Besitz einer Pferdekarte abhängig gemacht, die ausgestellten Pferdetarten verlieren ihre Gültigkeit. Die Ab⸗ schäßung des Werts der Pferde geschieht vor ihrer Uebergabe an die Landwirfschaftskammer unter Zugrundelegung eines Mindestpreises von 1000 S½ für jedes noch arbeitsfähige Pferd. Pferde, die dauernd nicht mehr arbeitsfähig sind und daher nicht mit diesem Preise be⸗ wertet werden können, sind an die Landes⸗Fleischstellen abzugeben. An⸗ träge auf Ueberweisung von Pferden sind in den Land—⸗
kreisen (Oberamtsbezirken usw.) an den Landrat, in den Stadtkreisen an die Polizeiverwaltung zu richten und mit deren Stellungnahme der Landwirtschaftstammer mitzuteilen. Beide Stellen stehen wegen der Zahl der erforderlichen und verfügbaren Pferde in Verbindung. Jeder Käufer eines Pferdes erhält uber den Kauf einen auch
eine kurze Beschreibung des Pferdes enthaltenden Ausweis und hat sich zu verpflichten, es ohne Genehmigung
der Landwirtschaftskammer nicht vor Ablauf eines Jahres weiter zu verkaufen, bei einem Verstoß hiergegen sich aber einer Geld⸗ strafe in Höhe des Mehrerlöses gegen den Kaufpreis, mindestens aber in Höhe des letzteren zu unterwerfen. Zuchtstuten warmblütigen und kaltblütigen Schlages werden in gleicher Weise zu Taxpreisen an die Züchter abgegeben wie die Arbeitspferde. Die bisher für die warmblütigen Zuchtstuten festgesetzten Vorzugspreise sowie die be—⸗ sonderen Bedingungen für die Uebernahme solcher Stuten fallen weg.
Verkehrswesen.
Nachdem im Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika und mit Spanien der Kabelweg wieder zu⸗
gelassen worden ist, wird die Bestimmung, wonach Funktele⸗
gramme nach den genannten Ländern durch die Handelskammer Ablauf des 25. September aufgehoben. Die
aufzuliefern sind, mit Aufgabe der Funktelegramme kann von da ab, wie ei sonstigen Telegrammen, bei jeder für den Telegraphenvertehr geöffneten Tele⸗ graphenanstalt usw. erfolgen.
Heft 9 (1919) des Archivs für Postund Telegraphie“, herausgegeben im Auftrage des Reichsposiministeriums, erschien mit folgendem Inhalt: Das drahtlose Telegraphieren und Fernsprechen mit Hilfe der Kathodenröhre; Das schweizerische Postwesen im Jahre 1918; Können unfallverletzte Beamte die Erstattung von Heilkosten in Rentenform verlangen? — Kleine Mitteilungen: Ein Vergleich
zwischen Schiffen aus Beton, Holz und Stahl; Bie Bagdadbahn. —
Schriftwerke: Nachweis von Aufsätzen.
Theater und Musik. Deutsches Opernhaus.
Im Deutschen Opernhause ging am Sonnabend ein italienisches Werk zum ersten Male in Szene, das vor dem Kriege bereits an⸗ genommen, war und bis jetzt hatte zurückgestellt werden müssen, die Oper Die Liebe dreier Könige“ von J. Montemezzüi. Die hiesige Erstaufführung bedeutet somit die erste Wiederanknüpfung tünstlerischer Beziehungen zu dem bisher feindlichen Auslande; schade nur, daß kein bedeutenderes Werk dabei in Frage kam. Ein ganz und gar im üblen Sinne opernhaftes Textbuch, das den italtenischen Dramatiker S. Benelli zum Verfasser hat, diente dem bisher unbekannten Komponisten, dessen Musit des Werks weitaus besserer Teil ist, als Unterlage. Die schlecht motivierte und ungeschickt ge⸗ führte Handlung versetzt den Zuschauer in das Mittelalter, in dle Zert, da nordische Eroberer sich auf dem Boden Jialiens festsetzten. Einer von diesen, Manfred, des nordischen Königs Archibald Sohn, hat die Italienerin Fiora zum Weibe genommen, die der unterworfene König Avito sich zur Gattin erkoren hatte. In Manfreds Abwesenheit schleicht sich Abito, der sie liebt, nächtlicherweile zu Fiora ein. Aber ihre Untreue blieb nicht unbemerkt; der alte erblindete König Archibald, der eifersüchtig über sie wacht, hat Verdacht
geschöpft. Dennoch schweigt er zunächst, als Manfred heim— kehrt, um seinen Sohn, der sein Weib, abgöttisch liebt, nicht zu betrüben. Fiora erkennt jetzt ihrerseits beschämt Manfreds
tiefe Neigung zu ihr, und sie verspricht, als der Krieg ihn bald wieder von dannen ruft, ihm vom Beigfried aus mit einem Schleiertuche Aobschiedsgrüße zuzuwinken. Ihr Vorhaben aber wird von AÄAvito ver— hindert, der sich in der Burg verborgen gehalten hatte und in dem Augenblick zu ihr tritt, da sie den Schleier erhoben hat.
Trotz anfänglichen Sträubens sinkt sie ihm in die Arme, und in seligem Vergessen bemerken die beiden Liebenden nicht rechtzeitig das Nahen Archibalds. Dem über⸗
feinerten Gehör des Blinden ist das Fortschleichen Avitos nicht ent⸗ gangen. Von Wut übermannt, tötet Archibald die Treulofe mit eigener Hand, noch ehe der mildere Manfred, der, von Sorge erfüllt, aus der Ferne Fioras Schleiertuch niedersinken sah, die Burg wieder erreichen kann. Tiefbewegt erfährt dieser nun aus dem Munde Archibalds das Vorgefallene, aber am schmerzlichsten trifft es ihn, daß er sich an dem Räuber seiner Ehre nicht rächen kann. Der letzte Akt zeigt nun, wie es der List Archibalds doch gelingt, Avito zu ent— larven und zu strafen. In der sicheren Erwartung, daß es Avito zu Fioras Leichnam, der in einem Gewölbe aufgebahrt ist, hinziehen wird, bestreicht er die Lippen der Entseelten mit einem tödlich wirkenden Gift. So findet Avito den Tod an Fioras Seite, aber auch Manfred, dessen Rache nun gelbscht Mt, kann nicht ohne die Geliebte weiter“ leben, auch er küßt sich den Tod von ihren Lippen, und der alte blinde König bleibt vereinsamt in der Welt zurück. Die mangelnde Vlastit
Vornehmheit der Linienführun schildert
das dramatische Temperament verrät, das Komponisten von geringeren BGraden als Montemezzi zu starken Wirkungen verholfen hat. Aber f das wenig verwendungsfähige Benellische Textbuch hätte ihm, stellen—
—
Leisner,
,.
der nach Bedarf hin und her geschobenen Figuren bot dem Kom⸗ vonisten, der durchaus nicht mit den grellen Mitteln der Neuttaliener
arbeitet, kaum die Möglichkeit, gestaltungskräftig zu schaffen. So ent⸗ stand eine Musik, die trotz aller Vorzüge der Instrumentierung,
nicht über eine gewisse Wohlanständigkeit hinauskommt und nirgends elbst
weise wenigstens, Gelegenheit geben müssen, den Befähigungsnachwels als Musikdramatiker zu erbringen; sie wurde versäumt. Wenn die Dper doch einen gewissen Eindruck hinterließ und auch heifällig aufgenommen wurde, so verdankte sie es der liebevollen Sorgfalt, die der Direktor Hartmann als szenischer und der Kapell⸗ meister Waghalter als musikalischer Leiter dem Werk hatten an— gedeihen lassen, den großartigen aus der Werkstatt von Hartwig u. Co. hervorgegangenen Bühnenbildern und vor allem Ten eindrucke vollen Leistungen der darstellenden Sänger. Unter den letzteren ragte nicht nur körperlich die hohetts⸗ volle Gestalt des blinden Königs Archibald in der Wiedergabe Rudolf Hofbauers hervor. Gesang und Spiel verschmolzen bei ihm zu einer Einheit starken Ausdrucks, die die Zuschauer im Banne hielt, wenn er auf der Bühne stand. Fräulein Stolzenberg (Fiora), die Herren Börgesen (Manfred) und Laubenthal (Avito) nahmen sich der anderen Hauptrollen mit allem Eifer an. .
Im Opernhauses werden morgen, Dienstag, Die lustigen Weiber von Winsor! mit den Damen von GCatopol, Gerhart und den Herren Knüpfer, vom Scheidt als Gast, Hutt, Stock, Henke, Krasa und Lücke in den Hauptrollen gegeben. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Leo Blech. Anfang 63 Uhr. — In Hans Pfitz ners musikalischer Legende Palestrina“, deren Erstaufführung am 11. Ok⸗ tober unter der Spielleitung des Dichterkomponisten stattfinden wird, sind die Hauptpartien wie folgt besetzt: Palestrina: Joseph Mann und Ernst Kraus; Borromeo: Karl Armster; Morone: Heinrich Schlusnus; Novagerio: Waldemar Henke; Maͤdruscht: Paul Knüpfer; Luna: Eduard Habich; Jahino: Birgit Engell; Silla: Elfriede Marherr.
Im Schauspielhause wird morgen „Peer Gynt“, mit den Damen Conrad, Schön, Steinsieck, Ebinger und den Herren Clewing, Zimmerer, von Ledehur, Werner, Kraußneck besetzt, auf. geführt. Spielletter ist Dr. Reinhard Bruck, musikalischer Leiter Derr Etthofen. Anfang 64 Uhr.
In den Kammerspielen des Deutschen Theaters geht am Freitag Ossip Dymows vieraktige Tragödie ‚Nju“ zum ersten Male in Szene.
Mannigfaltiges.
Kriegsgefangenenheimkehr. Unterkunfts⸗Vepartement, und die Reichszentralstelle für Kriegs⸗ und Zivilgefangene haben ein „Mertblatt für heim kehrende Kriegsgefangene“, ein Büchlein im Um fange von 32 Seiten, herausgegeben, das jedem Heimkehrer bei seiner Ankunft im Durchgangslager übergeben wird und das in knapper Form Auskunft auf die für den Heimkehrer wichtigsten Fragen gibt. Die von jedem Heimkehrer erstrebte sofortige Lnt— lassung aus dem Heeresdienst läßt sich nämlich nur im Durchgangs—« lager auf schnellstem Wege ermöglichen. Hier wird unverzüglich allen ihm zustehenden Forderungen Genüge getan und es erfolgt gleich- zeitig die notwendige Feststellung der Unterlagen für die spaäͤtere Geltendmachung etwaiger weiterer Ansprüche aus Kriegs— beschädigung usw. Für größtmögliche Annehmlichkeit des Auf— Inthalts in den Durchgangslagern ist Sorge getragen. Für die Aufgaben der dort besiehenden Empfangsausschuͤsse ist ein größerer Betrag aus Neichsmitteln bereitgestellt. Außerdem steht diefen Empfangtausschüssen noch ein Betrag von rund 3 Millionen Mark zur Verfügung, welcher der allgemeinen Sammlung des Hihfs=— werks für die deutschen Kriegs. und Zivilgefangenen“ entnommen ist. Der Heimtehrer erhält bei der Entlassung (inen Ent— lassungsanzug, 50 „S Entlassungsgeld und die Gebuͤhrnisse für die Dauer von acht Wochen im voraus. Er erhält einen Freifahrtschein bis zu dem Ort, wohin er entlassen zu werden wünscht. Hier nimmt sich seiner die „Krien Sgefangenenheimkehr“ an, eine das ganze Deutsche RNeich umfassende Organisation, die von der Reichszentialstelle für Krlegs⸗ und Zivilgefangene geschaffen worden ist. In ihre Hand ist die Verteilung der 150 Millionen Mark gelegt, welche die Regierung bewilligt hat, um den heimkehrenden Kriegsgefangenen durch Ge— währung wirtschaftlicher Beihilfen die Wiederaufnahme einer geregelten Arbeitstätigkeit zu ermöglichen. Die Grundsätze, nach denen die Ver— teilung erfolgt, sind nach durchaus sozialen Gesichtspunkten auf— gestelt. Auch in bezug auf die Ernährung der Heimkehrer hat sich die Regierung eine besondere Vorsorge angelegen sein lassen. Im Laufe von sechs Wochen nach seiner Rückkehr erhält jeder Kriegs— gefangene eine Sonderzuteilung von Lebensmitteln, die den von lang= jähriger Entbehrung geschwächten Körper wieder kräftig und arbeisssähig machen, sollen. Den früheren Arbeitgebern der Kriegsgesangenen ist es zur Pflicht gemacht, den Heim— lehrer im Laufe von sechs Wochen nach seiner Rück- kehr aus der Gesangenschaft wieder einzustellen. Wenn aber dem Heimkehrer keine Arbeitsmöglichkeit nachgewiesen werden kann, so hat er ein Anrecht auf die Erwerbslosen⸗ unterstützung, die ihm unter Anrechnung der im Durchgangslager erhaltenen militärischen Gebührnisse ausgezahlt wird. Auch die Familienunterstützung wird im Laufe eines ganzen Monats nach der Rückkehr des Gesangenen weiter ausbezahlt. Dies alles liefert den Beweis, daß die Regierung ohne Rücksicht auf die trostlose finanzielle Lage alles getan hat, um die Kriegsgefangenen die Leiden der Über— standenen Gefangenschaft schneller vergessen zu machen.
Das Kriegsministerlum,
Die Gagnot zwingt dazu, immer wieder neue Wege zu suchen. um ihr zu steuern. So hat man in der Schweiz an Stelle der mangelnden Kohle versucht, Holz und Torf der trockenen Destillation zu unterwerfen. Hierbei bleibt, wie bei der Destillation der Kohle der Koks, Holzkohle zurück. Diefe Holzkohle hat man nun den Fabriken von Kalziumkarbid zugeleitet, die ihrer- seits wieder das erzeugte Karbid an die Gasganstalten liefern. Das aus Holz oder Torf ursprünglich gewonnene Leuchtgas wird nun bon den Gasanstalten mit dem aus Karbid gewonnenen Azetylen auf— gebessert, so daß tatsächlich ö der ganze im Holz beziehungs⸗ weise Torf enthaltene Kohlenstoff im Gas wiedererscheint, vermehrt um den durch seine Heizkraft ausgezeichneten Wasser⸗ stoff, der bei der Umsetzung von Karbid mit Waffer zu Azetylen dem Wasser entnommen wird. Andereiseits ist man bemüht, durch Anwendung entsprechender Apparate den sparsam sten Gebrauch vom Gas zu machen. Ein solcher Apparat, der in zLicht und Lampe“ beschrieben wird, umgibt den Gaskocher mit einem Mantel, der die sonst seitwärts und nach unten fallenden Wärme— strahlen owie die ihn treffenden Flammen nach oben wirft, sie alfo dem Kochgefäß näher bringt. Der Appgrat ermöglicht auch bet ge⸗
und der Klangfarbenmischungen
Da das erste dieser Schiffe bereits im Schwarzen Meer eingetreß ift, kann damit gerechret werden, daß vielleicht (. in zwei bis Wochen ein Teil dieser Gefangenen aus Aegypten abtranshorh wird, der Rest je nach Eintreffen der anderen Schiffe später wurde ferner mitgeteilt, daß in zweiter Linie die Abholung der 61 sangenen aus Malta mit den anderen nach dem Schwan Meer fahrenden Schiffen erfolgen solle. (W. Te B.) f
Münster, 20. September. (W. T. B.) Amtlich wird, meldet: Heute vormittag 2 Uhr 10 Minuten fuhr auf B ahnh! Oaltern der DeZug 91 Cöln — Altona bei der Durchse auf eine im Hauptgleis stehende Rangierabteikung, besten aus Lokomotive und Packwagen vom Güterzug 2601. Der Hein vom Güterzug 2691 und der im Postwagen befindliche Pos sekretär Fröhlich aus Cöln sind gerötet, letzterer dut Verbrennen. Eine weitere verkoöhlte Leiche, vermutlich! eines Po stbeam ten, wurde bisher nicht erkannt. Schwerer find ein Postbeamter und der Lokomotivführer vom Güterzug Ih Leichtverletzt sind elf. Bahn! und Postbedienstete. Reifsende nicht verletzt. Materiglschaden erheblich. Personenverkehr wird! der Unfallstelle durch Umsteigen aufrechterhalten. Unterfuchung in Ursache und Verschulden ist eingeleitet.
Mun ster (Lager), 20. September. (W. T. B.) Heute a
um 9 Uhr trafen 1358 heim kehrende Krie ö aus allen Teilen Deutschlands im Lager am Been bof ein. 8 kommen aus den Sammellagern Meteren bei Yper und Bailleu! und wurden am letzten Montag in Baillcnk h laden. Die Beteiligung der Bevölkerung am Empfang war äußen rege. Die Stimmung der Heimkehrenden ist vorzügllch. Eige 9 grũ ßungsansprache wurde freudig aufgenommen. Der Tranepn batte ebenso wie die beiden vorhergehenden unter der Beschimpfu durch die fanatische belgische Bevölkerung und das belgische Eisenbah personal zu leiden.
Worm s, 20. September. (W. T. B.) Amtlich wird i meldet: Heute morgen um 9 Uhr ist auf Bahnhof Osthofe ein Sugteil des Güterzuges 8090, Bahnhof Monzernhen ablaufend, auf den in Abfahrt begriffenen Personenzug on aufgelaufen. Ein Reisender wurde getötet, 3 Neisen wurden schwer und etwa 18 Personen leicht verletzt. Sechs Won vom Zuge 38990 und der letzte Wagen des Perfonenzuges 5g j trümmert. Betrieb wird durch Ueberholungsgleis aufrechterhalten,
Braunschweig, 21. September. (W. T. B.) Bei heute in Braunschweig, Wolfenbüttel, Blankenburg, Helmstedt Bad Harzburg vorgenommenen Magistratswahlen haben, n die n , Landeszeitung“ berichtet, die Unabhängige eine gänzliche Niederlage erlitten. In der Stadt Bra unschwe wurde der bisherige Oberhürgermeister gegen den Kandidaten Unabhängigen mit überwältigender Stimmenmehrheit wiedergewaͤhl
London 209. September. (W. T. B.) „Evening Nen! meldet aus Kirkwall, daß an der Küste von North Ronaldshay auf den Orkney⸗Inseln in der letzten Nah in einem Sturm ein Dampfer der White Star- Lin , Man glaubt, daß sich 29000 Mann englisch
ruppen aus Nordrußland an Bord befinden.
Am st er dam , 21. September. (W. T. B.) Der London
Korrespondent des Allgemeen Handelsblad⸗ meldet, daß die Ent
eckung großer Goldfelder in WestaustralFten am lich be si ätigt wird.
Rotterdam, 19. September. (W. T. B.) Gestern ist d Dampfer Abani mit 1566 deutschen Männern 39 Frauen und 161 Kindern aus Australien a gekommen. Am 25. wird ein Transport deutscher Kriegt 6 von ungefähr 3500 Personen aus Amerite erwarte
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)
1 Ä
Theater.
Hyernhaus. (nter den Linden, Dienstag: 189. Daus
bezugsvorstellung. Dienst. und Freiplätze sind aufgehoben. Tie
lustigen Weiber von Windsor. Komisch- phantastische Oper in
vier Akten nach Shakespeares gleichnamigem Lustspiel bot
Y. S. Mosenthal. Musik von Otto Nicolai. Musikalische Leitung
JJ Leo Blech. Spielleitung: Karl Holy. Anfan Uhr.
Schnuspielhanz. (Am Gendarmenmarkt.) Dienstag: 201. Dauet hezugsvorstellung. WMienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Pech Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) n freier Ueber tragung für die deutsche Bühne gestaltet von Vietrich Eckart. Muß von Edward Grieg. Musitkalische Leitung: Heinz Etthofen. Spiele leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6z Uhr. Mittwoch: Opernhaug. 190. Dauerbezugsborstellung. Dlens— und Freipläße sind gufgehoben. Der Rosenkavalter. Komöbb für Musik in drei Akten von n von Hofmannsthal. Must von Richard Strauß. Anfang 6 Uhr.
Schauspielhaus. 202. Dauerbezugsborstellung. Dienst. unt Frelylãtze sind aufgehoben. Coriolau. Historisches Drama in fünf Aufßügen (14 Verwandlungen) von Willlam Shakespegrc. Spiel leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Hilda Jaensch mit Hrn. Oswald Hainke (Tentschel Kr. , Kr. Jauer). — Frl. ern Müllet . ö. ö. . . 5 Fr. . Barth, . Nernst, m rn. Staatsoberförster Franz Garthaus (Wohlan ö , z ö mne 6, . mit Frl. Daria n roehli reslau). — Hr. Amtsgerichtsrat Dr. Schaetzke mi . (Pleß J
drosseltem Gasdruck, also während der Sperrstunden, das Kechen zu Durch eine automatische Zündvorrichtung wird dag ausströmende Gas stets sofort entzündet, wodurch nicht nur die Gefahr des Ausströmens beseitigt, sondern auch eine Ersparnis an Gas und Streichhölzern herbeigeführt wird. Ein weiterer Vorteil ist die Zeit⸗ ersparnis, denn man kann so in der kurzen Zeit, in der das Gas voll verfügbar ist, schneller, also auch mehr kochen.
Verantwortsicher Schriftlöiter: J. V: Weber in Berlin. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäfttstelle NRechnungsrat Mengerina in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle ( Mengerindg) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagganftal Berlin. Wilbelmstraße 32.
Von der englischen Behörde ift am 19. d. M. aus d telegraphisch mitgeteilt worden, daß die ersten der aus dem , .
Meer zurückkehrenden Schiffe zur Abholung der Kriegs- und Zivilgefangenen aus Aegypten verwendet werden sollen.
Drei Beilagen leinschließlich Börsenbeilage)
nd Erste, Zweite, Dritte und Vierte Sentral· Handel greg ter Beilage
o ge ,. zum Dent ee n . 2 216.
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 22. September
ö —
Aichtamtliches
Preußische Landes verfammlung. 51. Sitzung vom 19. September 1919.
Nachtrag. Die Rede, die bei der ersten Beratung des Gesetz⸗ entwurfs über Erhöhung der ESisenbahn⸗ gütertarife der Minister der öffentlichen Arbeiten
— )
Oeser gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren, die Gefühle, die hier zum Ausdruck kommen, teile ich durchaus. Es ist ein ungemein unerwünschter Vorgang auch von meinem Standpunkt und meinen wirtschaftlichen Ueberzeugungen aus, daß ich genötigt
bin, vor das hohe Haus mit einer derartigen Forderung zu treten. Wenn ich es tue, so geschieht das aus der absoluten Not⸗ wendigkeit heraus, die Einnahmen der Staatseisenbahn zu erhöhen. Die Möglichkeit, an die ich noch im Mai dachte, durch eine Förderung des Verkehrs, durch eine Steigerung der Betriebsein⸗
erwiesen. Sie scheitert nicht eigentlich an den wirtschaftlichen Verhält- nissen. Ich bin in der Hinsicht kein vollendeter Pessimist, ich bin eher der Meinung, daß augenblicklich die Möglichkeit für einen gesteigerten Betrieb bei der Staatseisenbahn im Personen⸗ und Güterverkehr gegeben wäre. Es macht sich ein allmähliches Anziehen des Wirtschaftslebens bemerkbar. Die Tatsache, die für die Volksernährung außerordentlich ungünstig ist, nämlich der absolute Tiefstand unserer Valuta, ist doch für die Belebung des Wirtschaftslebens insofern von Bedeutung, als die Ausfuhr dadurch gesteigert werden könnte, wenn wir nur arbeiten und wenn wir Rohstoffe haben. (Sehr richtig!)
In allen Industrien, in denen wir über eigene Rohstoffe ver—
fügen, sind wir imstande, die Ausfuhr zu steigern. An einem Absatz wird ᷣs nicht fehlen. Auch das Ausland hungert nach deutschen Erzeugnissen und deutschen Waren! (Hört, hört!) Wenn ich trotzdem nicht die erstrebte Verkehrssteigerung durchsetzen kann, so liegt das an äußeren Verhältnissen. Es liegt daran, daß wir nicht über genügendes Betriebsmaterial verfügen, insbesondere nicht über Lokomotiven. Wenn der Herr Abg. Paul Hoffmann gesagt hat, da stände eine Reihe von Wagen, die nicht benutzt werden, so ist das vollständig richtig. Ich habe 55 000 überflüssige Waggons, die ich nicht benutzen kann, weil es mir an Lokomotivkraft gebricht. Die Lokomotiven bekomme ich aus den Werkstätten nicht in dem Maße betriebsfertig heraus, wie ich sie unbedingt gebrauche. (Hört, hört) Das ist die eine der Schwierigkeiten, gegen die ich kämpfe, und wo ich dringend wünsche und hoffe, daß es uns in Uebereinstimmung mit den Arbeiter- organisationen gelingt, die Mittel zu finden, um eine gesteigerte Produktion wieder herbeizuführen. Die andere Schwierigkeit liegt in dem Mangel an Kohle Wir haben einen Güterverkehr von 55 bis 60 2 des vorjährigen. Wir haben im Personenverkehr 42 38 des Friedensfahrplans ge— fahren. Wir hatten die Hoffnung, allmählich weiter zu kommen, neue Züge einzulegen und dem Publikum die absolut wünschenswerten Be— quemlichkeiten zu bieten. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, weil wir keine Lokomotiven und vor allem auch keine Kohle hatten und der Reichskohlenkommissar alle 8 Tage eine dringende Mahnung an uns richtete, den Zugverkehr noch weiter einzuschränken, weil es unmöglich sei, für den beschränkten Verkehr die Kohle zu beschaffen.
Also, meine Damen und Herren, die Möglichkeit der steigenden Einnahmen wären vorhanden, wir könnten den Personen⸗ und den Gülerverkehr weiter entwickeln, es geht aber nicht, weil wir an der Härte der Tatsache scheitern, an dem Mangel an betriebsfähigen Loko— motisen — nichtbetriebsfähige Lokomotiven sind nämlich in Massen vorhanden — und an dem Mangel an Kohle. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einen Ausgleich darin zu finden, daß wir die Ein⸗ nabmen auf einem anderen und weniger erwünschten Wege steigern, nämlich auf dem Wege der Tariferhöhung. Diese Tarif erhöhungen schneiden tief in das gesunde Fleisch des Wirtschafts. körpers ein. Denn nicht nur das, was Ihnen vorgelegt worden ist, wobei Sie auf Grund der bestehenden Gesetze mitzubestimmen haben, nickt allein eine Erhöhung der Normaltransportgebühren des Güter tarifs muß durchgeführt werden, sondern auch eine entsprechende Er⸗ höhung der Personenfahnpreise, die gleichfalls im Durchschnitt 50 z ausmacht. Dazu sind wir genötigt gewesen, die Mehrzahl der be—⸗ stehenden Ausnahmetarife aus anderen Ursachen aufzuheben, so daß gleichzeitig eine Erhöhung der Tarife und eine Beseitigung der wichtigsten Ausnahmetarife, also eine doppelte Besteuerung des Ver- kehrs, erfolgt. Ueber die Gründe kann ich Ihnen im Haushaltsaus schuz nähere Auskunft geben. Sie liegen zu einem Teil in der Not wendigkeit, die eigenen Einnahmen zu steigern, zum Teil liegen auch andere Ursachen vor.
Die Entwicklung der Einnahmen ist, trotz der bisher dorgenommenen Tariferhöhungen, bisher keine günstige gewesen. Nach dem Abschluß bis Ende Juli war im Personenderkehr trotz der erfolgten Erhöhung der Tarife eine Mindereinnahme im laufenden Betriebsjahre von A5 Millionen, bei dem Gütewerkehr eine Minder einnahme von 49 Millionen vorhanden. Der August hat sich eine Kleinigkeit besser gestellt, er hat eine Erhöhung um 9,84 . im Per- sonenderkehr gebracht, da aber die Erhöhung der Personentarife 30 3. ausmacht, ist es gegenüber dem rechnerischen Soll immer noch ein Minderertrag. Bei den Gükertarifen, wo die Tariferhöhung bisher 60 2, ausmacht, beträgt das Plus 3'235 ., also auch hier gegen den Voranschlag ein erhebliches Zurückbleiben der Einnahmen.
Dazu kommen die außergewöhnlichen Steigerungen der Ausgaben. Nehmen wir nur die Kohle an. Wir zahlten für Ruhrkohle zu Anfang 1914 12,30 S und zahlen gegenwärtig 68,90 S hört, hört i, und zu diesen 68,90 „66 sollen nun neue Zuschläge von 45 „ für die Tonne Kohle treten, was für uns wieder 700 Millionen Mehr- ausgabe bedeutet. (Hört, hört) Das ruiniert natürlich jeden Etat, es macht es unmöglich, eine geordnete Rechnungsführung durch nuflhwen. Auherdem ist die Kohle erheblich slechter als in Frichenz⸗
ringer würde
zeiten, wir bekommen nicht die Sorten, die wir in Friedenszeiten bekommen haben, wir haben bis zu 20 735 Berg in den Kohlen, also unbrauchbares Zeug, das aber mitbezahlt werden muß. Die ober- schlesische Kohle ist in derselben Zeit von 12 4 auf 6950 4 im
reise gestiegen. Ganz ähnlich verhält es sich natürlich mit allen anderen Preisen. Die Schienen hatten im Jahre 1914/15 einen Grundpreis von 114 M, für September / Oktober 1919 zahlen wir 750 ½ für die Tonne. Aehnlich verhält es sich mit dem übrigen Eisen. Die Schwellenpreise sind seit Jahvesfnist wieder um 100 3 gestiegen, die Oelpreise steigen mit, und so geht es unausgesetzt weiter, so daß wir — das möchte ich Herrn Abgeordneten Paul Hoffmann zu bedenken geben — mit der Tariferhöhung nicht etwa ein Geschäft für die Staatseisenbahnen machen, sondern damit nur einen Teil des Fehlbetrages, aber keineswegs den Fehlbetrag vollständig decken. Würden wir wie ein Kaufmann rechnen, so müßten wir auch einen Gewinn von vielleicht 10 3 mitveranschlagen, dann kämen wir aber zu einer Tariferhöhung nicht von 50 25, sondern von 150 *. (Hört, hörth Gine derartige Erhöhung stände auch wiederum nur auf dem Papier, denn sie wirkte doch so einschneidend auf den Verkehr, daß nicht etwa 150 73, Mehreinnahmen sich daraus ergäben, sondern nur ein Bruchteil der Mehreinnahme, weil der Verkehr entsprechend ge⸗
Also alles, was sich volkswirtschaftlich gegen diese Vorlage sagen läßt, wissen und sehen wir alle, und doch haben wir alle die Empfindung, daß wir trotzdem in den sauren Apfel beißen und die Vorlage annehmen müssen. Ich will nicht verhehlen, daß verschiedene Bundesstaaten den dringenden Wunsch gehaßt haber, eine stärkere Er— höhung herbeizuführen, eine Erhöhung von 100 8c, und daß auch aus industriellen Kreisen an uns die Mahnung ergangen ist, doch, wenn wir jetzt zugreifen, nicht zaghaft zu sein und statt der 50 gleich 100 35 oder noch etwas mehr zu nhemen, damit der Fehlbetrag voll- ständig abgebürdet wird. Wir haben geglaubt, aus den angegebenen volkswirtschaftlichen Erwägungen diesen Weg nicht beschreiten zu sollen, sondern uns mit den Ihnen unterbreiteten Vorschlägen zu begnügen. .
Immerhin sind die Erhöhungen doch so stark, daß, wenn Sie die Zahl der Friedenstarife gleich 100 setzen, wir jetzt zu einem Preise von 276 kommen. Dazu treten dann noch 19 M für die 7 * ige Verkehrs ⸗ steuer, so daß also aus dem Ganzen sich eine erhebliche Mehrbelastung der Volkswirtschaft ergibt. Dabei ist aber in Betracht zu ziehen, daß andere Güter in ihrem Preise entsprechend mehr gestiegen sind, als die Beförderungskosten jetzt gesteigert werden, und das vielfach Anfuhr und Abfuhr zur und von der Eisenbahn heute kostspieliger sind als wie die Beförderung auf der Eisenbahn selbst, und daß auch im Per—⸗ sonenderkehr die Reisenden, wenn sie am Bahnhof sind, schon mehr ausgegeben haben, als sie das Billett nachher kostet. Immerhin wird der Personenverkehr entsprechend stark herangezogen. Die vierte Klasse, deren Friedenspreis 2 J pro Kilometer betrug, muß auf 45 8 ge⸗ steigert werden, die dritte Klasse von 3 8 auf 7215 8. D. h. mit dürren Worten, daß die dritte Klasse jetzt mehr zahlt, als die erste Klasse während des Friedens bezahlt hat, weil der Friedenspreis der ersten Klasse 7? 3 war. Die zweite Klasse wird von 45 8 auf 11,97 3 steigen, und die erste Klasse von 7 auf 22 8 für den Kilometer.
Das sind ganz anständige Sprünge, und wenn Sie sich das an einzelnen Beispielen klar machen wollen, so sehen Sie erst, wie stark die Sleigerung ist. So wird gegenüber dem jetzigen Preis ein Billett von Berlin nach Stettin in der vierten Klasse von 42 „ auf 6,3 M gesteigert, in der ersten Klasse von 244 auf 366 „ für die einfache Fahrt. Die Fahrt von Berlin nach Basel wird in der vierten Klasse von 26,7 M auf 40,1 6 gesteigert, in der dritten Klasse von 42,8 auf 64,2 M, in der zweiten Klasse von 709 auf 106,4 4 und in der ersten Klasse wird das Vergnügen, von Berlin nach Basel zu fahren, künftig statt 159,8 1 239,7 M für die einfache Fahrt kosten.
Nun kann man nur sagen: so fühlbar diese Steigerungen sind, so können sie doch gegenwärtig leichter ertragen werden als in normalen Zeiten, weil die Preise ja gegenwärtig nichk die Rolle spielen, die sie sonst gespielt haben. Herr Abgeordneter Dr. Schmedding hat gesagt, im Inlande würde es sich tragen lassen, denn die anderen Preise stiegen ja auch; man frage ja heute kaum noch, wie hoch der Preis für eine Ware sei, wenn man nur die Ware bekommen könne. Er hat aber das Bedenken ausgesprochen, daß die Steigerung für die Ausfuhr einschränkend sein würde. Dieser Meinung bin ich nicht, ich glaube, daß sich die Steigerung viel mehr für den Lebensmittelverkehr im Inlande bemerkbar macht als für Ausfuhrgüter. Denn bei den Aus—⸗ fuhrgütern wirkt die schlechte Valuta so ansaugend, daß derartige Sätze zurzeit garnicht in Betracht kommen.
Für den Personenverkehr werden wir insofern eine Erleichterung einführen, als wir die Arbeiterwochenkarte umbilden. Es war eine berechtigte Klage weiter, besonders intellektueller Kreise, daß für die mit mechanischen oder Handarbeiten beschäftigten Per sonen, also Arbeiter im engeren Sinne in Gestalt der Arbeiterwochen⸗ karte gesorgt sei, sie aber, wenn sie nicht in einem solchen Arbeitsverhält ˖ nis stünden, von der Vergünstigung dieser Karte keinen Gebrauch machen können. Wir werden nun eine Wochenkarte für die vierte Klasse ein⸗ führen. Bei der Preisbemessung hierfür wird ausgegangen von dem Preise einer Monatskarte vierter Klasse plus 50 3. Diese Monats karte zerlegen wir in Wochenkarten, die 7sao des Monatskartenpreises kosten werden. Diese Wochenkarte soll aber nicht allein den Arbeitern zugänglich gemacht, sondern allgemein zur Verfügung gespbellt werden, so daß das große Publikum davon Gebrauch machen kann. Es tritt dabei eine ganz kleine Verteuerung gegenüber der bisherigen Arbeiter wochenkarte auf die nahen Entfernungen bis zu 13 Kilometer ein. 13 Kilometer würden bei einem 50. Rigen Zuschlag auf die Arbeiter⸗ wochenkarte jetzt 240 AM kosten, während die neue Wochenkarte 2,50 in der Woche kostet. Von da ab tritt eine Ermäßigung ein. Bei 15 Kilometer ist es gleich, bei 13 Kilometer beträgt sie 15 Pf., bei 20 Kilometer 80 Pf. gegenüber der sonstigen Bildung. Dafür wird aber die Wochendarte feine Begrenzung insofern enthalten, als die
Fahrt leliebig att und auch am Sonntag gemacht weiden darf.! Gg
Neichs anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.
1861S.
wird eine andere Kontrolle eingeführt, da die gegenwärtige Kontrolle absolut versagt hat und schon aus dem Grunde eine Aenderung not⸗ wendig war. Daneben soll die Arbeiterrückfahrtkarte, die nur für die einmalige Fahrt zwischen Arbeitsort und Wohnort gilt, aufrecht erhalten werden, weil sie durch diese neue Wochenkarte nicht gedeckt wird. Ich hoffe, daß von dieser Einrichtung die Siedlungspolitik gewisse Vorteile haben wird.
Nun, meine Damen und Herren, habe ich kaum Veranlassung, auf das, was in der Debatte geäußert worden ist, näher einzugehen; denn im großen und ganzen sind wir in der Auffassung dieser Vorlage alle einig. Ich möchte aber doch einige Ausführungen zu den Mit- teilungen machen, die Herr Abgeordneter Paul Hoffmann über Kohle und Schü ffsverkehr hier vorgetragen hat. Herr Abgeordneter Paul Hoffmarn kann recht haben, daß vielleicht 2 000 Gisenbahn⸗ waggons Kohle auf den Halden liegen. Im Ruhrgebiet liegt etwas Kohle auf der Halde, weil sich die Gruben nicht vollständig von Kohle entblößen wollen, also selbst den Wunsch hegen, einige Vorräte liegen zu haben, wenn irgendein Maschinendefekt oder ein Streik eintritt, damit sie dann nicht vollständig blank sind. Die Halden⸗ vorräte an der Ruhr sind deshalb kaum nennen wert. Etwas anders liegt es allerdings in Oberschlesien. Dort haben die Vorräte auf den Halden zugenommen, und diese Kohlen müssen in den Verkehr kommen. Aber 72 000 Waggons sind absolut keine erschreckende Zahl, wenn sie bedenken, daß wir im Frieden täglich 50 M0, 0 000 Waggons Kohle abgefahren haben, daß wir auch heute mit diesen Vorräten, wenn wir sie allein abzutransportieren hätten, in zwei, höchsten drei Tagen fertig wären. Dann macht allerdings Herr Abgeordneter Hoff⸗ mann einen Denkfehler, wenn er sagt, es wäre möglich, nun immer sobiel Kohle abzufahren. So ist es nicht; denn wenn die Halden gereinigt sind, dann ist eben dieser Vorrat nicht mehr vorhanden, er wird nicht erneuert, denn die Kohle, die produziert wird, fahren wir glatt ab.
Dann ist es auch richtig, meim Damen und Herren, daß sich zwischen der Abfuhr auf der Cisenbahn und mit den Schiffen Schwierig- keiten ergeben haben. Es ist Tatsache, daß in Kosel ungenutzter Schiffs- raum dorhanden war (hört, hört! bei den Unabhängigen Sozialdemo⸗ kraten), daß ich als Eisenbahnminister den lebhaftesten Wunsch gehabt habe, daß dieser Schiffsraum auch benutzt werden soll, damit die Eisenbahn in ihren Transportpflichten in dieser schwierigen Zeit er- leichtert wind. Aber die Eisenbahn war dazu nicht in der Lage, weil die Anweisung über die Beförderung der Kohlen nicht von den Kohlen- magnaten, wie Herr Abgeordneter Paul Hoffmann zu meinen scheintz auch nicht von der Eisenbahnverwaltung ausgehtz, sondern von dem Reichskohlenkommissar. Wenn der Reichskohlenkommissar nicht die Anweisung gibt, wohin die Kohlen abgefahren werden sollen, micht die Abfuhnerlaubnis erteilt, dann kann weder die Gisenbahn noch die Schiffahrt diese Kohlen transportieren. Der Reichskohlenkommissar hat aus nicht unbeachtlichen Gründen Nachdruck darauf gelegt, daß die Abfuhr der Kohle durch die Cisenbahn erfolgen müsse, weih durch dig Beförde tung mit dem Kahn ein leerer Raum von etwa 14 Tagen eingebreten wäre. Neborall in den Gaswerklen, in den Elektrizitäts- werken, in der Industrie fehll es an Kohle; und wenn mer die Kohlen erst nach Kosel gefahwen und dortz auf das Schiff verfwichtet wordey wären, dann wären alle diese Werke vorübergehend zam Stillstand gekommen, sie hätten in der Zwischenzeit bis zur Ankunft des ersten Kahnes keine Kohlen bekommen. Deshalb hat der Reichskohlen-⸗ kommissar verlangt, daß die Kohle von uns, soweit wir es damals leisten konnten, in die notbkeidenden Bezirke gefahren werden müsse. Diese Transporte waven für uns sehr viel unbequemer als in Friedens⸗ ziten; denn wegen der polnischen Besetzung müssen wir weite Umwege fahren; wir haben die größten Schwierigkeiten, das Liermatenial nach Oberschlesien zu bringen; wer müssen Bahnhöfe benutzen, bei denen die Durchfahrt sehr unglücklich ist, weil sie auf diesen Verkehr nicht ein⸗ gerichtet sind. Hier liegt also eine Fülle von Betriebsschwierigkeiten vor, die eine flotte Kohlenabfuhr verhindern.
Als mir diese Verhältnisse zum erften Male dargelegt wurden, habe ich sofort erklärt: wir müssen diese alten Bestände unter allen Umständen abfahren; denn ich will nicht die Verantwortung auf mich nehmen, daß die Kohlen an einer Stelle fehlen, während sie an einer anderen Stelle liegen bleiben. Ich will auch den Berg- arbeitern gegenüber nicht die Verantwortung tragen, daß sie sagen könnten, man rede ihnen tagtäglich vor, sie sollten arbeiten, sie müßten Kohlen fördern und diese würden dann auf die Halde ge- schafft; es war deshalb ganz selbstverständlich, daß die Kohle weg- gebracht werden mußte, damit eine flotte Arbeit nicht behindert wird. Wir haben deshalb den Vorschlag gemacht, einen Pendelverkehr von Gleiwitz Kattowitz nach Kosel zu führen und außer der Kohle, die zum unmittelbaren Verbrauch bestimmt ist, noch ein Plus an Kohlen für den Umschlagsverkehr abzufahren. Darüber ist zu meinem Be- dauern etwas länger verhandelt worden, als wünschenswert war. Es erschien notwendig, die für den Wasserverkehr günstig gelegenen Gruben diesem vorzubehalten und aus den für den Eisenbahnverkehr günstig gelegenen Gruben die Kohle mit der Bahn abzufahren. Jetzt ist man zu einem Eiwerständnis gekommen; aber ich fürchte, daß gegenwärtig der Wasserverkehr durch den schlechten Wasserstand un⸗ günstig beeinflußt werden wird.
Hier haben also keineswegs kapitalistische Gesichtspunkte und Rücksichten auf die Kohlenmagnaten mitgesprochen. — Diesen liegt natürlich nur daran, möglichst viel Kohle loszuwerden. — Es haben technische Schwierigkeiten vorgelegen. Auch die Tariffrage hat keine Rolle dabei gespielt. Allerdings ist die Abfuhr auf dem Wasserwege heute teuver als bei der Eisenbahn; aber jeder, der Kohle bekommen kann, würde nach meinem Dafürhalten heute mit Vergnügen den erhöhten Tarif zahlen, weil er ja durch die Anlieferung von Kohle seine Arbeit fortsetzen kann und nicht zur Stillegung seines Betriebez gezwungen ist. Also diese Dinge haben meines Erachtens nicht mit= gespielt, sondern entscheidend sind da nur die dargelegten technischen
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