1919 / 258 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

bheblichen Mengen dem Wasserwege zuzuführen und so die Eisenbe

im allgemeinen zu entlasten. Wir werden versuchen müssen, auf diesem Gebiete in Zukunft eine weiterausschauende Politik zu treiben und eventuell auch dazu übergehen müssen, die Möglichkeiten des Wasse weges zu erweitern.

Von dem Herrn Vorrerner i auf orsck irg worden, in großem Umfang mit Lastautes Kehlen zu fahren. Ic ihm zu: eventuell darf der Betriebssteff nicht gespart werten, wenn wir ihn überhaupt beschaffen können. A arauf merksam machen, daß es die Frage des Betris * t

sondern auch die Frage der Landstraße, (sehr richtig! rechts), und wir haben die Erfal

etwa Tausende von solchen Lastautes losfahren

et anderes ist als wenn Personenautos über die ͤ die Straßen in einigen Tagen in einem Zustan— würden 1 c sie überhaupt nicht mehr zu befahren sind. (Sehr richtig! rech; Meine Damen und Herren, wir werden nicht müde werden Staats wegen Mittel und Wege suchen, um einer Besser zu langen. Aber zum wesentlichen Teile liegt doch die Frage, co EGrfc. ] zu erwarten ist, mit bei Arbeiterschaf Der Herr Vorre hat Recht mit seiner trüben Schilderung, und die Zahlen, die ich Ihnen gegeben habe, zeigen re Not unseres Volkes; da muß jetzt jeder nur daran de ir aus dieser Not herauskomn sst ein Verbrechen, diese Not des Volkes zum Kochen von Partei—

politischen Suppen zu mißbrauchen. (Sehr richtig! und Bravo!! W

wollen dem Arbeiter geben, was ihm zukommt. In bezug auf das ; ;

Arbeiterrecht sind eine Reihe von Maßregeln besonders auch für die Bergarbeiterschaft bereils getroffen worden, und in materieller Ve 96 ; . ; 8 6 , ziehung haben wir uns bemüht, durch gesteigerte Löhne der schwierißen Lage in der sich die Arbeiterschaft in bezug auf Ernährung und

.

Kleidung befindet, nach Möglichkeit entgegenzukommen, die Löhne erhöhen und sie so zu bemessen, daß der Arbeiter existieren kann.

Gestatten Sie im Anschluß hieran die Mitteilung einiger Zahlen, die vielleicht auch für unsere weitere Beratung von Bedeutung sind. Während in den fiskalischen Zechen Oberschlesiens in dem Jahr vor dem Kriege, im Jahre 1913, für cine Tonne der Steinkohlenförderung an Betriebslöhnen 3,92 S ausgegeben wurden, wurden in der Jert April / August d. J. an Löhnen dafür 27,5. ausgegeben, allerdings ist auch bei den Materialpreisen eine Steigerung von 18 auf 28 4 eingetteten, aber die wesentlichste Steigerung zeigt sich eben bei den Löhnen. Nun in Recklighausen, also an der Ruhr! Wir halten in dem Jahr wor dem Kriege an Betriebslöhnen für die Tonne Kohlen zu zahlen 6.89 A, in den Monaten April / August d. J. 34,17 , und an der Saar 1913 5,62 , April / Auçust d. J. 256 M6. Daß für die Bergwerksindustrie ber der ungeheuren Steigerung der Löhne und der Matertalpreise, wenigstens für den allergrößten Teil und ins— besondere für den staatliche! Bergbau, bei solchen Verhältnissen mit irgendeiner Rente, mit Ueberschüssen nicht zu rechnen ist, das ergibt sich von selbst.

Während die Unkosten im Jahre 1913 73 3 des Erlsses aus machten, betrugen sie in Hindenburg in Oberschlesien im letzten Viertel jahr 111 3 des Erlösses, also die Unkosten standen 11 * höher als die Verkaufspreise. An der Ruhr im Jahre 1913 Unkosten 87 2 zu 100 des Vetkaufspreises, im letzten Vierteljahr 10ß Ææ! Nur an der Saar war noch mit einem kleinen Ueberschuß zu rechnen; die Un— kosten betrugen dort 97 2.5. Bei alledem habe ich noch nicht in Be— tracht gezogen die großen Mehrkosten, welche sich für die staatliche Verwaltung aus dem soeben abgeschlossenen Tarifvertrag vom 1. Ok— tober ab ergeben werden.

Der Herr Berichterstatter hat vorhin schon auf den Verlust hin— gewiesen, den wir im Jahre 1918 nach den vorläufigen Rechnungen in unseren staatlichen Bergwerken erlitten haben. Ich bin nicht in der Lage, für 1919 ein günstigeres Ergebnis Ihnen in Aussicht zu stellen. Die Dinge stellen sich so, daß wir nach der Rechnung von 1918 bei der gesamten staatlichen Bergverwaltung mit einem Gesamt— verlust von 61 96tz 00 MS zu rechnen haben. (Abgeordneter Kopsch: Hört, hört) Für das erste Vierteljahr 1919 beträgt dieser Verlust, ungerechnet das Ergebnis der Hütten Gleiwitz und Malapane, der Bleigrube Friedrich und Friedrichshütte, schon wieder 15 705 000 . (Hört, hört Ja, meine Herren, für unsern staatlichen Bergbau sind das keine Zahlen, die irgendwie erfreuliche Aussichten bieten! Der Herr Berichterstatter hat davon gesprochen, daß der Haushalt in vieler Beziehung keine Klarheit bietet. Ich bitte das aber zu entschuldigen; bei solchen Zuständen, unter denen wir in der letzten Zeit den Bergbau geführt haben, lassen sich eben irgendwelche Zahlen, auf denen Schlüsse für die Zukunft aufzubauen wären, nicht geben. Wir können nur die Hoffnung haben, daß wit jetzt endlich, wenn in alle Kreise aus den Erfahrungen der letzten Vergangenheit die Einsicht einkehrt, zu ruhigeren Verhältnissen kommen, damit unser Erwerbsleben aus den Zuständen heraugeführt werden kann, in denen wir uns befinden. Auf keinem Gebiete ist so wie hier die Zusammenarbeit, das verständnisvolle Zu⸗ sammenarbeiten aller notwendig, wie gerade auf dem Gebiete der Kohlenproduktion, die unserm wirtschaftlichen Leben sein Brot gibt. Bravo h

Abg. Husemann (Soz): Mit. Recht wir verlangt, daß Berghaushalt übersichtlicher gestaltet wird. Die Staasehetriebe sollten Musterbetriebe werden, aber dazu ist leider wenig Aussicht. Jedenfalls ist in dem staatlichen Bergbetrieb nicht alles in Ordnung. Mit Schuld an dem Mißstande, daß die Produktivität der Bergwerke leidet, sind die Wirkungen, die der Krieg auf das Material, auf die maschinellen Anlagen usw. ausgeübt hat. Auch werden noch heute bei der Anlegung von Bergarbeitern Schwierigkeiten gemacht. Es sollte eine gründliche Prüfung aller dieser Verhältnisse vorgenommen und dazu por allem auch die Mitwirkung der Betriebsratsmitglieder obligatorisch gemacht werden. Die große Kohlennot, wie alles Ungemach auf die Revo— lution zurückzuführen, ist eine sehr bequeme Ausflucht. Den gegen— wärtigen Notstand haben, ebenso wie die Revolution diejenigen Herr— schaften vorbereitet, die hier im Hause die Gesetze für die Berg—⸗ arbeiter geschmiedet haben. Wenn die Revolutien in Deutschland an der Kohlennot schuld sein soll, woher dann die Koblenmisere in Belgien wo doch keine Revolution war? Im Kriege ist in unseren Kohlenbergwerken Raubbau getrieben worden, das haben frühere nationalliberale Mitglieder des Abgeordnetenbauses, wie der Berg⸗ werksdirektor Althoff und der Essener Handelskammersyndikus Hirsch, selbst zugegeben. Die Vorrichtungzsarbeiten wurden eingeschränkt oder ganz eingestellt, und das mußte auf die Dauer die Kohlenförderung schwer beeinträchtigen, ebenso der Rückgang der Zahl der Hauer von 51 Prozent in Friedenszeiten auf 41 Prozent. Das übrige hat die mangelhafte Ernährung besorgt. Auch das Antreibersystem mußte schließlich eine Reaktion in dieser Richtung hervorrufen. Wir können . hoffen, daß die jetzt eingetretene Vermehrung der Förderung an—

daß der

Hält und in ihrer ruhigen Weiterentwicklung nicht gestört wird. Die 1garbeiter sind es endgültig satt, sich wie früher unterjochen und aus⸗

beuten zu lassen. Sie wollen ihr Mitbestimmungsreckt und erwarken von der Regierung, daß überall die Lohn. und Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge geregelt werden und daß die Verwaltung den rück— ständigen Privatunternehmern mit gulem Beispiel vorangeht. Ebenso warten sie, und wir bringen das in einem besonderen Antrage zum bedi notwendige internationale Vereinbarung

irgend möglich erfolgt. Um die Verstärkung der Belegschaften zu erleichtern, muß in ganz

Ausdruck, daß die ; über die Arbeitszeit im Bergbau sobald wie

rer Weise als 9e t werden. isartigen Kolonien, sondern in S* 1aen uf b— age hat die Unterbringung u erfos Der mit dem Stellenwechsel auch den Wohnungswechsel vorzunehmen, muß fortfallen. Zur Förde— r er Kehlenversorgung gehört auch eine bessere Ernährung des 3 manns. Wenn der Streik im Bergbau ein Verbrechen ist, so ĩ auch ein Verbrec wenn die Landwirte die Kartoffeln nicht ab—

ern, sondern zurückhalten. (Eebhafte Zustimmung.) Endlich ist ine Verbesserung der Transportmittel unbedingt geboten. Wir bitten dir aatsregicrung, ihren ganzen Einfluß im Reichsrat dafür ein— Fetzen, daß ein Reichsberggesetz und ein Reichsknappschaftsgesetz er— lassen wird. Die Autorität der oberen Beamten gegenüber den Ar⸗ ß sich auf das Vertrauen stützen; den Wünschen und Be— er Arbeiter muß mehr Verständnis entgegengebracht werden Die Bergaufsichtsbeamten müssen zu Vertrauensleuten der

06

2

Arbeiter werden. Von großer Wichtigkeit sind die Schulfragen. Auch sie sind geeignet, ein besseres Verhältnis zwischen den Arbeitern und

der Aufsichtsbehörde herbeizuführen. Es muß eine obligatorische Fort⸗— bildungsschule für alle Arbeiter eingeführt werden, denn ein gut— er Arbeiter ist für jeden Betrieb nur vorteilhaft. Der Einfluß der Unternehmer auf die Bergschulen muß wegfallen. Dieser Einfluß wird zwar in der Denkschrift bestritten, ergibt sich aber aus den Schul— ordnungen. Auch die Bergschulen müssen verstaatlicht werden. Die privaten Bergregale sollten ohne Entschädigung aufgehoben werden, wie es dem Artikel 153 der Reichsverfassung entspricht. (Beifall bei den Sozialdemekraten.)

2

der Einsetzung einer

er Hinzuz e bsräte zur Feststellung von in der Bergverwaltung sind wir durchaus einverstanden. l t ni So ungünstig, wie rhältnisse im staatlichen Bergbau keineswegs. tlichen Gruben im Recklinghauser Gebiet im Jahre In, 1912 einen solchen von zonen Mark erforderten, er⸗ bereit ß von 2,1 Millionen, 1915 Il 3 beanspruchte einen Zuschuß von 600 990, während sckuß von 4,18 Millienen Mark brachte. Im ersten

in Betriebsüberschuß von 143 Millionen Mark Am Schlusse des Jahres 1918 war nach der Staats— in Rückgang des Ucberschusses auf 35 Millionen zu ver—

atürli Verhältnisse der Gruben waren keine be— E sind weder so mächtig, noch so zahl

Vor allen Dingen

9I3 von 17 M 5 inen Uebersch

zeichnen. D sonders günstigen, reich, wie auf sind die Kohlenfelder Felderteile unbauwürdig Förderung eingerichtet, diese aber vielfach noch nicht erreicht worden, ze leb ha zegung zu verzeichnen ist. Die

Tal 91 wi hre 19

in den folgenden icnen und 55 Millionen. Dann trat infolge

ein, die Förderung der Revolutirn

die gute

ung betrug ) Millionen, 423 M iegsausbruches ein Rückgang auf 4,3 Milläioner stieg dann wieder auf 45 Millicnen bis 4,8; infolge trat ein Rückgang auf 4; Millicnen ein. Die Gruben, natürlicke Verhälfnisse haben, b hren sich gut, so namentlich im Revier der Beramnspektion Buer. Hier war von April bis September 1918 cin Uekerschuß von 7,8 Millionen Mark vorhanden, der sich bis Ende des Jahres 1918 auf gleicher Höhe gebalten hat. Auch von April bis Seytember 1919 war noch ein Betrieb süberschuß von : Die Klagen, daß die Einfahrer nach bestimmten Direktiven der Repvierbeamten handelten, treffen nicht zu. Die Unternehmerarbeit läßt sich nickt anz vermeiden, hierdurch wird spezialierte Arbeit geleistet., die eine größere Uebung als hei sonstigen Bergleuten voraussetzt. Höhere Löhne für sie sind berechtigt, da sie ewisse Aufwendungen zu machen haben, die die übrigen Bergleute nicht kennen, die namentlick keine Kopfstener zu zahlen haben, und auch keine Deputatkoblen gewähren müssen. Wenn wieder normale Zustände ein— rden. wild auch weiter ein befriedigendes finanzielles

Ergebnis des staatlichen Bergbaues, zu erzielen sein.

Gegen

2

4 Uhr wird die Weiterberatung auf Montag, 12 Uhr, vertagt.

FRunst und Wissenschaft.

In der Novembersitzung der Vorderasiatischen Gesell⸗ schaft sprach Prefessor Br. Greßmann über die bihlische Paradiessage. Er behandelte zuerst die Frage nach der Loge des Paradieses oder des Gartens Eden, wie es in der Genesis beißt. Diese Bezeschnung ist ein geographischer Eigenname, er ist nicht gleich dem sumerischeg Edenu, was Steppe bedeutet. Die heiden Flüsse des Gartens, deren Quellen in der Nähe der Quellen des Euphrat und Tigris liegen sollen, deusete der Vortragende in elner Annahme als Araxes denn der Gishon wird sprisch arabisch als Eras bezeichnet, und ols Pbasis, als welcher der Pisbon zu gelten hahe, der nördlich des Tigris mündet. Die Lage des Paradieses dürfte beim Felsen« tunnel von Bülkalai zu suchen sein, den Gilgamesch, der Held, durchschreit t und an dem Alexander den Lebensquell gefunden haben soll, durch den auch nach einer spätjüdischen Sage verbannte Nordisraeliten sich ins Arserez, d. h. in das „andere Land“ oder das Jenseits zurück— ziehen. Die Quelle des Tiaris liegt bei diesem Felsfunnel. Die Genesis hietet also eine volkstümliche Geographie für die Lage des Para dieses, die ungefähr der Wirllichkeit entspricht. Wenn man jüngst die Lage des Paradies s auf Grund neu gefundener Inschriften in die Näbe des Vansees verlegt, so hat das mit der Sage selbst nichtös zu tun, denn es ist wahrscheinlich, daß die Sage sckhon sert g war ehe sie mit einem bestimmten Ort verknüpft wurde Jm der Sage swielen die wichtigste Rolle zwei Zauberbäume: der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis. Es ist nicht richtig, wenn man den Baum des Lebens aus dem Paradiese entsernen will, wennaleich es heißt, der Baum der Erkenntnis, auf dessen Früchte sich das Speiseverbot bezleht, stehe mitten im Garten, ein Umstand, der auch wichtig in für die Verbandlung mit der Schlange. Bei rer Vertreibung des Menschen aus dem Paradiese ist ausdrücklich die Rede vom Baume des Lebens, der zwar nicht inmitten des Gartens, aber doch im Garten stand. Ist dies richtig. so eröffnet sich uns das Verständnis der Sage. Die Gottheit heßtzt Wissen und AUnsterblichkeit, sie verbietet nur ras Wissen, die Erkenntnis dem Menschen, das will sie als itr Voriecht behalten. Wenn die Gottheit den Baum des Lebens für den Baum des Todes ausgibt, so ist dies eine unwahre Behayptung dem Menschen gegenüber, aber auch die Worte der Schlange schillern. Wenn sie dem Menschen vach Genuß der Frucht des Baumes der Gokenntis seine Gottgleichheit verspricht, bat we doch nicht die volle Wahrheit gesagt, die Menichen konnten glauben, sie würden dann auch nicht sterben; sie weiß auch, daß Gott den Genuß der Früchte des Baumes der Erkenntnie verboten bat und sie kennt den Baum des Lebens. Die Schlange tst somit das Widerspiel der Gottheit. Gott enthält dem Menschen die Eikenntnis vor im Gegensatze zur Schlange. Warum sich nun der Mensch für die Schlange emscheidet, ist nach der Sage selbst nicht zu sehen, vielleicht reizt die Hoffnung, dem Tode zu entgehen. Es erbebt sich nun die Frage: Woher kommt die Schlange? Weshalb sollte der von Gott geschaffene Menich gegen seinen Schöpfer handeln, ihm nicht trauen? Das ist unklar in der biblischen Sage. Dadurch. daß die Menschen sich aus Schamgefühl äber die Erkenntnis ihrer Nacktheit versiecken

x , An dieser Stelle ist der Text nicht in Ordnung, der Sage ist in der biblischen Fassung

erkennt Gott, daß sie sein Gebot übertreten haben.

offenbar die Spitze abgebrechen Die alten Israeliten batten ein sehr feines Schamgefübl. was sich nachweisen läßt. Die Menschen erkennen nun ibr Geschlecht, sie beginnen zu zeugen, d. h. Leben aus dem Nichts zu schaffen; das macht sie der Gottheit gleich, denn die Entstehung des Lebens ist ein Geheimnis. Erkennen aber bedeutet zeagen, und dies ist für die Gottheit, für Baal, für Baalu. für Ischtar, für Enki, das Vorrecht, daher der tene „ämos (die heilige Ebe) und die darauf bezüglichen kultischen Handlungen der orientalischen Religionen, die aber das Alte Testa— ment als Unzucht auf das schwerste verabscheut. Für die Paradies. sage ist, und das bestätigt der Fortgang der Geschichte, ein anderer Gott g-dacht als Jabwe. Die Menschen haben das Recht auf das Paradies verwirkt, sie sind der Schlange verfallen, d. h. dem Tode; denn zum Zeugen gehört auch das Steiben; als unschuldige Kinder hätten sie unsterblich sein können, allein das Wissen vom Leben ist auch das Wissen pom Tode; leiden, mit Qualen gebären, Seligkeit und Unseligleit gehört beides zum Charakteristisch sind die Flüche: Das Geschlechtsleben, des Weibes wird verflucht. Das Weib wird dem Manne unteistellt. Der Fluch über den Mann ist der Fluch über den Acker. Schlange und Acker gehören zusammen, wie Gott und Garten. Wir baben den Fluch über den Acker, auf dem neben dem Korn das Unkraut gedeiht, und dazu noch den Fluch über die Arbeit auf dem Acker. Es wird demgemäß die Fruchtbarkeit der Frau und die des Bodens verflucht. Geschlechtsverkehr und Acker hängen eben zusammen. Die Erzählung der Bibel ist pessimistisch. Die Sage selbst war ursprünglich opti⸗ mistisch. Denn fragen wir? Was bat der Menich gewonnen? so lautet die Antwort: Die böchste Freude des Zeugens und die häöchste Kunst des Ackerbaues:; denn nur der Schweiß der Arbeit ist die Strafe, nicht der Ackerbau selbst. Beide Erwerbungen sind gegen den Willen der Gottheit geschehen. Wie hoch die Zeugung bewertet

Leben.

wird, darauf weisen uns die vhallischen Gebräuche vieler primitiven Völker hin. er Fluch über die Schlange ist ebenfalls bezeichnend. Es heißt, sie soll Staub fressen“' wie die Toten, d. h.

ie ist der Dämon der Unterwelt. Sie kennt die Wakung der Früchte und beschuldigt dir Gonheit der Läge, sie verschweigt dem Menschen, den sie in ihr Reich, d. h. die Unterwelt ziehen will die Existenz des Lebensbaumeg. Der Mensch steht zwischen Gott und Unterwelt, beide Mächte lämpfen um ihn. Die Totengeister der Unterwelt sind die . Wissenden“. In allen Religionen kennen wir Dämonen in Schlangengestalt. Die Schlange ist die zeugende Kraft des Lebens, das aus dem Tode kommt. Symbol dafür sind das Lebeng« kraut und die heilkräfiigen Quellen. Zur Mutter Erde, Demeter, gebörct deren Tochter Persephone, die Herrin der Unterwelt. Nur einmal wird der Name Eyn in der Erzählung genannt, sonst heißt es stets das Weib. Der Name wird erklärt als „Mutter alles Lebe digen?“. Der Kampf zwischen Leben und Tod dreht sich um Eva und die Schlange, Eva ist selbst eie Schlange, sie ist deren

Vertraute. In dem Kampfe zwischen dem Schlangendämon und der Menschenbrut wehrt sich der Mensch, es ertönt kein Prol— evangelium, d. h. keine Verkündung vom Aufbören dieses Kampfes. Gpva und die biblischen

an , steben in der

Sage als Reste der älteren Entwicklungsstufe der Sage selbst. Eva ist krin hebräisches Wort, es ist punisch und bedeutet Schlange. Die Ehamat d. i. Eva ist bei Phoenikern, Puniern, Amoritern die Göttin der Unterwelt. Dazu bietet die Tatsache eine Erläuterung, daß Jesaias die Unterwelt als Mutter alles Lebendigen bezeichnet, sie als Herrin des Lebens und des Todes personifiziert. Dies ist auch baby— lonische Anschauung. Als Gott feindlicher Dämon steht die

Schlange., außerhalb des Paradleseg, für das Adam Gärtner und Piörtner zugleich sein soll. Nach selner Vertreib ng treten die Gherubine an seine Stelle. Der Mensch hat

sich bei seiner Wahl zwischen Leben und Wissen, das Wessen, d. h. das Größere verschafft, er ist zu drei Vierteln ein Gott geworden, desto tiefer ist sein Sturz. Die Erzählung geht in düsterer Schwermut zu Ende, aber kein Wort der Klage kommt von den Lppen des Menschen. Die Erzählung selbst ist nicht ifraelitischen U sprungs, wenngleich sie umgetprägt wurde. Die Schlange war ursprünglich auch Gottheit, mehr als ein Dämon. Der Goltesgarten

ist, keine israelitische Vorstellung; Assur jst das Paradies. Cherubim und heilige Bäume sind durchaus assprisch: aber die Erzählung selbst kann nicht aus Assyrien stammen, denn der

Ackerbau gebört nach Babylonien. Von dort aus ist die Sage zu den Assyrern und bon ihnen zu den Amoritern gewandert, von denen sie erst die Israeliten übernommen haben können. Die Göttin Chawat. Eva ist als amoritisch für das zweite vorchristliche Jahrtausend belegt. Nach Eduard Meyer ist die Paradi ssage selbst älter als des achte vorchristliche Jabrbundert. Der Vortragende wes auf die Behandlung des gleichen Themas im Gilgamesch-Eyos hin. Durch den Gang durch den Felsentunnel des Gebirges Mischu (Bülkalai) dessen Gingang zwei Skorpione bewachen, kann der Held das ewige Leden gewinnen, er gelangt in einen Garfen, der mit Bäumen be— standen ist. Hier sieht man, daß die assyrische und die biblische Fassung, dieselbe Ueberlieferung benutzt haben; außerdem liegt auch der Adapamythus der Baby oniner zugrunde. Adap! gewann die Weieheit und verlor das ewige Leben, Höllenfahrt und Himmelfahrt hat er erlebt, ins Innere des Hemmels und der Erde hat er geschaut. Das Wissen von Himmel und Erde macht ihn dem Gotte Anu gleich. Als Anu dem Adapa im Himmel dag ewige Leben verschaffe« will, rät Ea sein Schutzgeist, d. i der Gott der Erdttefe, ihm ab, das Geschent anzunehmen, er, der Schotzgeist, verschafft dem Menschen der Gottheit gleiches Wissen. Bei Adapa, und hier liegt der Unterschied von der biblischen Sage, ist das Wissen vom Tode zugleich die Auferstehung. Die kabvlonische Ertzah ung ist optimistisch. Der Mythus jubelt über den Menschen, der den Himmel ausschlagen und durch den Tod hindurchgehen kann. Im Adaypamythus haben wir eine ältere Stufe dr biblischen Sage, die poetische Gerechtigkeit kommt dort in reinerer Form zur Geltung; in der Bibel ist Adam der Betrog ne, während im babylonischen thus der Held nur scheinbar betrogen ist; Ewa verschafft ihm das Wissen, das ihn dutch den Tod zum ewigen Leben führi.

In der Erörterung, die sich an den Vortrag schloß, ergänzte u. a. Geheimrat Dr. Minden die Darlegungen, während Geheimrat Proftssor F. v. Luschan den Lebensbaum mit der Dattelpalme gleichstellte und die Cherubim als Fruchtbarkeitsgottheiten denmete.

Tꝛzeater und Musik.

Volksbühne (Theater am Bülowplatz).

Nachdem kürzlich erst das Lessingtheater ein Werk von Rolf Lauckner, und zwar „Christa, die Tante“, aufgetührt hat, folgte am Sonnabend dle Volksbühne mit detselben Versassers Drama „Predigt in Litauen“. Beide Stücke weisen die gleiche Technik auf, die lose Aneinandecreihung voa Szenenbtldern, in denen die Handlung folgerichtig, aber yr en fortschreitet oder auch zuweilen, eine Stimmung feßhaliend, stillsteht. Das

in letzter Zeit dramatisch vielverwendete Motiv vom Kampf zwischen Vater und Sohn kildet auch den Gegenstand

der elf Bilder des neuen Laucknerschen Dramas. Der Vater ist ein seit dreißig Jahren in einem litauischen Dorfe tätiger, früh ver— witweter evangelischer Pfarrer, dem eine ältere unverheiratete Schwester die Wirtschaft führt., der Sohn, ein künstlerisch begabter, haltloser junger Menich, der, kürzlich aus der Großstadt zurückgekebit, sich nicht mehr in die Verbälinisse daheim sch cken will. Zunächst wie der verlorene Sohn im Gleichnis des Neuen Testaments zu Hause gütig und nachsichtig aufgenommen, verfucht er die guten Voisätze, die ihn zuerst eifüllen, in die Tat umiujetzen, verfällt aber bald wieder dem lockrren Lebenswandel, den er sich in der Großstadt angewöhnt hat, dem Trunke und dem Ver

lehr mit leichtfertigen Dirnen, die er auch im heimatlichen Dorfe aufzu srüren weiß. Daß kommt dem Vater zu Dhren, der mu Härte 22 zu müssen bermeint, wie er auch feiner sitauischen Gemélnde gegenüber . mehr den strengen als den gütigen Seelsorger hervorgekenrm bat. Ein Fall, bei dem er das kirchliche Begräbnis für ine Sel! stmörderin verweinert, bringt die Gemeinde gegen ihn auf, und er muß es zudem erleben, daß sein Sohn öffentlich Partei gegen ibn ergreift. Eine regte Auseinandersetzung zwischen Sohn und Vater, bei n elcher der Sohn. der wie ein Schuljunge gezüchtigt werden sollte, die Schuß. waffe gegen den Vater eiheben will, die er dann aber gegen sich gibt kehrt, fübrt die tragische Wendung herbei. Der Tod kes Sohnes treibt auch den Vater zum Seibstmord. Und noch ein drittes Wesen geht verzweifelnd aus Ter Welt, Anyta, ein unschulds⸗ reines Dorfmadchen, das den Sohn des Pfarrers innig geliebt hat. Diese. Dorfgeschichte mit ihren gehüuften und auch? nicht (ben befreiend wirkenden Selbstmorden, läßt doch in manchen Szenen die gestaltende Hand eines BVichters erkennen, der bemsbt sst, in Seelentielen zu leuchten. Er ist weder nach der einen noch nach der anderen Seite hin parteiisch, sondrn b fliebt, den Vater in seiner Geradheit und unbeugsamen Pflchttreue et emo verffändlich zu machen, wie den Sohn, den eine liebende Hand sicherer auf den. rechten Weg gefährt hätte, als die Härte? Aber in dieser I bie l ivitãt liegt auch etwas Kühles, das die Schicksale diefer Menschen nicht ans Herz rühren läßt. Bei gleicher Sorgfalt der Zeichnung sind einige Nebenfiguren pon geringerem Belang lebendiger erfaßt und in ihrem Wesen ergreifender, wie 1. B. die kleine Anyta und auch die Schwester des Passors. Die Auf⸗ sührung des Dramaß im Vojiktzbühnenhause ließ aum einen Wunsch unbefriedigt. Der Spielleiter Dr. Legband hafte mit

Ersolg dafür gesorgt, daß die elf Verwandlungen beanspruchende Szenen⸗

folge sich rasch und reibungslos abwickelte und daß die Stimmung der einzelnen Bilder stark, und unmittelbar berportrat. Die Ver wandlungen vollzogen sich im Dunkeln bei leiser, w⸗bmütiger Musik von. Heinz Tiefen. Den Pfarrer spielse Friedrich Kayßler in überzeugender Weise, den Sohn Jürgen Fehling mit dem jugend— lichen UÜngestüm, den tie Rolse erfordert, Marla Weiß leder die Pastorenschwester mild, gütig, verstehend, mie sie gezacht ist. Unser den anderen Mitwirkenden sind die Damen Liebisch, Wolff, Mann— . Herren Herzfeld und Klijssch mit besonderer Anerkennung zu nennen.

Im OpernhbauleFe wird Morgen, Dienstag, „Mignon“ mit den Damen Artöt de Padilla, von Fatopos und den Herren Hutt, Bronsgeest, Lücke, Habich und Keasa jn den Hauptrollen gegeben. Dirigent ist der Kapellmelster Otto Urack. Anfang 7 Uhr. Am Mittwoch findet Re Eistaufführung der Oper „Der Stier von Olivera' von Eugen DaAlbert slatt. Der Komponiff ist bereits zur ilnahme an den Proben eingetroffen und wird auch der Erst— aufführung beiwohnen. Herr Behmen singt die Partie des Generals, die Tamen Kemp und Schwarz fingen abwechsesnd die der Juana, die Herien Mann und Kirchner abwechselnd die des Perez. Mu— sikaliicher Leiter ist der Generalmusitdirektor Blech, die szenische Leltu'g bat Herr Holv. Die Aufführung findet unter Aufhebung des Dauerbeinges, der sfändigen vorbehaltenen fowie der Dienst. und Freiplätze statt. Die Preise der Plätze lauten: Fremdenloge-Mitte 49 30 *, Fremdenloge- Seite 1450 „ü, Orchesterloge 9, 5, c, . Rangloge 3l, 0 Æ, J. Rangbalkon 285 50 M, Parkett 23,0 (, 1I. Rang 17 50 M, 111. Rang 11.50 4, 1V. Rang 4, 0 66, Steh— platz 2,59 A. Als weitere Aufführung in der Neihr der Volks, porstellungen geht am Montag, den 17. d. M. Abends, „Der liegende Holl inder in Szene. Sämtliche Eintrinskarten sind der Freien Voltsbühne und den ihr angeschloffenen sozialen rganisanionen überwies n.

Im Schauspielhause wird morgen zum ersten Male die Komodie „Brandl! von Dr. Cahen, in den Hauptrollen mit den Damen Schön, Steinsieck Sussin uad den Herren Ehrle, Keppler, von Ledebur und Tiedtke besetzt, aufgeführt. Spielleiter ist Albert Patiy. Anfang 7 Uhr.

Eugen d' Albert tritt als Pignist während des Winters nur in einiges Mal vor das Berliner Publikum, und zwar in einem Wohltätigkeit skonzert, welches die Kapelle der Staatgover unter der Leitung des Generalmusikdirektors Leo Blech am 16. November, Mütags 11 Ubr, im Spernhbause, ÄÜnter den Linden, peranstastet Eugen d'Albert wird dat Es-Dur ⸗Konien ö Beethoven und die ‚Wanderer⸗Phantasie“ von Schubert Liszt

ortragen.

In Paris wurde, wie W. T. B.“ berichtet, am Sonnabend in einem Konzert aal zum ersten Mal öffentlich Wagner gespielt, und zwar das Vorspiel zu den „Meister— singern'. Der Veranstalter des Konzerts batte waͤt rend der letzten drei Konzerte eine Ab stim mung unter dem Publikum veranstaltet, bei der sich 4983 Befucher für und 2713 gegen Wagner aussprachen.

Mannigfaltiges.

Der Jahrestag der Revolution ist in Berlin und im Reiche, soweit bisher Nachrichten vorliegen, ohne Zwischenfälle verlaufen. In Berlin und seinen Vororten fanden gestern zahl—⸗ reiche von den Bezirfevorständen der beiden sozialdemokrat!ichen Perteien veranstaltete Feiern statt, in denen bekannte Parteiführer auf die Bedeutung des 9. November 1918 hinwiesen. Mehrere Kundg ebungszüge, die sich unter Vorantragung von raten

ahnen über den Kurfürstendamm, die Brunnenstraße, durch den

riedrichshain und durch Neukölln bewegten, wurden von der Sicher— häitswehr aufgelöst. Aus anderen Städten liegen u. a. folgende Meldungen des ‚W. T. B.“ vor:

Frankfurt a. M., 9. November. Der Jahrestag der deutschen Revolution ist hier ohne Zu ischensall verlausen.

München, 8. Nevember. Der Jahrestag der Revo— Lu tion wurde nach dem Beschluß der Betriebsräte, der Sozialdemo⸗ kratischen und der Unabhangigen Partei hier heute durch Arbeifns« ruhe gefeiert. Die Straßenbahnen verkehrten nicht, jedoch zeigte der Geschäfte verkehr in der Stadt das gewöhnliche Bild. In sozialdemokrgtischen Massenversammlungen wurde auf die Bedeutung des Tages für das Piolstarigt hing wiesen. Auf den Gräbern der hei den Revolutionskämpfen Gefallenen wurden Kränze niedergelegt. Der Tag verlief ohne Störung und Zwischenfälle.

Hamburg, 2 November. Die heute in verschledenen Stadt⸗ teilen abgehaltenen Versammlungen anläßlich der Wiederkehr des 9. November sind ohne irgendwelche Zwischenfälle verlaufen.

Die Reichszentralstelle für Kriegs und Zivil gefangene teilt durch W. T. B.“ folgendes mit: Ber Ab⸗ transport der deutschen Kriegsgefangenen aus England auf dem See und Landwege schreitet weiter fort und wird vorautsichtlich bis Ende des Monats seinen Abschluß erreicht haben. Auch der Ab⸗ transport aus Spanien und Portugal nimmt semen Fortgang und dürfte bis Ende dieses Monats beendet sein. Bezüglich der Heimschaffung der in Indien befindlichen Kriegs! und Zivil gefangenen ist ein erneuter Artrag an die englische Re—⸗ gierung gestellt. Die Vorbereitungen für den Abtransport der in Japan und Sibirien befindlichen Gefangenen werden fortgesetzt. Die für den Abtransport der in Rumänien befind⸗ lichen Gefangenen vorgesehenen vier Lazarettzüge sind fahrbereit. Die in Südamerika interniert gewesenen Deutschen befinden sich zum rößten Teil auf der Heimreise. Die franzöftsche Regierung 6 noch keinen Zeitpuntt zum Abtransport der deutschen Kries— gefangenen aus Frankreich betanntgegeben. Bisher sind alle Be— mühungen, sie zu einer Erklärung in die ser Frage zu veranlassen, ohne Erfolg geblieben.

Tas Luftschiff . Boden fee bat . W. T. B. zu folge seine regelmäßigen Fahrten zwischen Berlin' und Friedrichsbafen wieder aufgenommen und wird bis auf weiteres von Berlin an geraden Tagen des Monats nicht wie bisber an ungeraden abfahren. Die Rückkehr von Friedrich sbafen ersolgt also an ungeraden Monatstagen. ;

Das Auge und seine Hilfsmittel“ lautet das Tdema

eines Experimental Vortrages, den der Physiker Dr. W. Voltmann am 12 d. Mit, Ahends 7 Uhr, im großen Hörsaal der Treptower Sternwarte halten wird. Mit dem großen Fernrohr werden Abends bei klarem Wetter abweck selnd Doppelsterne und Ringnebel beobachtet. Kleinere Fernrohre stehen zur Beobachtung beliebiger Objekte kostenlos zur Versügung.

Auswanderung nach Südamerika. Diejenigen unserer Volkagenossen, bei welchen angesichts unserer augenblickkich schlechten wirschaftlichen Lage und in der Furcht vor noch schlunmeren Zeiten die Luft zur Auswanderung entftebt, wenden sich vielfach an die amtlichen Stellen mit Fragen nach den Fortkommenamöglichteiten in Südamerika. Bei den meisten dieser Fragesteller heirscht jedech eine so große Unkenntnis der Landesperhältnisse, daß es notwendig erscheint, das allgemein Wissenz— weite darüber zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. Sobald erst die Möglichkeit zur Auswanderung aus Deutschland wieder besteht, das heißt, sobald erst wieder Schiffe aus deutschen Häfen den Ueberfee— verkehr vermitteln, dürfte Südamerika wohl zweifellos als das— jenige Land bezeichnet werden können, dos in erster Lmie geeignet ist, einen großen Teil von deutschen Auswanderern aufjunehmen. Wie sich die Auswanderungslustigen aber über— banpt falsche Vorstellungen vom Auslande machen, so ganz be— sonderg von Südamerifa. Es wäre nichts ichlimmer, als wenn man die Iilusionen, denen sich unse re Landsleute in dieser Beziebung hin— geben, auch noch unterstũtzen würde durch übertri ben Hoffnungen, die man ibnen macht. Wer es in der Heimat zu nichts gebracht oder nichts gelernt hat, dürfte eist recht im Auslande bittere Ent— läuschungen erleben. Einem fleißigen, einfachen, bescheidenen und intelligenten Menschen, der bereir ist, ein Leben voll Entbehrungen vorerst auf sich zu nehmen, bietet sich wohl die Aussicht, sich besonders in den südamerikanischen Ländern eine gute Zukunft zu schaffen, wenn seine Energie dort nicht erlahmt. Aber der Weg zu diesem Ziel ist dornenvoll, erfordert Charakterstärke und größere Anstrengungen als in Deutichland. Er muß in den eisten Jahren jeden Anspruch auf ürpiges Leben und Bequemlichksit, an die wir uns in der Zeit von Deutschlands Größe leider gewöhnt und durch die wir unt verwöhnt hatten, aufgeben können. Der Deutsche darf nie vergessen, taß ibm besonders im Ausland ein scharfer Konkurrenzkampf von anderen Volke genossen aufgenötigt wird, den er mit gerissenen Elementen

aller Nationen aufnehmen muß; namentlich sind es in Süd— amerifa die äußerst anspruchslosen Italiener, Sxanier und

LTortugiesen, die ihm auf den Arbeitsmärkten im Wege stehen. Ferner darf er auch nicht außer acht Jossen, daß unfere ebemaligen Feinde weiterhin unsere wirtschastlichen Gegner bleiben. Niemandem Vertrauen schenken, dessen lautere Gesinnung man nicht kennen gelernt und geprüft kat, muß der Wahlspruch des Auswandesers sein. Wer keine Ersparnisse fein eigen nennt und eine einigermaßen auskömmliche Stellung in Deutschland hat, soll es sich drejmal überlegen, ob er auswandert; denn was er in der Heimat besitzt, soll er sich erst im Auslande eningen. Wenn urs auch die heutigen Verhälinisse im eigenen Vaterland nicht gefallen, so müssen wir doch zu unserem Volke das Vertrauen haben, daß es vermöge seines Fleißes, seiner Treue, Nüchternhéit und nicht zum wenigsten einer Intelligenz bald wi der hochkommt. Wir dürfen nicht ver— gessen, daß die beutigen Verhältnisse durch einen langen Krieg hervorgerußen sind und daß keine Regierung im siande ist, die Verbältnisse so zu gestalten, daß sie nach jedermanns Ge— schmack sind. Tüchtige Handwerker, namentlich Schmiede, Schlofser, Monteure, Böticher, Diechsler, Buchdrucker, Schneider, Klempner, Tüchler, Zimmerleute, Stellmacher. Mechaniker, Elektrotechniker, Maler, Glaser, Sattler. Goldarbeiter und Uhrmacher werden in Südamerika unschwer Beschästigung finden. Photographen mit guten Fachkenninissen, besonders in der technischen Verwertung von Photographien, haben Aucssicht, in Aigentinsen uniterzukommen; gerade in der Ryrodnktjonetechnik und im Kunstdruckwesen haben dort deutsche Fochleuie sich schon lange mit gutem Erfolg be— ät igt. In erster Linie sind aber mandcke Länder Süd— amerikas geeignet, iüchtige Landwirte aufunebmen, falls diese einiges Kapital besitzen. Andernfalls müßten sie natürlich bereit sein, zuerst untergeordnete Stellungen anzunebn en. Kauf— euten, Büroangestellten und den mit dem Verstand Schaffenden muß aber von einer Auswanderung abgeraten werden, wenn sie nicht bereit sind, vorerst als gewöhnlicher Arbeiter zur Landwirt- schaft zu gehen, um Sitten, Gebräuche und Landessprache gründlich kennen zu leinen, wie dies überhaupt für jeden erforderlich ist, der nicht drüben feste Anstellung in Autsicht hat oder Verwandte besitzt, die ihm vorläufig ein Unterkommen bieten. In üdamerikanischen Ländern wird mit Ausnahme von Breßlien (wo Portugiesiich die Landessprache ist) spanisch gespochen. Tirse Sprache ist angenehm und leicht zu erlernen. Wer sich klar darüber geworden ist, was er drüben zu erwarten hat, und festen Entschluß zur Auswanderung ge— faßt hat, der mag sich wegen der Beantwortung aller übrigen Fragen an das Reichswanderungsamst, Berlin W. 8, Wilheim⸗ straße 71, wenden, das schriftlich oder mündlich kostenlos Auskunft erteilt. Eine Zweigstelle dieses Amts für den Osten und die östlichen Vororte Berlins, die als öffentliche Auskunfestelle ein- gerichtet ist, befindet sich außerdem in Berlin-Friedrichshagen, Friedrichstraße 60. (W. T. B.)

Wien, 9 November. (W. T. B.) Nach den Blättern muß die Gömeinde die letzte Brennhol6sücklage schon jetzt an die Bevölkerung ausgeben.

Graz, 8. November. (W. T B.) Wegen der bedrohlichen Lage infolge des Stockens der Lebensmittelzüge aus dem Ausland und der verminderten Getreideauf— bringung im Lande, ist der Landesrat zusammen⸗ getreten. Die Landespversammlung beschloß eine Abordnung unter Führung des Landeshauptmanns Rintelen nach Wien zum Staatskanzler Renner und der Reparationskommission zu entsenvben, um Abhilfe zu begehren, und gab einhellig der Meinung Ausdruck, daß der Zusammenbruch der Ernährung Steier marks mit Hilfe der Entente allein abgewendet werden könne.

Versaille gs, . November. (W. T. B.) Nach einem Tele⸗ gramm aus Brüssel ist Nachts im Walde bei Fort Diape bei Namur ein chießbedarfslager in die Luft ge flogen. Von den vierzehn englischen Soldaten, die das Lager be⸗ wachten, sollen zehn umgekommen sein.

Gaudel und Gewerbe.

Durch die Verkehrssperre ist die Nachrichten vermittlung über Einzelheiten der Staatsprämienanlei he, namentlich in den ländlichen Bezirken, verlangsamt. Da aber die Regterung auf die Beteiligung der ländlichen Bevölkerung den geößten Wert legt, bat laut Meldung des W. T. B.“ der Reichefinanzmmnister beschlossen, die Zeich ungsfrist, die urvrünglich vom 19. November nur bis zum 26. November laufen sollte, um acht Tage zu verlängern. Die Zeichnungssrist läuft allo vom 10. November bis zum 3. Dezember. Eine Vergünstigung besonderer Art bietet die neue Sparprämien. anleihe neben der Auslosung von jährlich 5000 Gewinnen durch

Sonderberteilung des jogenannten Bonus“. Die Tilgung der An. leihe geschieht derartig, daß in jedem Jahre 50 090 bis 100 900 Stücke der Sparprämienanleibe durch Ziehung zur Auszahlung ge—⸗ langen. Die Hälfte dieser gezogenen Stücke eibält nun eine Sonder zuweisung (genannt ‚„Bonus“) in Höhe von 10090 „, in sxäteren Jahren von 2000 und sogar 1000 . Hinzu treten dann noch die angesammelten Zinsen zu 5 vH, so daß auf ein Stück von 1000 nach 109 Jahren 2200 . zurückgezahlt werden können. Die Ge— schäftszlmmer und die Auskunttsstel le des Ausschusses zur Förderung der deutschen Sparprämienanleihe befinden sich Berlin W. 9, Budapesterstraße 5. Die Auskunftsstelle ist werktäglich ge⸗ öffnet von 9 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Abends. .

Der von der Stadt . eingesetzte Ausichuß zur Prüfung des Gedankens einer Magdeburger Messe ist laut Meldung des W. T. B. zu dem Entschluß gekommen, daß die Einrichtung einer Messe für Magdeburg unzweckmäßig sei, zumal Erfahrungen anderer Messen außerhalb von Leipzig zur Nachabmung nicht ermutigt kätten. Dagegen erklärte sich der Ausschuß für eine im nächsten Jahre in Magdeburg abzuhaltende Baustoff⸗ und Siedelungsausstellung.

Metallzuschläge für isolierte Drähte und Kabel. Die Preisstelle des Zentralverbandes der deuischen elertro⸗ technischen Induhßrie gibt laut Meldung des . W. T. B. für die Woche vom 9. November 1919 bis 15. November 1919 bekannt: Kupferzuschlag 115 *, Aluminiumzuschlag 33 ..

Prag, 7. Nopember. (W. T. B.) Nach dem Prager Tage⸗ blatt! gründet die Böhmische Industriebank gemeinschaft⸗ lich mit der Nederlandschen Handelsmaatschapij mit dem Sitz in Am sterdam und der Hauytzweigstelle in Prag eine bolländisch⸗tschechoslowakische k schaft namens ‚„Holbo“ mit einem Kapital von drei Millionen bolländischen Gulden (473 Millionen tschechischen Kronen).

Prag, J. November. (W T. B.) Die Banca Sconig und die Wiener Verkebrsbank werden eine tschechisch⸗ ttalitenische Bank in Prag errichten.

Prag, 9. November. (W. T. B.) Gestern bat eine Be⸗ sprechung von Vertretern der acht großen hiesigen Banken wegen Errichtung eines Großbankensyndikats stattgefunden, das unter Führung der ZJivngstenska Banka, der Agrarbank und der Böhmiichen Unienbank alle staatlichen Finanztrans⸗ aktionen übernehmen soll.

London, 8. November. (Havas) Im Monat Oktober wurden jür 153 486 162 Pfund Sterling Waren eingeführt, was eine Vermehrung von 35 856 353 Pfund Sterlirg gegen den gleichen Monat des Vorjabres bedeutet. Der Wert der Ausfuhr beträgt 9 Ct S9? Pfund Sterling oder eine Vermebrung ron 36 240168 Pfund Sterling gegenüber Oktober 1913.

Am sterdam, 8. November. (W. T. B Times“ meldet,

z die Webwarenhandelsabteilung der Londoner Handelskammer sich mst der Lage der Handelsbeziehungen mit den vormaes feindlichen Ländern befaßt hat. In Anbetracht er Notwendigkeit der Unterstützung der feinblichen Länder bei der Bezahlung ihrer Kriegsentschäkigungen und zur Ausdebnung des Wenbewerb s und der Herabsetzung der Koßen des Lebens⸗ unterthalts beschloß sie, die während des Krieges gefaßte Ent⸗ schließung, wonach Handelsbeziehungen mit den feindlichen Landern wäbrend der Mindestdauer von 10 Jahren nicht wieder aufzunehmen sind, zurückzuziehen, und beanttagte, den M

7

5

*

3 [1 *

——

NRitglied ern der Webwarenabteilung und Kaufleuten im allgemeinen zu gestatten, die Handelsbeziehungtn mit Deutschland und anderen feindlichen Ländern wieder aufzunehmen. In einer Entschließung wunde gefordert, daß die Handelsbeziebungtn mit den vormaltz feindlichen Ländern jedoch nicht aufgenommen werden sollen, bepor die hritische Regierung eine Erklärung über ibre Handelspolitik abgegeben habe. Dir Rat der Handelekawmer und der Verband der Handelt kammern werden aufgefordert, den stärksten Druck auf die Regierung auszuüben, damit sie so schnell wie möglich eine endgültige Eiklärung über ihre Handelspolitik abgibt.

Die in den letzten Tagen von London gemeldeten Nachrichten über Verbandlungen zwischen den sfüdwestafrikantichen Diamantengesellschaften und dem früheren fürafrikanischen Finanzminister Hull als Vertreter der Anglo American Corporation und and ter Finanzgruppen sind, wie W. T. B. erfäbrt, zu= treffend. Danach ist in Autsicht genommen, eine Gesellschart mlt einem Kapital von 34 Millienen Pfund Sterling nach füdafrikani= schem Recht in Kapstabt zu errichten, an die die Bergbaurechte und gew sse Abgabenrechte fat aller südwestanrikanischen Tiaman:engesell⸗ schaften, einsg ließlich der Richte der Deutschen KolonialGesellschaft für Sädweft⸗Aftika. übertragen werden sollen; binsichil ch der letzteren sind jedoch noch Hindernisse zu kejeitigen. Zur endgültigen Inkraft⸗ setzung des Verhandlungeergebnisses, zur Uebertragung der Rechte und zur Festsetzung des Anfeils der einz lnen Verkäufer an dem Kauf— preise b geben sich die Herren Waller Bredow, Dr. E. Lubbert, Ludwig Scholz und August Stauch nach Südafrika.

London, 6. November. (W. T. B.) Auswels der Bank don England. Gesamnücklage 20 450 060 (gegen die Vorwoche Abn. 1 6098 000) Pfd Sterl, Notenumlauf 86 O30 0G (Zun. 1575 006) 6 Sterl.,, Barvorrat S8 06360 0 (Abn. 34 006) Pfd. Sterd., Wechselbestand 80 436 000 (Abn. 219 000) Pfd. Sterl., Guthaben der Privaten 199 563 000 (Abm. 6619 006) Pfd. Sterl., Guthaben des Staates 193 831 0090 (Abn. 2 922 900) Pfd. Sterl., Rotenrücklage 18 717000 ( bn 1570 000) Pfd. Sterl.,, Regierungssicherheiten 46 226 000 (Ahn. 7 682 000) Pfd. Sterl. Verhältnis der Rück⸗ lagen zu den Veipflichtungen 1680 gegen 15.85 vo in der Vor— woche. Clegringhouseumsatz 641 Millionen, gegen die entsprechende Woche des Voriahres 191 Millionen mehr.

Paris, 6 November. (W. T. B.) Ausweis der Bank von Frantreich: Gold in den . 3 957 563 009 (gegen die Vorwoche Zun. 356 000) Fr., Gold im Ausland 1 78 28 900 (unverändert Fr., Barvorrat in Silber 286 587 60 Abn. 1 931 O00) Fr., Guthaben beim amerffanischen Staata. schatz 621 600 000 (unverändert) Fr.. Guthaben im Ausland s47 699 090 (un, 87658 C00) Fr., vom Moratorium nicht betroffene Wechsel 1 395 324 O09 (Zun. 247 764 000) ö gestundete Wechsel bö0M 155 900 (Abn. 7 767 000) Fr. Vorschüsse auf Wertpapiere 301 946 099. (Zun. 6 784 060) Fr.. Vorschüsse an den Staat 5 50 000 9000 un. 200 00 000) Fr., Vorschüffe an Verbündete 3720 000 900 (Zun. 5 00 00) Fr., Notenumlauf 37 419 174 0090 Zun. 445 383 966) Fr. Schatzguthaben g1J 584 960 (Zun. 28 186 000 Fr., Privatguthaben 3 057 415 000 (Abn. 495 491 006 Fr.

Madrid, 3. November. (W. T. B.) Ausweis der Bank von Spanien vom 31. Oktober 1919 in Tausend Pefeias: Goid im Inland 2415 251 (gegen die Vorwoche Jun. 7, Goid im Aug. land 70 871 (Zun. 76), Barvorrat in Silber ufw. 635 593 (Zun. 2503), Wechselbestand 9975 344 (Jun. 7139), Lombard 668 351 Zun. 26 044), Wertpapiere 15 854 (Zun. 30823). Notenumlauf (Sun. w, Fremde Gelder 1213 920 UAbn. 6 815).

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Cöln, 8. November. (W. T. B) Devisenkurse. Englische Noten 146.69. Franzbsische Noten 3969,00, Belgische Noten 417 06, Holländische Noten 1350 00.

äten, 8. November. (W. T. B.) An der Börse kam nach der gestern ein getretenen Abschwächung unter dem Einfluß neuerlicher spekulativer Rückfkäufe und Deckungen sowie gefördert durch die in größerem Umfange eingetroffenen privaten Kaufaufträat eine Houße— simmung in verstärttem Maße zum Durchbruch. Sehr lebbaft ge— staltete sich der Verkehr in der Kusisse, namentlich in Staatsbahn und Alpine Montanaktsen. Auch auf allen anderen Gebieten herischte ein angeregtes Treiben bei sprunghaften Kurssteigerungen, die biz zum Schluß sich auf voller Höhe erhielten. Der er rniar blieb

vernachlässigt. An der Nachbörse stiegen Staatsbahnaktien bis 2323,

.