bas mögen sich die Herren, die diesen Friedensvertrag bis zum äußersten gegen uns anwenden wollen, merken, daß, wenn es ihnen gelingen sollte, mit dieser Folter die letzte Kraft und den letzten Saft aus uns berauszupressen, so daß wir zum Erliegen kommen, wir nicht die einzigen sein werden, die erliegen würden, sondern daß der deutsche Ruin den Ruin Europas zur Folge haben würde. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten.)
Davon bin ich felsenfest überzeugt, denn auch die Länder der Sieger haben in diesem fünfjährigen Kriege fürchterlich gelitten (Zu— stimmung bei den Sozialdemokraten, und nur dadurch wird ver— schiedenes erklärlich, was wir sonst gar nicht verstehen würden. Wir wollen diese fremde Mentalität zu erkennen suchen, weil es der größte Fehler der früheren Regierenden gewesen ist, sich um die Geistesver— fassung der anderen Völker nicht zu kümmern.
Wir haben bei uns dafür gesorgt, daß nach Möglichkeit der neue Geist seinen Einzug halten kann: wir haben unsere Archive geöffnet, wir suchen nach den Schuldigen, aber wir suchen nach denen, die schuld sein sollen am Ausbruch des Krieges und an seiner Ver— längerung. di die schuld
Dieweilen fucht man in Frankreich diejenigen, daran sein sollen, daß eventuell ein vorzeitiger Friede hätte geschlossen
werden können. Eebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten Spricht das gegen uns? Wo ist dann der neue Geist, — bei uns oder bei denen, die bei uns den neuen Geist vermissen? (Wiederholte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten und Sezialdemokraten.)
In seiner Senatsrede hat Clemence au auch behauptet, die deut ken Sozialisten hätten sich mit der Militärpartei verbunden. Wer die deutschen Verhältnisse auch nur einigermaßen kennt, der weiß, daß wir doch keine größeren Gegner in Deutschland haben als Ludendorff und seine Garde (sehr wahr! bei den Sozialdemo⸗ kraten), die sich die Finger wund schreiben gegen die Sozialdemokratie und gegen die derzeitige Regierung. Wo regiert denn in Deutschland die Militärpartei? Wo ich auch hinsehe, sie regiert eigentlich nur in den
besetzten Gebieten. Dort ist es aber die französische d
Militärpartei, die auf deutschem Boden diktiert, und nicht die deutsche (sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und Sozial—
demokraten), eine Militärpartei, die natürlich in denselben Gedanken— gängen denkt wie die Militärpartei in anderen Ländern auch. Die Generale und die Obersten und Majore, die in Mainz und in Birken— feld und in der Pfalz ihre Politik auf eigene Faust treiben, das sind eigentlich Leute derselben Kategorie wie unsere Militärs, die im Osten auf eigene Faust ihre Politik getrieben haben und sie heute zum Teil noch zu treiben suchen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)
Clemenceau hat freilich in seiner Senatsrede auch in gewissem Sinne solche Hoffnungen geäußert. Er meinte, auch er wünsche, daß die Deutschen in politischem Sinne unter sich uneins würden. Wir Deutsche stehen wahrlich nicht in dem Ruf, allzusehr eins zu sein und einen allzu großen Drang zu haben, eins zu werden. Aber wenn wir einen Stachel brauchen zur Einheit, keiner wird größere Wunder wirken als fremder Druck, der auf Deutsche ausgeübt werden wird. (Sehr wahr! Sehr richtig! bei den Deutschen Demo— kraten und Sozialdemokraten) Das sollten doch die Verhältnisse im Saarrebier, in der Pfalz und am Rhein die Franzosen bisher schon gelehrt haben. Wenn dauernd Ruhe in Europa werden soll — und das ist unser sehnlichster Wunsch —, dann muß vor allen Dingen auch dem deutschen Volke das Selbstbestimmungsrecht des Volkes gewahrt werden. (ebhafte Zustimmung bei den Sozial— demokraten.)
Aber das versagt uns ja in so vieler Beziehung der Friedens— vertrag, und wenn wir unser heute verkleinertes Haus und unser heute verkleinertes Feld wieder selbst bestellen können, wenn wir uns erhalten können, dann erst werden wir auch den anderen wieder helfen können, denen wir zu helfen veipflichtet sind. Aus dem internationalen Massen— elend, das dieser 5j. jährige Krieg mit sich gebracht hat wird nur die gegenseitige Hilfe herausfinden. (Sehr richtigh Das muß man insbesondere in Frankreich einsehen, und wir können von uns sagen, daß wir gewiß in diesen 12 Monaten nichts getan haben, um den Franzosen diese Einsicht zu erschweren. Aber wie lautet das Echo von da drüben? Clemenceau sagt in seiner Rede im Senat: „Aberdie Herren sind wür!“ Hört, hört) Wir kennen solche Reden. Es sind die Alldeutschen von vorgestern gewesen, die bei uns diese Sprache geführt haben (sehr richtig! und sehr wahrh', die sie geführt haben, bevor es zur deutschen Katastrophe kam. Wir wollen nicht hoffen, daß die Franzosen so lange diese Redensarten führen, bis es durch ihre Schuld zur eurepäischen K atastrophe kommt. Mit dem Geist des Völkerbundes ist dieser Oerren⸗ standpunkt unvereinbar, wie er sich in der Aeußerung Clemenceaus offenbart hat. Man scheint da drüben — das geht ia auch aus der Rede Clemenceaus hervor — die deutschen Philosophen jetzt in den billigen Ausgaben gelesen zu haben, in denen sie massenhaft verbreitet worden sind. Man scheint dort drüben Nietzsche noch mehr zu lesen wie bei uns,. scheint ihn aber noch weniger zu verstehen, wie man ihn bei uns verstanden hat. (Sehr gut!)
Wir wollen den Völkerbund, aber einen wirklichen Völkerbund, einen wahren Völkerbund, und erst wenn ein solcher gegründet werden kann, dann wollen wir mit dem Herzen dabei sein, wenn die Atmosphäre für die Völkerverständigung garantiert ist. So— lange der französische Ministerpräsident im französischen Sonat zu sagen wagen kann, wir Deutsche wollten die Franzosen irreführen, sie hinter⸗ gehen, daran sei kein Zweifel, so lange ist keine göeignete Luft da, die der leidenden Menschheit das Atmen erleichtert. (Sehr richtigh Frei— lich, Herr Clemenceau hat auch in derselben Rede gefagt: „Es gibt in der jetzigen deutschen Regierung vortreffliche Männer, die seit der Niederlage sehr verständige Reden halten. (Hört, hört! rechts. Ich will das einmal als wahr unterstellen und nicht dagegen polemisieren, aber wenn Europa vorwärts kommen soll, dann gehört dazu auch, daß ein deutscher Minister von dieser Tribüne aus sagen kann: es gibt in der jetzigen französischen Regierung vortreffliche Männer, die nach dem Siege sehr verständige Reden halten. (Sehr gut! und Heiter— keit.) Einstweilen ist es noch nicht so weit, und es scheint viel schwie— riger zu sein, nach einem Sieg verständige Reden zu halten als nach einer Niederlage. (Sehr wahr!)
GClemenceau hat in seiner Rede eine Reihe sehr schöner Sätze gesagt. Sätze, die nicht immer duyh Taten zu illustrieren sind. Er sagte unter anderem: „Wir sind Menschen, die frei sein wollen, um zu befreien. Dieser wunderschöne Satz läßt uns eisig kalt, solange 12 Monate nach dem Waffenstillstand die 350 000 Gefangenen noch nicht befreit sind, die hinter Stacheldraht in Frankreich
v) 1 1. 27 8. 1*5* * 1 schmachten. (Lebhafte Zustimmung.)
Franzosen kehren öfters Worte erhabenen Klanges wieder wie Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit, Worte, die da drüben ausgegeben werden wie bei uns Scheidemünze. Aber ich frage, wo bleibt die viel⸗ gerühmte oft genannte Menschlichkeit, wenn unsere Gefangenen nach einem Jahre immer noch nicht zurück sind (lebhafte Zustimmung) und immer noch dort diese Qualen auszustehen haben? Ein Vertreter des Roten Kreuzes aus Genf war in der letzten Woche bei mir und glaubte mir versichern zu können, daß vor Weihnach⸗ ten die übergroße Mehrheit der Gefangenen in die Heimat zurücktransportiert werden kann. Hoffentlich ist das nicht trügerisch; denn ich weiß nicht, was aus unseren armen Müttern werden soll, die hier im Lande an Herzeleid zugrunde gehen, während draußen die Söhne an den Stacheldraht anrennen. (Sehr richtig! Ich appelliere nicht nur an die Mütter in den neutralen, sondern auch in den Feindesländern, daß sie sich in dem Schrei nach Menschlichkeit zusammentun, damit die Machthaber dort drüben unsere Gefangenen nicht noch länger zurückhalten. (Gravo!)
Warum läßt man unsere Gefangenen nicht frei? Ich finde keinen Grund. Es gibt freilich in Frankreich Leute, die glauben, genährt von Böswilligkeit und Leichtgläubigkeit, daß bei uns ein Heer von einer Million bereits wieder aufgestellt sei, und daß die 350 00 Gefangenen in dieses Heer für einen neuen Krieg eingereiht werden sollen. Es gehört reiche Phantasie dazu, derartiges zu glauben. Den Leuten, die jahrelang in der Gefangenschaft geschmachtet haben ist für die nächsten Jahre reichlich die Lust für einen neuen Krieg ver— gangen, ohne Unterschied der Parteistellung.
Wir müssen freilich angesichts solcher unglaublicher Gerüchte über unsere militärischen Verhältnisse die Welt davon überzeugen, daß das deutsche Volk den Frieden will, und um diesen Beweis restlos zu erbringen, ist es notwendig, daß Lettland und Litauen wirklich so schnell wie möglich geräumt werden. Solange noch Reichsdeutsche im Baltikum stehen, wird es immer wieder Hetzern gelingen, im Inlande und im Auslande den Ein— druck zu erwecken, als ob aus dem Osten Gefahr drohen könnte. Es gibt bei uns auch Politiker, die an Geschichtswissen mit einem Quin— taner auf einer Stufe stehen, die gelegentlich an 1806 bis 1813 er⸗ innern, an Jena und Tilsit, die momentan auf Tauroggen und einen Yorck warten, um dann weiter eine Parallele ziehen zu können über Groß— beeren bis nach Leipzig und Paris. Solche Geschichtsklitterung ist einfach kindisch. (Sehr richtig! bei den Sozaldemokraten.)
Der Weltkrieg, den wir hinter uns haben, duldet keine solche Parallele. Aber im Auslande wird auch vielfach geglaubt, daß ein deutsch⸗russisches Bündnis von Reaktionären Preußens und Rußlands bereits wieder vorbereitet wird, und solcher Glaube wird natürlick gestützt, wenn Graf von der Goltz diesem Abenteurer Awalow gratuliert, weil wieder wie vor 100 Jahren Russen und Preußen gemeinsam gefochten hätten. Die Reichsregierung mißbilligt däeses Telegramm und hofft, daß es zum letztenmal einen politisierenden General in Preußen gegeben hat. Wir haben durch politisierende Generale in Deutschland schweres Unglück genug erlebt. Wir er varten, daß die der Regierung treuen Truppen aus dem Baltikum und Litauen zurückgeführt werden, und daß die anderen, die heute noch sick unter russische Fahnen begeben haben, einst die Einsicht bekommen und zurückkehren werden; denn sonst könnten mir diese Truppen auf— richtig leid tun. Sie haben sich der westrussischen Regierung ver— schrieben, der Regierung des Herrn Awalcew. Diese Regierung hat vor kurzem in Berlin einen Auftrag gegeben, für ihr unbegrenztes Territorium Papiergeld herzustellen. Papiergeld natürlich in deutschem Druck. Und auf diesem Papiergeld war zu lesen, daß für den Wert dieses Geldes das Heeresgut der westrussischen Armee haftet und später deren Darlehnskassen. Ich glaube, mit einer größeren Unverfrorenheit sind Soldaten noch niemals angelogen worden wie in diesem Falle, wo das Heeresgut, das zum Verpulvern bestimmt ist, als Grundlage für den Wert des Papiergeldes dienen soll. Ich habe angeordnet, daß dieses Papiergeld beschlagnahmt wird, ehe es in die Hand der westrussischen Regierung kommt; aber ich bedaure die Reichsdeutschen, die sich so belügen und betrügen lassen und bei der westrussischen Armee bleiben.
Ich habe im übrigen am 9. Oktober, als der Reichskanzleretat hier zur Debatte stand, mich über die Verhältnisse im Baltikum aus— führlich geäußert und gedenke daher zunächst heute nicht weiter darauf zurückzukommen. Ich möchte nur das eine sagen: es besteht kein Zweifel darüber, daß sowohl die lettländische wie auch die litauische Regierung ihr Territorium restlos von deutschen Truppen geräumt haben wollen, und zwar sobald wie möglich. Sie haben durch den Friedensvertrag ein Recht darauf. Sie werden dieses Recht durchsetzen und wir sind verpflichtet, ihnen dabei behilflich zu sein. Wir sind ja bekanntlich in der unan— genehmen Lage, daß der Friedensvertrag uns keine gemeinsame Grenze mit Rußland mehr läßt. Schon das allein müßte jedem Politiker, der seine fünf Sinne beisammen hat, sagen, wie notwendig es für uns ist, gute Beziehungen zu den Randstaaten zu erhalten, und da ist außerordentlich viel bis in die letzten Wochen hinein durch die Schuld der Militärs bei uns verschüttet worden.
Der Osten birgt überhaupt noch für die Zukunft genug Probleme für uns, Probleme, deren auch bisher die assoziierten und alliierten Regierungen nicht Herr geworden sind. Wir haben das aus der neuesten Note, mit der sie uns bedacht haben, gesehen, die die Schwierigkeiten jetzt lösen soll. Gegen So wjetrußland soll die schärfste Blockade verhängt, soll der wirtschaftliche Boykott an⸗ gewandt werden. Uns kann gewiß niemand nachsagen, daß wir Freunde der Bolschewiken seien. Wir haben durch Wort und Tat bewiesen, daß wir gesonnen sind, sie zu bekämpfen, und sind über jeden Verdacht erhaben, sie zu unterstützen. (Sehr richtig) Wir sehen in einem bolschewistischen Rußland und erst recht in dem Bolschewismus, wie er sich bei uns breit gemacht hat, große Gefahren für Kultur und Wirtschaftsleben. Aber wir wissen auf der anderen Seite auch auf Grund der Erfahrungen, daß der Bolschewism us gerade durch solche Methoden der Bekämpfung, wie sie die alliierten Regierungen jetzt wieder anwenden wollen, genährt wird. Wir haben die Hunger— blockade wahrlich am eigenen Leibe genügend kennen gelernt. Wir haben ihre grausamen Folgen in dem Dahinsiechen von Kranken, von Greisen, von Müttern und Kindern gesehen, und es gehört schon etwas dazu, uns jetzt zuzumuten, an dieser Hungerblockade teilzunehmen. (Sehr richtig) Denn bei dieser Art Bekämpfung leiden ja nicht in erster Linie die führenden Politiker (sehr wahr! bei den Sozialdemo⸗ kraten), sondern es leiden die Massen, die wieder das ganze Clend
2. 86 * 6 n = 4 Iræaoner or m, Por In der getragenen Sprache der
haben, es leiden diejenigen, die in Rußland durch die
durch die Bolschewisten terrorisiert werden und die nun nech vom Ausland dadurch bestraft werden, daß Hunger und Arbeitslosigkeit über Rußland verhängt werden. Wir wissen, daß gerade in Deutschland die Arbeitslosigkeit und der Hunger die Zu stände schaffen, die den Bolschewismus fördern. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten. Im übrigen bin ich der Meinung, solange nicht die bis auf den Tod darniederliegende Volkswirtschaft Rußlands wieder zum Erblühen kommt, solange nicht Rußland mitein⸗ bezogen wird in den Kreis der europäischen Waren⸗ versorgung, so lange wird auch das russische Volk nicht die Kraft finden, sich gegen den Bolschewismus zu wehren, so lange wird auch das russische Volk nicht die Kraft finden, sich von dem Terrorismus einer Minderheit zu befreien. Wenn die Beziehungen zu dem europä—⸗ ischen Wirtschaftsleben wieder angeknüpft werden, wird es auch wieder möglich sein, Beziehungen zu den. europäischen Demokratien zu finden. Das wird zum Nutzen der russischen Demokratie sein, dann wird Ruß land durch die Demokratie selbst auf eine demokratische Basis gestellt werden und von jeder bolschewiftischen Herrschaft befreit werden können. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Wir sind gewiß gern bereit, unsererseits zur Lösung des russischen Problems beizn—⸗ tragen, wir sind der Ueberzeugung, daß die russischen Fragen gelöst werden müssen, wenn überhaupt auf die Dauer Europa zur Ruhe kommen soll. Einen Dauerfrieden in Europa halten wir auch im Interesse unseres Landes für dringend notwendig. Wir müssen zu einem wirklichen Frieden, zu einem Frieden mit allen Kulturvölkern kommen. Aber man soll uns nicht zumuten, auf dem Wege, den die Note der alliierten und assoziierten Regierungen vorschlägt, vorzugehen in einer Zeit, wo man aufs neue darangegangen ist, die Ostseeblockade in schärfster Form gegen das deutsche Volk anzuwenden. Wir haben dagegen protestiert, wir werden kein Mittel unversucht lassen, um diese neue Gefahr von unseren Kindern, von unseren Kranken und Greisen abzuwehren. Ich will darauf verzichten, all die anderen Probleme der auswärtigen Politik zu berühren. Ich habe mich am 23. Juli eingehend über die Grund— züge der auswärtigen Politik der Reichsregierung ausgesprochen, und sch will damals Gesagtes nicht heute in irgendeiner Form wiederholen. Ich hoffe aber, vielleicht in den nächsten Tagen schon, in die Lage zu kommen, inebesondere über den Gang der deutsch-polnischen Wirtschaftsverhandlungen einiges sagen zu können. Diese Verhandlungen sind dem Abschluß nahe.
Zum Schluß möchte ich nur noch auf eins hinweisen. Die Berichte, die wir in neuerer Zeit aus den verschiedenen Ländern Europas er— halten, auch aus einigen, die uns bisher feindlich gegenübergestanden haben, zeigen, daß man, obwohl unsere schlimmen wirtschaftlichen Ver⸗ hältnisse auch dvaußen bekannt sind, dort die Zuversicht hegt, daß das deutsche 6o⸗-Millionen ⸗Volk, das wegen seiner methodischen Arbeit und wegen seines Fleißes in der Vergangenheit gerühmt und geachtet war, sich langsam aber sicher den Weg nach aufwärts wieder bahnen wird. Erfüllen wir diese Hoffnung! Die größte diplo— matische Kunst wird vergebens angewandt werden, wenn das Volk, dem sie dienen will, nicht den eisernen Willen hat, sich, komme was da kommen mag, als Volk zu behaupten. (Lebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien.)
Abg. Wels (Soz): Den neuen Geist der deutschen Republik
1 . 255 0n J Dehorden Und
kennzeichnet der parlamentarische Untersuchungsausschuß, aber restloe werden die Schulbfragen nur aufgeklärt werden, wenn aüch die anderen Länder ihre Arcktve öffnen werken. Unser Gesundungsprozeß hängt mit der Feststellung zusammen, wer in langen Jahren das deutsche Volk belogen, betrogen, schlecht geführt und irregeführt hat. Unruh rechts. Rufe: Wer hat es denn nachher belogen? Sie hahen sich nicht geändert während des Krieges umd nach dem Kriege. Lärm rechts. Rufe: Sie hetzen) Kein Volk kann diese Generalbeichte wagen wie Röe deutscke Republik in diesem Väuterungsprozeß, Die, Wahr heit ist in Deutschland auf dem Marsch. Döieses alte Zola⸗ Won bringt Deutschland zur Geltung. Auch unsere Genossen in Frankreich und Gngland werden nicht ruhen, bis auch dort Tie Geheimarchibe g. öffnet werden. Was sich zwischen Berlin und Washington abge pie hat, ist allerdings zu ernst, als daß wir ein schiefes oder altes Urteil ohne Kenntnis aller Tatsachen abgeben dürften. Aber aus den Ver nehmungen geht bereits hervor, daß die n,. der Kriegs⸗ zeit an Ünfähigkeit und Halbheit alles übertraf. Man wollte Frieden mit Wilson, vollzog aher Aktionen, die uns in den Krieg hineintrieben. Am 12. Dezember 1916 wurde das Friedensangebot im. Ton dest Siegers in die Welt hinausgerufen, obwohl der Sieg unmöglich war, und am 16. Januar erging das verhängnisvolle Telegramm, in dem Seine Majestät bemerkte, daß Allerhöchftdieselbe gar keinen Wert auf Wilsons Friedensangebob lege; falls ein Btuch mit Amerika un— vermeidlich wäre, sei das nicht zu ändern, es werde vorgegangen, Das war die Kriegspolitik unter höchsteigenhändiger Teilnahme des sogenannten Friedensengels. Dieses Telegramm hat den Unverstand Deutschlands besiegelt. Cärm rechts. Abg. Dr. Kahl (D. V): Wenn jetzt schon die Ergebnisse des Untersuchungs ausschusses verwertet werden l Diees Telegramm werden wir nicht vergessen. (Große Un— ruhe und Zwöschenrufe rechts. Ruf: Sie haben nichts gelernt und nichts vergessen) An einem und demselben Tage wurden die , ,,. Friedensréedingungen festgestellt und die Erklärung des rücksichtslosen fJ-Bootskriegs beschlossen. Halbheit und Unehrlichkeit waren die Hauptzeichen der deutschen Politik. Wir müssen uns das Vertrauen n' der deutscke Ehrlichkeit erst wieder erwerben. Verbrecherische Kräfte wollen dem Gesundungeprozeß entgegenwirken. Am 22. Ol⸗ tober brachte die unabhängige Königsberger „Freiheit“ ein anscheinend im Ausland bergestelltes gefälschtes Protokoll über eine, Sitzung vom 3. Juli 1919, an der Noske, Scheidemann und ein Geheimsat von Simmern und andere teilgenommen haben sollen. Einen Gehejm— at von S mmern gibt es nicht, sondern einen Unterstaatssekretäin. Das Auswärtige Amt wird als Amt des Aeußeren bezeichnet. Schon das zeigt, daß es nicht ein amtliches Protokoll sein kann, sondern eine Fälschung zum Zweck, den i n r ,,, zu diskreditz eren. Die „Freiheit? behauptet weiter, die wirklichen Dokumente een im Auswärtigen Amr vernichtet und. dem Untersuchungsausschuß würden gefälschte Akten vorgelegt, damit die Untersuchun zugunsten Deutschlands ausfalle. Scheidemann soll in jener Sitzung ge sagt haben, die deutsche Armee sei so weit, daß nichts mehr zu be⸗ fürchten sei. Die Artillerie sei gut, die Polen seien ein minder= wertiger Gegner. Die deutsche Armee zähle noch 800 00 Mann. Die Königsberger „Freiheit“ behauptet weiter, es gäbe noch Doflu— mente, die der Vernichtung entgangen seien. Im Auftrage Scheide⸗ manns erkläre ich, daß eine solche Sitzung niemals stattgefunden, unt er diese Rede nie gehalten hat, daß die Sache von Anfang bis Ende erlogen ist. Wer in Deutschland kann Interesse haben, unserem Volke unausgefeßt neue Schwierigkeiten zu machen, und den Glauben an die Ehrlichkeit der deutschen Regiemmg zu untergraben? Die Unabhängigen wollen zusammen mit der russischen revolutionären Arbeiterpartei alle chaupiniftischen Bewegungen unterstützen, um Kon— Bei dem großen Beamtenpersonal im Aus— wärtigen Amt hätte eine Aktenperbrennung nicht unbemerkt bleihen allerdings an eine unehr=
EE Preußen und Bayern ihre Vertretungen beim
tritt rxussischen Reaktionären ermuntert und dem General Anal'm zu seinen Erfolgen gratuliert. Alledem muß die Regierung
Nebenregierung stebilieren wollen; gegen die Saboteure des Friedens arf es keine Lauheit geben. Wir müssen jeden einzelnen Paragraphen
r als der Ehrbegiäff einer kleinen Kaste. Ich will nickt werden. Die Sowjetregierung ist ein Unglück für den
Sieg der Reaktion, der dieses unglückliche Land für lange Jahre in den Bürgerkrieg stürzen würde. Die Blockade gegen den Bolsche— wöemus könnte einmal dem Kapitalismus Anlaß geben, eine Blockade gegen den Sozialismus zu errichten. Deshalb wehren wir uns gegen it Blockade. Wir dürefn unsere auswärtige Politik nicht von der jmneren Gestaltung irgendeines Landes abhängig machen. Hoffentlich besitzen die Arbeiter in Frankreich, Enoland und Amerika Macht genug, um der Blockade gegen Rußland in den Arm zu fallen. Freilich pielen die englische und die französische Regierung hinter dem Rücken der Arbeiter, sie haben die Bleckade noch nicht veröffentlickt. Der
französische Ministerpräsident Clemenceau hat in seiner Rede im Senat über den Anteil der Sozialdemokraten am Kriege in einer Peise gesprochen, die nicht unwidersprochen bleiben kann, weil sie die Tatsachen auf den Kopf stellt. Es können sich daraus Legenden bilden, de der Ehre meiner Partei gefährlich werden könnten. Herr Cle⸗ menceau hat seine Gedächtnisschwäche bewiesen. Die französischen Sozalisten haben die Kriegskredite an demselben Tage bewilligt, wie wir hier in Deutschland. Jaurès hat sich ausdrücklich dagegen ber— wahrt., daß man den deutschen Sozialisten zumuten solle, Frankreich zum Siege zu verhelfen. Wir deutschken Soziclisten haben beim Aus— hmch des Krieges treu zu unserm Volke gestanden; es ist eine Ver— döchtigung von Clemenceagu, als hätten wir die Mittel zum Kampfe peweigern wollen in der Hoffnung, daß die französischen Sozialisten datselbe tun würden. Wir sind immer noch weit entfernt von einer Verständigung mit den französischen Sozialisten. Es erfüllt uns mit tiefer Trauer, daß die französischen Sozialisten sich dazu hergegeben haben, die Entwaffnung Deutschlands mit zu fordern, nicht aber zu⸗ gleich die Entwaffnung Frankreichs und der ganzen Welt. Das ist geeignet, zum internationalen Zusammenbruch der Proletarier zu . Das ist kein Bekenntnis zum Weltfrieden, sondern zur Welt— knechtung. s.
bhtung. Die Schwachen und Besiegten lehnen sich auf gegen die Klassifizierung Ter Völker in Bewaffnete und Unbewaffnete, in Herren und Knechte. Wir Arbeiter und Sozialisten wollen den Völkerbund nickt, weil wir ihn brauchen, sondern weil das das politzsche Be— khntnis der Sogialdemokratie war und ist. Der Völkerbund st nichts anderes als ein Werkzeug des Kapitalismus, so sagen
hie 9anz Unentwegten, Tie sich von uns getrennt haben. Diese luffassung lehnen wir Spal demokraten ab. Die Sozialdemokratie tritt ein für den Weltparlamentarismus, für den Völkerbund.
Der Völkerbund, wie ihn unsere Feinde wollen, ist nichts anderes als Ine Verzerrung unseres Ideals; er ist eher ejre Koalition mit Kriens cbsichten als ein Bund zur Friedenssicherung. Gerade deshalb müsse wir alles daran ssetzen, in den Völkerbund hineinzukemmen, um Einfluß fw gewinnen und ine hessere, unserm Idecs entsprechen de Ausgestalfung erreichen. Wir Sozialdemokraten haben als die erste politische Partei den Völkerbund um Programmpunkt erhoben zu einer Zeit, Aß im Bürgertum gur einige wenige Schwärmer sich zu ihm be— kinnten. Die zweite Internationale muß die feste Basis des kommen— ben Völkeibundes sein. Die Solidarität der Arbeiter aller müssen wir zur Anerkennung bringen. Ich wünsche, daß die inter— nationale Sozicldemokratie es nicht dem Bürgertum überläßt, den wirklichen Fricden herheinnführen. Gefühle des Zornes sind keine Grundlagen für den Völkerbund der Zukunft, das wollen wir uns ein— pränen, Wir müssen die Mißacschicke anderer Nattonen als unfere eigene Sache ansehen, mit dem Aufstieg des Nachbars ermöglichen wir der eigenen Aufstieg. Von Haß und Rache wollen wir nichts wissen. Unser Programm steht auf dem Böden der Internationale. Wir sbteuchen als Parole für den Völkerbund nur den alten Ruf: Prole— tarier aller Länder vereinigt euch!“ (Beifall bei den Sozig demekraten.)
Ab9. Dr. Pfeiffer (Sent): Sowohl der Berichterstatter wie de Reichsminifter haben auseinandergesetzt, wie döe Neuorientierung acht ist, daß ein regionales Gruppensystem eingeführt werden soll, d daß manche A ngstlichkeit, die hemmend eingewirkt hat, aufge— ben werben soll. Das eine große Ziel, worwärts zu kommen, soll im luge behaten werden. Es muß dafür gesorgt werden, daß unsere Ver— rer im Auslande nicht gar zu lange dort bleiben, sondern immer ieder in die Heimat zurückkommen, damit sie die Dinge nicht mit 1 Augen j nes Landes sehrn. Die Unterbrinqung des Auswärtigen Amtes in geeigneten Räumen wird hoffentlich bald erfolgen, damit es in seiner Arbeit, die jetzt mit der Ratifikation des, Friedens einsetzen wird, durch die Raumfrage nicht gehemmt wird. Wir wünschen, daß imsere konsularischen und diplomatischen Beemten aus allen Kreisen, bus der Handelswelt, dem Beamtenstand und der Arbeiterschaft her— meeheolt werden. Ich verlange guch, daß j der unserer Vertreter im suslande auf dem Boden der Verfassung steht. Wer bisher in neu⸗ rmlen Ländern das Deutsche Reich vertreten hat, ist für die Zukunft cht mehn gut geeignet, die Beziehungen mit diesen Staaten aufrecht— erhalten. Die neue Abteilung des Pressedienstes im Auswärtigen Ant wird eine hohe Aufgabe zu erfüllen baben. Wir wollen dazu über— Hören auch einmal beim Vatikan eine Botschaft zu errichten. Wenn Vatikan nicht auf⸗ , wollen, so exachte ich es doch nicht für überflisssig, daß noch eine äcebosschaft beim Vatikan errichtet wird, weil das Reichsinteresse uc eine bayerische und preußische Gesandtschaft nicht in dem er— nherlichen Umfang vertreten weiden kann. Welche Wirkungsmöglich⸗ ten sind uns jetzt überhaupt in der Welt gegeben? Wir befinden ö in einer bedauen werten Vereinsamung: es gilt für uns dos Wort: a dem der allein ist! Die Teutsche Industrie wird gegen ; ö. gesucht von unseren Feinden. Deshalb begrüße ich daß anan di Haupthandelestelle errichtet hat und an einen Lärm dau unserer Beziehungen mit dem. Auslande denkt. Aluch e geistigen Strömungen im Ausande müssen wir beachten. Auch
a e er — 1 — 6
eb
8.
. müssen Sachverständige, angestellt weiden wie bei der e alpoliti k. Die Menschheit kann, nur rlöft wenden durch nick Sn idarität der Arßzit. (Beifall) Ein Vorspiel, Tazhh . ich in der begrüßenswerten Tatsache, daß Vertreter ener deutschen Regierung nach Washington gehen, um an
. Lonferen; teilzunehmen. Ich freue mich, deß nach den an uns menen Einladungen unsere Teilnehmer ah bolsbeecktigte Mit- 1 dieser Konferenz erscheinen könnem. (Beifall. Durch diese , ität der Arbeit werden win vom Nations lis mus zum Kosme⸗ mts um Weltbürger tum deführt. Das Wel zii port n se richt . n Bälkerbunz, Wir fordern, als vollberechtigte Mitglieder . Vöhlerbund feiluunchmen. Wir habem uns veklassen auf die k unkte, die uns Wilson vorlegte: nun wollen wir auch den Fricden . zer uns in diesen 14 Punkten versprechen werden ist. Der . cf ietzt rati siziert wird, sie kl anders aus als wir gehofft haben. r rell uns die Pforte nack dem Mesten verrchli⸗ßen. Der nm müssen * der uc em. Beziehur nen zu Ruland aneuknübfen. Es ist schlimm, E Lerade wir, die wir dos Glend der Bibckade en uns und unsern Len und Kindern erlebt haben Femrursen werden sellen, an der d are Rußlands teislzuneßmen Nie Ent nte will Deutschland inner, eien. sie will unsere Einheit zerzylittern, indem sie damit ere ili imielnen süddeutscken Stagten Gesäandschaften einzurichten. H sizbt das Reich hier zu daß. kein Unbeil geschiebt. (Sehr n im Zentrum] An der Durchführung des Friedensvertrages H drei Grupen deutscher Staatsbürger eteillot, unsere m ee , De- Auslandsdeutschen und die deutsch. Bevölkerung in . en Gebeten, Immer und immer wieder strecken uns un sere Ben ö een n. Hond entgegen, ihre Augen sind auf unt gerichtet. , a . im Auslande logen wenn behauptet wird, daß die Herd m. Kiernng irgendwo ihrn Pflicht bersäumt hätte, um die a 3 der Ckriegsgefangenen herbeizuführen. Immer wieder er—
man neue Lügen, um die amen Leute von der Heimat fern
en. (Sehr richtig) Nachdem die Streiks in England beendet
zuhalten. liegt kein Grund vor, die Entlassung aus den englischen Lagern
gefangenen zu erlösen, dann aber auch die Zivilgefangenen auf der
Minister. Er hat hier eine Gelegenheit, sich den Dank des Vater⸗ landes zu erwerben. Unsere Auslandsdeutschen sind wahrhafte Piorniere des Deutschtums gewesen. Wie ich höre, wird in Kürze eine Vorlage dem Hause zugehen, in dem die Entschädigungsansprüche dieser Auslandedeutscken geregelt werden sollen. Ich weiß, wenn ich das Wort „besetztes Gekäet“ ausspreche, daß das eine Trennung auf lange Zeit berentet, ich weiß, daß das Wort „abzutretendes Gebiet“ Ab⸗— schied nehmen heißt. Dies Wort ist bitteres Leid, es gilt, derer zu gedenken, die in Posen, Danzig, in Oberschlesien, in der Pfalz, am Rhein und an Ter Saar von uns getrennt werden. Und och habe ich Hoffnung. In meiner Heimatstadt Speyer rückten die Franzofen mit klingendem Spiel an dem Dom vorbei, in dem 8 deutsche Kaiser beftattet sind. Als die Ttuppen an den Rhein kamen, wurde die Marseillaise gespielt, der General küßte den deutschen Boden, und ffizere warfen eine handvoll deutscher Erde in den Rhein, weil ihre Sehnsucht nach dem Rhein erfüllt war. Das mag ein Zeichen für uns und für die sein, die von uns getrennt werden. Gemennsam wollen wir auf lichtere Tage einer deutschen Zukunft hoffen. Bei den Abstimmungen in den Grenzgebieten darf es keine Verschiedenheit der politischen Meinungen, des Parteistand⸗ punktes und des Religionsbekenntnisses geben, es darf nur heißen: deutsch sein ist alles. (Lebhafter Beifall,. Wenn Clemenceau gesagt hat, die jetzigen Franzosen hätten Frankreich auf die Gipfelhöhe der Achtung der Völker gebracht, so warne ich ihn, dieses Frankreich eines Tages von dem Gipfel in den Abgrund herunterzureißen. Ich habe Vertrauen zu den Deutschen, die von uns getrennt werden, diese unsere Kinder sind viel zu guten Blutes, als daß sie je entarten könnten. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.): Bei früheren Beratungen des Etats des Auswärtigen Amtes zeigte dieser Saal ein anderes Bild als heute. Deutschland und das Ausland lauschten den hier ge⸗ sprechenen Worten, die Bundesratsestrade zeigte Stern an Stern, heute ist alles leer. Das ist ein Wahrzeichen aus den Tagen der Revolution. Es liegt aber guch an den leitenden Männern in der Regierung, die uns heute beschert ist, von denen niemand mehr etwas erhofft und die niemand fürchtet. Wo bleibt das Völkerrecht, nach dem nach Eintritt des Friedens die Gefangenen herauszugeben sind? (Zuruf: Göben Sie uns dech ein Rezept! Das liegt daran, daß wir diesen Frieden geschlossen haben. (Große Unruhe.) Herr Scheide⸗ mann war der erste, der aus der Regierung wegen dieses Friedens⸗ schlusses geschieden ist, er wollte ihn nicht mitmachen, denn auch die Demokraten haben heute keinen Anlaß zur Entrüstung denn auch sie sind damals aus der Regierung gusgeschieden. In der Entrüstung über Rese Brutalität an unseren Gefangenen sind wir uns alle einig. Der Minister muß immer wieder vorstellig werden, um unsere Ge⸗ fangenen herauszube kommen, namentlich auch die in Aegypten schmach— tenden Ostafrikaner, sie haben ihre neue Heimat verloren und können nicht in die alte zurückkehren, niemand kümmert sich um sie. (Zu⸗ stimmung rechts.) Nachdem vor Monaten der Frieden geschlossen worden ist, muß endlich Schicht und Schluß gemacht werden; es ist unerhört, daß unsere Feinde so mit uns Sxhindluder treiben. Wir dürfen uns nicht nach einem Völkerbunde drängen, in den man uns nicht hineinnehmen will, das halte ich für eine Würdelosigkeit. (Leb— haftes Sehr richtig! rechts) Wir dürfen nicht wie ein Hausierer hinten wieder bereinkommen, wenn man vorne hinausgeworfen worden ist. Man muß uns rufen. Wenn in Weimar der Minister gemeint hat, wir müßten den Schrei nach Rache niederkämpfen, so glaube ich allerdings, daß die Sehnsuchtz nach des alten Reiches Herrlichkeit von Stunde zu Stunde wächst. (Sehr gut! rechts) Wir können erst wieder zu menschenwürdigem Dasein kommen, wenn wir Herren im Hause sind. Wir sehnen uns nicht nach neuen völkermordenden Kämpfen, aber wir wollen die Freiheit wieder haben. Diese Freiheit wird uns trotz aller Demütigung und aller falschen Schuldbekenntnisse nicht gebracht werden, das wird auch denen klar, die noch im November 1918 von einem Verständigungsfrieden träumten. Wir werden vogel⸗ frei sein, bis wir Respekt wieder erlangt haben. (Zuruf links: Den Sie untergraben haben! Auch Freiherr vom Stein. Scharnhorst, Ernst Moritz Arndtz und Blücher gehörten zu einer kleinen Gruppe, die das Ideal nach einem geeinten Reiche hochhielten. So wenig
wie diese, dürfen wir die Besten unsereg Volkes schmähen, die jetzt noch diese Ideale vertreten. Der Vorwurf, daß das alte
System absolutistischer Natur war, ist unberechtigt, (Zustimmung rechts) Unter ihm wurde die Verfassung bis zum i⸗Punkt befolgt.
Sie (nach 8) haben diese Alte Verfassung durchlöchert, die regie⸗ renden Männer mußten nach Ihren Befehlen schließlich marschieren, damit nahm man Ihnen die Verantwortung für Ihre Handlungen. Das peritische Interesse wird von den Verhandlungen des Unter⸗ suchungsausschusses besonders stark in Anspruch genommen, und da spielt eine große Rolle die Frage des U⸗Bootkrieges. Zweifellos war der beschränkte U⸗Bootkrieg schwerer zu führen als der unbeschränkte, namentlich wenn es zutrifft, daß die Zahl der U⸗Boote noch gering war. (Große Unruhe. Zurufe: Wer hat da Recht behalten?) Wichtig ist auch die Feststellung. daß Amerika auch in den. Krieg eingetreten wäre, wenn wir den U-Bootkrieg nicht begonnen hätten. (Sehr richtig! rechts) Wilson hätte uns doch den Krieg erklärt. (Präsident Fehrenbach macht darauf aufmerksam, daß die Untersuchung des Ausschusses noch nicht beendet sei und daß hier Gefahr bestehe in eine uferlose Debatte zu kommen.) Für den unbeschränkten U⸗Bootkrieg gilt deider wie für so vieles andere bei unseren früheren Unter— noöhmungen das Wort: „Zu spät!“ Der Minister hat für die Folge— zeit kein Programm aufpestellt. Das war wohl wegen des Ver⸗ sailler Friedens nickt möglich. Unsere Regierung muß beim Verkehr mit den anderen Mächten politisch vorurteilsfrei sein. Als seinerzeit der Batten berger ab at wurde, ging ein Sturm durch die liberale und Zentrums pre sse über die Unterwerfung unter den Willen des Zaren. Das sind die Leute, die uns heute Kriegshetzer schimpfen. Man hetzt gegen Rußland, weil in Deutschland eine Regierung war, die den fiberalen Grundsätzen nicht entspreck. Wenn heute in Ruß— land wieder ein Zar an die Spitze käme, würde hie Begeisterung der Linken für Ruftlend vorüber sein. Es kommt nicht darauf on, wälccke Regierung inäkinem anderen Lande bestebt, Sondern welche Bedeutung ein anderer Stoat mit seiner Macht und seinen Wirtschafteverbält⸗ nissen für uns hat. Ich wünsche nur, daß die Entwicklung in Ruß⸗ land den deutschen Interessen entsprechen möge. Ueber das Baltikum Kernscht große Unklarheit. Es wird gelogen und betrogen darüber. Die settiscche Regierung hat sich werpflichtet, den Truppen die egen den Bersckemismus kännofen würden, das Bürgerrecht zu geben. Dieser Nertrag ist schmählich durchbrochen worden. Daraus erklärt sich die Erregung unserer Truppen, die dort ihr Blut geopfert haben. Als die sott'sche. Regierung in Merlenenheit war versprach sie ihnen absdene Berg. Die deu ssce Regierung hat sich nicht mit Entschichenh it der Interessen unserer Truppen angenommen; die Regierung hatte noch im August einer Devutatien der Truppen in Weimar Ner⸗ sprechun gen gema bt. Eine bloße Proßesterklärung ist keine Interessen⸗ wahwehmunga. Im Vertrauen oayf die Regierung haben die Trupven ihr Leben eingesetzt, aber sie fühlen sick beloeen und betrogen. Sie
sind Fsycholooisckh fersch behandelt worden. Dem Grofen h. d. Gestz saat man jezt einfach. Der Mohr hat Feine Säuseigkeit deter. Ber Mohr kann göhen. (nstmmung recht) Frenkteich und Englond sinsd doch im Frieden hoch unsere Feinde Italien hat sein n Kenne vwerlassen, vielleicht tut es ibm schon leid, es ist ihm schon bange in seiner Einsamkeit. Für Tirol hat es alles am Mittelmeer verloren. Mit
Deutsch-Oestrreich wollten wir einen Staat bilden, an den Beratungen unseres Verfassungsaueschusses hatten wir bereits den osterreich chen Gesendten teilnehmen lassen. Die ser üsertricbene Eifer, digses Schreien in Weimar nach Desterreich hat uns mehr geschadet als genützt. (Ruf im Zentrum: Hätten wir es nicht gemacht, wären See der erst. gewsfen, der darüber geschrien hätte!) Daß unse: e Diplomatie so schlecht gewesen ist, wie hier immer be hauptet wird, kann ich nicht sagen. Es kann allerzengs erwogen werden, die dplomatische Laufbahn mit der konsulagrischen zu ver⸗ einigen, da sich allerdings aus der verschiedenen
Berichterstattung der Kensuln und der Handelsattachss Reibungen ergeben können. Aus dem Regionalsystem ist vielleicht zu befürchten, daß die Einheitlickkeit der Politik darunter leidet. Ich bedauere, daß die Regierung unseren Wünschen auf Vorlegung von Materia! zur ruhlgen sachlicken Prüfung dieser Fragen nicht Folge geleistet hat. Die alte Regierung hat bereitwillig alles getan, wenn Herr Scheide⸗ mann nur mit dem Finger winkte, aber die neue Regierung kammt unseren Wünschen nickt entgegen. Die Größe des Auswärtigen Amts kann es nicht rechtfertigen, daß ein zweiter Unterstaatssekretär an⸗ gestellt wird. Die Ueberlastung hätte man beseitigen können durch die Schaffung neuer Direktorstellen. Wir werden die Stelle des zweiten s Wir müssen uns überlegen, ob
d
arswärtigen Politik gewahrt bleibt. Es ist not⸗
Stelle derselbe Mann lange Zeit hindurch steht chsel unterworfen ist. Graf Brockdorf⸗ zen, weil der Friede nicht so geschlossen wurde, wie er es gewollt hatte. Es wird selten der Fall sein, daß eine Ministerkrisis wegen des Ministers des Auswärtigen entsteht. Diesen Posten kann man nicht wechseln wie die Wäsche. Es ist darüher geklagt wor daß der Minister in der Schar seiner Geheimräte eingemauert wäre. Der Minister verwahrte sich dagegen und wies nach, daß ohne Fachleute der im Auswärtigen Amt nicht möglich sei. Nur hat der Minister vergessen, die letzte Schluß⸗
Kontinuität der wendig, daß an dieser St und nicht dem häufigen Rantzau mußte allerdings ge
Betrieb
* 82 — * . * . J folgerung zu ziehen: daß an der Spitze dieser Behörde ein Mann stehen muß, der von den Dingen auch etwas versteht. Ueberall in der Industrie, im Bankwesen üsw. findet man leitende Männer, die , . 6 6 wir mr, w Fin KaEBer Men in ihr m Fach und Beruf vo Er Mt auf gedient haben. Wenn der deutsche Name noch etwas in der Welt gilt, und wir noch einen 2 D X r 2 . . 52 22 — Rest von Kredit haben, so verdanken wir es diesen Männern. Ich
glaube aber kaum, daß das parlamentarische System, auf diese Unter⸗ nehmungen angewendet, denselben Erfolg haben wird. Es ist un— erhört, daß an der Spitze in leitenden Stellungen Männer stehen,
die für ihr Amt außer dem Vertrauen ihrer Partei nichts mit⸗ bringen. Der Vorgänger des Ministers Müller brachte in ein Amt eine langjährige Vorbildung mit. Für das parlamentarische
zu gellen. Mit dem Amt kommt auch es sick, ob der Verstand auch so schnell (Heiterkeit. Vor einem Ighre legte das
System scheint der Satz r Verstand; nur fragt wie das Amt.
23 Wilsons ur Fei daß wir von unseren Feinden in unserer Schwäche, bei unsexer Wider⸗ standslosigkeit jemals Gerechtigkeit durch eigene Tüchtigkeit können wir gerettet werden vor dem Abgrund, vor dem wir stehen. (Beifall.)
Abg. Dr. Geyer-Sachsen (J. Soz.): Der Abg. Schultz⸗Brom⸗ berg hat wiederum nutzlos versucht, die Schuld an dem Zusammen⸗ bruch vom alten Regime und namentlich von seiner Partei abzu⸗ wälzen. Es besteht eine weitgehende Differenʒ zwischen den Leit⸗ sätzen der äußeren und denen der inneren Politik. Das Programm der Regierung scheint zu sein: Friede nach außen, aber Kampf nach innen. Im Innern Deutschlands sehen wir heute den Geist der Gewaltpolitik. Die Kreise der Schwerindustrie, der Finanz und der Militärkamarilla wollen eine Gewaltpolitik im Interesse des Kapi⸗ talismus. Jener Wilsonsche Völkerbund ist für uns nichts anderes als die organisatorische Zosammenfassung der Sieger im Interesse der kapitalistischen Wirtschaft. Der Beitritt zum Völkerbund ist nichts anderes als die Solidaritätserklärung mit den kapitalistischen Regierungen aller Länder, die sich im Völkerbund zusammengeschlossen haben; es ist die heilige Allianz der kapitalistischen Regierungen gegen das Proletariat. Der Minister des Aeußeren hat von der Bereitwilligkeit der deutschen Regierung zur Beteiligung an der Lösung des russischen Problems gesprechen. Der Völkerbund ist ein Machtinstrument, das sich gegen die arbeitenden Klassen der ganzen Welt richtet. Die Beteiligung am Völkerbund ist deshalb ebenso zu beurteilen wie die Beteiligung an einer Regierung, an der bürger⸗ iche Parteien mitwirken. Die Aufforderung an die deutsche Ragie rung, sich der Aktion gegen So wjetrußland anzuschließen, ist unter— stützt worden durch einen Lügenfeldzug über die Lage der russischen Regierung. Wir lehnen es auf das entschiedenste ab, daß Deutsch⸗ land sich an dieser Aktion gegen Sowjetrußland beteiligt. Der Reichs⸗ präsident hat einem spanischen Jburnalisten gegenüher Ausführungen gemacht, die im Auslande so aufgefaßt werden müssen, als wünsche der Reichspräsident, daß die deutsche Regierung zur Beteiligung an dieser Blockadeaktion gezwungen werde. (Hört, hört! links. Gegen, ein solches Eingreifen in die 6ußere Politik des Reiches, die ver⸗ fassungswidrig ist, muß energisch Widerspruch erhoben werden. Das ist eine Wiederholung der Ve rcgänge aus dem alten Regime, wo nicht eine Regierung, sondern zwei bestanden. Die Bedenken meiner poli⸗ tischen Freunde gegen die Einrichtung des Reichspräsidiums über— haupt sind namentlich in letzter Zeit durch das Auftreten des Herrn Ebert gerechtfertigt worden. Wir sind entschieden dagegen, daß die Regierung dem Verlangen der Entente zur Beteiligung an der Blockade gegen Sowjetrußland nachgibt. Rußland will mit Deutschland in Frieden leben. Die zweideutige Politik der deutschen Regie⸗ rung im Osten hat uns die Blockade in der Ostsee eingetragen. Mit der Geheimdiplomatie, die aus dem alten Regime übernommen worden ist, muß endlich Schluß gemacht weiden. Die Regie⸗ rung muß alles aufbieten, um den Völkerbund auch für uns zu
erzwingen. Gegen die militäriscken Hochverräter muß schärfstens vor⸗ gegangen und eine Verständigung mit Sowjetrußland angebahrnt werden. Daran darf uns auch der Versailler Frieden nicht hindern.
Die Angehörigen von Sowjetrußland dürfen nicht länger in Schutzhaft gehalten werden. Wir wissen aber, daß die jetzige Regierung nicht mit der Gewaltpolitik bricht, deshalb bekämpfen wir sie und streben eine wahrhaft sozsälistisch' Regierung an. Schon durch die Auswahl unserer diplomatischen Vertreter muß die Verbindung mit der Aus⸗ landsarbeiterschaft herbeigeführt werden. Die Angriffe gegen Eichhorn richten sich gegen unsere ganze Partei, meine Partei ist die wahre Ver⸗ tretung des revolutionären Proletariats. Wachen und Rufe bei den Sozialdemokraten: So siehst Du aus!) Es gibt nur zwei Parteien, die Bürgerlichen mit Einschluß der Mehrheitssozialisten auf der einen Seite und wir auf der anderen Seite. Wir nehmen die Kampfansage der anderen Partei auf und geben sie Ihnen zurück. Eachen. Wir werden den Kampf gehen dieses reaktionäre Parlament führen, bis es freiwillig oder unfreiwillig das Feld räumt. (Vizepräsident Hauß⸗ mann ersucht den Redner, seine zahlreichen Wiederholungen zu unter⸗ lassen schon mit Rücksicht darauf, daß wir unserem Personal gegen⸗ über möglichst en dem achtstündigen Arbeitstag festhalten müssen. (Große Heiterkeit Fällt Scrjetrußland, so fällt der letzte rebhru⸗ tionctre Hort Europas. Abscheu und Entrüstung hegen wir gegenüber der Blockade, wie sie jetzt Rußland gegenüber zum Ausdruck kommt. Der Sopjetregierung erklären wir unsere vollste Solidarität. (Beifall bei den Unabhängigen Sozialdemekraten.)
Hierauf nimmt der Reichsminister der auswärtigen An⸗ gelegenheiten Müller das Wort, dessen Erklärung in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut wiedergegeben werden wird. .
Darauf wird die Weiterberatung auf Freitag, 1 Uhr, vertagt (außerdem Anfragen und Haushalt des ert. . ministeriums]. Schluß 634 Uhr. .