1919 / 231 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

ind wenigstens B ei der großen Mehrzahl der Soldaten dige und zu respektierende. Die Leute fürchten die der Heimat, die das haben eine Anzahl, die zeit en sind, „spüren nüssen an manchen Stellen noch durc J. und Boykott vers scharft wird.

Es ist richtig, daß scch die Truppen im Baltikum in ihren Er⸗ wartungen betro fühlen. Als Not am Mann war, hat die lettische Regierung die Einbürgerung versprochen. Die lettische Regierung wußte auch daß die Werbung vonstatten ging, indem den Leuten Siedlungen in Aussicht gestellt wurden. Sie hat dagegen niemals an amtlicher Stelle Einspruch erhoben. Wären vor Monaten die Truppen aus dem Baltikum weggegangen, gäbe es zurzeit eine lettische

nicht.

ändert aber an der Notwendigkeit nichts, daß jetzt das Land wird. Es ist selbstverständlich, daß die Regierung alles daran setzen muß, um Deutschland vor einem neuen, schweren, ernsten Konflikt mit den alliierten Regierungen zu bewahren. Deswegen werden Unbotmäßigkeit und Unge e,. so geahndet werden, wie

es sid . 8 er Aut u. den Major Bischoff gestern in der „Täg—⸗ lichen Rund veröffentlichen konnte, zeigt ein Maß von In⸗ subordination und Auflehnung gegen die Interessen des Reiches

ssehr richtig! bei den Sozialdemokraten und den Deutschen Demo⸗ kraten), daß dagegen mit allem Nachdruck und mit größter Beschleuni⸗ gung eingeschritten werden wird. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Ich habe an amtliche Stellen ist der Aufruf nicht gelangt ihn wie alle anderen Leute erst in der „Täglichen Rundschau“ lesen können. Aber sofort habe ich an Generalleutnant Eberhard tele— graphiert, daß in jedem Falle bei Gehorsamsverweigerung gegen un⸗ botmäßige Führer einzuschreiten ist, daß mit aller Schärfe vorzugehen ist, da kriegsgerichtliche Untersuchung sofort gegen Major Bischoff einzuleiten ist, selbst dann, wenn nach Lage der Dinge eine Verhaf— tung praktisch undurchführbar ist.

Ich möchte mit allem Nachdruck und tiefstem Ernst an einen beträchtlichen Teil der deutschen Presse die Mahnung richten, uns unsere Arbeit in dieser außerordentlich gefährlichen Situalon nicht noch weiter zu erschweren und verbösern. (Sehr richtig! links.) Wie leicht die öffentliche Meinung beirrt wird, beweist folgendes Beispiel. Ein Berliner Blatt schreibt mit Riesenlettern über die ganze er sste Seite hinweg: „General von der Goltz russischer Ueber läufer?“, und dann folgt unmittelbar in der nächsten Zeile in kleiner Schrift:

Eine Bestätigung der Nachricht an irgendeiner amtlichen Stelle

liegt nicht vor. (Hört! hört! links.)

Es ist an her fte Vonsicht gegenüber (Erneute Rufe: Hört! hört!! Trotzdem aber, wie gesagt, eine solche , der Nachricht, die mit größter Vorsicht aufge⸗ nommen werden muß. (Zuruf rechts: Welches Blatt war es?) „Die Welt am Abend“ nennt es sich, glaube ich. (Zurufe und Heiler keit rechts.)

In Wirklichkeit ist richtig, daß der General v. d. Goltz absolut loyal und korrekt seine Pflicht und Schuldigkeit tut und die Anord⸗

mbefolgt, die von der Regierung gegeben worden sind. Wenn die alliierten Regierungen die schleunige Räumung des Landes fördern, müssen die Truppen den ihnen erteilten Marschbefehlen Folge leisten. Ich glaube, daß kaum ein anderer Ausdruck am Platze ist als der, daß es außerordentlich gemeingefährlich, daß dauernd, wenigstens von manchen Stellen aus, in einer Weise auf die Truppen eingewirkt wird, die einer hen e ng ihrer Widersetzsichkeit gleichkommt. (Zu⸗ stimmung links.) Ich kann der deutschnationalen Presse nicht den Vor⸗ wurf ersparen, daß sie gerade in bezug auf diese Dinge ein unver⸗ antKwortliches ie mit den Interessen des deutschen Volkes und

der Meldung geboten.

des deutschen Landes treibt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und bei den De utsch Den iokraten.) Ich möchte bloß ein paar Beispiele

anführen. (Zuruf ö. „Die Welt am Montag“ ist nicht unser Blatt!“ Ich habe nicht gesagt: Die Welt am Montag“, sondern „Die Welt am Abend!“ Ich spreche aber jetzt von Ihren Blatt tn.

Am 6. September brachte die „Deutsche Zeitung“ die Meldung, das Reichskabinett fordere unbedingten Gehorsam von Offizieren und Mannschaften. Die Räumung des Baltikums müsse beginnen. Schuldige würden bestraft.

Das bringt dieses Blatt unter der Ueberschrift: „Der Verrat an den deutschen Truppen in Kurland“, das heißt ein Verrat der Regierung an diesen Truppen. Das war am 6. September. Am gleichen Tage brachte dieses Blatt unter großer Ueberschrift eine Notiz über eine Note der Regierung an den lettischen Gesandten in

Berlin, worin leider Ungehörigleiten deutscher Soldaten nicht be⸗ stritten werden konnten; die Ueberschrift lautete: „Schamlos und

unerhört“. Ja, wenn deutsche Soldaten plündern bei allem Zu— gehörigkeitsgefühl zu deutschem Blut und zu deutschem Fleisch, das außerhalb der Grenzen steht, Ungehörigkeiten und Plünderungen werden von der Regierung nicht gedeckt werden. Trotzdem wütet das Blatt gegen die Regierung und nennt sie schamlos, ihr Vorgehen unerhört.

Die Note, mit der die deutsche Regierung die Räumung des Baltikums beantworten mußte, brachte dasselbe Blatt am 4. Oktober unter der Riesenüberschrift, die über die ganze Seite geht: „Verrat am deutschen Baltenland“. Im vorigen Monat hieß es: Verrat an der Truppe; jetzt: Verrat an einen deutschen Lande. Das bedeutet doch unzweifelhaft den Versuch, bei den sich widersetzenden Truppen den Eindruck hervorzurufen, als ständen sie nicht auf fremdem, sondern auf deutschem, ihnen gehörigem Boden und sie würden von der Regierung verraten und verlassen. (Zuruf links: Unerhört!

Der Herr Abgeordnete Graf v. Posadowsky hat sich gestern da⸗ gegen verwahrt, daß seine Partei für Exzesse vechtsstehender Blätter verantwortlich gemacht werde. Die „Deutsche Zeitung“ kann die deutschnationale Fraktion nicht von sich abschütteln. (Zuruf rechts: Wir haben gar keinen Einfluß auf das Blatt) Als ich das Blatt wegen seiner hetzerischen Artikel verboten habe, hat sich der Herr Abgeordnete Graefe sein Hintermann sagt soeben, die Partei habe gar keinen Einfluß auf das Blatt schützend vor das Blatt gestellt and hat mir einen unliebenswürdigen Brief geschrieben „wie ich mich dazu unterstehen könnte, deswegen gegen das Blatt vorzugehen. (Sehr richtig! rechts) Herr v. Gwaefe bestätigt auch jetzt noch, daß dieses sein Verhalten sehr richtig gewesen wäre.

Als der Kanzler gestern, was Herrn Dr. Stresemann vorhin nicht gefallen hat, dabon sprach, daß gewissen journalistischen Ausschreitungen

entgegengetreten werden müsse, w solche Exzesse gemeint, die deazt

hren müssen, daß das Land und ein 50⸗Millionen⸗Velk in schwerste Gefährdung gebracht wird. Wir würden gewissenlos handeln, wenn wir uns nicht dagegen auflehnen und selchen Ausschreitungen nicht ent⸗ gegentreten würden. (Sehr richtig! links.)

Da ich schon mit meinen Ausführungen b Herren von der Rechten bin, will ich gleich ein paar Worte hinzusetzen. Der Abg Graf Posadowsky hat ges versichert, daß seine Partei in sachlicher Art sür ihre politischen Ziele wirbe Das kann ich leider nicht als richtig anerkennen. 2 m nur eine erauszugreifen: ganz systematisch

der deutschnationalen Partei und ihrer Presse versucht, das leidl rauensverhältnis, das sich im Laufe von Monaten e n, mir und der Truppe, zwischen mir und den Offizieren herausgebildet hat, zu untergraben und zu unterwühlen. (Hört, hört! links. Unruhe rechts) Wir haben ein Instrument, das wahrhaftig noch nicht allzu fest gefügt ist, und Sie tanzen auf einem Vulkan, so daß Sie die Letzten sein sollten, die uns die Arbeit besonders schwer machen und das Vertrauen untergraben dürften. Eebhafte Zustimmung links. Heftige Zurufe rechts) Der deutsche Offizier hat das nie als eine Beschi impfung angesehen, daß er ein armer Mann sei. (Erneute Unruhe und Zur ue rechts) Die große Masse der Offiziere das habe ich von dieser Stelle zahllose Male von früheren Kriegsministern versichern hören hat immer aus armen Leuten bestanden, die nicht um Geld und Gut gedient haben, sondern ihre Ehre darein gesetzt haben, ihrem Vaterlande und ihrem Vol ke ihre Kraft zur Verfügung zu stellen. (Zurufe rechts) Von nichts anderem habe ich geredet. ebhafter Widerspruch rechts) Es kenn zeichnet die Art, in der Sie politische Kämpfe auch in der jetzigen Situation führen, daß Sie , n, aus diesen Worten, die ganz einwandfrei waren, Kapital zu schlagen.

Dieser „loyale“ Kampf der Rechten wind ich sage, das ist eine reine deutschnationale Partei fache von ihren prominentesten Fährern beliebt. In die Ludendorff'sche Kerbe schlug vor Lin paar Tagen Graf Westarp nach, um in der Kreuzzeitung zu versuchen, den Offizieren klarzumachen, daß das Verkehrteste, was sie tun könnten, wäre, zu dem Manne Vertrauen zu haben, der an der Spitze des Heerwesens stehe. (Hört! Hört! Links.)

Wie die Propaganda getrieben wird, und wie der Versuch gemacht wird, das bißchen militärischen Apparat, der mit unendlicher Mühe wieder geschaffen worden ist, zu zermürben, dafür will ich Ihnen ein

weiteres Beispiel anführen. Es ist kürzlich eine kleine Broschüre in Auftrag gegeben und gedruckt worden, bestimmt zur Verteilung an die Truppe. Es ist auch der Versuch gemacht worden, sie än die Truppe hineinzubringen. Da wird den Soldaten gesagt, daß sich ir die jetzige Regierung das Leben schwer einsetze, daß unser Vater— land in Wahrheit von Unabhängigen, Bolschewisten und Spartakisten beherrscht werde und doß die Regierung den Soldaten in den Arm falle, dagegen ihre Mörder heimlich beschütze. Es wird den Soldater vorgelogen, die Regierung tue nichts für ihre Zukunftesicherung, die Regierung stelle sich gegenüber den Soldaten auf den Standpunkt:

Sehe jeder, wie er's treibe,

Sehe jeder, wo er bleibe,

Und wer steht, daß er nicht falle. Es wird weiter den Soldaten auseinandergesetzt, daß sie keinen An⸗ laß hätten, einen Treueid zu leisten. Dann wird geschrieben: fügen kann sich ein freier Mann nur, wenn er seine Zukunft gesichert weiß, wenn er weiß, daß die, die ihm den Cid abnehmen wollen, ihn auch wärklich nur zum Wohle des Volksganzen, nicht nur, wie es seit November der Fall ist, zur Sicherung dauernder Lohnerhöhungen streilbarer Radaubrüder verwenden. Es wird in dieser Sudelschrift weiter gesagt:

Jetzt kommen die Nutznießer dieses grauenvollen Zerstörungs⸗ werks (die jetzige Regierung), versprechen den Feinden eure Auf— lösung und verlangen, daß ihr gegen diese Auflösung ohne Zukunfts⸗ sichernung nichts tut, euch selber fesselt durch einen Cid. Und wißt ihr überhaupt, was ihr beschwören sollt? Nein, das wißt ihr nicht, niemand weiß es.

Dann wird weiter in einem langen Absatz immer wieder den Sol— daten klarzumachen versucht, daß die ihnen angesonnene eidliche Ver— pflichtung nicht geleistet werden soll. Ich brauche nicht weiter zu zitieren. Gedruckt ist dieses Pamphlet in der Druckerei der „Deutschen Tageszeitung“. (Hört! hört! links)) Bei der Haussuchung, die vor— genommen worden ist, und bei der Einsichtnahme in die Bücher der „Deutschen Tageszeitung“ ist weiter festgestellt worden, daß der Auf— traggeber der Vorstand der Deutschnationalen Partei ist. Stürmische Rufe: Hört! hörtt links und in der Mitte. Rufe: Hochverrath Ich habe selbstwerständlich gegen die Schuldigen Strafantrag gestellt (Bravo! links), um nicht zuzusehen, daß in einer so frivol unerhörten Weise der Versuch gemacht wird, die Soldaten zur Treulosigkeit und Unbotmäßigkeit zu verleiten.

Das ist die loyale Kampfesweise der Konservativen gegen die Regierung, von der gestern der Herr Abgeordnete Graf von Posa— dowsky gesprochen hat. (Zuruf rechts: Was haben Sie im November in Kiel gemacht? Sie können nach meiner Tätigkeit in Kiel jeden Tag fragen. Diese Frage hat auch der General Ludendorff, mit dem

wir jim don Io kten wird in den letzten

ich eine Auseinandersetzung nicht gesucht habe, aufgeworfen. (Zuruf rechts: Vorher!) Ja, vorher bin ich nicht in Kiel gewesen. Da bin

ich in Sachen des Marineetats hingekommen und habe mich um Marineangelegenheiten gekümmert. Ich habe unnötige politische Auseinandersetzungen in den letzten Monaten nicht gesucht, aber das kann ich sagen: der General Ludendorff ist sicher der letzte, der ein Recht hat, die Frage aufzuwerfen, ob ich die Möglichkeit habe, vor der Geschichte zu verantworten, was ich in Kiel getan habe. (Sehr richtig! links) Ruhmredigkeit liegt mir fern. Aber das glaube ich heute und zu jeder Stunde vertreten zu können: wenn damals von Kiel ihnen nicht Zehntausende von wildgewordenen Matrosen wie eine Flutwelle über das Land gejagt und unglaubliches Verderben über Deutschland gebracht haben, verdanken Sie es dem Umstande, daß ich auf der Schanze gestanden habe. (Sehr richtig! und Bravo! links. Erxrregte Zurufe.)

Also der Auseinandersetzung über meine Kieler Tätigkeit sowie moiner weiteren Arbeit in dem letzten Jahr sehe ich mit sehr großer Gelassenheit entgegen. Woran ich Sie mahnen möchie, das ist: nicht tzu vergessen, daß unser Land und unser Volk aus Hunderttausenden von Wunden blutet, daß Heilung nicht beginnen kann, weil die Mächte, die gegen Deutschland im Felde standen, immer noch

gegen unser armes Volk und unser Land ausüben. Deutschland muß

Druck und Gewalt

um Erliegen kommen, wenn nicht in allen Schichten des Volkes die Erkenn Platz greift es nicht angeht, jetzt auch noch mit

s Keri ki 1 8 ö Mär w bor * . . mutz! n pingern in nseren Wunden herumzuwur en. (ehr richtig! links. Das oe ute und m üßte zum Untergang unseres Volkes führen. Dieses Maß von Erkenntnis, meine Herren 9 echts),

vermisse ich auch bei Ihnen in a ordentlichem Umfang, und w

Mahnungen der Regierung das möchte ich Herrn Dr. K antworten zur Einsicht und Vernunft nicht helfen, dann ist es Pflicht der Regierung, zu sagen: Hände weg! Das gilt für Sie wie

für die Herren dort drüben, links. Ich gebe Ihnen die Zusicherung daß, solange wir die Geschäfte führen, solchen Worten, wenn es not—

wendig ist, Taten folgen werden. (Lebhafter Beifall bei der Mehrheit.)

Damit schließt vorläufig die Generaldebatte.

Der Hau halt für das Reichsministerium, den Reichs— kanz er und die Reichskanzlei wird in zweiter Lesung genehmigt, die Abstimn nung über die von der Kommission vorgeschlagene . ung bis zur dritten Lesung ausgesetzt.

Es folgt die zweite? sung des Haus Re ichsju stizver waltung.

Abg. Waldstein (Dem): Ich möchte zunächst den neuen Reichs justizminister, den ich an sein Stelle begrüße, fragen, ob eine weitere Amnestie zu emarte n ist. Die Reform des Strafrechts 8 muß baldigst in die Wege geleitet werden. Auch wäre mir eine Auskunft erwünscht, wie es t dem an genere eig außerhalb des Konkurses steht. Wie steht es mit der Frage der Verlängerung der Patente? Zur Förderung unserer Rechtspflege ist es notwendig, den Rechts⸗ anwälten eine größere Freizügigkeit innerhalb des ganzen Reiches zu sichern, sie müssen sofort in allen Gliedstaaten zugelassen werden, un— abhängig davon, wo sie ihr Examen gemacht haben. Jetzt, wo wir durch die Revolution vor der Frage stehen. Neues an Stelle des Alten zu setzen, wird auch eine Erneuerung der Justiz an Haupt und Gliedern auf das eingehendste erörtert werden müssen. Das Amt des Justizministers kann in Zukunft nicht mehr das unpolitischste Ministerium bleiben. Das ist von um jo größerer Bedeutung, als wir auf allen Gebieten von dem Prinzip der Macht zu dem des Rechts übergehen. Damit wird der Justizminister ein Minister von größter politischer Bedeutung für das öffentliche Leben werden.

Die Lqiengerichte werden in Zukunft eine gesteigerte Bedeutung gewinnen; je mehr die Demokratie herrscht, desto energischer wird diese Forderung im Volke laut werden. Ich hoffe, daß der neue Reichsjustizminister ein Minister der Reform sein wird; zur Mit— arbeit wird er die Nationalversammlung immer bereit finden. (Beifall links.)

Vräsident Fehrenbach: Der Aeltestenausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß wir, da die vorliegenden Nachtragsetats nur nech für eine kurze Zeit Geltung haben werden, möglichst rasch

diese e tats über die Bühne laufen lassen. Allgemeine Fragen mögen bis zu der in kurzer Zeit kommenden großen Etatsberatung zuruͤck—

gestellt werden. aldstein (Dem): Diese Absicht war mir nicht be—

s. 2 42 halts der

Abg. W kannt, sonst pan ich meine Rede nicht gehalten.

Reichsjustizminister Schiffer: Ich kann es nicht bedauern, daß der Herr Abg. Waldstein durch die Unkenntnis über die Ab⸗ sichten des Aellestenrats veranlaßt worden ist, seine Rede zu halten, denn dann wäre ich um die Worte der Begrüßung herumgekommen, die er mir gewidmet hat. Für diese Worte danke ich ihm. Ich danke ihm auch für die Hoffnung, der er bezüglich der Tätigkeit Aus⸗ druck gegeben hat, die ich in meinem neuen Amte zu entfalten habe.

Wenn er im allgemeinen dargelegt hat, daß nach seiner Meinung das Neichciustizmin: sterium in weit höherem Grade als bisher ein politisches Ministerium sein werde und sein müsse, so glaube ich ihn recht zu verstehen dahin, daß er nicht etzwa die Politik in die Justiz und in das Recht hineinführen wollte, sondern im Gegenteil dahin, daß er meinte, das Recht müsse in höherem Maße als bisher in die Politik hineingebracht werden. Sehr richtig! bei den Mehrheits— parteien) Darin stimme ich völlig mit ihm überein. Denn die große Aufgabe des Augenblicks scheint es mir in der Tat zu sein, den Rückweg zum Rechtsstaat zu finden (sehr richtig! bei den Mehrheits— parteien), den Weg aus der Zeit der bloßen Macht zum Recht, aus der Zeit der Revolution zur Gesetzlichkeit. (Zustimmung bei den Mehrheitsparteien Das ist eine Aufgabe, die wirklich nicht bloß juristischer und rechtlicher Art sind, sondern eine Aufgabe, die aufs engste zusammenhängt mit der Neugestaltung aller unserer Ver—⸗ hältnisse im Innern wie im Aeußern, nicht zum mindesten auch bezug auf die Neugestaltung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse.

Unsere wixtschaftlichen Verhältnisse mit Einschluß der valutarischen Verhältnisse werden sich nur bessern, wenn sie die feste Grundlage gesicherter rechtlicher Zustände haben. Mehrheitsparteien, Deshalb ist die Aufgabe der Justizverwaltung in der Tat dahin gerichtet, daß sie nicht bloß um ihrer selbst willen, obgleich das Recht an sich ein Objekt um seiner selbst willen ist, sondern auch um der Allgemeinheit willen und nicht zum mindesten um der Besserung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse willen diese festen pechtlichen Grundlagen schafft, erhält und sichert.

Wenn ich jetzt im einzelnen auf die Anfragen des Herrn Abg. Waldstein eingehe, so muß ich den Vorbehalt machen, daß ich natur gemäß nicht schon heute in der Lage bin, auf sie erschöpfend ein⸗ zugehen. Die wenigen Tage, in denen ich mein Amt verwalte, haben mir noch nicht diejenige Muße gelassen, um alles das zu erörtern, was hier angeregt worden ist. Immerhin will ich versuchen, soweit es mir möglich ist, die mir gestellten Fragen zu erledigen. Der Herr Abg. Weldstein hat zunächft gefragt, indem er eine Anfrage aus dem Ausschuß wiederholte, wie es um die Absicht einer Amnestie stehe.

Eine solche Absicht besteht jetzt nicht, und sollte sie etwa geäußert werden, so würde ich Bedenken tragen, ihr zuzu⸗ n men, Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien.)

Ich möchte annehmen, daß wir eher zu biel als zu wenig Amnestien haben. (Zustimmung bei den Mehrheitsparteien Ich bin der Ansicht, daß Amnestien mit der äußersten Vorsicht anzuwenden sind, weil wir es jetzt notwendig haben, das Rechtsgefühl zu stärken und nicht zu schwächen (erneute Zustimmung bei den Mehrheitsparteien), daß Amnestien aber nur zu sehr geeignet sind, eine Schwächung des Rechtsgefühls herbeizuführen, die Hoffnung auf Straflosigkeit oder auf baldige Beseitigung der Strafen zu stärken und damit einen starken Wall gegen die Durchbrechung der Rechtsordnung zu durch löchern. In der Tat ist es mir bekannt, daß die bereits jetzt erteilten Amnestien allen Ernstes von vielen Kreisen dahin aufgefaßt werden, daß dis Erteilung und die Gewährung solcher Amnestien allmählich eine regelmäßig wiederkehrende Erscheinung unseres Rechtslebens sein würden, und daß man mit ihnen gewissermaßen als mit einer festen Tatsache rechnen könne, wobei ich außer Betracht lasse, daß neben den gesetzzlichen Amnestien ja die von den Herren Spartakisten in etwas turbulenter Form gewähl ten Amnestien eine gewisse Rolle spielen, mit

(Sehr gut! bei den

denen sie die Gefängnisse öffnen und auf ihre Weise die Abkürzung der Strafe, die verhängt worden ist, ,,. Weil wir daran ein Interesse haben, die Macht des Rechts wiederaufzurichten und das Bewußtsein in die Gemüter einzuhämmern, daß niemand ungestraft gegen Gesetz und Recht 253 deshalb müssen wir zurückhaltend sein in der Gewährung solcher Maßregeln, natürlich vorbehaltlich der Handhabungen des Begnadigungsrechts, das im Einzelfalle unter sorg— fältiger Prüfung der Verhältnisse dieses Einzelfalles eine dringende Notwendigkeit ist. Das würde sonst eine Lücke unseres immerhin doch formalen Rechts bilden, die dadurch ausg efüllt. wird. Allgemeine Straferlasse haben etwas für sich, sind aber doch eben nur eine Er— innerung an eine Zeit, die ja von der großen Mehrheit dieses Hauses seit langem als nicht mehr der Rückkehr teilhaftig angesehen wird. Das innerste Wesen der Amnestie hängt tatsächlich nach der gericht⸗ lichen Entwicklung 4 sehr mit der monarchischen, um nicht zu sagen mit der absolutistischen, Staatsform zusammen. Wann wurden die meisten Amnestien Wenn irgendein freudiges Ereignis im Herrscherhause stattfand, wenn ein . gefeiert wurde, wenn sich eine Prinzessin verheir 66 wenn ei n Thronerbe geboren wurde, kurz, wenn der Herrscher hn menschlich ehrte daß, wenn er sich selber wohlfüh auch sei eine Untertanen froh sein sollten und aus seiner Gnade heraus sich glücklich fühlen sollten. Das paßt nicht in unsere Zeit hinein. Wir haben überall das Recht walten zu lassen, und die . an sich brutale Form der Amnestie, die auch Schuldige, die nicht der Gnade würdig sind, befreit, sollte man mit der * 9. riamkeit anwenden. richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Herr Abgeordneter Waldstein hat über die Reform des Straß rechts eine Anfrage gestellt. Die Reform des Strafrechts ist ein Gegenstand, der das Reichsjustizamt, also die Behörde, die der meinigen vorangegangen ist, seit vielen Jahren beschäftigt hat. Eine große Hemm ission in letzter Zeit, unter der Leitung des hochverdienten Herrn

lbgeordneten Dr. Kahl, hat einen Entwurf ausgearbeitet. Ehe aber dieser Entwurf noch vollständig in bezug auf die Begründung fertig—⸗ gestellt war und veröffentlicht werden konnte, brach der Krieg aus. Die Arbeiten blieben liegen, und erst nach Jahren hat dann eine kleine Kommission das Werk wieder aufgenommen und überarbeitet, durchgearbeitet. Der Entwurf ist jetzt so weit fertiggestellt, daß die Frage seiner Veröffentlichung in der allernächsten Zeit entschieden werden wird. Erfolgt die Veröffentlichung, so wird sie gleichzeitig mit der Veröffentlichung des ersten Entwurfs . um einen Ver⸗ gleich zwischen beiden herbeizuführen, und wird ferner nicht als ein amtliches Werk der Reichsjustizverwaltung erfolgen, sondern als ein auf Veranlassung der Reichsjustizbverwaltung bergestelltes Werk. Es wird also nicht die Verantwortlichkeit der Regierung hinter däiesem Werk stehen, sondern es wird ein Projekt sein, an dem sich die Kritik der Deffentlichkeit üben soll, um demnächst zur Grundlage eines amt— lichen Entwurfs gemacht zu werden.

Ueber die Frage des Zwangsvergleichs außerhalb des Konkurses schweben insofern Erwägungen, als geprüft wird, inwieweit die bereits als Kriegsverordnungen erlassenen Normen sich in der paris bewährt

e. (Sehr

haben. Sollte das der Fal“ sein diese Frage hängt auf das engste mit der der Geschäftsaufsicht außerhalb des Konkurses zusammen —,

so bin ich geneigt, diese Maßregel, die ja von vielen Seiten sehr ge⸗ wünscht wird, wenn auch in veränderter Gestalt, in den Frieden zu überführen und damit etwas, was man als eine Errungenschaft des Krieges bezoichnen kann, für lange Zeit zu sichern. Ich bann diese Entscheidung naturgemäß aber nicht treffen, ohne praktische Er—⸗ fahrungen zu haben, und habe deshalb es ist das oe. meiner ersten Anordnungen gewesen sofort eine Befragung der Länder in die Wege geleitet.

Etwas Aehnliches schwebt bezüglich der Frage der Verlängerung der Patente. Als dieser Antrag hier eingebracht wurde, schienen die Antregsteller der Meinung zu sein, daß es sich um eine im wesentlichen kaum streitige Frage handle. Das ist tatsächlich nicht der Fall. Gegen die Verlängerung der Patente haben i die Vertreter des Vereins Deutscher March wenka han ftaltin, des Zentral'derbandes der deutschen elektrotechnischen Industrie und die Vertreter des Deutschen Industrie⸗ und Handelstages ausgesprochen, also doch Instanzen von einer so außerordentlichen Bedeutung, daß man mit großer Vorsicht an das Problem herangehen muß, und ein eigenartiger Zufall hat es gefügt, daß ich vor wenigen Minuten den Brief einer großen Aktiengesellschaft erhalten habe, in der sie ihrerseits vor der Beschreitung dieses Weges

* 4 warn.

Mein Herr Vorgänger stand im allgemeinen auf dem Stand— punkt, die Bedenken, die gegen eine Verlängerung der Patente sprechen, als ausschlaggebend zu erachten. Ich will die ganze Frage noch einmal zur Prüfung bringen und mich an der Hand neuer Er— mittlungen entschließen, ob ich dem Antrage, der von der Deutschen Demokratischen Fraktion ausgesprochen ist, Folge leisten kann.

Der Herrn Abgeordnete Waldstein ist dann auf mehrere Fragen der Anwoltschaft eingegangen, er hat insbesondere den Notstand der Anwälte berührt, wenn ich auch nicht glaube, daß die Umsatzsteuer ein wirklich ausschlaggebendes Moment für diesen Notstand darstellt. Ich verkenne nicht, daß hier schwere Mißstände vorliegen. Ich habe noch nich Gelegenheit gehabt, den Stand der Arbeiten in dieser Be⸗ ziehung zu prüfen. Ich werde das ungesäumt tun und mich dann ent—

scheiden, ob und in welcher Weise ich eingreifen kann.

Diese Fragen hängen allerdings so außerordentlich eng mit der Neugestaltung des Zivilprozesses überhaupt zusammen, daß es großer Vorsicht bedarf, hier gesetzliche Aenderungen vorzusehen, deren Rück. wirkung nicht zu übersehen ist. Die Frage wird von mir unter voller Würdigung der schweren wirtschaftlichen Lage, in der sich diele An— wälte befinden, einer Prüfung unterzogen werden.

Die Frage der Anwälte beim Reichsgericht und die Frage der Freizügigkeit der Anwälte, die ebenfalls in einem Antrage nieder gelegt ist, hängen in noch viel größerem Maße mit der Gesamt⸗ gestaltung ö Verfahrens zusammen. Ich weiß wirklich nicht, ob es praktisch ist, diese Fragen herauszureißen. Ueber die Frage der Freizügigkeit der Anwälte sind bereits Ermittlungen angestellt. Die Antwort der Einzelstaaten geht ein. Soweit ich bis jetzt sehen konnte, ist die größere Zahl der Antworten ablehnend. Das wird aber meine Schlußentscheidung naturgemäß noch nicht bestimmen. Aber ich weise darauf hin, daß diese Fragen doch jedenfalls nicht so eilig sind, daß wir damit unter allen Umständen das Arbeitspensum der Nationalbersammlung belasten sollen. Da wir alle auf der

ohne Not vergrößern wollen, um zu Neuwahlen zu kommen, die ja emwünscht wären, so muß jede einzelne Frage auf ihre Dringlichkeit geprüft werden.

Da ich einmal von den Absichten, mit denen das Reichsjustiz— ministerium umgeht, gesprochen habe, so glaube ich, daß es gut ist, wenn ich auch im übrigen, also ohne gefragt zu sein, über den Stand der Reformarbeiten Auskunft gebe, die augenblicklich im Gange sind.

Da handelt es sich in erster Reihe um umfangreiche Novellen zur Straßprozeßordnung und zum Gerichtaverfassungsgesetz. Diese Novellen sind so weit fertiggestellt, daß ich habe noch nicht Ge— legenheit gehabt, sie ö zu prüfen —, wenn sie den An⸗ schauungen entsprechen, die ich über diese Fragen habe, die National versammlung in ehe feier e, kurzer Zeit mit ihnen befaßt werden kann. Sobald die Vorlagen im Ministerium erledigt sein werden, werde ich dafür Sorge tragen, daß sie veröffentlicht werden. Ich stehe auf dem Standpunkt daß es gut ist, so schnell wie möglich der Oeffentlichkeit die Absichten der Regierung kundzutun und ins— besondere Vorlagen der Regierung der Oeffentlichkeit zu übergeben, damit die öffentliche . rechtzeitig sich mit diesen befassen und uns ihre sehr förderliche Hilfe und Mitarbeit nicht versagen kann. (Beifall bei den Deutschen Demokraten.)

Mit diesen beiden größeren Novellen würden kleinere Gesetze derbinden sein, die - erholt geäußerten Wünschen der . tung entgegenkommen sollen. Es handelt sich einmal um einen Gesetz— entwurf über die Löschung und Tilgung von Vorstrafen in Straf— registern und um einen Gesetzentwurf, betreffend Einführung von milderen Strafen in denjenigen Fällen, wo die Todesstrafe bisher als absolute 5 afe besteht.

Zu diesen Gesetzentwürfen würde sich vielleicht noch ein Gesetz— entwurf über die Ausgestaltung des Jugendrechts gesellen, nämlich dann, wenn über diesen Punkt eine Auseinandersetzung mit dem Reichsministerium des Innern stattgefunden hat. Bisher bestand die Absicht, die ganze Materie der Fürsorge für die Jugend in tat— sächlicher und einheitlich zu treffen. Jetzt scheiren andere Anschauungen hervorgetreten zu sein, so daß sich die Möglichkeit ergibt, die Gesamtheit der Rechtsfragen, soweit die

rechtlicher Beziehung

Jugend an ihnen beteiligt ist, einheitlich als solche zu regeln. Das wird eine Aufgabe meines Ministeriums sein, der wir uns mit dem

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für diese wichtige Angelegenheit gebotenen Eifer zuwenden.

Nun bin ich allerdings der Meinung, daß damit die Aufgaben meines Amtes keineswegs erschöpft sind. In der Tat liegen auch Vorarbeiten auf allen anderen Gebieten vor, insbesondere auf dem des Zivilprozesses und des bürgerlichen Rechts. Ich bin entschlossen, diese Vorarbeiten so zu fördern, daß in möglichst kurzer Zeit Re⸗ formen, und zwar tiefgreifende Reformen, auch in dieser Materie voll⸗ zogen werden können. (Bravo) Meine Damen und Herren! Ich stehe dabei auf dem Standpunkt, den einst ein großer Jurist, der allerdings kein großer Justizminister wurde, Herr von Savigny, präzisierte, als er sagte: Das Recht ist eigentlich nichts anderes als das Leben selbst, nur von einer besonderen Seite gesehen, Recht und Leben gehören zusammen. Wenn man diesen Standpunkt einnimmt dann ergibt sich auch o hne weiteres die Forderung, unser Rechtswesen in seiner Gesamtheit einer Nachprüfung und einer Umgestaltung zu unterwerfen. Denn das Leben hat sich geändert, hat sich so tief— greifend in allen seinen Beziehungen geändert, wie wir es im Augen—⸗ blick vielleicht noch gar nicht übersehen. Es hat ganz neue Gedanken zutage gebracht, denen sich das Recht anpassen muß, wenn es mit dem Leben in Einklang bleiben will.

Schon aus diesem Grunde also müssen wir daran denken, wenn wir nicht den alten Vorwurf auf uns laden wollen, daß das Recht nachhinkt und sich wie eine ewige Plage von Geschlecht zu Geschlecht fortwälzt, langsam von Ort zu Ort sich bewegt, rechtzeitig ins Leben hineinzugehen, rechtzeitig die neu auftauchenden Ideen zu fassen, suchen und versuchen, ihnen die rechtliche Gestalt zu geben, deren sie be⸗ dürfen. (Sehr richtigl bei den Deutschen Demokraten.)

Dabei baben wir einen , . in den Vordergrund zu stellen, der vielleicht in unserer bisheriger bie cha gta tum doch noch nicht so gewürdigt worden ist, wie er es verdient. Im großen und ganzen können wir in Deutschland mit unserem Recht und vor allem mit unserer Rechtspflege durchaus zufrieden sein. Ein sorgfältig durchdachtes, ein technisch außerordentlich hohes, fein ausgearbeitetes, systematisch durchgearbeitetes Recht, wie wir es haben, ist eine Geistesschöpfung. die als solche Bewunderung verdient, und hat in der Tat die Grundlage unseres großen Aufschwunges mitgebildet, auf den wir stolz sind und dem wir jetzt traurig nachblicken. Dazu eine Be⸗ amtenschaft, die in ihrer Unbestechlichkeit, in ihrer Lauterkeit, in ihrem Pflichteifer, in der Höhe ihrer Anschauungen, in ihrer wissenschaft⸗ lichen Durchbilvung sicherlich ihresgleichen suchte.

Aber wir wollen es offen bekennen: Trotz alledem ist es nicht gelungen, das richtige Verhältnis zwischen Volk, Recht und Rechts- , herzustellen, trotz alledem besteht eine Kluft, die wir als Männer des Rechts oft und schmerzlich empfunden haben. Das Recht war und ist doch der großen Masse unseres Volkes etwas Fremdes geblieben, ein mehr techn sches Instrument, mit dem in Berührung zu kommen sich der gute Bürger nach Möglichkeit scheute, nicht bloß etwa auf dem Gebiete des Strafrechts, nicht bloß, was sehr wünschenswert wäre, um Zivilprozesse zu vermeiden. Wir wissen, daß jeder bei dem Ge⸗ danken, und sei es in harmlosen Sachen, z. B. bei Vormundschaften, aufs Gericht zu gehen, einen leisen Schauer empfängt und mit gemischten Gefühlen die Stätte der Th:mis aufsucht. Das ist etwas Ungesundes. Wir müssen davon ausgehen, alle Institutionen des Staates so zu gestalten, daß bas Volk es als seine eigenen Institutionen, auf die es stolz ist und benen gegenüber es Vertrauen hat, betrachtet.

Das gilt ganz besonders in bezug auf das Recht. Wie Professor von Gierke einmal gesagt hat, man müsse den Staat an das Volk heranbringen, so müssen wir vor allen Dingen Recht und Volk mit⸗ einander in Eindernehmen setzen und Recht und Volk aneinander heranbringen. Deshalb wird es die Aufgabe, der wir uns zuwenden müssen, sein, mit dem äußeren Aufbau, selbst auch in der Sprache des Rechts und vor allen Dingen in der inneren Gestaltung des Rechts, voltstimlichere Anschauungen zu verwirklichen und das Volk mit dem⸗ jenigen ich möchte nicht bieß sagen Vertrauen, sondern mit der⸗

jenigen Vertraulichkeit zu erfüllen, die notwendig ist, um dem Recht den

Standpunkt stehen, der ja gestern ausgesprochen worden ist, daß wir

großen Platz im Volesleben zu sichern, der ihm gebührt. Wir müssen

das Pensum, das wir vorhaben, möglichst rasch aufarbeiten und nicht

*

die Vertrautheit mit dem Recht auch mit Bezug auf die Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften das ist ja eine große? bürgerlichen Erziehung steigern. Wir müssen es dahin bringen die Rechtsfremdheit des Volkes, die sich in Gegensatz zu der

besprochenen d , m. ter stellen muß, auf rt P

selbst muß dazu tun, daß , zerhältnis chen ihr einzelnen Bürgern e , Fine die Empfindungen des Vol ĩ Fragen, denen in weitem u. mange doch Voraussetzung für eine gesunde und gute

Ich werde mich niemals dazu e eines wissenschaftlich durchgebildeten Juri Wer das verlangt, verkennt, daß unser lechnisch wissenschaftlichen Durchbildung bedarf. (Sehr richtig! Volksrichtertum kann gewiß in weitem Umfang einzelne Streitigke erledigen, aber es r. das nicht, was wir müssen: künftigen St keiten vorbeugen, inden tändige, stetig durchge sprechung eine feste 34 s e bietet. (Sehr i tig)! denken, Gesetzbücher herzu ne ,. die er in di d ine Anregung en r

Ich bin z den. um de its nicht nur n ch m 3 hen Le in d von n zu ; wo unserem in rec Schuh kt, ur x di . Nach vy 9 5 1 7 1 ch im Ei Am s meine dare um Heil unseres Vaterlandes zu lösen. Beifall) Soz.): 8 5⸗ En ergie * Rech g tertum, ö. e Ent ng wird aber über . An ö len binn eggehen. Bei dem Volke besteht n to ße 1 ge 39 J . in let r noch besonder Sch affungꝰ einer Beschwerd

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gebendes Gewicht für unser gesamtes Nechtsle sich die Ausbildung der Beamten Sache

Problem das gebe ich zu ist Aufge zu prüfen sein, ob der Anregung, die bereits erfol nʒe Frage der Ausbildung in größerem oder geringerem das

Reich zu übertragen, nac hyugehen wäre. ganz einheitlich daran interessiert, daß punkte bei der Ausbildung ö er kann dahingestellt bleiben, ob das durch die Gesetzgebung und V rwaltung d maßgebende Beeinflussung der Ei ne staat Jedenfalls sind wir sachlich legitimiert, uns gehend zu ö ilten.

Nun hat Herr Dr. Sinzheimer gen viß mit Recht sich dagegen ge

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wandt, eine rein formalistische Ausbildung der I ler herbeiz führen. Ich glaube, darüber besteht aber auch eine durchgehende

Uebereinstimmung. Die ganze Entwicklung geht doch eigentlich darauf hinaus, jenen Formalismus des Rechts, der zweifellos in über— wiegendem Maße, vielleicht durch den Gang der Geschich 2. unseres Rechts auf der Grundlage des römischen Rechts, sich ge stalte t hat, zu beseitigen und statt dessen zunächst einmal in erheblich höherem aße sich für das freie Ermessen des Richters einzusetzen, von dem der Herr Abgeordnete Dr. Sinzheimer weiß, welche Rolle es bereits im Bürgerlichen Gesetzbuch spielt, e, n.. aber auch den Gesichtskreis des Nichters durch die Art seiner 2 Ausbildung zu ewweitern.

Schon jetzt gibt die Universität in weitestem Umfange Gelegen heit, nicht bloß das Recht für“ sich allein, sondern auch diejenigen Disziplinen, die damit in Zusammenhang stehen, m studieren, und auch der Unterricht des Rechts bewegt sich doch auf Bahnen, die eine freiere und umfassendere Weltanschauung zulassen. Wenn aber der Herr Abg. Dr. Sinzheimer im selben Atemzug die angeblich über— wiegend en,, . Auffassung unserer Rechtestudenten be⸗ mängelt, zugleich aber davor warnt, den rechtsgeschichtlichen Unter— richt, den Geschichtszusammenhang zu weit auszudehnen, so scheint mir hier ein gewisser Widerspruch vorzuliegen. Denn der Idealismus kann in der Tat durch nichts mehr gefördert werden, als wenn man nicht unmittelbar auf die praktischen Aufgaben des Tages allein hin—⸗ gelenkt wird, sondern dem großen Geschichtszusammenhang nachgeht. Es ist eine ideale Auffassung, das Recht in seinem Werden zu ver— folgen, und es stärkt den Idealismus, wenn man nicht bei jedem Unterrichtsgegenstand fragt: kann ich den auch unmittelbar als An— walt oder Richter benutzen; sondern wenn man sich ohne jede materielle Nebenabsicht in die Vergangenheit vertieft und die tiefen Wurzeln des Rechts, die ja trans enden aler Natur sind, auch in der Zeit, die zurückliegt, verfolgt.