muß eg immer und immer wieder wiederholt werden, und zwar auch von einer Vielheit von Aerzten, die völlig unabhängig voneinander arbeiten. Es ist immer im Auge zu behalten, daß nicht das Mittel beilt, sondern der Arzt. In der medizinischen Literatur stoßen wir auf Beispiele genug, daß Heilmittel mit der größten Begeisterung aufgenommen und angepriesen wurden, die sich nachher nur ehr be⸗
dedingt als solche oder sogar als völlige Versager herausgestellt haben. Andererseits sind zahlreiche Fälle überraschender Heilwirkung ein wandsfret kenstantiert. Der Minister ist mit großem Eifer für das Friedmannsche Mittel eingetreten. Tie Medizinalabteilsung har sich ziemlich zurückhaltend geäußert; srüher ist sie freilich nech zurückaltender bielleicht u zurückhalhend gewesen. Aber dieser Nachteil ist ja durch die für Mittel betriebene Reklame
mehr als wettgemacht worden. Immerhin tann es auffällig erscheinen, daß trotz aller dieser Retsame es nicht gelungen ist, das
Mittel in Amerika zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. Ein gewisses Mißtrauen ist deshalb unvermeidlich, und es kann auch nicht dadurch beseitigt werden, wenn der Siaat vor den Reflame⸗ wagen vorgespannt wird; die Beseitigung ist vielmehr nur möglich durch eins ernste und gewissenhafte Prülung, die alsbald in Angriff genommen werden muß. Fällt des Ergebnis dieser Prüfung so aus, wie es heute die Freunde des Professor Friedmann ais sicher
annehmen, dann werden wir alle gern breit sein, in ihm einen Wohl⸗ täter der Menschheit zu sehen, und werden ihm auch die Professur von Herzen gerne gönnen. Aber vor der Prüfung die Autorität des Staates für das Mittel einzusetzen, daran sollte jeden Minister sein Verantwortlichkeitsgesühl hindern. (Beifall rechts.)
Abg. Dr. Faßbender (Zentrum): Die Person des Herrn Friedmann scheidet für mich vollkommen aus; jür mich ist allein ausschlaggebend das Mittel als solches. Eine solche Frage zu lösen, ist aber hier nicht das geeignete Forum; über diese Frage haben allein die Sachverständigen zu enischeiden. Bei der Wichtigkeit dieser Frage
haben wir als Volksvertreter die große Pflicht, darauf zu drängen, daß möglichst schleunig eine Klärung in der Angelegenheit herbeigeführt wird. Auch in der Anwendungssorm des Mittels gehen die Meinungen auseinander. Es muß aber unbedingt davor gewarnt werden, auf den Volksgeist dahin einzuwirken, als ob mit Hilfe einer einzigen Einspritzuag dieser Mittel eine Heilung der Tuberkulose unbedingt herbeigeführt würde., Es wäre schon außerordentlich segensreich, wenn mit diesem Friedmannschen Mittel eine einzige Form der Tuderkulose, deren es bekanntlich drei gibt, geheilt werden könnte. Ein Mittel zur Heilung aller drei Formen zu finden, ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Die Aeußfrungen in der Presse bezüglich des Friedmannschen Mittels sind sehr verschiedenartig und sollten etwas mehr jurückbaltend sein. Auch das Salparsan hat nach einer zebnjährigen Anwendung immer noch nicht klar ergeben, welche Form der Anwendung die brauchbarste ist. Die Aerzte sind die Berufenen, die allein ein Urteil über das Mittel und die Volksgesundheit abzugeben haben. Auch in der medizinischen Fachpresse sind durchaus oberflächliche Urteile abgegeben worden. Auch da syllte man etwas vorsichtiger im Urteilen sein. Ich habe den Wunsch, daß die Kommission so schnell wie möglich zu⸗ sammentreten und zu einer objettiven Prüfung über die Brauchbarteit des Mittels kommen möge.
Abg. Dr. Schloßmann (Dem.): Wer Gelegenheit hat, Herrn Dr. Friedmann persönlich kennenzulernen, wie ich, wird es verstehen, wenn es schwer fällt, in. objektiver Weise an diese An⸗ gelegenheit heranzugehen. Der Minister war sehr schnell in der Lage, die Anschuldigungen gegen Herrn Dr. Friedmann zurückzuweisen und ihn in Schutz zu nehmen. Ich hätte gewünscht, er hätte auch bezüglich des Marburger Falles ebenso schnelle Ausfunft geben können. Bezüglich der Reklame des Herrn Professors Friedmann möchte ich noch eine Tatsache anführen. Einen Tag, nachdem Herr Dr. Fried⸗ mann in der medizinischen Gesellschaft gesprochen haite, ist sein Artikel und sein Bild in den amerikaneschen Blättern erschienen. Herr PFrosessor Friesmann berichtigte dann, eine Reklame sei von jhm in keiner Art ausgegangen. as habe ich auch gar nicht be— hauptet. Tatsache ist jerenfalls die riesige Reklame. Dasselbe ist der Fall hinsichtlich des Telegramms an die Kasserin. Es kommt nicht daruf an, wer ihn dazu veranlaßt bat, fondern darauf, daß daß die Tatiache an sich feststeht. Ich habe auch nicht gesagt, daß Professor Friedmann sich für eine einzige Einspritzung so und fo viel hat zahlen lassen, sondern habe nur verlesen, daß Herr Schubert geschrieben habe, für eine einmalige Untersuchung und eine Einspritzung habe Herr Professor Friedmann ohne jede weitere Hilteleistung sich 669 Mark zaolen lassen. Ich ersuche den Minister um Feststellung aller dieser Dinge. (Minister für Wissen schaft, Ku st und Volksbildung Haenisch: Selbstverständlich! Niemand würde sich mehr freuen als ich, wenn sich alle diese Dinge aäls unwahr herausstellen würden. Die Berufung des Professors Friedmann auf den „Lokal-⸗Anzeiger“ halte ich nicht für stichhaltig.
en Universitätsprofessoren die Möglichteit zu gehen, das Mittel zu versucken und den Studenten zu zeigen, halte ich für wichtiger, als die Schaffung einer besonderen Abteilung. Wenn man von einer Stiftung spricht, die dazu dienen soll, reiche und arme an Tuberlulose Gikrankte zu heilen, so, meine ich, wäre es nur nötig, eine Anstalt für Arme zu errichten. Den Reichen soll man es ruhig überlassen, selbst Heilung in irgend einer Klinik zu suchen.
Aba. Graef-⸗Frankfurt (Soz.): Ich möchte bitten, daß die Kommission die erson des Herrn Professor Friedmann aus der Debatte läßt und sich nur mit der Frage beschäftigt, ob das Mittel brauchbar ist oder nicht. Wenn empfohlen wird, daß der Minister seinen Einfluß auf die Universitäten gellend machen soll, um sie zu einer objektiven hann des Mittels anzuhalten, habe ich schon einmal erklärt, daß das unter den jetzigen Verhältnissen nicht gut möglich ist, da sich verschiedene Universstäten spartakistijch gebärden. (6s muß erst wieder ein ganz anderer Geist in unjere Universitäten einziehen. Wie will der Minister Einfluß auf die Universitäten haben, wenn es heutzutage möglich ist. daß Erzberger zum Beispiel als Crjgauner, andere Minister als Idloten usw. bezeichnet werden, ohne daß diese Leute sofort vom Amte entfernt werden. Kann man von solchen Leuten eine objektive Prüfung des Mittels verlangen? Mußerdem ist es doch auch bekannt, daß Leute, die einmal in einem Irrtum befangen sind, sich nicht so leicht von ihrem Urteile ab— bringen lassen.
Die Anträge der Sozialdemokratie über Kriegsbeihilfen für die Gemeindebeamten und ber Deutschen Volkspartei auf Erhöhung der Teuerungszulagen für die höheren und Mittelschullehrer und die Gemeinde beamten sollen nach dem Vorschlag des Haushaltsausschusses für erledigt erklärt werden. Den Antrag der Deutschnation alen, die einmalige Teuerung szulage für die Geist⸗ lichen in gleicher Höhe wie für die mittleren Staatsbeamten zu gewähren, hat der Ausschuß ab⸗ zulehnen empfohlen.
Das Haus beschließt ohne Erörterung nach den Ausschuß⸗ vorschlägen und überweist den A
lntrag Meyer⸗Herford D. Vpt. auf Erhöhung der Ruhegehälter der Staatsbeamten und Lehrer nach Analogie des Reichsgesetzes vom 12. September 1919 um 10 Prozent der Regierung als Material.
Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Schluß 165 Uhr. Nächste Sitzung Montag, 1 Uhr (Antrag Heilmann betr. die Kommunalisierung der Charlottenburger Wasserwerke, weitere Anträge, förmliche Anfragen, Bittschriften).
Bahern.
Die Parteien des 8Sandtags ohne Unterschied erheben in einer Kundgebung für die Herausgabe unserer Kriegsgefangenen lautesten Proten gegen die unerhörte Gefangenennote des französischen Ministerpräsidenten Clemencean. Sie menden sich an das Menschlichkeitsempfinden und an das Gerechtigkeitsgefühl der Völker aller Mächte, das die Gewalt⸗ politit der Alliterten alle Neuttalen zu flammenden Einspruch auf den Plan rufen muß.
Im Namen unserer bayerischen und deutschen gefangenen Volks— genossen und unserer vom tiefsten jabrelangen Leid und schwerer Sorge erfüllten bayerischen und deutschen Familien tufen wir die ganze kultivierte Menschheit auf zur tatkräftigen Mitwirkung in dem Bestreben, unseren Kriegegefangenen den erbarmungslos verlegten Weg zur deutschen Heimat endlich zu öffnen.“
In der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses des Landtages wurde, laut Meldung des „Wolffschen Tele⸗ graphenbüros“, folgende Vereinbarung zwischen Bayern und dem Reich, die die Frage des bayerischen Heeresgutes regelt. einstimmig angenommen:
Bayern behält sein vor dem Jahre 1870 erworbenes Eigentum, soweit dieses nicht an das Reich für dessen Zwecke und auf dessen Verlangen, dann aber gegen Entschädigung, abzutreten ist. Die aus der Zeit nach 1870 (also aus der Quoten und Kriegszeit) stammenden Objekte gehen ohne Entschädigung an das Reich über. Dafür werden Bayern nach mehrfacher Richtung Zugeständnisse in Hinsicht auf die Verwaltung und Nutzbarmachung dieser Objekte eingeräum!.
Oesterreich.
Zu Beginn der gestrigen Sitzung der Nationaloer— sammlung machte der Präsident Mitteilung von dem Be⸗ schlusse des Deutschen Reichstags, im Dezember jede Brotkarte im Reiche um 50 Gramm einzuschränken und diese Ersparnisse zur Linderung der Not Deuisch⸗Oesterreichs zu verwenden. An diese Mitteilung, die vom Hause mit leb⸗ haftem Beifall aufgenommen wurde, kaüpfte der Präsident laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ folgende Erklärung, die vom Hause stehend angehört wurde:
Hohes Haus! Es handelt sich hier nicht nur um ein finanzielles Opfer schlechtbin, nicht nur um ein Opfer, das der Staat als solcher bringt, sondern um eine Liebesgabe jedes einzelnen Bürgers des Deutschen Reiches obne Unterschied. Jeder Bürger schmälert täglich seine ohnehin karg bemessene Ration, um dadurch beizutragen zur Linderung der schrecklichen Not, die in Deutsch ⸗Desterreich herrscht. Dieser Akt der Großmun und der hrüderlichen Solidarität des Deutschen Reiches hat bei uns nicht nur Freude und Genugtuung ausgelöst, sondern vor allem die innigste Dankbarkett. Der Beschluß ist abermals ein Beweis dafür, daß die Gewalt uns zwar räumlich trennen kann, haß aber nichts imstande ist, die Bande gemeinsamer Geschichte und gemeinsamer Kultur zu lösen, die uns mit den Brüdern im Reiche verbinden. Ich spreche im Namen des ganzen Hauses und aller seiner Mitglieder, aber ich hin versichert, auch im Sinne aller Bürger der Republik zu handeln, wenn ich sage: Unseren Brüdern im Reiche innigsten Dank für diese Hilfe in schwerer Zeit, für diesen Akt außerordentlicher Großmut, den wir nie vergessen werden! (Lebhafter, langanhaltender Beifall.)
Darauf wurde zur Tagesordnung übergegangen und die Regierungsvorlage, betreffend Gewährung von Vorschüssen auf die durch das Gesetz zu bestimmenden Teuerungsmehrbeträge sämtlicher Staatgbediensteten sowie auf Gewährung eines Teuerungsbeitrages von 1000 Kronen monatlich an die Mil⸗ glieder der Nalionalversammlung und Volksheauftragten an⸗ genommen. Ferner erledigte das Haus das Gesetz, betreffend die Errichtung von Staattzerziehungsanstalten.
Ungarn.
In einer in Budapest abgehaltenen Versammlung der aus Oberungarn vor den Tschechen und Rumänen geflüchteten Slowaken und Ruthenen wies der Staatssekretär Nikolaus Kutkafalvy darauf hin, daß das flowakische und ruthenische Volk in seinem Vertrauen auf die Wilsonschen Grundsätze arg getäuscht worden sei. Sie forderten ihr Selbstbestim mungs⸗ recht und protestierten gegen die Einverleibung in die Tschechoslomakei oder Rumänien. Sollte der Oberste Nat ihren Willen nicht respektieren, dann würden beide Völter nicht aufhören zu kämpfen, bis sie ihrem polilischen Willen Geltung verschafft hätten.
Großbritannien und Irland.
Der Premierminister Lloyd George erklärte vorgestern im Unterhause, wie der „Nieuwe Rotterdamsche Courant“ berichtet, daß die Regierung mit dem Osmanischen Reiche bald Frieden zu schließen wünsche und mit den alliierten und asso nierten Regierungen über diese Frage verhandle. Ein rascher Friedensschluß sei nicht nur im Interesse des brilischen Reiches, sondern im Interesse der ganzen Welt gelegen. Die Alltierten seien auch seit einiger Zeit bereit gewesen, Ungarn Friedensbedingungen vorzulegen, aber bisher sei in Ungarn keine vertretungsfähige Regierung vorhanden gewesen. Jett sei endlich eine aus allen Parteien bestehende Regierung ge⸗ bildet, die Wahlen abhalten werde, und er erwarte, daß dies der erste Schritt zu einem raschen Frieden sein werde.
In Erwiderung einer Anfrage bezüglich der Wirtschfts⸗ lage in Mitteleuropa erklärte Lloyd George dem „Neuter⸗ schen Büro“ zufolge:
Die englische Regierung sei sich der außerordentlich schwierigen Wirtsckaftslage in Mitteleuropa wohl bewußst. Ste wende im Ver⸗ ein mit dem Obersten Rat in Paris alle Mittel, die möglich sind, an, um die Lage zu erleichtern. Man sei zu dem Schlusse gekommen, daß nur eine umfassende Maßnahme für einen internationalen großen Kredit der Lage hinreichend gerecht werden könne. Zu dem Erfolg solcher Vorschläge sei es unerläßlich, daß die Vereinigten Staaten den Teil der Summe beisteuerten, der in Dollars übernommen werden müsse. Jafolgedessen seien neue dringende Vorssellungen in diesem Sinne bei der Regierung der Vereinigten Staaten erhoben worden.
Auf die Frage, welche Folgen die Hinauszögerung der Ratifikation des Frieden svertrages durch den ameri— kanischen Sengt auf die Volksabstimmung und die im Friedens⸗ vertrag vorgesehenen Ausschüsse haben werde, erwiderte Lloyd George nach dem Bertcht des „Telegraaf“, der Oberste Rat habe beschlossen, der deutschen Delegation mitzuteilen, daß alle Kommissionen, die von den alliierten und assoaziier⸗ ten Mächten zusammengestellt werden müssen, unverzüglich ernannt und ihre Arbeiten sofort heginnen werden. Auf die Frage, welche Folge ein Beschluß der Vereinigten Staaten von Amerika, den Friedensvertrag nicht zu ratifisieren, auf den Dreibngnd zur Verteidigung Frankreichs haben merde, antwortete Loy? George, die Ratifikation des Friedens vertrags durch die enalische Regierung hänge von der Ratifikation durch
die Vereinigten Staaten nicht ab Eine Weigerung der amerikanischen Regierung, den Friedensverttag zu ratifizteren,
brauche jetzt nicht notwendigerweise Einfluß auf den Friedeng⸗ vertrag als solchen zu haben, voraus gesetzt, daß das Parlament den Dreibundvertrag ratifiziere.
Frankreich.
Der Oberste Rat der Alliierten hörte gestern der „Agence Havas“ zufolge den Bericht an über das Schicksal der deutschen Flotte und über die Kompensationen, die für die bei Scapa Flow versenkten Schiffe verianat werden. Der Rat beschloß grundsätzlich, die noch in der Hand der Alliierten befind⸗ lichen Einheiten abzubauen. Immerhin wurde die Frage der Zuteilung der Flotte nicht erledigt. Dieser grundsätzliche Be⸗ schluß wird noch verschiedene Abweichungen erfahren. Italien und Frankreich, deren Werften während des Kriegs einige Zeit stillstanden, werden einige Einheiten als Entschädigungen er⸗ halten, um den durch die Betriebseinstellung erfolgten Ausfall ihrer Tonnage auszugleichen. Einige andere Einheiten werden vor ihrer endgültigen Zerstörung an einige Staaten ausgeliehen werden. Ueber das Hafenmaterial in den deutschen Häfen wurde noch kein Beschluß gefaßt. Dieses soll als Ersatz für die bei Scapa Flow versenkten Schiffe betrachtet werden. Die Zusatzklausel zum Friedensvertrag mit Ungarn bezüglich der Lebensmittellleferungen an Oestereich wies der Oberste Rat zurück
Wie „La Presse de Paris“ mitteilt, ist die letzte Note, die das Ultimatum des in rr ef enthält, erst am 24. Ro⸗ vember der rumänischen Regierung überreicht worden. Die bewilligte Frist von acht Tagen ist also noch nicht ab— gelaufen. Big zum 5. Dezember muß die rumänische Regierung auch mitteilen, ob sie den Friedensvertrag von St. Germain, den Friedensvertrag von Neuilly und die diesen beiden Akten angeschlossenen Zusaͤtze unterzeichnen will.
Italien.
Der „Aoanti“ berichtet, daß die Parteileitung der sozial⸗ demokratischen Partei in ihrer vorgestrigen Sitzung in Rom beschlossen hat, alle Abgeordneten, die der sozialistischen Parteigruppe angehüren, einzuladen, der Eröffnungssitzung der Kammer am 1. Dezember beizuwohnen zum Zweck elner anti⸗ monarchischen Kundgebung.
Belgien.
Die Regierung fordert auf, gemäß Artikel 297 dit Friedensvertrages alle erforderlichen Angaben über die Güter, Rechte und Interessen der Belgier zu machen, die solche in Dentschland haben. Es handelt sich um die Ankündigung der Werte, die in Deutschland unter Sequester gestellt sind, also in der Hauptsache um Besitzanteile aa Gesell⸗ schaften, um Immobilien, mobiles Kapital, Warenlager, Möbel, aber nicht um die Ausstände in Deutschland. Die Ankündigung würde später durch das belgische Büro für Verifikation und Kompensation geregelt werden.
— Der nene Senat setzt fich, dem „Wolffschen Tele⸗ graphenbüro“ zufolge, aug 59. Katholiten, 35 Liberalen, 25 Sozialisten und einem Mitglied der Partei der nationalen Wiederaufrichtung zusammen.
Die Aufgabe der neugewählten National⸗ versammlung wird darin bestehen, die Reform des Senats durchzuführen, die Umgestaltung des Wahlrechts in der Ver⸗ fassung festzulegen, die Frage des Frauenstimmrechts zu klären, eine Ungestaltung der sozialen Versicherung, die Gewährleistung des Streifrechts, das Regime der neuen Kohlengruben im Kempenland festüsetzen, für das eine Regie vorgesehen ist, schließlich einen Staaisrat zu schaffen und endlich ein neues Finanz ⸗ und ,, zu entwerfen Für die Durch ührun g all dieser Reformen ist ein Zeitraum von zwei Jahren vorgesehen. .
Schweiz.
Der Bundesrat hat soeben den 13. Bericht über die von ihm auf Grund seiner Vollmachten getroffenen Maßnahmen veröffentlicht Im HYe icht des politischen Departements wird dem „Wolfsschen Teiegraphenbüro“ zufolge unter anderen mitgeteilt, daß sich die Interessenvertretungen fremder Staaten weiter vermindert haben und demenssprechend die Abteilung habe abgebaut werden können. Jedoch konne an eine Auf⸗ hebung dieser Abteilung noch icht herangegangen werden. Trotz des Friedensvertrages der Alliierten mit Deutschland lasse die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den gegnerischen Staaten immer noch auf sich warten.
Im Bericht des volkswirtschaftlichen Departements wird eine emgehende Darlegung aller befaanten Abkommen gegeben, darunter wird unter anderem mitgeteilt, daß der Export von Judustrieprodukten nach England infolge der Milderung bejw. Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen eine erfreuliche Zunahme erfahren habe. Mit Frankreich schwebten zurzeit Unterhandlangen, um die Aufhebung der französischen Emfuhreinnelluagen zu erreichen Gine Ver⸗ ständigung stehe in naher Aussicht. Der Bericht erörtert unter anderem neben den Schwierigkeiten der Seetrantz⸗ porte auch diejenigen der Rheintranzporte. Die Rheinroute sowie der Vertehr über Genua habe an Bedeutung zugenommen, während der Import, über Cette und Marsrille infolge der auf diesen Zufahrtshinien andauernden Transportkrisen zeit⸗ weise sehr stark habe heschräntt werden müssen. Gegenwärtig schwebten mit Paris Verhandlungen wegen der völligen Frei⸗ gabe des rechtsrheinischen Veriehrs und der Bahnlinien sowie der Rheinhäfen. Ein endgültiges Ergebnis sei bisher nicht erzielt worden. Der Bericht bischäftigt sich sodann eingehend mit der Kohlenversorgung der Schweiz, die keineswegs befriedigend se! Es wird unter anderem fesigestellt, daß die Lage auf dem Arbeitsmarkt sich im allgemeinen seit dem vorigen Frühlahr gehessert habe, daß sie aber immer noch sehr unguͤnstig sei.
Rumänien.
Laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ be⸗ stätigen Telegramme, daß der Führer der siebenbürgischen Delegation Wojwobe Alexander Waida vom König mit der Kabinettsbildung betraut worden ist.
Statistik und Volkswirtschaft.
Arbeitsstreitigkeiten. In der am 27. d. M. abgehaltenen Verfammlung der Be⸗ zirkaͤbetriebsräte in Birterfeld wurde, wie Wolffs Tele⸗ graphenbüro“ berichtet. Nachmittags der Allgemein aus st and der Arbeiter der Chemischen End ir und des Bergbanes
des Bezirks Bitterfeld. beginnend am 28. Mhopember, 2 Uhr Nachmittags, beschlossen. Dementsprechend sind gestern
nachmittag alle Betriebe bis auf eine Grube in den Ausstand getreten. Die Notstandsarbeiten werden überall, zum Feil in weitem Umfange, von der Arbeiterschaft fort geführt. Es wird lamer klarer, daß der weitaus größte Teil der Arbeiterichaft des Bitterfelder Bezukz gegen seinen Willen in geradezu arglistiger Weite in den Ausstand hineingezogen worden ist. Es ist fengestellt, daß wicht einmal die Hälfte der Arbeiter des Bezirts abgestimmt bat. Alsdann ist die Frage, die zur Abstimmung kam ven den Führern in der Mehrzahl der Beleg. aftébersammlungen so gestellt worden, daß den Arbeitern gar nicht bewußt wurde, daß sie über den sofortigen Allgemeinausstand ab- sßimmsten. Sie waren vielmehr der Ansicht, daß auf Grund dieser Abstinnnung nech weiter verhandelt werten würde. In den Ver⸗ sammlungen, in denen tatsächlich ordnungemäßig darüber abgestünmt wurde, ob sofort in den Allgemeinausstand eingetreten werden solle, wurde dies mit einer Auenahmt mit überwältigender Mehrheit a gelehnt.
Ueber den gewerkschaftli chen Zusammenschluß der Gisenbahner meldet W. T. B.“ Am 25. November fand in Würzburg eine Konferenz zwischen Vertretern des Deutschen Gisenbahnerver bands (430 000 Mitglieder) und des Deutschen Verkehrspersonalverbandes (85 000 Miiglieder) statt. Es wurde beschlossen, die Ver⸗ schmelzung der beiden Verbände am 1. Juli 1920 vorzunehmen. Damit gebt ein langgehegter Wunsch vieler nord⸗ und süddeuischer Eisenbahner in Erfüllung.
Nach einer Meldung des Neuen Wiener Journals“ aus Prag ist der Ausstand im Brüxer Kohlenrevierbeigelegt.
Einer von „W. T. B.“ wiedergegebenen Reuterineldung aus Washington zufolge wunden die Verhandlungen zur Beilegung des Kohlenarbeiterausstandes ab gebrochen. Die Verbandlungen des Lohnausschusses, der aus Bergarbeitern und Bergwerkebesitzern besteht, sind auf unbestimmte J it vertagt worden.
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Wohlfahrtspflege.
Ein dem W. T. B.“ aus Kopenhagen übermitteltes Telegramm aus Reykjavik besagt, daß das isländische Ministerium auf Ersuchen der österreichischen Regiernng einen Ausschuß gebildet habe, der die Unterbringung von hundert bster⸗ reichischen Kindern vorbereiten soll. Auch eine Geldsammlung ist zu diesem Zwecke bereits im Gange.
Verkehr osmwesen.
Wie das „Ungar.⸗Telegr. Corr. Büro“ aus Budapest meldet, wind mit Rücksicht auf den großen Kohlenmangel außer den bereus versüʒgten Einschränkungen des sonntäglichen Perjonenverkehrs vom 238 November an auf sämtlichen Linien der ungarischen Staatsbabnen der Personenverkehr auch Mittwochs und Freitags eingestellt und nur der noiwendigste Orts verkehr aufrechterhallen werden.
Theater und Musik.
Großes Schauspiel haus.
Nun hat Max Reinhardt seinen Plan, ein Theater für die Maßssen zu schaffen, verwirklicht; das Theater der Dreitausend ist in dem von dem Aichitekten Hans Poelzig umgestalteien Zirkus Schumann zur Tatsache geworden und gestern vor einem sestlich und erwartungsvoll gestimmten Publikum, in dem die Soitzen des Berliner Kunst! und öffentlichen Lebens sast vollzäblig vertreten waren, mit der „ Qrestie“ des Aischvlos eröffnet und geweiht worden. Die Aufgabe Poelzigs, aus der urfprünglich als Markthalle erbauten, später zum Zirkus umgewandelten GEise halle einen für Theaterzwecke geeigneten Raum zu schaffen, war besonders in einer Zeit nicht leicht, die in bezug auf die zu verwenden den Baustoffe dußerste Sparsamkeit zur Bedingung macht. Er hat aber diese Aufgabe zweifellos mit gioßem Geschick gelöst. In dem großen Hause fieht und kbört man gut. Der Umbau des Zuschauerraumß mußte vor allem auf die Akustik bedacht sein. Aus diesem Grunde ergab sich die Notwendigkeit, die Wölbung der vorhandenen großen Kuppel, in der ersfahrungs⸗ gemäß das gesprochene Wort leicht verhallt oder durch Echowirkungen in seiner Deutlichkeit beeinträchtigt wird, so zu gliedern, daß dieser Uebelstand vermieden würde. Die Teilung der Kuppelwölbung in verschiedene ringförmige Abteilungen führte von selbst zu einer stalakti enähnlichen Ornamentik, die maßgebend auch für die Ver— kleidung der Eisensäulen wie für die Gestaltung der ganzen Halle wude. So gewinnt man jeßzt den Gindruck einer tiesigen moscheenartig fich weitenden Trovfsteinhöhle. Eine Bühne von gewaltigem Ausmaß, zu der eine vierlstufige, mit einer Plattform gekrönte Freitreppe von der zur Orchestra umgewandelten Areng empoiführt, schneidet einen Teil des ehemaligen Zirkusrunds ab, davor befinden sich auf beiden Seiten der Bübne und gegenüber Zugänge für den Cher oder die scheinhar von fernher kommenden Einzeldarsteller. Die Lichtquellen, die mit diffusem Licht den Raum eileuchten, sind unsichtbam an⸗ gebracht, und bei Verdunkelung erweckt eine sternartige Beleuchtung der Kuppel die Vorstellung, als sitze man unter dem ge— stirnten Himmelsdom: ein Eindruck, der, die Stimmung für das anhebende Spiel gut vorbereitet. Anders als der Zuschauerraum sind die Umgänge und Erfrischungssäle ge⸗ halten, deren Betongewölbe von Säulen gesragen werden, die mit ihren phantastischen lotosblumenartigen Kelchverzierungen an in— dijche Tempel erinnern. In den Kelchen sind unsichtbar die Licht⸗ quellen angebracht, deren Schein indirekt und gedämpft von den rot⸗ gelben oder blaugrünen Gewölhedecken zurückgestrahlt wird. — Ge— e , Aufmerksamkelt herrschte, als die gewaltigen Falttären des
euerfesten Bühnenabschlusses sich zur Seite schoben und die schweren Pfeiler des Haupttoles des Agamemnonpolastes ent— hüllten. Als reale Grundlage für den Schauplatz der Handlung werden, wie schon früher im Zirkutz Schumann, angenommen: auf ber Bühne der Eingang zum eigentlichen Hause Agamemnons und Klytämn stras, rechts und links die Nebenräume, in der Arena eln Vorhof des Palastes, auf der der Bühne gegenüher⸗— liegenden Seite das (unsichtbare) Hostor des Palastez. Die Ver— änderung des Schauplatzes in den „Chosphoren“ wird nur durch geringfügige Aenderungen des Freitreypenaufgangs angedeutet, und im dritten Teil der Trflogis, in den „Gumeniden“, wird die Unzugänglichkeit des Sitzes Apollong danch eine fast bis an die Decke des Raums hinansteigende steile Stufenfolge versinnlicht. Die Trilogie wurde, wie vor Jahren, in der Uebertragung und Bearbeitung Karl Vollmoellers gespielt. Gestern wie damals waren die wirk- samsten Momente die Rückkehr des Agamennon, der Klageruf der Kassandra. das Wiedererkennen Orests
Euneniden und seine Entsühnung, durch Apollon. Auch von dem Chor gingen gesiern wie damals starke. Wir⸗ kungen aut. Im großen und ganzen aber war die Erregung bes Eiöffnungsabends so vohl bei den Darstellern wie bei den Be— suchern Ler Vorstellung zu verspüren, die innere Ruhe fehlte offenbar beiden, darum darf man bei der tritischen Würdigung dieser Eröffnungt—⸗ vorstellung noch keinen allzu strengen Maßstab anlegen. Im Mittelpunkt stand naturgemäß Alexander Moissis Orest, der aus matten Unfängen herauswuchsz; eist mit dem erwachenden Bewußtsein der fürchterlich blutigen Aufgabe, die seiner harrt, und später bei dem Grauen vor Ten rächenden Eumeniden vertiefte sich der Eindruck. Agnes Siraubs Klytämnestra war eine monumentale Grscheinung, in der Bebandlung der Rede aber noch ungleich Sie wird den dam gioßen Raum angepaßhen Darstellungsstil noch finden müssen. Werner Kraut Agamemnon war eindtucktvoller im Wesen und in der Rede als in der äußeren Erscheinung,
und Elettras, die Ab⸗ rechnung Orestöe mit Klytämnest'a, seine Verfolgung durch die
Joseph Kleins Aegisth wie schon früher zu modern, zu ungriechisch. Gine packende Leistung war Else Deimg Kassaadra, zwar ntcht so ekstatisch wie die ibrer Vorgängerin Mary Dietrich, aber doch bei der Voraussage des Fürchterlichen, das sich vollenden soll. von tiefen Schauern er füllt. Marta Feins Elermra sehlte dagegen leder große Zug. Heirlichstes Griechentum offenbarte sich in der Sieges⸗ verkündigung Paul Hartmanns als Herold, priesterliche Weihe und vollkommenste Stilbeberrschung in Ludwig Wüllneis Ghor⸗ fübrer. Der dentwürdige Abend schloß mit reichen Ehrungen für die Darsteller und den wagemuligen Neuerer Max 4ieinhardt.
Im Dpernhause werden morgen, Sonntag. „Die Meistersinger von Nürnberg“, mi den Damen Schwarz, von Scheele⸗Müller und den Herren Dutt, Bohnen, van de Sande, Sommer, Philipp, Krasa, Habich, Bilk als Gast, Reinfeld, Lücke, Bachmann besetzt, unter Dr. Fritz Stiedrys Leitung gegeben. Anfang 4 Uhr. — Am Montag wud „Salome“ unter des Komponisten eigener Leitung mit den Damen Kemp, Hafgren⸗Waag, Birkenström und den Herren Kraus, Armster, Reinjeld, Henke, Lücke, Philipp, Sommer, Krasa, van de Sande, Bachmann in den einzelnen Rollen gegeben. Anfang 73 Uhr. .
Im Schaufspielhause findet morgen. Vormittags 11 Uhr, die II. Mittagsveranstaltung (Renaissance und Reformationszein statt. Nachmittags 2 Uhr geht als 17. Volksvorstellung „Maria Maada⸗ lene“, Abends Maria Stuart“ (Anfang 6 Uhr) in Szene. Für Montag (63 Uhr) ist „Peer Gont“ in der bekannten Besetzung an gesetzt. Alle drei Vorstellungen stehen unter der Spielleitung 3 . hard Brucks.
Für das III. Konzert der Neuen Mufiktgesellschaft, in dem Egon Petri das Klavierkonzert von Busoni spielen sollte, findet zunäckst am 21. Dezember der Abend für alte Mäsik statt, da der Pianist infolge der politischen Verhältnisse nicht vor Januar von Polen nach Deuischland kommen kann.
Mannigfaltiges.
Der Kohlenverband Groß Berlin hat unter dem 21. No— vember 1919 folgende Bekannimachung über Festsetzung von Brikettpreisen erlassen:
Auf Grund der Bekanntmachung des Bundesrats über Errichtung von Preitptüfungsstellen und die Versorgungsregelung vom 25. Sep tember 4. Nopember 1915 (Reichs. Gesetzbl. S. Lo? und 728) in Ver⸗ hindung mit der Anordnung der Landeszentralbebhörden über die Er⸗ richtung des Koblenperbandes Groß Berlin vom 21. August 1917 wird mit Genebmigung der Staatlichen Verl lun pt n sür Groß Berlin für die Stadtkreise Berlin, Charlottenburg, Neukölln, Berlin⸗ Schöneberg, Berlin Lichtenberg, Berlin⸗Wilmers dorf sowie die fol⸗ genden Orte der Landkreise Teltow und Niederbarnim
1. im Gebiet des Kreis's Niederbarnim:
Berlin⸗Buchholz, Berlin⸗Reinickendorf, Berlin⸗ Friedrichsfelde, Berlin⸗Rosenthal, Berlin⸗Veinersdorf, Berlin ⸗ Stralau, Berlin⸗Hohenschönhausen, Berlin ⸗ Tegel.
Berlin Niederschönhausen, Berlin⸗Weißensee, Berlin⸗Oberschoöneweide, Berlin⸗Witkenau, Berlin⸗Pankow, Gutsbezirk Schönholz,
II. im Gebiet des Kreises Teltow; Berlin⸗Grunewald, Berlin⸗Tempelhof, Berlin⸗ Schmargendorf, Berlin ⸗Mar ten dorf, Berlin⸗ Dahlem (Gut), Berlin Marienfelde, Berlin⸗Friedenau, Berlin⸗Niederschöneweide, Berlin⸗Steglitz, Berlin⸗Johannisthal, Berlin⸗Lichterselde, Kerlin⸗Britz, Berlin⸗Zehlendorf, Berlin Treptow,
Berlin ⸗Lankwitz, Grunewald ⸗Forst (Gut) folgendes bestimmt: .
§z J. Die Bekanntmachung des Kohlenverbandes Groß Berlin über Festsetzung von Brikettpreifen vom 13. Nopember 1919 — J Nr. L. 3219 — sowie die in Gemäßheit des 8 4 dieser Be⸗ kanntmachung erlassene Bekanntmachung der Kohlenstelle Groß Berlin über Festsegzung von Brikettpreisen in den Landkreisen Teltow und Niederbarnim vom 13. November 1919 — J.⸗Nr. L. 4325ñ 19 — werden mit Wirkung ab 15. November 1919 aufgehoben. Die Be⸗ kanntmachung des Kohlenverbands Groß Berlin vom 13. Oktober 1919 — J.Nr. L. 409519 — sowie die in Gemäßheit des § 4 dieser Bekanntmachung erlassene Bekanntmachung der Kohlenstelle Groß Berlin vom 13. Oktober 1918 — Jä—⸗Nr. L. 4113/19 — bleiben demnach bis auf weiteres in Geltung.
§3 2. Diese Bekanntmachung tritmt mit dem Tage der Ver⸗ öffentlichung in Kraft. .
Die Reichszentralstelle für Kriegz⸗ und Zivil; gefangene teilt mit: Die Sorge und der Schmerz um die sich immer noch in französischer Hand befindenden Kriegsgefangenen haben in weiten Kreisen der Angehörigen das Mitgefühl für die in Deutschland zurückgebliebenen russischen Kriegsgefangenen gesteigert, deren Zahl sich noch auf etwa 200 009 Mann beläuft, und die zum Teil seit Jahen von jeder Postverbindung mit der Heimat abgeschnitten sind. Um diesen Unglücklichen, deren Abtransport in die Heimat stets ge⸗ fordert worden ist, aber durch die Errichtung der Randstaaten nicht von der Deutschen Regierung allein bewerkstelligt werden kann, die letzte Leidenszeit nach Möglichkeit zu erleichtern, hat sich die Deutsche Wohlfahrtsste 'Le, Abteilung VI, bereit erklärt, die Verteilung der aus dem Auslande für die russischen Kriegsgefangenen eingehenden Liebesgaben im Einvernehmen mit den zuständigen Dienststellen zu übernehmen. (W. T. B.)
Die Angehörigen des ehemaligen Internierungs⸗ verbandes in Scapa Flow werden vorläufig von der eng⸗ lischen Regierung zurückgehalten. Sie haben bei der Versenkung der Flotte nabezu all ihr Hab und Gut verloren und entbehren das Notwendigste. Die Versendung von Liebesgaben zum Weihnachtsfest vermittelt das Rote Kreuz in Frank⸗ furt a. M., Zell 114. (W. T. B.)
Das Zentralkomitee vom Roten Kreuz, Abteilung Flüchtlingssürsorge, teil mit: Nach Berichten deutscher Heimkehrer, welche am 10. . M. mit S. S. „Pretorian' in Wesel eingetroffen sind, befinden sich in Kanada noch etwa 376 Zivilinter⸗ nierte jeden Alters und Geschlechts. Davon entfallen auf Lager Kapuskasing etwa 40 Reichsdeutsche und 3090. Oesterreicher, auf Lager Vernon B. C. etwa 30 bis 35 Reichsdeutsche, alle diese sollen Mitte Dejember nach Deutschland abfahren. Auskunft über Ver mißte usw. in Kanada erteilen: 1) Frau Eymann, Regina, Sask. (Kanada), , , der Zeitung Regina Courier‘, früber rein deuts deutsch⸗englisch erscheinende l
e, seg, ng. 2) S. Gintzburger, 122 West Hastings Street, Vancouper B. C. (Kanada). Herr Gintzburger, der Privatmann und Schweizer Konsul ist, wird für Auskunft warm empfohlen. — * Brafilien (Rio de Janeiro, Jihas das Flores und Nuovo Fribourgo) sollen etwa 1006, in Peru noch eswa 1560 Mann sein, alles oder zum größten Teil Schiffsbesatzuungen. — J Valparatso (Chile) befinden sich leichfallz noch deutsche Schiffebesatzungen, deren Zahl jedoch unbe— annt ist. Wir haben allen Grund anzunehmen, daß alle diese Leute aus Südamertka innerhalb der nächsten zwei Monate in der Heimat zu erwarten sind. (W. T. B)
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Schtllersaal in Charloftenburg für einige Jelt fein Felt quf- geschlagen. Der Spielplan setzt sich aug Satiren, Grotes ken, Märchen
u. a. zusammen. Am Donnerstag wurde Otto Elchredts Märchen Der Froschprinz “ gespielt, in dem dargestellt wird., wie der von einer bösen Here in einen Frosch verwandelte Prinz bon der lieblichen Tochter des Königs Sorgenftei vom Banne befreit wird. Das Spiel ist außerordentlich reizvoll, bejonders fallen die außerordentlich gewandten Bewegungen der einen halben Meer großen, charafteristischen Punven, die Pubenny selbst geschaffen hat, auf. Drei Damen lenken die Fäden und sprechen zugleich die Frauen rollen, wäbrend der Lelter und Dramaturg die seg Puvpenthfaters, der Ne. zltator Grnst GhlTert, sämtliche Männerrollen spricht. Er muß oft bis zu sechs verschledene Rollen zugleich beherrichen. Das Gelingen einer ziorstellung wird nur ermöglicht vurch das Zusammenwirken zahlreicher Kunstgriffe und Vorbereitungen. Das Führen der Puppen, die oft an mehr als an einem halben Dutzend Fäden hängen, ift eine Kunst, die in ihrer Vollendung nur durch große Erfahrung und Uebung erworben wird. Nach der Märchenaujführung traten einige von ganz besonders kunstgeübter Hand gelenkte Solo mnarionerten auf, und zwar ein Neger⸗ grolesktänzer und zwei Tanzchinesen, entzückende Beispiele voll⸗ kommener reiner Marionettenkunst; „Der kleinste Rezitator Kuno“, ferner Caräaso“, die „Sängerin mit ihrem Begleiter am Flügel“ karrikieren die Sterne des Konzertfaales und sind verkörperte Ver⸗ spottungen. Die zahlreichen Zufchauer der eigenartigen Voꝛstellung gaben ihrer vollen Befriedigung über das Gesehene duich lebhaften Beifall Ausdiuck.
Die Jerusalemsgemeinde begeht das Gedächtniz ihrer Gefallenen in einem feierlichen Gottesdienst am morgigen Sonntag, Vormittags 10 Uhr.
Im Wissenschaftlichen Theater der „Urania“ wird Emma Kottmann ihren Vortrag Im Schwarzwald“ morgen sowie am JTienstag und Sonnabend wiederholen. Am Montag wird der Vortrag „Winter in der Schweiz“, am Mittwoch der Vortrag „In den Bergen Tirols“ wiederholt. Am Donnerstag spricht in der Reihe der Gejehrtenvorträge der Professor Dr. Schmidt aus Jena; er wird zum Gedächtnis von Ernst Haeckel ein Bild seines Lebens und Wirkens geben. Am Freitag wird der Professor Goerke noch einmal seinen Vortrag „Jerusalem und seine heiligen Stätten“ halten. — Im Hörsaal finden nachstehen z. Vorträge st ti; Mittwoch, Dr. W. Berndt: Kuliur⸗ und Wirtschaftsleben auf niederen Stufen“, Donnerstag, Oberleutnant Ritzel: Flugwesen der Gegenwart und Zukunft*, Freitag, Professor Dr. Keßner: „Die . Sonnabend, Professor Dr. Donath: ‚Ten und
ang“.
In der Treptower Sternwarte finden in den nächsten Tagen folgende Film- und Lichtblldervorträge statt; morgen, Sonn⸗ tag, Nachmittags 3 Uhr: „Chrisftoph Kolumbus“, 5 Uhr: „Aus Grioßstadtmauern in den Schwarzwald“, Abends 7 Uhr; „Europaische und exotische Jagden; Dienstag, Abends 7 Uhr: „Astronomie mit dem Opernglas und kleinen Fernrohren“ (Vortrag mit Lichtbildern von Dire kior Dr. Archenhold); Sonnabend, den 6. Dezember, Nach mittags 5 Ubr: „Das Berner Oberland!“ — Beobachtungen mit dem großen Fernrohr können täglich bei klarem Wetter von 2 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends vorgenommen werden. Fübrungen dutch das astronomische Museum finden in der Zeit von 2 Uhr Nach- mittags bis 8 Uhr Abends siatt.
Magdeburg, 28. Nobember. (W. T. B.) Anntlich wird gemeldet: Am 27. d. M. gegen 5 Uhr 19 Minuten Nachmittags wurde am Ueberwege beim Haltepunkt Osterweddinen der Strecke Magdeburg — alberstadt das Fuhrwerk des Oberamtmanns Schaper aus Sülldorf durch den BH⸗-Zug. 289 überfabren. Getötet wurden: 3. Oberamtmann Eck ire Stellmachermeister Müller, Kutscher Hardege, schwer verletzt: Frau Müller, sämilich aus Sülldorf. Die schwerverletzte Frau Müller wurde mit Sonderzug nach Magzeburg gebracht und in da Altstädtische Krankenhaus übergeführt. Der Unfall ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß das Fuhrwerk die niedergehende Schranke noch zu durchfahren versuchte.
Wien, 28. November. (W. T. B) Der Correspondenz Wilhelm“ zufolge ereignete sich in dem Dorfe Markgraf⸗ Neusiedel bei Wien vergangene Nacht ein schweres Brand und Explosionsunglück in einer Wohnbaracke der Samen zuchtanstalt Planta. Ueber die Ursache der Explosion ist noch nichts Näherez bekannt. Bisher werden 45 Tote und eine Anzahl Schwerverletzte gemeldet. Es scheint sich um eine verbreche⸗ riscke Brandstiftung zu handeln, da in der Brandnacht die Kasse des Raiffeisenvereing erbrochen und voliständig ausgeraubt und im Dorf selbt eine Anzahl Ginbrüche verübt wurden. — Zu dem Brandunglück wird amtlich noch folgendes gemeldet: Von etwa l00 Bewohnern der Baracke ind etwa 50 perbrannt, neun von den Geretteten trugen schwere, etwa 15 leichte Ver— letzungen davon. Wahrscheinlich sind die Verunglückten vor dem schnell fortschreitenden Feuer, das an einem Ende der Baracke aus—= gebrochen war, an das andere Ende geflüchtet, dabei im Qualm teil⸗ weise bewußtloß geworden und haben sich selbst die Ausgänge ver⸗ rammelt. Die Ursache des Brindes ist noch nicht völlig aufgeklärt. Eine Explosion von Sprengstoffen scheint ausgeschlossen zu sein. Vermutlich ist das Fener beim Anzünden einer Lampe entstanden.
Wien, 29. Nopember. (W. T. B] Wie das ‚Tel. Rorr. Bureau“ erfährt, sind Getreide⸗ und Mehlsendungen aus Triest für Oesterreich im Anrollen, 2099 t Mehl für Wien und 2500 t Getreide für Graz. Noch 10 009 t Getreide in mebreren ohne Unterbtechung einander folgenden Sendungen werden er⸗ wartet. — In der gestrigen Gemeinderatssitzung machte der Bürger- meister Reumann von der Erklärung des Berliner Ober⸗ bürgermeistets Wermuth in der Berliner Stadtverordneten sitzung Mitteilung und gab den Wortlaut folgenden Tele⸗ ara m ms an den Oberbürgermeister Wermuth bekannt: Mit tiefer Rührung habe ich Kenntnis genommen von den 1 Worten, die Sie an die Berliner Stadtverordneten richteten. Die freundschaftlichen Gefühle füär die Bewohner Wiens, die aus Ihrer zur Hilfstätigkeit auffordernden Rede klingen, sind ein Trost in schwerem Leid. Ich ; dem Wiener Gemeinderate zur Kenntnis bringen und danke J Oberbürgermeister, dem Maginrat und den Stadtverordneten für die Sympathie, die in Ihrer Handlung gelegen ist, wärmstens. Ferner verlas der Bürgermeister ein Telegramm des Heidelberger Tageblatts“, in dem die Aufnahme Wiener Kinder für den Winter in Heidelberg und Süddeutschland an= geboten wurde. Die Mitteilungen des Bürgermeisters wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
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nen, Herr
Handel und Gewerbe.
— Erste Ost deut sche Textilmustermesse Königs⸗ berg i. Pr. Wie das Meßamt dem W. T. B. mitteilt, ist der erste Versuch des Textil⸗Einkaufgsverbandes „Nordost“ in Königs- berg, eine Messe zu veranstalten, als durchaus gelungen zu betrachten. Die zahlreichen Anmeldungen erster Fabrikanten und Großhändler aus allen Teilen Deutschland tz, auch der von der Entente ge , deutschen Gebiete, sichern dem Unternehmen vollen Eifolg. D , , . sieht sich ans en Grunde dazu genötigt, den Anmeldeschluß,. welcher nisprüngllch auf den 1. Fanuar 1939 fest. r war, säber vorjunebinen und , . sowelt e der Mann f attet, nur noch biß jum J. Degember 1915 zuzulassen. Mit ver usmessung und Festlegung der einzelnen Plätze in allen Sälen der
werde Ihre Worte, Herr ,, ö
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