1919 / 264 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

mbete die Versammlung. (Hört! bört! lints. Meine Herren, wenn daz, was wir in der Presse lesen, richtig ist, dann kann ich nur sagen, daß diese Vorgänge nichts weiter bedeuten als die Wiederauf lLebung des Stoecker Rumm 23 Beginn der 90 er Jahre, garniert mit Handgranaten und Rexolvern. Wissen die Herren, die sich derartiges zuschulden kommen lassen, nicht, wie sehr sie dadurch Deutschland ver dem Auslande herabwärdigen?! (Sehr richtig! lints.) vielleicht in der bewußten Absicht, dadurch die diskreditieren? Aber nicht die Regierung wird dadurch diskreditiert, nicht die Republik, sondern die Herren diskreditieren sich selbst (sehr gut! links), und nicht zuletzt das ist das bedauerlichste diskreditieren sie dadurch das deutsche Volk. 266. richtis links. Wir werden uns kemühen, vor aller Welt den Beweis zu erbringen, da Rechtsstaat leben. Nur so werden wir das Ansehen Teutschlands vor dem Aus lande wieder herstellen können.

Meine Damen und Herten, ich wende mich eigentlichen Thema.

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damit zu meinem Arbeit der Regierung ist nach wie vor dadurch stark er— schwert, daß von rechts und links gegen sie Sturm gelaufen wird. Gestatten Sie mir, daß ich mich zunächst siber die Taktik und Po— litik der äußersten Rechte äußere und daß ich folgendes vorausschicke.

Vor einigen Wo ben hat der Vorsitzende der Deutschnationalen Volke partei an dieser Stelle ein großangelegtes Programm ent— worfen, das ihm geeignet schien. die Wiederherstellung der Ordnung in Preußen zu beschleunigen. Es mußte den Anschein erwecken, als ob die Darlegung dieses Programms ein Zeichen dafür sein solle, daß

die Drutschnalionalen aus ihrem Schmollwinkel, aus unfruchtbarer Opposition herausgehen und sich der Regierung zur Mitarbeit zur Ver— fügung stellen wollen. Ich alaube auch, daß Herr Hergt, der sehr wohl ein⸗

sieht, daß wir uns in dieser Situation nicht den Luxus zweier Oppositions⸗ parteien rechts ne ebe en denen von links erlauben können, eine solche Absicht nicht vollkommen fern gelegen hat. Aber das Echo, das seine Rede in der konservativen Presse und auf den Tagungen der verschiedenen Verbände der Partei fand, zeigte, wie irrig also die von den bürgerlichen Jeitungen geäußerte Ansicht war, daß ein Einlenken der Deutschnationalen in eine Aera positiver Mitarbeit bevorstände. Hert Hergt wurde auf dem Berliner Parteitage in brüsker Weise desavouiert, in einer Weise, die nur zu deutlich an die Ab— kanzlung des greisen Ado! ph Wagner nn ,, der sich auch einmal erlaubt hatte, anderer Meinung als die Masse der konser— vatipen Partei zu sein, weil er ihr an staatsmännischem Denken und an Erkenntnis polltischer Notwendigkeiten wie stets auch damals turmhoch überlegen war. Man. darf allerdings nicht verkennen, daß es auch in der Deutschnationalen Volkspartei zwei voneinander ziemlich ftark ö Strömungen gibt. Vor der Hand hat die laute und energische Agitation der Kreise, die das Abrücken von dem Hergtschen e ,, ,, durchgesetzt haben, die Oberhand (Heiterkeit rechts), Sie scheinen die Verhandlungen Ihrer eigenen Parteitage nicht zu kennen. (Erneute Heiterkeit rechts.. Und Sie scheinen Ihre eigene Parteipresse nicht zu lesen. Aber es ist doch wohl eine beträchtliche Anzahl von Männern innerhalb der Deutschnationalen Volkspartei vorhanden, die durchaus einsieht, daß die jetzige offizielle Politik der Deutschnationalen dem Volle und dem Staate viele dringend be nötigte Kräfte entzieht. Es würde durchaus gegen das Gebot politischer Gerechtigkeit verstoßen, wollte ich leugnen, daß in den Kreisen um die Deutschnationale Volkspartei herum und in ihr viele Männer stehen, die kraft ihrer Vorbildung, veiwaltungstechnischen Schulung und ihres starken Staatsgefühls bei der für den Aufbau des neuen Preußen zu vollbringenden Arbeit wert volle Arbeit leisten können. Der größte Teil der alten Beamten, der ja vielfach volitisch der äußersten Rechten nabesteht, arbeitet trotz der ver— änderten politischen Verhältnisse weiter, weil er einsieht, daß positive Aibeit zu leisten, heute dir erste Pflicht eines jeden Staatsbürgers ist (Sehr richtig! rechts,, und daß jeder sie dort zu vollbringen hat, wohin ihn Vorbildung und Befähigung gestellt hat.

Das aleiche gilt auch von demjenigen Teil des Offizierkorps, der sich zur Verfügung gestellt hat, um zusammen mit verdienstvollen neuen Offizieren, die aus dem Mannschaftestande hervorgegangen sind, den Unterbau unserer Reichswehr und unserer Sicherheitspolizei abzugeben. Das Vorbild dieser Männer sollte den sich in der Rolle einer lärmenden Opposition gefallenden Wortführern des radikalen Flügels der Deutschnationalen zeigen, wie man beute paterländische Arbeit leisten kann, obne doch Verrat an seiner politischen Üüber⸗ zeugung zu begehen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es war spaßhast zu sehen, wie die „Deutsche Tageszeitung“, die zuerst in einem auffällig vernünftigen Artikel durchblicken ließ, daß ihre Partei „zu einer die Oppositionsaufgaben zeitweilig zurückstellenden

Mitarbeit bei der Wiederherstellung von Arbeit und Ord— nung in Dentschland bereit sein will, wenn eine ge— eignete Grundlage dafür geschaffen würde“, ein raar Tage später schon, als die Deutschnationale Volkepartei

Herrn Hergt die kalte Schulter zeigte, schleunigst Angst vor ihrer eigenen Courage bekam, und sich zu erklären beeilte, daß das, was sie vorher gesagt hätte, nur auf eine „akademische Erörterung“ hin⸗

ausgekommen sei. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wenn man sich erinnert, wie., übereinstimmend ihr erster Artitel, überdies

im Zusammenhang mit der Hergtjchen Rede, als ballon d'essav für die An dahnung von engeren Beziehungen zur Regierung in der übrigen Presse gedeutet worden ist, fo muß die Schnelligkeit des Rückzugs doppelt grotesk wirken. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die rechtsstehende Presse, hat in der Zeit vor dem Kriege ständig in schärfster Fomm darauf hingewiesen, wie schädlich und gefährlich die sozialdemokratische . schon deshalb sei, weil sie grundsätzlich in der Opposition stehe, und alle die Kräfte, die in ihr und hinter ihr ständen, der Minen be an Reich und Staat entzöge. Und doch halte damals diese Opposition ihre Berechtigung. (Zurufe von der Deutschnationalen Volkspartei: Heute nicht ?) heute nicht! damals in einer Jeit, wo das ver— sönliche Regiment bekämpft werden mußte und wo eine konkrete Mit— arbeit an Gesetzgebung und Verwaltung schon deshalb für die Sozialdemokratie so erschwert war, weil alle Stellen im Ver⸗ waltungedienst vom ersten Diplomaten berunter bis zum letzten Kanzleidiener nach Möglichkeit nur mit Leuten besetzt wurden, die nicht im Verdacht standen, sich den Lurus einer freiheitlichen eigenen Meinung zu leisten. (Sehr wahr! bei den Sonaldemokraten.) Heute liegen die Dinge wesentlich andert. Wir sind ein nach fünf⸗ jähriger Übermenschlicher Kraftanstrengung in schmerzhafter Nerven-

u Ende der 80 er und zu

reaktion zusammengebrochenes Volk, dessen wirtschaftliche und politische Lage so schwierig ist, daß auf die Mitarbeit keiner Klasse, keiner Berufsgruppe, keiner Partei verzichtet werden kann, wenn der Wieder ·˖ aufbau gelingen soll.

Was tun aber unsere Deutschnationalen? Genau dasselbe, was te früher der Sozialdemokratie vorwarfen. (Sehr wahr! bei den So ialdemokraten. Die ‚Dentsche pan m et im Kampfe gegen eine Mitarbeit, schrieb im Anschluß an die Rede des Abgeordneten Hergt und an den ersten verhãltnismãs̃ig versönlich gehaltenen Artikel der ‚„Deutschen Tageszeitung“ mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit

„Wir möchten dazu grundsätzlich erklaren: die Deutschnationale Volkspartei hat in dem Augenblick ihre 2 ng der⸗ loren, in dem sie durch Mitarbeit das jetzige Sostem zu halten versucht.

(Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Meine Damen und Herren, in logischer Konsequenz dieses Satzes kann ich nur sagen, daß dann die Deutschnationale Volkspartei schon jetzt ibre Daseinsberechtigung verloren hat. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Das jetzige System, die Vereinigung der drei größten Parteien, stellt die überwiegende Mehrheit des preußi—= schen und deutschen Volkes dar. Eine grundlegende andene Konstellation ist nicht denkbar. Ein jeder Versuch der äußersten Linken, die Herrschaft an sich zu reißen, würde schon an der Unfähigkeit ihrer Führer zu jeder Realpolitrk (Heiterkeit), selbst wenn er äußerlich gelingen sollte, nach kurzer Zeit innerlich scheitern und gegen das Beginnen, uns wieder ein reakiionäres, ein monarchisches Regime aufzuzwingen, würde sich die ganz gewaltige Masse des Volkes mit einer Leidenschaft und einer Erbitte⸗ rung wehren, die angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre und Jahrzehnte nur zu erklärlich ist, (sehr wahr! bei den Sozialdemo⸗ kraten. Zurufe von der Deutschnationalen Volkspartei) mit einer Leidenschaft und Erbitterung, die die Herren auf der äußersten Rechten in ihrer mangelnden Kenntnis der Volksseele wohl noch unterschätzen; sonst würden sie sich schon heute darüber klar sein, daß ihre unent— wegten und von der Regierung selbstverständlich mit größter Auf- merksamkeit beobachteten Versuche, durch msige Wüblarbeit einen Um urz in ihrem Sinne vorzubereiten, von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

Eine Partei, die grundsätzlich einer Regierung, die die Mehrheit

des Volkes hinter sich hat, und die daher allein imstande ist. das Volk wieder aufwärtaweisende Straßen zu führen, jede Mitarbeit verweigert, besitzt eben in unserer Zeit keine Daseinsberech⸗ tigung. Wenn sie andauernd in der schärfsten Weise kxitisiert, sich aber nicht bereit erklärt, an Stelle der zersetz enden und frucht losen Kritik wirklich einmal gangbare Vorschläge dazu zu geben, wie man es besser machen soll; denn wenn sie, wo wirklich einmal ein Anjatz zu solchen Vorschlägen aus ibrer Mitte gemacht wird, sofort mit Entrüstungsschrei von dem Urheber abrückt, so muß ich sagen, daß sie kein Richt zu solcher Kritik besitzt. (Sobr richtig! links.) Nur wer arbeitet, nur wer lich selbst müht und schafft, um die furchtbare Last dteser Zeit für unser Volk zu mindern, nur der hat auch das gute Recht, Kritik da anzulegen, wo seiner Meinung nach falsche Mittel angewendet werden.

Diese Mitarbeit hat uns die Deutschnationale Volkspartei bisher verweigert und wird sie uns in nächster Zulunft, wie uns mit aller Deutlichkeit gesagt wird, auch weiterhin nicht leisten. Statt dessen setzt sie ihre ganze Tätigkeit für eine nicht nur negative, sondern im höchsten Grade schäbliche staats. und volksfeindliche Politik ein. (Sehr richtig! links.) Deutschnationale Volksparteiler sind es, die insbesondere auf dem flachen Lande in emsiger Arbeit die Landwirte und Bauern zur Obstruttion und zum Widerstande gegen die zur Sicherung der elementarsten Lebensbedürfnisse des Volkes erlassenen Bestimmungen aufzureizen suchen. (Sehr richtig! kei den Sozial— demokraten.)

Deutschnationale Volksparteiler sind es, die in die Reichswehr die monarchistische Propaganda hineintragen (sebr wahr!, die die xolitischen Gegensätze innerhalb der deutschen Studenienschaft auf das Unerträglichste veischärfen (sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten) und daran schuld sind, wenn heute an vielen unserer Universitäten, Hochschulen und hoheren Lebranstalten, nicht nur bei einem großen Teil der Lehrerschaft, sondern auch schon bei einem erheblichen Teil der akademischen Jugend und der Schul jugend ein künstlich erzeugter reaktionärer Geist herrscht, der auf das Schärfste mit dem Wesen einer gefunden Jugend kontrastiert, der widernatürlich ist, und der ür die Zukunft zu den schwersten Be⸗ fürchtungen Anlaß gibt. (Sehr richtig! links Lachen rechts.)

Und ein weiteres, meine Damen und Herren! Früher, als die sonialdemokratische Presse im schärfsten Gegensatz zur absolutistischen Politik des letzten Hohenzollernkaisers stand, als zeitweilig der Kampf der politischen Meinungen ungemein scharf und stürmisch war, hat doch immer die regierungsfeindliche Prefse in ihrer Politik sich eines Toneg bedient, wie ihn das Ansehen der deutschen Presse in der Welt erforderte. (Zuruf rechts: Donnerwetter! Lachen rechts. Zuruf rechts: Das ist aber neu!! Jawohl, meine Herren von der Rechten! Mit wenigen Ausnahmen war das der Fall. Aber was damals die Ausnahme war, ist heute die Regel geworden.

Sehr wahr! links.) Die Polemik der rechtsstehenden Presse gegen die Regierung ist heute auf einen Ton eingestellt, von dem hier ein⸗ mal offen und deutlich gesagt werden muß, daß er der deutschen PDresise unwstrdig ist. (Sehr wahr! links. Heiterkeit rechts.) Auch früher bekämpfte man den Gegner scharf, aber man befehdete in ihm die Weltanschauung, die er vertrat, und war sich darüber klar, daß auch im andern Lager ehrliche Männer ständen. Heute scheinen die Artikelschreiber in der deutschnationalen Presse sich über⸗ haupt nicht mehr an den Gedanken gewöhnen zu können, daß der Gegner, den sie zur Strecke bringen wellen, auch etwas anderes als ein Schurke sein könnte. Wo finden wir in den täglich haßerfüllter werdenden Angriffen der ‚„Deutschen Zeitung“ und der ihr geistes⸗ verwandten Presse, in den Wochenschriften und in den sogenannten Witzblättern nach dem Muster des zur Unterstützung der Politik der Rechten gegründeten Phosphor“, in denen ein unglaublich rüder Ton und die denkbar geschmacklosesten Karikaturen den ,, an Geist und Witz nur kümmerlich verdecken können, auch nur den Versuch zum Verstehenw ollen der Motive des volitischen Gegners und inkt— besondere der Regle rungöhandlungen? (Behr richtig! bei den Sozial demokraten Stets wird mit dem Knüppel dreingeschlagen, alle

Zeitung“ der

*

Handlungen der Regierung, mögen sie bezwecken, was sie wollen mag ihre Notwendigkeit noch so klar zutage liegen, werden lediglich auf Unfähigkeit, Dummheit oder Schurkerei zurückgeführt. Den Minister, meine Damen und Herren, möchte ich seben, der nicht schon als und Volksbetrüger in diesen Blättern beschimpft ist, dem nicht diese oder jene er⸗ fundenen Details aus seinem Privatleben vorgeworfen sind! Und ich muß es hier sagen, daß, wenn dieser widerwärtige Kampf, der das Ansehen Deutschlands im höchsten Grade schädigt, in dieser Weise weitergeht, die politischen Instinkte des Volkes unheilbar ver⸗ roht werden. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten. Zurufe rechts.) Außerdem aber muß, wenn jede Achtung vor dem Gegner . indet und ein Teil des Volkes den anderen fortwährend als Lügner und Lump bezeichnet, die Klust zwischen den einzelnen Gruppen der Bevpöllerung so groß werden, daß sie in Generationen nicht mehr zu überbrücken ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und den Deutschen Demokraten.)

Ich weiß wobl, daß nicht nur innerhalb der Mauern der Rechten gesündigt wird. (Aha! rechts.)

Oft genug ist es ja von Mitglledern der Regierung und von der bürgerlichen und der mehrheitssozialistischen Presse festgenagelt worden, wie überaus anfechtbar die journalistische Arbeit und wie abschreckend 10h die Sprache eines großen Teils der Presse der linksradikalen Partei ist. Aber wenn ich der Wabrbheit die Ehre geben soll, fo muß ich doch bekennen, daß heute eine ganze Anzahl von Blättern, die sich mit Stolz „national“ nennt, sich in bezug auf iournalistische Geschmacklosigkeit von Blättern wie „Freihein“ und die „Leipziger Volkszeitung“ auch nicht um einen Deut unterscheiden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten. Man kann hoffen, daß endlich einmal auch dat robusteste Leserpublikum es überdrüssig wird, sich in einer Zeit, wo wichtigeres zu tun ist, mit phrasenhaftem Schimpfen und Verleumden der politisch anders denkenden Volkskreise tagaus tagein füttern in lassen, und daß die im Volk sich allmäblich durchsetzende Erkenntnit von der Notwendigkeit einer versöbnlicheren inneren Politik jene Blätter schließlich wieder ihren Willen zu einer Aenderung ibrer Taktik zwingen wird. Eine ruhige Aufwärttentwicklung ist jedenfallt nur in einem Volke möglich, dessen politische Publizistik es nicht verlernt hat, auch in dem Gegner den ehrlich überzeugten und das Beste des Volkes wollenden Mann zu erblicken.

Meine Damen und Herren, in engster organischer Verbindung mit der monarchistischen und gegenrevolutionären Propaganda der Rechten steht die antisemitische Hetze (aha! rechts), die beute einen Umfang erreicht hat, daß keine Regierung, stehe sie an sich zur Judenfrage innerlich, wie sie sollte, ibr gegenüber urufe. Große Heiterkeit rechts) Sie werden nicht erwarten, daß ich auf solchke geschmacklosen Zwischenrufe antworte. Ich weiß nicht, von wem der Zwischenruf ausgeht. Der Herr wollte aber damit offenbar sagen, daß er zu denjenigen Minnern gehört, die ich vorhin als Schädiger des Vaterlandes charakterisiert habe. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Abg. v. Kardorff: der Ruf kam von der Regierungspartei Wenn er von Herrn Heß kam, dann gilt das, was ich eben gesagt habe, für Herrn Heß. (Pfusrufe und lebhafte Unruhe.)

Munisterpräsident Hirsch (fortfahrend): Ich bin aber über zeugt, daz seine Fraktion sein Verhalten nicht billigt. (Zuruf: Na. na! Abwarten! Ich sage also, daß die antisemitische Hetze beute einen Umfang erreicht hat, daß keine Regierung, stehe sie innerlich zur Judenfrage wie sie wolle, ihr gegenüber sich untätig verhalten darf, vorausgesetzt, daß sie für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung gewährleisten will. Ich brauche Ihnen diese enge, organische Verbindung nicht erft damit zu 6 daß an vielen Orten ich nenne nur dite Namen des Herrn Dr. Silber in Frankfurt a. M. und des Herrn Rittmeisterz v. Ramin die leitenden Perfönlichkeiten der deutschnationalen Volkevartei zugleich auch Vorstandsmitglieder oder Ortsgruppenvorsitzende des Ausschussen für Volksaufklärung eder des Deutschen Schutz. und Trutzbunden sind. Niemand, der die rechtsstehende Presse veifolgt, kann es ver⸗ borgen bleiben, daß man gerade bier in der denkbar schärfsten und aufreizendsten Weise tagein, tagaus die Gegensätze zwischen den juüdischen und den nichtjüdischen Staatsbürgern zu derschärfen sucht.

Man beruft sich in antisemitischen Kreisen dann, wenn auf die überaus gefährliche Art der antisemitischen Propaganda in Dentsch⸗ land hingewiesen wird, immer darauf, daß die politisch einst ju nehmende nationale Presse die Juden nur sachlich bekämpfe, und daß es lediglich die Radaupresse sei, die in allerdin 8s sehr kräftiger Art zu Gewalttätigkeit anreize. Ich halte diesen Hinweis für überaus demagogisch. Es kommt keinegwegs darauf an, daß direkt oder unverhüllt zu Gewalttätigkeiten aufgefordert wird; das Wesenilichste ist, daß ganz spstematisch von nabezu der gesamten rechtsstehenden Presse durch unablässige und überaus gehäjsige Polemik gegen die Juden mit absoluter Sicherheit eine Atmosphäre erzeugt wird, die so gewitterschwül ift, daß es auch ohne äußeren Anlaß einmal von selbst zu einer Erploston, zu einer Entladung des emsig zusammengetragenen Zündstoffegz kommen muß. (Sehr richtig! links. Aus diesem Grunde können auch die Blätter, die es mit großer Ent⸗= rüstung von sich weisen, daß sie etwa dazu auffordern, die Juden zu bopkottieren, totzuschlagen oder aus dem Lande zu jagen, nicht von der Schuld daran freigesprochen werden, daß wir uns in Deutschland an vielen Orten Zuständen zu nähern beginnen, die der jüdischen Be⸗ völkerung begründeten Anlaß zu lebhaster Beunruhigung geben. Ganz besonders frevelhaft erscheint mir die Propaganda, die unter der Jugend getrieben wird und die auch vor den untersten Schulklassen nicht haltmacht. Wenn es beispielsweise in einem Gymnasiunt ju cinem Schweigestreik gegen die jüdischen Schüler gekommen ist. (hört, hört) so ist das doch ein Jeichen dafür, daß die Verhetzung der jungen Generation ein ganz ungeheuerliches Maß erreicht hat. Wie sollen Volkskreise, die man schon in der Kindheit so gegen— einander aufwiegelt, später als erwachsene Staatsbürger jemals ein— trächtig zum Wohle des Vaterlandes zusammen arbeiten können!

Die antisemitischen Broschürene, *lugblätter , und Zelt⸗ schriftenliteratur ist heute Berge koch. Wenn ich nur einmal willkürlich h rausgreife, daß in einer Düsseldorfer Wochenschrift „Die freie Meinung“ mit dem fuaror tentonicus gedroht und darauf ingewiesen wird, daß man im Mittelalter als altes aber bewährteü Rezeyt die Juden einfach totgesch lagen habe, (hört! hört! bei den Sozialdemokraten), daß ferner in den he= rüchtigten Flugblättern des Deutschen Volkzrates det Bovkott ker

. Vügner

treiben ʒüérster Linie gewisse pathologische Instinkte maßgebend sind.

*

semitischer Flugblätter, die dit

ädischen Aerzte gefordert wird, weil ibnen eine dummdreiste Lüge der Falmud gebiete, Gesundheit und Leben der Nichtjuden ju schädigen, (hört, bört!) daß in anderen Flugblättein daz Märchen des Ritualmordes an christlichen Kindern wieder erneuert und mit

ö

dem Rufe nach Vernichtung und Tötung der Juden verbunden wird,

so zeigt das schon, daß es sich hier un Auswüchse einez 36 ha den der die Inquisition und die Dexenderbrennungen geboren hat, den wir aber im 20. Jahrhundert überwunden glaubten.

Ganz schweigen möchte ich hier von einer gewissen Sorte anti= Verhetzung unter dem Deckmantel serueller Minderwertigkeit der Juden in derart obszöner Weise be⸗ daß man manchmal schon nicht mehr weiß, ob hier nicht in (Oört! hört! bei den Sozialdemokraten.)

Ich verlasse damit das, was ich über die Herren auf der Rechten und die Antisemiten ju sagen habe und wende mich der äußersten Linken zu.

Genau so wie bei der rechtsstehenden Presse war biöher die ganze Taktik und Politik auch der linksradikalen Grnpren in äußerster Konsequenz darauf eingestellt, die Autorität der Regierung zu er— schäüttern und die Arbeitermassen glauben zu machen, daß die Männer, die ia der Regierung sitzen, und die selbst aus der Libeiterbewegung bervorgegangen sind, ihre sozialistijchen Ideale erraten haben (sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemo⸗ frtaten Wideispruch bei den Sozialdemokraten) und heute sogar die berechtigten Bestrebungen des Proletariats, sich durch legale wirischaft⸗ liche Kämpfe bessere Lebensbedingungen zu erringen, befehden. Ich glaube, ich brauche es an dieser Stelle nicht eist nech einmal mit aller Entschiedenheit zu betonen, daß wir sozial— emokratische Minister, und ich darf wohl sagen, darüber hinaus auch die übrigen Mitglieder der Staatsregierung das wirtschaftliche Streikrecht

der Arbeiterschaft nicht antasten kassen werden. ¶4Gustimmung bei den Sozialdemokraten.)

Es kann keinen Zweifel mehr darüber geben, daß, solange der Arbeitnehmer, der Mensch, der nichtz als seine „Arbeitsfraft“ besitzt, als der wirtschaftlich Schwächere dem Unternehmer gegenübersteht, ibm das Recht ver⸗ bleiben muß, durch Zusammenschluß und gemeinsames Handeln die Schwäche seiner Position gegenüber dem Arbeitgeber auszugleichen,

nnd jwar intbesondere da, wo ihm freiwillig nicht die Entlobnung

und die sonstigen Arbeitsbedingungen zugestanden werden, die wir in einem Zeitalier für notwendig balten, wo der Arbeiter nicht mehr Lohnsklave sein soll, nicht mehr ein durch staatliche Zurücksetzung und behördliche Bevormundung verbitterter Geaner der gegenwärtigen Etaat§form, sondern ein au ihrem freien Ausbau freudig mitschaffender Vollbürger.

Mit derselben Entschiedenheilt, mit der die Regierung das virtschaftliche Streikrecht tet Arbeiter wabren wird,

muß ie aber auch gegen die Streikpropaganda ankämpfen, die bestrebt

ist, jeden Funken einer Lohnstreitigkeit zur bellen Flamme anzufachen und alle von der besonnenen Masse der Aibelterschaft rein wirt⸗ schaftlich gedachten Bewegungen inz volitische Fahrwasser zu leiten. (Sehr richtig)

Was ist denn polirtischet Generalstreik? Letzten Endes doch nichts weiter als der zähe und erbitterte Kampf mit dem Endziel des Sturzes der Verfassung und der in ihr wutjelnden Regierung! Und was soll an veren Stelle

treten? Sehen Sie sich den täglich wirrer und tragi— komischer anmutenden Zwiespalt der Frogramme und der

Meinungen zur Taktik im radikalen Lager an! (Sehr richtig!)

Gehen Sie sich diese; gärende Chaos von unklaren Weltbeglückungt⸗

gelänge, auch nur für kurze Zeit die Oberhand zu gewinnen.

nachen.

lden (fehr richtig) und niedrigen brutalen Instinkten an, um schau— ernd zu erkennen, was uns erwarten würde, wenn es diesen Kreisen (Sehr richtig) Unsere bis aufs äußerste erschöpfte Volkswirtschaft, die see⸗ liche Zerrüttung und körperliche Schwächung unseres Volkes wäre nicht imstande zu ertragen, daß auch nur wenige Tage oder Wochen

jene unklaren Köpfe, die nicht einsehen wollen, daß das revolutionäre

Proletariat der übrigen Länder ihrer Parole nicht folgen wird, unsen unglückliches Land zum Gegenstande ihrer Verwaltungs experi mente (Sehr richtig)

Denn, meine Damen und Herren, das ist ja allen Strömungen

in der äußersten Linken, mögen sie aus dem Lager der Idealisten oder

äuz den Gruppen der Ehrgeizigen, Herrschsüchtigen oder der in krank— hafter Verirrung nur auf Vernichtung Sinnenden in das breite Bett dez Kommunismus und seiner Anhängsel rechts und links münden, temeinsam, daß die Männer, die sich von ihnen haben zur Oberfläche mvorfiagen laffen, völlig unfähig in realpolitischen Sinne sind

(sehr richtig h, daß sie entweder nicht im stande sind, zu ver—

stehen, oder es in verblendeter Hartnäckigkeit nicht einseben wollen, daß bas durch den Krieg vernichtete Lebensglück unserer Generation

nur allmählich und mähsam wieder aufgebaut werden kann, und auch

raubt Bolkeg für sich und für die nächsten kommenden Generationen jede

nur, wenn unt gelingt, unser Land mit einem beispiellosen Energieaufwand, mit der pflichtgetreuesten Arbeitsleistung des Bauern, des Unternehmers,. des Technikers, deg kaufmännischen und gewerb- lichen Angestellten und aller anderen Berufe wieder in die Maschen der Weltwirtschaft einzuflechten. Jede von volilischem Fanatismus und Unfähigkeit zur Erkenntnis der politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge diktierte Handlung, die das langsam wiederkehrende Vertrauen des Auslandes zu unserer wirtschaftlichen Kraft, zu der Zuverlässigkeit der Arbeitaleistung unserer Industrie vernichtet, schleudert ung nicht nur um viele Jahrzehnte in der wirtschaftlichen und zweifellog auch in der kulturellen Entwicklung zurück, sondern auch allen ehrlich zur Arbeit entschlossenen Kreisen unseres

Möglichkeit, aus einem unerträglich freudlosen und gedrückten Dasein wieder zu einer einigetmaßen menschenwürdigen Gxistenz aufzusteigen. (Sehr wahr! sehr richtig!

Giner der beiden großen Nationaldichter, deren in Weimar so oft gedacht wurde, Schiller, hat den heutigen Typ der Männer

auf der äußersten Linken des deutschen Volkes einmal in seinen philo⸗

sophischen Abhandlungen tteffend gekennzeichnet als Menschen, die, um einmal in weltenferner Zeit das Paradies auf Erden errichten zu können, kaltblütig das Lebensglück vieler leb nder Generationen ver⸗ nichten. (Zuruf des Aba. Adolph Hoffmann Unser Volt. ist

ür diefe Art der Menschenbeglt ckung nicht mn

Da ben. Eg ist nicht lätnßger gesonnen, sich den Phantasterelen ver—= rannter Jdeologen, hinter denen die Massen der duntlen und zu allem

entschlassenen Glemente zufammengeballt steht, zum Spfer bringen zu lassen, dann eßz weiß, daß, wenn überhaupt jemals ein paradlesischer Zustand auf Erden geschaffa werden kann, dies nur möglich ist durch stille und opferbereite Arbeit für die Allgemeinheit, fr Haus und Familie und an jedem einzelnen.

Der politische Generalstreit will, wie ich sagte, den Stur; der Verfassung und der in ihr wurzelnden Regierung. Und ich

deutete Ihnen an, wat er an diese Stelle setzen will. Meine Damen und Herren! Wir haben zu nnseren Aemtern das Mandat von det überwältigenden Masse des deutschen

Volkez, und wir können das Vertrauen nur dadurch lohnen, daß wir unser Land dader bewahren, ein Tollhaus nach russischem Mu ster tzu werden (L&ebhafier Beifall bei den Sozialdemokraten), ein Land, dessen zerschlagene Wirtschaftsfundamente es aus der Reihe der Nationen ausscheiden lassen müßten, die sich am friedlichen Kampfe um die Weltmärkte beteiligen. Wir verdienten, vom Volke mit Schimpf und Schande davongejagt zu werden, wenn wir nicht mit einer Festigkeit, die nut det Unverstand und die Kurzsichtigkeit brutal nennen kann, dort zupackten, wo man den vernichtenden Schlag gegen das Volk führen will. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir haben gerade jetzt schwere und ernste Tage hinter uns. Seit Monaten hatte die planmäßige Hetze der Kommunisten und des Flügels der Unabhängigen, den die Leiren Däumig, Richard

Müllet und Dr. Geyer allmählich ins fommunistische Lager hinüberzuführen suchen eine Heze, für die uns jabllose exakte Beweise aus jiemlich allen Gegenden des Landes vorliegen, darauf hin gearbeitet, die Wiederkehr des Re⸗

volutionstages zum Signal des Beginnes des großen politischen Kampfes zu machen, der das Staatsruder in ihre Hand bringen soll. Ueberall wurde dafür agitiert, am 7. Nopember den General⸗— streik zu entfesseln, von dem aus sich dann die Bewegung weiter nach genau vorgezeichneten Plänen entwickeln sollte. Zueirst sollte der Metallarbeiterstreik den willkommenen äußeren Anlaß bieten. Dann, als zur großen Enttäuschung der treibenden Kräfte hier die Einigung in allen wirtschaftlichen Fragen zustande kam, verloren die Heneralstreikagitato ren den Kopf. Sie taten etwas, was, wit der wenige Stunden später erfolg: e Rückzug der „Freihein“

deutlich zeigte, sie gereute, nämlich sie sprachen von dem nunmehr polttisch geworbenen Tampfen. Ein Streich, der nicht etwa desbalb bedauert wurde, weil man inner ich in plötzlich erwachter Vernunfte— regung von dem Gedanken deg politischen Streils abgerückt wäre, sondern weil man die Karten böchst unklug zu früb auf⸗ gedeckt hatte (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) und so all den Arbeitern, die ö. den radikalen Agitatoren folgten, weil sie glaubten, daß diese ihnen wirklich nur eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen La ö. erringen wollten, unfreiwillig zeigte, daß man sie nur für politische Zwecke hatte einfangen wollen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Die preußische Regierung, meine Damen und Herren, hat sich in voller Einmütigkeit all ihrer Mitglieder und in absoluter Ueber⸗ einstimmung mit der Reichsregierung, wie Sie wissen, entschlossen, von allen ihr zustehenden Machtmitteln Gebrauch zu machen, um den politischen Streik, der neues unendliches Elend über unsere Be⸗

völkerung gebracht hätte, im Keime zu ersticken. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten.) Die Institutionen, die die geistigen Urheber der Streikparole waren, wurden aufgelöst, in erster Linie der Voll⸗ zugsrat, der nach dem Austritt der Mehrheitssonialsten und Demo⸗ kraten nur noch ein Rumpfvarlament bildete und auch rechtlich nicht zur Vertretung der Arbeiterschaft Groß⸗Berling legi⸗ timiert war. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Erfreulicherweise haben diese Maßnahmen genügt, um von der Bevölkerung das Unglück fernzuhalten, dag ihr von den Propa“ gandisten des politischen Generalstreiks zugedacht war. Wir wissen, daß die Gefahr damit noch nicht endgültig beseitigt ist; aber wir sind, das können Sie uns glauben, 26 für die Zukunft auf dem Posten. Vor allem aber glauben wir, daß die Vorgänge der letzten Tage avßerordentlich lehrreich und für viele Kreise, die bisher mit den Radikalen mitgingen, er nüchternd gewirkt haben. (Sehr wahr! bei den Sozialdemo⸗ kraten und Deutschen Demokraten.) Es hat sich mit voller Deut⸗ lichkeit gezeigt, daß die Streikmüdigkeit, von der in letzter Zeit so oft die Nede war, wirklich vorhanden ist und daß die vernünftigen Elemente in der Arbeiterschaft heute ge— sonnen sind, sich mit aller Energie gegen den Terrorismus der äußersten Linken aufzulehnen und die Pläne der Männer zu durchkreuzen, die uns jetzt, wo sich endlich ein langsamer wirtschaft⸗ licher Wiederaufstieg anbahnt, in das Chaos zurückschleudern wollen. Wir wissen jetzt, daß die mehrheitssozialistische Arbeiterschaft zu⸗ sammen mit den demokratischen und den übrigen ruhigen Elementen (hört, hört! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten) durchaus im— stande ist, gegen den Frevel eines willkürlich vom Zaune gebrochenen politischen Generalstreiks anzukämpfen, und daß sich die Massen, die bitzher urteilslos hinter den radikalen Führern hbergelaufen sind, im Gefübl der beginnenden Einsicht dei Fruchtlosigkeit ihres Tuns zu verlaufen beginnen. Und daz ist gut so.

Meine Damen und Herren, ich habe nie daran gezweifelt, daß der Tag nicht mehr allzu fern ist, an dem der krankhafte Zustand,

in welchem sich ein großer Teil der deutschen Arbeiter befindet

durch einen Gesundungsprozeß abgelöst wird. Die Schuld an der verheerenden geistigen Volkskrankheit dieser Teile trägt ja nicht die menschliche Anlage unserer Arbeiterschaft, sondern einzig und allein das alte System (sebr richtig! bei den Sozial— demokraten Lachen rechts), das diese Menschen in den furchtbaren Krieg hineingehetzt hat. (Erneute lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten. Widerspruch und Unruhe techts.) Kein Kenner der Volksseele und kein historisch Geschulter konnte erwarten, daß Leute, die man fünf Jahre lang darauf dressiert hatte, ihnen unbe⸗ kannte Menschen, die ihnen nie etwas zu Leide getan haben, totzu—⸗ schlagen (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), daß Männer, die durch die grauenbaften Entbehrungen und seelischen Zermürbungen des Frontleben? und so vieler Schlachten gegangen waren, als die⸗ selben zurückkehren würden, wie sie ausgejogen waren. (Sehr richtig! bei den Soiialdemokraten.)

Einmal muß, meine Damen und Herren, so sagte ich, langsam die Wiedergesundung beginnen, und dann wird der deutsche Arbetter⸗ der sich vor dem Kriegt vie beste gewerkschaftliche Organisation der ganjen Welt geschaffen hat, der mit als erstee vie Notwendigkeit eins: Zusammenschlusseg Ver Arbeitertlasse zu Schutz und Trutz

erkannt hatte, auch wieder einsehen, daß das Ziel einer jeden Arbelterpolltit im neuen Preußen und Deutschland sein und bleiben muß, aus dem Zusftand des e ,, und der gegen⸗ seitigen haßerfüllten Befehdung heraus wieder zu elner . front der Arbeiterschaft zu kommen, (lebbafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten) zu einer Einheitsfront, die willens und fähig ist, Unser Land, fie selbst und ihre Familien aus dem Elend dieser Tage in bessere Jeijen zu bringen und ihren Kindern eine lichtere Zukunst zu erkämpfen. Eline solche Einheitsfront ist un besfiegbar, sie gewährleistet der Arbeiterschast die Monlichtait einer wirtschastlichen Aufwäctgentwicklung, die von niemandem auf⸗ gehalten werden kann, und sie gibt gleichzeitig das breiteste und tragfähigste Fundament ab, auf dem ein freies und organisch gesunden Prenßen und Deuischland sich weiterentwickeln kann. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

ZJZuversichtlicher denn je glaube ich trotz aller trüben Er⸗ fahrungen der letzten Monate, daß dieses Ziel 9 . so ferner Zeit erreicht werden kann, und es ist in der Hauptsache diese Hoffnung, die in den schweren Tagen den n, tischen Ministern noch den? Mu t gibt, auf ihren Posten auszuharren. 3 unerträglich, meine Damen und Herren, wäre der Gedanke, daß dies Zustand des Brudertrieges im Arbeiterlager, des ständigen Auf⸗d Lauer-Liegens einer großen Arbeiterpartei, die nur auf einen 3 der Unachtsamkeit drüben wartet, Macht vorzu⸗ stoßen, in Permanenz erklärt werden sollte. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

um mit bewaffneter

Nicht zuletzt grändet sich meine Hoffnung a uf eine Einigung der Arbeiterklasse in nicht zu ferner Zeit auch darauf, daß in den Reihen der Unabhängigen eine Anzahl pon führenden Männern sitzen, die in altsozialistischer Parteiditzivlin und Arbeit aufgewachsen sind und die es auf die Dauer mit ihrem , lichkeit gefühl gegenüber der Arbeiterklasse nicht vereinbaren könne efgehende Spaltung und der erbitterte Bruderkampt a, richtig! bei den Sozialdemokraten.) un die Elemente, die sich heute am wildesten gebärden und aufs scharfs te nicht nur gegen die Mehrhe te⸗ sozialisten hetzen, sondern auch gegen den rechten Flügel der Unab⸗ hängigen, der unter dem Einfluß des leider von Bubenhand er⸗ mordelen Huzo Haase stand? vielfach nicht alte sozialistische Arbeiter, sondern ehemalige Gelbe oder früher Unorganisierte. (Stürmische Zustimmung lints. Lachen in der Mitte und rechts.) Von diesen, denen der eigentliche Organisationsgedanke stets Henn war, ist nichts zu erwarten. Wohl aber so wiederhole ich von den alten, im Kampfe fär die Arbeiterklasse groß gewordenen Sozialisten; und ihnen gilt denn auch mein Mahnruf zur Besonuen⸗ heit. (Sehr gut bei dea Sozialdemokraten.)

Meine Damen und Herren, in dem Jahre, das seit Uebernahme der Regierungsgeschäfte durch die Sozialdemokraten verflossen ist, und in den 8 Monaten, während deren die heutige Regierung die Geschäfte des Staates besorgt, haben wir uns nach Kräften bemüht. Ruhe und Ordnung auftecht zu halten und den kianken Wirtschafts— kötper der Gesundung entgegenzuführen. Daß wir das uns gesteckte Ziel erreicht hätten, wagen wir elbst nicht zu bebaupten. (Sehr richtig! rechts.) Dau n war die zu bewältigende Arbeit zu riesengroß die sich anhäufenden Schwierigkeiten zu bergehech, das Wirtschaftt⸗ leben zu jerrüttet, die politische Erregung zu gewaltig, daß es irgendeiner Regierung, wie immer sie auch zusammengesetzt sei, möglich gewesen wäre, Preußen und Deutschland auch mit größter Kraftanstrengung wieder aus den Sumpf zu ziehen. (Sehr wahr! bei den Sozial demokraten. Aber daß wir von dem besten Bestreben beseelt ge⸗ wesen sind, das wird auch unser ärgster poltttscher Gegner nicht zu bestieiten wagen. Noch sind die Schwierigkeiten nicht überwunden; (sehr wahr! rechts) aber wir werden ihrer Herr , . weil wir ihrer Herr werden müssen, wenn das Land nicht völlig zugrunde gehen soll. (Allgemeine Zustimmung.,) Mögen die besonnenen Flemente im Volke sich zusammenscharen, mögen sie sich aufraffen, um Schulter an Schulter mit der Regierung für die Rettung des Vater landes zu kämpfen. Das ist das Gebot der Stunde; das ist die Pflicht eines . dem das Schicksal Deutschlands und Preußen dem sein eigenes Los, dem die Zukunft seiner Kinder und Kindestinder am Herzen liegt. (Lebhafter Beifall hei den Sozialdemokraten Rufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Vom Belagerungs⸗ zustand kein Worth)

Abg. Graef (D. Nat.): Die Lund bungen der jtutentif schen Jugenꝰ vor dem Reichstags gebäude lind getragen gemesen don dem Gefühl, daß der 1 marfchall Hir ben urg in der aller chrersten Zeit bis zum tz ten Augenblicke senn vatenandische Pflicht getan hat. Sehr richt e 1 ecktzs) Hat die eg erung etwa erwartet, daß diese Kund⸗ gebung zu Ehren der Drohtzieher des Üntersuckungsaus chu sf th e .

erfolgen sollen7? ( Stürmische Untezbreckungen und Sunne Das die von dem Minister erwähnte Versammlung der Deutschen Liga für

Völkerbund anbetrifft, 3 von Alldeu nchen gestört worden fern soll,

so hat doch gerade der Deutschnationale Laverrenz die Versammlung zu einer Kundgebung für unsexe armen Kriegsgefangenen gestaltet. Di

übrigen Angriff. des Ministerpräsidenten gegen . Partei sind

daß die ii (Sehr

Wer sind der

durchaus dehlac ert. Unsere Partei steht durckaus au dem Been es Hergtschen Ordnungsprogramms. Das hätte . der Minister

gus den Zeitungéberichten ersehen können. Ich bitte die Regierunn— diese V ahache jetzt freundlichst zur Kenntnis zu nehmen. Wir denken im übrigen nicht datan, die jetzige Regierung und ihre unmögliche Art zu regieren, zu unterstützen. Das Hexatsche Ordnungeprogramm will ja gerade den Weg weisen, wie wir aus diesem unhaltbaren System heraus fommen. Große därm.) Ich muß emti che den auch egen die Behauptung des Ministers Verwahrung einlegen, die Deutschnationalen trieben Obstruktion gegen die ! abe von Lebens. mitte n. Das entspricht absolut nicht den Tatsachen. Die Zunahme der deutschnanonalen Stimmen ist nicht auf Grund unsener Agitat on erfolgt, ist nicht unser Verdienst, sondern ist erfolgt durch die unmsg. liche Pol tik der Regierung, durch die wir jetzt in diesen elenden . stand hineingergten sind. Geher Lärm · Und Wide rspruch.

mimosenhafte Empfindlichkeit der jetzigen Regierung gegenü 1” Ten

Angriffen unserer Presse verstehe ich nicht. Der Müinister e , uns nh, einer Jußen ode hat g zu probozeren. Den Gefallen tun wir ihm . Obgleich die Regierung immer von Sparsamkeit redet, stehen ihre Taien im Gegen satz zu die er gerühmten Sparsamkeit. 1bsolut ie , aber ist die Art, über Mittel. die von uns gu einem l munten Zwecke berilligt sind, in anderer Weife zu verfügen. Der Minister Heine hat selbst. einmal zugegeben, daß das te preußische r,. das billigste war, das es jemals in der Welt gegeben . , Bennaltungsf⸗ tem kostet sehr viel Geld. Slaatskommiffar', die uberbaupt noch nickt die Sustimmung der Landerdversammlung erhalten haben, müsfen unbed legt verschwinden, . alle . K er forderlichen H nister a direktorstellen . ; Bestreben der Regigrung war, . Ver⸗

26 NMeglerung und dem Bar umend ust. ö ,. eiher solchen Verbindung 19 zu be⸗ . ker Auenwahl der Beamten wird mehr auf das partei-