und wenn das hier zu diesem guten Resnstat geführt hat, so sche ich es as ganz sel siverständlich an, daß wir, wenn wir die große Be— soldungsnovelle machen, gleichfalls von Anfang an die Beamten— organtsation heranziehen. (Erneute Zustimmung.)
Aber ich glaube wir nehmen dann auch der Nationalversammlung eine g oße Arbeits ast ab (sehr richtig! im Zentrum und links); denn es gibt sür ein Parlament keine uncankbaiere Arbeit, als Besoldungs— novellen zu machen und Beseldun gordnungen festzusetzen. (Sehr w hr!) Recht machen kann man es doch nicht allen. denn so Croß ist der Geldbeutel des Deutschen Reiches nicht, daß alle Wünsche erfallt werden fönnen. Glaubt man sie aber erfüllt zu haben, dann wird sich ganz von selbst bald wieder zeigen, daß sich die eine Kategorie gegenüber einer anderen benachteiligt glaubt und erklärt: wenn die schen so und jo viel bekommt, muß ich es auch bekommen. Diesen Kämpfen unerquicklichster und undanlbarster Art für parlament und Regierung kann nur vorgebeugt werden, wenn von Anfang an mit den Beamtenorganisationen über alle Fragen verhandelt wird, wenn sie sehen, daß sie mitarbeiten dürfen, daß auf ihre Raischläge gehört wird und der Ausgleich von den Beamten— organisationn selbst geschaffen wird. Das ist das Ziel des Reichs— Aunzministertums bei der neuen Bejoldungsordnung, und ich hoffe wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, von denen ich sprach, daß Sie das Gesetz so zeuiig erhalten, daß es mit Wirkung vom nächsten 1. April in Kraft treten kann.
Wenn ich diese Zusage mit den beiden Vorbehalten, die ich genenat habe, geben konnte, dam dar ich allerdings an die Verwaltungen der Länder wie an die Beamten—
organisationen und die Arbeiterorganisationen, die für Eisenbahn und Post in Betracht tommen, von dieser Stelle aus das Er— suchen richten, daß in diesem Zeitraum nicht mehr auf den ver— schiedenen Gebieten neue Forderungen erhoben werden, sondern daß man die endgültige Regelung, bis zu der es doch nur noch ein halbes Jahr dauern kann, dem Reiche vorbehält. Die Übernahme auf das Reich und die Arbeiten dafür werden ungemein erschwert, wenn in diesem oder jenem Teil des Deuischen Reiches noch besondere Ab⸗ machungen getroffen werden (sehr wahr! bei den Sozialdemokraten), die vielleicht manchen Landesverwaltungen gar nicht einmal allzu schwer und drückend sein würden. Diese würden vielleicht sagen können: wir zahlen ja doch nur noch vom 1. Januar bis zum 31. März dieses Jahres; also warum sollen wir unsere Landeskinder nicht zufriedenstellen und ihren Wünschen nicht entge enkommen? Aber ich bitte zu bedenken, wenn dieser Gesst einreißen sollte, dann würde im Monat April das Reichsfin anzministerlum vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe stehen.
Überdies liegt auch kein Bedürfnis zu solchen Abmachungen vor, weil die Verhandlungen mit den Organisationen der Beamten bereits jetzt aufgenommen werden und schon in den nächsten Wochen Verhandlungen statifinten werden. Dort können sie dann ihre Wünsche vortragen, und ich glaube, daß da auf die Dauer mehr für die Erfüllung dieser Wünsche getan werden kann, als wenn einzelstaatliche Verwaltungen noch im letzten Augenblick auf diesem Gebiete Abmachungen treffen wollten. Auch die Beamten⸗ organisationen werden, wie ich hoffe, das Zweckmäßige des Weges, den ich vorschlage, einsehen.
Nun hat der Herr Abgeordnete Dr. Wirth noch einige Wünsche zu den Zusatzvereinbarungen, die wir mit den Organisationen der Beamten und mit den Ländern getroffen haben, in den Kreis der Erörterungen zu ziehen gebeten. Ich bin in der angenehmen Lage, ihm zuzusagen, daß alle Wünsche, die er geäußert hat, vom Reichs finanzministerium erfüllt werden können und auch tatsächlich erfüllt werden. Wenn hier gedruckt worden ist: „Zusatz nur für Bayern“, „Zusatz nur für Preußen“ — so möchte ich sagen, daß diese Formu⸗ lierung mehr einen historischen Wert hat. Es soll der Nationalver— sammlung dadurch zum Bewußtsein kommen, warum dieser Zusatz 7 hier überhaupt Aufnahme gefunden hat, ebenso der Zusatz 8. Materiell werd das, was hier für Bayern genehmigt wird und für Mäußen niedergelegt ist, selbstverständlich allen Beamten gewährt werden ohne Unterschied, ob sie nun aus Bayern, aus Baden oder aus Preußen kommen. Die Aufnahme dieser Zusätze für Bayern speziell ist notwendig geworden, weil infolge der Revolutions zustände in München, die ja den Herren bekannt sind, der Etat damals nicht ordnungsmäßig zur vorgeschriebenen Zeit im Landtage verab— schiedee werden konnte, da er nicht versammelt war. So konnten die Wünsche der Landesregierung, die absolut sicher die Zustimmung der Landesregierung gefunden hätten, zugunsten der Beamten nicht mehr durchgeführt werden. Nun darf aber, weil aus einem solchen Umstande und gegen den Willen der Regierung und der Voltsvertretung Wohltaten den Beamten nicht zugeführt werden konnten, weil Secartakus und andere Elemente in München herrschten, daraus eine Benachteiligung der Beamten nicht eintreten. (Sehr richtig! links.) Zur Vermeidung einer solchen Be⸗ nachleiligung soll die Ziff. 7 mitwirken. Wenn in anderen Ländern ähn iche Verhältnisse vorli gen — ich weiß nicht, ob Braunschweig, Hamburg und Bremen in Betracht tommen tönnen —, so ist es selbswerständlich, daß wegen des nicht rechtzeitig verabschiedeten Etats den Beamten keine Nachteile erwachsen dürsen und das ist der Inhalt der Ziff. 7. Der 2bs. 2 der Ziff. 7 bezweckt nichts anderes, als daß die Abstellung von Härten nur mit Zustimmung der Reichs— regierung erfolgen soll und daß nicht eine einseitige Auslegung von seiten eines Bundesstaates eintritt. Andererseits leisten die Ver⸗ wa tungen der Länder uns gewiß einen Dienst, wenn sie solche Un— ebenheiten und Härten ausgleichen, ehe die neue Besoldungsordnung geschaffen ist. Es wird dann das Zusammenlegen von einzelnen Gruppen leichter, reibungsloser und schneller vor sich gehen.
Der Zusatz in Zffer 8 ist heute nicht bemängelt worden, und
er eigibt sich gan; von selbst. Ich ertläre aber; wenn andere Staaten Len Beamlen ähnliche Zusagen machen sollten, wie ve in
Preußen gemacht worden sind, so ist es selbstverständlich, daß diese Zusagen in den betreffen en Staaten Gültigkeit haben werden.
Tas ist es, was ich zu den Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Wirth und zum Nachtrageetat zu sagen habe. Ich bin der National⸗ versamt. ng dankbar, wenn sie den Etat noch heute oder, falls die Fran nicht ausreicht, morgen noch verabschiedet, damit wir dazu über⸗ geben können, nach endgültiger Verabschiedung des Etats die Stellungen der Präsidenien der dandesfinanzämter definitiv zu be— setzen und die Einzelheiten des großen Werkes, dessen Bedeutung für das deutsche Volk der Herr Abg. Wirth schon hervorgehoben hat, raschestens der Verwirklichung entgegenzuführen. (Bravo h
Auf Bemerkung des Abg. Stolten (Soz) erwiderte der
Reichssinanzminister Erzberger:
Meine Herren, ich will die Debatte nicht lange aufhalten. Ich habe ja bereits erklärt daß der Wunsich, den der vert Abg. Sto ten für Hamburg vorgetragen hat, ganz begründet und berechtigt ist. Er stent auf demselben Standpunkt. auf dem die Reichsfinanzverwaltung steht und auf dem auch die Reichsregierung steht. Aber nach Lage der Gesetz ebung können wir momentan an der Sache nichts ändern Selbstverständlich werde ich nach dem heutigen Wunsche des Herrn Abg. Stolten erneut wieder mit Preußen in Verbindung treten, um zu versuchen, ob nicht doch eine andere Lönung im Verwaltungswege möglich ist und durchgeführt werden kann. Ich stehe mit ihm auf dem Standpunkt, daß die Verhältnisse im Hamburger Hafen ein fach unhaltbar sind. Es geht nicht, daß drei Oberzolldirektionen noch im Hamburger Hafen verwaliend tätig sind, und der Wunsch und der ursprüngliche Plan der Reichsfinanzverwaltung muß in absehbarer Zeit durchgeführt werden.
Nun hat der Heir Abg. Dr. Blunck erklärt, wir ären über alle Schwierigkeiten hinweg, wenn wir seinem Antrage damals Rechnung getragen hätten, daß die Einteilung der Landesfinanz— ämter durch Gesetz eifolgen müsse. (Zuruf von den Deuischen Demotraten: Oder im Benehmen! — Durch Reichsgesetz erfolgen müsse, so lautete der Antrag damals.
Der Herr Abgeordnete Dr. Blunck vergißt doch eins: Wir hätten damals kaum die Zustimmung des Staatenausschusses gefunden, wenn wie das sehr schwere Gesetz, das schon mit dem Ait. 46 über das Aufkommen der Einkommensteuer belastet war, noch mit dieser Last beladen hätten.
Aber der Herr Abgeordnete Dr. Blunck vergißt auch noch ein zweites. Denn wenn wir auch das damals noch durchgeführt hätten, so hrauchte doch das Gesetz die Zustimmung des Reichsrats; und im Reichsrat hat nach der Konstruktion, die die Nationalversammlung beschlossen hat. Preußen 25, Bayern 6 oder 7 Stimmen; jedenfalls ist Preußen in Verbindung mit irgendeinem kleinen oder mittleren Staat in der Lage, jede Geseßesvorlage unmöglich zu machen. Wenn die Reichsregierung von sich aus vorgehen würde, hal Preußen nachher wiederum nach der Konstruktion der Reichsverfassung soviel Macht⸗ mittel, daß gegen den Willen von Preußen solche Dinge sehr schwer zu machen sind. Deswegen ein Referendum herbeizuführen, was der letzte Ausweg wäre, weil die Einteilung der Landesfinanzämter nicht ganz wunschgemäß erfolgt ist, das wird man auch von mir nicht verlangen.
Aber der Herr Abgeordnete Dr. Blunck vergißt noch ein drittes. Die schönen Tage der Opposition von Weimar, Herr Kollege Dr. Blunck, sind vorüber. Die Tage der Regierungsmitarbeit von Berlin sind gekommen. (Große Heiterleit.)
—
94. Sitzung vom 9. Oktober 1919. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Am Regierungstische; der Reichsminister Koch, später auch der Reichskanzler Bauer und die Reichsminister Noske, Schlicke und Müller.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 11M Uhr.
Zu der Interpellatien der Abgg. Löbe Soz.) und Genossen, betreffend die Preisstei gerung der
zäut e, des Keders, der e m fen u sw. in⸗ olge der Aufhebung der Zwangswirtschaft, erklärt ein Ver⸗ treter des Reichs arbeitsministerzs, daß dieser sich wegen des Termins der Beantwortung der Interpellation mit dem Präsidenten in Verbindung setzen werde. Damit ist dieser Gegenstand für heute erledigt. Dann wird die infolge des Anfalls , Abg. Haase estern abgebrochene allgemeine politische Be⸗ k beim Haushaltsplan des Reichs—⸗— ministeriums und des Reichskanzlers sort— gesetzt.
Abg. Dr. Cohn (U. Soj.): An dieser Stelle sollte gestern mein Freund Haase stehen. Die Untat eines . Wirr⸗ kopfes hat es verhindert. Die Motive, aber auch die dotoren dieses Mannes sind noch im unklaren, wenn auch der Vorwärts ein unpoli⸗ tisches Attentat verkündet, und wenng eich die Regierung schon bei Beginn der Untersuchung umfangreiche Protokolle durch den ai fen Draht verbreitet, wir warten ab, bis das Dunkel sich lichtet, und hüten uns bis dahin, den Lederarbeiter Voß irgendeirer Partei oder einer bestimmten Clique zuzurechnen; aber das Eine ist klar: solche Mord · anschläge gedeihen nur allzu gut in einer Atmosphäre, wo gefällige Offiziere ö. Reichswehr Moͤrder mit. Auslandspässen verseh n, und wenn sie doch einmal in Militärgefängnissen stzen Dort einige Dage in einer ihnen sonst versagten Ruhe ein Wohllẽben führen. Von Abscheu erfüllt, freuen wir uns doch, daß Haase dem Anschlag nicht zum Dpfer gefallen ist, wir rufen ihm von hier in sein Krankenzimmer herz- lichste Wünsche und Hoffnungen für seine baldige Genesung zu. Wir sind glücklich, nicht mit gesenkter Stimme sagen zu müssn: Mann über Bord!“, sondern sagen zu können; „Der Kurs bleibt der alte“, Ja, unser Kurs bleibt der alte, und wir werden uns auch nicht durch die Sirenenklänge des Kollegen Scheidemann in einen falschen Kurs leiten lassen. Wir hören scharf bin, um die reinen Töne einer echten, aufrichtigen, sozialistischen Politik zu vernehmen. Niemand ist unter uns, der nicht die Einigung all. r Klassen der proletarschen Schichten wollte. Aber nur zu einem einheitlichen sozialistischen Handeln, nicht zu einer Koalition mit bürgerlichen Parteien. Die Einigkeit der Arbeiterschaft aller proletarischer Schichten ist und bi ibt für mich die Vorbedingung des soziglistischen Kampfes. Der Kampf um. die Er, ringumg einer soꝛialiftischen Gasellsckaft ist nur aussicktsreich durch Belebung und Förderung der Produktion. Wie soll aber eine sozis— listische Politik, eine Einigung des Proletariats zur sozialistischen Ord⸗ nung erreicht werden mit der Politik, die bisher im Deutschen Reiche vor dem 9. Nod mber und jetzt nach dem J. Nebember ge⸗ trieben wurde? Abg. Scheidemann meint, seine Parteifreunde seien zum Zusammenarbeiten mit bürgerlicken Vartejen in der Renierung von uns gezwungen. Ist das wirklich richtig? Vergessen die
Herren volhständig, daß Anfang November, als mit uns rerhandelt wurde, geichzeitig Herr David mit den National⸗ liberalen verhandelte und sie ersuchte, mit den Sczialisten
zusammenguge ben? (Große Unruhe und Zurufe) Herr Landsberg, erkundigen Sie sich bei Ihren Freunden und Herrn Stres mann! Als ich mit meinen Freunden Dittmann und Vogtherr am 9. No— vember mit Herrn Ebert verhandelte wegen der gemeinschaftlichen Uebernahme der Regierung, war es schon auffällig, daß der Sozial⸗ demokrat Ebert die Verhandlung mit den Worten benann, daß ihm vom Reickskanzler Max von Baden die Leitung der Reöierung über⸗ tragen worden sei. So beginnt ein Sozialdemokrat die Verhandlungen mit anderen Sozialdemokraten beim Ausbruch einer Revolution! Be⸗ zeichnend war es auch für den Geist, der aus Ebert damals sprach— Daß er mit Vertretern bürgerlicker Parteien, wie Herrn Solf und Graf Roedern seine Politik machte. So war auch die Politik der Rechts⸗
sozialisten vom 9. November und 28. Dezember, die Politik der zwei
Eisen im Feuer? Man wollte bei den bevorstehenden Wahlen sich gern eine sozialistische Mehrheit gefallen lassen, aber man wollte sich den Rückzug zu den bürgerlichen Parteien nicht versperren. Herr Eben bat seinen Lohn dahin; er ist zwar der erste sonalsstijche Reichs Präsident, er wird, wenn diese Entwicklung der Rechtssozialisten bei, bleibt, aber auch der letzte sein. Schon ist von anderer Seite über die Person seines Nachfolgers etwas verlauibart Seine Präsidentschaft wird solange dauern, wie die Amtszeit eines Schützenkönigs. Der Be— lagerungszustand beleuchtet die Situation, in der wir im demokratischen Staate leben. Die Schutzhaft wird gewissenlos und leichtfertig von den Militärbehörden verhängt, die Zensur sinnlos von ihnen aus— geübt. Der Reichswehrminister hat eine Jugendzeitschrift unserer Partei für die Dauer verboten, weil sie einen Artikel für die Be— seitigung des Militarismus und der freiwilligen Reichswehr gebracht hat, Man scheut dabei vor krassen Verfassungsbrüchen nicht zurück Entgegen der Verfassung, wonach allein der Reichspräfizent Maßregeln Mur, Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit anordnen kann, hat der Reichswehrminister am 11. August die 15. Reichswehrbrigade zu voll. ständig selbständigem Handeln in solckem Falle ermächtigt. Ist dem Herrn Reichskanzler dieser Erlaß des Reichswehrministers bekannt Die Neuwahlen sollen viel zu spät angesetzt werden. Dem Volks, pillen entspricht die jetzige Zusammenfetzung der Nationalversamm. lung nicht mehr, deshalb dürfte die Nationgsversammlung keine wich. tigen, Gesetze mehr beschließen. Bei den Verstößen der Mehrheit sozialisten gegen eine demokratische Politik ist eine Einigung mit unz nicht möglich. Herr Scheidemann hat uns beschuldigt, das Zufammen. hen unserer Partei mit den Rechtsfozialisten verhindert zu haben. Die Rechtssoziglisten wollten uns aber die Parität in der Besetzum der Ministewosten nicht zugestehen. (Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten) Haben wir denn überhaupt eine sozialistische oder Auch nur bürgerlich demokratische Politik? Denken Sie doch an hie Schule, das Militär, die unterbliebene Sozial sierung. Diese Gesctz gebung hat geradezu eine präsozialistische Richtung, das Kohlensyndikat ist noch immer dasselbe wie früher. Wo ist da der Einfluß der Ulbeiterklasseꝰ Nein, Herr Scheidemann, so geht es nicht. Ziehen Sie erst Ihre Horchposten aus dem Drahtverbau der Regierung er in eine Ruhestellung und lassen Sie Herrn Noske in der politi— chen Desi nfeklonganstalt erst gründlich reinigen. (Heiterkeit. Es wäre der Arbeiterklasse wohler, wenn ihre Vertreter nscht in der Re gierung, sondern in der Opposition säßen. Ohne die Sogialisten Rs Auslandes, bei denen wir, uns Vertrauen verschaffen müssen, können wir nicht sozial stisch arbeiten. Eine sozialsstische Insel Deutsch' land im Meer des Weltkapitalismus ist undenkbar. (Lachen und Zwischenrufe b. d. Soz.) **. scheinen sich in den letzten Monaten Zuf die Lektüre des Vorwärts. und ähnlicher bürgerlicher Bfätter be schränkt zu haben. Bei uns hat das beinahe jeden Tag gestanden⸗ Mit der Dunkelheit unserer Politik unter dem Einfluß der mili— tärischen Elemente können wir keinen Kredit im Ausland gewinnen. Wir brauchen doch die Ententeregierungen unter allen Umständen. Selbst vom bürgerlichen Koalitionsstandpunkt aus muß man sich . aß wir das Vertrauen des Auslandes gewinnen müssen. ufe bei den Sosialdemokraten: Das beforgt ja die Freiheit) Fr Winnig, der ä. sogar die Freundschaft der Antisemiten erworben hat, hat am lautesten seine Stimme für den Schutz des Deu chtumz im Baltikum erhoben. Die deutschen Interessen dort belaufen fich nur auf 5 — 5 23 der Bevölkerung, die die Oberschicht darstellen, die frühen ihre Ehre darin sah, dem Zaren die entschlofsensten Gewalt . zu stellen, und jetzt auf die Tränendrüse und die Sentimen, lität des deuts hen Volkes einwirken wollen, um ihre ökonomischen Interessen zu fördern. Diese , hat Winnig unterstützt, und dadurch sind dort Tausende von deutschen Soldaten zu Räubern ge⸗ worden. Allg unsere Warnungen hat die Regierung in den Wind 3 Wenn der Reichswehrminister wirklich chen . hätte ß nur im Januar und Februar Anwerbungen stattgefunden hätten, so würde er damit die Unwahrheit gesagt haben. 31 der Sitzung der n,, 26. Juli hat Ubgeordneter Hgase unter Nennung der genauen en eine große Anzahl Werbebüros ge) nannt, die hier in Berlin unter den Augen der Regierung in unmittel barster Nähe des Amtegebäudes des ichswehrmini n tätig ge wesen sind. In allen Sitzungen des , , . haben wit unsere Warnungen laut werden lassen, diese wahnsinnige Bastikum— politik zu verlassen. Immer wieder hat uns der Minister nach seiner Art von oben herab belehrt, es sei strategisch unmöglich, die Grenz erst an der Grenze zu verteidigen, man müsse im Baltikum sitz⸗ bleiben. Auch Abgeordneter , . Grund seiner G ahrungen rend einer Reise im Baltikum und unter Berufung an eine Unterredung mit lettischen und estnischen Parteigenossen, daß allerhöchste Zeit sei, mit den Truppensendungen nach dem Baltikum und mit dem ganzen baltischen Abenteuer Schluß zu machen. Das wa im Mai, und immer und immer ist noh nichts geschehen. Haaf warnte davor sich in diesem Falle auch erst wieder von der Enten treiben zu lassen. Die Entente könne sich die ungufrichtige Baltikum politik nicht gefallen lassen. So ist es auch gekommen, aber gerabg in der Zeit, wo die Der bend ungen mit der Entente schärfere Forme annahmen, hat General v. d. Goltz den General Gork in dem be kannten Brief angeflegelt und ihm befohlen, die Truppen zusammen zufassen und noch sonstige Regierungsfunktionen auszuüben. Haaf erinnerte an eine Rede des Fürsten Bülow, der von Schnorrern um Verschwörern gesprochen habe, von denen Deutschland sich nicht auf de Nase, herumtanzen lassen solle. Das sind die Schnorper und Ver schwörer, die jetzt hier in Berlin sitzen und sich als Minister und Bo auftregte der westrussischen Regierung bereichnen. Ich habe hier dae Faksimile von Verträgen mit dieser westrussischen! Regierung. Dari wird über ine Anleihe von 300) Millionen r' verhandelt. Ei politischer Spaßvogel hat da die Herren ganz lustig aufsitzen lassen den Vertrag mit ihnen abgeschlossen und ihnen versprochen, daß da Bankhaus 8. Morgan in Newyork das Darlehen auszahlen werde Dem Vermittler wurden L 2 der Summe und bedeutende Kon zessionen im Gebiete des künftigen westrussischen Reiches in Aussich ö Diese Verhandlungen haben in der Wohnung des Hen elf stattgefunden. (Cachen) Rief man telephonisch bei Hern Solf an, so meldete sich dort der westrussische Genern Durnowo. der die Wehnung des Herrn Solf übernomma hat. Schallendes Gelächter rechts und bei der Mehrheit Die Regierung scheint trotz ihrer Vertrauensmänner⸗ und Spitzel organisation noch nicht dahinter gekommen zu sein, was für Zettelunge von den westrussischen Ministern auf deutschem Boden getrieben werden Suruf bei den Dem.: „Wie war es mit den Zettelungen in der russ schen Gesandtsachft!)) Der westrussische Handelsminister Roem kauft überdies große Massen von Heeresgegenständen bei uns auf, R Mittel dazu stammen angeblich aus privater Quelle; es sind schwe industrielle Gelder also solche, mit denen auch der russische Bolschemis mus bekämpft wird. Andererseits bemühen sich die Schwerindustrielle seit Monaten, mit den Bolschewisten Geschäfte zu machen. Die en lische Militärmission scheint diesem Treiben gegenüber duldsam zu sei Auch hier hat die Regierung bisher anscheinend nichts getan, um ein solche Liierung zu verhindern. Wir appellieren an unsere Freunde England, Frankreich, Italien und Amerika und denunzieren d Militärmission in Berlin als Hüterin und Förderin der Bestrebung . Ruß and und des beabsichtigten Leichenraubes an dern russischt olke. Wir müssen endlich zu guten Beziehungen zu Rußland komme Wir laufen Gefahr, durch diese Politik auch noch Ostpreußen zu w lieren. Memel soll der Hafen werden, von dem aug England sen Einfuhr nach den westlichen Teilen des russischen Reiches fördern wi und von Memel aus soll unter englischer Führung der neue Rantsta gebildet werden, der sich gegen unseren Osten wenden wird. Auch Pola gegenüber ist vieles versdumt worden. Weiß die Regierung nicht, d käglich Hunderle von CGisenbahnwagen, vielleicht mit Hilfe gefällß Beamter, mit Waffen beladen nach Polen rollen? (Hört, hört! linl . Dieses Heeresgut dient dazu, die polnische Front gegen die Bolschen mit denen wir im Frieden zu leben das größte Interesse haben, a bauen. Es ist Zeit, daß unsere Ostpolitik endlich aus dem negah Stadium herdusktitt. Gute wirtschaftliche Beziehungen lassen sich aufbauen auf der Grundlage eines politischen Modus vivendi,. t. wird auch zu untersuchen sein, ob die Friedensbedingungen hins
der Waffenlosigkeit Deutschlands wirklich erfüllt werden. Will man
die Politik mit Rußland, die Politik der zwei Eisen, der Unaufrichtig⸗ keit, weiter führen, dann wird die deutsche Regierung im Osten dauernd zwischen zwei Stühlen sitzen. Ich fürchte, es ist schon sehr viel ver⸗ säumt, geht es so weiter, dann heißt es wirklich: Finis germaniae, dann ist es mit Deutschland zu Ende, wenn es sich den letzten Ausweg aus der Not verbaut, in die es durch den Friedensschluß gekommen ist.
Reichswehrminister Noske: Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen kurzen Darlegungen eine Richtigstellung voranschicken. Ich habe gestern von einem Pamphlet gesprochen, das unter dem Titel: „Einst und Jetzt“ erschienen ist. Ich habe Ihnen mitgeteilt, daß diese Schrift in der Druckerei der „Deutschen Tageszeitung“ hergestellt wurde. Es steht auch fest, daß der Druck dort erfolgt ist. Den Inhalt habe ich gestern durchaus zutreffend und richtig wiedergegeben. Der Vorsitzende der Deutschnationalen Partei, der Staatsminister Hergt, hat mir heute vormittag die bündigste Erklärung abgegeben, daß der Vorstand seinet Partei einen Auftrag zur Herstellung dieser Schrift nicht erteilt hat. (Hört, hört! rechts) Davon habe ich Notiz zu nehmen, und infolgedessen fallen die Schlußfolgerungen, die aus dem Inhalt und der Verbreitung dieser Broschüre gezogen werden, gegen den Vorstand der Deutschnationalen Partei bin. Der Irrtum — so hat mir der Herr Staatsminister Hergt auseinandergesetzt — ist darauf zurückzuführen, daß der Vorstand der Deutschnationalen Partei der „Deutschen Tageszeitung“ einen anderen Druckauftrag gegeben hat. Auch dieser Druckauftrag ist mir bekannt; er bezweckt, den Herrn Reichspräsidenten und mich, nicht durch eine Broschüre, sondern auf andere Art verächtlich zu machen. (Hört, hört! links.)
Meine Damen und Herren! Herr Cohn hat gestern — ich habe den ersten Teil seiner Ausführungen zu meinem Bedauern nicht ge⸗ hört — davon gesprochen, daß mehr Personen als jemals in Schutzhaft sitzen. Ich stelle fest, daß für den Bezirk des Oberkommandos Berlin 22 Schutzhaftfälle vorliegen. Vier Schutzhäftlinge sind geflohen, davon einige mit gefälschten Papieren. pflegt das ja in besonders hohem Maße die Entrüstung der Herren Unabhängigen zu erregen. Sie werden wohl auch in dem Falle darüber entrüstet sein, daß die Autorität der Behörden nicht genügend gewahrt wird. (Lachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)
Gegen Druckschwiften ist in manchen Fällen allerdings einge⸗ schritten worden. Leider sind wir heute noch in einem Zustande von Nevolution, und deswegen muß die Regierung darauf Bedacht nehmen. (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Leider?) — Jawohl, leider! (Lachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten) Sind Sie etwa der Meinung, daß der Zustand der Revolution zu einer dauernden Einrichtung in Deutschland werden möchte? (Heiterkeit Gegen Gewalttätigkeiten, die gepredigt werden, hat die Regierung sich zur Wehr zu setzen. Deswegen ist zum Beispiel noch in den allerletzten Tagen eine Zeitschrift berboten worden, die von einem Herrn Kuntz herausgegeben worden ist, in der in der übelsten Weise zu Pogromen
aufgerufen worden ist. Aber ebenso wie wir nicht zusehen können und nicht dulden dürfen, daß aufgefordert wird, auf den Berliner Straßen Juden totzuschlagen, dürfen und werden wir nicht dulden, daß dauernd der Verfuch gemacht wird, Teile der Bevölkerung erneut zum Bürger— krieg und zu Gewalttätigkeiten aufzurufen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten Zu einer solchen neuen Revolution wollen aber die Parteifreunde des Heyrn Cohn, wie sie ja dauernd erklären, die Massen führen. Ich verweise auf Darlegungen aus allernächster Zeit des Herrn Dr, Geyer, der allerdings damals vorsichtig hinzugefügt hat, daß für die Zeit der Gefahr die führenden Persönlichkeiten ver⸗ schwinden müssen (große Heiterkeit, weil so wertvolle Leute sich für spätere Zeiten aufsparen müssen. (Hört, hörth
Gegen neuen Bürgerkrieg und Bürgerkampf glaubt die Regierung im Interesse des Landes und des deutschen Volkes Maßnahmen treffen zu müssen. Solche Maßnahmen sind außerordentlich unangenehm und an sich unerfreulich. Die Lage unseres Landes aber macht gebieterisch Sicherungsmaßregeln erforderlich, wenn wir nicht unser Land und unser Volk einer Katastrophe entgegentreiben lassen wollen.
Herr Cohn hat sich über Mißgriffe in dem Versammlungswesen beschwert. An sich habe ich die Kontrolle über das Versammlungswesen in Berlin dem Polizeipräsidenten während der Dauer des Belagerungs. zustandes übertragen, ich habe mir vorbehalten, in besonders liegenden Fällen einzugreifen. Es ist zuzugeben, daß bedauerlicherweise einzelne Mißgriffe vorgekommen sind. Es muß selbstverständlich versucht werden, sie zu vermeiden. Manche dabon sind aber der Eigenart der Berliner Verhältnisse entschuldbar, wenn auch durchaus nicht er= wünscht. Z. B. haben wiederholt Kommunisten wie Unabhängige in Berlin zahlreiche Versammlungen einberufen, ohne die vorgeschriebene Anmeldung zu bewirken. Das ist nicht geduldet worden und wird nicht geduldet werden. (;Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Gewerlschaftsversammlungenh Dabei ist — das gebe ich zu — zu meinem Bedauern in einigen Fällen eine Gewerkschaftsversammlung mit aufgelöst worden. Ich habe deswegen mit dem Berliner Polizei⸗ präsidenten Rücksprache genommen, und er hat mir die Zusicherung gegeben, daß er alles tun wird, was in seinen Kräften steht, um nicht zu billigende Eingriffe zu vermeiden.
Herr Cohn hat davon gesprochen, daß die deutschen Sozialdemo—⸗ kraten und die deutsche Regierung Vertrauen im Auslande, nicht zu⸗ letzt auch bei den ausländischen Sozialdemokraten zu erlangen suhen müssen. Das halte auch ich für durchaus wünschenswert. Nur darf dieses Vertrauen nicht auf Kosten des eigenen Landes und des eigenen Volkes erworben werden. (Sehr richtig im Zentrum und bei den Sosialdemokraten) Die Partei des Herrn Cohn diskreditzert aber auf die Dauer das eigene Land, getrieben von einem fanatischen Haß gegen eigene Klassengenossen, gegen die Mehrheitssozialdemokratie. (Eachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten)
Fortgesetz — ich werde Ihnen den Beweis dafür gleich erbringen — machen die Unabhängigen das Ausland gegen Deutschland scharf, besonders in bezug auf Militärfragen, durch die Auftischung von fast durchweg unerwiesenen, falschen oder direkt erlogenen Behauptungen. (Lebhafte Rufe: Hört! Hört! — Exregte Zurufe von den Unabhängigen So ialdemokiaten) Wir brauchen in Deutschland Truppen an der Ostgrenze, und wir brauchen leider auch Truppen im Innern des Landes. Der Einstellung der Kämpfe auf den Schlachtfeldern, die vor einem Jahre stattfand, ist leider nicht schon der dauernde Friedens zustand gefolgt. Wenn die Berichte der Zeitungen zutreffend find, hat der französische Ministerpräsident Clemenceau kürzlich in einer Kammersitzung erklärt, er würde nicht einen einzigen französischen Sol⸗ daten zum Schutze der deutschen Ostgrenze absenden. Das hat die deutsche Regierung selbstverständlich auh nicht erwartet. Deswegen müssen wir aber für den Schutz deutschen Bodens selber sorgen. Leider
Wenn Gefangene fliehen,
steht die Tatsache fest, daß Polen dauernd seine Armee vergrõßert. Von amtlichen Stellen wird ganz selbstverständlich — es wäre das ja der reine Selbstmord — an Polen keinerlei Kriegsmaterial geliefert. Es wird nicht in Abrede gestellt werden können — Feststellungen selber habe ich nicht treffen können, sonst würden solche Maßregeln nicht geduldet werden kännen — daß in einzelnen Fällen Schieber — es gibt ja leider von dieser Sippschaft eine recht beträchtliche Anzahl in Deutschland — auch gelegentlich Kriegsmaterial über die Grenze schieben, selbst auf die Gefahr hin, daß sich diese Waffen dann gegen die deutschen Grenzen selber wieder kehren werden. Pfui rufe)
Wir werden die Truppen abbauen, so rasch es die allgemeine Sage gestattet. Oberschlesien, Westpreußen, Ostpreußen sind aber so lange zu sichern, bis ein wirklicher Friedenszustand hergestellt worden ist. (Sehr richtig) Von Deutschland kann doch wahrhaftig nicht gesagt werden, daß wir die Inkraftsetzung des Friedens zustandes hinausgezögert haben. (Sehr wahr Die Ratifizierung ist in Deutschland in der kürzesten Frist vorgenommen worden. Wenn trotzdem der Kriegszustand immer noch fortdauert, so ist das außerordentlich beklagenswert, aber nicht auf deutsches Schuldkonto zu setzen, sondern auf das Konto der Verhältnisse, die in den übrigen Ländern bestehen. Wenn der Friede ratifiziert ist, wird der Vertrag selbstverständlich von der deutschen Regierung loyal und korrekt erfüllt werden. Deswegen sollte die Partei des Herrn Cohn sich das vachsüchtige Denunzieren der Regierung und des eigenen Sandes gegenüber dem Auslande wirklich allmählich schenken. (Sehr richtig) Die Unabhängigen haben in bezug auf nationale Wärde— losigkeit doch so viel schon geleistet (lebhafte Zustimmung), daß das wirklich nicht mehr übertroffen werden kantz. Erneute Zustimmung?) Das was Sie Gu den Unabhängigen Sozialdemokraten) in Ihrem Berliner Blatt tun, läuft im Grunde genommen auf die veine Stiefelleckerei für die siegreichen französischen Generale hinaus. Eebhafte Zustimmung. — Zuruf von den Unabhängigen Sozial— demokraten: Gemeinheit) Das Berliner Blatt der Unabhängigen überschlägt sich beinahe jeden Tag von neuem Gifer bei seiner An⸗ geberei der deutschen Regierung und der deutschen militärischen Verhältnisse. (Sehr richtig) Herr Cohn hat uns vorhin indirekt angeraten, die englische Militärmission in Berlin festzunehmen oder in ihrer Betätigung zu behindern. Das dürfte nicht angehen. Aber ich überlasse dem hohen Hause folgendes zu beurteilen: die Freiheit“ bringt dieser Tage eine Notiz, überschrieben: „Unheilvoller Einfluß“, in dem davon die Rede ist, ein Brückenkopfmajor im Westen habe an den Major von Gilsa, den Chef meines Stabes, ein Schreiben gerichtet mit außerordentlich bedenklichem Inhalt. Ganz selbst⸗ verständlich wird durch einen solchen Brief auf meine Entschließung kein Einfluß ausgeübt. Dieser Brief aber mußte auch deswegen ohne Einfluß bleiben, weil er schon in Cöln, wo er geschrieben worden ist, von einem fahnenflüchtigen Reserveoffizier, der als Kurier diente, in englische Hände gelierfert worden ist. Daß dieser Brief in englischer Hand war, ist absolut einwandfrei festgestellt. Wenige Dage später erschien er in der Berliner „Freiheit“, dem Organ der deutschen Unabhängigen Sozialdemokratie. Stürmische Rufe: Hört! Hört! — Zunuf von den Unabhängigen Sozialdemo⸗ kraten: Was wird damit bewiesen?)
Meine Damen und Herren, wie die Partei der Unabhãngigen Sozialdemokratie und ihre Preßorgane dauernd bemüht sind, gegen Deutschland Stimmung zu machen, Mißtrauen gegen Deutschland im Auslande zu säen, beweist z. B. eine Notiz in der „Freiheit“ noch aus den letzten Tagen, vom 6. Oktober. Dort wird denunziert, daß entgegen meinen Versicherungen Werbungen für die Reichswehr vorgenommen werden. In Wirklichkeit konnte in dieser Notz mit— geteit werden, daß eine Matrosendivision Werbungen vorgenommen hat. Die Matrosendivision ist nicht ein Teil der Reichswehr, sondern gehört zur Marine. Cachen bei den Unabhängigen Sogzial⸗ demokraten) Der Marineetat, der dem hohen Hanse in den nächsten Tagen zugehen wird, ist haarscharf nach den Bedingungen des Friedensvertrages aufgestellt, der uns eine Mannschaft von 15 000 Köpfen in der Marine läßt. Werbungen stehen nicht im Widerspruch mit den Friedensbedingungen, sondern wir sind ja leider duwch die Artikel des Friedensvertwages auf Werbungen angewiesen, da auch die Leute in der Flotte genötigt sein werden, 12 Jahre zu dienen. Also werden gelegentlich auch jetzt schon junge Leute auf längere Denstzeit in der Marine eingestellt.
Am gleichen Tage betreibt das Blatt der Partei des Herrn Cohn seine Hetze reien gegen die Reichsweht in einem anderen Artikel unter der Ueberschrift: „Lüttwitz will nicht abrüsten“. Der Sachverhalt ist, daß der General von Lüttwitz im Juli dieses Jahres in einem Schreiben an verschiedene Reichsstellen darauf hingewiesen hat, daß es aus innerpolitischen Gründen nicht ratsam sei, die Truppen während des Winters auf 100 000 Mann zu verringern. Ich stehe nicht an, hier vor aller Oeffentlichkeit, wie ich daz auch an anderer Stelle getan habe, darauf hingewiesen, daß eine Verringerung in der Form, wie es der Wortlaut des Friedensvertrages vorsieht, außerordentlich be— denklich ist, und daß es ratsam wäre, den Versuch zu machen, durch Verhandlungen einen anderen Abbau des Heeres herbeizuführen. Wenn die Ratifizierung des Friedens etwa in den nächsten Wochen oder gar Monaten erfolge, würden wir genötigt sein, von den nicht ganz 400 000 Leuten, die jetzt in der Reichswehr und im Osten Dienst tun, innerhalb der schwersten Wintermonate, wo die Arbeitslosigkeit an sich schon groß genug ist, wo auch sonst im Innern mit politischen Schwierigkeiten gerechnet werden kann, weitere 300 009 Leute auf die Straße zu setzen. Das sind Erwägungen, die gar nicht geheim an⸗ zustellen sind und auf die der General von Lüttwitz pflichtschuldig hin⸗ gewiesen hat. Der wesentliche Absatz seines Berichts lautet:
Es wäre deshalb dringend darauf hinzuwirken, daß als frühester Termin für die Herabsetzung auf 200 000 Mann von Seiten der Entente der 1. April zugestanden wird, um einen allmählichen Abbau zu ermöglichen.
Das beweist nicht, daß Deutschland den Friedensvertrag nicht erfüllt und nicht erfüllen will, sondern es beweist lediglich, daß der führende Offizier in dem ersten Gruppen kommando mit der Aufmerk—
samkeit, die eine Pflicht seines Amtes ist, sich um militärische An⸗ gelegenheiten gekümmert hat.
. Ich behaupte, daß das, was die unabhängige Presse tut, gerade in bezug auf unsere militärischen Angelegenheiten, über die ich im einzelnen heute nicht weiter reden will, geradezu veyhängnisvoll für Deutschland und dadurch nicht zuletzt auch für die deutschen Arbeiter wirkt. Keiner der Redner, die in der französischen Kammer am
3. dieses Monats bei der Beratung über den Entwaff nungsantrag
Lefsvre sprachen, hat die militärische Lage Deutschlands richtig be- urteilt und dargestellt. Es ist außererdentlich bedauerlich, daß die ärgsten Hetze reien gegen Deutschland sich mehrere sozialistische Ab⸗ geordnete geleistet haben (hört, hörth; sie machten sich zum Sprach rohr der Lügen und der Unwahrhaftigkeiten deutscher unabhängiger Zeitungen. (Hört, hört) Ein Franzose, der die Stimmung seines Landes, besonders die Pariser Presse genau kennt, sogte mm erst vor
enigen Tagen: In Frankreich nimmt man alles gläubig auf, was die Berliner Freiheit“ schreibt; kein Blatt wird so oft mit Behagen von der kriegshetzerischen, chaupinistischen französischen Presse zitiert wie die Berliner Freiheit“. (Lebhafte Rufe: Hört, hört! IZrank— reich macht sich von Deutschland ein total falsches und verzerrtes Bild. Das zeigte gang deutlich die Art der Beratung und die Reden über den Antrag Lefevre in der französsischen Kammer. Ich kann mich natürlich bisher nur an die kunzen Zeitungs meldungen über die Sitzung vom 3. dieses Monats halten. Wieder ist dort von 80 000 deutschen Soldaten die Rede gewesen. Das ist, wie ich noch einmal feststelle, mehr als eine Verdoppelung der richtigen Zahl. Der Sozsalist Longuet hatte wenige Tage vorher noch von 1200 000 gesprochen; mit lebhafter Phantasie hat er noch 200 000 Mann hinzugcdichtet zu der Million, von der der deutsche unabhängige Führer Krispin au? dem internationalen Kongreß gesprochen hatte. Cochin redete am 3. Oktober in der Kammer von ungeheuren Anwerbungen von Frei— willigen in Deutschland; er betete den Schwindel der „Freiheit“ und anderer unchhängiger Zeitungen nach. (Zurufe von den Uncbh. Soz.: Rechtssozialistische Presse in Ostpreußen) Wenn in der rechts⸗ sozialistischen Presse gelegentlich etwas gestanden hat. so ist das noch lange kein Beweis dafür, daß die dort geäußerten Äuffassungen in jeder Beziehung richtig sind. Es ist übrigens nie in einer ost— preußischen mehrheitssozialistischen Zeitung ewas erschienen oder in den Versammlungen zum Ausdruck gebracht worden wie Ihre Unwahr⸗ heiten. Die Resolutionen, auf die Sie sich beziehen können, sind auch mir bekannt, sie entspringen einer gewissen Sorge darüber, daß in großer Zahl unbotmäßige Truppen in Ostpreußen verbleiben könn— ten. Es ist gang selbstweiständlich, daß die geeigneten Maßregeln getroffen weiden, um solche Befürchtungen, wie sie in Ostpreußen gehegt werden, als unangebracht erscheinen zu lassen. Im übrigen mache ich gar kein Hehl daraus, daß bei der Beurteilung von manchen misitärischen Dingen an sehr vielen Stellen falsche Auffassungen be—= stehen. Es ist beklagenswert, wenn in demselben Augenblick die schileu— nigste Zurückziehung der Truppen aus Kurland gefordert wind, für die ich mich nachdrücklich einsetze, in ostpreußischen Orten die Forderung vertreten wird, unter keinen Umständen auch mur den Stab eines
Generalkommandos in einen ostpreußischen Ort zu legen. Das sind Dinge, die nicht miteinander vereinbar sind. Deorauf können sich die
Herren von der unabhängigen Sozialdemokratie nicht beziehen.
Wahr ist in Bezug auf die Rüftungen, daß die Werkungen für die Reichswehr seit eiwa 159 Monaten fast restlos eingestellt worden sind (-dZuruf von den U. Soz: Fast h, — fast restlos, das braucht Frau Luise Zietz nicht zu wissen, man redet am besten über scsche Dinge, wenn man am wenigsten Ahnung davon hat (Sehr gutt und Heiterkeit), da jetzt eine große Zahl der Leute nur auf drei Monate vemflichtet sind, so findet ein beträchtlicher Wechsel in der Reichswehr statt. Es kommt also gelegentlich vor, daß ein Spezialist an dieser oder jener Stelle fehlt, und dann wird natürlich ein entsprechender Mann dafür eingestellt. Wenn die Verringerung der Truppen infolge von Weggang durch Erlangung von Ambeitsgelegenheit weiter fort⸗ dauert und die Ratifizierung des Friedens nicht bald erfolgt, dann werde ich allerdings genötigt sein, darauf Bedacht zu nehmen, daß an manchen Stellen des Reiches die Werbungen wieder aufgenommen werden. (Zuruf bei den Deutschen Demokraten: Sehr verständlich)
Es ist falsch, was Herr Barthou in der französischen Kammer gesagt hat, ich hätte erklärt, von der Entente eine Zusage erhalten zu haben wegen der Verlängerung der Frist für die Heeresvermindernng. Ich habe zwar wiederholt geäußert, daß es notwendig sei, eine solche
Herausschiebung zu erstreben. Verhandlungen darüber habe ich bisher nicht führen können. Es sitzen zwar eine ganze Anzabl pon alliierten
Offizieren in Beyvlin, die Vorarheiten für die spen re Durchführung des Friedensdertrags und die Kontrolle des Friedensvertrags treffen sollen. Mündliche Verhandlungen haben nicht stattgefunden. Sobald sie möglich sind, werden sie selbstverständlich von mir in die Wege ge⸗ leitet weiden und es wird dabei mit der Korrektheit und Loyalität, die sich die Regierung der Entente gegenüber zur Pflicht gemacht hat, über alle unsere militärischen Dinge mit der Offenheit gesprochen werden, von der erhofft werden darf, daß sie das Mißtrauen, das in anderen Ländern gegenwärtig noch in Deutschland bestehl, möglichst rasch und möglichst gründlich ausräumt. (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten.)
Ich habe, um auch Herrn Cohn zu antworten, niemals davon ge— sprochen, daß nur im Januar oder Februar in Deutschland für Kurland geworben worden ist. Ich weiß, daß solche Werbungen länger statt⸗ gefunden haben. Sie haben leider auch heimlich dann fortgedauert, als es die Regierung schon verboten hatte. Leider herrscht auf vielen Gebieten ein großes Maß von Unbotmäßigkeit. Es ist zu meinem Be⸗ dauern nicht möglich, überall die Werbungen so schnell abzudrehen, wie es wünschenswert gewesen wäre, denn ich bin überzeugt, daß keiner don den Leuten, die heute nach Kurland gehen, irgendwie Aussicht hat, die Erwartungen erfüllt zu sehen, die gehegt werden. Es sind zweifel⸗ los russische bürgerliche Leute in Deutschland, sowie uns russische Bol⸗ schewisten leider auch noch in beträchtlicher Anzahl im Lande sitzen oder ins Land kommen, denen wir nicht so schnell das Handwerk legen können, wie es an sich im Interesse der Ruhe und Sicherung unseres Landes erforderlich wäre. (Sehr richtig) Ich gebe Hern Dr. Cohn auch zu. daß von solchen Leuten eine Anzahl in Gewahrsam sitzt. Ich brauche gar nicht zu verschweigen, daß die Regierung nicht gewillt ist, diese unerwünschlen Gäste auf unser Volk loszulassen. (Sehr richtig! im Zentrum und links. Die Betätigung solcher Leute in München hat abschreckend genug gewirkt. (Sehr richtigl bei den Soz) Wir wollen uns Münchener Zustände von russischen Bolschewisten in an— deren deutschen Städten nicht schaffen lassen. (Sehr richtig! und Bravo! uei den Deutschen Demokraten und bei den Sog) An dem Tage, an dem die Möglichkeit besteht, diese Leute ungefährdet durch die Ge⸗ biete hindurchzubringen, die sich jetzt zwischen Deutschland und Ruß— land erstrecken, werde ich mit größter Beschleunigung dafür Sorge tragen, daß diese Herren ihrer Heimat wiedergegeben werden. (Heiter⸗ keit und Sehr gut! rechts, im Zentrum und links) Gesagt habe ich auch einmal, daß ich im Januar und Februar so viel zu tun gehabt habe infolge der Unordnung im Innern Deutschlands, daß ich mich da⸗ mals um die Vorgänge in Kurland nicht kümmern konnte.
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