2 . . , 5 verweise auf meine Rede vom letzten Sonnabend. Ich kann nichts
re * rv Merwn sIExeCBgrYSneIJgr ; Meng w 858 8 res tun. mein Abgeordneter seine Rede vom Se nnabend kö 26. ; r 1 ; ederholt, können Sie nicht von mir verlangen, daß ich wie ein b
(Sehr gut! bei den Mehrheits⸗
559 Mer 2 ** 5) J ellen.) Wenn es einem Abgeordneten s f J ö 9 6elen, so hat es ein . * h ́1— Y 21 1 onograph zu spielen.
— * ich Sie angegriffen?
6 ö * * — 6 6 nister doch nicht nötig, ebenfalls
(Abgeordneter Schiele: Seien wieder so unhöflich) — Ich soll Sie unhöflich behandeln? Deutschnatio nale Volkspartei trieft von Höflichkeit gegenüber dem Reichefinanzminister, er merkt es nur nicht. (Heiterkeit.) solgendes: Hätten Sie Ihren Bedenken irgend⸗ Tragweite geben wollen, dann wären Sie verpflichtet Weimar diese Bedenken bei der Verabschiedung des
Sie doch nicht Die
1”bringer geordneter Dr. v. Delbrück: Ist getan!)
Ich habe letzten Sonnabend, H Abgeordneter Dr. v. Delbrück,
. ö * re amm. 30 0 24 8344 2 2 9 c CX l ts derauf hingewiesen — ich bitte, das nachzulesen — daß Sie
in Weimar gelan hätten. Ich habe wiederholt, was ich in habe: das Haus ist damals über Ihre Bedenken zur Tagesordnung übergegangen. Das werden Sie mir nicht bestreiten,
53
T 11 ist Ei Faössache, 8 ist eine Tatsache.
Das Haus hat das Gesetz 1
vergöschiedet. Da berührt es doch eigenartig, daß Sie jetzt r ein Gesetz, das Gesetzes kraft hat, das wir aus rein technischen Gründen wiederholen — denn wir geben ja gar kein neues Gesetz —, daß Sie gegenüber der Wiederholung eines gültigen Gesetzes, das ich
er Umständen aus der ganzen Abgabenordnung streichen könnte —
würde dann doch bestehen bleiben —, jetzt in der dritten Lesung mit dem schweren Vorwurf kommen, daß es ein verfassungswidriges
Gesetz sei. 8 rechts: Sie gegen das Jesuitengesetz Jahre gekämpfth — Aber nicht mit so schlechten Argumenten. eiterkeit im Zentrum.) Meine Damen und Herren! Ich bin er⸗ it und überrascht, aber freudig überrnascht, daß die Deutschnationale Volkspartei sich zum Hüler der Reichsverfassung aufwirft und hier ansten der Reichsberfassung spricht. Das ist ein sehr großer (gewinn, da die Herren bisher die ganze Reichsverfassung verworfen bäaßen lsehr richtig! bei den Mehrheitsparteien), nicht nur abgelehnt en, sondern mit allen Mitteln für den Umsturz der Reichsverfassung känpfen. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien. — Lachen rechts.) Qarum freut es mich, daß sie jetzt auf einmal sich zum Hüter der teichsberfassung aufwerfen. Nun werden Sie mir als langjährigem elitiker nicht verübeln, wenn ich die drei Worte daran knüpfe: rau, schau, wem! (Heiterkeit, Die Reichsabgabenordnung bringt in ner Weise eine Verletzung der Reichsberfassung. Artikel 14 der Reiche verfassung ausdrücklich: Die Reichsgesetze werder durch Tandesgesetze ausgeführt, soweit nicht durch Reichsgesetz ein anderes bestimmt wird. Nun habe ich Ihnen am Sonnabend und in Heimar dargelegt, daß eben durch die Reichsabgabenordnung ein gauderes bestimmh sinngemäße Ausführung des Artikels 14 der Re zerfassung hier vorliegt. Auch Artikel 8. hindert Weise die Verabschiedung der Reichsabgabenordnung im nicht verfassungändernden Gesetzes. Denn nur Fürsorge für den Fall, daß die Reichsgesetz⸗ gebung eben nicht die Reichssteuerverwaltung von Reichs wegen aus regelt. Dann legt sie der Reichsverwaltung gewisse Pflichten auf, welche Gesetze in kürzester Zeit der Nationalversammlung zur Autz⸗
führung der Reichsverfassung unterbreitet werden D
5 uruf
haben
bestimmt
66 1 . ird und daß damit die
f müssen. Die Reichsregierung ist nicht den Weg des Artikels 84 gegangen, sondern sie ist den Weg des Artikels 14 gegangen, und es ist geradezu unhalt⸗
f bar, nun der Reichspermwallung einen Vorwurf zu machen und zu sagen: weil ihr den Weg des Artikels 14 gegangen seid und nicht den subsidären Weg des Artikels 84, deshalb liegt eine Reichsverfassungs⸗
perletzung hier vor.
wirklich nicht verstehen kann, wie es einem Mann mit einfachem Menschenverstand nicht möglich ist, diesen Weg zu gehen. Es müssen dech andere Gründe dafür vorliegen, daß man mit solchen Vorwürfen komnit, wie: man hätte sich „skrupellos“ über die Reichsverfassung hinweggesetzt. Ich verbitte mix einen solchen Vorwurf mit aller Entschiedenheit. (Sehr gut! bei den Mehrheitsparteien) Wir als Reichsminister haben die erste Aufgabe, die Reichsverfassung zu ver⸗ tedigen gegen jeden Angriff. (Z;aruf rechts — Sie haben das Recht, darauf aufmerksam zu machen, daß Sie glauben, daß hier eine Ver—⸗
fassungsverletzung vorliegt, aber Sie haben nicht das Recht zu sagen, über die Reichsver—
daß der Reichsfinanzminister sich „skrupellos“
fassung hinwegsetzt, wie das der Herr Vorredner getan hat. (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien) Aber weiter noch. Auf den Artikel 41 resp. 45 gehe ich nicht ein. Der. Artikel 46 des Gesetzes, daz wir in Weimar über die Reichsfinan werwaltung erlassen haben, wird in der nächsten Woche, wenn das Landessteuergesetz Ihnen unter⸗ breitet wird, eine eingehende Erörterung hervorrufen. Bestimmung, die dort aufgenommen worden ist, daß der Artikel 46 nicht abgeändert werden könne, ohne die Voraussetzungen eines ver— fassungändernden Gesetzes erfüllt zu haben, steht nicht im Wider— spruch mit der Reichsverfassung. Davon haben Sie in Weimar nichts gesegt. (Zuruf rechts) — Artikel 46 nicht. Sie haben gegen die ganze Abgabenordnung gestimmt. (Zuruf rechts.) — Gut, dann sage ich das eine: Er steht nicht im Widerspruch damit, es ist eine Lücke hier in der Reichsversassung, die von Fall zu Fall ausgefüllt werden
Aber auch die
muß. Und wenn das hohe Haus eine selche Lücke ausfüllt, so ist da⸗
mit nicht eine Abänderung der Reichsbersassung gegeben, sondern eine Bestimmung von Fall zu Fall, die im Wege der einfachen Gesetz⸗ gebung erlassen werden kann.
Damit könnte ich mich begnügen. Der Vorredner hat aber nun eine ganze Reihe von Bemängelungen an der Finanzpolitik des Reiches im allgemeinen hier vorgetragen. Ich folge ihm heute nicht. Auf— geschoben ist nichl aufgehoben. In nächster Woche treten wir in die Göeneraldebatte über das Reichseinkommensteuergesetz und über das Londessteuergesetz ein. Da wird sich sehr reichlich Gelegenheit bieten, um über diese Frage eine eingehende Aussprache zu halten. Aher einige Punkte muß ich doch schon hene zurückweisen.
Der Vortkdaet sagte: dadurch, daß einzelstagtliche Finanznn nister aleichzei dg zu Landeefi nanzamtsprefibenten ernannt worden sind, sei eint unge hörige Brirmischung varschiedener Aufgaben erkolgt. Ich hätte wii Geelen — * ging sogar noch weiter — zwei Gewissen der⸗ schiedener Konstruktion mit perschiedenen Tendenzen und verschiedenen Pflichten in einen Menschen hineingelegt. Ich hätte das getan, nur um über diese Finanzminister Herr zu werden. Er hat, als er wohl zweifellos die Schwäche dieser Begründung eingesehen hat, sich quf
— ——
—
—— — — — —
3
I.
H 7
die Heilige Schrift gestützt und bat sogar gesagk, niemand könne
zweien Herren dienen“. Das ist richtig; der letzte Satz ist zweifellos wahr, und ich wünsche dem Herrn Abgeordneten Düringer nur, daß er in seinem ganzen politischen Verhalten nie dazu kommt, zu
Herren zu dienen. Ich verwahre mich aber dagegen, daß die Finanz⸗
minister der Einzelstaaten, welche gleichzeitig Präsidenten der Landes finan ämter sind, von Berufs wegen verpflichtet werden, zwei Herren zu dienen. Da zeigt sich ganz klar die rückständige Auffassung, in der (Lachen rechts) Wem soll der Finanzminister des Einzelstaates und wem soll der Landesfinan amtspräsident dienen?
a Nur einem Herrn: dem deutschen Volke! (Sehr richtig! bei den
e . J. 12 Sie überhaupt leben.
Mehrheitsparteien,. Sie konstruieren aber immer noch, als ob ein
Gegensatz zwischen den Interessen des iches und den sen
Länder sein könnte. Das ist die jahrzehntelange Politik, die Sie
getrieben haben, — das gebe ich Ihnen zu. Die Entwicklung aber
führt dazu und hat bereits dazu geführt, daß ein solcher Interessen ; ö
ensatz zwischen Reich und Land überhaupt nicht mehr bestehen kann h besteht. (Zuruf rechts: Wozu ist der Reichsrat?) — nicht dafür da, um einen Interessengegensatz im
af . ,, 6 ö schaffen, sondern um die berechtigten Interessen 1
Zurufe rechts.) Diese
Der Reic 3 deutschen der einzelnen Länder
r. RT
ubringen. (ebhafte
5 13 6 den Vorlagen, wie Sie
16 96 1 1 ö aber ihr
Interessen finden en Ausgleich in Ihnen unterbreitet sind. Es ist also ein Interessengegensatz zwischen der Stellung eines Finanzamtspräsidenten urd eines Landesfinanz— ninisters t vorhanden, und es ist eine ganz künstliche Deduktion, einen solchen Gegensatz überhaupt zu sch Heute kann es sich nicht darum handeln, die Frage zu stellen: existiert das einzelne Land oder existiert das Deutsche Reich? — sondern es kann sich nur um die Lösung der Frage handeln: das D he Reich und alle seine Länder müssen für die Zukunft existieren. Wer hier von Interessen⸗ ze cht, der läßt es von vornherein an dem guten Willen s 1
Wenn
en, die große schwierige Finanzaufgabe überhaupt zu lösen. einen Interessengegensatz zwischen Kommune, dann wäre das große Problem über⸗ upt nicht zu lösen. Der Steuerzahler weiß am allerbe ihm ganz gleichgülti ; 5 zahlt, daß in Wirklichkeit ein solcher überhaupt nicht bestehen kann. Die Steuerpolitik der Vergangenheit hat aller⸗ dings solche Interessengegesätze viel schärfer gesch affen, als es aus der Natur der Dinge überhaupt notwendig war. Man hat darüber ge⸗ stritten, ob die direklen Steuern dem Reich, die indirekten den Ländern oder die indirekten dem Reich und die direkten den Ländern gehören sollen. Es war aber nach der Natur der Sache vollkommen falsch, solche Gegensätze überhaupt zu vertiefen; denn der Kernpunkt für Land und Reich ist nicht darin geleg b durch direkte oder indirekte Steuern das Geld aufgebracht wind, — öffentliche Körperschaft sobiel Einnahmen erhält, daß sie überhaupt leben und ihre großen Aufgaben erfüllen kann. Die (künstliche Scheidung der direkten und indirekten Steuern zwischen Reich und Land, habe ich allerdings über Bord geworfen. Wenn Sie daran festhalten wollen, dann würden Interessengegensätze entstehen können. Die Entwicklung ist darüber hinweggegangen. Die Steuern müssen als eine einzige große Gemeinschaft angesehen werden, und daraus
Finanzreform qu
7 und Reich aufbauen will,
4
ten, da es Gemeinde be⸗
.
s . 5 Sor ob er für Reich, Land oder
Interessengegensatz
.
gen, ob
j d sondern das jede d
wird den einzelnen Körperschaften zugewiesen, was jede zur Fristung
ihres Lebens überhaupt. bedarf. Darum existiert ein solcher Gegensatz überhaupt nicht.
Auf eine Reihe von anderen Bemerkungen des Herrn Vorredners gehe ich nicht ein. Wenn ich mich schon gewundert habe, daß der Herr Vorredner sich als Schützer der Reichsverfassung hier einführt, so hat es mich eigentlich noch mehr gewundert, daß er sich als Retter der Sozialisten empfohlen hat. Denn er hat der äußersten Linken vorgehalten, wenn sie die jetzige Steuervolltik weitermachen, dann gehe es auch mit dem Sozialismus zugrunde. Es fehlte nur noch, daß der Herr Vorredner seinen Beitritt zur sozienldemokratischen Fraktion anmeldete. (Zurufe rechts.) — Gewiß Sie von der Rechten sind hier aufgetreten und haben der Soze demokratie erklärt: wenn ihr mit der Besteuerung so weitermacht, dann wird auch der Sozialis⸗ mus zu Grunde gehen! Meine Herren, das habe ich den Sozial⸗ demokraten weder im Reichsiag noch im Kabinett gesagt, da ich die Sozialdemokraten für klug genug halte, daß sie ihre eigen
fa,, Partei⸗
161
2 *
interessen und ⸗Forderungen allein vertrelen können. (Zurufe rechts.)
ver Ce . ; X 2acCT: * Der Herr Vorredner hat der Reichsfinanzverwaltung auch vor⸗
geworsen, daß sie „unmoralisch“ handle. Er hat diesen Vorwurf zu begründen versucht mit der Sparprämienanleihe. durchaus fern, die Sparprämienanleihe jetzt eingehend verteidigen zu wollen; aber ich richte die Frage an den Herrn Vorredner: glaubt er, en. Interessen des deutschen Volkes zu nützen, wenn er im jetzigen un . ö , m , ; , . 4M Ie e, d,, , , . ) yr gut! Zentrum und links), und glaubt er, damit ein gutes Werk für unsere Reichsfinanzen zu tun? Zuruf aus dem Zentrum) — Ich glaube, der Vertreter der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei hat sich in der Kommission enthalten, ich weiß es nicht genau. — Ich frage nur: glaubt der Herr Abgeordnete Düringer den Interessen des deutschen Volkes, den Interessen der deutschen Finanzen zu nützen, wenn er in diesem Augenblick, wo die Anleihe zur Zeichnung ausliegt, sie als unmoralisch betrachtet? Aber ich sage das eine: Kehren Sie (nach rechts) erst vor Ihrer eigenen Tür; wenn Sie immer so moralisch gewesen wären auf dem Gebiete der Lotterie, so hätten Sie ein Recht der Anklage. Aber waren Sie es denn? Ich erinnere nur an den Totalifator. (Sehr richtig! im Zentrum und links) Waren es nicht die Vertreter der Rechten, die uns immer im Reichstag gesagt haben: den Totalisator und die Wetten müßt Ihr unbedingt zulassen zur Hebung der Pferdezucht? (Heiterkeit links) Dann hat man prachtwolle Reden gehalten, ich erinnere mich — es war 19035 oder 1904, ich war damals noch ein junger Abgeordneler — wie Herr von Podbielski, weil wir jungen Abgeordneten, die wir von der Provinz kamen, nicht verstanden, was ein Totalisator war — auch der Herr Abgeordnete Singer hat es nicht richtig verstanden —, uns eine Maschine hat kommen lassen und um den Tisch in dem Budgetkommissionszimmer herumgesprungen ist, um die Sache zu veranschaulichen. (Große Heiterkeit im Zentrum und links.) Wir haben eine große Freude an der Sache gehabt. Gine gane Neihe don konserdativen und freikonsewatiben Abgeordneten — ich erinnere nur an Herrn v. Oertzen, den Vorstand des Union klubs — immer wieder hier dafür eingetreten sind (Zurufe rechts: auch Zentrumsabgeordnete) — warten Sie doch! — ich sage, Herr . Oertzen und eine ganze Reihe konservatipver Abgeordneter sind immer dafür eingetreten und haben erklärt: die Pferdezucht mit allem,
was für die Kaballerie und den Meldereitertienst notwendig sei,
Es liegt mir
————— —
— ——
—
werde elend in Deutschland zu schanden, wenn man nicht den Totali⸗ sator habe und Prämien für die Pferdezucht gebe. (Zurufe rechts.) — Wir haben uns auch vom Zentrum dem nicht verschlossen, wir haben dafür gestimmt. Guruf rechts: Der Abgeordnete Becker (Cöln) hat dasselbe gesagt! — Gewiß, mache hieraus keinen Vorwurf, ich mache nur einen Vorwurf, wenn Se jetzt auf einmal die Moralischen spielen wollen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten Und
welche Parteien waren dagegen? Es waren die Sozialdemok die damals erklärt haben, wenn man Geld für die Pfe
*
braucht, solle man es aus Reichs- und Landesmitteln zur Verfügune stellen. Also hätten die Sozialdemokr
Lotterie aufzutreten, aber nicht Sie,
haben. (Zurufe e z gewesen; ja natürlich ist Ihnen wohl die Hebung der Pferde wichtiger als die Hebung unseres ganzen deutschen Volkes.
wahr! im Zentrum und links. — Zurufe rechts) — Weiter, wer hat denn die Königlich Preußische Klassenlotterie eingeführt? Doch der alte konservative preußische Staat. Wer ist damals eingetreten für die
rechts.)
große Lotterie für die Schloßfreiheit? Leute von Ihrer Seite (nach rechts). Wer tritt dafür ein, daß Lotterien für Kirchenbauten bewilligt werden — ich bin nicht dagegen, ich genehmige, was ich kann? Das
sind konservative Leute, deutschnationale Leute, die heute noch zu
mir kommen und sagen: helfen Sie doch mit, daß diese und diese Kirchenbaulotterie, diese und diese Lotterie usw. durchgeht. Ich sage, soweit ich es machen bann, helfe ich mit. Warum? — Weil ich sage: bei der Lage der Verhältnisse, wie sie heute ist, muß man auch ver⸗ suchen, auf diese Weise gewisse Zwecke zu fördern. Also, wenn das der Fall ist — und das können Sie nicht bestreiten — wie können Sie jetzt sagen, wo das Reich dasselbe macht, was früher gemacht worden ist: es ist unmoralisch und verwerflich in hohem Maße! Das ist ein Messen mit zweierlei Maß, wie es uns bei Ihrer Kritik ja jeden Tag begegnet. (Unruhe und Zurtufe rechts) Ich habe keine Angst vor der Kritik, dazu ist man doch zu lange im Parlament. kennen uns auch zu gut, um zu wissen, welchen Wert das hat. (Er⸗ neute Zurufe rechts.) — Ich bin ein sehr höflicher Mann. Eachen rechts) Wenn ich das nicht wäre, möchte. ich mal hören, was Sie dann sagen würden. (Lebhafte Zwischenrufe rechts — Nein, das sind Werturteile; die müssen Sie einstweilen lassen. Sachen rechts. — Glocke des Präsidenten.) ö
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Der Herr
Vorredner hat gegen die Reichsabgabenordnung angeführt, sie fördere
den Einheitsstaat. Das akzeptiere ich. Das ist aber nicht gegen die Reichsverfassung, sondern liegt in der Ausführung der Reichs- verfassung, und es ist notwendig, um das deutsche Volk wieder ge— sunden zu lassen und es einer besseren Zukunft entgegenzuführen. Ich unterstreiche das und betone, daß mit der Zentralisation in der Aus— führung die weilgehendste Dezentralisation verbunden werden soll.
Das hahe ich praktisch getan, während es der Herr Vorredner wiederum
bekämpft. Mit der Reichsverfassung steht die Reichsabgabenordnung
in gar keinem Wiberspruch, sondern sie ist die konsequente Ausführung
des Artikels 14 der Reichsverfassung. Darum bitte ich, unter Ab⸗ lehnung der Anträge der Deutschnationalen Partei, die Abgabenordnung genehmigen zu wollen. Cebhafter Beifall bei den Mehrheits—, parteien. — Zischen rechts.)
Im weiteren Verlaufe dieser Beratung nahm der Reichs⸗
min ister der Finanzen Erzberger nochmals das Wort und erklärte; U
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete von Del⸗
brück war im Irrtum, wenn er meinte, der Reichsfinanz⸗ minister und — ich darf das auch sagen namens der Mehrheitzparteien — die Mehrheitsparteien machten der Deutschnationalen Volkspartei einen Vomurf daraus, daß sie das
o
Gesetz ablehnen. Das fällt dem Reichsfinanzminister absolut nicht ein. Woraus wir aber der Deutschnationalen Volkspartei einen Vor- wurf machen, ist die Art und Weise, wie sie ihre ablehnende Haltung zu begründen versucht hat. (-Sehr richtigl im Zentrum und bei den Sozialdemokraten) Darauf habe ich mir gestattet, mit aller Deut lichkeit und Entschiedenheit hlnzuweisen, wie wenig stichhaltig diese Gründe sind und wie sie im Widerspruch stehen mit dem eigenen Ver⸗ halten der Deutschnationalen Volkspartei und ihrer politischen Amts vorgänger. Dafür habe ich den historischen Beweis erbracht, dazu nehme ich das gute Recht für mich in Anspruch, unbekümmert darum, ob es dem Herrn Abgeordneten von Delbrück angenehm ist, mit mir zu debattieren oder nicht.
Der Herr Abgeordnete von Delbrück hat sich über den Ton be— schwert, den ich angeschlagen habe. Ich kann dem Herrn Abgeordneten von Delbrück nur anheimgeben, auf seine aufgeregten Fraktionskollegen dahin einzuwirken, daß sis sich künftig während meiner Reden anders verhalten als bisher. (Sehr richtig! im Zentrum und links.) Wer, raie ich, das Vergnügen hat, die Zwischenrufe zu hören, die uns jeden Tag hier entgegenhallen, wird wissen, wie wir dieses Verhalten zu charakterisieren haben. (Zurufe rechts) Ja, ich habe zuerst von politischer Heuchelel gesprochen (Zurufe rechts: Alsol und halte diesen Vorwurf aufrecht. (Geneute Zurufe rechts) Ich heweise auch diesen Vorwurf. Ich habe dies bewiesen mit Ihrer Haltung bei der Spanrprämienanleihe, mit dem Verhalten der konsewativen Partei beim Totalisator, bei der Preußischen Klassenlotterie und bei der
servatiben Partei zu tun?) Ich mache Ihnen gar keinen Vorwurk, sondern ich wehre mich dagegen, daß Sie uns Vorwürfe machen. Da verschieben Sie auf einmal den Standpunkt, als ob wir die Angreifer gewesen wären. (Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.)
richtig! bei den Mehrheitsparteien; Lachen rechts) Nach dem Ver—
in Berlin, das durch die Presse bekannt geworden ist, erübrigt es sich,
heitgparteien) Die Taten richten Sie selber. (Zuruf rechts: Was hat er denn gemacht?) Ich will die Debatte damit nicht aufhalten. (Zwischentufe rechts. — Glocke des Präsidenten.) =
Wenn der Herr Abgeordnete Dr. v. Delbrück die Rede des Herrn Abgeordneten Duringer angehört hätte, hätte er zu diesen Behauptungen nicht kommen können. AB ĩ sachlich gesprochen. Der Herr Abgeordnete Düringer hat gesagt: der Herr Reichsfinanzminister setzt sich „skrupellos“ über die Reichsber—
fassung hinweg. Hätte der Herr Abgeownete Düringer gesagt: der
setze mich skrupelloz über die Reichs mich dagegen. Behauptung des Abgeordneten Düringer war die, daß meine Politik „unmoralisch“ sei. Darauf habe ich ihm aus der Vergangenheit der Rechtsparteien nach ⸗ gewiesen, daß sie früher selber Förderer und habe daran die Frage . im Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! mung bei den Mehrheitsparteien; Unruhe und Zurufe rechts) Ich Habe Ihnen keinen Vorwur ö eingetreten sind. Recht ab, Vorwürfe ein genau so gehandelt haben wie ich heute messen. Diese Rede veranlaßt. Ich habe
gesagt: das kann man nicht, — dann dürfen Sie aber von mir nicht daß die Reichsabgabenordnung mit der Verfassung in stehe. Ich will nochmals feststellen: nach Art. 14 kann von einer Verletzung der Reichsverfassung keine Rede sein, wenn wir die Reichs. abgabenordnung hier annehmen.
mir der Herr Abgeordnete v. Graefe zu: geht auf den Katholiken Erzberger!
Wir
Schloßfreiheit⸗Lotierie. (Zuruf rechts: Was haben wir mit der Kon-
Ich will mich auch mit den Herren der Deutschnationalen Partei über den Geschmack und die gute Erziehung nicht streiten. (Sehr
halten eines Ihrer Kollegen, des Abgeordneten Laverrenz, kürzlich hier
darüber ein Wort zu sagen. (Wiederholte Zustimmung bei den Mehr⸗
4 16 * 1 Der Herr Abgeordnete Düringer hat acht.
Abgeordnete Errberger verletzt die VerfWssung! — das wäre eine objektive Behauptung gewesen! Wenn man
; . a mir aber vorwirft, ich erfassung hinweg, dann wehre ich (Sehr richtig! bei den Mehrheitsparteien) Die zweite
Dabei hat er die Spar⸗Prämienanleihe angeführt.
der Lotterie gewesen seien, geknüpft, cb das auch unmoralisch ist. Wer Tebhafte Zustim ⸗ daß Sie früher für die Lotterie Aber ich spreche Ihnen das ier Sache, in der Sie früher und jetzt mit zweierlei Maß Behauptungen haben mich zu meiner scharfen] nichts davon abzustreichen.
Delbrück hat wiederum
r Das tue ich
zu machen in zwei
r* g I Rar brot we. Der Abgeordnete Dr. v. .
.
—
ehauptung vorbrünge,
Widerspruch .
D rith
2 * Saß ch . . 84 C XE. R eillangen, daß ich neue Gründe gegen Ihre B
M ruft
* Das
Iyg
(Zwischenrufe rechts — Da Roma locuta est! (Lebhafte Justimmung und Un—
.
ruhe im Zentrum.)
Der Herr Abgeordnete v. Delbrück hat dann noch gegen zwei Behauptungen Stellung genommen. Er hat gesagt, ich hätte mich dazu hinreißen lassen, zu sagen, daß in gewissen Tandesteilen des preußischen Staates, in welchen jetzt die Neigung besteht, von Preußen
wegzugehen, Preußen mit Brutalität und Gewalt regiert hätte, und
hat behauptet, daß dies falsch sei. Herr v. Delbrück, ich hätte micht erwartet, daß Sie ein solch schlechter Kenner der Geschichte Preußens sind! Ich stelle die Behauptung auf und kann sie jeden Tag be— weisen, daß der alte preußische Staat in diesen Gebieten mit Bru⸗ zalität und Gewalt regiert hat. War es keine Brutalität und Gewalt, als Sie das Ansiedlungs verbot und das Enteignungsgesetz noch im 20. Jahrhundert für Preußen erlassen haben? (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteien, Wie haben Sie Grundbegriffe des Eigen⸗ tums im preußischen Landtage und Herrenhause angetastet! (Zuruf rechts) — Die Demokraten sollen im Landtage für das Enteignungs⸗ gesetz gestmmt haben?! Das ist mir ganz neu! Ich will aber auf diese Auseinandersetzung nicht eingehen. Ich begnüge mich mit Tat⸗ sachen. — War es nicht Brutalität, als Sie das große Volksschul⸗ gesetz anno 1906 schufen und sagten: daß gilt für alle preußischen Landesteile, nur für Posen und Westpreußen nicht. Da haben wir
8 . 9. 23 ĩ 1 5 0 475 1 1 Schulen nit 2 Kindern und mehr gehabt während sonst, nur oo Notlage, die von einer anderen Stelle leider nicht behoben wird.
Kinder auf eine Klasse kommen. Wie haben Sie die Schulen in einem Teile Preußens kulturell niedergehalten!
War es nicht Brutalität, als Sie jede Ansiedlung daselbft ver— boten haben? (Erneute Zustimmung bei den Mehrheitspar teien) Meine Herren, ich habe mehrere Jahre vor dem Kriege in der Haupt⸗ stadt eines anderen Landes, daß ich hier nicht nennen will, geweilt und dort gesehen, welche Agitation da getrieben wurde, wie Sie Ihre An= siedlungsberbote erlassen haben. Da wurde in der Hauptstadt des betreffenden Landes ein großer Karren herumgefahren, eine Art Schäferkarren, wie man sie in meiner Heimat hat, mit vier Rädern und einer Art Hundehütte darauf, daran ein großes Plakat: So werden die polnischen Bürger im preußischen Staat behandell. (Lebhafte Zu⸗ rufe rechts) — Es kommt eines nach dem andern!
Ist es keine Brutalität gewesen, wenn man jahrzehntelang, um
nicht zu sagen, jahrhundertelang, in einem Gebiet wie Oberschlesien tatsächlich systematisch keinen Beamten aus diesem Gebiet genommen hat, wenn es nur von Fremden regiert wurde? Wenn Sie dafür kein Gefühl haben, dann bedaure ich das eben. Andere Teile des Volkes haben aber ein Gefühl dafür!
Und weiter: war nicht im Rheinlande — um auch das zu nennen — der Kulturkampf in seiner Art der Durchführung die größte Gewalt und Brutalität? (Lebhafte Zustimmung bei den Mehrheits⸗ parteien; andauernde ervegte Zwischenrufe rechts) Sie scheinen gar nicht zu wissen, was das damals bedeutet hat, daß eine große Zahl pon Katholiken ohne die Tröstungen der Religion sterben mußte, daß man Gendarmen und Landjäger hinter den Pfarrern hergejagt hat, daß die Bischöfe verjagt worden sind, daß man sie ins Gefängnis steckte, daß man die Ordensgeistlichen vertrieben hat, daß man die Taufen nicht spenden ließ, daß man keine Trauungen vollziehen lassen konnte! Für alle diese Dinge scheinen Sie kein Gefühl zu haben, desto mehr aber nun, wo es an das Portemonnaie geht. (Stürmische Zustimmung bei den Mehrheitsparteien; erregte Zurufe rechts.)
Meine Herren! Ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Beweise dafür vorbringen, will indessen die Debatte nicht länger aufhalten. Aber verftehen Sie denn nicht, daß jetzt, wo die allgemeine Freiheit in Deutschland verkündet wird, diese Landesteile endlich einmal auf⸗ atmen und alle diese Gewalt und diese Lasten von sich abwerfen wollen? Vas ist doch so begreiflich wie etwas. Man muß keinerlei Verständnis für die Rechte und das berechtigte Empfinden des Volkes haben, wenn man sagt, es sei unberständlich, daß man sich dagegen wehrt.
Ich könnte weiter — es steht gerade ein Vertreter von Hannober Gotistein hier in irgendeiner Weise direlt oder indirekt polemisieren
vor mir — sagen: wie ist man dort gegen die Welfen vorgegangen? Es ist doch pfpychologisch äußerst interessant, daß, nachdem ein halbes
Jahrhundert verflossen ist, seitdem ein Landes teil einem anderen Lande selb st oer stãnblich
schränkt. Wo steht denn in der Abgabenordnung ein Wort, das überhaupt auf die Gemeinden Bezug hätte?
Landesbesteuerungsgesetz, Das kommt aber erst in der nächsten ministeriums bereits im Mai oder Juni dieses Jahres einen dehꝛauftrag Woche und hat mit der Abgabenordnung nichts zu tun. an der Berliner Univerität zu gehen. Ich werde meine Ausführungen
In der Abgabenordnung sind Ansätze dafür vorhanden, wie eine
9
Mer soll. in seinen bereitesten Schichten bei der Veranlagung und Durchführung f ver Steuer mit heranzusiehen, also eine eigene Steuerselbstverwaltung Wie kann man da mit der Behauptung kommen, die Tagespresse Wenn Sie solche objektiv aufkläͤrt,
3
Selbstverwaltung werde gelähmt und eingeschränkt? Argumente heranziehen, die nur aus anderen Gesetzen hergeleitet l werden können — ich vertlefe die Frage jetzt nicht; wir werden in der nächsten Woche darauf eingehen — dann habe ich das Recht, zu agen: man sieht daraus, daß die Gründe, die Sie für Ihre Ablehnung Friedrnanns hier oder an einer anderen Stelle zu beteiligen. Objektivität erwarte ich nun aber auch von der Gegenseite.
J
ins Feld führen, äußerst dürftige sind. den Mehrheitsparteien) Dies festgestellt zu haben, genügt mir.
versammlung zu verabschieden im Begriffe steht, zum Segen und zum Vorteil des dentschen Volkes ausschlagen wird, und die Majorität, die dieses Gesetz bilden wird, wird diese meine Auffassung bestätigen. (Lebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien.)
teten mit Ausnahme der Unabhängigen betreffend Deut sch⸗Oesterreich ; ] gab der Reichswir schaftsminister Schmidt eine Erklärung ab, die folgenden Wortlaut hatte:
das Einverständnis zu dem Antrag aussprechen; ich darf aber auch hinzu⸗ fügen, daß seitens des Reichzwirtschaftsministerlums selbstverständlich sehr erhebliche Bedenken bestanden, diesen Anforderungen entgegen zukommen. Wir sind in Deutschland selbst notleidend und wir sind kaum in der Lage, freigebig die Hand zu öffnen, um anderen Beihilfe zu spenden. Aber ich verkenne nicht die Argumente, die der Herr Präsident an⸗ geführt hat und die, wie uns ia auch bekannt ist, bei diesem Antrag
angegliedert worden ist, in diesem Landesteil noch eine Partei existieren
Ce. die mit aller Entschiedenheit die Wiederherstellung des eigenen Tuberkulosemittels. gandes in irgend einer Form verlangt, daß diese Partei bei den
2
Ist das nicht der lebhafteste Brutalität? Solche Dinge tun die
.
.
—
⸗ ; Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch
verschiedenen Aufgaben unserer Ressorts. Dem Wohlfahrtsministerium
27 Sie sagen: die Selbstverwaltung wird beschränkt. Umgekehrt! Ich habe auch als Reichsfinanmminister die Absicht, das Volk
u schaffen.
1
Lebhafte Zustimmung bei
Ich habe die Ueberzeugung, daß das Werk, das die National⸗
=
aller Par⸗ Sozialdemokraten, Hungersnot in
Hilfeleistung,
Bei der Beratung des Antrags
der
durch
Linderung
Meine Damen und Herren! Ich darf namens der Reichsregierung
geltend gemacht werden können, daß namlich die österreichische Be⸗ völkerung in einer besonderen Notlage ist und vor einer entsetzlichen Lage in ihrer Lebensmittelversorgung steht. Gegenüber dieser Tat⸗ sache muß man die Bedenken und die schweren Sorgen, die uns selbst in unserer Ernährungswirtschaft beherrschen, zurückstellen, und ich nehme an, daß bei der großen Mehrheit, von der dieser Antrag, wie ich annehme, im Hause getragen ist, auch draußen in der Bevölkerung der Widerhall ertönt, wenn wir glauben, diese Einschränkung der Bevölkerung zumuten zu können. Die Bevölkerung wird sie ertragen in dem Bewußtsein, daß sie unseren Brüdern in Oesterreich dieses Opfer bringen muß in Anbetracht der ganz besonders traurigen
Pren ßische Landesversammlung.
85. Sitzung vom 27. November 1919. Nachtrag.
Die Rede, die bei der Besprechung der förmlichen
Anfrage der Abgg, Brockmann und Genessen über das Frledmannsche Tuber uloseheilmittel. der
gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich brauche nicht zu sagen, daß ich mich den letzten Worten, mit denen der Herr Vor⸗ redner seine Ausführungen geschlossen hat, restlos anschließe. Es ist auch die Auffassung der Regierung, daß ein Mittel, das wirklich das Mittel, das spezifische Mittel ist gegen die verheerendste Volks⸗ seuche, die wir kennen, gegen die Tuberkulose, nun und nimmer werden darf zu einem Instrument privatkapita⸗ listischer Ausbeutung, sondern daß es unter allen Umständen der Allgemeinheit nutzbar gemacht werden muß. Ich glaube, daß darüber hier im ganzen Hause einschließlich der Regierung voll ste Einmütigkent besteht.
Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, well der Abg. Graef in seinen Ausführungen einen Widerspruch feststellen zu können glaubte zwischen der vorsichtig abwartenden Haltung, die aus den Worten des Herrn Ministerial direkt ors Gottstein herau'klang, und der Tat sache, daß ich in meiner Gigenschaft als Kultusminister bereits im Sommer diesetz Jahres Herrn Dr. Friedmann zum außerordentlichen Professor an der medizinischen Fakultät der Berliner Universität ernannt und ihm übergeben habe. Dieser Widerspruch jwischen den Worten des Minlsterialdirektors Gottstein und meiner Handlung ist nur sche in bar. Er erklärt sich nach meiner Meinung restlos aus den
steht in erster Reihe die Aufgabe der praktischen Be⸗ kämpfung der Volksseuchen zu, während meinem Ministerium in erster Reihe die Aufgaben der Forschung und der Lehre unterstellt sind. Daß sich aus diesen verschiedenartigen Aufgabe⸗ krelsen unter Umständen auch verschiedene praktische Maßnahmen er⸗ geben können, darin ist gerade auch Ministerialdireltor Gottstein, wie er mir bestätigt, mit mir durchaus eines Sinnes. Es liegt mir des⸗
Wahlen, wo das Volk sich frei äußern kann, an Stimmen zunimmt. polen isteren haben werde, Protest gegen Vergewaltigung und als Fachmann gegensiber kelneswegsz besonders leicht und angenehm Leute doch nicht zum Ver⸗ gnügen, sondern aus der innersten Ueberzeugung heraus! — Damit Abg. Schloßmann glaube ich das gesagt zu haben, was auf diesem Gebiete zu sagen war.
Nun aber noch ein Zweites! Der Herr Abgeordnete Dr. v. Del⸗ ganz darin einig
brück äeht dann eine weitere Sache hinein — ich muß gegen diese Vermischung protestieren — indem er sagt, durch die Abgabenordnung
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würden die Gemeinden und die Länder in ihrer Selbständigkeit he=
halb auch durchaus fern, gegen die Auffassung des Ministerialdirektors
zu wollen. Ich bin mir meiner Stellung als Laie voll bewußt, und als solcher enthalte ich mich iedes fachmännischen Urteils iber den Wert oder Unwert des Friedmannschen Ich weiß sowieso, daß, wenn ich jetzt gegen einige Ausführungen des verehrten Herrn Vorredner zu meine Stellung als Laie seiner Stellung
ist. Trotzdem halte ich es für meine Pfticht, die Darlegungen des in einigen wesentlichen Punkten zu ergänzen, mit ihm und mit Herrn Gottstein bin, daß in dieser Frage nicht wir als Laien — das gilt für die melsten Regierungsmitglieder wie für die meisten
wenn ich natürlich auch
Sie nehmen das, was Abg. Graef an mich stellte, in der nächsten Woche verhandelt werden wird, vorweg, das ganze fessor Friedmann trotz der abwartenden
rein sachlich halten, wie ich überhaupt wünsche, daß alle partei⸗ politische, alle Preßleidenschaft aus diesem Kampfe, bei dem ein: rößere Selbstverwaltung, als sie bisher besteht, eingeführt werden bochernste Menschheitsfrage auf dem Spiele steht, ferngehalten werden. möge. Es handelt sich hier w trklich einmal nicht um eine Partei⸗
rage! Es ist durchaus unwürdig, wenn der ganze Streitgegenstand mit seiner tief bedauerlichen persönlichen Zuspitzung in die hineingejerrt wird, wenn die Tagespresse nicht
meine Person wärde es rundweg ablehnen — das weiß auch Herr Schloßmann —,
daß es gerade m ir besonders schwer geworden ist, Herrn Professor Friedmann diesen Lehrauftrag zu geben, und zwar aus zwei Gründen. Einmal bin gerade ich es gewesen, der vor einer Reihe von Jahren in dleseg selben Saale in meiner Eigenschaft als Abgeordneter leb⸗ hafteste Bedenken gegen Hern Friedmann und insbesondere auch gegen die Reklame, die mit seinem Mittel getrieben wurde, geäußert hat. Herr Abg. Schloß mann war ja in einer früheren Debatte so liebens⸗ würdig, führungen hier zu wiederholen.
einen Lehrauftrag für Tuberkuloseforschung
Ich will nur ganz kurz die Frage beantworten, die Herr wie ich dazu gekommen sei, Herrn Pio⸗ Haltung des Wohlfahrts⸗
was ihre Pflicht ist, sondern zum Tummelplas eidenschaftlich erregten Meinungokampfes gemacht wird. Ich für
mich an irgendeiner Hetze gegen einen Gegner Dieselbe
Meine verehrten Damen und Herren, man darf mit glauben,
e damals von mir gegen Friedmann gemachten Aus—⸗ Der zweite Grund, warum es gerade mir besonders schwer werden mußte, mich dazu zu verstehen, Herrn Professor Friedmann diese Professur und diesen Lehrauftrag zu geben, besteht darin, daß ich meinerseits seit vielen Jahren und Jahrzehnten und beute mehr als je Anhänger der naturgem äßen Lebens, und Heilweise bin, jener naturgemäßen Lebens⸗ und Hellweise, die die besten Mittel im Kampfe gegen Krank⸗ heiten überhaupt und gegen Volksseuchen insbesondere in den naturgemäßen Heilfaktoren erblickt, in Luft und Wasser, in Licht und Sonne, in gesunden Wohnungen, in geregelter Bewegung, in ver⸗ nünftiger Beschäftigung und allen diesen Dingen. Darum bin ich von vornherein mißtrautsch gegen jedes Mittel, das mit dem An⸗ spruch auftritt, durch ein einmaliges Einnehmen oder durch eine ein⸗ malige Cinspritzung eine so furchthare Seuche wie die Tuberkulose zum Verschwinden zu bringen. Trotzalledem aber war es meine Pflicht, gerade angesichts der furchtbaren Verheerungen, die die Tuberkulose in den Kriegsjahren und in diesem Jahre nach dem Kriege in unserem Volke anrichtete, Verheerungen, die Ihnen drastisch geschildert worden sind in den Ausführungen des Herrn Jaterpellanten und in den Ausführungen des Abg. Gräf (Frankfurt), alle persönlichen Auffassungen beiseite zu setzen, wenn mir jemand fagte: hier ist ein Mittel, durch das dieser Volksseuche wirksam zu Leibe gegangen werden kann. Da mußte ich trotz aller theore ˖ tischen Abneigung gegen solche Mittel in eine unbefangene Prüfung eintreten. Ich durfte mich in diese Prüfung auch in keiner Weise dadurch beirren lassen, daß ich mich früher selbst — wie ich eben er⸗
wähnte — gegen dieses Frledmannsche Tuberkulosemittel als Abgeordneter festgelegt hatte. Es wäre noch schöner,
wenn ich, um elner persönlichen Fatalität zu entgehen, in meinem Widerspruch beharrt hätte, bloß weil man mir hätte jetzt sagen können: als Abgeordneter hat er das gesagt, als Minister tut er jenez. Das wäre jammervoll und elend gewesen, wenn ich . mich aus derartigen rein persönlichen Prestigerücksichten gescheut hätte, aus dem schlecht unterrichleten Abgeordneten ein besser unterrichteter Minlster zu werden und nunmehr ohne Rücksicht auf mich selbst das *. zu tun, was meiner neuen besseren Ueberzeugung entsprach und was zu tun mir die Pflicht gebot.
Davon konnte mich auch nicht das abhalten, was mir damals im Sommer vorgetragen wurde und was mir teilweise bereits seit Jahren bekannt war über die persönlichen Vorwürfe, die man Herrn Friedmann macht. So gewiß es ist — ich habe das selbst oft genug betont — daß ein Jugendlehrer auch eine ethisch absolut ein ü wandfreie Persönlichkeit sein muß, so hatte bei der Beur⸗ tellung des Mittels selbs und der Behandlungsmethobe für mich die Person des Herrn Frledraann vollständig auszuscheiden. Ich halte mich jedoch für verpflichtet, da er selbst nicht in der Lage ist, sich hier zu verteldigen, zu erklären, daß er mir auf meine sehr ernsten und nachdrücklichen Vorhaltungen, wie es mit den Vorwürfen bestellt sel, die in der Geld⸗ und Honorarfrage gegen ihn gerichtet seien, Vorhaltungen, die ich ihm in amtlicher Gigenschaft deswegen gemacht habe, unzweideutig erklärt hat, daß an den meisten dieser Vorwürfe kein wahres Wort sei. Herr Friedmann erklärt seinerseits, daß er sich an dem Mittel nicht nur nicht bereichert, sondern gerade umgekehrt den größten Teil seines Vermögens für dieses Mittel und seine Einführung geopfert habe, daß er mehrere
Hunderttausend Mark, die sein persönlicher Besttz waren, dazu ver⸗ wandt habe, um dieses Mittel durchzusetzen. Herr Friedmann be⸗ hauptet weiter amtlich, es sei eine Unwahrheit, daß er jemals für eine oder zwei Einspritzungen die Summen verlangt oder er⸗ halten habe, die der Abgeordnete Dr. Schloßmann genannt habe. . Daran, daß Herr Schloßmann diese Angaben hier in durchaus 1 gutem Glauben wiederholt hat, zweifle ich natürlich nicht. 4 (Zuruf des Abgeordneten Dr. Schloßmann: Er soll den Mann ver⸗ 1
klagen oder Disziplinaruntersuchung) — Gewiß, gerichtliche Klar⸗ = stellung wäre auch mir das Liebste. Herr Professor Friedmann er . klärt mir amtlich, daß die Behandlung eines Tuberkulosekranken . uit seinem Mittel häufig ein Dutzend und mehr Besuche in
Anspruch nehme, sich über eine ganze Reihe von Jahren erstrecke und ö daß auf die einzelne Konsultation wenig mehr als 3, 4 oder . h S6 kämen. Diese amtliche Aussage des Herrn Friedmann, deren Einzelheiten ich natürlich nicht nachprüfen kann, war ich verpflichlet, . hier zur Kenntnis zu bringen gegenüber den Anklagen, die hier gegen . einen Mann erhoben worden sind, der nicht in der Lage ist, sich an .
dieser Stelle selbst zu verteldigen. .
Was nun die Reklame angeht, die für Herrn Friedmann besonders in Amerika zweifellos in wenig angenehmer Weise gemacht worden ist, so bitte ich, mir zu glauben, daß mir persönlich alle solch⸗ Reklame so zuwider ist, wie nur irgend möglich. Aber auch hier
Mitglieder dieses Hauses — das letzte Wort ju sprechen haben, sondern ausschließlich die Fachleute.
darf ich im Namen des Herrn Friedmann erklären, daß er an dieser
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