Chaos verfallen. In Ostpreußen steckt der größte Teil der Kartoffeln noch in der Erde, aber Leute für die Kartoffelernte sind nicht zu baben; die Versuche, Industriearbeiter dazu beranzuziehen, sind kläglich ge—⸗ scheitert. Dabei sind die Löhne der Landwirtschaft absolut genommen im Vergleich mit den Industrielshnen außerordentlich hoch. In steigen⸗ dem Maße kommt die Empörung in der Landwirtschaft über die Aufrechterhaltung der Zwangswirtschaft zum Ausdruck. Die Land— bevölterung fühlt sich heute nicht mit Unrecht als Arbeiter zweiter Klasse. Sie hat während des Krieges schwer leiden müssen und sie sieht sich auch weiter so disparitätisch behandelt, daß die Hirth Erbitterung sie mehr und mehr zu beherrschen beginnt. Mißachten Sie dieses plsychologische Moment nicht. Die Berufsfreudigkeit des Landwiris muß gehoben werden, das können Sie nicht, weng Sie ihn weiter in Ketten schlagen und gar noch, die Forderung des Anbauzwangs erheben. Die Zwangswirtschaft ist undurchführbar geworden. Das muß auch die Regierung einsehen. Die Viehwirischaft erträgt sie unbedingt nicht mehr. Will die Regierung den Zwang weiser anwe den, so erschüttert sie den Boden, auf dem sie und jede kommende Regierung steht, auf das schwerste und bereitet dem Bolschen ismus den Boden vor (Rufe: Huhu! bei den U. Soz.). Die Bolschewisten in Peters⸗ burg haben es doch wohl auch nach Ihrer Meinung recht arg ge⸗ trieben. Wir kennen die aktien mäßige Darstellung des Ersolgs der Jakobinerherrschast in Frankreich und wir sollten doch klug enug geworden sein, um alles zu tun, unser Volk nor dem gleichen er zu bewahren. Ein betrübendes Bild habe ich leider vor Ihnen entrollen müsse und leider hat ein Teil der Volks vertretung es fertig bekommen, eine so furchtbare Situation nur mit Witzworten und schlechten Scherzen zu würdigen. Ich hoffe, wir werden uns in dem ernsten Streben jusammenfinden, bie notwendigen Fundamente für den Wiederaufbau unseres Staatz lebens zu schaffen. Das erste Erfordernis dafür heißt nicht streiken, heißt nicht weniger, sondern mehr Arbeit leisten. Die Kriegspsychose hält ja noch an, eine große Verwirrung der Rechisbegriffe ist nicht zuletzt infolge der Revolution eingetreten. Noch besteht die Störung des seelischen Gleichgewichts im Volke, die die Folge von Hunger und Not ist. Immerhin hat das Volk in allen seinen Schichten und Ständen seine Schuldigkeit getan, und man weiß, daß man in England noch heute nicht fassen kann, daß Deutschland so lange Jahre Widerstaad leisten konnte. Gerade deshalb aber kann man den Glauben daran, vaß wir wieder aufstehen werden, nicht verlieren. Wir werden wieder aufstehen, wenn wir endlich wieder ernsthaft arbeiten wollen und wenn wir eine Regierung haben, die dieses Streben nach Arbeit in allen Ständen fördert und, wo es nötig ist, mit den notwendigen Machtmitteln erzwingt. (Rufe: Aha! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Zerstören ist leicht, Wiederauf— bauen sehr schwer; ob die gegenwärtige Regierung und der jetzige Minister mit seiner Theorie dazu imstande sein wird, müssen wir bezweifeln. (Lebhafter Belfall rechts; Zischen links.)
Ein Vertreter des Ministers der ö5ffentlichen Arbeiten gibt im Auftrage des Ministers die Antwort auf die dringende Anfrage wegen der Cinstellung des Schnellzugs⸗ verkehrs: Die Eisenbahn sei infolge der trostlosen Beschaffenheit des Fuhrparks nicht mehr in der Lage gewesen, der erfreulichen Hebung der Kohlenförderung in den Bergwerken zu folgen. Es habe daher zu einer so schwerwiegenden Maßregel gegriffen werden müssen. Cin roßer Teil der nach dem Ruhrgebiet bestimmten Wagen sei nach Ger feen dirigiert worden. Sämtliche neu zur Anwendung kommenden Lolomotiven sollten nur nach dem Westen geleitet werden. Daß die Maßregel sehr schwer einpfunden werde, habe die Ver—
Der Erfolg sei auch nicht ausgeblieben;
waltung vorgussehen müssen. in Oberschlesien würden jetzt täglich tausend Wagen Kohlen mehr verfahren, und das wolle etwas sagen. Die Veiwaltung werde von dem Hestreben geleitet, sobald wie irgend möglich wieder zu den Verkehrsverhästnissen des Friedens zurückzutehren; das hänge wesentlich von dem Fortschreiten der Verhandlungen mit Polen ab. Es werde dann auch sofort eventuell wieder ein Schnellzugsvertehr eingerschtet werden.
Staatskommissar für Volksernährung: Herr pon der Osten hat erwähnt, man verstehe in England nicht, daß wir so lange ausgehalten haben, und er hat uns dann die Zustäude ge⸗ schildert, wie sie in Frankreich infolge der Zwangswirtschaft vor mehr als 100 Jahren und jetzt in , eingetreten sind. Wenn wir bei der Zwangswirtschaft bleiben, so deshalb, weil wir diefes Chaos vermeiden wollen. Beim Brotgetreide z. B. funktioniert noch heute die Zwangsbewirtschaftung. Nach der Umwälzung vom 9. November sagte man schon gewisse Termine, wie den Februar, voraus, wo das Bolk per— hungert sein würde. Wir sind doch bei ver Zwangswirtschaft ge⸗ blieben und sind nicht verhungert. Es sind nur bestimmte Gebiete, auf denen sie zunächst unbedingt bestehen bleiben muß, weil die Decke
zu, kurz ist. Würden wir jetzt zur freien Wirtschaft zurück— kehren, dann würde eine Befriedigung des Bedarfs nur
auf dem Lande würden nicht stabil bleiben und sehr bald wäre die Schraube ohne Ende wieder da. Kein Mensch in der Regierung denkt daran, sie in alle Ewigkeit bestehen zu lassen. Wir streiten uns nur über das Wie und Wann des Ablaufs. Gebe man mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse Ostpreußens nach, dann wäre auf der ganzen Linie kein Halien mehr, und wir wären in den Großstädten und Industriezentren in wenigen Wochen fertig. Wir erleben schon jetzt, daß einzelne x
das sind, böse Zeichen. Ich wäre sehr froh, wenn die Frage bon
allen politischen Ideen losgelöst rein objektiv betrachtet würde.
Es wird sehr schwer sein, in den kommenden Monaten die Zwangs⸗ wirtschaft durchzuführen, aber die vorhandenen Schwierigkeiten dürfen
nicht noch dadurch vergrößert werden, indem man agitatorisch und auch durch Hetzung den Unmut und den Widerstand dagegen steigert.
Darauf wird die Erörterung abgebrochen.
Der Gesetzentwurf zur Ausdehnung des Knapp— schaftsgesetzes auf Erdölbetriebe wird ohne Erörterung an den Handelsausschuß verwiesen. ö
hierauf vertagt das Haus gegen 5lM Uhr die weitere Beratung des Landwirtschaftshaus halls auf Donnerstag, 12 Uhr.
Stati stik und Golkswirtschaft. Zur Wirkung der Blockade Englands auf die deutsche Zivilbevölkerung. Die Statistik, der Bevölkerungsbewegung gewährt einen er— schreckenden Einblick in die Nachwirkungen des Weltkrieges. Werden nur einige groß städtische Ergebnisse wahllos herausgegriffen,
so lassen in der Stadt Königsberg die Monatsberichte ihres Statistischen Amts für den Monat Juni 1919 keinen Geburtenüberschuß, sondern einen Ueberschuß der Todesfälle über
die Geborenen von 2, aufs Tausend der mittleren Monats-
auf Kosten unendlicher Preiserhöhungen eintreten können, die Preise
Dir er ꝛ 5 . Provinzen und Staaten im Reich auf diesem Gebiete Sonderwege gehen, und
Professor
dorf. gewahlt. Romberg sowie für etwaige Vertretungen der Stadtrat Simonsohn.
im April 1919 aber 182 vH. Für Mannheim ließen die
statistischen Monatsberichte für Apr 1914 einen Geburten überschuß
von 171 auf 1000 Einwohner erkennen, während er im April 1919 nur 14 beträgt. Auch hier zeigt die Sterheziffer keine wesentliche Veränderung. 1914 starben 143, im April 1919 14.1 vT (Januar 1914 133 und Januar 1919 132, Februar 1814 11, und Februar 1919 13, vT). Die Geburtenziffer ist aber von 31, im Aprkl 1514 auf 1556 im April 1919 zurückgewichen. Im Statistischen Jahrbuch der Siazt Cösln (7. Jahrg., Cöln 1919) wird ein Schaubtld gegeben, das die Sterblichkeit der weiblichen Bevölkerung veranschaulicht und
mittlere Zahl der weiblichen Bevölkerung von 333 100 i. J. 1916 auf 322539 gesunken ist, stieg die Zahl der Todesfälle beim weib= lichen Geschlechte von 4561 i. J. 1916 auf 6154. In dem Berichte wird darauf hingewiesen, daß die Widerstandsfählgkeit gegen die verheerenden Wirkungen von Krankheiten infolge der schon seit 1915 einsetzenden und immer mehr verschärften Leb nsmiitelknappheit stetig geschwächt worden ist, und zwar am meisten natürlich bei den⸗ jenigen Altersklassen, in denen die volle Lebenskraft noch nicht er⸗ reicht oder nicht mehr vorhanden ist. Ferner kommt die Darstellung der Ergebnisse der Bevölkerungs bewegung in Bayern in den Jahren 1914 bis 1817 (von Dr. Burgdörfer) in der Jeitschrift des bayerischen Statistischen Landesamts“ (19519 Heft 112) zu dem Schluß, daß bis zum Ende des Jahres 917 der Einfluß des Krieges auf die Entwicklung der bayerijchen Bevölkerung derart war, als ob über 115, Jahr lang keine Gheschließangen stastgefunden hätten, als ob 11, Jahr lang keine Kinder geboren worden wären und als ob fast 2 Jahre lang dle doppelte Anzahl von Menschen, abgesehen von den unter 5 Jahr alten Kindern, gestorben wäre. Im Deutschen Reich ' er— höhten sich die Sterbefälle der Zivilbevölkerung 19518 um 37 vH gegenüber dem Jahre 1913. Nach sorgfältigen Berechnungen werden von dem Medizinal⸗ referenten im Reichöbamt de Innern, Geheimrat Dr. Hamel, die Todesopfer der englischen Blockade Deutschlandz in den Jahren 1915 — 1918 für das Reich auf 765 000 angegeben, wobei di? durch Grippe verursachten Todesfälle, die doch mit der geringen Widerstands⸗. kraft des durch die Unterernährung geschwächten Körpers im Zusammen⸗ hang stehen, nicht eingerechnet sind. Diese Zahlen werden in der auf Veranlassung der Arbellsgemeinschaft für Politik des Rechts als Sonder- abdruck herausgegebenen Untersuchung von F. Sieg mund⸗ Schultze „Die Wirkungen der englischen Hungerblockade auf die deutschen Kinder“ (1919, Berlin O. 15, Fruchtsir. 64) angeführt, in der noch weitere zahlenmäßige Angaben zusammengetragen find. Es wird darauf hingewiesen, daß die 51 der in Berlin an Lungen⸗ tuberkulose gestorbenen Kinder sich in den Jahren 1915— 17 für die Kleinkinder und jüngeren Schulkinder etwa verdoppelt hat, für die älteren Schulkinder nahezu eine Verdreifachung erfuhr, und das, ob⸗ gleich das Jahr 1917 in bezug auf Kinderkrantheiten einez der Jünstigsten seit langer Zeit war. Die Todesfälle haben sich heim Magen, und Varmkatarrh bei den 3— 15 jährigen Kindern, durchschnittlich verdre focht, zum Teil vervierfacht. Die Zahl der Todesfälle wegen Brechdurch falls hat sich bei den 4-5 jährigen Kindern verzehnfacht, bei den 6— 10 jäbrigen veracht⸗ facht. In Cöln stie die Sterbeziffer der 6 — 16 jaͤhrigen von 3,5 v im Schuljahr 1910/11 auf 5, vT im Schuljahr 1916/17 und auf 6s vn im Schuljahr 1817,18; die Zahl der 11 –- 15 jährigen Toten wuchs in denselben Jahren von 1,90 auf 2, o und 3,5 vr. Sie bermehrte Kindersterblichkeit wird erst in den endgültigen, das ganze Jah 1918 umfassenden Zahlen, die jetzt noch nicht vollständig zur Verfügung stehen, zutage treten. In dem Sterben der Kinder ist aber das größte Uebel nicht einmal ausgedrückt. Die schleichenden Krankhelten . der durch die Ernährungsschwierigkeiten gesteigerten Anfälligkeit die größten Fortschritte gemacht. Die Erkrankungen an Tu ber? kulosc sind im S8. und 4 Kriegsjahre gegenüber der Friedens⸗ jeit nach dem Urteil von Aerzten, die in Armenviertenn tätig sind, um das Vierfache gesttegen. In Breslau erhöhte
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6 die Zahl der Patienten des Vereins zur Fürsorge ür unbemtttelte Lungenkranke von 8700 im letzten Friedens. jahr auf fast. 21 O09. im Jahre 1917. ach Angaben von Professor Krauß slieg in Gefängnissen und anderen ge⸗
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schlofsenen Anstalten die Zahl der Erkrankten bis zu 586 vᷣ, der Insassen, die der Todesfalle bis über 50 vH. Dem entsetzlichen Auftreten der Oedeme in der ersten Häkfte des Jahres 1917 find in den Gefängnissen und Irrenanstalten zuweilen mehr als 1sa der In⸗ sassen zum Hpfer gefallen. In zahlreichen Anstalten für Sãuglinge und Kinder sind * aller, die sich im Jahre 1917 und 1918 in ihnen befanden, an, schweren Crnährungsstörungen erkrankt. Die Sterblich= keit an Kindbettfieber ist im Jahre 1918 um 56 vH höher als nach
der Verhältnisziffer für 1913. Der Geburtenrückgang ist in Deutschland so stark, daß die Zahl der Neugeborenen auf t der Frigdenszahlen herabgegangen ist. Prof. Ballod hat den Geburtenausfall für die Jahre 1514 — 1919 für Preußen auf 2s Millienen berechnet, so daß der Geburtenausfall im? ganzen Reiche während des Kriege auf üher 4 Millionen anzusetzen seln würde. Das ständige Sinken des Gesundheitszustandes der Kinder wurde am deutlichsten an ihrem Gewichtsversust erkennbar. In Cöln ist das Durchschnitisgewicht der Schulknaben von 1915 Dis 1918 von 20, auf 125 Eg, das der Mädchen von 20, auf 18, kg zu⸗ rückgegangen. Die ganze Schwere der Wirkungen der Blockade wrd sich erst in den nächsten Jahren offenbaren. (Nach dem Reichs arbeiteblatt !.
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Arbeitsstreitigkeiten.
. Vom Schiedsgericht für die Berliner Metall . H. ö. 3. -. * 1 n du strie wird dem W. T. B. folgendes mitgeteilt: Das vom eich arbeitsminister ernannte Schiedsgericht zur Beilegung des Metallarbeiterstreiks hat sich am 21. Ottober konstituiert. Zum Vorsitzenden * 3 Staatssekretkr a. D. von Möllen⸗ ql e anderen unparteiis Beisitzer sind der Feichsminister a. D. Wissell, der ee ,,, Josse und der Geheime Regierungsrat Profesfor Ferner gehören dem Schiedsgericht je drei von den Ärbeikgebern und. von den Aibeltnehmern entsandte Beisitzer an. Die e, nn erfolgen gruppenweise derart, daß zunächst die Parteien unter dem Vorsstz des Schiedsgerichts sich zu verständigen versuchen, und
danach im Falle mangelnder Verständigung das Schieds icht weiter berät und entscheidet. Am erften . wurde die Frage des Schmiede, und Maschinenschlosser⸗
ge eerbes behandelt. Ob das Schiedsgericht Teilspruͤche oder zum eng. von allen Verhandlunger einen en e . wird, steht noch dahin. Vorläufig unterliegt seiner Kompetenz aus⸗ schließlich die Lohntlassifizierung der Arheiterkategorien. Sh darüber hinaus auch die technische Frage der Arbeitsaufnahme u. a. von ihm bearbeitet werden soll, wird dabon abhängen, ob die vom Vorfitzenden in dieser Hinsicht anberaumten und schon aufgenommenen Verhand- lungen der beiden Parteien zu unmittelbarer Verständigung führen oder ebenfalls mit einem Anruf des Schiedsgerichts enden werden.
bevölterung erkennen. Während im Juni 1919 aufs Tausend der Bevölkerung 24, Lebendgeborene festgestellt wurden, ist jetzt ein Rückgang auf 169 vor sich gegangen. Die Todesfälle aus— schließlich der Totgeburten sind im Fun [id und i919 zufãlliger⸗ weise unverändert mit 18 a. T. verzeichnet, so daß also 1914 ein Ueberschuß der Geborenen über die Gestorbenen von 6 a. T. der mittleren Bevölkerung von einem Verlust von 25 4. T. abgelöst worden ist. Nach den Staristischen Monatsberichten der Stadt Kiel starben im April 1914: 160 auf 1000 Einwohner, im Aprit 1919 aber 1776. Auch hier ist die Zahl der Lebendgeborenen 1919 . als die Zahl der Todesfälle, während sie im April 1914 das e, n r. der Anzahl der Gestorbenen betrug. Kinder im . ersten Lebensjahre starben im April 1514 12,6 auf 100 Lebendgeborene,
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Der Ausstand der Pariser Zeitungsausträ und Zeitungs spediteure ist W. X. B.“ zufolge .
Nach französischen Meldungen aus Brüssel ; St ra ge n bach n or ne stu n kö ist der dortige
Aus New York wird dem W. T. B.“ meldet, d i Safenarbeiter die Arbeit ich ek ö en.
Nach einer Meldung des. W. T. B. aus . silien ist dort ein Generalausstand . in Bra
deutlich die n. der Todesfälle zu erkennen gibt. Obwohl die ͤ
G efunudheitswefen, Tier krankheiten nnd Absperrn ugz⸗ ma sßregeln. Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Deutsch Oesterreich am 8. Oktober 1915 (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)
— Maul. Schweine⸗ Rotlauf
* Rotz und pest d * Klauen⸗ (Schweine der 2 seuche feuc) Schwebn * — — — ———
* ö w 3abl. der berfeuchten. 8 13 18 35 2 8s e 3 12 2 3 D838 8 18 — 565 * 5 * 3 5s d Iv mR 111 Niederösterreich. .. . 1 1 29 2 2 . 2 2 — — 5 13 11 15 3 3 2 2 2 2 4 5318 34 33 9 4 4 . — — 11 2 — — 2 3 . bern terre; 46 13 6 2 2. 8 . 6 14 7 10 7 3 4 9. ,, 3 17 42 1 1 ö g 1 441 ö ö *. Kö 2 2 . . . * ' J 2 3 . 16 2 1 . 2 , 13 54 6 ß ö .
1 . 8 . . 1 . 3 16 1 Tirol e , 17 9 3 — . . 17 . . 8 , , 4 19 64 — — — 18 3 . 8 , 10 28 . 3 e, — 26 Vorarlberg , ö . Zusammen Gemeinden (Gehöfte): otz 4 (, Maul- und Klauenseuche 152 967), Schw
(Schweine euche) 56 (135, Rdotiauf Her ö 116 . ö
Außerdem Lungenseuche des Rindbiehs ĩ . ocenseuche der afe und B 63 ö nicht aufgetreten. ̃ eschälseuche der Zuchtpferde sin
Der ‚Telegraaf meldet aus London, daß das zam dem Gouberneur von Malta die . . Kon stantinopel eine B eu lenpe stepi dem e herrscht.
Verkehrswesen.
Es empfiehlt sich, Briefe für heimkehrende i vil. personen, die über hollãndische Häfen nach Hen f end 2. nicht dem deutschen Konsulat in Rotterdam, sondern dem Grenz⸗ übernahmelager in Wesel, Clevertorkaserne, zur Aushändigung an die Heimkehrenden zu übermitteln. Nur wirklich dringende Briefe, deren Inhalt schon in den Niederlanden zur Kenntuts der Adressaten em men muß, sollten, und zwar unter Angabe der Gründe, die die Aushändigung schon in den Niederlanden erforderlich machen, dem deutschen Konsulat in Rotterdam zugesandt werden.
Nr. 41 des Zentralblatts für das Deut sche Reich herausgegeben im Reichsministerlum des Innern am 17. ger,. ich hat folgenden Inhalt:; Konsulatwesen? Ernennung. — Militär. wesen: Üngültigkeitserklärung von Zivilversorgungsscheinen. Bank. wesen: Status der deutschen Notenbanken Enke August 1919. — . und Gewerbewesen; Bekanntmachung zur Ausführung der
erordnung über den Verkehr mit Zucker. — Zoll. und Sener. wesen: Veränderungen in dem Stande und den Geschäftsbezirken der Erbschaftssteuerämter und der Oberbehörden. Wechsel bes Stations, kentrolleurs beim Preußischen Hauptzollamt Berlin- Bör e. = Polizeiwesen: Ausweisung hon Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Gortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater. Opernhaus. (Unter den Linden) Freitag: 218. Dauer.
bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Unter person licher Leitung des Komponisten: . Ro , Korn in für Mustk in drei Akten von Hugo von ofmannsthal. Musil von Richard Strauß. Splelleitung: Karl Holy. Anfang 6z hr. Schanspielhaus. (Im Gendarmenmarkt) Freitag: 230. Dauer. hbezugsorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze . aufgehoben. Judith. Cine Tragödie in fünf Aufzügen von Friedrich Hebbel. Spiel⸗ leitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Ühr.
Sonnabend: Opernhaus. 219. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗
und Freiplätze sind aufgehoben. Der Barbier 26 Seni lla.
a. ö . U, . . Rossini. Dichtung nach
Beaumarchais, von Cesar Sterbint, übersetzt v .
. rsetzt von Ignaz Kollmann 231.
Schauspielhaus. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgeheben. Marig Stuart. Trauerspiel in fͤnf Aufzügen von Friedrich Schiller. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 63 Uhr. .
Familiennachrichten.
Verlobt; Frl. Hanni von Katte mit Hrn. Ob leutnant Karl 6 . , 6. n fe, Kr. a , m, .
ö uptmann Fritz v zit Frl. Maria Kundt an ern M.) kJ
Gest or ben: Hr. Erbt Amtsgeri Krosigk . ruchseß, Amtsgerichtsrat Anton von Krosig
4
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftẽste lle, Rechnungsrat Mengerina in Berlin-
Verlaa der Geschäftsstelle (Men gering) in Betlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verl talt. Berlin. Wilhelmstraße 32. rlagsans
Fünf Beilagen leinschließlich Börsenbeilage) und Grfte, Zweite und Dritte Zentral Vandelgreaister· Beilage
sowie die altsaugabe Rte. 42 . 2 en Ar zei aer .
zun Dentschen Reichsan
** 243.
Aichtamtliches
Deutsche Rationalversammlung in Berlin.
104. Sitzung vom 21. Oktober 1919.
Nachtrag.
Die Rede, die bei Beginn der Beratung über den Haus— halt des Reichsschatzministerisums der Reichs schatzminister Dr. Mayer gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Im Haushaltsplan des Reichs— schatzmninisteriums waren im ersten Entwurf im ordentlicken Haushalt bei den fortdauernden Ausgaben insgesamt nur 648 189 Mark an— gefordert. Zu dieser Anforderung sind im Nachtragsetat für das laufende Halbjahr weitere 215 Millionen Mark hinzugetreten, so daß sich der Jahresbedarf des Reichsschatzministeriums an forklaufenden Ausgaben im ordentlichen Haushalt auf 432 Millionen Mark erhöht. Zu dieser Summe tritt hinzu die im außerordentlichen Haushaltsplan enthaltene Anforderung an einmaligen Ausgaben für das laufende Halbjahr in Höhe von 138 Milliarden Mark.
In diesen Ziffern, mit denen der Haushaltsplan des Reichsschatz— ninisteriums, wenn ich von den einmaligen Ausgaben zur Herab— minderung der Lebensmittelpreise im Haushaltsplan des Reichswirt— schaftsministeriums absebe, an der Spitze aller Zivilressorts steht, spicgeln sich wider: einmal die außerordentliche Erweiterung, wel be der Aufgabenkreis des Reichsschatzministeriums durch die Neuorgani-= sation der letzten Monate erfahren hat, und dann die gewaltigen Aus— gaben, welche mit der in der Hauptsache dem Reichsschatzministerium obliegenden wirtschaftlichen Liquidation des Krieges und der Um— stellung der Kriegs- in die Friedenswirtschaft für das Reich verbunden sind. Unter den letztgenannten Ausgaben ragen wiederum die an— geforderten Betriebs und Baukapitalien für die Fortführung und Umstellung der Heeres⸗ und Marinebetriebe mit nahezu einer halben Milliarde hervor.
Diese Entwicklung läßt es erwünscht erscheinen, wenn auch nur in großen Zügen dem hohen Hause und der Oeffentlichkeit eine Darlegung des derzeitigen Aufgabenkreises des Reichsschatzministeriums und seiner gegenwärtigen und zukünftigen Organisation zu geben.
Das Reichsschatzministerium ist, wie Ihnen bekannt, ins Leben getreten durch einen Erlaß des Reichspräsidenten vom 21. März 1919. Nach diesem Erlaß war die ursprüngliche Aufgabe des Reichsschatz⸗ ministeriums im wesentlichen eine dreifache: erstens die Verwaltung und die Verwertung der entbehrlich gewordenen mebilen und immobilen Heeresgüter, zweitens die Verwaltung der im Kriege entstandenen großen industriellen Unternehmungen und Beteiligungen des Reichs und drittens die finanzielle Kontrolle der Kriegsgesellschaften.
Wenn ich bei dieser ursprünglichen Aufgabe des Reichsschatz⸗ ministeriums zunächst verweilen darf, so sei es mir gestakttet, die Punkte zwei und drei vorauszunehmen. Die im Kriege entstandenen industriellen Unternehmungen des Reichs bilden teils reinen Reichs— besitz, teils sind es Beteiligungen des Reiches in der Form von An⸗ eilen, Darlehen oder obligatorischen Verkrägen. Es handelt sich hier im wesentlichen um die großen Reichsunternehmungen der Stickstoff⸗ industrie, der Aluminiumindustrie und der Elektrizitätsindustrie. Die beiden großen Reichsstickstoffunternehmungen in Chorzlow in Ober— schlesien und in Bistritz, sind reine Reichsunkernehmungen, ebenso das große Dampffraftelektrizitätswerk Tschornewitz, bekanntlich zurzeit noch die größte auf Kohle aufgebaute Elektrizitätserzeugungsanlage Europas. Die elektrischen Höchstspannungsleitungen sind vereint in der Gesellschaft für Kraftübertragung G. m. b. H., deren sämlliche Anteile in Reichsbesitz sind. Durch Darlehen beteiligt ist das Reich an den Stickstoffabriken Leung bei Merseburg und Elektrizitätsunter⸗ nehmungen des deutschen Westens, des Südens und Schlesiens. Diese Unternehmungen des Reiches erscheinen zum größten Teil im Haus— haltsplan des Reichsschatzministeriums überhaupt nicht, und zwar des halb nicht, weil diese in Gesellschaftsform aufgezogenen Reichsunter⸗ nehmungen sich bereits selbst tragen. Es ist aber beabsichtigt, der Uebersicht wegen im künftigen Haushaltsplan auch diese Unter— nehmungen auch dann, wenn keine geldlichen Anforderungen gestellt werden, aufzuführen.
Bezüglich des Großkraftwerks Lauta, das während des Krieges zu Zwecken der Aluminiumproduktion gebaut worden ist, ist zu bemerken, daß es uns in den letzten Mowmaten gelungen ist, diefes Werk, das bis vor kurzem Eigentum der unter Reichsbeteiligung gegründeten „Ver⸗= einigten Aluminiumwerke A. G.“ war, in reinen Reichsbesitz umzu = wandeln. Als Gegenleistung hat das Reich etwa 15 Millionen Mark zu entrichten und sich verpflichtet, eim der drei in diesem Konzemn ver- einigten Aluminiumfabriken an die bisherigen Gesellschafter zurückzu⸗ geben. Hierdurch sind das Großkraftwerk Lauta sowie die beiden Alu⸗ miniumfaäbriken Luta und Horrem in alleinigen Reichsbesitz übergeführt worden. Diese Maßnahme war notwendig, um Lauta entsprechend dem Wunsche des Ausschusses zur Vorberatung des Elektrizitätsgesetzes zur Elektrizitätsversorgung der Städte Dresden und Berlin heran⸗ ziehen zu können.
Was die Kontrolle der Kriegsgesellschaften betrifft, so ist bekannt, daß die Kriegsgesellschaften vom Reichswirtschaftsministerium ressor— tieren. Auf die wirtschaftspolitischen Maßnahmen dieser Kriegsgesell⸗ schaften hat das Reichsschatzministerium keinerlei Einfluß. Auch die finanzielle Gebarung der Kriegsgesellschaften untersteht in erster Linie dem Reichswirtschaftsministerium. Die Tätigkeit des Reichsschatzmini⸗ steriuums in Ausübung der Finanzkontrolle beschränkt sich im wesent— lichen darauf, die Buchführung dieser Gesellschaften zu iberwachen und bei dem Abschluß größerer Finanzgeschäfte kontrollierend mitzumärken. Eine Ausnahme machen diejenigen Kriegsgesellschaften, welche dem Reichsschatzamt direkt unterstellt sind. Es sind das die Eisenzentrale, die Manganerzgesellschaft, die Curoväische Handelsgesellschat und die Deutsch · Drien alische Handelsgesellschast. Außerdem ist beabsichtgt,
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 23. Oltoher
diejenigen risgsgesellschaften, die in Siquid ation treben, von dem Me⸗ ment an, wo diese Liquidation beginnt, aus dem Geschãfts kreise des Reichswirtschaftsministeriums in den des Reichsschatzministe riums zu überführen. Zurzeit sind bereits auf das Reichsschatzministerium über⸗ gegangen die Altstoffeinfuhrgesellschaft und die Reichste ytil⸗Aktiengesell⸗ sckaft mit Ausnahme der Notstandsdersorgung, die bei dem Geschãf zs⸗ kreis des Reichsschatzministeriums bleibt.
. Bezüglich der Reichsteytil⸗Aktiengesellschaft darf ich in diesem Zu⸗ sammenhange darauf hinweisen, daß es ihr, abgesehen bor der Noß⸗ standsversorgung, gelungen ist, in den letzten sechs Monaten allein für über eine Milliarde Werte abzusetzen.
Ich komme nun zur Verwaltung und Verwertung des entbehrlich gewordenen mobilen urd immobilen Heeresgutes. Die Verwertung des mobilen Heeresgutes unterlieg: dem Reichsverwertungsamt, das seit Gründung des Reichsschatzministeriums dessen dritte Abteilung bildet. Das Reichsoerwertungsamt hat das mobile Hee resgut bekannt⸗ lich nach der Revolution in wildester Unordnung übernommen, ohne Kenntnis der Läger, ohre Kenntnis ihrer Bestände, ohne jede Inben⸗ tur, in stetem Kampfe gegen Diebstahl und Unterschlagung. (Hört, hört! Dank der energischen Maßnahmen meines Herrn Amtsvor— gängers wurde schon im Frühjahr dieses Jahres in dieses Chaos all= mählich Ordnung gebracht. Heute darf ich feststellen, daß sämtliche 00 Heeresläger und alle 8000 Stellen, an denen mobiles Heeresgut außerhalb dieser Heeresläger lagert, fest in unserer Hand sind (Bravo! im Zentrum), daß eine fast vollständige Inventur alles mobilen HSeeres⸗ gutes durchgeführt worden ist. Es werden alle Wege der Verwertung, die nach dem Friedensderhrag gestattet sind, beschritben, angefangen vom Detailverkauf in den Lägern bis zum Grospwerkauf durch die Ge— neralreferate des Reich verwertungsamtes.
Nachdem die Ordnung geschaffen und die Inbentut durchgeführt war, konten wir die Zweigstellen, die zur Verwaltung und Verwer— ung des Heeresgutes draußen im Lande errichtet waren, auf die Hälfte verringern. Die von meinem Herrn Amtsvorgänger bereits eingelei bete Wiedererfassung veruntreuten Heeresgutes hat zur Gründung einer eigenen „Abteilung für Wiedererfassung“ im Ministerium geführt, die dank der die Wiedererfassung erleichternden Verordnung, die das hohe Haus seinerzeit beschlossen hat, bis heute das Grgebnis gezeitigt hat, daß veruntreutes Hecresgut im Werte von 150 Millionen Mark wiede erfaßt und in den Besitz des Reichs zurückgeführt werden konnte.
Wenn auch die Verwertung im allgemeinen so wasch als irgend möglich durchgeführt wird, so wird auf der anderen Seite doch volles Augenmerk darauf gerichtet, daß nichts ins Ausland abgegeben wird, was dem Inlande für die nächste Zeit oder auch für eine fernere Zu⸗ kunft dringend notwendig ist, (Bravo), und daß nichts von diesen Beständen hinausgeht, was wir für die deutsche Industrie und vor allem für die Fortführung unserer Heeres⸗ und Marinebetriebe selbst dringend bedürfen. (Bravo!)
Wenn es uns nun auch gelungen ist, in das Chaos mit vieler Mühe und Arbeit Ordnung hineinzubringen, so wissen wir doch, daß bei dem ungeheuren Umfange der Geschäfte und der gewaltigen De⸗ moralisation, die leider immer noch in unserem Volke besteht (sehr richtigh, da und dort sicherlich noch Veruntreuungen vorkommen wenden. Aber wir tun alles, diese Veruntréuungen auf ein Minimum zurückzu— führen. Wir haben außer der Erfassungsabteilung eine eigene groß ausgebaute Polizeiabteilung im Verwertungsamt errichtet. Wir haben Kontrollstellen aller Art nach innen und außen, und wir können heute sagen, daß 95 Prozent der Vorwürfe, die in der Oeffentlichkeit gegen das Reichsverwertungsamt erhoben werden, sich bei der Untersuchung als gegenstandélos oder als an die falsche Adresse gerichtet erweisen.
Meine Damen und Herren! Es wird Sie interessieren, das Ge⸗ samtresultat der Verwertungstätigkeit, wie es sich heute darstellt, zu erfahren. Aus den Verhandlungen in Weimar ist Ihnen erinnerlich, daß der frühere Reichsfinanzminister Schiffer den Wert des gesamten für das Reich noch geretteten mobilen Heeresgutes damals auf etwa drei Milliarden Mark angenommen hat. Obwohl inzwischen der Frie⸗ denäbdertrag von uns ratifiziert worden ist, in dem unter anderem die Bestimmung enthalten ist, daß wir über eigentliches Heeresgerät nicht verfügen dürfen, sondern dieses eigentliche Heeresgerät der Entente zum Zwecke der Zerstörung bereitzuhalten haben — eine Bestimmung, die wir, obwohl der Friede noch nicht perfekt ist, loyal durchgeführt haben, mit der Maßnahme, daß wir dieses Heeresgerät nicht veräußern, sondern bereithalten, soweit wir es nicht in dem bisherigen Umfange weiter delaborieren — ich sage: obwohl diese Bestimmungen des Friedensvertrages uns auferlegen, einen sehr großen Teil dieses Heeres⸗ gutes nicht zu verwerten, ist es uns gelungen, bis heute 3 Milliarden Mark aus Heevesgut zu erlösen (hört!ꝰ hört! und brwwo! im Zentrum), von denen bereits 22 Milliarden Mark in bar und in Kriegsanseihe eingegangen sind und der Rest demnächst eingehen wird. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten.)
Nach meiner Schätzung befinden sich an mobilem Heeresgut der— zeit in Deutschland noch Werte von etwa ein bis zwei Milliarden Mark. Von dem Heeresgut, das im Ausland, in Budapest, in Odessa und sonstwo liegt, lassen sich aus begreiflichen Gründen in diesem Moment Wertschätzungen nicht machen. Fest steht jedenfalls, daß die Verwertung des mobilen Heeresgutes, wie Sie aus den mitgeteilten Zahlen entnommen haben, ihren Höhepunkt bereits überschritten hat. Wir hoffen, daß in der ersten Hälfte des nächften Jahres die Ver— wertung im wesentlitzen beendet sein wird. Wir werden versuchen, dann das Reichsverwertungsamt in Gesellschaftsform auslqhrfen zu lassen.
Die Tätigkeit der Automohi labteilung des Reichawerwer tungs omts ist, seweit sie nicht unmittelbar mit der Verwertung zusammen⸗ bängt, auf das Reichaverkehrsministerium übergegangen. Där zur Schließung etwaiger Lücken des Verkehrs seinerzeit errichteten soge⸗ nannten Heimatkolonnen sind zum größten Teil in Kraftverkehrsgesell⸗ schaften unter Reichsbeteiligung umgewandelt worden. Soweit dies geschehen ist, werden auch sie dem Reichsverkehrsministerium ange⸗ gliedert werden. Die aladann noch verbleibenden drei Kraftherkehrs
zeiger und Preußischen Staatsanzeiger.
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ämter sollen bis zum 1. April 1920 aufgelöst werden. (Brabo! rech) So viel über den derzeitigen Stand der Verwertung des entbehrlich gewordenen mobilen Heeresgutes.
Ich komme nun zur Verwaltung und Verwertung des entbehrlich gewordenen immobilen Heeres⸗ und Marinegutes. Auf diefem Ge— biete ist dem Reichsschatzministerium durch den Beschluß des Haus— haltsausschusses der Nationalversanmlung vom 39. April dee ses Jahre eine nene gewaltige Aufgabe erwachsen. Nach diesem Beschluß sollen die bisherigen Heeres, und Marinebetriebe soweit als möglich fort⸗ geführt und auf Friedensbetrieb umgestellt werden unter der Vo setzung, daß sich diese Heeresbetriebe in absehbarer Zeit zu rent Betrieben entwickeln. Das Reichsschatzministerium bat damit die schwierigste Aufgabe übernommen, die in Dentschland auf dustriellem Gebiet jemals gestellt worden ist. Zustimmung bei Deutschen Demokraten Diese Aufgabe ist nur lösbar, wenn an ihre Lösung nach kaufmännischen und technischen Gesihtspunkten beran getreten wird. (Erneute Zustimmung bei den Deutschen Demokraten.) Die Fortführung der dazu geeigneten Betriebe, noch mehr aber die Prüfung der Umstellbarkeit dieser Betriebe in Friedensbetriebe haben
(Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten Die Gehälter dieser technischen und kauf— männischen Sachverständigen müssen den Gehältern der Privaindustrie nbedingt angepaßt sein, wenn wir erreichen wollen, daß wir tatsächlich eyftklafsige Kräfte in den Dienst dieser Aufgabe stellen können. In Voraussicht dieser Entwicklung hat bereits mein Herr Vorgänger die Häawptverwaltung der Heeresbetriebe begründet; sie ist inzwischen nah kaufmämischen und technischen Gesichtspunkten weiter ausgeftastet worden.
Zu dem ersten Erfordernis, daß die Aufgabe von koufmeinnischen und technischen Gesichtspunkten aus gelöst werden muß, tritt noch ein weiteres Erfordernis. Die zur Fortführung bestimmten Betriebe missen nach unserer festen Ueberzeugung in Gesellschaftsform gebracht und nach kaufmännischen Gesichtspunkten betrieben werden. Das ist Voraussetzung nicht nur einer rationellen und sparsamen Betriebs. führung, sondern auh Voraussetzung der dringend notwendigen ftän. digen und eingehenden finanziellen Kontrolle durch die Regierung, aber auch durch die Nationalbersammlung. Nur mit Hilfe der Gliederung in Gesellschaften ist es möglich, jederzeit die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes oder Betriebszweiges festzustellen und die Verwendung der Gelder bis ins kleinste zu prüfen.
Das Reich hat auf diesem Gebiete bereits große Erfahrungen, die geschöpft sind aus der Verwaltung der großen Reichbetriebe und Reichsbeteiligungen auf anderen Gebieten, die ich bereits vorhin Ihnen vorzuführen die Ehre hatte. Es soll hier bei den Heeresbetrieben in genau der gleichen Weise vorgegangen werden wie bei den Reichs gesellschaften der Aluminium-, Slickstoff⸗ und Elektrizitätswirtschaft.
Der im Haushaltsplan unter den außerordentlichen Ausgaben für die Hauptverwaltung der Reichsbetriebe angeforderte Betrag von fasi einer halben Milliarde für das nächste Halbjahr soll kein verlorener Aufwand sein, sondern stellt die für diese Zeit notwendigen Betriebs⸗ und Bankapitalien zur Fortführung und Umstellung der bisherigen Heeres« und Marinebetriebe in Friedensroirtschaft dar. Wir werden diese Betriebs- und Baukapitalien nah entsprechenden Abschreibungen in den Bilanzen der zu bildenden Gesellschaften als Betriebs- und Baukapitalien erscheinen lassen und hoffen, daß diese Gelder, soweit sie Betriebskapitalien darstellen, durch entsprechende Einnahmen herab—⸗ gemindert werden, und daß sie, soweit sie Baukapitalien darstellen, aus den künftigen Gewninen verzinst und amortisiert werden.
Der Umfang und die Bedeutung der Aufgabe der Fortführung und Umstellung der Heeres- und Marinebetriebe hat dazu geführt, die Hauptverwaltung der Reichsbetriebe, die ursprünglich der Ab⸗ teilung III (Reichsverwertungsamt) angegliedert war, von dieser Ab- teilung III in die Abteilung 1 des Reichsschatzministeriums zu über— führen, in der bereits die Verwaltung der anderen großen Reichs betriebe und Reichsbeteiligungen stattfindet. Diese Abteilung 1 ist dadurch zur großen Industrieabteilung des Reicheschatzministeriums geworden, die, wenn erst die Elektrizitätswirtschaft in der im Gesetz. entwurf über die Soialisierung der Elektrizitätswirischaft vorge— sehenen Ausgestaltung hinzugekommen sein wird, wohl den größten Imdustriekonzern der Welt darstellen dürfte.
Die Schwierigkeit der Aufgabe der Fortführung der Heeres⸗- und Marinebetriebe und ihrer Umstellung in Friedensbetriebe ist dur baus noch nicht allgemein voll erkannt und gewürdigt. Schon in normalen Zeiten ist es außerordentlich schwer, derartige Betriebe umzustellen, weil alle Gebäude, Maschinen und Einrichtungen ganz einseitig ihrer Zweckbestimmung angepaßt sind und niemals damit gerechnet worden
ist, daß diese Betriebe auch einmal zu anderen Zwecken als zur Fa.
brikation von Heeresbedarf dienen sollen. Bei den alten Heerez« fabriken ist deis ja verständlich; aber unverständlich ist es, daß man bei den gewaltigen Anlagen dieser Art, die während des Krieges ge. scheffen worden sind, gar nicht daran gedacht zu haben scheint, daß diefe Betriebe unmögkich dauernd für den Zweck bestimmt sein konnten, für den sie errichtet wurden. (Sehr rihtig! im Zentrum) Niemend scheint damals doran gedacht zu haben, was jedem Industriellen soforh am nächsten gelegen wäre, die Betriebe von vornherein so aufzuzichen, daß sie später ohne allzu große Schwierigkeiten in Friedensbetrieb hätten umgestellt werden können. Wir sehen bei den Neubauten während des Krieges eine ungeheure Geldverschwendung. (Sehr richtig! Die Betriebe sind mit äußerstem Raffinement ausgebaut und ihrem Zweck angepaßt, was verständlich ist und auch wohl richtig war, aber sie sind andererseits so gebaut, daß sie für Friedensbetrieb nur mehr schwer umzustellen sind. Vielfach sehen wir zwischen den ge—⸗ waltigen Anlagen große Zwischenräume, in denen sich Kunststraßen aller Art, aber auch grünende Parkanlagen größten Umfanges finden, die jeder modernen Großstadt zur Zierde gereichen würden — alles Anlagen, die vom kauf männischindustriellen Standpunkt aus dauernde
Grschwerungen des Betriebes und dauernde Lasten für die Fortführung
dieser Betriebe sind. (Sehr richtig) Der gewadezu erschreckenden Ginseit'gkeit der Aufmachung dieser Betriebe entspricht die Einseitig⸗