1919 / 243 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

keit in der Erfahrung und den Leistungen der Beamten, Angestellten und Arbeiter. Einseitig war auch die Kontrolle, nur auf die unt Quantität abgestellt. Nirgends ein Kalkulationsburcad für Vor— oder Nachkalkulatlon, nirgends jemand, der mit den Verhältnissen des Marktes im Inlande oder im Auslande näher bekannt ist. Zuruf: Militärisch!)

Mit diesen Einrichtungen sollen nun Fabrikationen eingeführt werden, die mit den alten nichts gemein haben, sollen Fabrlkate her— gestellt werden, die mit den Erzeugnissen der Privatindustrie ersolg— reich in Wettbewerb treten können, nicht nur an Güte, sondern auch an Herstellungspreis. Gewiß hat auch die Privatindustrie sich während in weitem Umfange auf die Herstellung von Heeresgerät einrickten müssen. Auch sie muß sich jetzt vielfach umstellen, auch sie hat gewaltige Schwiengkeiten zu überwinden. Sie hat aber damit ge⸗ rechnet, daß sie sich einst wieder in Friedensbetriebe werde umstellen Sie hat ferner die Organisatien ihrer Betriebe vor dem In diesem Punkte hinken wir hinter der Privat- in das, was sie uns voraus ist, einzuholen ver—

des Krieges

müssen. Reiche voraus. industrie nach und müss suchen.

Die Schwierigkeiten der Umstellung der Heeres und Marine⸗ betriebe sind im einzelnen außerordentlich verscheden. Schwierig ist Lie Umstellung ja bei allen. Verhältnis mäßig am leichtesten ist sie noch bei den Betrieben, die hüttenmännischen Charakter haben, z. B. bei der Geschoßfabrik und Geschützgießerei Spandau, der Geschoßfabrik Siegburg. Grundsätzlich gehört auch hierher die Geschoßfabrik und Geschützisßerci Ingolstadt, indessen sind die letzteren Anlagen räum⸗ lich beschränkt und größtenteils unmodern. Schwieriger bereits als diese Betriebe mit hüttenmännischem Charakter sind die Werkstätten mit Masckinenfabaikcharakter, wie die Artilleriewerkstätten Spandau, München, Dresden, Lippstadt, die Gewehrsabriken Erfurt, Spandau, Amberg. Die Schwierigkeiten werden noch größer bei den Feuer⸗

werkslaboratorien Spandau, Siegburg, Plaue, Radeberg bei Dresden, Ingolstadi. Sie steigen weiler ganz erheblich bei den Munitlons⸗ fabriken Spandau, Cassel, Ingolstadt, Dresden und nähern sich der Unüsermwirdlickkeil bei den Pulverfabriken in Spandau, Plaue, Hanau, Dad au, Gnaschwitz und Ingolstadt, von denen jedenfalls einige sowie auch einige Munitionsfabriken dem Schicksal der Ausschlachtung nicht entgehen werden. (Hört, hörth An welcher Stelle die Reichswerft Riel mit der Torpedowerkstatt Friedricksort und der U-Boot und Torpedowerft Wilhelmshaven einzuklassifizeren sind, ist noch nicht genau zu sagen. Kiel hoffen wir, wenn auch nicht schnell, so doch mit bestem Erfolg umstellen zu können. Die Beamtenverhältnisse sind dort allerdings außerordentlich schwierig.

Je größer die Schwierigkeiten der Umstellung sind, desto länger wird es selbstverständlich dauern, bis die betreffenden Werke das ihnen bestimmte Ziel, wenigstens das erste Ziel der Deckung der Selbstkosten, erreicht haben werden. Es ist unbedingt sicher, daß wir bei der Mehrzahl dieser Betriebe für einen nicht im voraus zu be— stimmenden Zeitraum noch mit Unterbilanz zu rechnen haben werden bis auh sie über die Sandbank ins freie Wasser geschleppt sein werden.

Auffallend an diesen Betrieben ist noch eine Tatsache. Die Betriebe waren Präzisionsbetriebe im wahrsten Sinne des Wortes. In der Hauptsache ist es wohl darauf zurückzuführen, daß das Ver⸗ hältnis der Beamten und Angestellten einerseits zu der Zahl der Arbeiter andererseits völlig verschieden von dem ist, das wir in Friedensbetrieben gewöhnt sind. Wir treffen hier fast durchweg ein Verhältnis 1 zu 4 (hört, hörth, während wir in den Friedens— betrieben mit Verhältniszahlen wie 1 zu 10 zu rechnen gewohnt sind.

Aus alledem ergibt sich, daß die dem Reichsschatzministerium obliegende Aufgabe der Fortführung und Umstellung dieser Betriebe tatsächlich riesenhaft ist. Wenn wir trotzdem guten Mutes an diese Aufgabe herantreten, so geschieht es deshalb, weil wir uns bewußt sind, daß es sich hier nicht nur um die Erhaltung von enormen Werten des Resches handelt, sondern daß hier eine große und schwere soziale Aufgabe ersten Ranges zu erfüllen ist. (Sehr richtigh)

In diesen Betrieben waren im Höchstausmaß während des Krieges nicht weniger als 210 0090 Arbeiter beschäftigt. Derzeit be⸗ trägt die Arbeiterzahl noch etwa 15 009. Bei der Umstellung der Betriebe konnte, wie aus den eben genannien Ziffern sich ergibt, es nicht vermieden werden, daß Beamtenanwärter, Angestellle und auch alte Arbeiter in großer Zahl zur Entlassung kommen mußten. Wenn wir auch hoffen, von jetzt ab im allgemeinen die Zahl der heute be⸗ schäftigten Arbeiter weiter beschäftigen, ja, sie in absehbarer Zeit noch vermehren zu können, so muß doch für einzelne Betriebe, wo die Umstellung noch nicht durchgesührt ist, auch noch mit Entlassungen gerechnet werden.

Für diese Personen soll nun in tunlichst weitgehendster Weise gesorgt werden, und zwar nicht nur in denjenigen Fällen, in denen Rechlsansprüche vorhanden sind, sondern auch in solchen Fällen, in denen Billigkeitsansprüche vorliegen. Die Erwägungen der be⸗ teiligten Ministerien über die zu gewährenden Abfindungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie beschäftigen Ressorts des Reichswehr⸗ ministeriums, Reichsfinanzministeriums und Reichsschatzministeriums und werden wohl in Bälde zu ciner Lösung auf etwa folgender Grund⸗ lage fühten. Was zunächst die etatmäßigen Beamten betrifft, so sollen sie nach Möglichkeit an solchen Stellen der Betriebe verwandt werden, für die sie befähigt erscheinen. Vor jeder Neueinstellung in Heeres, und Marinebetrieben soll jedenfalls geprüft werden, ob sie nicht durch Beibehaltung eines bereits vorhandenen Beamten vermieden werden könn. Die Weiterbeschäftigung der Beamten muß aber aus prinzipiellen Gründen auf Grund Privatdienstvertrages erfolgen; denn es ist unangängig und unmöglich, in den künftigen Aktiengesellschaften oder, falls nur eine einzige große Gesellschaft aus diesen Betrieben ent⸗ stehen soll, was noch geprüft wird, in dieser großen Gesellschaft neben Angestellten auf Dienstvertrag noch Beamte als solche weiter zu be⸗ schäftigen. Davon hat sich das Kabinett, davon hat sich auch der Haushaltsausschuß der Nationalversammlung bei den letzten Be⸗ ratungen einstimmig überzeugt.

Der Beamte soll jedoch durch die Anstellung auf Privatdienst⸗ vertrag seine Rechle aus dem Beamtenverhältnis nicht verlieren. Es sollen ihm jedoch diejenigen Bezüge, die er, wenn er auf Wartegeld gesetzt wird, aus seinem Beamtenverhältnis noch bezieht, auf die Bezüge aus dem Privatdienstvertrag angerechnet werden. Wie groß die Zahl der zu übernehmenden Beamten sein wird, läßt sich in diesem Augenblick nicht übersehen. Selbstverständlich soll nach Möglichkeit für die Beamten, die nicht übernommen werden können, versucht werden, sie in anderen Verwaltungen unterzubringen.

Qualität

Die bis zum 1. Oktober dieses Jahres noch nicht etatmäßig angestellten Beamten besitzen keinen Rechtsanspruch auf Fortgewähr ihrer bisherigen Bezüge. Diese Anwärter haben aber gerade in den Betrieben des Heeres und der Marine verhältnismäßig sehr lange auf etatmäßige Anstellung gewartet. Es sind Fälle bekannt, in denen solche Anwärter nicht weniger als 25 Jahre hinter sich haben, ohne daß es bisher möglich gewesen wäre, sie im Rahmen des Etats end— gültig anzustellen. Nach denselben Grundsätzen wie bezüglich der etat—⸗ mäßigen Beamten soll hier zunächst versucht werden, auch diese Anwärter auf Privatdienstvertrag, soweit es im Rahmen der künftigen Fortführung der Heeiesbetriebe tunlich ist, weiter zu beschäftigen. Die darüber hinausgehende Anzahl muß jedenfalls zur Entlassung kommen. Auch hier soll zunächst versucht werden, sie in anderen Verwaltungen unterzubringen. Soweit sie eine besonders lange Wartezeit haben, wird erwogen, die Anwärter in ähnlicher Weise abzufinden, wie es bei den Kapitulanten geschehen ist.

Neben diesen Anwärtern sind in den Heeres und Marinebetrieben zahlreiche Angestellte beschäftigt gewesen, denen mündlich und zum Teil auch schriftlich erklärt worden ist, sie könnten ihre Stellung als eine Lebensstellung betrachten. Auch hier liegt eine rechtliche Ver— pflichtung des Reiches nicht vor, aber in vielen Fällen ein Billigkeits— anspruch. Auch für diese Angestellten, sobald sie einen bestimmten, noch näher festzulegenden Zeitraum in den Reichskbetrieben beschäftigt gewesen sind, wird eine Abfindung erwogen.

Ebensowenig wie den Anwärtern und Angestell ten war es den Arbeitern bei den im Kriege gezahlten Lohnen und der damals schon eingettetenen Preisteuerung möglich, Rücklagen zu machen. Den alten Arbeitern der Reichsbetriebe wird aus allgemeinen Finanzfonds des Finanzministeriums bekanntlich heute schon die sogenannte Gnaden— pension gewährt. Diese Gnadenpension ist unter den heutigen Ver⸗ hältnissen unzureichend, und es ist beabsichtigt, sie nicht nur in bis⸗ heriger Höhe auf breiter Grundlage an die alten Arbeiter, die nicht mehr rüstig genug sind, um bei der Fortführung des Betriebes wieder eingestellt zu werden, zu gewähren, sondern es ist weiterhin beab—⸗ sichtigt, diese Gnadenpensionen im Hinblick auf die eingetretene Teuerung zu erhöhen. Das Ausmaß dieser Erhöhung wird derzeit erwogen.

Alle diese Verhältnisse sollen in einem Gesetzentzrurf nähe: regelt werden, der Ihnen demnächst vorgelegt werden soll. Wir dürfen hofsen, daß dadurch die berechtigten Wünsche und Klagen ia der Hauptsache und in dem Rahmen abgestellt werden, der sich nach der Finanzlage des Reichs als möglich erweist. Eines aber ist sicher, daß alle diese Unterstützungen nicht die Bilanzen der künftigen Gesell— schaften der bisherigen Heeres- und Marinebtriebe belasten dürfen. (Sehr richtig! rechts) Wenn wir die Betriebe mit solchen Ausgaben belasten wollten, dann wären sie zusammengebrechen, bevor sie zu mar— schieren begonnen hätten. Alle diese Unterstützungen werden aus be⸗ sonderen Finanzfonds des Reichsfinanzministeriums zu gewähren sein.

Wir haben bei der vorläufigen Umstellung der Heeres⸗ und Marinebetriebe, welche uns von der Heeres- und Marineverwaltung übergeben worden sind, häufig außerordentlich schwierige Arbeiterver— hältnisse vorgefunden. Wir sahen uns in vielen Fällen ich erinnere nur an Spandau und Adlershof gezwungen, diese Betriebe sogar unter Inanspruchnahme militärischer Hilfe, zunächst zu schließen und dann wieder neu aufzumachen.

Bei dieser ersten Fortführung des Betriebes waren wir in allen Fällen bemüht, zunächst den alten Arbeiterstock wieder hereinzunehmen und darüber hinaus diejenigen Arbeiter zu beschäftigen, bei denen dies aus sozialen Gründen oder im Hinblick auf ihre besondere Fachkunde vor allem erforderlich erschien. Wir haben den Arbeitern keinen Zwäfel darüber gelassen, daß an eine Fortführung der Heeresbetriebe und an ihre Umstellung auf die Friedenswirtschaft nur zu denken ist, wenn fest zugegriffen und fleißig gearbeitet wird, von der obersten Spitze bis herunter zum letzten Arbeiter. (Bravo! im Zentrum und rechts) Es ist uns gelungen, in allen Betrieben, die wir übernommen haben, das Akkordlohnspstem überall da einzuführen, wo es technisch möglich ist. (Bravo! im Zentrum und rechts) Wir haben mit der Wiedereinführung des Akkordlohnsystems die besten Erfahrungen ge— macht. Wir können auch feststellen, daß in den seit längerer Zeit übernommenen Betrieben ordentlich gearbeitet wird und daß die Leistungen auch qualitativ vielfach recht gute sind.

Es war außerordentlich schwierig, bei der Umstellung dieser Be— triebe das Vertrauen der als Auftraggeber in Betracht kommenden Kreise zu finden. Wir haben in Spandau während des Krieges über 360 00 Arbeiter im Betrieb gehabt, nach der Umstellung zunächst nur 4000 und jetzt wieder zwischen 11 000 und 12 000 Arbeiter. Um für diese Arbeiter die nötige Arbeit zu beschaffen, ist es notwendig, jedes Jahr einen Auftragsbestand von mindestens 300 Millionen Mark sofort hereinzubringen. Im Anfang war es unsere größte Sorge, ob es uns gelingen wird, diesen Auftvagsbestand auch tatsächlich hereinzu⸗ holen. Allmählich aber schwand das Mißtrauen, das weite Kreise gegen diese Heeresbetriebe auf Grund der Erfahrungen kurz nach der Revolution erfaßt hatte. Wir haben in den letzten Menaten Aufträge von monatlich etwa 25 Millionen Mark hereingebracht. Ich zweifle nicht, daß es uns gelingen wird von besonderen Ereignissen ab⸗ gesehen den Auftragsbestand von 300 Millionen auf ein Jahr für die Spandauer Betriebe hereinzuholen. (Brawoh

Spandau ist der erste größere Betrieb, den das Reichsschatz⸗ ministerium als Friedensbetrieb führt, und es ist vielleicht ganz inter⸗ essant, an der Hand dieses Beispiels sich ein Bild darüber zu machen, wie etwa die Umstellung solcher Betriebe sich vollziöhen wird. Am schwiengsten ist in Spandau die Umstellung der Pulverfabrik; nach dieser Richtung hin sind die Erwägungen noch nicht abgeschlossen. Die übrigen 6 Betriebe werden in 3 zusammengelegt: ein Hüttenwerk, in dem das Stahlwerk, die Eisengießerei und die Walzwerk de reinigt werden; eine Maschinenfabrik, in der die Geschützgießerei und die Artilleriewerkstatt vereinigt wird; und eine Metallwarenfabrik, welche die Gewehrfabrik, die Munitionsfabrik und das Feuerwerkslaborato⸗ rium umfassen soll. Es besteht im allgemeinen die Absicht, die Fort⸗ führung der Heeres- und Marinebetriebe nach einen Gesamtplan so einzurichten, daß in der Gesamtheit dem Werke sich der Produktions prozeß vom Roheisen und Schrott angefangen, bis zum Fertigfabrikat abspielt, wodurch. allein eine sichere Gewähr für die schließliche Ren⸗ tabllität des Ganzen gegeben erscheint. Ich glaube, Ihnen durch diese Darlegungen, die ich absichtlich etwas breiter gehalten habe, weil draußen bei der Arbeiterschaft der Betriebe unendliches Mißtrauen

gegen uns besteht und vielfach die Ansicht vertreten ist, wir wollten

. - . ö ö . w . im Gegensatz zu dem Besckluß des Haushaltszusschusses vam 30. April . 57 5 4 6, * . e kERær d. Is. diese Betriebe allmählich an die Privatindustrie ucergeten 5e 220 . a Bw 3, 9e de ne é 6 Roi 8. lassen gezeigt zu haben, wie schwer die Ausgabe ist, die das N

wirtschaftsministerium auf Grund des Beschlusses übernommen hat. Die Durchführung

sammlung vom 30. April d. Is. Durchhalten

der Aufgabe erfordert straffste Disziplin und unbedingtes der kaufmännischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen.

Wir sind uns auch voll der Pflicht bewußt, diele Reichsbetriebe zu sozialpolitisch vorbildlichen Betrieben auszugestalten. Wir haben nach dieser Richtung auch schon viel erreicht. Durch die individuelle Anpassung der Kriegsbeschädigten an die für sie passende Arbeit habe

wir in faft allen Betrieben, die wir übernommen haben, heute schon erreicht, daß ein verhältnismäßig hoher Prezentsatz von Kriegs⸗ beschädigten eingestellt werden konnte. In Spandau beschäftigen wir z. B. nicht weniger als 11 3. Schwerbeschädigte.

Sobald die Verhältnisse bezüglich der Umstellung der Heeres— und Marinebetriebe sich klarer übersehen lassen, ist beabsichtigt, eine eingehende Denkschrift über die Umstellung dieser Betriebe der Nationalversammlung zu unterbreiten. Vorläufig bitten wir Sie, uns in der Erfüllung der schweren von Ihnen gestellten Aufgabe zu unter stützen und bei allen Ihren Maßnahmen und Anforderungen zu ke— denken, daß jede zu schwere Last, die Sie uns aufbürden, das Gelingen des Ganzen in Frage stellt. Die gewaltige Aufgabe haben wir in erster Linie im Interesse der Arbeiterschaft übernommen. Deshalb müssen sich gerade auch die Arbeiter in die Notwendigkeiten einfügen, weil sonst die Durchführung der Aufgabe unmöglich wird.

Ich verlasse damit die Darstellung der Aufgaben des Reickẽ⸗ schatzministeriums, soweit sie auf dem Erlaß des Reichepräsidenten vom 21. März d. J. beruhen, und komme zu den neuen Aufgaben, die dem Reichsschatzministerium durch die Neuorganisation der letzten Monate gestellt sind, Aufgaben, die demnächst in einem neuen Erlaß des Reichspräsidenten über die Zuständigkeit des Reichsschatz= ministeriums niedergelegt sein werden.

Diese neuen Aufgaben betreffen die Abteilung Il des Reichs- schatzministeriums. Diese Abteilung hatte ursprünglich die Aufgabe der Verwaltung und Verwertung des enthehrlick C-werderin industriellen Heeres⸗ und Marinesarndbesitz- . Vor wenigen Menagien ist durch eine Vereinbarung der beteiligten Ressorts, der das Kabinett beigetreten ist und die demnähst in einem Erlaß des Reichs präsidenten niedergelegt werden wird, pereinbart worden, daß, um mich gemein⸗ verständlich auszudrücken, in Zukunft alle Ressorts mit Ausnahme der Verkehrsressorts beim Reichsschatzministerium in Nießbrauch wohnen. Das Reichsschatzministerium übernimmt in diesem Umfange die Vertretung des Reiches als Eigentümer aller seiner Liegenschaften. Das Reichsschatzmi nisterium übernimmt im gleichen Umfange die gesamte Reichsbauverwaltung, sowohl die Bauverwaltung, die bisher bei den einzelnen Reichsressorts bestand, als insbesondere die Bau⸗ verwaltung von Heer und Marine.

Zu dieser Aufgabe trat noch eine weitere hinzu. Wir werden nach dem Friedensvertrag damit rechnen müssen, daß wir in Zukunft nur noch 100 000 Mann Militär haben werden. Da liegt es nahe und es ist notwendig, daß niemand auf diese 100 000 Köpfe angerechnet wird, der durch einen Zivilbeamten ersetzt werden kann. Diese Erwägung hat dazu geführt, die ganze aktive Militär- und Marine⸗ verwaltung dem Reichsschatzministerium zu übertragen. Das ist neben der bisherigen Militär- und Marinebauperwaltung, die gesamte bis⸗ herige Versorgung des Heeres und der Marine, alle Proviantämter, Bekleidungsämter, Konservenfabriken, Schlächtereien, Bäckereien, kurz die Belieferung des Heeres und der Marine mit dem gesamten Unter⸗ haltsbedarf bis zum letzten Tropfen Petroleum und bis zum Schemel in der Mannschaftsstube.

Die Bekleidungsämter um das vorauszunehmen haben wir nicht der Abteilung 11 übertragen, sondern, dem Charakter ihrer Be⸗ triebe entsprechend, der Abteilung III. Von den bei Abschluß des Waffenstillstandes vorhandenen 26 Heeres und 2 Marinebekleidungs⸗ ämtern sind bis jetzt 14 stillgelegt worden; 12 werden weiter betrieben. Für diese 12 Bekleidungsämter ist bis zum 1. April nächsten Jahres genügende Beschäftigung vorhanden. Was dann aus ihnen werden wird, unterliegt derzeit der Prüfung.

Bei der Prüfung dieser Frage wird einerseits erworgen werden müssen, daß die Bekleidungsämter bedeutende Werte darstellen, die dem Reich erhalten werden sollen, daß andererseits die dort beschäftigte Arbeiterschaft, wenn irgend möglich, weiter beschäftigt werden muß. Vielleicht gelingt es dadurch, daß die verschiedenen Resserts einschließ⸗ lich der Verkehrsressorts sich dahin einigen, ihre Aufträge in Zukunft ähnlich, wie das Militär es in der Vergangenheit getan hat, nech Möelichkeit diesen Bekleidungsämtern zuzuweisen. Auf alle Fälle werden bei Prüfung dieser Frage aber auch die Interessen des männ'schen und gewerblichen Mittelstandes entsprechend zu berück⸗ sichtigen sein. (Bravo rechts.)

14 Bekleidungsinstandsetzungsämter sind bis auf eines geschlossen, und auch dieses eine arbeitet nicht mehr für Heer und Marine or er für öffentliche Zwecke, sondern in Konkurrenz mit der Privatindustrie. Eines der fräheren Bekleidungsämter, das Bekleidungsamt Hamburg— Bahrenfeld, haben wir zu ermäßigtem Kaufpreis einer Arbeite: genossenschaft, die sich dort gebildet hat, zum. Weiterbetrieb übergeben. (Bravo! bei den Sczialdemokraten.) Diese Arbeitsgenossenschaft führt den Betrieb im Anschluß an die große Hamburger Konsumzentrale. Ich hoffe, daß besonders angesichts des Umstandes, daß wir die Kauf bedingungen möglichst entgegenkommend gestaltet haben, dieses Experi- ment gelingt. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)

Zu dieser Aufgabe der Abteilung 1 kommt hinzu die Reichs vermögensverwaltung für die besetzten Gebiete, insbesondere die Ueber⸗ nahme der Verpflichtungen auf Grund des Artikels 8 des Röeinland⸗ abkommens, also die Unterbringung, Verpflegung, Besoldung des interalliierten Besatzungsheeres, so daß das Reichsschatzministerium nicht nut die aktide Militärverwaltung des deutschen Heeres und der deutschen Marine, sondern auch die ganz gleichartige Aufgabe für das Besatzungsheer auf Grund des Artikels 8 des Rheinlandabkemmens übernommen hat.

Der Abteilung 1 des Reichsschatzministeriums ist durch diese neuen Aufgaben eine Tätigkeit überwiesen worden, deren Umfang dazu führen mußte, Sie zu bitten, als Chef dieser Abteilung, einen Unter⸗ staatssekretär und außerdem einen weiteren Ministerialdirektor zu be⸗ willigen.

Es ist uns ohne weiteres klar gewesen, daß wir damit gegen des Prinzip verstoßen, daß jedes Reichsministerium, wenn irgend mögli

8

kauf⸗

untergeordnet sind, welchen in erster Linie die Bauverwaltung obliegt.

eine bei der wirtschaftlichen Lage Deutschlands und angesichts der un⸗

wegung und Rufe: Hört, hört) Die Stärke der Besatzungstruppe

richtig und naturgemäß so ausgelegt, wie die Bestimmungen aus— eelegt wurden, welche im Waffenstillstandabertrage vom 26. Februar

daß unter „Unterhalt“ mit anderen Worten die Unterbringung, viel—

Entente hat jede Begri

ie für die Ausbildung der Truppen, für die Erhaltung ihrer Be—

jeweils benötigte Summe wurde ohne nähere Begründung angefordert

nur einen Unterstaatssekretär als Vertreter des Ministers haben soll. Aber die Verhältnisse sind zwingend. Auf der einen Seite erefordert die gioße Industrieabteilung des Reichsschatzministeriums einen Unter— stzatssekretär als Leiter, und auf der anderen Seite ist die Abteilung 2 urch die Neuregelung so außerordentlich gewachsen, daß auch an ihrer Spitze ein Unterstaatssekretär erforderlich ist. Schon heute haben wir in dieser Abteilung 2, obgleich wir sie so schwach besetzt haben wie möglich, auch besonders draußen in den Abteilungen 3 in den Reichs⸗ nanzämtern, nicht weniger als 20 Referate, und ich zweifle nicht, daß trotz aller Einschränkungen, deren wix uns befleißigen, der Auf⸗ cꝛbenkreis dieser Abteilung 2 in den nächsten Monaten noch weiter wachsen wird. ; Die Aufgaben der Abteilung 2 des Reichsschatzministeriums = ; ö 7 . arten draußen im Sande wahrgenommen durch die Abteilungen 3 der Lendesfinanzämter, denen wiederum eigene Reichsvermögensämter

.

Eine besondere Regelung ist für das besetzte Gebiet vorgesehen. Hier werden alle diese Aufgaben zusammengefaßt in der „Reichsver⸗ nögensverwaltung für das besetzte Gebiet“, die ihren Sitz in Koblenz

t, und der drei Vermögensämter mit den enlsprechenden Vermögens tellen untergegliedert sind, das eine in Landau in der Pfalz für den Be⸗ zirk der bayerischen Pfalz, das zweite in Koblenz für den südlichen Teil des Rheinlandes und das dritte in Düsseldorf für den nördlichen Teil der Rheinlande.

Zum Schlusse noch ein Wort zu denjenigen Etatpositionen, welche den Unterhalt der Besatzungstruppen im Westen betreffen. Aus den verschiedenen Positionen im außerordentlichen und im ordentlichen Haushaltsplan des Reichsschatzministeriums er⸗ gibt sich, daß zur Durchführung dieser Aufgabe im Etat des Reichs⸗ schatzministeriums allein, auf das Jahr umgerechnet, ein Betrag von 12 Milliarden Mark angefordert ist. (Allseitige Rufe: Hört, hörth Aus einer Zusammenstellung, die ich dem Haushaltsausschuß bei der Beratung dieser Materie gegeben habe, ergibt sich, daß außerdem als Entschädigung der Einwohner der besetzten Gebiete für die Requisitionen der Besatzungstruppe eine Summe auszuzahlen ist, de mit jährlich 1 Milliarde Mark sicherlich nicht zu gering veran— sclagt ist. (Bewegung. Rufe: Hört, hört) Diese Summe ist nicht us dem Haushaltsplan des Reichsschatzministeriums ersichtlich, sondern pird aus dem allgemeinen Finanzfonds bestritten, den das hohe Haus in Höhe von 16. Milliarden bewilligt hat. Außerdem ergibt sich aus jener Zusammenstellung, die ich dem Haushaltsausschuß zu unter— breiten die Ehre hatte, daß außer diesen Forderungen für den Bau ron Wohnungen für Offizierfamilien per sofort 1900 Millionen Mark und für die nächste Zukunft wohl ein Betrag bis zu 300 Millionen Mark wird aufgebracht werden müssen (lebhafte Rufe: Hört, hörth, ber gleichfalls aus dem allgemeinen Fonds des Reichsfinanz⸗ ministeriums zu bestreiten sein wird. Außerdem sind im Haushalts plan des Reichsschatzministeriums für die Unterbringung und Er— haltung der hohen Kommission der Allüerten und der Ueberwachungs— ausschüsse der Alliierten jährlich 60 Millionen Mark eingesetzt. Große Bewegung. Erregte Rufe: Unerhört) Die Unterhaltung der inter⸗ allierten Besatzungstruppen einschließlich dieser Ausschüsse stellt sich Wlso heute schon ziffernmäßig nachweisbar auf mindestens 27, Mil⸗ liarden Mark jährlich (große Unruhe; lebhafte Rufe: Hört, hörth,

geheuer schweren Bürde der außerdem von uns übernommenen finanzi⸗ ellen und wirtschaftlichen Verpflichtungen ganz unerträgliche Last. Stürmische Zustimmung.)

Meine Damen und Herren, wir kennen seit Abschluß des Waffen⸗ stillstandes auch nicht annähernd die Effektivstärke dieser Besatzungs⸗ armee. (Hört, hört) Wir haben wiederholt gebeten, uns ihre Stärke zu benennen. Diese Bitte ist uns jederzeit abgeschlagen worden. (Be⸗

hat anscheinend außerordentlich gewechselt. Noch im August ist die Ztärke dieser Besatzungst:uppe wohl zwischen 4. und 500 000 Mann anzunehmen. Auf alle Fälle beträgt sie auch heute noch ein Mehrfaches dessen, was in diesen Grenzgebieten deutscherseits im Frieden an Soldaten unterhalten worden ist. (Hört, hörth Bezüglich des Ausmaßes der für die Unterhaltung dieser Be— satzungs armee aufzubringenden Kosten haben schon nach Abschluß des Waffenstillstands vertrages Verhandlungen stattgefunden. Deutscher⸗ säts wurden die Bedingungen des Waffenstillstandspertrages wohl

17 bezw. im Friedensbertrage vom 109. März 1871 enthalten waren,

leicht auch die Verpflegung und Unterbringung zu verstehen sei. Die sfsbestimmung abgelehnt, bis dann schließlich

im Friedensbertrage in Artikel 249 der Umfang so weit gezogen vurde, wie überhaupt nur denkbar.

Danach gehören zu diesem Unterhalt alle Ausgaben für die Er⸗ nährung der Personen und Tiere, die Einquartierung und die Unter⸗ bringung, für Sold und andere Gebührnisse, für Gehälter und Löhne, fir Nachtlager, Heizung, Beleuchtung, Ausrüstung, Geschirr, Be⸗ waffnung und iollendes Material (hört, hörth, für Flugwesen, Kranken., und Verwundetenbehandlung, Veterinär- und Remonte⸗ wesen, das gesamte Beförderungswesen (wie Eisenbahn, See- und Flußschiffahrt und Lastkraftfahrzeuge), Verkehrs, und Nachrichten vesen, überkaupt für die Verwaltungs , und technische Dienstzweige,

stinde und ihrer milizärischen Leistungsfähigkeit erforderlich sind. (GHört, hörth Hinzu kommt, daß nach dem Rheinlandsabkommen auch nach Gintritt des Friedenszustandes für die Requisitionen der Besatzungs— truppen das Haager Uebereinkommen in Geltung bleibt, welches die ,, des Landkrieges regelt und nur für den Kriegsfall be— echnet ist.

Eine Verrechnung der Unterhaltungskosten der Besatzungs = truppen ist von der Entente bisher immer abgelehnt worden. Die

und ausbezahlt. Sie belief sich in den ersten 10 Monaten der Be— uns auf etwa 9g00 Millionen Mark. (Hört, hörth In gleicher

eise wurden für die Requisitionen für das von den Engländern and Amerikanern beseßzte Gebiet bis jetzs 2556 Millionen angesekt. Die Engländer und Amerikaner überlassen die Auszahlung der Be—

bis jetzt mindestens für eine halbe Milliarde Mark Requisitionen ersetzt werden müssen. Für das von den Belgiern besetzte Gebiet konnten nähere Angaben bis jetzt überhaupt nicht ermittelt werden. (Hört, hörth

In den von dem Herrn Unterstaatssekretär Lewald geführten Verhandlungen haben wir wiederholt die Herabsetzung der Zahl der Besetzungstruppen verlangt, und es wurde dem Herrn Unterstaats⸗ sekretär eine Herabsetzung für die Zeit nach der Ratifikation des Friedensvertrages in Aussicht gestellt. Schriftlich wurde aber sowohl im August wie auch jetzt wieder vor wenigen Tagen durch eine Note erklärt, die Effektipstärke der Besetzungstruppen werde der deutschen Regierung sobald als möglich mitgeteilt werden. Beigefügt ist in der Note, es sei Sache der deutschen Regierung, für die rheinische Be⸗ völkerung die Last der Besetzung zu mildern, indem sie auf die Hilfs⸗ quellen an Material und Mobiliar des gesamten Reiches zurückgreife.

An anderer Stelle wird gesagt, die hohe Kommission werde sih bemühen, freundschaftliche Abmachungen mit den amt⸗ lichen Behörden zu treffen hinsichtlich der Offiziere und der Truppen; dabei wird bemerkt, es sei Sache der deutschen Behörde, die Unter— bringung zu erleichtern, indem einesteils die nach den besetzten Ge bieten im Laufe des Krieges eingewanderte Bevölkerung evakuiert (hört, hört), andererseits auf die allgemeinen Hilfsquellen des Deutschen Reiches Hand gelegt werde.

Bezüglich der Requisitionen heißt es in der letzten Note wörtlich:

Die alliierten und assoziierten Regierungen lassen nicht zu, daß die deutschen Gebiete nicht beitragen zu der Ernährung und den Bedürfnissen der Besetzungstruppen. Es ist Sache der deutschen Regierung, zur Vermeidung der Ausübung von Requisitionen von Lebens- und Futtermitteln, die Einbeziehung der Hilfsquellen des ganzen Reiches zu prüfen und den Bedürfnissen der Besetzungs⸗ truppen zu genügen.

Unsere Erwartung, die Entente werde sich hinsichtlich der Bildung der Ueberwachungsausschüsse nach Art. 23 des Friedensvertrages auf das notwendige Maß einschränken, ist nicht eingetroffen. Nachdem bereits seit einiger Zeit eine von uns als solche nicht anerkannte sogenannte Vorkommission der Entente in Stärke von 60 Offizieren in Berlin eingetroffen ist, ist uns neuerdings angekündigt, daß unmittel⸗ bar nach Friedensschluß in Berlin eintreffen sollen 2 Ueber— wachungskommissionen, und zwar eine für Armee und Marine, die für Wohnzwecke der Offiziere ein Hotel mit 300 Zimmern chört, hörth und für Geschäftsräume 200 Räume beansprucht, ferner für 300 Unteroffiziere und Mannschaften geeignete Unterkunft und Ge—⸗ legenheit zur Unterstellung für 60 Automobile. Sobann eine zweite NUeberwachungskommission für die Luftstreitkräfte, für welche bean—= sprucht werden: für Wohnzwecke der Offiziere ein Hotel mit 200 Zimmern, für Geschäftsräume weitere 100 Räume (hört, hörth, dann Unterkunft für 450 Offiziere und Mannschaften sowie Gelegenheit zur Unterstellung für weitere 100 Automobile. Es handelt sich also um 500 Offiziere, 750 Unteroffiziere und Mannschaften und 160 Automobile. Die Zahl der Automobile ist nachträglich auf 200 Automobile erhöht worden, die allein in Berlin untergebracht werden. (Hört, hört Daneben sollen kleinere Kommissionen in anderen Städten Deutschlands untergebracht werden, so in München, Dresden und anderen Drten.

Bezüglich der Unterkunft dieser Ueberwachungs⸗ aus schüsse, denen wir unsereseits im ganzen sechs deutsche Offiziere gegenüberstellen (hört, hört), haben im Kabinett eingehende Be— ratungen stattgefunden. Man dachte zunächst, diese Ueberwachungs⸗ ausschüsse in Schlössern unterzubringen. Es hat sich aber bald ergeben, daß die Schlösser für die Unterbringung dieser Ueberwachungsaus⸗ schüsse gänzlich ungeeignet sind; sie enthalten zumeist ineinamnmdergehende große Zimmer, die erst umgebaut werden müßten alles Dinge, die vor dem Eintreffen der Ueberwachungsausschüsse nicht durchgeführt werden könnten. Es wäre auch nicht zu vermeiden gewesen, daß diese Ueberwachungsausschüsse an zahlreichen Stellen der Stadt Berlin zer- streut hätten untergebracht werden müssen. Das letztere hätte weder dem Wunsche der Vertreter der Vorkommission der. Entente, noch unserem eigenen Bedürfnisse entsprochen. Wir haben selbst, nachdem wir diesen Ueberwachungsausschüssen nicht nur Unterkunft, sonder auch die Verpflegung zu gewähren haben, alles Interesse daran, sie möglichst geschlossen unterzubringen. Schließlich ergab sich kein anderer Ausweg, als zwei große Hotels für diese Zwecke in Aussicht zu nehmen, das Hotel Kaiserhof und das Hotel Eden, und als Mann— schaftszimmer und Garage für die im Kaiserhof untergebrachte Ueber⸗ rwachungskommission die Karlskaserne zu wählen und für die im Edenhotel untergebrachte Ueberwachungskommission die militär⸗ technische Akademie. Diese Unterkunftsmöglichkeiten wurden bis auf die Karlskaserne von der Entente als zweckentsprechend anerkannt. Bezüglich der Karlskaserne wurde bemerkt, daß dort keine eigene Gelegenheit für Abspeisung der Truppen außerhalb der Wohn räume der Kaserne gegeben sei, das sei zwar in Deutschland üblich, daß man in seinen Wohnräumen speist, die Ententetruppen seien aber daran niht gewöhnt. (Hört, hört) Dadurch, daß die Karls— kaserne abgelennt worden ist, ist es leider notwendig geworden, einige weilere Holels, die heute mit Behörden beziehungsweise mit einer Kriegsgesellschaft belegt sind, wämlich das Carlton-Hotel und das Saxonia⸗Hotel, mit Beschlag zu belegen.

Betonen möchte ich noch, daß der Herr Außenminister wiederholt mündlich und durch Noten der Entente den Wunsch der Reichs. regierung hat übermitteln lassen, diese Ueberwachungsausschüsse auf eine geringere Zahl von Mitgliedern zu beschränken. Er hat auch darauf hingewiesen, daß deutscherseits beabsichtigt ist, diesen Ueberwachungsausschüssen eine Kommission von etwa 6 Offizieren gegenüberzustellen. Dieses Ersuchen ist bis jetzt abgelehnt worden. (Hört, hörth

Sehr auffallend und bemerkenswert für die Absichten der Entente hinsichtlich der künftigen Stärke der Besetzungs— truppen im Rheinland ist auch das Verlangen nach Er⸗ richtung von Offiziersfamilienwohnungen, das inzwischen an zahlreiche rheinische Städte gestellt worden ist. Während seinerzeit in den Be— sprechungen, die in Versailles stattfanden, dem Herrn Unterstaats⸗ sekretär Lewald zugesagt worden ist, man wolle sich jedenfalls nach Friedensschluß mit den vorhandenen militärischen Bauten und Unter—⸗ kunftsgelegenheiten, wenn irgend möglich, begnügen, werden jetzt An⸗ forderungen gestellt, die, wie ich schon eingangs betonte, dazu geführt haben, daß wir für den nächsten Baubedarf 100 Millionen und für den künftigen Baubedarf 300 Millionen Mark zurückgestellt haben.

lräge den deutschen Behörden. Anders die Franzosen, die die Aus— nhlung selber übernehmen, und bezüglich derer anzunehmen ist, daß

(Hört, hört) Die erforderlichen Villen und Häuser är Offiziers⸗ wohnungen sollen in den größeren rheinischen Städten durch die

Städte selbst für Rechnung des Reiches aufgeführt werden,

in den mittleren und kleineren Städten durch die Reichsbauperwaltung vor⸗ genommen werden. Außerdem ist in den Haushaltsetat des Reichs— schatzministeriums eine Summe von 40 Millionen Mark jährlich ein⸗ gesetzt für Neubauten und Umbauten im Bereiche der bereits vor⸗ handenen militärischen Bauten. Auch hier scheint die Summe, die wir angefordert haben, trotz ihrer Erhöhung im Haushaltsausschuß viel zu gering zu sein. Die Stadt Mainz hat in den letzten Tagen auf Anforderung der Entente von uns die Erstattung von 15 Millionen Mark für solche Zwecke auf einmal verlangt, darunter 314 000 M für den Umbau und die teilweise Neueimichtung des Offizierskasinos, weitere 13 000 M für eine Badeeinrichtung im Offizierskasino, 50 000 S für eine Warmheizung im Offizierskasino, 1 Million für den Neubau von b

Mannschafts. und Wirtschaftsbaracken, 1150 000 M für Baracken in Kostheim, 2 602 000 M für EGxerzier platz und Wagenhaus Castell, 2 606 000 M für Pionierkaserne Kaiserbrück, 1 780 000 S für Biebrich, 400 00) S für Maurer⸗

arbeiten zwecks Einrichtung der Zentralheizung in der neuen mit Oefen bereits ausgestatteten Elisabethkaserne wie hoch die übrigen Kosten für diese Zentralheizung sind, ist nicht bekannt 200 000 M für sonstige Umbauten an dieser und 300 000 M für Umbauten an der Alicekaserne in Mainz; für Wiesbaden allein 4 Millionen

Mark usw. CEebhajste Rufe: Hört, hörth

Meine Damen und Herren! Ich beschränke mich auf diese tat⸗ sächlichen Feststellungen. Für jeden auch nur oberfläch⸗ lichen Kenner unserer Wirtschafts⸗ und Finanz⸗ lage ist es offenkundig, daß dieser Zustand nicht länger andauern kann ssehr richtigh, wenn anders Deutsch⸗ land in der Lage bleiben soll, den Plan durchzuführen, den es sich

e und wirtschaftlichen Forderungen der Entente aufgestellt hat. (Su⸗ stimmung.) Die Fortsetzung derartiger Anforderungen würde es dem Deutschen Reiche aufs äußerste erschweren, wenn nicht un möglich machen, die im Friedensvertrage vorgesehenen Wiedergutmachungen in vollem Umfange zu er

füllen. (Erneute Zustimmung. Sie würden als Dauermaßnahme

einen Aussaugungsakt der Entente darstellen (sehr richtig), der letzten Endes allen Mitgliedern der Entente selbst

zum Schaden gereichen müßte. Eebhafte Zustimmung. Wir müssen verlangen, daß unverzüglich und jedenfalls sofort nach Friedensschluß eine bedeutende Herabminderung der Besatzungstruppen im Westen eintritt. (Erneute lebhafte Zustimmung.)

Es entspricht dem Friedensvertrag, daß die Besetzungstruppen, die doch nur die Erfüllung des Vertrags sicher⸗ stellen, sie aber nicht un möglich machen sollen, auf das notwendigste Maß eingeschränkt werden. Die deutsche Effektid⸗ stärke in diesen Grenzgebieten betrug im Frieden etwa 80 000 Mann. Es ist selbstverständlich und muß von uns erwartet werden, daß die Besetzungstruppen entsprechend dem Zweck der Besetzung erheblich unter dieser Ziffer liegen und höchstens einen Bruchteil dieser Ziffer darstellen dürfen. (Sehr richtig) Wir müssen aber auch verlangen, daß Requisitionen der Besetzungstruppen in dem Maß unterlassen werden, als es unseren eigenen Behörden möglich ist, die betreffenden Bedarfsgegenstände für die Besetzungstruppen zu schaffen; wir müssen deshalb verlangen, daß die Entente der Einrichtung der Reichsver⸗ mögensverwaltung des Reichsschatzministeriums in den besetzten Ge- bieten keine weiteren Schwierigkeiten mehr in den Weg legt und insbesondere unseren Beamten die erforderliche Einreife⸗ erlaubnis rechtzeitig erteilt. Wir müssen endlich verlangen, daß die Entente sich bei Durchführung dieser Aufgaben nichth an lokale Instanzen wendet, sondern an die berufenen Organe des Reichsschatzministeriums, die Reichsvermögensverwaltung im besetzten Gebiet und die ihr unterstellten Reichsvermögensämter. Die Reichsregierung weiß sich in diesem Verlangen einig mit den ganzen Nationalversammlung, einig mit dem ganzen deutschen Volk, und sie weiß auch, daß diese Forderung im Ausland von jedem billig Denkenden als berechtigt anerkannt werden muß, zumal sie auch selbst im eigenen Interesse der Entente gelegen ist. (Gebhafter Beifall im Zentrum und links.)

Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen erklärte der Reichsschatzminister Dr. Maher:

Der Herr Abgeordnete Giebel hat in Zweifel gezogen, ob en notwendig war, von den 24 Militärbekleidungsämtern und den 2 Marinebekleidungsämtern insgesamt 14 stillzulegen und nur 12

weiter zu beschäftigen. Ich habe in meiner einleitenden Rede bereits

darauf hingewiesen, daß auch diese 12 Bekleidungsämter, die wir fortführen wollen, nur bis zum 1. April des nächsten Jahres ge⸗ nügend beschäftigt sind, und daß wir in großer Sorge darüber sind, ob diese 12 Bekleidungsämter über den 1. April des nächsten Jahres hinaus beschäftigt bleiben werden. ö

Die Situation ist die, daß diese 12 Bekleidungsämter zurzeit noch reichlich mit der Herstellung von Entlassungsanzügen für Kriegs gefangene zu tun haben, daß aber diese Aufträge am J. April nächsten Jahres erledigt sein werden, und daß dann zur Fortführung auch nur dieser 12 Bekleidungsämter erforderlich wäre, daß nicht nur alle Reichsressorts ihre Aufträge diesen 12 Bekleidungsämtern zuweisen, sendern darüber hinaus auch seitens der Landes- und Kommunal- behörden ihnen Aufträge gegeben würden. Das stößt aber auf die allergrößten Schwierigkeiten (hört, hörth schon deshalb, weil diese Aufträge vielfach der Pripatindustrie und dem Handwerk entzogen würden. Wir werden uns jedenfalls bemühen, die Bekleidungsämter im Interesse der Arbeiterschaft nach Möglichkeit weiter zu beschäftigen. Ob und inwieweit dies möglich sein wird, hängt von den Ergebnissen von Verhandlungen ab, die noch nicht abgeschlossen sind.

Dann hat der Herr Abgeordnete Giebel, aber auh der Herr Ab⸗— geordnete Gothein den dringenden Wunsch geäußert, es möge doch im Reichsschatzministerium mehr, als es bisher in anderen Ressorts üblich gewesen sei, der Techniker an die ihm gebührende Stelle gesetzt und nicht dem Juristen unterstellt werden. Der Herr Abgeordnete Gothein hat gesagt, er glaube erst dann daran, daß bei uns richtig vorgegangen wird, wenn ihm das ziffernmäßig nachgewiesen werde. Ich bin zu diesem Nachweis schon jetzt in der Lage. Ich habe bereits in meiner einleitenden Rede darauf hingewiesen das will ich aber jetzß nur nebenbei bemerken daß die große Industrieabteilung des Reichsschatzministeriums ausschließlich nah kaufmännischen und technischen Gesichtspunkten eingerichtet worden ist. In der Ver— waltung der Hecres- und Marinebekriebe sind derzeit im Ministerium