Wohl fahrt fl ege.
Der deutsche Vollshausbund C. V. und die Soziale Arbeits-
2inschaft Berlin erlassen folgenden von zahlreichen nambaften ersönlichteiten des öffentlichen Lebens mitunterzeichne ten Aufruf ür ein Volkshaus in Berlin⸗Ost:
Nie ist unserem Volte die Notwendigkeit einer klassenversöhnenden Arbeit deutlicher vor Augen geführt worden als in diesen Tagen! Schon mehrere Jahre vor dem Kriege haften die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin. Dst in dem Viertel am Schlesischen Bahnhof Wohnung genommen, um in allem das Leben der dort wohnenden Bevölkerung zu teilen und insbesondere das Vertrauen ihrer Nachbarn aus dem Krbeiterstan?de zu gewinnen. Zu unserer Freude ist uns das in weitgehendem Maße gelungen. Unter den von uns aufgensmmenen Arbeltsgebiefen ift besonders die in engster Fühlung mit den Eltern erfolgende Zugendarbeit zu großem Umfang angewachsen. Abgeseßen von
nderten von Jugendlichen, die uns als Schutzbefohlene nahestehen, aben sich über zwanzig Jugendklubs gebildet, die eine freie Jugend⸗ bewegung darstellen. Die Arbeit hat jedoch bisher ⸗ unter einem schweren Mangel gelitten: es fehlten ihr die geeigneten Räumlich⸗ keiten. In acht verschiedenen Wohnungen der Fruchtstraße befinden sich die Mietsräume für die Geschäftsstelle und die weiblichen . der Arbeit; in einem alten Hause am Ostbahnbof ist die Männerarbeit untergebracht. Es fehlen uns nicht nur größere Ver- sammlungsräume, sondern auch die vorhandenen kleinen Räume sind in ihrer Art und Ausstattung für volkserzieherische Zwecke völlig un— geeignet. So planten wir schon vor dem Kriege den Bau eines Volkshauses, das alle Zweige der Arbeit in sich aufnehmen sollte. Der Krieg verhinderte die Fortführung des Planes. Jttzt aber ist keine Zeit mehr zu verlieren, zumal das Haus neben den Verfamm— lungs- und Geschäftsräumen des Vorderhauses in den Querhäusern au Kleinwohnungen für Arbeiter und Studenten ent—
halten soll, die sofort gebraucht werden. Wir wollen in dieser Weise zugleich der Stadt, an deren innerem Aufbau wir mitarbeiten, einen Dienst bei dem geplanten
Neuaufbau leisten. Diejenigen, die an erster Stelle zu der Ermöglichung des Baues beigetragen haben, sind die Mitarbeiter von Berlin ˖ Dst, die im Felde gestanden haben. Manche Gefallene haben Löhnung und Gehalt, manche Gefallene ihren Nachlaß für das Volkshaus Berlin Ost gegeben. So ist uns das Haus seit der ersten solchen Gabe im Frühjahr 1915 ein Erinnerungsdenkmal derer geworden, die für Leben und Einigkeit des deutschen Volkes in den Tod gegangen sind. Nachdem wir so im engsten Kreise unserer Mitarbeiter und Freunde den Grund des Volkshäuses gelegt haben, treten wir jetzt gemeinsam mit dem deutschen Volkshausbund an einen weiteren Kreis unseres Volkes heran mit der herzlichen Bitte, uns zu helfen. Viele ,. in den letzten Monaten den Glauben an das deutsche Volk verlorei,; durch das gemeinsame Werk des Wiederaufbaus wollen wir ihn für einander neu gewinnen.
Gesundheitstwesen, Tierkrankheiten u nd Abfsperrnngs⸗ ma sßregeln. ag mr ng über den Stand von Viehseuchen in Deutsch-Oesterreich am 24. September 19189. (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen)
ö Schioe bi ·¶¶ Rotlauf * iet Kiauen⸗ gl ae der * seuche feucde) Schweine 22 ; s . . 3 ö DJDahl der Verseuchlen EK 81 8 * * 3 3 5 8 2 ü ö D218 — 8 2 83 23 8 , * 5 15 15 436 6. J LSI / 1 1Niederöstertelp ..... 1 1 — — 5 Mis 20 2 2 * . ö 69 5 l 3 12 1 38 3 , k 2 39 * 4 . 666 1 2 . 6 17 27 5 1 Oherosterrelch . k, . 3 3 8 1 5 6 2 (. V2... . . — — — — w 8 7 3 é 0 9 e,, . 2 13 3 . . 8 Gal knigge — 24 177 — — — — 9 1 Steiermark. ...... — 5 27 2 44 12 16 2 ö V — — — 1 . 113 !. J 11 11 — — 14 285 , J 13 2 . 8 8 C — — , 363 53 6 16 1 Cirol 4 , ,, 7 36 3 n . . 17 2 * 2 2 2 0 2 . 1 2 6 . . 18 3 * B 9 , 8 34 . ö enn, 26 wo nennt, (i tis
9 ! Die periodische Nachwelsung über den Stand von Vlehseuchen ist für Ungarn seit dem 23. Juli und für Kroatien⸗Slavonien sett dem 17. Jull 1918 in der bisherigen Ausfertigung — ungarisch⸗deutsch — nicht eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die ubrigen öster⸗ reichischen Länder. JZusammen Gemelnden (Gehöfte):
Rotz 3 (3), Maul- und Klauenseuche 95 (6167. Schweinepest (Schweine seuche) 57 (110), Rotlauf der Schweine 127 (21235.
Lungen seuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe und Beschaͤl⸗ seuche der Zuchtpferde sind nicht aufgetreten.
Titeratur.
— Der Professor Dr. 2. Günther — Gießen, der bereits im Jahre 1905 eine kleine Schrist üher Das Roiroelsch des deutschen Gauners“ (Straßburg i. Els. bei K. J. Trübner) herausgegeben bat und seither dieses kultur⸗ und sprachgeschichtlich fesselnde Stoffgebiet in einer Reihe von Aufsätzen und Eiheluntersuchungen weiter bearbeitete, hat die bisherigen Ergebnisse seiner Forschungen nunmehr in einer Schrift Die deutsche Gaunersprache und verwandte Geheim⸗ und Berufssprachen“ zusammengefaßt (Verlog von Quelle und
In der am
ö — An einem den Forderungen der Gegenwart gerechtwerdenden, uverlässig beratenden Führer bei der Berufswahl des heran- vachsenden Frauengeschlechts hat es bisher gefehlt. Diese Lücke wird in dankenswerter Weise von einer Schrift ausgefüllt, die der Direktor des städtischen Lozeums mit Frauenschule in Duedlinburg Dr. phil. Arnold Knoke unter dem Titel Was soll unlere Tochter werden?“ heraus— gegeben hat. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig. Geh. 3 , geb. 4 M.) Von den bestehenden Schulformen ausgehend, bietet dle Schrift einen Einblick in die Berechtigungen, die an die Absolvierung ämtlicher Arten von Mädchenschulen in Deutschland geknüpft sind. Das Buch sei Eltern und berufssuchenden jungen Mädchen empfohlen.
— In einem neuerschienenen Heft der „Deutschkundlichen Bücherei! hat der Professor an der Üniversität in Freiburg 1. B. Dr. Friedrich Kluge das Hildebrandslied, das Lud wigslied und die Merseburger Zaubersprache heraus gegeben, übersetzt und erläutert. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig, *ñ 1,40. Wer diese wichtigsten Reste unseres altesten Schrifttums gründlich kennen lernen will, findet in dieser muster— gulligen Ausgabe alles zusammengefaßt, was die erkenn für das Verftändnis dieser altdeutschen Dichtungen beigebracht hat.
Verkehrs me sen.
Zeppelin-Schwedenfahrt mit Funkt ele graphie. Für die am 8. Ottober erfolgte Fahrt des Zeppelin⸗Luftschiffes „Bodensee“ nach Schweden ist vom Reichspostininisterium eine
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ununterbrochene funktelegraphische Verbindung eingerichtet worden. Die deutsche Funkstation Staaken bei Berlin und die
schmedische Funfstation Waxholm standen im funktelegraphi⸗ schen Verkehr untereinander sowie mit dem Luftschiff, um alle wichtigen Nachrichten über die Schiffsbewegung sowie Weltermeldungen usw. sowohl mit dem Start⸗ und Landungsplatz als mit dem Luftschiff selbst auszutauschen und so die Sicherheit des Luftschiffes und der Fahrgäste ganz wesentlich zu erhöhen. Die „Bodensee“ hatte bis ä gef; jur Höhe von Bornholm Verbindung mit Deutschland; schon einige Zeil vorher hatte fie auch schon die Signale von Schweben erhalten, sodaß ihre funktelegraphische Verbindung keinen Augenhlick aussetzte.
Tas Lufischiff war auch mit Einrichtung für drahtlosen Fernsprecher mit einer Reichweite bis zu 200 km versehen.
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Funkverkehr mit dem Auslande. Nachdem das Reichs postministerium den Funtoerkehr mit Amerika und Spanien so erweitert hat, daß Telegramme nach diesen Ländern bei (len Poftämtern aufgeliefert werden können, ist jetzt auch ein Versuchs verkehr mit Schweden und der Schweiz dusgenommen worden.
Nach der französischen Zone der besetzten Rheingebiete (ausgenommien Elsaß⸗Lothringen und das Bruͤckenkopfsgebiet von Kehh ist der Versand von Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern mit der Post aus dem unbesetzten Deutschland jetzt wie folgt geregelt.
Es find zugelassen; 3. geschäftliche Drucksachensendungen (Kataloge, Preisperzeichnisse, Tarife) allgemein; b. Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Bücher als Drucksachéen⸗
and als Postpatetsendungen lediglich an Buch— händler, ,, und Zeitungs agenturen. Von jeder Nummer der auf diese Weise ein geführten Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren haben die Ver— leger ein Stück an den Generalstab der 10. Armee (Pressebüro) in . einzusenden Die Vorschrift, wonach ücher ˖ usw. Sendungen für Buchhändler in der französischen Zone an den Bürgermeister ihres Wohnorts gerichtet werden müssen, fällt weg. Von anderen Empfängern als Buchhändlern, Bahnhofshuchhändlern und Zeitungsagenturen dürfen die Gegen⸗ slände unter b. unmittelbar in Postsendungen nicht bezogen werden. Im Postbezugswege sind Zeitungen und Zeitschriften zur Einführung in die französische Besatzungszone nur mit ausdrücklicher Genehmigung der französischen Besatzungsbehörden erlaubt. (Anträge der Verleger sind an den Generalstab der 10. Armee (Pressebüro in Mainz zu richten Die bereits erteilten Genehmigungen gelten noch, jedoch un⸗ n . etwaigen Widerrufs durch die französischen Besatzungs⸗ behörden.
Der Privattelegrammverkehr mit dem von den Polen kesatzten preußischen Gebäet ist wieder zu— gelassen. Die Annahme der Telegramme geschieht auf Gefahr des
Absenders und bis auf weiteres zu den innerdeutschen Gebühren.
Nr. 81 des Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten am 4. Ok— tober 1919, hat folgenden Inhalt: Amtliches: n — Nichtamtliches: Die neuen Kasernen in Karlowitz bei Breslau. — Luftschraubenantrieb für Wasserfahrzeuge. — Vermischtes: Er⸗ gänzung zum Entwurf des Reichshaushastss für 1919. — Zwelter Nachtrag zum preußischen Staatshaushalt für 1919. — Bücherschau.
rater und Mufsik.
Im Opern! * wird morgen, Freitag, Fidelio“ mit den Damen Wildbrunn, Sar und den Herren Kirchner, Stock, van de Sande und Philipp in sen Hauptrollen aufgeführt. Dirigent ist der Kapellmeister Otto Mack. Anfang 7 Uhr.
Im Schauspielhause wird morgen Egmont“, mit den Damen Neff, Conrad und den Herren de Begt,. Sommerstorff, von Ledebur, Vegyermann, Boettcher, Keppler, Eichholz, Eggeling, Winter und Pohl besetzt, aufgeführt. Spielleiter ist Dr. Rein—⸗ hard Bruck. Anfang 6z Uhr. Ein Kartenverkauf findet hierzu nicht statt, da über jämtliche Plätze bereits verfügt ift. — 14. d. M. stattfindenden Neueinstudterung von „Maria Stuart“ sind die Damen Lucie Höflich, Agnes Straub
Meyer in Leipzig; geh. S 6, geb. 5 46). Die Schrift verdient nicht
und Martha Hartmann sowie die Ferren Karl Clewing, Fritz
nur die Anteilnahme des Forschers, sie dürfte vielmehr auch weitere Kortner, Arthur Kraꝛ meck, Hermann Leffler, Albert Pafry und reise deg Laien hubkikumz interefsieren. In dieser Voraussicht hat der Walter Werner beschäftlgt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck.
Verfasser bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit doch darauf Verzicht geleistet, sie mit u he , Quellen⸗ und Literaturangaben zu allen Einzelheiten zu beschweren. Die wichtigste Spezialliteratur findet der Leser in Fußnoten und in besonderen Zusammenstellungen. Der 66 Sioff ist in vier Hauptabschnilte gegliedert: Deutsche Gaunersprache und verwandte Geheimsprachen, die sogenannte Kunden sprache (Land⸗ streichersprache), die Scharfrichter sprache und die deutsche Gemein— sprache (mit Berücksichtigung der Geheim- und Berufesprachen). Mit großer Sachkenntnis und Gründlichkeit hat der Verfasser den Sprach⸗ schatz der Ausgestoßenen der Gesellschaft und der unehrlichen Leute“, eben o aber den der einzelnen Standes⸗ und Berufsgruppen gesammelt und im sprach⸗ und kulturgeschichtlichem Zusammenhang dargestellt. Der Entwicklungsgang ist bis in die Gegenwart verfolgt, die namentlich eine, Bereicherung der Soldatemprache im Weltkrieg zeitigte. Sorg ⸗ fältige, der Schrift angehängte Wörterverzeichnifse erhöhen deren
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Vtanunigfaltiges.
Gestern mittag verübte der aus Oesterreich stammende Leder— arbeiter Voß auf den Abgeordneten Haase einen Re volper⸗ anschlag. Der Attentäter wurde verhaftet. Aus seiner Ver⸗
aus persönlichen Beweggrünben gehandelt hat; er scheint an Queru— lanten- und Verfolgungswahn zu leiden. Die ärztliche Unter—⸗ suchung des Abgeordneten Haase ergab, wie W. T. B. mitteilt, am rechten Bein einen Durchschuß des Unterschenkels sowie einen Steck— schuß im Oberschenkel; eine Schramme am Ellbogen ist augenschein⸗ lich durch Sturz verursacht. Der Zustand des Verwundeten läßt seine Wiederherstellung in etwa acht Tagen erwarten. Der Reichs. präsident und der Reichskanzler haben der Frau Haase aus Anlaß
Bert. Mitz der Bearbeitung eins vollständigen Wörterbuchs der des Anschlages telegraphisch ihr besonderes Bedauern ausgesprochen.
Geheim sprachen ist Professor Dr. Günther beschäftigt.
nehmung ging hervor, daß er nicht aus politischen, sondern lediglich
7 ; ö — ö
Das gestern frũh um 5us. Uhr in Staaken aufgestiegene t schtff . Boden see * landete W. T. B. zufolge um 1 Uhr tin Stockholm, wechselte die Fahrgäste u d trat um 2 Ühr den Rückflug an. Es langte Abends 11 ÜUhr 30 Min' mit seinen 22 Fahrgästen ohne Zwischenfall wieder in Staaken an.
Ein Großflugzeung der Deutschen Luftreederei, das zu kurzem Besuch in Am sterdam weille, legte auf dem Rüdcfluge
die Strecke Amsterdam — Berlin in 415
ö Stunde zurück.
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Im Höͤrsaal der Urania“ beginnen die wissenschaft. lichen Vorträge am Dienstag, den 14 d. M., mit der Ver!
tragsreihe ven Professor Dr. Schwahn über „den Kreislauf des Welt. alls! und einer für angebende Techniter bestimmten Vortragsreihe
über die Grundzüge der Differential- und Integralrechnung. Aus
führliche Verzeichnisse über die Hörsassporträge find an der Kasse der Urania“ erhältlich oder werden auf Wunsch kostenlos zugesandt.
Frankfurt a. M., 9. Oktober. (W. T. B.) Die Frank. furter Zeitung erfährt aus Madriv, daß die in Ferrol internierten Mannschaften von d 23 und U 23 freigelassen wurden.
Trier, 8. Oktober. W. T. B.) In einem Benzinlager im Un io n- Hotel bei Cochem erfolgte gestern eine Ex. plosion durch die zwölf Personen teils schwer, teils leicht verletzt wurden. Ein amerikanischer Kraftfahrer brachte trotz eigener schwerer Verletzungen sämtliche Verunglückte in seinem Automobil irz Krankenhaus.
Hamburg, 8. Oktober. (W. T. B.) Heute ist in Cux— hapven der Dampfer Melilla“ mit 357 ien. gefangenen aus England angekommen.
Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) Heute wird eine Anordnung erscheinen, nach der neue Sparmaßnahmen im Kohlen“ verhrauch ab 12. Ottober in Kraft treten. U. a. wird der Straßenbahn betrieb um iz Uhr Abends eingestellt, Gasthäuser und Kaff eehãuser dürfen von 8 Uhr ab nur Azetvlen vawenden. Die Spiel. zeit für Theater wird auf drei Stunden beschränkt, der Gasverbrauch in den Haushaltungen eingeschränkt.
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Rotterdam, 8. Oktober. (W. T. B.) Der frühere Lloyd— dampfer „Prinzessin Irene, jetzt „Pocahontas“, ift . abend aus New Jork mit 1853 deutfchen Kriegs. gefangenen und 326 aus den Vereinigten Staaten ausgewiesenen deutschen Bürgern, darunter 49 Frauen und 11 Kindern, in Rotter—⸗ dam eingetroffen. Die Weiterreise mit der Bahn nach Deutschland erfolgt heute.
Am sterd am, 8. Oktober. (W. T. B) Nachrichten aus Elena, Kansas, zufolge, enthüllten dort verhastete Reger, daß der Plan bestand, einen Aufruhr der Neger anzufachen und die Weißen zu ermorden. In einer Schule in Arkansas wurden hierzu 560 000 Patronen bereit gehalten.
Kopenhagen, 8. Oktober. (W. T. B) Die hiesigen Zeitungen melden aus Christiania, daß die Volks abstim« mung eine bedeutende Mehrheit für die Einführung des Al(koholverbots in Norwegen ergeben hat. Bis 1 Uhr Nachts waren gezählt: 424 09009 Stimmen für das Verbot und 287 090 Stimmen dagegen. Die Zahl der Stimmaberechtigten betrug eine Million, doch dürfte die Abstimmung mit einer großen Mehrheit, man rechnet mit 150 000 Stimmen, für das Verbot abschließen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater.
Opernhaus. (Unter den Linden.) Freitag: 205. Dauer bezugsvorstellung. Dienst und Freiplätze sind aufgehoben. Fidelio. Oper in zwei Akten von Ludwig van Beethoven. Text nach dem Französischen von Ferdinand Treiischke. Zu Änfang: „Ouvertüre zu Fidelio“. Vor der letzten Verwandlung: „Ouwertiire Leonore (Nr. 3)“. Musikalische Leitung: Otto Urack. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 75 Uhr.
Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 2. Karten⸗ reserpesatz. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst- und Freiplätze sind aufgeheben. Egmont. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Goethe. Musit von Beethoven. Mufikalische Leitung: Heinz Etthofen. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. i . 67 Uhr. (Ein Kartenverkauf für diese Vorstellung findet nicht s da über sämtliche Plätze bereits verfügt worden ist.)
Sopnahend: Opernhaus. 266. Kartenreservesatz. Der Dauer⸗ bezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst- und Freiplätze sind aufgehoben. Zum ersten Male: Palestrina. Musikalische Legende in diei Atten von Hans Pfitzner. Musikalische Leitung: Dr. Fritz Stiedry. Anfang 5 Uhr.
Schauspielhaus. 218. Dauerbezugsvorstellung. Dienst. und Frelplätze sind aufgehoben. Coriolan. Historisches Drama in fünf Auföügen (14 Verwandlungen) von Willlam Shakespeare. Spiel⸗ leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang? Uhr.
ö att,
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Ilse von Borcke mit Hrn. Grafen Albrecht Kanitz (Tolksdorf, Kr. Rastenburg — Saskoschin b. Praust). .
Vereheltcht; He. Major Hans Frhr. von Stosch mit Frl. Alice von E ckstedt (Gr. Wiersenitz). — Hr. Rittmeister d. Re. Franz Mutzenbecher mit Frl. Heitha Christoph (Gut Ruhleben b. Plön, Holstein . .
Gestorben: Hr. Polizeirat, Hauptmann d. R. 4. D. Wilhelm Schneider (Strzalkowo). — Dreger (Weimar).
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Reyher) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin. Wilhelmstraße 32.
Vier Beilagen seinschließlich Börsenbeilage) und Erste. Zweite und Dritte Zentral-⸗Handelsregister⸗Beilage. sowie eine Zusammenstellung der im 3. Vierteljahr 1819 im „Deutschen Reichs und Preußischen Staats anzeiger. 1 Nr. 2 des öffentlichen Anzeigers durch gerichtliches Aufgeb n behufs Kraftloserklüruug aufgerufenen Werthaiere Slate. und Kommunalpapiere, Rentenbriefe, Aktien, Aute i ichen Obligationen, Pfandbriese, Sypothetenzertiftkate, Lose u. dgl.)
Katharina von Helldorff, geb.
3 231.
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Aichtamtliches
Deutsche Nationalversammlung in Berlin. 33. Sitzung vom Mittwoch, den 8. Oktober 1919, 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Am Regierungstisch: die Reichsminister Schiffer, Müller, Sr. Bell, Erzberger, David, Nos ke,
ehrenbach eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Minuten mit folgenden Worten: Meine Damen und Herren! Es ist auch zu Ihrer Kenntnis gekommen, daß auf ein Mitglied dieses Hauses soeben ein Waffengnfall ausgeübt und vor dem Hause statt⸗ gsunden hat. (Sämtliche Mitglieder des Hauses haben sich von den Plätzen erhoben.) Unser Kollege Haase ist getroffen worden. Wir wollen hoffen, daß die Wunde keine tödliche und verderbliche ist. Es ist mir gesagt worden, daß dem Anschein nach irgend welche schweren Folgen damit nicht verbunden sein dürften. Ueber das Moti des Täters, der festgenommen ist, ist weiter gar nichts bekannt, und wir können uns nicht in Mutmaßungen ergehen. Ich nehme an, daß es den Intentionen des ganzen Hauses entspricht, wenn ich dem Abg. Haase, der von dem Unfall betroffen ist, seiner Familie und seiner J aktion die herzlichste Teilnahme des Hauses zum Ausdruck bringe Gebhafte Zustimmung) mit dem Wunsche, daß keine schlimmeren Folgen mit dieser Tat verbunden sein werden.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Interpel⸗ lation der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei wegen Schutzes der Jugendgegensittliche Ver⸗ wahrlosung auf Grund der Verfassungsbestimmungen.
Reichsjustizminister Schiffer, Stellvertreter des Reichs— kanzlers: Die Regierung ist berelt, die Interpellation zu beantworten und behält sich vor, wegen des Zeitpunktes mit dem Herrn Präsi⸗
denten des Hauses Fühlung zu nehmen.
Damit ist dieser Gegenstand für heute erledigt.
Die zweite Beratung des Reichshaushal plans wird in der allgemeinen Debatte beim ö des Reichsministeriums, des Reichskanz undder Reichskanzlei fortgesetzt.
Von den Abgg. Arn stadt (D. Nat) und Dr. Heinze (D. V.) und Genossen ist hierzu der Antrag eingegangen: Die Reichsleitung aufzufordern, besser als bisher unerwünschter Einwanderung zu wehren, eine wirksame Grenzkontrolle durch— zuführen, etwaiger Einbürgerung solcher, meist aus Polen, ein⸗ schließlich Galizien, kommender Elemente in den Ländern ent⸗ gegenzuwirken und die Abschiebung lästiger Ausländer zu fördern.
Vor Eintritt in die Fortsetzungder allgemeinen politischen Aussprache teilt ö.
Präsident Fehrenbach mit, daß auf der Rednerliste noch die Abgg. Stresemann und Haase ständen. Von einer zweiten Rednerfolge sei nach Vereinbarung mit den Parteien Abstand genommen worden. Da der Abg. Haase nun nicht sprechen könne und auch keinem anderen Mitgliede seiner Partei dies zugemutet werden könne, und der für die zweile Rednerfolge in Aussicht genommene Redner der Un⸗ abhängigen Sozialdemakratischen Partei heute nicht anwesend sei, so schlage er vor, heute die allgemeine Besprechung abzuschließen und morgen oder übermorgen dem zweilen Redner der Unabhängigen das Wort zu geben und, wenn sich daraus ein Anlaß gebe, nochmals auf
Pröäsident F f 9
t8⸗ alęt ers
ie Generaldebatte zurückzukommen, diese dann wieder zu eröffnen.
Das Haus ist damit einverstanden.
Abg. Dr. Stresemann (D. V): Als erster Redner aus dem Hause glaube ich dem Gefühle Ausdruck geben zu können, daß wir alle ohne Unterschied der Partei uns eins fuͤhlen in dem Abscheu gegen eine derartige Tat, wie sie gegen den Kollegen Haase verübt worden ist, und daß uns alle der Wunsch beseelt, den Kollegen Haase bald wieder in unserer Mitte begrüßen zu können. (Allseitiger Beifall.) Ich glaube nicht, daß die Neubildung der Regierung nach dem. Ein tritt der Deutschen Demokratischen Partei einen wesentlichen Einfluß auf die politische Gesamtlage haben wird. Zu dieser Auffassung ver⸗ anlaßt mich die Tatsache, daß die Nationalversammlung selbst an einem Mangel an Autorität gegenüber der Oeffentlichkeit leidet so jung sie ist, so altersmüde erscheint sie bereits. Nachdem die Ver, fassung verabschiedet worden ist, möchte es fraglich erscheinen, ob es richtig war, diesem Parlament, das speziell für diese Aufgabe berufen war, eine solche Fülle wichtige: gesetzgeberischer Aufgaben zur Erledi⸗˖ gung anzuvertrauen. Zu dem, was der Herr Reichskanzler über die wirtschaftliche Lage gesagt hat, darf ich wohl konstatieren, daß durch diesen Teil seiner Rede ein Ton der Zuversicht klang, den wir lange nicht gehört haben. Dieser Ton lag auch der Rede des Reichs wirt⸗ schaftsministers in Hamburg zugrunde, die er vor dem deutschen Groß⸗ handel gehalten hat. Ich glaube, daß diese Auffassung durchaus be⸗ rechtigt ist, und zur Beruhigung der Oeffentlichkeit kann man sagen, daß, wenn es uns gelingt, über den bevorstehenden Winter hinweg⸗ zukommen, wir eine solche Fülle von wirtschaftlichen Aufgahen zu sösen haben werden, namentlich an Aufträgen des In und Auslandes, daß gar kein Grund vorliegt, um das deutsche Volk zu sorgen. Die gegenwärtige Lage im Wirtschaftsleben ist nicht lediglich eine deutsche Erscheinung, sie ist vielmehr eine internationale Erscheinung. Wem in der ganzen Welt ein halbes Jahrzehnt hindurch dis gesamte Pro⸗ duktion unproduktiven Zwecken zugeführt werden muß, dann kann man nicht erwarten, daß die Uebergangszeit, von einer solchen Anormalität zum Normalen ohne die heftigsten wirtschaftlichen Zuckungen sich vollzieht. Bei der Ablieferung unserer Lokomotiven auf Grund der Waffenstillstandsbedingungen ist bedauerlicherweise irgendein Sachverständiger des preußischen Eisenbahnministeriums überbaupt nicht gehört worden. (Hört! hört) Ich verkenne nicht die schwierige Lage unserer Unterbändler, aber die maßgebenden In⸗ stanzen hätten gefragt werden müssen, ob das deutsche Wirtschafts⸗ leben in der Lage sei, diese Verpflichtung zu übernehmen, ohne daß eine Zerrüftung unserer Verhältnisse eintrete. Bei Frankreich hätten wir sickerlich damit auf Verständnis gestoßen. England steht wirt⸗ schaftlich auf dem Standvunkt des germaniam esse delendam, Tranfreich aber weiß, daß unser wirtschaftlicher Untergang auch der wirtsckaftliche Untergang Frankreichs sein würde; es hat das größte Interesse daran. daß wir wieder zu gesunden wirtschaftlichen Verhãält⸗ nissen kommen; die Transportmittelkrise drückt in dieser Hinsicht auf ns mehr als die Produktionskrise (Reichskanzler Bauer betritt den Saal. Der deutschen Industrie liegt jetzt eine Fülle von Aufträgen vor. Alles, was seit fünf Jahren an Neuanschaffungen unterbleiben mußte, soll jetzt nachgeholt werden, die Inlandaufträge kommen jetzt in Massen. Diejenigen, die da glauben, daß der Haß, der gegen uns in der Welt vorhanden ist, zum wirtschaftlichen Boykott gegen uns führen werde, befinden sich im Irrtum. Als Akltixum nehmen wir
zum Deutschen Reichsanzeiger und
worden.
Er fte Beilage
Berlin, Donnerstag, den 9. Oktober
aus dem Kriege mit herüber das Vertrauen zur Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft. Das zeigt sich in einer Fülle von Aufträgen auch aus den feindlichen Ländern und selbst von feindlichen Staatsregierungen. Wenn wir die große Frage der Rohstoffversorgung, der Kreditbeschaffung für diese Rohstoffwersor— gung, der Kohlenversorgung und der Neuerweckung der Arbeitslust in Deutschland zu lösen vermögen, so kann keine Rede davon sein, daß unser Wirtschaftsleben so zusammengebrochen ist, daß nicht ein Aufstieg mehr möglich sei. Dazu gehört nun aber auch, daß wir in einer solchen Zeit des Neuwerdens und das Neuschaffens unserer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in soziabpolitische Experi⸗ mente verfallen, die hier unendlich beunruhigen könnten. Darunter verstehe ich gewisse Bestrebungen des Betriebsrätegesetzes, und es hat mich befremdet, daß der Reichskanzler glaubte aussprechen zu können, daß die unveränderte, Annahme des Betriebsrätegesetzes ihm gesichert erschiene. (Hört, hört! Er hat diese seine Stellung mit einer Kritik des alten Deutschland begleitet, indem er sagte, in dem kaiserlichen Deutschland hätte man dem Arbeiter Gnade geschenkt, jetzt gebe man ihm Rechte, später möge man ihm Hausherrnrechte in den Betriebe geben. Man mag zum alten Deutschland stehen wie man will, aber gerade seine Sozialpolitik anzugreifen, dazu liegt nicht der geringste Anlaß vor. (Sehr richtig! rechts.) Geburtsstätte der Sozial⸗ politik und des Schutzes des Schwachen ist nicht irgendeine der west⸗ lichen Republiken und Staaten, sondern das kaiserliche Deuischland. Deutschland ist in dieser Hinsicht von keinem Kulturstaat übertroffen ö Die unveränderte Durchführung des Betriebsrätegesetzes würde die Kredite erschweren und zu einer Lahmlegung unseres Wirt— schaftslebens führen. Besonders hart getroffen würde der industrielle Mittelstand werden. Das Mitbestimmungsrecht der Angestellten und Arbeiter mag als ein ethisches Moment erschoinen, eine praktische För- derung bedeutet es aber bei der parteipolitischen Zerrissenheit nicht. Wenn der Reichswirtschaftsrat, von dem der Reichskanzler sprach, kommt, so erscheint es mir überhaupt fraglich, ob es nicht dessen Auf gabe wäre, dieses große soziale Werk seinerseits im Zusammenarbeiten der Praktiker zustande zu bringen. Während man vor kurzem noch von dem ethischen Werte des Zustandes sprach, der darin läge, daß die Ge⸗ samtheit Inhaber der Werke wäre, tritt heute der „Vorwärts“ für die Akkordarbeit selbst in den Staatsbetrieben ein. Ich hoffe, daß der Eintritt der demokratischen Partei in die Regierung nicht mit der unveränderten Annahme des Betriebsrätegesetzes wird bezahlt werden müssen, nachdem Vertreter dieser Partei auf die schweren Bedenken hingewiesen haben, die ihrer Meinung nach dadurch zugefügt werden würden. Der Reichskanzler hat sich nur allgemein über diesen Reichs— wirtschaftsrat geäußert. Ich möchte die Regierung deshalb bitten, uns etwas Näheres über diese neue Behörde mitzuteilen. Wenn der Reichswirtschaftsrat nichts sein soll al n alte wirtschaftliche Ausschuß des Reichsamts des Innern, dann wäre es besser, man sähe von ihm ah. Wir wünschen, daß diese neue Stelle nicht nur gutachtliche Denk— schriften herausgibt, sondern auch die Initiative durch Ginbringung von Gesetzen an den Reichstag ergreift. Diese Behörde muß dazu bei— tragen, daß wir aus dem Klassenkampf herauskommen. Ich freue
mich, daß besonders die Großindustrie im Westen als erste diesen
neuen Weg beschritten hat. Die Gewerkschaflen müssen erhalten
bleiben, und das Gesetz bedarf nach dieser Richtung einer Nachprüfung.
Es war wohl nur eine facon de parlé, wenn der Reichskanzler die
unveränderte Annahme des Gesetzes in Aussicht stellte. Wir freuen
uns, daß ein Heimstättengesetz eingebracht werden soll, und bedauern
nur, daß es erst jetzt geschieht. Es kann sich zunächst nur um die recht—
liche Grundlage des Heimstättenwesens handeln; pofitive Arbeit werden
wir erst unter normalen Verhältnissen leisten können. In der Wohnungspolitik ist bisher unendlich viel versäumt. Die Entwicklung
der großen Städte in der Zeit des Materialismus mit dem furcht—
baren Mietskasernenbau hat erst die Loslösung von den Be—
griffen der Familie, Heimat und Vaterland ermöglicht. Hinden
burg und Ludendorss haben schon an die Heimfstätten für die
Krieger erinnert, aber erst jetzt, nachdem alles vorbei ist, wird
uns das Heimstättengesetz angekündigt. Das ist die Politik
der, verpaßten Gelegenheiten und der Verkennung der psycho—
logischen Wirkungen. (Lachen bei den Sozialdemokraten.)
Damaschke als Führer der Deutschen Bodenreformer hat sich um den Heimstättengedanken für unsere Krieger große Verdienste eiworben. Hoffentlich wird die Durchführung eines (Heimstättengesetzes nicht
wieder durch bürokratische Hemmnisse gehindert. Der Reichskanzler fand starke Worte gegen Wuchertum und Schiebertum, und meinte, daß unter dem Hindenburgprogramm Kriegsgewinnler gezüchtet seien. Aber gerade jetzt ist Wucher⸗ und Schiebertum noch schlimmer als im Kriege. (Sehr richtigi rechts. Daß so viele dunkle Eypistenzen im Verkehr mit dem Ausland bei der Einfuhr und Ausfuhr Machtstellung gefunden haben, hängt mit gewissen Erscheinungen der Zwangswirt— schaft zusammen. Es ist charakteristisch für die Zwangswirtschaft, daß solche Existenzen mit der Abwicklung großer Geschäfte beauftragt worden sind unter Nichtachtung der alteingesessenen Kräfte in Handel und Industrie. Aber die Zwangswirtschaft kann nur allmählich abgebaut werden. Denn der freie Kaufmann ist konkurrenzunfähig gemacht durch das Treiben derienigen, die sich mit weitem Gewissen über alle Gesetze hinwegsetzen. Der Stand unserer Valuta bietet einen. Anreig, in immer höherem Maße Anteile an deutschen Aktienunternehmungen in die Hände des Ausands zu bringen. Das Aktiengesetz muß geändert werden, es müssen ganz andere Bestimmungen für den Uebergang von Werten an das Ausland und für das Eindringen von Ausländern in die Verwaltung inländischer Unternehmungen getroffen werden. (Sehr xichtig! rechts) Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, daß Fremde in Wirklichkeit die Besitzer unserer Unternehmungen und wir nur die Lohnarbeiter sind. Es müssen rechtzeitig Maßregeln getroffen werden; denn die Uebermittlung deutschen Besitzes in ausländische Hände ist schon ziemlich weit vorgeschritten. Der Abg. Petersen sah in der jetzigen Koalitionsregierung das letzte Glied der Entwicklung, an deren Anfang der fonserva live Machthunger gestanden hätte. Ich will die Schuld der Konsewmöativen nicht fleiner eischeinen lassen als sie ist. Aber es ist unrichtig, daß eine Partei allein die ganze Entwicklung der wolitischen Verhältnisse hätte beeinflussen können. Es ist auch unrichtig, von der früheren Ohnmacht des Reichstags zu sprechen. Der Reichstag hatte genau so viel Macht, wie er in Anspruch nahm. Bei den Ver⸗ suchen meiner Freunde in der Richtung zum pavlamentarischen Syftem haben wir gerade den schärfsten Wderstand des Herrn Friedberg, des Vorsitzenden der demokratischen Landtagsfraktion, gefunden. Es war Schuld des Liberalismus, daß er weder den Willen noch die Macht gegenüber den Konsewativen hatte, um die Verfassung zu ändern. Sonst hätte er über die Konservativen zur Tagesordnung übergehen können. Herr Petersen meinte, daß alte System und seine Stüßen trügen die Schuld am Ausgang des Krieges. Aber wenn Deutschland unter dem alten System politisch ohnmächtig und wirt⸗ schaftlich schwach gewesen wäre, hätte es sich niemals Englands Feindschaft zugezogen. Auf dem demekratischen Parteitage ist gesagt worden, wer heute noch für die. Monarchie eintrete, sei ein kompletter Narr. Und bei der Gedächtnistede für den verstor— benen Naumann, der nicht nur seiner Partei, sondern dem gangen Volke angehörte, wurde gesagt, daß gerade der linke Flügel des Libera⸗ lismus in der Demokratie nach englischem Muster sein MWeagl gesehen hätte. Dieses Ideal ist jetzt zertrümmert. Sollen da die Anhänger der Monarchie auf einmal as zerstören was sie angebetet haben? Gerade im Offizierkompg würden das micht gute Glenrente fern. be zezt wahrem fe mmnerhch
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Preußischen Staatsanzeiger.
1813.
der Mongrchie anhängen. Ich habe Achtung vor jedem über— zeugten Monarchisten oder Republikaner, aber ͤ
Wie kann man a4lso denjenigen Hochverrat vorwerfen, die an den
monarchistischen Putsch entschieden ab, aber innerhalb der Verfasf des Reichs für den monarchischen Gedanken zu werben, weil wir a Vernunft meinen, daß Deutschland einer monarchischen' Spitze bedarf, und zu versuchen, die Mehrheit des Volkes dafür zu gewinnen, das
unser gutes Recht. (Sehr richtig! rechts Herr Scheidemann fagl man müsse Vernunftrepublikaner sein, weil die Dinge l
ändern seien, er vergißt aber, daß die neue Form der Republik P
richtig! rechts) Diese Staatsform ist, wenn so doch eine Ausbeutung des parlamentarischen St größten Gefahr für unsere Zukunft werden kann. mentarische System mit dem Kern verantwortlicher Reich gestützt auf die Mehrheit, bin ich lange eingetreten, hal gesagt, daß wir dazu kein englisches Vorbild brauchten, deutsches System haben müßten, im übrigen al s an dem citen, sachlich unabhängigen amt Wechsel der politischen Leute ist ohne Erschütterung nur zu ertrage wenn ihm die Ständigkeit des Beanrtentums gegenübersteht. Abr
s zolitisch aufzuziehen ist große Gefahr, denn es ruiniert die festen Fundamt
verfassung. Es ist eine falsche Ausnutzung des
mtenttim entum.
zu halten. (Hört, hört) Es geht nicht an, daß die Heimkehrenden, der Partei in Anspruch ge⸗
dürfe man nicht frei heru nationalistischen Presse passiert, hält keinen Vergleich aus mit dem
politischen Sadismus der französischen Presse. Aber wenn die TLeut—
mit der angeblichen Vaterlandsliebe nicht mehr frei
herumlaufen
Belagerungszustand gewütet, und ich verstehe nicht, wie die jetzige
Regierung mit Zeitungsverboten Erfolge erringen will. d auch die sozialiftische Regierung den Geist nicht töten ser doch bei dem Kampf der Geister gegen die Geister. Das Gesunde wird sich durchsetzen. Gegen den Friedensvertrag können wir nicht
anrennen aber die sozialistischen Minister waren früher darin einig, daß der Vertrag unerfüllbar ist. Wenn die Regierung daran festhielte, daß der Vertrag nur innerhalb der Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes erfüllt werden kann, würde die Entente viel von ihren For— derungen abstreichen müssen. Der Reichskanzler meinte in elegischem Ton, er habe sich den Anfang des Völkerbundes anders gedacht. Er sollte aber bedenken, daß auch eine Politik des Rechtes sich nur durchsetzen läßt, wenn man die Macht hat. Sonst rufen Sie nach Völkeiversöhnung, ohne ein Echo zu ñ Der Reichskanzler will aus Kurland und Baltenland heraus, weil wir da nichts mehr zu suchen hätten. Dann hätten wir schon längst herausgehen muüssen. (Sehr richtig! rechts.)
Die Regierung muß doch gemeint haben, daß unseren Truppen dort
eine Aufgabe zufiele. Der Reichskanzler hätte nur davon sprecher sollen, daß an unseren Truppen ein Vertragsbruch begangen worden ist. (Sehr richtig! rechts) Denn es waren ihnen staatsbürgerliche
Rechte und Ansiedlung versprochen. Darin liegt die Ursache des Konflikts. (Sehr richtig! rechts) Deutsch-Oesterreich ist das Selbst— bestinmungsrecht nicht belassen, warden. Wir sollten dem Staats fanzler Dr. Renner dankbar sein, daß er verfügt hat, daß, wenn die Entente den Namen Republik Desterreich vorschreibt, im innern Verkehr doch der Name Deutsch⸗-Oesterreich geführt werden soll. Man kann Paragraphen aus unserer Verfassung streichen, aber man kann uns niemals die Gefühle der Blutsgemeinschaft nehmen. Da scheint noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein. Was wir in den letzten Jahren erlebt haben, ist nicht nur Krieg, sondern allgemeine Reve— lution. Niemand kann sagen, ob die politischen oder sozialen Mächte für die Zukunft entscheidend sein wenden. Die Zukunft der Völker wird nicht allein durch Grenzfestsetzungen entschieden. Der Kom— munismus und Bolschewismus ist allerdings zusammengebrochen. Der Bolschewismus in Rußland ist das Gegenteil der Soziali— ierung, er hält sich nur durch äußersten Zwang. Trotzki hat nach
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einer Rede vom 390. April vor den Sowjets in Moskau die alten
liche Entwicklung nichts gefährlicher sei, als wenn Menschen an die verantwortliche Stelle gesetzn würden, die für diese Verantwortung
Fluß, alles ist provisorisch. ma
aufbau werden wir nicht versagen. ECebhafter Beifall rechts.)
Reichswehrminister Noske: Meine Herren! Es erscheint mir nicht politisch klug, wie Herr Dr. Stresemann die baltische Frage soeben behandelt hat. Deswegen möchte ich auf dieses außerordentlick ernste Problem wenigstens ganz kurz eingehen.
Als der Herr Reichskanzler gestern davon gesprochen hatte — Herr Stresemann bemängelte das soeben —, daß die deutschen Truppen im Baltikum nichts mehr zu suchen hätten, ließ er sich von dem Ge sichtspunkt leiten, daß nach dem Friedensvertrag sämtliche vorher im Osten getroffenen Abmachungen hinfällig geworden sind. Es geht infolgedessen nicht an und ist nicht erträglich bei dem Ernst der Lagc, daß jetzt in der Presse oder von Abgeordneten der Nationalversamm—⸗ lung weiter auf die Truppen in einem Sinne eingewirkt wird, als wenn sie in einer Rechtslage seien, die es schließlich begreiflich er— scheinen läßt, wenn sie im Baltikum bleiben wollen und dem Befehl zur Heimfahrt keine Folge leisten. Die zu überwindenden Schwierig— keiten sind außerordentlich groß. Ich verkenne nicht, daß mit wüster
Schimpferei auf die Truppen, die jetzt nicht nach Deutschland zurück
wollen, vichtß eren it. De Man pe, Re die Qah6e bewegen, draußen